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Signale und Systeme Teil 1 Sommersemester 2007 Henrik Schulze Campus Meschede Skript zur Vorlesung. Zuletzt ¨ uberarbeitet am 31. M¨ arz 2007

Signale und Systeme Teil 1 Sommersemester 2007 - …€¦ · ... 3]. Teil 2 ist ein Wahlpflichtfach und ... Kommunikationstechnik und die Digitale Signalverarbeitung und ist zu

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Signale und Systeme

Teil 1

Sommersemester 2007

Henrik SchulzeCampus Meschede

Skript zur Vorlesung. Zuletzt uberarbeitet am 31. Marz 2007

Inhaltsverzeichnis

1 Signale 4

1.1 Grundbegriffe und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.1.1 Harmonische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.1.2 Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.1.3 Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1.1.4 Spezielle Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.1.5 Elementare Operationen mit Signalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.2 Komplexe Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.2.1 Harmonische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.2.2 Wechselstromrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1.2.3 Modulation einer Tragerschwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

1.2.4 Analoge Tragermodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1.2.5 Digitale Tragermodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1.2.6 Basisband-Darstellung von Bandpasssignalen . . . . . . . . . . . . . . . . 30

1.2.7 Frequenzumsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

1.3 Zeitdiskrete Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1.3.1 Grundlegende Begriffe und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1.3.2 Harmonische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

1.3.3 Energie und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

1.3.4 Spezielle zeitdiskrete Signale und elementare Operationen . . . . . . . . . 38

1.4 Die Diskrete Fouriertransformation (DFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

1.4.1 Definition und Umkehrformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

1.4.2 Aliasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

1.4.3 Eigenschaften der DFT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

1

INHALTSVERZEICHNIS 2

2 Zeitdiskrete LTI-Systeme 49

2.1 Grundbegriffe und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

2.1.1 Die Definition des LTI-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

2.1.2 Beschreibung durch die Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

2.1.3 Einfache Beispiele fur digitale Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

2.1.4 Beschreibung durch die Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

2.1.5 Beschreibung durch die Ubertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 56

2.2 Strukturen digitaler Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2.2.1 Vorwartsgekoppelte Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2.2.2 Ruckwartsgekoppelte Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2.2.3 Allgemeine IIR-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

2.3 Die Zeitdiskrete Fouriertransformation (ZFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

A Das Griechische Alphabet 69

B Dezibel-Rechnung 71

C Die Fourier-Transformation 73

D Der δ−Impuls und verallgemeinerte Funktionen 76

D.1 Konstruktion des δ-Impulses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

D.2 Die Theorie verallgemeinerter Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

D.3 Die Ableitung der Sprungfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

D.4 Die Fouriertransformation der δ-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

D.5 Spektrallinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

E Komplexe Zahlen 84

E.1 Schreibweise und Addition komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

E.2 Multiplikation von komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

E.3 Einige algebraische Rechenmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

E.4 Zusammenhang mit der Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

E.5 Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Vorbemerkungen

1. Vorlesung am5. April 2007Die Vorlesung Signale und Systeme (SuSy) besteht aus zwei Teilen.

Teil 1 ist ein Pflichtfach fur das 4. Fachsemester im Studiengang IKT. Im Hauptstudium spieltdieses Fach eine zentrale Rolle, indem es die Grundlagen fur mehrere Kernfacher der Kom-munikationtechnik vermittelt, u.a. fur die Digitale Signalverarbeitung, die Digitale Kommuni-kationstechnik und zum Teil auch fur die Hochfrequenztechnik. SuSy1 baut wesentlich auf denMathematik-Vorlesungen auf und fuhrt die Angewandte Mathematik hin zu ihren Anwendungenin der Kommunikationstechnik. Benotigt werden besonders die Fourierreihe und die Fourier-transformation sowie die Faltung. Sicherheit im Umgang mit komplexen Zahlen, Folgen undReihen, Grenzwerten, der Differential- und Integralrechnung usw. werden vorausgesetzt.

Teil 1 besteht aus zwei Kapiteln. Eines behandelt Signale, das andere Systeme. Bei den Si-gnalen werden sowohl die zeitkontinuierlichen als auch die zeitdiskreten behandelt. Nach derEinfuhrung von elementaren Begriffen und einer Wiederholung von Fourierreihen und komple-xer Wechselstromrechnung werden die Grundlagen der Modulationstechnik und die komplexeBasisbanddarstellung behandelt. Danach betrachten wir die zeitdiskreten Signale und fuhrendie diskrete Fouriertransfornation ein. In der Systemtherie geht es bei SuSy 1 zunachst nur umdie zeitdiskreten Systeme. Weil diese mathematisch einfacher zu behandeln sind als die zeitkon-tinuierlichen, beschranken wir uns zunachst auf diese. In der heutigen Zeit sind so viele Dingedigitalisiert, dass dem technisch interessierten Menschen die Vorstellung zeitdiskreter Signalehinreichend vertraut sein durfte. Um ein Gefuhl fur den Umgang mit zeitdiskreten Signalen zubekommen, hilft MATLAB sehr. Wir weisen an gegebener Stelle ofter mal auf die entsprechendenMATLAB-Funktionen hin. Viele Plots in diesem Skript sind mit MATLAB erstellt.

Die Vorlesung SuSy 1 ist eine Voraussetzung zum Verstandnis der Vorlesungen Digitale Kom-munikationstechnik und Digitale Signalverarbeitung, die im 5. Fachsemester auf dem Programmstehen.

Als Literatur empfehle ich vor allem das Buch von Werner [1], weil es mir gut gefallt und weiles am besten zur Vorlesung passt. Erganzend empfehle ich die Klassiker [2, 3].

Teil 2 ist ein Wahlpflichtfach und wird fur das 5. Semester empfohlen. Es erganzt die DigitaleKommunikationstechnik und die Digitale Signalverarbeitung und ist zu empfehlen als Vorausset-zung fur Mobilfunk-Ubertragungstechnik. Es wird die Systemtheorie vertieft und auf den konti-nuierlichen Fall ubertragen. Außerdem kommt die Statistik hinein, d.h. es werden Zufallssignaleund stochastische Prozesse behandelt.

3

Kapitel 1

Signale

1.1 Grundbegriffe und Definitionen

Wenn Informationen ubertragen oder Messdaten erfasst werden, so benotigt man Signale. MitSignalen ubertragen wir Daten vom Handy oder vom Computer, der Experimentator betrachtetSignale am Oszilloskop oder einem anderen Messgerat. Solche Signale sind in der Regel physika-lische Großen wie z.B. Strom, Spannung, elektrische oder magnetische Feldstarke, Schalldruckusw. und als solche dimensionsbehaftet. Diese physikalischen Großen sind Funktionen der Zeit.Uns interessiert der Verlauf und damit der Informationsgehalt der Signale mehr als ihre phy-sikalische Natur, und wir werden deshalb meist mit dimensionslosen Signalen arbeiten. Es istaber sinnvoll, der Variablen Zeit ihre Dimension zu lassen. Schließlich interessiert es uns, ob wirein Bit in einer Millisekunde oder in einer Sekunde ubertragen konnen.

Wir fassen zu einer Definition zusammen:

Definition 1 (Signal) Unter einem Signal s(t) verstehen wir eine Funktion, die eine zeit-veranderliche physikalische Große reprasentiert.

Physikalische Großen sind immer reell. Wir werden es aber sehr bald mit komplexen Signalenzu tun bekommen, weil man mit denen einfacher rechen kann. Man muss sich dann naturlichimmer daruber im klaren sein, was die komplexen Signal mit den physikalischen Messgroßen zutun haben.

Bemerkung 1 (Zweidimensonale Signale) Wir beschranken uns hier auf eindimensionaleSignale einer Zeitvariablen. In der Bildverarbeitung arbeitet man mit zweidimensionalen Signa-len mit zwei Ortsvariablen. Das ist interessant, aber nicht Gegenstand unserer Vorlesung.

1.1.1 Harmonische Schwingungen

Besonders wichtig in Technik und Naturwissenschaft sind harmonische Schwingungen, d.h.Kosinus- und Sinusschwingungen. Eine beliebige reelle harmonische Schwingung kann manschreiben als

s (t) = s · cos (2πft+ ϕ) . (1.1)

Dabei ist

4

KAPITEL 1. SIGNALE 5

I: (+,−)

IV: (+,+)III: (−,+)

IV: (−,−)

ϕ

a

−b s(t) = a cos(2πft) + b sin(2πft)

s(t) = cos(2πft) + sin(2πft)

Abbildung 1.1: Zeigerdarstellung eines Signals.

• s > 0 die Amplitude der Schwingung, auch Spitzenwert genannt (daher das Symbol ·).

• f die Frequenz der Schwingung. Die Dimension ist Hz. Oft arbeitet man auch mit derKreisfrequenz ω = 2πf .

• ϕ ist die Phase der Schwingung. Dies ist ein Winkel, den man meist im Bogenmaß angibt.

Mit Gleichung (1.1) hat man auch eine Sinus-Komponente bei der selben Frequenz mit erfasst.Wir erinnern uns aus der Trigonometrie an das Additionstheorem

cos (α+ β) = cos (α) cos (β)− sin (α) sin (β) (1.2)

und konnen deshalb Gleichung (1.1) auch schreiben als

s (t) = a · cos (2πft) + b · sin (2πft) (1.3)

mita = s · cos (ϕ) , b = −s · sin (ϕ) . (1.4)

Bitte beachten Sie das negative Vorzeichen! Anschaulich wird das Ganze, wenn man sich zu demSignal einen Vektor

s =

(

s1s2

)

=

(

a−b

)

=

(

s · cos (ϕ)s · sin (ϕ)

)

(1.5)

in der Ebene vorstellt, der die Lange s hat und den Richtungswinkel ϕ zur x-Achse , sieheAbbildung 1.1. Spater werden wir diesen Vektor als komplexen Zeiger interpretieren.

KAPITEL 1. SIGNALE 6

Tabelle 1.1: Quadranten-Tabelle

Quadrant des Winkel ϕ sign (a) sign (b)

I + -II - -III - +IV + +

Zuruck zu Amplitude und Phase kommt man mit der Umkehrformel

s =√

a2 + b2, ϕ = − arctanb

a. (1.6)

Bemerkung 2 (Vorsicht Mehrdeutigkeiten!) Diese Umkehrformel fur den Winkel gilt nurfur Winkel aus den Quadranten I und IV. Beachten Sie hierzu auch die Ubungsaufgaben unddie Tabelle 1.1.

Das Problem kommt daher, dass die Funktion tan (ϕ) nur fur den Winkelbereich −π/2 < ϕ <π/2 eine eindeutige Umkehrfunktion besitzt. Man muss die Vorzeigen von a und b beachten, umϕ korrekt zu bestimmen. Am einfachsten sieht man es aus Abbildung 1.1. Oder man schaut inTabelle 1.1 nach.

Merke: Es sind immer zwei Großen, die eine harmonische Schwingung einer festen Frequenzf0 charakterisieren: Entweder Amplitude und Phase der Kosinus-Schwingung in Gleichung (1.1)oder die Amplituden a und b der Kosinus- und Sinusschwingung in Gleichung (1.3). Man nenntGleichung (1.1) die Polardastellung und Gleichung (1.3) die kartesische Darstellung. Man mussoft zwischen beiden Darstellungen wechseln, deshalb muss man dieses Thema sicher beherr-schen! Zwar sind Additionstheoreme zunachst unanschaulich und nicht leicht zu merken. Wirwerden bald sehen, dass im Komplexen alles einfacher und anschaulicher wird. Wir werden denSignalvektor dann als komplexen Zeiger auffassen und mit komplexen Schwingungen sehr elegantrechnen.

Harmonische Schwingungen sind deshalb so wichtig, weil man jedes periodische Signal in har-monische Schwingungen zerlegen kann.

Definition 2 (Periodisches Signal) Ein Signal s(t) heißt periodisch, wenn es eine ZeitdauerT gibt, fur die

s(t) = s(t+ T ) (1.7)

gilt. Die Zeitdauer T nennt man Periode. Die kleinste mogliche Periode heißt Grundperiode.

Die Zerlegung eines Signals mit Periode T in harmonische Schwingungen nennt man die Fou-rierreihe des Signals. Sie kann man so schreiben:

s (t) =a0

2+

∞∑

k=1

ak · cos

(

2πk

Tt

)

+

∞∑

k=1

bk · sin(

2πk

Tt

)

(1.8)

Die Fourierkoeffizienten ak und bk berechnen sich nach folgenden Formeln:

ak =2

T

∫ T

0

s (t) cos

(

2πk

Tt

)

dt, bk =2

T

∫ T

0

s (t) sin

(

2πk

Tt

)

dt (1.9)

KAPITEL 1. SIGNALE 7

fur k = 0, 1, 2, .... Der Einfachheit halber haben wir b0 = 0 definiert. Der Koeffizient a0/2 kann alsGleich(spannungs)anteil aufgefasst werden. Entsprechend den obigen Ausfuhrungen kann mandie Fourierreihe naturlich auch als Uberlagerung von Kosinusschwingungen mit Amplituden undPhasen schreiben:

s (t) = s0 +

∞∑

k=1

sk · cos

(

2πk

Tt+ ϕk

)

(1.10)

Es gilt die Beziehung

s0 =a0

2(1.11)

fur k = 0 und

sk =√

a2k + b2k, ϕk = − arctan

bkak

(1.12)

ak = sk cosϕk bk = −sk sinϕk (1.13)

fur k > 0. Auf die komplexe Darstellung der Fourierreihe, die Sie schon aus der Mathematikkennen, kommen wir bald zu sprechen.

1.1.2 Leistung

Wir wissen, dass die elektrische Leistung gegeben ist als

P = U · I.

Im Allgemeinen hat man es mit zeitabhangigen Großen zu tun, und man verwendet dann meisti = i(t) fur den Strom und u = u(t) fur die Spannung. Die Leistung ist dann auch einezeitabhangige Große. Man spricht von der Augenblicksleistung. Wir schreiben dafur p(t). Aneinem Ohmschen Widerstand R betragt die Augenblicksleistung

p(t) =u2(t)

R= i2(t) ·R.

Fassen man u(t) oder i(t) als Signal auf, so stellen wir fest, dass die Leistung proportional zudem Quadrat des Signals ist. Dies ist auch bei anderen physikalischen Großen so1: Z.B. ist dieLeistung beim Schall proportional dem Quadrat des Schalldrucks. Da wir hier dimensionsloseSignale betrachten, definieren wir:

Definition 3 (Augenblicksleistung) Die Augenblicksleistung eines Signals s(t) ist gegebendurch s2(t).

Wichtiger ist die mittlere Leistung:

Definition 4 (Mittlere Leistung) Die Mittlere Leistung P s eines Signals s(t) ist gegebendurch den zeitlichen Mittelwert von s2(t).

Fur periodische Signale mit Periode T gilt

P s =1

T

∫ T

0

s2 (t) dt. (1.14)

1Jedenfalls wenn im Mittel Arbeit geleistet wird. Die sog. “Blindleistung” bei elektrischen Schaltungen ist indiesem Sinne keine Leistung.

KAPITEL 1. SIGNALE 8

Fur nichtperiodische Signale mussen wir das Zeitmittel als einen Grenzwert schreiben:

P s = limT→∞

1

T

∫ T/2

−T/2

s2 (t) dt. (1.15)

Naturlich gibt es eine Reihe von Signalen, fur dieser Grenzwert Null ist (z.B. fur alle Signaleendlicher Dauer). Signale mit 0 < P s <∞, fur die der mittlere Leistung eine brauchbare Großeist, nennt man Leistungssignale.

Wir werden spater mit komplexen Signalen arbeiten. Bei komplexen Signalen s (t) definierenwir die Leistung so:

P s = limT→∞

1

T

∫ T/2

−T/2

|s (t)|2 dt. (1.16)

Naturlich mussen wir an passender Stelle begrunden, was das mit der der physikalischen Leistungzu tun hat.

Eine harmonische Schwingung der Gestalt (1.1) hat die Leistung

P s =1

T

∫ T

0

s2 · cos2 (2πft+ ϕ) dt =1

2s2. (1.17)

Merke: Der Faktor 1/2 ist wichtig! Wie kann man ihn geometrisch erklaren, ohne das Integralauszurechnen? Dieser Faktor fuhrt auf den

Effektivwert Weil der Faktor 1/2 immer wieder auftaucht, hat man in der Elektrotechnikden Effektivwert eingefuhrt. Eine Spannung

u (t) = u · cos (2πf0t+ ϕ)

fuhrt am Ohmeschen Widerstand R zu der mittleren Leistung

P s =1

2

u2

R. (1.18)

Damit man den Faktor 1/2 nicht vergisst und einfach

P s =U2

eff

R

schreiben kann, hat man den Effektivwert

Ueff =1√2u (1.19)

eingefuhrt. Leider fuhrt dass dazu, dass viele Studenten vergessen, wie man die Leistung durchden Spitzenwert ausdruckt...

1.1.3 Energie

Fur Signale, die zeitlich konzentriert sind, ist die mittlere Leistung nicht sinnvoll erklart. EinImpuls endlicher Dauer ubertragt wahrend dieser Dauer Energie, aber wenn man diese endlicheEnergie uber einen unendlichen Zeitraum mittelt, kommt Null heraus. Wenn Sie mit Ihrem

KAPITEL 1. SIGNALE 9

ff1 f2

|S(f)|2

∫ f2

f1|S(f)|2df

Abbildung 1.2: Energiedichte.

Handy eine SMS verschicken, so dauert es eine endliche Zeit in der Großenordnung von wenigenSekunden, in der das Signal aktiv ist. Eine SMS besteht z.B. aus 160 Bytes bzw. 1280 bits, undes ist sicher vernunftig, danach zu fragen, wieviel Energie zum Verschicken dieser Datenmengebenotigt wird. Leistung ist Arbeit (Energieverbrauch) pro Zeit, und die Energie ist das Integraluber die Leistung. Wir definieren daher:

Definition 5 (Energie) Die Energie Es eines Signals s(t) ist gegeben durch das Integral ubers2(t).

Als Formel:

Es =

∫ ∞

−∞

s2 (t) dt. (1.20)

Wir werden spater mit komplexen Signalen arbeiten. Bei komplexen Signalen definieren wir dieEnergie so:

Es =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt. (1.21)

Naturlich mussen wir an passender Stelle begrunden, was diese Große mit der physikalischenEnergie zu tun hat.

Wegen der Parsevalschen Gleichung (C.4) der Fouriertransformation kann man die Energie auchdurch die Fouriertransformierte S (f) von s (t) ausdrucken. Es gilt

Es =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt =

∫ ∞

−∞

|S (f)|2 df. (1.22)

Man kann die Funktion |S (f)|2 daher als die (zweiseitige) spektrale Energiedichte des Signalsauffassen, siehe 1.2.

∫ f2

f1

|S (f)|2 df

ist dann die Energie zwischen den Frequenzen f1 und f2. Wie ist das zu verstehen, wenn f1und f2 negativ sind? An dieser Stelle hilft vielleicht folgende Erlauterung, um eine haufigeVerwirrung zu vermeiden:

KAPITEL 1. SIGNALE 10

Negative Frequenzen In der Kommunikationstechnik spricht man oft von negativen Fre-quenzanteilen eines Signals. Naturlich gibt es physikalisch nur positive Frequenzen. Bei derDarstellung eines Signal als Fourier-Integral2

s (t) =

∫ ∞

−∞

ej2πftS (f) df (1.23)

wird auch uber die negative Frequenzachse integriert, d.h. es gibt scheinbar negative Frequenzan-teile. Das hangt aber nur mit der bequemen Darstellung im Komplexen zusammen. Wenn s (t)reell ist, gilt

S (−f) = S∗ (f) , (1.24)

und kann das Integral umformen zu

s (t) = 2<∫ ∞

0

ej2πftS (f) df

. (1.25)

Hierbei bezeichnet <z den Realteil der komplexen Zahl z. In dem Integationsgebiet tauchenkeine negativen Frequenzen mehr auf. Entsprechend kann man auch Gleichung (1.22) umformenzu

Es =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt = 2

∫ ∞

0

|S (f)|2 df. (1.26)

Die physikalisch richtige Energiedichte ist also die sogenannte einseitige spektrale Energiedichte2 |S (f)|2.

1.1.4 Spezielle Signale

Einheitsimpuls und Sprungfunktion

In der Vorlesung zur Angewandten Mathematik sind Sie wahrscheinlich schon dem Einheitsim-puls (oder Dirac-Impuls3 oder δ−Impuls) begegnet. Haufig definiert man ihn durch die Eigen-schaften

δ (t) =

∞ : t = 00 : t 6= 0

und∫ ∞

−∞

δ (t) dt = 1.

Wir wollen nicht verschweigen, dass es eine derartige Funktion (in dem Sinne, wie Sie Funktionenkennen gelernt haben) eigentlich gar nicht geben kann. Trotzdem ist dieses scheinbar “kranke”Signal sehr wichtig fur die Anwendung. Im Sinne verallgemeinerter Funktionen kann man allessauber definieren. Uns geht es mehr um die Anwendung und eine geeignete intuitive Vorstellungdavon. In Anhang D wird hierzu etwas mehr erklart. Aber erst einmal rechnen wir einfach damit.

Wichtig ist die Ausblend-Eigenschaft (auch: Sieb-Eingenschaft) des Dirac-Impulses. Fur einbeliebiges Signal s (t) gilt

∫ ∞

−∞

δ (t) s (t) dt = s (0) . (1.27)

Das Signal

ε (t) =

1 : t ≥ 00 : t < 0

2d.h. als Fourier-Rucktransformation3Benannt nach dem Physik-Nobelpreistrager P.A.M. Dirac (1902-1984), einem der Pioniere der Quantentheo-

rie. Studiert hat er aber nicht Physik, sondern erst Elektrotechnik und dann Mathematik.

KAPITEL 1. SIGNALE 11

0

0

t

ε(t)

t

1

1 δ(t)

Abbildung 1.3: Einheitspuls und Einheitsprung.

nennt man den (kontinuierlichen) Einheitssprung oder auch die Heavisidesche Sprungfunktion.Man braucht diese Sprungfunktion z.B. um Einschaltvorgange folgender Art zu beschreiben:“Die angelegte Spannung ist Null fur negative Zeiten und nimmt dann einen konstanten Wertan.” Mathematisch ist die Sprungfunktion bei t = 0 nicht differenzierbar (die Steigung istunendlich!). Im Sinne von verallgemeinerten Funktionen existiert die Ableitung jedoch (sieheAnhang D) und es gilt

d

dtε (t) = δ (t) (1.28)

Abbildung1.3 zeigt den Einheitssprung und die symbolische Darstellung des Einheitspulses. DerEinheitspuls wird symbolisiert durch einen Pfeil mit ausgefullter Spitze. Die Hohe des Pfeilesstellt den Vorfaktor vor dem Puls dar.

Rechteck und si-Funktion

Wir schreiben

rect (x) =

1 : |x| < 1/20 : |x| ≥ 1/2

(1.29)

fur die Rechteckfunktion der Breite Eins. Wenn wir es mit einem rechteckigen Zeitsignal derBreite T zu tun haben, schreiben wir

rect

(

t

T

)

=

1 : |t| < T/20 : |t| ≥ T/2 . (1.30)

Wir definieren die si-Funktion als4

si (x) =

1 : x = 0sin(x)

x : x 6= 0(1.31)

4Wir erinnern an die stetige Erganzung von Definitionslucken, die wir aus der Mathematik kennen.

KAPITEL 1. SIGNALE 12

bzw.

si

(

πt

T

)

=

1 : t = 0sin(πt/T )

πt/T : t 6= 0(1.32)

Diese Funktion wird in der Physik auch als Spaltfunktion bezeichnet, weil sie bei der Beugungam Spalt auftritt.

1.1.5 Elementare Operationen mit Signalen

Verzogerungen und Spiegelungen

Wenn s (t) ein Signal ist, so istsT (t) = s (t− T )

das um die Zeitdauer T verzogerte (d.h. zeitlich verschobene) Signal. Wenn man es zeichnet, soist es um T nach rechts verschoben. Z.B. lautet der Rechteckpuls zwischen 0 und T

rect

(

t

T− 1

2

)

=

1 : 0 < t < T0 : sonst

.

Wenn s (t) ein Signal ist, so ists (t) = s (−t)

das zeitlich gespiegelte Signal.

Wenn man ein Signal spiegelt und verzogert, so kommt es auf die Reihenfolge an.

Wenn zuerst gespiegelt und dann verzogert wird, ergibt sich

(s)T (t) = s (− (t− T )) = s (T − t) . (1.33)

Wenn dagegen das verzogerte Signal gespiegelt wird, ergibt sich

sT (t) = s (−t− T ) . (1.34)

Abbildung 1.4 zeigt die verschiedenen Signale.

Die Faltung

Wichtig ist dies zum Verstandnis der Faltungsoperation

r (t) =

∫ ∞

−∞

h (τ) s (t− τ) dτ.

Hier wird aus zwei Signalen s (t) und h (t) ein neues Signal r (t) auf folgende Weise erzeugt:Das Signal s (τ) wird gespiegelt und dann um eine feste Zeit t verschoben. Dieses gespiegelteund verschobene Signal (s)t (τ) = s (− (τ − t)) = s (t− τ) wird dann mit dem Signal h (τ)multipliziert (gewichtet) und uber die Variable τ integriert. Das Ergebnis ist die Faltung ander Stelle (dem Zeitpunkt) t. Beachten Sie, dass man unterschiedliche Buchstaben als Variablennehmen darf. Man muss nur aufpassen, dass man den Uberblick behalt!

Das Operation der Faltung ist eine Verknupfung zweier Signale. Als Verknupfungsoperatorschreibt man einen ∗, d.h. man schreibt die Faltung als

h (t) ∗ s (t) =

∫ ∞

−∞

h (τ) s (t− τ) dτ. (1.35)

KAPITEL 1. SIGNALE 13

0

(a)

0

(b)

0

(c)

t

s(t)s(−t)

T t

s(t− T )s(T − t)

T t

s(t− T )s(−t− T )

−T

Abbildung 1.4: Verschiebungen und Spiegelungen eines Signals

KAPITEL 1. SIGNALE 14

Mit einer einfachen Substitution kann man dies umformen in

h (t) ∗ s (t) =

∫ ∞

−∞

h (t− τ) s (τ) dτ. (1.36)

Damit ist die Faltung kommutativ, d.h. es gilt

h (t) ∗ s (t) = s (t) ∗ h (t) . (1.37)

Die Faltung ist auch assoziativ, d.h. man darf Klammern weglassen und es gilt

g (t) ∗ (h (t) ∗ s (t)) = (g (t) ∗ h (t)) ∗ s (t) = g (t) ∗ h (t) ∗ s (t) . (1.38)

Außerdem ist die Faltung distributiv, d.h. man darf ausklammern:

g (t) ∗ (h (t) + s (t)) = g (t) ∗ h (t) + g (t) ∗ s (t) . (1.39)

Die Faltung verhalt sich also wie eine Multiplikation. Man spricht daher auch vom Faltungspro-dukt.

Die Gleichung (1.35) erlaubt folgende Interpretation: Das Signal r (t) = h (t) ∗ s (t) ist eineUberlagerung von verzogerten Versionen des Signals s (t) um Verogerungszeiten τ , jeweils ge-wichtet mit einem Vorfaktor h (τ).

Der δ-Impuls ist die Eins bezuglich des Faltungsproduktes, denn es gilt

δ (t) ∗ h (t) = h (t) ∗ δ (t) = h (t) . (1.40)

Man kann deshalb jedes Signal schreiben als

s (t) =

∫ ∞

−∞

s (τ) δ (t− τ) dτ. (1.41)

1.2 Komplexe Signale

1.2.1 Harmonische Schwingungen

Der Umgang mit harmonischen Schwingungen wird einfacher, wenn man zu komplexen Signalenund der Zeigerdarstellung wechselt. Wir schreiben dazu den Kosinus in Gleichung (1.1) alsRealteil einer komplexen Exponentialfunktion, d.h. als1.42

s (t) = <

s · ejϕej2πft

. (1.42)

Hierbei bezeichnet <z den Realteil der komplexen Zahl z. Das komplexe Signal

s (t) = s · ejϕej2πft

bezeichnet man als komplexe harmonische Schwingung der Frequenz f0. Es ist in der Elektrotech-nik gebrauchlich, komplexe Großen zu unterstreichen 5. Die nicht unterstrichenen Zeitfunktionensind dann automatisch als die Realteile der unterstrichenen zu verstehen, z.B. s (t) = <s (t).Diese Notation ist mathematisch nicht schon6, aber in einer DIN-Norm zur komplexen Wechsel-stromrechnung vorgeschrieben. Wir werden uns deshalb mit dieser Notation auseinandersetzenund sie erlautern, uns aber auf die Dauer nicht daran gebunden fuhlen.

5Ein Mathematiker tut dies normalerweise nicht.6Besonders, wenn man dann auch noch die Zeitvariable weglasst und s = <s schreibt.

KAPITEL 1. SIGNALE 15

−b

aRealteil

Imaginaerteil

ϕ

s

s

Abbildung 1.5: Zeigerdarstellung einer komplexen Schwingung

Wir konnen jetzt den komplexen Zeiger1.43

s = s · ejϕ (1.43)

einfuhren. Achtung: Hier ist die nicht unterstrichene Große der Betrag der unterstrichenen!

An dieser Stelle sollen kurz noch einmal die Eulerschen Gleichungen wiederholt werden, die manauswendig wissen muss:

e±jφ = cos (φ)± j sin (φ) (1.44)

cos (φ) =1

2

(

ejφ + e−jφ)

(1.45)

sin (φ) =1

2j

(

ejφ − e−jφ)

(1.46)

Man kann den Zeiger (1.43) geometrisch und anschaulich in der komplexen Ebene darstellen,siehe Abbildung 1.5 (vgl. auch Abbildung 1.1). Zerlegt man den Zeiger s in Real- und Ima-ginarteil und setzt in Gleichung (1.42) ein, so erhalt man mit den Eulerschen Gleichungen undVergleich mit Gleichung (1.3) sofort

a = <s = <

s · ejϕ

und−b = =s = =

s · ejϕ

,

KAPITEL 1. SIGNALE 16

wobei =· fur den Imaginarteil steht.

Mit Hilfe der Eulerschen Gleichungen kann man die Fourier-Reihe (1.8) folgendermaßen um-schreiben:

s (t) =a0

2+

∞∑

k=1

ak

2

(

ej2π k

Tt + e−j2π k

Tt)

+

∞∑

k=1

bk2j

(

ej2π k

Tt − e−j2π k

Tt)

(1.47)

Wir ordnen die Summen nach positiven und negativen Exponenten und schreiben

s (t) =a0

2+

∞∑

k=1

1

2(ak − jbk) ej2π k

Tt +

∞∑

k=1

1

2(ak + jbk) e−j2π k

Tt (1.48)

Mit der Definition

ck =1

2(ak − jbk) , c−k = c∗k, (k ≥ 0) (1.49)

ergibt sich jetzt die komplexe Darstellung der Fourierreihe

s (t) =

∞∑

k=−∞

ckej2π k

Tt (1.50)

mit der Formel fur die komplexen Fourierkoeffizienten

ck =1

T

∫ T

0

e−j2π k

Tts (t) dt. (1.51)

Diese Darstellung ist naturlich viel einfacher und kompakter als die Darstellung mit Kosinus undSinus. Das Signal wird jetzt aufgefasst als eine Uberlagerung komplexer harmonischer Schwin-gungen ej2πfkt mit den Frequenzen

fk =k

T. (1.52)

Dass bei dieser komplexen Darstellung hier auch negative Frequenzen auftreten, sollte jetztnicht mehr verwirren. In den physikalischen Kosinus- und Sinusschwingungen sind die Frequen-zen reell. Jede dieser Schwingungen mit positiver Frequenz fk lasst sich darstellen als eineUberlagerung von einer Exponentialschwingung der Frequenz fk und einer der Frequenz fk. Esgilt ja nach den Eulerschen Formeln

cos

(

2πk

Tt

)

=1

2

(

ej2π k

Tt + e−j2π k

Tt)

und

sin

(

2πk

Tt

)

=1

2j

(

ej2π k

Tt − e−j2π k

Tt)

.

Die Fourierkoeffizienten zu den negativen Frequenzen enthalten die selbe Information wie die zuden positiven. Die Amplituden sind identisch, und die Phasen sind gespiegelt.

Man kann auch beliebige komplexe periodische Signale in eine Fourierreihe entwickeln. DieKoeffizienten berechnen sich nach der selben Formel (1.51). Es gilt nicht mehr die Symmetrie-eigenschaft zwischen negativen und positiven Frequenzen, d.h. i.A. gilt ck 6= c∗k.

Es gilt die Parsevalsche Gleichung fur Fourierreihen:

P s =1

T

∫ T

0

|s|2 (t) dt =

∞∑

k=−∞

|ck|2 . (1.53)

KAPITEL 1. SIGNALE 17

Auf der rechten Seite ist die Leistung im Frequenzbereich ausgedruckt. Sie setzt sich zusammenaus den Beitragen fur die Leistungen fur alle harmonischen Schwingungen bei den Frequenzenfk wobei immer ein Paar zu positivem und negativem Index zusammen gehort. Fur relle Signalegilt c−k = c∗k, und man kann schreiben:

P s = c20 + 2

∞∑

k=0

|ck|2 . (1.54)

Wenn man dies durch die Koeffizienten der reellen Fourierreihe ausdruckt, so erhalt man

P s =a20

4+

1

2

∞∑

k=0

(

a2k + b2k

)

(1.55)

Die Gesamtleistung lasst sich also zerlegen in die Leistung der einzelnen Schwingungen, wobeia2

k/2 die Leistung der k-ten Kosinus und b2k/2 die Leistung der k-ten Sinusschwingung ist. a20/4

ist die Leistung des Gleichanteils.

Definition 6 (Diskretes Spektrum) Die Zahlen |ck|2 nennt man das diskrete Spektrum desperiodischen Signals s(t).

Fourieranalyse und Frequenzdetektion

Wir betrachten (nur) Signale der Periode T . Wenn man ein solches periodisches Signal alsFourierreihe

s (t) =

∞∑

k=−∞

ckej2π k

Tt (1.56)

darstellen kann7, ergibt sich die Formel

ck =1

T

∫ T

0

e−j2π k

Tts (t) dt (1.57)

fur die Koeffizienten sofort aus der Gleichung

1

T

∫ T

0

e−j2πfktej2πfltdt = δkl. (1.58)

Man kann deshalb die Integral-Operation

Dk (·) =1

T

∫ T

0

e−j2πfkt (·) dt (1.59)

als einen Detektor fur die Schwingung bei der Frequenz fk auffassen: Schickt man eine Schwin-gung dieser Frequenz in den Detektor, so liefert dieser die Amplitude und Phase dieser Schwin-gung. Schickt man eine andere Schwingung hinein, so zeigt er “Null” an Bild: Fourier-

Reihe alsDetektor-Bank.

Man kann das auch reell darstellen. Es gilt

2

T

∫ T

0

cos (2πfkt) cos (2πflt) dt = δkl

2

T

∫ T

0

sin (2πfkt) sin (2πflt) dt = δkl

7Wir nehmen an, dass die mathematischen Voraussetzungen dafur erfullt sind.

KAPITEL 1. SIGNALE 18

2

T

∫ T

0

cos (2πfkt) sin (2πflt) dt = 0

Statt einen komplexen Detektors haben wir nun zwei reelle: Einen fur die Sinus-Schwingung undeinen fur die Kosinus-Schwingung.

Dcosk (·) =

2

T

∫ T

0

cos (2πfkt) (·) dt

Dsink (·) =

2

T

∫ T

0

sin (2πfkt) (·) dt

1.2.2 Wechselstromrechnung

Die komplexe Wechselstromrechnung ist eine Methode, die Differentialgleichungen fur bestimm-te Schaltkreise mit harmonischer Anregung nach immer dem gleichen Schema zu losen. DieSchaltung wird durch eine lineare, inhomogene Differentialgleichung mit konstanten reellen Ko-effizienten beschrieben. Die Inhomogenitat (oder Storung) sei eine harmonische Schwingung derGestalt (1.1). Uns interessiert nur der eingeschwungene Zustand. Physikalisch heißt das, dassman nach dem Einschaltvorgang eine hinreichend lange Zeit abwartet, bis die exponentiellenabfallenden Losungsanteile abgeklungen sind8. Dies bedeutet also, dass man nur eine spezielle(partikulare) Losung der inhomogenen Losung sucht. Die Methode funktioniert folgendermaßen:

Diese Inhomogenitat wird durch eine komplexe harmonische Schwingung ersetzt. Aus der Theo-rie der Differentialgleichungen weiß man, dass der Realteil der komplexen Losung dieser komple-xen Differentialgleichung eine Losung der ursprunglichen reellen Differentialgleichung ist. Furdie komplexe Differentialgleichung findet man sehr einfach eine Losung: Man setzt einfach einekomplexe Schwingung mit der selben Frequenz wie die der Inhomogenitat an. Die Ableitungendieser Schwingung sind leicht zu berechnen, und man erhalt eine algebraische Gleichung, dieman leicht losen kann.

Wir betrachten als Beispiel die Differentialgleichung

ax+ bx+ cx = cos (ωt) , (1.60)

mit reellen Koeffizienten a, b und c, wobei der Punkt fur die zeitliche Ableitung steht. Wirverwenden hier die Abkurzung ω = 2πf . Wenn nun z (t) = x (t) + jy (t) eine Losung derkomplexen Differentialgleichung

az + bz + cz = ejωt (1.61)

ist, dann ist x (t) Losung der Differentialgleichung (1.60). Eine Losung von (1.61) bekommt mandurch den Ansatz

z (t) = z ejωt, (1.62)

wobei z = z(ω) ein noch zu bestimmender komplexer Vorfaktor ist. Wir setzen diesen Ansatzin die Dgl. (1.61) ein und erhalten

(jω)2az ejωt + jωbz ejωt + cz ejωt = ejωt. (1.63)

Die Exponentialschwingung kurzt sich heraus und wir erhalten die algebraische Gleichung

−ω2az + jωbz + cz = 1, (1.64)

8Diese gehoren mathematisch zu der Losung der homogenen Gleichung.

KAPITEL 1. SIGNALE 19

die wir einfach nach dem unbestimmte Vorfaktor z auflosen konnen. Das Ergebnis ist

z =1

−ω2a+ jωb+ c. (1.65)

Diese Große wird in der Elektrotechnik und in der Systemtheorie als Ubertragungsfunktion be-zeichnet. Eine Losung der inhomogenen komplexen Dgl. (1.61) ergibt sich dann als

z (t) =ejωt

−aω2 + jωb+ c. (1.66)

Eine Losung der zugehorigen reellen Dgl. (1.60) ist dann

x (t) = <

ejωt

−aω2 + jbω + c

. (1.67)

Falls die Inhomogenitat mit einer Amplitude und Phase behaftet ist, d.h.

ax+ bx+ cx = s cos (ωt+ ϕ) = <

sejϕejωt

, (1.68)

so setzten wirs = sejϕ

und erhalten nach der selben Methode

z (t) =sejωt

−aω2 + jbω + c(1.69)

bzw.

x (t) = <

s ejωt

−aω2 + jωb+ c

. (1.70)

Insbesondere gilt

z =1

−aω2 + jωb+ cs

Der Vorfaktor ist wieder die Ubertragungsfunktion des Systems.

Zusammenfassung Allgemein gilt: Fur eine lineare, inhomogene Differentialgleichung mitkonstanten rellen Koeffizienten und der komplexen Inhomogenitat exp (j2πft) fuhrt der Ansatz

z (t) = H (f) ej2πft (1.71)

immer auf eine Losung. Die Große H (f) ist zunachst eine unbestimmte Große, die man durchEinsetzen in die Differentialgleichung erhalt.

Definition 7 (Ubertragungsfunktion) Die Große H(f) in Gleichung (1.71) bezeichnet manals die Ubertragungsfunktion.

Der Begriff der Ubertragungsfunktion ist von zentraler Bedeutung in der Systemtheorie, dieaber erst etwas spater kommt.

KAPITEL 1. SIGNALE 20

Notation und Konventionen in der Elektrotechnik

Nach dem oben geschilderten Prinzip werden in der Elektrotechnik routinemaßig Schaltungenaus Kapazitaten, Induktivitaten und Widerstanden berechnet. Die Methode ist so zur Gewohn-heit geworden, dass das zugrundeliegenden Prinzip leider oft vergessen wird. Wir wollen hiernoch einmal den Bezug zu den vertrauten Großen der Elektrotechnik hinschreiben. Hier verwen-det man eine strenge, sehr kompakte Notation, bei der man aufpassen muss, dass man keinenUnterstrich und kein “Dach” vergisst.

Wir haben es physikalisch mit zeitabhangigen Stromen und Spannungen zu tun, die uber Vorfak-toren und Ableitungen zusammen hangen und daher durch Differentialgleichungen beschriebenwerden. In der Notation schreibt man beim Strom

i = i (t)

und der Spannungu = u (t)

die Zeitabhangigkeit in der Regel nicht explizit mit. Wir betrachten den eingeschwungenenZustand, d.h. wir haben es immer mit harmonischen Schwingungen der Gestalt (1.1) zu tun.Wir schreiben diese als Realteil einer komplexen Schwingung, d.h.

i = <i , u = <u (1.72)

mit

i = i ejωt, u = u ejωt. (1.73)

Mit den komplexen Zeigern i und u werden die Amplituden und Phasen der jeweiligen Schwin-gungen charakterisiert. Die Amplituden schreibt man auch als

i = |i|, u = |u|und nennt dies die Spitzenwerte (im Unterschied zu den schon erwahnten Effektivwerten).

Die komplexe partikulare Losung der Differentialgleichung, die die Schaltung beschreibt, be-kommt jetzt, indem die zeitabhangigen Großen durch die zeitunabhangigen ausdruckt und diekomplexe Schwingung herauskurzt:

1. An einem Ohmschen Widerstand R ist der Strom proportial zur Spannung, d.h. es giltdas Ohmsche Gesetz

uR = Ri ⇒ uR = R i. (1.74)

2. An einer Induktivitat L ist die induzierte Spannung proportional zur Ableitung des Stro-mes, d.h. es folgt aus dem Induktionsgesetz

uL = Ld

dti ⇒ uL = jωL i. (1.75)

Man bezeichnet jωL als den komplexen Widerstand der Induktivitat.

3. An einer Kapazitat C ist der Strom (als Ableitung der Ladung) proportional zur Ableitungder Spannung

i = Cd

dtuC ⇒ i = jωC uC . (1.76)

Man kann den Zusammenhang auch so ausdrucken:

uC =1

C

i dt⇒ uC =1

jωCi. (1.77)

Man bezeichnet 1jωC als den komplexen Widerstand der Kapazitat.

KAPITEL 1. SIGNALE 21

Setzt man dies entsprechend ein, kann man die resultierende algebraische Gleichung nach demkomplexen Zeiger der interessierenden Große (z.B. dem Strom) auflosen und erhalt die Ubertragungsfunktionals Vorfaktor vor der Inhomogenitat (dies ist meist die angelegt Spannung).

In der Elektrotechnik schreibt man meist gar nicht erst die Differentialgleichung hin, sondernbeschreibt die Schaltung direkt mit den obigen komplexen Widerstanden unter Anwendung derKnoten- und Maschenregel.

1.2.3 Modulation einer Tragerschwingung

Harmonische Schwingungen kann man zur Informationsubertragung verwenden, indem man eineZeitabhangigkeit in die Amplitude und/oder die Phase bringt. Man nennt dies Modulation. Wirwerden ab jetzt komplexe Signale nicht mehr unterstreichen, weil dies in der Kommunikations-technik nicht gebrauchlich ist. Eine harmonische Schwingung schreiben wir als

s (t) =√

2 a · cos (2πf0t+ ϕ) (1.78)

und nennen sie Tragerschwingung. Die Frequenz f0 nennen wir Tragerfrequenz. Mit der Be-zeichnung s (t) fur das Signal deuten wir an, dass es sich um eine hochfrequente Schwingunghandelt. Den Faktor

√2 haben wir eingefuhrt, damit bei der Leistungsberechnung kein Faktor

1/2 auftaucht (aus dem gleichen Grund wie bei der Einfuhrung vom Effektivwert). Die mittlereLeistung ist also einfach a2.

Wir modulieren diese Tragerschwingung, indem wir Amplitude und Phase als Signale auffassen,d.h. zeitabhangig werden lassen. Wir schreiben also

s (t) =√

2 a (t) · cos (2πf0t+ ϕ (t)) (1.79)

Das Signal a (t) bezeichnen wir als Amplitudenmodulation (AM), das Signal ϕ (t) als Phasenmo-dulation (PM). Beide Signale sind relativ zur Tragerfrequenz f0 nur langsam zeitveranderlich.Bei Rundfunk-Signalen z.B. liegen die auftretenden Frequenzen im Audio-Bereich (einige kHz),wahrend die Tragerfrequenz im MHz-Bereich liegt.

Es ist wieder sinnvoll, mit komplexen Signalen zu arbeiten. Dann kann man namlich den Signal-anteil abspalten, der die eigentliche Information enthalt. Dazu schreiben wir

s (t) = <√

2 a (t) ejϕ(t) · ej2πf0t

, (1.80)

wobei wir den komplexen Signalanteil, der die Information tragt, namlich

s (t) = a (t) ejϕ(t), (1.81)

von der komplexen harmonischen Schwingung abgespalten haben.

Definition 8 (Komplexes Basisband) Wir nennen s(t) das komplexe Basisband zu s(t).

Man sagt auch hierzu auch aquivalentes komplexes Tiefpasssignal, weil dieses niederfrequenteSignal s (t) bei gegebener Tragerfrequenz dieselbe Information enthalt wie das hochfrequenteBandpasssignal

s (t) = <√

2 s (t) · ej2πf0t

. (1.82)

Der Vollstandigkeit halber sollen noch folgende Begriffe eingefuhrt werden:

Definition 9 (Einhullende) Wir nennen√

2s(t) die komplexe Einhullende (Hullkurve) zu s(t)und√

2a(t) die Einhullende (Hullkurve)

KAPITEL 1. SIGNALE 22

−1 −0.5 0 0.5 1−1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

t [s]

BandpasssignalEinhuellende

Abbildung 1.6: Bandpasssignal und Einhullende.

Der Begriff Einhullende wird in Abbildung 1.6 veranschaulicht.

Das komplexe Tiefpasssignal kann man durch seine komplexe Ortskurve darstellen.

Definition 10 (Komplexe Ortskurve) Die Ortskurve eines komplexen Signals s(t) ist seinePunktmenge in der komplexen Ebene.

Wir konnen die Ortskurve von s (t) mathematisch schreiben als

Os (t) = z ∈ C| z = s (t) , t ∈ R . (1.83)

Anschaulich ist die Ortskurve einfach die Kurve, die der Zeiger in der Ebene beschreibt.

Man kann zeigen, dass s (t) und das zugehorige komplexe Basisbandsignal s (t) die selbe Energiebesitzen9, sofern es sich um Energiesignale handelt und die selbe Leistung besitzten, wenn essich um Leistungssignale handelt. D.h. es gilt

Es = Es (1.84)

fur

Es =

∫ ∞

−∞

s2 (t) dt (1.85)

und

Es =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt. (1.86)

9Hierzu ist es wesentlich, dass wir den Faktor√

2 in Gleichung (1.82) aus den komplexen Basisband herausgezogen haben.

KAPITEL 1. SIGNALE 23

x(t)

y(t)

s(t) =√

2 cos(2πf0t)x(t)−√

2 sin(2πf0t)y(t)√

2 cos(2πf0t)

−√

2 sin(2πf0t)

Abbildung 1.7: Quadraturmodulator

Fur Leistungssignale gilt entsprechendP s = Ps. (1.87)

Genau genommen gilt das nur fur strikt bandbegrenzte Signale, aber auch sonst gilt das in guterNaherung. Der Beweis kommt spater.

Das komplexe Basisbandsignal kann man als einen zeitveranderlichen Zeiger auffassen. Nebender Polardarstellung (1.81) kann man ihn naturlich auch kartesisch durch seinen Realteil x (t)und seinen Imaginarteil y (t) darstellen:

s (t) = x (t) + jy (t) (1.88)

Man nennt x (t) die Inphase-Komponente des Signals und schreibt dafur oft I (t). Man nennt y (t)die Quadratur-Komponente des Signals und schreibt dafur oft Q (t). Beide zusammen bezeichnetman auch als die Quadraturkomponenten von s (t). Man kann dann das Signal in Quadraturdar-stellung (auch: I-Q-Darstellung) schreiben als:

s (t) =√

2 x (t) cos (2πf0t)−√

2 y (t) sin (2πf0t) (1.89)

Beachten Sie bitte das Vorzeichen vor der Sinus-Schwingung!

Ein Gerat, das aus den Signalen x (t) und y (t) das Signal (1.89) erzeugt, nennt man Quadra-turmodulator, siehe Abbildung 1.7. Ein Quadraturmodulator kommt in jedem Handy vor undin jeder WLAN-Karte.

Zwischen der Polardarstellung und der Quadraturdarstellung kann man leicht umrechnen. Esgilt

x (t) = a (t) cos (ϕ (t)) , y (t) = a (t) sin (ϕ (t)) (1.90)

und

a (t) =√

x2 (t) + y2 (t), ϕ (t) = arctan

(

y (t)

x (t)

)

. (1.91)

Welche der beiden Darstellungen gunstiger ist, hangt vom jeweiligen Verfahren ab.

1.2.4 Analoge Tragermodulation

Analoge Modulation (oder auch Aufzeichnung) bedeutet, dass das analoge (d.h. kontinuierliche)Nutzsignal direkt in ein analoges (d.h. kontinuierliches) Signal zur Ubertragung (oder auch

KAPITEL 1. SIGNALE 24

Speicherung) umgewandelt wird, ohne dass dazwischen in irgendeiner Form digitalisiert, d.h. inZahlen umgewandelt wird. Die traditionellen Verfahren zur Modulation oder Speicherung sindanalog, werden aber immer mehr von digitalen verdrangt. Es gibt sie noch, und man sollte etwasdaruber wissen, um sinnvoll diskutieren zu konnen.

Analoge Aufzeichnung: Schallplatte, Tonband, Musik-Cassette, VHS-Video, Film

Digitale Aufzeichnung: CD, DVD, Mini-Disk, Festplatte, Diskette, (Daten-Cassette)

Analoge Ubertragung: UKW-Radio (FM), AM-Radio, Analoges Fernsehen (Terrestrisch,Sat), Analoges Telefon

Digitale Ubertragung Mobilfunk (GSM, UMTS), DAB, DVB-C(S,T), DRM, WLAN, ISDN-Telefon, GPS, Galileo

Amplitudenmodulation

Bei einer reinen Amplitudenmodulation ist die Phase zeitlich konstant. Wir konnen ohne Ein-schrankung der Allgemeinheit ϕ = 0 annehmen. Das Signal hat dann die Gestalt

s (t) =√

2 a (t) cos (2πf0t) . (1.92)

Die Sinus-Schwingung bleibt unmoduliert, und wegen a (t) ≥ 0 liegt der Zeiger auf der positivenreellen Achse. Wenn man ein analoges Nutzsignal m (t) ubertragen will, so muss man eineKonstante (“Gleichspannung”) hinzu addieren, damit keine Werte im negativen Bereich liegen.Sei z.B. −1 ≤ m (t) ≤ 1, dann ist

a (t) = 1 +m (t) (1.93)

eine nicht negative Große. Der AM-Modulator sieht dann so aus, wie in Teil (a) von Abbildung1.8 gezeigt.

Modulationsgrad Die maximale Amplitude des Nutzsignales m(t) relativ zur Amplitude derGleichspannung (die hier auf Eins normiert wurde) bezeichnet man als den Modulationsgrad α.Es gilt 0 ≤ α ≤ 1. Bei einer Modulation durch eine reine Kosinus-Schwingung mit einem Tonder Frequenz f1 gilt

a (t) = 1 + α cos (2πf1t) . (1.94)

Die Gesamtleistung dieses Signals betragt

PAM = 1 +α2

2, (1.95)

die Nutzleistung ist

PAM−Nutz =α2

2. (1.96)

Im gunstigsten Fall (α = 1) werden also 2/3 der Gesamtleistung durch den Gleichanteil ver-braucht, der keine Information ubertragt.

Teil (b) zeigt den einfachsten Demodulator fur AM, den Hullkurvendemodulator. Er extrahiertaus dem Signal die Hullkurve, indem zunachst durch Zweiwege-Gleichrichtung der Betrag |s (t)|gebildet wird. Durch Tiefpassfilterung erhalt man daraus die Hullkurve

√2 a (t). Anschließend

KAPITEL 1. SIGNALE 25

1

Tiefpass

√2 cos(2πf0t)

m(t) s(t)

(a)

b)

Abbildung 1.8: Amplitudenmodulation: (a) Modulator (b) Demodulator

wird durch einen Kondensator (Hochpass) der Gleichanteil entfernt. In dem Bild weggelassenist ein Bandpassfilter (Schwingkreis) an Anfang, der zum Abstimmen benotigt wird.

Diese extrem einfache Implementierung der AM erkauft man sich durch gravierende Nachteile:Durch das sogenannte untere Seitenband wird die Halfte des Spektrums verschwendet. Undmindestens zwei Drittel der Leistung stecken in dem Gleichanteil, der keine Information enthalt.

Frequenzmodulation

Bei analoger Ubertragung ist es fur die Implementation ungunstig, die Information direkt inder Phase ϕ (t) zu ubertragen. Gunstiger lasst sich aus dem Signal die Augenblicksfrequenz(=Momentanfrequenz ) extrahieren. Fur ein Signal der Gestalt

s (t) =√

2 a (t) · cos (φ (t)) (1.97)

ist diese definiert uber die zeitliche Ableitung des momentanen Phasenwinkels φ (t) als

fm (t) =1

d

dtφ (t) . (1.98)

Einschub:Analogie zurWinkelge-schwindigkeitbei einer Kreis-bewegung.

Furφ (t) = 2πf0t+ ϕ (t) (1.99)

gilt

fm (t) = f0 +1

2πϕ (t) . (1.100)

Die Momentanfrequenz fluktuiert also um die Tragerfrequenz f0 mit der relativen Momentan-frequenz

∆fm (t) =1

2πϕ (t) (1.101)

KAPITEL 1. SIGNALE 26

Begrenzer Bandpassd

dt

Huell−

kurven−

demod.

Abbildung 1.9: FM-Demodulator.

Die betragsmaßig großte relative Momentanfrequenz nennt man FM-Hub:

∆fmax = max |∆fm (t)| (1.102)

Dies ist eine wichtige Kenngroße zur Charakterisierung der Modulation.

Die Phase ergibt sich als Integral uber die Momentanfrequenz als

ϕ (t) = 2π

∫ t

0

∆fm (τ) dτ + ϕ0. (1.103)

Das Signal selbst ist dann

s (t) =√

2 a · cos

(

2πf0t+ 2π

∫ t

0

∆fm (τ) dτ + ϕ0

)

. (1.104)

Hierbei haben wir eine konstante Amplitude angenommen. Hier konntenoch ein Bildvom VCO hin.

Wir betrachten als einfaches Beispiel das Signal

s (t) =√

2 · cos (2πf0t+ µ sin (2πf1t)) , (1.105)

wobei f1 die Frequenz eines Nutzsignals sein soll (z.B. ein Ton bei 1 kHz). Den Parameter µ nenntman Modulationsindex. Die Momentanfrequenz ist eine Kosinusschwingung bei der Frequenz f1,denn:

∆fm (t) =1

2πϕ (t) = µf1 sin (2πf1t) (1.106)

Der Hub ist∆fmax = µf1. (1.107)

Der (klassische) FM-Demodulator sieht folgendermaßen aus: Wir betrachten ein Signal

s (t) =√

2 a · cos (2πf0t+ ϕ (t)) . (1.108)

Die zeitliche Ableitung davon lautet

d

dts (t) = −2π (f0 + ∆fm (t))

√2 a · cos (2πf0t+ ϕ (t)) (1.109)

Die Modulation erscheint jetzt in der Hullkurve und kann durch einen Hullkurvendemodulatorextrahiert werden. Fur die Implementation wichtig ist es, dass die Amplitude wirklich kon-stant ist. Dies erreicht man durch einen Begrenzer-Verstarker. Abbildung 1.9 zeigt diesem FM-Demodulator.

Folgende Formel ist noch sehr nutzlich fur die Frequenzdemodulation: Das rechnen wirin der Ubung!

ϕ (t) = =

s (t)

s (t)

, (1.110)

wobeis (t) =

√2 a (t) ejϕ(t). (1.111)

KAPITEL 1. SIGNALE 27

√2 cos(2πf0t)

−√

2 sin(2πf0t)

Abbildung 1.10: QPSK-Modulator.

1.2.5 Digitale Tragermodulation

In diesem Abschnitt sollen einige wichtige digitale Modulationsverfahren vorgestellt werden.Dabei wird einiges vereinfacht dargestellt. Ausfuhrlich wird dieses Thema in der VorlesungDigitale Kommunikationstechnik behandelt.

Digital bedeutet, dass wir die im obigen Unterabschnitt beschriebenen Signale verwenden, umDatenbits zu ubertragen. Am einfachsten geschieht das, indem wir das komplexe Basisbandsignalals stuckweise konstant wahrend einer Symboldauer TS annehmen, d.h.

s (t) =1√TS

sl (1.112)

fur den Takt Nummer l mit lTS ≤ t < (l + 1)TS. Die komplexe Zahl

sl = xl + jyl (1.113)

nennt man das (Daten-) Symbol, das die Information tragt. Der Faktor 1/√TS dient der Nor-

mierung.

In der Praxis verwendet man meist nicht diese rechteckigen Pulse fur die einzelnen Symbole,sondert filtert in geeigneter Weise, um gunstigere spektrale Eigenschaften zu erhalten. Wir wollendarauf an dieser Stelle nicht eingehen.

QPSK

Im einfachsten Fall wechseln die Quadraturkomponenten von s (t) = x (t)+jy (t) einfach nur ihrVorzeichen, siehe Abbildung 1.10 . Man nennt dieses Verfahren QPSK (Quaternary Phase-ShiftKeying). Das Symbol sl kann dann 4 verschiedene Punkte in der komplexen Ebene mit denPhasenwinkeln 45, 135, 225 und 315 annehmen, siehe Abbildung 1.11. Die Amplitude istkonstant. Man nennt dieses Bild auch den Phasenstern. Die Energie eines Symbols ES ist beidiesem Verfahren unabhangig vom Symbolindex l. Sie berechnet sich als

ES =

∫ (l+1)TS

lTS

|s (t)|2 dt = |sl|2 . (1.114)

Man kann die Symbole also schreiben als

sl =√

ES (±1± j) . (1.115)

KAPITEL 1. SIGNALE 28

I

Q

00

0111

10

Abbildung 1.11: Phasenstern fur QPSK

Man kann zwei Bits mit einem Symbol ubertragen. Eins davon bestimmt das Vorzeichen desRealteils, das andere den Vorzeichen des Imaginarteils.

Man kann QPSK als das Standardverfahren bei der digitalen Ubertraugung ansehen. Es wirdsehr haufig eingesetzt. Ein Beispiel ist das digitale Satellitenfernsehen.

BPSK

Man kann naturlich auch einfach nur den Realteil des Signals modulieren und den Imaginarteilungenutzt lassen. Vorteile bringt dies nicht, und man lasst einen Teil der Ubertragungskapazitatungenutzt. Die Implementation ist naturlich etwas einfacher, aber das spielt heute keine Rollemehr. Man nennt dieses Verfahren BPSK (Binary Phase-Shift Keying). In einem Symboltaktwird nur ein Bit ubertragen. Das Datensymbol besitzt die Werte

sl = ±√

ES . (1.116)

Dies entspricht den Phasenwinkeln 0,180.

M-PSK

Hier werden mit einem Symbol M Phasenwinkel ubertragen. M ist eine Zweierpotenz. ZweiPunkte im Phasenstern haben den Winkelabstand 2π

M , die Amplitude ist√ES . Die Falle M = 2

und M = 4 haben wir gerade behandelt. Der Phasenstern fur 8-PSK ist in Abbildung Abbildung1.12 dargestellt. PSK-Konstellationen mit 16 oder mehr Punkten sind in der Praxis außerstselten.

M-QAM

QAM steht fur Quadratur-Amplituden-Modulation. Diese Bezeichnung ist eigentlich etwas ir-refuhrend, weil eine Amplitude nach Definition immer eine positive Große ist. Bei QAM nehmenbeide Quadraturkomponenten verschiedene “Amplituden-” Werte an, die aber auch negativ seindurfen. Die Zahl M ist die Zahl der Punkte in der komplexen Ebene, die das Symbol sl anneh-men kann. Man nennt diese Zahl die Stufigkeit. Die Stufigkeit ist immer eine Zweierpotenz. Mit

KAPITEL 1. SIGNALE 29

000

001010

110

111 100

I

Q

101

011

Abbildung 1.12: Phasenstern fur 8-PSK.

einem Symbol kann man log2 (M) Bits ubertragen. Wir beschranken uns auf den Fall, dass Meine Quadratzahl ist10, d.h. M = 4, 16, 64, 256, .. Dann nehmen xl und yl jeweils die selbenWerte an, und zwar

4-QAM:xl, yl ∈ ±δ (1.117)

16-QAM:xl, yl ∈ ±δ,±3δ (1.118)

64-QAM:xl, yl ∈ ±δ,±3δ,±5δ,±7δ . (1.119)

Hierbei ist die Distanz δ eingefuhrt worden. 2δ ist immer der Abstand zweier benachbarter Punk-te. 4-QAM ist offenbar nur ein anderer Name fur QPSK. Abbildung 1.13 zeigt die Konstellationfur 64-QAM.

Die Energie eines QAM-Symboles ist unterschiedlich, je nachdem welches der M moglichenSymbole gesendet worden ist. Man definiert ES als die mittlere Symbolenergie, d.h. als denstatistischen Mittelwert (Erwartungswert)

ES = E

|sl|2

(1.120)

uber alle M moglichen Punkte der Signalkonstellation. Wenn man annimmt, dass diese allegleich haufig vorkommen, erhalt man

E4−QAMS = 2δ2 (1.121)

E16−QAMS = 10δ2 (1.122)

E64−QAMS = 42δ2. (1.123)

Oft benotigt man zur Bewertung der Verfahren die benotigte mittlere Energie pro Bit. Sie lautet

Eb =ES

log2 (M)(1.124)

10Andere als quadratische Konstellationen sind moglich, aber selten.

KAPITEL 1. SIGNALE 30

Q

I

Abbildung 1.13: Phasenstern fur 64-QAM.

FSK

Digitale Frequenzmodulation bezeichnet man als FSK (Frequency-Shift Keying). Bei M -FSKwird zwischen M verschiedenen Frequenzen umgeschaltet. Wir beschranken uns hier auf M = 2.

Die modulierte Tragerschwingung lautet

s (t) =

2Eb

Tbcos (2πf0t+ ϕ (t)) (1.125)

und das zugehorige komplexe Basisbandsignal

s (t) =

Eb

Tbejϕ(t) (1.126)

mit der Bitenergie Eb und der Bitdauer Tb. Die Phase ϕ (t) ist wahrend der Dauer eines Bitslinear, d.h. die Augenblicksfrequenz fur lTb ≤ t < (l + 1)Tb konstant:

∆fm (t) = ± h

2Tb(1.127)

Die Zahl h nennt man den Modulationsindex11. Gebrauchlich sind z.B. h = 1/2 und h = 1. Eswerden also die Frequenzen

f± = f0 ±h

2Tb(1.128)

ubertragen, je nachdem, ob das Datenbit eine Null oder eine Eins ist.

1.2.6 Basisband-Darstellung von Bandpasssignalen

In diesem Unterabschnitt schauen wir uns die Signale im Frequenzbereich an. Hierzu benotigenwir die Fouriertransformation. Eine kleine Zusammenstellung wichtiger Eigenschaften findet sichim Anhang C.

11Der hier etwas anders definiert ist als fur analoge FM.

KAPITEL 1. SIGNALE 31

Zwischen einem komplexen Basisband-Signal s (t) und dem zuhorigen tragermodulierten hoch-frequenten Bandpass-Signal s (t) besteht nach Gleichung (1.82) die Beziehung

s (t) = <√

2 s (t) · ej2πf0t

. (1.129)

Wir haben diese Zuordnung bisher nur in der einen Richtung vom Basisband zum Bandpass be-trachtet, also von der Seite des Modulators. Die Umkehrung muss aber moglich sein, schließlichwollen wir das Signal auch demodulieren. Wir werden sogar sehen, dass man zu jedem belie-bigen Bandpasssignal ein aquivalentes komplexes Tiefpasssignal finden kann, so dass die obigeBeziehung gilt.

Die durch Gleichung (1.129) beschriebene Zuordnung lasst sich in zwei Schritte zerlegen. Zunachsteinmal wird mit

s (t) 7→ s+ (t) = s (t) · ej2πf0t (1.130)

das Basisbandsignal im Frequenzbereich um f0 nach rechts verschoben. Wegen des Verschie-bungssatzes der Fouriertransformation (siehe Anhang C) liest sich die obere Gleichung als

S (f) 7→ S+ (f) = S (f − f0) . (1.131)

Wir nehmen an, dass das Basisbandsignal streng bandbegrenzt mit Bandbreite B/2 ist und dassdie Tragerfrequenz f0 gegenuber der Bandbreite des Basisbandsignals hinreichend groß ist, dassS+ (f) nur Spektralanteile im positiven Frequenzbereich hat (daher die Bezeichnung S+ (f))12.

Der zweite Schritt ist die Bildung des Realteils von s+ (t). Wir konnen hierfur auch schreiben

<s+ (t) =1

2

(

s+ (t) + s∗+ (t))

. (1.132)

Das komplex konjugierte Zeitsignal s∗+ (t) korrespondiert im Frequenzbereich zu der gespiegeltkonjugiert komplexen Spektralfunktion S∗

+ (−f). Die Spektralfunktion von

s (t) =√

2<s+ (t) (1.133)

lautet also

S (f) =1√2

(

S+ (f) + S∗

+ (−f))

. (1.134)

Mit Gleichung (1.131) kann man dies auch schreiben als

S (f) =1√2

(S (f − f0) + S∗ (−f − f0)) . (1.135)

Bild 1.14 zeigt den Zusammenhang fur die spektralen Energiedichten∣

∣S (f)∣

2

bzw. |S (f)|2 . Aus

dem Bild wird deutlich, dass beides aquivalente Darstellungen des selben Signals sind: So, wieman aus der komplexen Basisbanddarstellung durch spektrale Verschiebung und Spiegelung zurBandpassdarstellung kommt, kann man durch spektrale Verschiebung und Abschneiden wiederzum Basisband zuruck kommen. Beide Signale tragen die selbe Information. Wir haben dieNormierung so gewahlt, dass dabei auch die Signalenergie dieselbe bleibt. Aus Bild 1.14 undGleichung (1.135) sieht man, dass

∫ ∞

−∞

∣S (f)∣

2

df =

∫ ∞

−∞

|S (f)|2 df (1.136)

12Man nennt s+ (t) auch analytisches Signal, aber dies hat mit mathematischen Eigenschaften zu tun, die hierden Rahmen sprengen wurden.

KAPITEL 1. SIGNALE 32

-

6

-

6

C

CCCCC

A

AA@@

HHH

-

- -f0

0 f

|S(f)|2

f0

a)

b)

|S(f)|2

−f0

B

B B

Abbildung 1.14: Aquivalenz von (a) Bandpass und (b) komplexer Basisband-Darstellung fur dasselbe Signal.

KAPITEL 1. SIGNALE 33

TP

TP

√2 cos(2πf0t)

−√

2 sin(2πf0t)

x(t)

y(t)

s(t)

Abbildung 1.15: Quadraturdemodulator

gilt. Mit der Parsevalschen Gleichung folgt daraus

∫ ∞

−∞

s2 (t) dt =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt (1.137)

und damitEs = Es. (1.138)

Beachte, dass die Bandbreite B des Bandpasssignals doppelt so groß ist wie die Bandbreite B/2des Basisbandsignals.

Von dem Bandpasssignal kommt man zum Basisbandsignal, indem man das die SpektralfunktionS (f) um f0 nach links verschiebt, mit dem Faktor

√2 multipliziert und anschließend mit einem

idealen Tiefpass auf die Bandbreite B/2 abschneidet, d.h.

S (f) =√

2 S (f + f0) · rect(

f

B

)

. (1.139)

Im Zeitbereich kann man Gleichung (1.139) schreiben als

s (t) = si (πBt) ∗[√

2 e−j2πf0t s (t)]

. (1.140)

Das Gerat, das diese Operation durchfuhrt, nennt man den Quadraturdemodulator. Er kommt injedem Handy, jeder WLAN-Karte und jedem digitalen Fernsehempfanger vor. Um die Schaltungdeutlicher zu erkennen schreiben wir Gleichung (1.140) als

s (t) = si (πBt) ∗[√

2 cos (2πf0t) s (t)− j√

2 sin (2πf0t) s (t)]

, (1.141)

d.h.x(t) = si (πBt) ∗

[√2 cos (2πf0t) s (t)

]

(1.142)

undy(t) = −si (πBt) ∗

[√2 sin (2πf0t) s (t)

]

(1.143)

Daraus ergibt sich das in Abbildung 1.15 dargestellte Blockschaltbild fur den Quadraturdemo-dulator.

KAPITEL 1. SIGNALE 34

0

(a)

0

(b)

−fu f

−fu f

fu

fu

Abbildung 1.16: Frequenzumsetzung. Aufgetragen sind die Energiedichten.

1.2.7 Frequenzumsetzung

In der Praxis wird nicht nur die Umsetzung von einem Basisbandsignal zu einem Bandpasssignalund umgekehrt benotigt, sondern auch von einem Bandpasssignal zu einem anderen auf eineranderen Frequenz. Weil es sich dabei um Zwischenstufen der Modulation/Demodulation handelt,spricht man auch von einem Zwischenfrequenz (ZF) -Signal (engl. IF=intermediate frequency).

Um ein Signal s (t) im Spektralbereich um eine Frequenz fu zu verschieben, muss man imZeitbereich mit der Exponentialschwingung exp (j2πfut) multiplizieren:

s (t) 7→ ej2πfuts (t) (1.144)

Eine komplexe Exponentialschwingung gibt es in der Praxis nicht. Praktisch kann die Umsetzungso aussehen:

s (t) 7→√

2 cos (j2πfut) s (t) =1√2

(

ej2πfuts (t) + e−j2πfuts (t))

(1.145)

Fur die zugehorige Spektralfunktion S (f) bedeutet dies

S (f) 7→ 1√2

(S (f − fu) + S (f + fu)) , (1.146)

d.h. die ursprungliche Spektralfunktion erscheint wieder um fu nach links und um fu nach rechtsverschoben.

Sei nun

S (f) =1√2

(S (f − f0) + S∗ (−f − f0)) (1.147)

KAPITEL 1. SIGNALE 35

ein reelles Bandpasssignal wie in Gleichung (1.135) beschrieben. Es hat zueinander symmetrischeSpektralanteile bei positiven und negativen Frequenzen. Durch die Umsetzung (1.146) entstehtdas Signal

1√2

(

S (f − fu) + S (f + fu))

= (1.148)

1

2(S (f − f0 − fu) + S (f − f0 + fu) + S∗ (−f − f0 + fu) + S∗ (−f − f0 − fu))

Von diesen vier Spektralfunktionen auf der rechten Seite liegen die ersten beiden im positivenFrequenzbereich, falls das Band oberhalb von fu liegt. Die beiden anderen liegen entsprechendgespiegelt im negativen Bereich, siehe Teil (a) vom Abbildung1.16. Falls das Band unterhalbvon fu liegt, liegen die erste und dritte im positiven Bereich, die anderen beiden im Negativen.Die Situation ist in Teil (b) des Bildes dargestellt. Zu beachten ist, dass hier ein umgesetztesSignal in Kehrlage (d.h. spiegelverkehrt) bei fu − f0 auftaucht. Außerdem wird durch das Bilddas Spiegelfrequenzproblem deutlich: Sowohl Signale bei fu + f1 als auch Signale bei fu − f1tauchen nach der Umsetzung bei f1 auf und storen sich gegenseitig. Man muss sie daher vor derUmsetzung durch geeignete Filterung entfernen.

1.3 Zeitdiskrete Signale

1.3.1 Grundlegende Begriffe und Definitionen

In der digitalen Signalverarbeitung arbeitet man mit zeitdiskreten Signalen. Das ist fur unsheute, wo alles zunehmend digitalisiert wird, keine so ungewohnte Vorstellung mehr wie in derZeit, als man seine Musikkonserven von der Schallplatte oder dem Tonband abspielte. Dassein Musikstuck durch seine Samples (auf Deutsch: Abtastwerte) reprasentiert wird, ist jedemgelaufig, der sich dafur interressiert. Auf einer CD oder in einer WAV-Datei sind solche Folgenvon Abtastwerten gespeichert. Wir nennen eine solche Folge ein zeitdiskretes Signal.

Definition 11 (Zeitdiskretes Signal) Unter einem zeitdiskreten Signal s[n] verstehen wir ei-ne Zahlenfolge, die mit einem Index n durchnumeriert ist. Diesen Index fassen wir als Zeitindexauf.

Die Werte s [n] sind dimensionslos, der Index n ebenfalls. Die Beziehung zu physikalischen Großewie etwa der Zeit muss gesondert hergestellt werden. Z.B. muss zum Abspielen einer WAV-Dateiden zeitlichen Abstand tA zweier Samples s [n] und s [n+ 1] wissen. Dazu wird die AbtastfrequenzfA = t−1

A im Header der Datei gespeichert. Eine gebrauchliche Zahl fur Audio ist fA = 44.1kHz,fur Telefonqualitat reicht fA = 8 kHz.

Wenn unser zeitdiskretes Signal s [n] durch Abtastung aus einem kontinuierlichen Signal s (t)entstanden ist, gilt

s [n] = s (ntA) . (1.149)

Dies muss aber keinesweges immer der Fall sein. Wir konnen mit beliebigen zeitdiskreten Signa-len operieren, ohne dabei einen direkten Bezug zu einem kontinuierlichen zu haben.

In der Praxis (d.h. in der digitalen Signalverarbeitung) muss man die Zahldarstellung fur die s [n]berucksichtigen. Bei der CD sind dies 16 bit (pro Kanal), es gibt also 216 = 65536 verschiedeneWerte. Beim Telefon sind es nur 28 = 256. Wir kummern uns hier erst einmal nicht um dieEffekte, die mit dieser Quantisierung zusammenhangen.

Bei einer Zahlenfolge, wie wir sie aus der Mathematik gewohnt sind, lauft der Index n meist von0 (oder 1) bis ∞. Fur manche Signale ist es auch sinnvoll, den Index von −∞ bis +∞ laufen

KAPITEL 1. SIGNALE 36

0 1 32 4 5 6−1−2−3−4−5 n

s[n] s[0]s[1]

s[2]

Abbildung 1.17: Darstellung eines Zeitdiskreten Signals.

zu lassen, wie man es ja bei kontinuierlichen Signalen s (t) fur die Zeitvariable t auch tut. Beieiner realen Datei ist die Menge der Daten naturlich endlich, sodass man z.B. nur eine endlichIndexmenge hat, z.B. n = 0, 1, 2, ..., N − 1 oder n = 1, 2, 3, ..., N. Wir wollen uns hier nichtfestlegen. Es ist aber bemerkenswert, dass wir bei einer endlichen Indexmenge der Große N dasSignal s [n] als einen Vektor

s =

s [1]s [2]s [3]

...s [N ]

(1.150)

im N -dimensionalen Raum auffassen kann. Man muss sich jetzt nicht N raumliche Dimensionenvorstellen, aber sollte sich daran erinnern, dass dies sehr gut zu der Bezeichnungsweise Vektorfur ein Feld in der Datenverarbeitung passt.

Zeitdiskrete Signale stellen wir graphisch dar wie in Abbildung1.17 gezeigt.

Abschließend wollen wir noch anmerken, dass wir naturlich auch mit komplexwertigen zeit-diskreten Signalen zu tun haben werden. Wir werden aber auf das Unterstreichen komplexerGroßen verzichten.

Definition 12 (Zeitdiskretes periodisches Signal) Ein zeitdiskretes Signal s[n] heißt peri-odisch, wenn es eine naturliche Zahl N gibt, fur die

s[t] = s[t+N ] (1.151)

gilt. Die Zahl N nennt man Periode. Die kleinste mogliche Periode heißt Grundperiode.

1.3.2 Harmonische Schwingungen

Wenn man eine kontinuierliche komplexe harmonische Schwingung

s (t) = exp (j2πft) (1.152)

mit der Abtastfrequenz

fA =1

tA(1.153)

abtastet, so erhalt man ein zeitdiskretes Signal

s [n] = exp

(

j2πf

fAn

)

. (1.154)

KAPITEL 1. SIGNALE 37

ω = 0ω = 0ω = 0ω

ω = 3π/2

ω = π/2

ω = π

Abbildung 1.18: ω.

Wir definieren

ω = 2πf

fA(1.155)

und schreibens [n] = ejωn. (1.156)

Dies ist eine zeitdiskrete harmonische Schwingung. ω ist eine auf die Abtastfrequenz normierteKreisfrequenz und hat die Dimension eines Winkels im Bogenmaß, siehe Abbildung 1.18. ejω istein Zeiger auf dem Einheitskreis.

Achtung: Verwechseln Sie das bitte nicht mit der Kreisfrequenz, die meist mit dem selbenBuchstaben bezeichnet wird und die Dimension Winkel pro Sekunde [rad/s] hat.

Wir schreiben auchsω [n] = ejωn. (1.157)

Offenbar giltsω+2π [n] = sω [n] , (1.158)

und auch ω + 4π, ω + 6π, ... fuhren immer auf dieselbe Schwingung. Deshalb gilt:

Satz 1 (Alias-Frequenzen) Wenn man die Signale exp (j2πft) und exp (j2π (f + fA) t) mitder Abtastfrequenz fA abtastet, fuhrt dies auf das selbe zeitdiskrete Signal.

Die Signale, die sich um ein Vielfaches der Abtastfrequenz unterscheiden, sind also nach derAbtastung nicht mehr voneinander zu unterscheiden! Normalerweise geht man davon aus, dasssich die Signale innerhalb der spektralen Grundperiode zwischen −fA/2 und fA/2 befinden.Werden dann Signale außerhalb dieser Grundperiode mit erfasst, so tauchen sie scheinbar inder Grundperiode auf. Man spricht dann von Alias-Frequenzen. Beim Abspielen z.B. mit einerSoundkarte werden sie innerhalb der Grundperiode wiedergegeben.

KAPITEL 1. SIGNALE 38

1.3.3 Energie und Leistung

Wir definieren die Energie eines zeitdiskreten Signales s [n] als

Es =

∞∑

n=−∞

|s [n]|2 . (1.159)

Diese Große ist dimensionslos. Wenn man den Zusammenhang mit der physikalischen Energieherstellen will, die uber ein Integral uber eine Zeitfunktion gegeben ist, muss man mit einerKonstanten der Dimension Zeit multiplizieren.

Die mittlere Leistung eines zeitdiskreten Signals s [n] ist definiert als

P s = limN→∞

1

2N + 1

N∑

n=−N

|s [n]|2 . (1.160)

Fur periodische Signal der Periode N gilt:

P s =1

N

N∑

n=0

|s [n]|2 .

Wir unterscheiden wieder zwischen Energiesignalen und Leistungssignalen.

1.3.4 Spezielle zeitdiskrete Signale und elementare Operationen

Einheitsimpuls und Sprungfunktion

Das Signal

δ [n] =

1 : n = 00 : n 6= 0

(1.161)

bezeichnet man als (diskreten) δ- Impuls oder auch als Einheitsimpuls.

Das Symbolδnm = δ [n−m] (1.162)

nennt man Kronecker-δ.

Das Signal

ε [n] =

1 : n ≥ 00 : n < 0

(1.163)

nennt man den (diskreten) Einheitssprung. Abbildung1.19 zeigt den Einheitpuls und den Ein-heitssprung.

Verzogerungen und Spiegelungen

Diese Operationen sind genauso definiert wie bei kontinuierlichen Signalen. Vieles wird sogareinfacher. Man muss nur manchmal aufpassen, was der Index ist.

Wenn s [n] ein zeitdiskretes Signal ist, so ist

s1 [n] = s [n− 1]

KAPITEL 1. SIGNALE 39

0 1 32 4 5 6−1−2−3−4−5

−5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6

n

n

δ[n] 1

1ε[n]

Abbildung 1.19: Einheitspuls und Einheitsprung.

s[n]D

s[n− 1](a)

D D Ds[n] s[n− 1] s[n− 2]

(b)

s[n− 3]

Abbildung 1.20: Verzogerung eines zeitdiskreten Signals durch ein Schieberegisterelement.

KAPITEL 1. SIGNALE 40

das um einen Takt verzogerte (d.h. zeitlich verschobene) Signal. Wenn man es zeichnet, so istes um einen Takt nach rechts verschoben. Wir skizzieren das mit dem Blockschaltbild (a) inAbbildung1.20. Die Verzogerung um einen Takt entspricht einem Schieberegisterelement.

Dies beliebige Verzogerungen lassen sich durch wiederholte Anwendung solcher Verzogerungenum einen Takt erreichen:

sm [n] = s [n−m]

ist das um m Takte verzogerte Signal, siehe Teil (b) von Abbildung 1.20. Man muss bei demAusdruck auf der rechten Seite etwas aufpassen: m ist eine feste Zahl (z.B. m = 7), und n istdie Variable, also der Zeitindex. Man konnte das auch durch die Schreibweise

sm [•] = s [• −m]

deutlich machen.

Wenn s [n] ein Signal ist, so ists [n] = s [−n]

das zeitlich gespiegelte Signal.

Wenn man ein Signal spiegelt und verzogert, so kommt es auch hier auf die Reihenfolge an.

Wenn zuerst gespiegelt und dann verzogert wird, ergibt sich

(s)1 [n] = s [− (n− 1)] = s [1− n] .

Wenn dagegen das verzogerte Signal gespiegelt wird, ergibt sich

s1 [n] = s [−n− 1] .

Die diskrete Faltung

Auch fur zeitdiskrete Signale gibt es eine Faltung. Sie geht genauso wie im kontinuierlichenFall, nur muss man bei diskreten Signalen naturlich statt des Integrals eine Summe schreiben.Die diskrete Faltung ist eigentlich einfacher zu verstehen als die kontinuierliche, weil man hiereinfache Beispiele mit kurzen Vektoren einfach verstandlich machen kann.

Die Faltung zweier zeitdiskreter Signale s [n] und h [n] ist definiert als

r [n] =

∞∑

m=−∞

h [m] s [n−m] . (1.164)

Auch hier wird aus zwei Signalen s [n] und h [n] ein neues Signal r [n] auf folgende Weise erzeugt:Das Signal s [m] wird gespiegelt und dann um eine feste Anzahl von Takten n verschoben. Diesesgespiegelte und verschobene Signal (s)n [m] = s [− (m− n)] = s [n−m] wird dann mit demSignal h [m] multipliziert (gewichtet) und uber die Variable m summiert. Das Ergebnis ist dieFaltung an der Stelle (dem Zeitpunkt) n.

Man schreibt

h [n] ∗ s [n] =

∞∑

m=−∞

h [m] s [n−m] . (1.165)

Auch die diskrete Faltung ist kommutativ, assoziativ und distributiv. Sie verhalt sich wie eineMultiplikationsoperation (nur nicht zwischen Zahlen, sondern zwischen Folgen). Man sprichtdaher auch vom Faltungsprodukt.

KAPITEL 1. SIGNALE 41

D D Ds[n] s[n− 1] s[n− 2]

h[0] h[1] h[2] h[3]

s[n− 3]

r[n]

Abbildung 1.21: Implementation der Faltung durch Schieberegister.

Hat einer der beiden Signalvektoren (oder beide) im Faltungsprodukt nur eine endliche Lange,so ist naturlich nur uber die Indizes zu summieren, die tatsachlich auftreten.

Hat das Signal s [n] die Lange N und das Signal h [n] die Lange M , so hat das Signal h [n]∗ s [n]die Lange N +M +1. Dann kann man die Faltung nach folgendem Rechenschema berechnen:

Es soll z.B. das Faltungsprodukt aus zwei Zeilenvektoren(

1 2 3)

∗(

7 2 3 1)

berechnet werden. Einen der beiden Vektoren muss man spiegeln. Wir spiegeln den ersten undrechnen

7 2 3 112 13 2 1

3 2 13 2

3

7−→

7162814113

(1.166)

Das heißt:(

1 2 3)

∗(

7 2 3 1)

=(

7 16 28 14 11 3)

Wenn h [m] nur eine endliche Lange M hat, kann man die Faltung h [n] ∗ s [n] uber eine Schie-beregisterschaltung wie in Bild 1.21 implementieren. Hier ist M = 3 und

r [n] = h [0] s [n] + h [1] s [n− 1] + h [2] s [n− 2] + h [3] s [n− 3] . (1.167)

Diese Schaltung vermittelt eine anschauliche Vorstellung von der Faltung: Die Faltung ist dieUberlagerung des Signals s [n] mit seinen verzogerten Versionen s [n− 1], s [n− 2],..., s [n−M ]und den multiplikativen Vorfaktoren h [0] , h [1] , h [2] , ..., h [M ].

Bei MATLAB gibt es den Befehl conv (convolution=Faltung), mit dem man eine Faltungdurchfuhren kann.

Sind beide Signalvektoren gleich lang, z.B.

s =

s [1]s [2]s [3]

...s [N ]

, h =

h [1]h [2]h [3]

...h [N ]

(1.168)

KAPITEL 1. SIGNALE 42

und faltet man h [n] mit dem gespiegelten Signal s [−n] und wertet das Ergebnis-Signal an derStelle n = 0 aus, so erhalt man folgenden Ausdruck

[h [n] ∗ s [−n]]n=0 =

N∑

m=1

h [m] s [m− 0] . (1.169)

Dies ist offenbar das Skalarprodukt der beiden Vektoren, wie wir es in der Vektorrechnungkennengelernt haben, d.h. es gilt:

s · h =

N∑

m=1

s [m]h [m] = [h [n] ∗ s [−n]]n=0 (1.170)

Der Einheitsimpuls ist das multiplikative Einselement bezuglich der Faltung. Es gilt namlich

δ [n] ∗ s [n] = s [n] ∗ δ [n] = s [n] . (1.171)

Schreibt man das noch mal ausfuhrlich hin als

s [n] =

∞∑

m=−∞

s [m] δ [n−m] , (1.172)

so sieht man, dass sich jedes Signal s [n] als Uberlagerung von verzogerten Einsheitsimpulsen dar-stellen lasst, wobei die Vorfaktoren gerade die Werte des Signals an den jeweiligen Verzogerungensind. Aus Abbildung 1.17 wird dies noch einmal deutlich.

1.4 Die Diskrete Fouriertransformation (DFT)

1.4.1 Definition und Umkehrformel

Wir betrachten zunachst eine zeitdiskrete harmonische Schwingung

sω [n] = ejωn. (1.173)

Im Gegensatz zu zeitkontinuierlichen harmonischen Schwingungen sind die zeitdiskreten in derRegel nicht periodisch. Denn ware sω [n] periodisch, so musste es eine naturliche Zahl N geben,sodass sω [0] = 1 = sω [N ]. Das kann aber nur dann gelten, ω ·N ein Vielfaches von 2π ist, alsowenn es eine naturliche Zahl k gibt, sodass

ωN = k · 2π. (1.174)

Ein beliebiges reelles ω steht aber in keinem derartigen rationalen Verhaltnis zu 2π. Ist dieseBedingung (1.173) dagegen erfullt, so ist das Signal (1.174) periodisch.

In Folgenden betrachten wir nur solche periodischen Schwingugen. Fur diese Schwingungen derGestalt (1.173) mit Periode N muss gelten

ω = ωk = 2πk

N, k ∈ Z. (1.175)

Fur das Signal mit ω = ω1 ist N die Grundperiode, fur ω = ω2 ist dies z.B. nicht mehr der Fall,wenn N eine gerade Zahl ist. Dann ist die Grundperiode N/2. Entsprechendes gilt fur ω3 usw.

KAPITEL 1. SIGNALE 43

Wir wollen uns die Bedingung (1.174) veranschaulichen, indem wir annehmen, dass das Signal(1.173) durch Abtastung mit der Abstastfrequenz fA = t−1

A aus einer kontinuierlichen harmoni-schen Schwingung

s (t) = ej2πft (1.176)

hervorgegangen ist. Damit die Grundperiode N der Schwingung mit ω1 zu der Grundperiode Tzu der Frequenz f1 = 1/T passt, muss

T = N · tA (1.177)

gelten, d.h. die Grundperiode mit ein Vielfaches der Abstastperiode sein. Im Frequenzbereichkann man dies als

f1 =fA

N(1.178)

schreiben, d.h. die Grundschwingung muss ganzer Bruchteil der Abtastfrequenz sein. Diese bei-den aquivalenten Bedingungen wollen wir als Rasterbedingungen bezeichen. Sie legen ein Zeit-bzw. Frequenzraster fest, in dem zeitdiskret und periodisch kompatibel sind.

Fur eine feste Zahl N ∈ N gibt es genau N verschiedene Schwingungen (1.175) mit ω = ωk

gemaß (1.173). Es ist namlichωk+N = ωk + 2π, (1.179)

was derselben Schwingung einspricht. Wir beschranken den Index deshalb auf

k ∈ 0, 1, 2, ..., N − 1 . (1.180)

Ebenso konnen wir die N verschiedenen Schwingungen

sωk[n] = ejωkn (1.181)

auf die Grundperiode der Lange N beschranken13. D.h. wir beschranken uns auf die Zeitindizesn = 0, 1, 2, ..., N − 1. Wir betrachten nun ein beliebiges zeitdiskretes Signal s [n] mit dieser Peri-ode. Auch hier reicht es naturlich, nur eine Periode zu betrachten, d.h. wir betrachten den Vektors [0] , s [1] , s [2],...,s [N − 1]. Fur dieses Signal definieren wir die Diskrete Fouriertransformation(DFT).

Definition 13 (DFT) Die diskrete Fouriertransformation eines Vektors s[n] mit n = 0, 1, ..., N−1 ist definiert als der Vektor

S [k] =

N−1∑

n=0

s [n] exp (−j2πkn/N) (1.182)

mit k = 0, 1, ..., N − 1. Die Zahl N nennt man die Lange der DFT.

Dies ist zunachst einmal nur eine Definition. Die DFT exisitiert immer, da die Summe endlichist.

Wir mochten gerne - wie bei der vertrauten Fourierreihe in Gleichung (1.50) - auch im zeitdis-kreten Fall periodische Signale als eine Uberlagerung von harmonischen Schwingungen schreibenkonnen. Diese Interpretation der DFT ergibt sich auch der Umkehrungformel, d.h. der inversenDFT (IDFT).

13Wenn wir hier von Grundperiode sprechen, meinen wir die Grundperiode zu der Schwingung mit ω = ω1.

KAPITEL 1. SIGNALE 44

Satz 2 (IDFT) Sei der Vektor S[k] gegeben durch die diskrete Fouriertransformation einesVektors s[n] nach Gleichung (1.182). Dann gilt

s [n] =1

N

N−1∑

k=0

S [k] exp (j2πkn/N) (1.183)

mit n = 0, 1, ..., N − 1.

Wir schreibens [n] DFT←−−−→ S [k] . (1.184)

Die Umkehrformel heißt gerade: Wir konnen jedes zeitdiskrete Signal der Periode N als eineUberlagerung der N verschiedenen harmonischen Schwingungen

sωk[n] = ejωkn, ωk = 2πk/N (1.185)

ausdrucken. Die Vorfaktoren sind gegeben durch die Zahlen

1

NS [k] , (1.186)

d.h. bis auf den Vorfaktor 1/N durch die Werte der DFT14. Diese Zahlen entsprechen in ihrerBedeutung den Zahlen ck der Fourierreihe.

Die FFT mit MATLAB FFT (Fast Fourier Transform) heißt ein bestimmter schneler Al-gorithmus fur die DFT. Mit S=fft(s) wird unter MATLAB die FFT durchgefuhrt. Die Um-kehrtransformation erhalt man mit s=fft(S). Hierbei ist s der Vektor im Zeitbereich und S

der Vektor im Frequenzbereich.

1.4.2 Aliasing

Um die IDFT mit der Fourierreihe zu vergleichen, schreiben wir beide Summen-Ausdrucke nocheinmal hin. Die Fourierreihe lautet

s (t) =

∞∑

k=−∞

ckej2π k

Tt (1.187)

und die IDFT lautet

s [n] =1

N

N−1∑

k=0

S [k] ej2πkn/N . (1.188)

Wir tasten das kontinuierliche Signal ab und nehmen dabei an, dass die Rasterbedingungen(1.177,1.178) erfullt sind. Offenbar gilt dann

ej2π k

Tt = ej2πkn/N (1.189)

fur alle Abtastzeitpunkte t = ntA. Allerdings tauchen in der Fourierreihe (1.187) unendlich vielekontinuierliche Schwingungen mit den Frequenzen fk = k/T auf, aber es gibt nur N verschie-dene diskrete harmonische Schwingungen. Also fuhren alle kontinuierlichen Schwingungen derFrequenzen

fk, fk ± fA, fk ± 2fA, ... (1.190)

14Den Vorfaktor 1/N mag man an dieser Stelle etwas storend finden. Man hatte ihn vermieden, wenn mandie DFT mit diesem Faktor und die IDFT ohne diesen Faktor definiert hatte. Aber viele finden das auch nichtschon. Man kann auch die DFT und die IDFT beide mit dem Faktor 1/

√N definieren. Dann sehen die Hin- und

die Rucktransformation ahnlicher aus.

KAPITEL 1. SIGNALE 45

nach der Abtastung auf die selbe diskrete harmonische Schwingung, so dass nur N geschiedenenubrigbleiben. Wir haben uns entschieden, den Frequenzindex von 0 bis N − 1 laufen zu lassen.Vergleicht man dann die IDFT (1.188) mit der abgetasteten Fourierreihe

s [n] =

∞∑

k=−∞

ckej2πkn/N , (1.191)

so erhalt man1

NS [k] =

∞∑

m=−∞

ck+m. (1.192)

D.h. nach einer Abtastung einer periodischen Funktion mit anschließender DFT-Analyse tau-chen auch noch alle anderen Frequenz-Anteile der ursprunglichen Fourier-Reihe mit auf. Dieseanderen Frequenzen nennt man Alias-Frequenzen (lat.: die anderen), und der Effekt heißt Alia-sing.

Damit gewahrleistet ist, dass kein Aliasing auftritt, muss fur alle Frequenzen fk, die in derFourierreihe nicht verschwindende Koeffizienten ck 6= 0 haben, die Bedingung

|fk| < fA/2 (1.193)

gelten15. Es konnen also nur endlich viele Frequenzen in der Fouriereihe auftreten. Wenn dieRasterbedingung fA = N · f1 erfullt ist, muss man bei geradzahligem16 N wegen Gleichung(1.193) die Randfrequenzen ±fN/2 ausschließen. Fur geradzahliges N lautet dan) die Randfre-quenzen ±fN/2 ausschließen. Fur geradzahliges N lautet dann die endliche Fourierreihe fur einperiodisches Tiefpasssignal

s (t) =

N/2−1∑

k=−N/2+1

ckej2π k

Tt. (1.194)

Das zugehorige abgetastete Signal lautet

s [n] =

N/2−1∑

k=−N/2+1

ckej2πkn/N . (1.195)

Wir vergleichen dies mit der IDFT (1.188) und lesen ab:

1

NS [k] =

ck : 0 ≤ k < N/2ck−N : N/2 < k < N

(1.196)

Der Sonderfall k = N/2 entspricht genau der halben Abtastfrequenz. Die daruber liegendenIndizes mit k > N/2 entsprechen den negativen Frequenzen.

1.4.3 Eigenschaften der DFT

Fur die DFT gelten im Prinzip entsprechenden Eigenschaften wie fur die Fourierreihe und diekontinuierliche Fouriertransformation. Man muss jetzt nur beachten, dass wir es mit endlichenVektoren zu tun haben. Diese Vektoren muss man sich zyklisch vorstellen. Bei der “normiertenKreisfrequenz” ω haben wir dies schon diskutiert. Hier ist es genauso, nur dass die Frequenzendiskret sind. Und es gilt auch im Zeitbereich, schließlich haben wir es mit periodischen Signalenzu tun.

15|fk| = fA/2 durfen wir nicht erlauben. Es lassen sich Beispiele finden, warum das nicht geht.16In der Praxis ist N in der Regel geradzahlig.

KAPITEL 1. SIGNALE 46

Vereinbarung uber zyklische Signale

Fur die Signale s [n] und S [k] und die DFT-Lange N gilt folgende Vereinbarung: Wenn derIndex n bzw. k außerhalb seines naturlichen Definitionsbereiches n, k ∈ 0, 1, ...N − 1 liegt, soist so oft N zu addieren oder zu subtrahieren, bis der Index in diesem Bereich liegt. Fur N = 8ist zum Beispiel s [9] und s [17] und s [−7] gleichbedeutend mit s [1].

Diese Vereinbarung dient dazu, die Notation zu entlasten.

Interpretation als Spektrum

Wenn kein Aliasing vorliegt, konnen wir die Zahlen |S [k] /N |2 als Spetrum des abgetastetenSignals interpretieren.

Energiedichte

Fur die DFT lasst sich die Parsevalsche Gleichung (1.53) der Fourierreihe entsprechend ubertragen.Man erhalt fur die mittlere Leistung

P s =1

N

N−1∑

n=0

|s [n]|2 =

N−1∑

k=0

S [k]

N

2

(1.197)

Auf der rechten Seite steht der Ausdruck fur die Leistung im Frequenzbereich. Wir konnen dieGleichung naturlich auch schreiben als

N−1∑

n=0

|s [n]|2 =1

N

N−1∑

k=0

|S [k]|2 , (1.198)

aber in der ersten Version kann ich sie mir besser merken.

Der Faltungssatz fur die zyklische Faltung

Wenn wir zwei gleich lange Vektoren h [n] und s [n] der Lange N mit einander zyklisch falten,so bedeutet dies, dass wir in der Formel fur die Faltung

h [n] ∗cycl s [n] =

N−1∑

m=0

h [m] s [n−m] (1.199)

die obige Vereinbarung uber zyklische Signale beachten mussen. Beispiel zykli-sche Faltung;Rechenschema;Veranschau-lichung uberzwei Rader

Das Ergebnis der zyklischen Faltung ist wieder ein Vektor der Lange N .

Dann kann man die zyklische Faltung nach folgendem Rechenschema berechnen:

Es soll z.B. das Faltungsprodukt aus zwei Zeilenvektoren(

1 2 3 4)

∗cycl

(

7 2 3 1)

berechnet werden. Einen der beiden Vektoren muss man spiegeln. Wir spiegeln den ersten undrechnen

7 2 3 11 4 3 22 1 4 33 2 1 44 3 2 1

7−→26313241

(1.200)

KAPITEL 1. SIGNALE 47

Das heißt:(

1 2 3 4)

∗cycl

(

7 2 3 1)

=(

26 31 32 41)

Satz 3 (Faltungssatz DFT) Der zyklischen Faltung der diskreten Signale im Zeitbereich ent-spricht eine Multiplikation der DFTs im Frequenzbereich: Die DFT des Signals h[n] ∗ s[n] istgegeben durch H [k] · S [k].

In Kurzschreibweise lautet der Satz

h [n] ∗cycl s [n] DFT←−−−→ H [k] · S [k] (1.201)

Da die IDFT fast genau das Gleiche ist wie die DFT, gilt der Faltungssatz “ruckwarts” auch.Man muss nur etwas aufpassen mit den Faktor 1/N .

h [n] · s [n] DFT←−−−→1

NH [k] ∗cycl S [k] (1.202)

Verschiebungssatze

Hier ist die obige Vereinbarung uber zyklische Signale von zentraler Bedeutung. Wenn s [n] einzyklisches Signal ist der Lange N , so ist s [n− 1] das um einen Takt zyklisch verschobene.Schreiben wir das Signal s [n] als einen Vektor

s =

s [0]s [1]s [2]

...s [N − 1]

, (1.203)

so schreiben wir das um einen Takt verschobenen Signal s [n− 1] als Vektor

s1 =

s [N − 1]s [0]s [1]

...s [N − 2]

. (1.204)

Am besten stellt man sich das auf einem Kreis vor!

Die Verschiebungssatze der DFT lauten nun

s [n− 1] DFT←−−−→ e−j2πk/N · S [k] (1.205)

und

ej2πn/N · s [n] DFT←−−−→ S [k − 1] (1.206)

Man erhalt hier hier zwei praktisch wichtige Folgerungen. Fur geradzahlige N gilt:

(−1)n · s [n] DFT←−−−→ S [k −N/2] . (1.207)

s [n−N/2] DFT←−−−→ (−1)k · S [k] . (1.208)

KAPITEL 1. SIGNALE 48

Tabelle 1.2: DFT-Tabelle

s [n] S [k]

δ [n] 11 N · δ [k]

δ [n− n0] exp (−j2πkn0/N)exp (j2πk0n/N) N · δ [k − k0]

cos (2πk0n/N) N2 · (δ [k − k0] + δ [k + k0 −N ])

sin (2πk0n/N) N2j · (δ [k − k0]− δ [k + k0 −N ])

Symmetriesatze

Wir schreibens∗ [n] = (s [n])∗

undS∗ [k] = (S [k])∗

fur konjugiert komplexe Großen. Fur verschobene und fur gespiegelte mussen wir wieder dieVereinbarung uber zyklische Signale beachten. Bei der Spiegelung mussen wir beachten, dass wirs [−n] durch s [N − n] ersetzen mussen.

Dann gilts∗ [n] DFT←−−−→ S∗ [N − k] , (1.209)

d.h. das komplex konjugierte Zeitsignal entspricht der gespiegelten komplex konjugierten Spek-tralfunktion.

Folgerung 1 Bei einem reellen Zeitsignal s[n] hat die Spektralfunktion die Eigenschaft S [k] =S∗ [N − k].

Diese Eigenschaft kennen wir in entsprechender Form schon von der kontinuierlichen Fourier-transformation, der ZFT und von der Fourierreihe.

Umgekehrt gilt:s∗ [N − n] DFT←−−−→ S∗ [k] , (1.210)

d.h. die komplex konjugierte Spektralfunktion entspricht dem gespiegelten komplex konjugiertenZeitsignal.

Außerdem gilts [N − n] DFT←−−−→ S [N − k] , (1.211)

d.h. Spiegeln im Zeitbereich entspricht Spiegeln im Frequenzbereich. Insbersondere gilt: Eine imZeitbereich symmetrische Funktion ist auch im Frequenzbereich symmetrisch.

Folgerung 2 Bei einem reellen und symmetrischen Zeitsignal ist auch die DFT reell und sym-metrisch.

Einige spezielle DFTs sind in Tabelle 1.2 aufgefuhrt.

Kapitel 2

Zeitdiskrete LTI-Systeme

2.1 Grundbegriffe und Beispiele

2.1.1 Die Definition des LTI-Systems

Definition 14 (System) Unter einem System versteht man Gerat, das einen Eingang undeinen Ausgang hat und einem Signal, das am Eingang anliegt, eindeutig ein Signal am Ausgangzuordnet.

Mathematisch ist ein System also einfach eine Zuordnung1 zwischen zwei Signalen. Man kanndas schreiben:

System : s 7→ r,

wobei s das Inputsignal am Eingang und r das Outputsignal am Ausgang ist. Im Deutschensagt man Systemanregung und Systemantwort.

Was innerhalb des Systems genau passiert, ist fur die Systemtheorie uninteressant. Wir betrach-ten es als eine Black Box und stellen diese symbolisch wie in Abbildung 2.1 dar. In der Praxiskann es durch eine elektrische (analoge oder digitale) Schaltung realisiert sein oder z.B. durchden Ubertragungskanal beim Mobilfunk. Auch das Pohlsche Drehpendel, das Sie aus dem physi-kalischen Praktikum kennen, ist ein System. Es verhalt sich systemtheoretisch ubrigens genauso(stellt also dasselbe System dar) wie ein elektrischer Schwingkreis mit Spule, Kondensator undWiderstand. Das Wetter und die Wirtschaft sind in diesem Sinne auch System, aber ziemlichkomplizierte.

1Der Mathematiker wurde sagen: Abbildung.

- -s rSystem

Anregung(Input)

Antwort(Output)

Abbildung 2.1: Darstellung eines Systems.

49

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 50

- -System

Anregung(Input)

Antwort(Output)

s1

s2

α1s1 + α2s2

r1

r2

α1r1 + α2r2

Abbildung 2.2: Lineares System.

Bei zeitkontinuierlichen Systemen schreibt man s (t) und r (t) fur Input und Output2, bei zeit-diskreten s [n] und r [n]3. Wir betrachten zunachst die zeitdiskreten, weil sie mathematisch etwaseinfacher sind.

Wir beschranken uns in dieser Vorlesung auf lineare Systeme:

Definition 15 (Lineare Systeme) Ein System heißt linear, wenn es dem Superpositionsprin-zip (Uberlagerungsprinzip) gehorcht: Die Uberlagerung zweier Input-Signale resuliert am Aus-gang zin der Uberlagerung der beiden zugehorigen Output-Signale.

Wir konnen das mathematisch so schreiben: Wenn

s1 7→ r1

unds2 7→ r2,

dann giltα1s1 + α2s2 7→ α1r1 + α2r2, (2.1)

wobei α1 und α2 beliebige (reelle oder komplexe) Koeffizienten sind, siehe auch Abbildung 2.2.Das Superpositionsprinzip ist Ihnen aus der Physik vertraut, wo es u.a. fur Wellen gilt. Li-near Differentialgleichungen fuhren auf lineare Systeme. Es gibt durchaus sehr viele wichtigePhanomene, die durch nichtlineare Differentialgleichungen beschrieben werden. Die nichtlinea-re Systemtheorie ist ungleich schwieriger als die lineare. Man hat hier in den letzten Jahr-zehnten (auch mit Hilfe schnellerer Rechner) große Fortschritte gemacht und viele interessantePhanomene entdeckt, die unter dem Stichwort Chaostheorie popular geworden sind.

Wir wollen die Klasse der betrachteten Systeme noch weiter einschranken und nur zeitinvarianteSysteme betachten. Zeitinvariante Systeme sind solche, deren Eigenschaften sich zeitlich nichtverandern.

Definition 16 (Zeitinvariante Systeme) Ein System heißt zeitinvariant, wenn ein zeitlichverzogertes Input-Signal dasselbe Output-Signal mit der entsprechenden Verzogerung erzeugt.

Das heißt also, wenns 7→ r

ein zeitdiskretes System beschreibt und s1 [n] = s [n− 1] das um einen Takt verzogerte Inputsi-gnal ist, dann gilt auch

s1 7→ r1,

2oder auch s (•) und r (•)3oder auch s [•] und r [•]

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 51

wobei r1 [n] = r [n− 1] das um einen Takt verzogerte Outputsignal ist.

Systeme, die diese Bedingung nicht erfullen, heißen zeitvariant. Sie spielen durchaus eine wichtigeRolle, z.B. im Mobilfunk.

Definition 17 (LTI-Systeme) Lineare, zeitinvariante Systeme nennt man LTI-Systeme (li-near time-invariant).

2.1.2 Beschreibung durch die Impulsantwort

Im Folgenden wollen wir LTI-Systeme charakterisieren. Dazu benotigen wir die

Definition 18 (Impulsantwort) Die Antwort eines LTI-Systems auf den Einheitsimpuls δ[n]bezeichnet man als die Impulsantwort des Systems.

Es gilt nun der folgende

Satz 4 (Charakterisierung durch Impulsantwort) Jedes LTI-System lasst sich eindeutigdurch seine Impulsantwort h[n] charakterisieren. Zwischen Input s[n] und Output r[n] bestehtder Zusammenhang:

r[n] = h[n] ∗ s[n]. (2.2)

Zum Beweis:

Die Antwort des Systems auf den Einheitsimpuls ist nach Definition die Impulsantwort, d.h.

δ [n] 7→ h [n] .

Wegen der Zeitinvarianz ist die Antwort auf den verogerten Einheitsimpuls die entsprechendverzogerte Impulsantwort:

δ [n− 1] 7→ h [n− 1] ,

δ [n− 2] 7→ h [n− 2] ,

δ [n− 3] 7→ h [n− 3] ,

usw. Wegen der Linearitat ist der Output zu einer Superposition der verzogerten Einheitspulsegerade die Superposition der entsprechend verzogerten Impulsantworten:

a0δ [n] + a1δ [n− 1] + a2δ [n− 2] + ... 7→ a0h [n] + a1h [n− 1] + a2h [n− 2] + ...

Etwas allgmeiner:∞∑

m=−∞

s [m] δ [n−m] 7→∞∑

m=−∞

s [m]h [n−m] ,

d.h.s [n] ∗ δ [n] = s [n] 7→ s [n] ∗ h [n] .

Bezeichnet man mit r [n] die Systemantwort auf s [n], so gilt also

r [n] = s [n] ∗ h [n] = h [n] ∗ s [n] ,

was zu beweisen war.

Eine wichtige Folgerungs aus dem obigen Satz ist die

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 52

Folgerung 3 (Reihenfolge von LTI-Systemen) Bei zwei LTI-Systemen kommt es nicht dar-auf an, in welcher Reihenfolge ein Signal sie durchlauft.

Denn: Wenn wir zwei LTI-Systeme haben, die durch die Impulsantworten g [n] h [n] beschriebenwerden, so ist die Anwort des zusammengesetzten Systems auf die Anregung s [n] in dem einenFall gegeben durch

r [n] = g [n] ∗ h [n] ∗ s [n]

und in dem anderen Fall gegeben durch

r [n] = h [n] ∗ g [n] ∗ s [n] .

Wegen der Kommutativitat der Faltung

g [n] ∗ h [n] = h [n] ∗ g [n]

ist beides gleich. Bild: Ver-tauschbarkeitder Reihenfolge

Wir haben hier stillschweigend auch die Assoziativitat der Faltung verwendet: Es kommt beieinem wiederholten Faltungsprodukt nicht darauf an, welches zuerst ausgerechnet wird. Deshalbkann man auf eine Klammerung verzichten. Um die Bedeutung besser zu versthen, schreibenwir etwas ausfuhrlicher:

r [n] = g [n] ∗ (h [n] ∗ s [n]) = g [n] ∗ h [n] ∗ s [n]

Es wird also zunachst mit der Impulsantwort h [n] des ersten Systems gefaltet und dann mit derImpulsantwort des zweiten Systems g [n]. Man arbeitet also die Faltungen von rechts nach linksab, die Reihenfolge ist also anders als ublicherweise im Blockschaltbild.

Fur linear-zeitvariante System ist die Reihenfolge ubrigens wichtig!

Jetzt wollen wir noch zwei wichtige Eigenschaften definieren, die alle anstandigen, praktischrealisierbaren LTI-Systeme haben sollten:

Kausalitat und Stabilitat

Bei in Echtzeit realisierbaren LTI-Systeme kann die Impulsantwort nicht vor dem Impuls kom-men.

Definition 19 (Kausalitat) Ein LTI-System heißt kausal, wenn fur seine Impulsantwort furnegative Zeiten Null ist:

h [n] = 0 (n < 0). (2.3)

Solche Systeme nennt man kausal. Man kann dann schreiben:

r [n] =

∞∑

m=0

h [m] s [n−m] . (2.4)

Systeme, die sich anstandig verhalten und nicht bei einer begrenzten Anregung unbegrenzteAntworten ergeben (also sozusagen eine Explosion auslosen), nennt man stabil. Die folgendeDefinition der Stabilitat liefert eine hinreichende Bedingung fur diese Eigenschaft:

Definition 20 (Stabilitat) Ein LTI-System heißt stabil, wenn fur seine Impulsantwort h[n]gilt:

∞∑

n=−∞

|h[n]| <∞. (2.5)

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 53

-

?

6

6

s[n] r[n]

r[n− 1]

ar[n− 1]

a D

Abbildung 2.3: Das einfachste rekursive Filter.

Der ideale Integrator (Akkumulator)

Ein in diesem Sinne nicht anstandiges (aber trotzdem wichtiges System) ist der Akkumulator,den man als eine diskrete Version des idealen Integrators ansehen kann. Er summiert einfachalle Werte des Input-Signals s [n] auf. Der Output ist also

r [n] =

n∑

m=−∞

s [n] . (2.6)

Die Impulsantwort lautet (Ubung!)h [n] = ε [n] . (2.7)

2.1.3 Einfache Beispiele fur digitale Filter

Bevor wir die Systeme weiter charakterisieren, bringen wir ein paar einfache Beispiele, die sichdurch Schieberegisterschaltungen realisieren lassen.

Ein einfaches FIR-Filter

Das einfachste System haben wir bei der Einfuhrung der diskreten Faltung kennen gelernt. Esist beschrieben durch

r [n] = h [0] s [n] + h [1] s [n− 1] + h [2] s [n− 2] + ...+ h [M ] s [n−M ] (2.8)

und wurde bereits in Abbildung 1.21 fur M = 3 dargestellt. Man spricht von einem finite impul-se response (FIR) - Filter der Ordnung M . Kausale FIR-Filter sind durch vorwartsgekoppelteSchieberegisterschaltungen beschrieben und haben eine endlich lange Impulsantwort. Solche Sys-teme sind immer stabil.

Ein einfaches IIR-Filter

Abbildung 2.3 zeigt das einfachste rekursive Filter. Es ist beschrieben durch die rekursive Glei-chung

r [n] = s [n] + a r [n− 1] , a ∈ R. (2.9)

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 54

0 5 10 15 20 25 30 350

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

n (samples)

Am

plitu

de

Abbildung 2.4: Impulsantwort des einfachsten rekursiven Filters.

Man nennt die Struktur rekursiv, weil der aktuelle Output r [n] nicht nur vom Input, sondernauch vom vorherigen Output r [n− 1]. Anstatt diese Rekursionsgleichung nun fur einen belie-bigen Input s [n] zu losen (was fur diese einfache Rekursion gar nicht so schwer ist), reicht es,s [n] = δ [n] zu betrachten. Wir wissen ja das lineare Systeme eindeutig durch ihre Impulsant-wort beschrieben sind. Fur n < 0 ist die Impulsantwort offenbar Null. Wir beginnen also bei Verstandnisfrage:

Konnen Sie be-weisen, dassdas Systemlinear ist?

n = 0 und setzen in die Rekursionsgleichung (2.9) ein:

h [0] = 1

h [1] = a h [0] = a

h [2] = a h [2] = a2

h [3] = a h [2] = a3

...

h [n] = a h [n− 1] = an

Die Impulsantwort lautet alsoh [n] = anε [n] (2.10)

und fallt offensichtlich exponentiell ab. Sie ist fur a = 0.9 in Abbildung 2.4 dargestellt. Fura < 0 alterniert das Vorzeichen.

Das durch Gleichung (2.9) bzw. (2.10) beschriebene System bezeichnet man als infinite impulseresponse (IIR) - Filter. IIR-Filter konnen instabil sein.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 55

Differenzengleichungen und digitale Filter

Wir betrachten ein FIR-Filter der Ordnung M mit Filterkoeffizienten b[m], das beschrieben istdurch die vorwartsgekoppelte Gleichung

u [n] = b[0]s[n] + b[1]s[n− 1] + b[2]s[n− 2] + ...+ b[M ]s[n−M ] (2.11)

bzw.

u[n] =

M∑

m=0

b[m]s[n−m]. (2.12)

Hier ist u[n] der Ouput, und die Impulsantwort ist der Vektor der Filterkoeffizienten.

Jetzt betrachten wir ein nachgeschaltetes rekursives Filter mit Output r[n], fur das u[n] derInput ist und das durch die rekursive Gleichung

r[n] = u[n]− a[1]r[n− 1]− a[2]s[n− 2]− ...− a[M ]s[n−M ] (2.13)

beschrieben ist. Die Zahlen a[m] nennt man wieder Filterkoeffiezienten, die Ordnung des Filtersist wieder M . Wir definieren

a[0] = 1 (2.14)

und schreiben

a[0]r[n] + a[1]r[n− 1] + a[2]s[n− 2] + ...+ a[M ]s[n−M ] = u[n] (2.15)

bzw.M∑

m=0

a[m]r[n−m] = u[n]. (2.16)

Die Gleichungen (2.12,2.16) ergeben zusammen

M∑

m=0

a[m]r[n−m] =

M∑

m=0

b[m]s[n−m]. (2.17)

Eine solche Gleichung nennt man Differenzengleichung. Sie beschreibt ein sehr allgemeines di-gitales Filter. Die Bezeichnung kommt daher, dass in der Gleichung Zeitdifferenzen auftreten.Differenzengleichungen sind das diskrete Analogon zu den Differentialgleichungen, mit denenbekanntlich analoge Filter beschrieben werden. Wie bei den analogen Filtern vermeidet man esjedoch meist, die Gleichungen im Zeitbereich zu losen und geht statt dessen zu einer Darstellungim Frequenzbereich uber. Wie das geht, wollen wir im Folgenden zeigen.

2.1.4 Beschreibung durch die Sprungantwort

Sei ein LTI-System gegeben durch seine Impulsantwort h [n]. Die Anwort auf ein Input-Signals [n] ist dann gegeben durch

r [n] = h [n] ∗ s [n] =

∞∑

m=−∞

h [m] s [n−m] (2.18)

Wir betrachten als speziellen Input das Signal s [n] = ε [n] und definieren

Definition 21 (Sprungantwort) Die Anwort eines LTI-Systems auf die Anregung durch denEinheitssprung ε[n] nennt man die Sprungantwort des Systems.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 56

e−jω

Abbildung 2.5: Die Ubertragungsfunktion fur ein zeitdiskretes Verzogerungsglied.

Wir bezeichnen die Sprungantwort mit g [n] und erhalten

g [n] =∞∑

m=−∞

h [m] ε [n−m] =n∑

m=−∞

h [m] . (2.19)

Die Sprungantwort ist also die kumulierte Summe4 der Impulsantwort. Umgekehrt bekommtman aus der Sprungantwort die Impulsantwort durch diskretes Differenzieren:

h [n] = g [n]− g [n− 1] . (2.20)

Wenn man die Sprungantwort kennt, kann man daraus leicht die Impulsantwort berechen. Alsoliefert auch die Sprungantwort eine eindeutige Charakterisierung des LTI-Systems. Eine dritteMoglichkeit werden wir im nachsten Unterabschnitt kennen lernen.

Als Beispiel wollen wir die Sprungantwort fur das rekursive LTI-System aus Gl. (2.9) berechnen,dessen Impulsantwort gegeben ist durch Gl. (2.10). Aus der Summenformel fur die endlichegeometrische Reihe

n∑

i=0

qn =1− qn+1

1− q (2.21)

erhalten wir

g[n] =1− an+1

1− a . (2.22)

2.1.5 Beschreibung durch die Ubertragungsfunktion

Wir betrachten eine zeitdiskrete harmonische Schwingung der Gestalt

sω [n] = ejωn. (2.23)

Wir verzogern dieses Signal um einen Takt und erhalten

sω [n− 1] = ejω(n−1) (2.24)

d.h.sω [n− 1] = e−jωsω [n] . (2.25)

Die Verzogerung um eines Takt bewirkt bei einer harmonischen Schwingung einfach nur dieMultiplikation mit dem Faktor e−jω . Diesen Faktor nennen wir die Ubertragungsfunktion derVerzogerung (bzw. des Verzogerungsgliedes im Schieberegister), siehe Abbildung 2.5.

Fur Verzogerungen um mehrere Takte gilt entsprechend

sω [n− 2] = e−j2ωsω [n] (2.26)

4Die kumulierte Summe ist das diskrete Analogon zum Integral g(t) =R

t

−∞h(τ)dτ .

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 57

sω [n− 3] = e−j3ωsω [n] (2.27)

...

sω [n−m] = e−jωmsω [n] (2.28)

Bei der letzten Gleichung muss man etwas aufpassen: n ist der Laufindex (die diskrete Zeitva-riable), und m ist eine feste Zahl, z.B. m = 7. Etwas deutlicher wird das, wenn man schreibt

sω [· −m] = e−jωmsω [·] . (2.29)

Wir betrachten nun ein kausales LTI-System, wie es durch Gleichung (2.4) beschrieben ist undregen es mit der zeitdiskreten harmonschen Schwingung sω [n] an. Fur die Antwort rω [n] giltdann

rω [n] =

∞∑

m=0

h [m] sω [n−m] . (2.30)

Wir verwenden die Eigenschaft (2.28) und konnen dafur schreiben

rω [n] =

(

∞∑

m=0

h [m] e−jωm

)

sω [n] . (2.31)

Wir haben hier (eigentlich unnotige) Klammern gesetzt, um damit deutlich zu machen, dassauf der rechten Seite nur noch ein Produkt steht und wir das Signal sω [n] aus der Summerherausgezogen haben. Auf eine Anregung mit der harmonischen Schwingung reagiert das Systemdurch Multiplikation mit der Ubertragungsfunktion

H(

ejω)

=

∞∑

m=0

h [m] e−jωm. (2.32)

Die Antwortrω [n] = H

(

ejω)

sω [n] (2.33)

ist wieder eine harmonische Schwingung derselben Frequenz.

Definition 22 (Ubertragungsfunktion) Ein LTI-System sei gegeben durch seine Impulsant-wort h[n]. Die Große

H(

ejω)

=

∞∑

n=−∞

h[n] exp (−jωn) (2.34)

nennt man die Ubertragungsfunktion des Systems.

Diese Definition beinhaltet auch nichtkausale Systeme, fur die die Beschreibung (2.33) ebenfallsgultig ist. Nur kann man diese nicht so schon durch Schieberegisterschaltungen beschreiben.

Da der Output rω [n] wieder eine harmonische Schwingung ist, gilt auch fur diese

rω [n−m] = e−jωmrω [n] (2.35)

Dadurch kann man fur eine harmonische Anregung die Differenzengleichung, die das System be-schreibt, sehr einfach in eine algebraische Gleichung transformieren, aus der sich die Ubertragungsfunktionergibt. Wir zeigen das zunachst an zwei Beispielen:

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 58

r[n]s[n]

−a

e−jω

b

e−jω

Abbildung 2.6: Beispiel 2.

1. Beispiel: Das Filter in Abbildung 2.3 wird beschrieben durch

rω [n] = sω [n] + ae−jωrω [n] (2.36)

und hat die damit die Ubertragungsfunktion

H(

ejω)

=1

1− ae−jω. (2.37)

2. Beispiel: Das Filter in Abbildung 2.6 wird beschrieben durch

sω [n] + be−jωsω [n] = rω [n] + ae−jωrω [n] (2.38)

und hat die damit die Ubertragungsfunktion

H(

ejω)

=1 + b e−jω

1 + a e−jω. (2.39)

Die Reihenfolge ist bei LTI-Systemen gleichgultig. Dies spiegelt sich darin wieder, dass dieUbertragungsfunktion das Produkt der einzelnen Ubertragungsfunktionen ist, wobei es bei einemgewohnlichen Produkt von Funktionen ja auch nicht auf die Reihenfolge ankommt.

Veranschaulichung der Ubertragungsfunktion

Wir interpretieren die Ubertragungsfunktion

H(

ejω)

= A(

ejω)

exp(

jΦ(

ejω))

(2.40)

als Frequenzgang eines, den man in Amplitudengang und Phasengang zerlegen kann: Bei dernormierten Kreisfrequenz ω dampft das System die Amplitude einer harmonischen Schwingungum A

(

ejω)

und dreht die Phase mit den Zeiger exp(

jΦ(

ejω))

.

Die Ubertragungsfunktion H(

ejω)

ist eine zyklische Funktion. Dies bedeutet, dass ihr Definiti-onsbereich der Einheitskreis ist. Ein Punkt des Einheitskreises lasst sich eindeutig durch seinenWinkel ω beschreiben. Es ist Geschmackssache, ob man diesen Winkel von 0 bis 2π laufen lasstoder von −π bis π. Die erstere Sichtweise wird in der Signalverarbeitung bevorzugt. Ein Kreishat keinen Anfang und kein Ende, anders als z.B. das Intervall [0, 2π). Wenn man die Spektral-funktion zeichnen will, ware dazu eine Litfaßsaule am besten geeignet. Um die Zeichnung an die

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 59

−π

π 2π0

0 πω

ω

|H(ejω)|2

|H(ejω)|2

Abbildung 2.7: Verschiedene Sichtweisen der selben zyklischen Ubertragungsfunktion fur einTiefpassfilter.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 60

Tafel zu bringen, muss man das Plakat an irgend einer Stelle auftrennen. Man kann das z.B.bei ω = 0 tun oder auch bei ω = π, siehe Abbildung 2.7, wo ein Tiefpassfilter gezeigt ist. Inbeiden Fallen bekommt man an der Tafel unterschiedliche Bilder, die aber zu dem selben Bildan der Litfaßsaule gehoren. Die negativen Frequenzen korrespondieren zu dem unteren Teil desEinheitskreises. Diese liegen also links von der Mitte im oberen Bild und rechts von der Mitteim unteren Bild.

Wegen der zylischen Natur der Ubertragungsfunktion schreibt man auch H(

ejω)

und nicht etwaH (ω). So ist H wirklich eine Funktion, die auf dem Kreis lebt.

Reelle Impulsantwort Wenn h [n] reell ist, gilt fur die Ubertragungsfunktion immer dieSymmetrieeigenschaft

H(

ejω)

=(

H(

e−jω))∗

.

Dann ist der Amplitudengang eine gerade Funktion und der Phasengang eine ungerade Funktion.

Berechnung der Impulsantwort aus der Ubertragungsfunktion Aus einer gegebenenUbertragungsfunktion mochte man die Impulsantwort ermitteln. Mathematisch geht das zwartheoretisch durch Umkehrung der Gleichung (2.32). Da in der Praxis H i.A. eine rationaleFunktion in der Variablen e−jω ist, kann man auch so vorgehen: Man fuhrt eine Patialbruchzer-legung durch und entwickelt die Bruche dann in eine geometrische Reihe. Dann erhalt man dieImpulsantwort durch Koeffizientenvergleich.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 61

2.2 Strukturen digitaler Filter

2.2.1 Vorwartsgekoppelte Filter

Ein vorwartsgekoppeltes (auch: FIR wie finite impulse response) Filter ist in Abbildung 2.8gezeigt. Zwischen dem Input-Signal s[n] und dem Output r[n] gilt folgende Differenzengleichung:

r[n] = b[0]s[n] + b[1]s[n− 1] + b[2]s[n− 2] + ...+ b[M ]s[n−M ] (2.41)

bzw.

r[n] =

M∑

m=0

b[m]s[n−m]. (2.42)

Die Ordnung des Filters ist M , und die M + 1 Filterkoeffizienten lauten b[0], ..., b[M ]. Im Fre-quenzbereich ist dieses Filter gegeben durch seine Ubertragungsfunktion

Hb

(

ejω)

=M∑

m=0

b[m]e−jωm. (2.43)

?-

-

?

?

-

-

-

-

-

- -

6

6

6

6

-?

D

D

D

b[M ]

b[1]

b[2]

b[0]s[n] r[n]

Abbildung 2.8: FIR- Filter

2.2.2 Ruckwartsgekoppelte Filter

Ein ruckwartsgekoppeltes (auch: rekursives) Filter ist in Abbildung 2.9 gezeigt. Zwischen demInput-Signal s[n] und dem Output r[n] gilt folgende Differenzengleichung:

r[n] = s[n]− a[1]r[n− 1]− a[2]s[n− 2]− ...− a[M ]s[n−M ]. (2.44)

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 62

Wir definieren einen weiteren Filterkoeffizienten

a[0] = 1 (2.45)

und bekommenM∑

m=0

a[m]r[n−m] = s[n]. (2.46)

Die Ordnung des Filters ist M , und die M + 1 Filterkoeffizienten lauten a[0], ..., a[M ]. Im Fre-quenzbereich ist dieses Filter gegeben durch seine Ubertragungsfunktion

Ha

(

ejω)

=1

∑Mm=0 a[m]e−jωm

. (2.47)

?

?

?

-?

6

6

6

6

-

D

D

D

s[n] r[n]

−a[1]

−a[2]

−a[M ]

Abbildung 2.9: Rekursives Filter

2.2.3 Allgemeine IIR-Filter

Ein allgemeines Filter mit unendlich langer Impulsantwort (IIR-Filter wie infinite impulse re-sponse) erhalt man, indem man ein FIR-Filter und ein rekursives Filter hinter einander schal-tet. Hierbei kommt es nicht auf die Reihenfolge an. In der Schaltung in Abbildung 2.10 kommtzunachst das FIR-Filter und dann das rekursive Filter, in der Schaltung in Abbildung 2.11 istdie Reihenfolge andersherum. Beide Schaltungen bewirken das selbe, aber der Implementations-aufwand ist unterschiedlich. Im ersten Fall wird mehr Speicherplatz benotigt, im zweiten mehrRechenoperationen.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 63

?-

-

?

?

-

-

-

-

-

-

6

6

6

6?

?

?

?

?

--

.

D

D

D

b[M ]

b[1]

b[2]

b[0]

D

D

D

s[n] r[n]

−a[1]

−a[2]

−a[M ]

Abbildung 2.10: Allgemeines digitales Filter Struktur I

Die Ubertragungsfunktion lautet

H(

ejω)

=

∑Mm=0 b[m]e−jωm

∑Mm=0 a[m]e−jωm

. (2.48)

Die Differenzengleichung lasst sich am besten aus der Struktur von Abbildung 2.10 erkennen.Bezeichnet man den Input mit s[n] und den Output des ersten (FIR) Filters mit u[n], so gilt

u[n] =

M∑

m=0

b[m]s[n−m]. (2.49)

Dies ist der Input fur das dahinter geschaltete rekursive Filter, d.h. zwischen den Input u[n] unddem Output r[n] des rekursiven Filters gilt die Beziehung

M∑

m=0

a[m]r[n−m] = u[n]. (2.50)

Damit folgt die Differenzengleichung

M∑

m=0

a[m]r[n−m] =

M∑

m=0

b[m]s[n−m]. (2.51)

Digitale Filter mit MATLAB Mit r=filter(b,a,s) wird digital gefiltert. Hierbei ist s

der Vektor mit dem Input-Signal s[n], r der Vektor mit dem Output-Signal s[n] und b,a dieVektoren mit den Filter-Koeffizienten b[n], a[n]. Es muss a[0] = 1gelten.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 64

?-

-

?

?

-

-

-

-

-

- -

6

6

6

6

-?

6

6

6

6

-

D

D

D

b[M ]

b[1]

b[2]

b[0]s[n] r[n]

−a[1]

−a[2]

−a[M ]

Abbildung 2.11: Allgemeines digitales Filter Struktur II

2.3 Die Zeitdiskrete Fouriertransformation (ZFT)

Wir haben die Ubertragungsfunktion

H(

ejω)

= A(

ejω)

exp(

jΦ(

ejω))

(2.52)

als Frequenzgang eines Systems interpretiert, den man in Amplitudengang und Phasengangzerlegen kann: Bei der normierten Kreisfrequenz ω dampft das System die Amplitude einerharmonischen Schwingung um A

(

ejω)

und dreht die Phase mit den Zeiger exp(

jΦ(

ejω))

.

Jede Impulsantwort h [n] kann man naturlich als ein zeitdiskretes Signal auffassen. Man kanndieses ganz einfach dadurch generieren, indem man das System mit dem Einheitsimpuls δ [n]anregt. Deshalb kann man die Ubertragungsfunktion auch so interpretieren, dass sie die Spek-tralanteile dieses zeitdiskreten Signals h [n] darstellt. Wir mochten diese Interpretation einerSpektralfunktion ganz allgemein fur zeitdiskrete Signale haben und definieren fur ein beliebigeszeitdiskretes Signal:

Definition 23 (Zeitdiskrete Fouriertransformation) Fur ein zeitdiskretes Signal s[n] de-finieren wir die zeitdiskrete Fouriertransformation (ZFT) als

S(

ejω)

=∞∑

n=−∞

s[n] exp (−jωn) (2.53)

Offenbar ist also fur ein LTI-System die Ubertragungsfunktion gerade die ZFT der Impulsant-wort. Die ZFT existiert nicht fur alle zeitdiskreten Signale. Man muss sicherstellen, dass die

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 65

Reihe konvergiert. Eine hinreichende Bedingung ist offenbar

∞∑

n=−∞

|s [n]| <∞, (2.54)

d.h. fur absolut summierbare Signale ist die ZFT fur alle ω definiert.

Aus der Spektralfunktion S(

ejω)

kann man das zugehorige zeitdiskrete Signal s [n] mit derUmkehrformel

s [n] =1

∫ 2π

0

S(

ejω)

ejωndω. (2.55)

zuruckgewinnen.

Zum Beweis: Wir sehen einmal von mathematischen Feinheiten ab und nehmen an, dass al-le Summen und Integrale exisieren und man Summation und Integration vertauschen darf.Dann sehen wir, dass die Zahlen s [−n] nach Gleichung (2.55) gerade die Fourierkoeffizentender 2π-periodischen Funktion S

(

ejω)

sind, wobei wir Zeit- und Frequenzbereich gegenuber dergewohnten Darstellung vertauscht haben. Die ZFT

S(

ejω)

=

∞∑

n=−∞

s [n] e−jωn (2.56)

ist also nichts anderes als eine Fourier-Reihe mit vertauschten Variablen!

Im Folgenden verwenden wir oft fur ein Fourier-Paar die Kurzschreibweise

s [n] ZFT←−−−→ S(

ejω)

.

Bei einem System, das durch das Fourierpaar aus Impulsantwort und Ubertragungsfunktion

h [n] ZFT←−−−→ H(

ejω)

gegeben ist, ergibt sich dann fur den Output

r [n] = h [n] ∗ s [n] ZFT←−−−→ R(

ejω)

= H(

ejω)

S(

ejω)

. (2.57)

Eigenschaften der ZFT

Interpretation als Spektrale Dichte

Aus der Gleichung (2.55) ergibt sich folgende Interpretation: Das zeitdiskrete Signal setzt sichzusammen aus Schwingungsanteilen bei verschiedenen (normierten) Frequenzen ω

2π , wobei ωuber alle Kreiswinkel lauft. Den Integranden

S(

ejω)

ejωn dω

kann man dann auffassen als den Schwingungsanteil zwischen den Frequenzen ω2π und ω

2π + dω2π .

Die Spektralfunktion S(

ejω)

ist eine zyklische Funktion. Dies bedeutet, dass ihr Definitions-bereich der Einheitskreis ist. Ein Punkt des Einheitskreises lasst sich eindeutig durch seinenWinkel ω beschreiben. Es ist Geschmackssache, ob man diesen Winkel von 0 bis 2π laufen lasstoder von −π bis π. Die erstere Sichtweise wird in der Signalverarbeitung bevorzugt. Ein Kreis

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 66

−π

π 2π0

|S(ejω)|2

|S(ejω)|2

0 πω

ω

Abbildung 2.12: Verschiedene Sichtweisen der selben zyklischen Spektralfunktion.

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 67

hat keinen Anfang und kein Ende, anders als z.B. das Intervall [0, 2π). Wenn man die Spektral-funktion zeichnen will, ware dazu eine Litfaßsaule am besten geeignet. Um die Zeichnung an dieTafel zu bringen, muss man das Plakat an irgend einer Stelle auftrennen. Man kann das z.B.bei ω = 0 tun oder auch bei ω = π, siehe Abbildung 2.12. In beiden Fallen bekommt man ander Tafel unterschiedliche Bilder, die aber zu dem selben Bild an der Litfaßsaule gehoren. Dienegativen Frequenzen korrespondieren zu dem unteren Teil des Einheitskreises. Diese liegen alsolinks von der Mitte im oberen Bild und rechts von der Mitte im unteren Bild.

Wegen der zylischen Natur der Spektralfunktion schreibt man auch S(

ejω)

und nicht etwa S (ω).So ist S wirklich eine Funktion, die auf dem Kreis lebt.

Energiedichte

Fur die ZFT lasst sich die Parsevalsche Gleichung (1.53) der Fourierreihe entsprechend ubertragen.Man erhalt

Es =

∞∑

n=−∞

|s [n]|2 =1

∫ 2π

0

∣S(

ejω)∣

2dω (2.58)

Auf der rechten Seite steht ein Ausdruck fur die Energie im Frequenzbereich. Dies erlaubt eine

Interpretation von∣

∣S(

ejω)∣

2als spektrale Energiedichte: Den Integranden

∣S(

ejω)∣

2 dω

2π(2.59)

kann man auffassen als den Energieanteil zwischen den (normierten) Frequenzen ω2π und ω

2π + dω2π .

Der Faltungssatz

Satz 5 Faltungssatz ZFT Der Faltung der diskreten Signale im Zeitbereich entspricht eine Mul-tiplikation der ZFTs im Frequenzbereich: Die ZFT des Signals h[n] ∗ s[n] ist gegeben durchH(

ejω)

· S(

ejω)

.

In Kurzschreibweise lautet der Satz

h [n] ∗ s [n] ZFT←−−−→ H(

ejω)

· S(

ejω)

(2.60)

Eigentlich brauchen wir diesen Satz nicht mehr zu beweisen. Uberlegen Sie, was passiert, wennman zwei LTI-Systeme kaskadiert.

Die Interpretation ist entsprechend: Im Frequenzbereich multipliziert man die Spektralfunktiondes Signals mit der Ubertragungsfunktion des Systems.

Verschiebungssatze

Sei

S(

ejω)

=

∞∑

n=−∞

s [n] e−jωn, (2.61)

d.h.s [n] ZFT←−−−→ S

(

ejω)

. (2.62)

KAPITEL 2. ZEITDISKRETE LTI-SYSTEME 68

Dann gilts [n− 1] ZFT←−−−→ e−jω · S

(

ejω)

. (2.63)

Der Beweis ergibt sich sofort durch Einsetzen in die Definition.

Dies ist uns an anderer Stelle schon begegnet: Die Ubertragungsfunktion der Verzogerung iste−jω.

Eine Verschiebung um einen festen Parameter ω0 im Frequenzbereich lasst auch sich im Zeitbe-reich darstellen:

e+jω0n · s [n] ZFT←−−−→ S(

ej(ω−ω0))

. (2.64)

Hierbei ist S(

ej(ω−ω0))

die um einen festen Winkel ω0 verschobene Spektralfunktion. Sie ist alsoum ω0 gegen den Uhrzeigersinn uber dem Einheitskreis gedreht.

Dieser Verschiebungssatz hat eine wichtige Konsequenz: Die in der Praxis wichtige Verschiebungum den Halbkreis lasst sich im Zeitbereich durch ein alternierendes Vorzeichen implementieren:

(−1)n · s [n] ZFT←−−−→ S

(

ej(ω−π))

. (2.65)

Symmetriesatze

Wir schreibens∗ [n] = (s [n])∗

undS∗(

ejω)

=(

S(

ejω))∗

fur konjugiert komplexe Großen.

Dann gilts∗ [n] ZFT←−−−→ S∗

(

e−jω)

, (2.66)

d.h. das komplex konjugierte Zeitsignal entspricht der gespiegelten komplex konjugierten Spek-tralfunktion.

Folgerung 4 Bei einem reellen Zeitsignal s[n] hat die Spektralfunktion die Eigenschaft S(

ejω)

=

S∗(

e−jω)

.

Diese Eigenschaft kennen wir in entsprechender Form schon von der kontinuierlichen Fourier-transformation und von der Fourierreihe.

Umgekehrt gilt:s∗ [−n] ZFT←−−−→ S∗

(

ejω)

, (2.67)

d.h. die komplex konjugierte Spektralfunktion entspricht dem gespiegelten komplex konjugiertenZeitsignal.

Außerdem gilts [−n] ZFT←−−−→ S

(

e−jω)

, (2.68)

d.h. Spiegeln im Zeitbereich entspricht Spiegeln im Frequenzbereich. Insbersondere gilt: Eine imZeitbereich symmetrische Funktion ist auch im Frequenzbereich symmetrisch.

Folgerung 5 Bei einem reellen und symmetrischen Zeitsignal ist auch die Spektralfunktion reellund symmetrisch.

Anhang A

Das Griechische Alphabet

In Tabelle A.1 sind alle griechischen Buchstaben aufgefuhrt. Die Tabelle wurde mit der Textver-arbeitung LATEX erstellt, die ein gebrauchlicher Standard fur die mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Literatur ist und mit der viele Bucher geschrieben sind. Man kann sich daher auf dieseSchreibweise berufen.

Einige griechische Buchstaben werden in mathematischen Formeln nicht oder nur selten verwen-det, weil sie aussehen wie die entsprechenden Lateinischen (z.B. A,B,E,..) oder wie ein andererLateinischen Buchstabe (z.B. H,P,X,..).

Bei manchen Buchstaben gibt es Varianten. Handschriftlich nimmt man z.B. lieber die Varianteϕ statt φ oder ϑ statt θ, weil die Unterscheidung vom Großbuchstaben Φ bzw. Θ leichter ist. InDruckschriften kann man beides nehmen und hat dadurch mehr Auswahl.

69

ANHANG A. DAS GRIECHISCHE ALPHABET 70

Tabelle A.1: Griechische Buchstaben

Groß klein Bezeichnung

A α AlphaB β BetaΓ γ Gamma∆ δ DeltaE ε ε EpsilonZ ζ ZetaH η EtaΘ θ ϑ ThetaI ι IotaK κ KappaΛ λ LambdaM µ My (sprich: Mu)N ν Ny (sprich: Nu)Ξ ξ XiO o OmikronΠ π $ PiP ρ % RhoΣ σ ς SigmaT τ TauΥ υ YpsilonΦ φ ϕ PhiX χ ChiΨ ψ PsiΩ ω Omega

Anhang B

Dezibel-Rechnung

In der Kommunikationstechnik kommen haufig sehr unterschiedliche Großenordnungen vonSignal-Leistungen vor. Zum Beispiel kann die Empfangsleistung an einem Handy um den Fak-tor 1010 oder mehr unter der Sendeleistung an der Basisstation liegen. Auch Filter senken dieSignalleistung in der Regel um mehrere Zehnerpotenzen ab. Es leuchtet sofort ein, dass man insolchen Fallen meist nicht die genauen Zahlenwerte benotigt, sondern ein Maß, das auf einfacheWeise die Großenordnung beschreibt. Hierzu ist der Zehner-Logarithmus besonders geeignet.Das Zahlenverhaltnis P1/P2 zweier Leistungen druckt man logarithmisch aus und spricht von

lg

(

P1

P2

)

Bel

in Erinnerung an den Telefon-Pionier Alexander Graham Bell. Da man es bei Quotienten zwi-schen 1 und 10 mit Logarithmen unter dem Wert 1 zu tun hat, hat man aus Bequemlichkeitdiese Zahl mit 10 multiplziert und spricht von

10 lg

(

P1

P2

)

deziBel.

Man kurzt dies mit dB ab. Auch wenn man oft damit umgeht, als sei dezibel eine Maßeinheit,ist sie eigentlich eine Funktion, ahnlich wie das Prozentmaß. Wenn man z.B. sagt

0.45 = 45%

oder40 kg + 40% = 56 kg,

so weiß jeder Kaufmann, was gemeint ist, obwohl man es eigentlich sorgfaltiger hinschreibenmusste. Genauso weiß jeder Ingenieur, dass (naherungsweise)

2 = 3 dB

und100 W + 3 dB = 200 W

gilt. Das Schone an der Dezibel-Rechnung ist, dass man nur ein paar Zahlenwerte im Kopf habenmuss und damit schnell einfache Uberschlagsrechunungen machen kann. Z.B. sieht man sofort,dass

16π2 ≈ 22 dB

sind (Ubung!). Man sollte sich merken:

71

ANHANG B. DEZIBEL-RECHNUNG 72

Tabelle B.1: Dezibel-Tabelle

dB .0 .1 .2 .3 .4 .5 .6 .7 .8. .9

1 0.00 0.41 0.79 1.14 1.46 1.76 2.04 2.30 2.55 2.792 3.01 3.22 3.42 3.62 3.80 3.98 4.15 4.31 4.47 4.623 4.77 4.91 5.05 5.19 5.31 5.44 5.56 5.68 5.80 5.914 6.02 6.13 6.23 6.33 6.43 6.53 6.63 6.72 6.81 6.905 6.99 7.08 7.16 7.24 7.32 7.40 7.48 7.56 7.63 7.716 7.78 7.85 7.92 7.99 8.06 8.13 8.20 8.26 8.33 8.397 8.45 8.51 8.57 8.63 8.69 8.75 8.81 8.86 8.92 8.988 9.03 9.08 9.14 9.19 9.24 9.29 9.34 9.40 9.44 9.499 9.54 9.59 9.64 9.68 9.73 9.78 9.82 9.87 9.91 9.96

1. 1 = 0 dB

2. 10 = 10 dB

3. 2 ≈ 3 dB

4. π ≈ 5 dB

Folgern lassen sich daraus leicht z.B. folgende Werte

1. 2.5 ≈ 4 dB

2. 5 ≈ 7 dB

3. 8 ≈ 9 dB

4. 20 ≈ 13 dB

Wenn man damit nicht weiter kommt, hilft Tabelle B.1. Den Taschenrechner sollte man nur inden seltensten Fallen verwenden. Man erweckt damit leicht den Eindruck, dass man ein Anfangerist..

In der Nachrichtentechnik wird die Leistung gerne auf die Grundgroße 1 mW (Milliwatt) bezo-gen. Sei P0=1 mW. Dann ist gibt man die Leistung in dBm(W) an, in dem man

10 lg

(

P

P0

)

hinschreibt. Z.B. gilt

1. 1 mW = 0 dBm

2. 10 mW = 10 dBm

3. 100 mW = 20 dBm

4. 20 W ≈ 43 dBm (Leistung einer GSM-Basisstation)

5. 0.5 pW ≈ −93 dBm (typischer Pegel an einem Handy)

Die so angegebene Leistung nennt man of auch den Pegel (engl. Level).

Anhang C

Die Fourier-Transformation

Die Fourier-Transformation (FT) eines (kontinuierlichen) Signals s (t) ist definiert als

S (f) =

∫ ∞

−∞

e−j2πfts (t) dt. (C.1)

Die Fouriertransformierte S (f) interpretieren wir als Spektralfunktion und die Variable f alsFrequenz. Diese Interpretation wird deutlich aus der Fourier-Rucktransformation, die wir auchals Fourier-Integral bezeichnen wollen. Es gilt die Umkehrformel

s (t) =

∫ ∞

−∞

ej2πftS (f) df. (C.2)

Wir verwenden die Kurzschreibweise

s (t) FT←−−→ S (f) . (C.3)

Interpretation als Spektrale Dichte

Aus der Gleichung (C.2) ergibt sich folgende Interpretation: Das Signal setzt sich zusammenaus Schwingungsanteilen bei verschiedenen (normierten) Frequenzen f , wobei f uber die ganzereelle Achse lauft. Den Integranden

S (f) e−j2πft df

kann man dann auffassen als den Schwingungsanteil zwischen den Frequenzen f und f + df .

Energiedichte

Fur die Fouriertransformation lasst sich die Parsevalsche Gleichung (1.53) der Fourierreihe ent-sprechend ubertragen. Es gilt

Es =

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt =

∫ ∞

−∞

|S (f)|2 df (C.4)

Auf der rechten Seite steht ein Ausdruck fur die Energie im Frequenzbereich. Dies erlaubt eineInterpretation von |S (f)|2 als spektrale Energiedichte: Den Integranden

|S (f)|2 df

kann man auffassen als den Energieanteil zwischen den Frequenzen f und f + df.

73

ANHANG C. DIE FOURIER-TRANSFORMATION 74

Mathematische Voraussetzungen zur Exisitenz der Fouriertransformation

In der Mathematik setzt man fur die Exisitenz der Fouriertransformation (C.1) gerne voraus,dass das Signal s (t) absolut integrierbar ist, d.h. man verlangt

∫ ∞

−∞

|s (t)| dt <∞.

Das ist zwar mathematisch die einfachste Bedingung, aber aus verschiedenen physikalischenGrunden unschon. Physikalisch sinnvoller ist die Forderung endlicher Energie, die dann auchzu einer Symmetrie bezuglich Veraussettzujngen fur die Hin- und Rucktransformation fuhren.Man muss dann allerdings die Fouriertransformation als uneigentliches Integral definieren, undes konnen an einzelnen Punkten mathematisch merkwurdige Dinge passieren, die uns aber nichtweiter zu storen brauchen. Wir setzen fur die Existenz der Fouriertransformation voraus:

∫ ∞

−∞

|s (t)|2 dt.

Dann gilt automatisch auch fur die Spektralfunktion

∫ ∞

−∞

|S (f)|2 df <∞.

Funktionen mit dieser Eigenschaft nennt man quadratintegrabel.

Der Faltungssatz

Satz 6 Faltungssatz FT Der Faltung der Signale im Zeitbereich entspricht eine Multiplikationder Fouriertransformation im Frequenzbereich: Die FT des Signals h(t) ∗ s(t) ist gegeben durchH (f) · S (f).

In Kurzschreibweise lautet der Satz

h (t) ∗ s (t) FT←−−→ H (f) · S (f) (C.5)

Der Beweis ist sehr einfach, wenn man die Integrale hinschreibt.

Verschiebungssatze

Sei τ eine konstante Zeitverzogerung und

s (t) FT←−−→ S (f) .

Dann gilt fur das verzogerte Signal

s (t− τ) FT←−−→ e−j2πfτ · S (f) . (C.6)

Der Beweis ergibt sich sofort durch Einsetzen in die Definition.

Eine Verschiebung um eine feste Frequenz f0 der Spektralfunktion lasst auch sich im Zeitbereichdarstellen:

e+j2πf0t · s (t) FT←−−→ S (f − f0) . (C.7)

ANHANG C. DIE FOURIER-TRANSFORMATION 75

Symmetriesatze

Wir schreibens∗ (t) = (s (t))∗

undS∗ (f) = (S (f))∗

fur konjugiert komplexe Großen.

Dann gilts∗ (t) FT←−−→ S∗ (−f) , (C.8)

d.h. das komplex konjugierte Zeitsignal entspricht der gespiegelten komplex konjugierten Spek-tralfunktion.

Folgerung 6 Bei einem reellen Zeitsignal s(t) hat die Spektralfunktion die Eigenschaft S (f) =S∗ (−f).

Umgekehrt gilt:s∗ (−t) FT←−−→ S∗ (f) , (C.9)

d.h. die komplex konjugierte Spektralfunktion entspricht dem gespiegelten komplex konjugiertenZeitsignal.

Außerdem gilts (−t) FT←−−→ S (−f) , (C.10)

d.h. Spiegeln im Zeitbereich entspricht Spiegeln im Frequenzbereich. Insbersondere gilt: Eine imZeitbereich symmetrische Funktion ist auch im Frequenzbereich symmetrisch.

Folgerung 7 Bei einem reellen und symmetrischen Zeitsignal ist auch die Spektralfunktion reellund symmetrisch.

Einige spezielle Fouriertransformationen

s(t) S(f)

δ(t) 11 δ(f)

δ(t− τ) exp (−j2πfτ)exp (j2πf0t) δ(f − f0)cos (2πf0t)

12 (δ(f − f0) + δ(f + f0))

sin (2πf0t)12j (δ(f − f0)− δ(f + f0))

exp(−t/T )ε(t) 11+j2πfT

Anhang D

Der δ−Impuls undverallgemeinerte Funktionen

D.1 Konstruktion des δ-Impulses

Der δ−Impuls1 ist eine mathematische Idealisierung, um Stoßvorgange oder Impulse zu beschrei-ben. Damit sind Vorgange oder Signale gemeint, die praktisch in einem “Zeitpunkt” auftreten,das heißt nur wahrend einer so kurzen Zeit vorhanden sind, dass man ihren Verlauf und ihreDauer praktisch nicht messen kann. Man mochte die Auswirkungen eines solchen Stoßvorgangsbeschreiben, ohne dass man sich mit dem genauen Verlauf beschaftigt. Die Uberlegung, wie manso etwas sinnvoll idealisiert, fuhren auf die Konstruktion des δ−Impulses. Zuerst eingefuhrt wur-de er von P.A.M. Dirac2 in der Quantenphysik in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Diracwusste sicher, dass seine Konstruktruktion mathematisch in sich wiederspruchlich war, aber erhatte die richtige physikalische Vorstellung dabei und wusste, wie man richtig damit rechnet.Erst um 1950 herum hat der franzosische Mathematiker Laurent Schwartz (1915-2002) einein seiner Theorie der Distributionen (verallgemeinerte Funktionen) eine mathematisch saubereKonstruktion geliefert. Wir wollen hier einen physikalisch intuitiven Zugang zu der δ-Funktionfinden.

Wir stellen uns hierzu einen kurzen Stromstoß i (t) wie in Abbildung D.1 vor. Den genauenVerlauf von i (t) konnen wir wegen der begrenzten zeitlichen Auflosung unseres Messgerates nichtmessen, wohl aber, dass eine Ladung q0 geflossen ist (mit der z.B. ein Kondensator aufgeladenwurde). Der Strom i (t) ist die zeitliche Ableitung der geflossenen Ladung q (t)

i (t) =d

dtq (t) ,

und die geflossene Ladung ist das Integral uber den Strom

q (t) =

∫ t

−∞

i (τ) dτ.

1auch: δ-Funktion, Dirac-Impuls, Dirac-Stoß, Diracsche δ-Funktion o.a.2Paul Adrien Maurice Dirac (1902-1984, Nobelpreis fur Physik 1933) war einer der Pioniere der Quanten-

physik. Beruhmt wurde er durch die Dirac-Gleichung (1928), die ein relativistisches Elektron bzw. Positron be-schreibt. Er hat damit als erster die Existenz von Antimaterie vorhergesagt. Dirac hat zunachst Elektrotechnikstudiert, fand aber keine Anstellung und studierte dann Mathematik.

76

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 77

0 t

i(t)

t1 t2

q0

Abbildung D.1: Ein Stromstoß

Zu jeder beliebigen Zeit t1 < 0 kurz vor dem Stoß messen wir nichts, d.h.

q (t1) =

∫ t1

−∞

i (τ) dτ = 0,

und zu jeder beliebigen Zeit t2 > 0 nach dem Stoß messen wir, dass die Ladung geflossen ist,d.h.

q (t2) =

∫ t2

−∞

i (τ) dτ = q0.

Was genau bei t = 0 passiert ist, wissen wir nicht, und es ist auch nicht wichtig. Wir konnenuns vorstellen, dass der Strom von der Gestalt

i (t) = q0δ (t)

ist, wobei wir eine “Funktion” δ (t) eingefuhrt haben, die folgende Eigenschaft haben muss:

∫ t

−∞

δ (τ) dτ =

0 : t < 01 : t > 0

.

Daraus ergibt sich die Eigenschaft

δ (t) = 0 (t 6= 0).

Was bei t = 0 ist, wissen wir nicht. Man konnte meinen: Wenn dieser Puls δ (t) unendlichschmal ist, aber die Flache darunter Eins sein soll, muss er unendlich hoch sein. Wir wissenaber, dass “0 · ∞” ein unbestimmter Ausdruck ist und vermeiden es daher lieber, etwas zudefinieren, was mathematisch gesehen Unfug darstellt und was es physikalisch auch nicht gebenkann (namlich einen unendlich großen Strom). Die ursprungliche physikalische Vorstellung ist javernunftig, und wir basteln uns jetzt ein Modell, mit dem wir diese merkwurdige Konstruktion

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 78

naherungsweise beschreiben konnen. Hierzu bietet sich die Rechteckfunktion an. Wir definierendazu einen angenaherten Impuls

δT (t) =1

Trect

(

t

T

)

.

Fur eine hinreichend kleine Pulsbreite T hat dieser Impuls praktisch die gewunschten Eigen-schaften: Es gilt

∫ t

−∞

δT (τ) dτ =

0 : t < T/21 : t > −T/2 ,

d.h. die Flache unter dem Puls ist Eins, und fur |t| > T/2 ist der Puls Null. Man kann sicheine Folge von Pulsen Rechteckpulsen vorstellen, die immer schamler und hoher werden wie inTeils (a) von Abbildung D.2 gezeigt. Man nennt solche Folgen δ-Folgen. Fur hinreichend kleinesT wird die physikalische Situation von jedem der Reprasentanten δT (t) dieser Folge zutreffendbeschrieben. Dass wir eine Folge von Rechteckten gewahlt haben, ist willkurlich und bequem.Man konnte ebenso gut mit einer δ−Folge arbeiten, wie sie in Teil (b) der Abbildung gezeigtist.

Die Abbildung legt nahe, den δ−Impuls als Grenzwert einer δ−Folge aufzufassen, d.h.

δ (t) = limT→0

δT (t) (D.1)

zu definieren. Im herkommlichen Sinne existiert dieser Limes aber nicht, wie wir oben diskutierthaben. Trotzdem beschreibt δT (t) fur kleine T den physikalischen Sachverhalt richtig.

Wir konnen das Problem losen, indem wir den Messvorgang mathematisch beschreiben undlineare Detektoren einfuhren. Dies sind Messgerate, die wir durch eine Gewichtsfunktion g (t)beschreiben. Trifft ein Signal s (t) auf das Messgerat, so liefert es den Wert

Dg s (t) =

∫ ∞

−∞

g (t) s (t) dt, (D.2)

siehe Abbildung D.3. In unserem obigen Beispiel mit dem Stromstoß i (t) wird die Ladung durch

q0 =

∫ t2

t1−∞

i (t) dt, (D.3)

gemessen. Dies ist offenbar ein Spezialfall fur einen Detektor. Wenn man nun einen Puls einerδ-Folge detektiert, so gilt

∫ ∞

−∞

g (t) δT (t) dt ≈ g (0)

fur hinreichend kleines T . Man zeigt (auch formal) leicht

limT→0

∫ ∞

−∞

g (t) δT (t) dt = g (0) . (D.4)

Der δ-Impuls ist als der Grenzfall aufzufassen und hat die Eigenschaft

∫ ∞

−∞

g (t) δ (t) dt = g (0) . (D.5)

Dies ist nur eine formale Schreibweise fur Gleichung (D.4). Wenn man sich dies immer wiederklar macht, kann man mit der δ-Funktion richtig rechen.

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 79

Wie schon erwahnt, brauchen δ-Folgen keine Rechtecke zu sein. Wir konnen δ-Folgen aus ir-gendwelchen Signale (Impulsen) als

δT (t) =1

(

t

T

)

konstruieren, wobei die folgenden Eigenschaften gegeben sein mussen:

1.1

T

∫ ∞

−∞

φ

(

t

T

)

dt = 1

2.

limT→0

1

(

t

T

)

= 0 (t 6= 0)

Die Reprasentanten einer δ-Folge brauchen also gar nicht außerhalb eines Intervalles zu ver-schwinden, sie mussen nur immer kleiner werden. Neben der oben beschriebenen Rechteckfolgewerden z.B. diese δ-Folgen oft verwendet:

δT (t) =1

Tsi

(

πt

T

)

(D.6)

δT (t) =1√

2π Texp

(

− 1

2T 2t2)

(D.7)

Dimension des δ-Impulses

Wegen der Eigenschaft∫ ∞

−∞

δ (t) dt = 1

ist die Dimension des δ-Impulses 1/Zeit. Hilfreich ist es, sich dies am Beispiel mit dem Stromstoßzu uberlegen: Strom ist Ladungfluss pro Zeit.

D.2 Die Theorie verallgemeinerter Funktionen

Der Vollstandigkeit halber soll hier der Begriff der verallgemeinerten Funktion mathematischprazisiert werden. Dieser Abschnitt richtet sich nur an den, der es genauer wissen will.

(der Rest kommt spater)

D.3 Die Ableitung der Sprungfunktion

Um die Ableitung des Einheitssprungs zu berechnen, approximieren wir ihn durch eine stetigeFunktion εT (t) wie in Teil (a) von Abbildung D.4 gezeigt. Es gilt offenbar

limT→0

εT (t) = ε (t) .

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 80

Die Ableitung dieser Funktion ist in Teil (b) gezeigt. Offenbar handelt es sich dabei um eineδ-Folge, d.h.

limT→0

δT (t) = δ (t) .

Es giltd

dtεT (t) = δT (t) .

Wir fuhren den Grenzwert T → 0 durch und erhalten

d

dtε (t) = δ (t) .

Derartige Grenzwertbetrachtung sind mit unserem intuitiven Zugang zu der mathematischenIdealisierung vertraglich. Sie lassen sich im Rahmen der Theorie verallgemeinerter Funktionensauber begrunden.

D.4 Die Fouriertransformation der δ-Funktion

Die Fouriertransformation des δ-Pulses ergibt sich formal ganz einfach aus der Ausblendeigen-schaft (D.5). Die Fouriertransformierte

∫ ∞

−∞

e−j2πftδ (t) dt = 1

ist einfach die Eins. Allerdings ist δ (t) nicht quadratintegrabel und seine Fouriertransformiertenaturlich auch nicht. Man bekommt deshalb Schwierigkeiten mit der Fourier-Rucktranformation.Formal lautet sie

∫ ∞

−∞

ej2πft · 1 df = δ (t) .

Nach allem, was wir bisher uber Integralrechnung gelernt haben exisistiert dieses Integral nicht.Im Sinne verallgemeinerter Funktionen kann man sich aber wieder mit einer Grenzwertbetrach-tung helfen. Wir schreiben

1 = limB→∞

rect

(

f

B

)

und berechnen die Rucktransformation dieses Signals endlicher Bandbreite:

∫ ∞

−∞

ej2πft · rect(

f

B

)

df = B si (πtB) .

Wegen Gleichung (D.6) folgt

limB→∞

∫ ∞

−∞

ej2πft · rect(

f

B

)

df = δ (t) .

Fur einen verschobenen Puls gilt

∫ ∞

−∞

e−j2πftδ (t− t0) dt = e−j2πft0

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 81

D.5 Spektrallinien

Die δ-Funktion hat nicht nur als Puls im Zeitbereich eine wichtige Bedeutung, sondern auch alsSpektralfunktion im Frequenzbereich. Vertauscht man Zeit und Frequenz, so erhalt man nachdem eben Gesagten

1 FT←−−→ δ (f) .

Mit dem Verschiebungssatz erhalt man

e+j2πf0t FT←−−→ δ (f − f0) .

Eine harmonische Schwingung der Frequenz f0 entspricht einer δ-Funktion bei f0, die wir alsSpektrallinie auffassen. Fur eine periodische Funktion mit Periode T bekommen wir wegen derDarstellung durch die Fourierreihe ein diskretes Spektrum

∞∑

k=−∞

cke+j2πkt/T FT←−−→∞∑

k=−∞

ckδ (f − k/T )

aus unendlich vielen, aquidistanten Spektrallinien an den Frequenzen fk = k/T, k ∈ Z, sieheAbbildung D.5 .

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 82

0

0

T/2−T/2 t

δT (t)

1T

(a)

t

(b) δT (t)

Abbildung D.2: Deltafolgen

- -s(t) Dg s(t)Dg

Abbildung D.3: Linearer Detektor

ANHANG D. DER δ−IMPULS UND VERALLGEMEINERTE FUNKTIONEN 83

0

0

(a)

(b)

t

1

t

T/2

T/2

δT (t)

1T

−T/2

−T/2

εT (t)

Abbildung D.4: Die Ableitung des Einheitssprungs.

-

6

6

66

66

6

66

66

f

· · ·0 f2f1−f1 f3 f4−f2−f3

Abbildung D.5: Diskretes Spektrum aus Spektrallinien.

Anhang E

Komplexe Zahlen

Die Vorlesung setzt Sicherheit im Umgang mit komplexen Zahlen voraus. Dieser Anhang dientder Wiederholung und Vertiefung und zum Nachschlagen. Letzteres sollte aber nur außerst seltenvorkommen, weil man das auswendig wissen muss.

E.1 Schreibweise und Addition komplexer Zahlen

Wir wollen die komplexen Zahlen C geometrisch als Zeiger einfuhren. Diese Zeiger sind zunachsteinmal nichts anderes als zweidimensionale Vektoren, die wir nur etwas anders schreiben: Statteines Spaltenvektors

z = ~z =

(

xy

)

∈ R2 (E.1)

mit einem Pfeil uber dem Symbol schreiben wir einen Zeilenvektor

z = (x, y) ∈ C (E.2)

mit einem Strich unter dem Symbol. Man nennt x den Realteil von z und schreibt

x = <z = Re z (E.3)

und entsprechendy = =z = Im z (E.4)

fur den Imaginarteil y. Komplexe Zeiger addieren wir genau wie Vektoren komponentenweise

(x1, y1) + (x2, y2) = (x1 + x2, y1 + y2) , (E.5)

und wir multiplizieren mit einer reellen Zahl a (einem Skalar), indem wir die beiden Kompo-nenten damit multiplizieren:

a (x, y) = (ax, ay) (E.6)

Merke: Komplexe Zeiger haben bezuglich der Addition ganz genau die selben Eigenschaftenwie Vektoren in der Ebene R2.

Bevor wir nun fur die komplexen Zahlen die Multiplikation als zusatzliche Operation definieren,wollen wir zur Vorbereitung eine Schreibweise einfuhren, die beim Rechnen mit komplexenZahlen gebrauchlich ist:

84

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 85

ϕ

z = (x, y) = x + jyy

x

|z|

(1, 0) = 1

(0, 1) = j

Abbildung E.1: Zeigerdarstellung eines Signals.

Die x-Achse ist ja nichts anderes als der Zahlenstrahl der reellen Achse: Rein eindimensionaleVektoren sind einfach nur Zahlen, und wir schreiben x statt (x, 0) und 1 statt (1, 0). In diesemSinne fassen wir die reellen Zahlen als eine Teilmenge der komplexen auf, d.h.

R2 ⊂ C.

Fur die y-Achse fuhren wir die Bezeichnung j fur den Basisvektor (0, 1) ein und schreiben jyfur einen Vektor (0, y), der in Richtung der y-Achse zeigt. Man nennt j die Imaginare Einheit1.

Einen komplexen Zeigerz = (x, y) = x (1, 0) + y (0, 1) (E.7)

kann man dann also schreiben als

z = x · 1 + y · j = x+ jy. (E.8)

Dies nennt man die kartesische Darstellung der komplexen Zahl. Abbildung E.1 zeigt einenZeiger und die beiden Basisvektoren 1 und j.

Zeiger haben wie Vektoren Langen und Richtungen. Wir ubernehmen aus der Vektorrechnungdie Definition des Betrages. Ein komplexer Zeiger

z = x+ jy

hat den Betrag

|z| =√

x2 + y2.

Nach dem Satz des Pythagoras ist der Betrag gerade die Lange des Zeigers. Den Winkel ϕmit 0 ≤ ϕ < 2π zwischen dem komplexen Zeiger z und der x-Achse bezeichnet man als denPhasenwinkel. Offenbar gilt

x = |z| cos (ϕ)

1Den Buchstaben j verwenden nur die Elektrotechniker, weil das sonst ubliche i fur den Strom gebrauchtwird.

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 86

undy = |z| sin (ϕ) ,

siehe Abbildung E.1. Deshalb kann man eine komplexe Zahl auch schreiben als

z = |z| (cos (ϕ) + j sin (ϕ)) (E.9)

Man nennt dies die Polardarstellung der komplexen Zahl.

Der Phasenwinkel ergibt sich aus

y

x=|z| sin (ϕ)

|z| cos (ϕ)= tan (ϕ)

zuϕ = arctan

y

x. (E.10)

Dies ist aber nur fur die Quadranten I und IV richtig, da die Funktion tan (ϕ) nur fur denWinkelbereich −π/2 < ϕ < π/2 eine eindeutige Umkehrfunktion besitzt. Fur andere Winkelmuss man etwas nachdenken..

E.2 Multiplikation von komplexen Zahlen

Anstatt die Multiplikation von komplexen Zahlen formal einzufuhren, bevorzugen wir einengeometrischen Zugang.

Das Produkt zweier komplexer Zahlen soll wieder eine komplexe Zahl sein. Fur die reellen Zahlensoll sich das bekannte Produkt ergeben. Das fuhrt auf die

Forderung 1: Bei der Multiplikation zweier komplexer Zahlen multiplizieren sich die Betrage.D.h. fur z1, z2 ∈ C gilt

|z1 · z2| = |z1| · |z1| . (E.11)

Jetzt mussen wir erklaren, was mit den Phasenwinkeln bei der Multiplikation passiert. Diegeniale Konstruktion erhalt man mit der

Forderung 2: Bei der Multiplikation zweier komplexer Zahlen addieren sich die Phasenwin-kel. D.h. fur z1, z2 ∈ C mit Phasenwinkeln ϕ1, ϕ2 hat das Produkt z = z1 · z2 den Phasenwinkel

ϕ = (ϕ1 + ϕ2) mod (2π) . (E.12)

Das Resultat ist modulo 2π zu nehmen, um im Definitionsbereich [0, 2π) fur Winkel zu bleiben.

Multiplikation mit einem Zeiger kann man sich also als eine Drehstreckung vorstellen: Man drehtum den Winkel des Zeigers und streckt um den Betrag, siehe Abbildung E.2 fur zwei Zeiger mitgleichem Betrag.

Von einer Multiplikation erwartet man gewisse Eigenschaft: Sie muss assoziativ, kommutativund distributiv sein. Man kann sich durch geometrische Uberlegungen davon uberzeugen, dassdiese Eigenschaften erfullt sind. Auf formale Beweise verzichten wir.

Es muss eine Eins bezuglich der Multplikation geben, d.h. eine Zahl, mit deren Multiplikationsich der Wert der nicht andert. Offenbar ist das Element

1 = (1, 0)

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 87

z = z1 · z2

ϕ = ϕ1 + ϕ2

ϕ2

ϕ1

Abbildung E.2: Multiplikation von Zeigern.

die gesuchte Eins.

Außerdem muss man dividieren konnen. D.h. es muss fur alle komplexen Zahlen z ∈ C, z 6= 0einen Kehrwert (ein multiplikatives Inverses) z−1 geben, so dass

z−1 · z = 1

gilt. Das Inverse von |z| findet man leicht: Es hat den Betrag |z|−1 und den Phasenwinkel −ϕ.Man kann daher schreiben

z−1 = |z|−1(cos (ϕ)− j sin (ϕ)) (E.13)

Jetzt konnen wir anfangen zu multiplizieren. Zuerst wollen wir j · j = j2 berechnen. Weil j denBetrag 1 und den Phasenwinkel π/2 , hat j2 den selben Betrag 1 und den Phasenwinkel π. Alsogilt

j2 = −1. (E.14)

Man kann also die Imaginare Einheit schreiben als

j =√−1, (E.15)

was zunachst etwas gewohnungsbedurftig ist.

Seien nunz1 = x1 + jy1

undz2 = x2 + jy2

zwei komplexe Zahlen. Wir berechen das Produkt:

z1 · z2 = (x1 + jy1) · (x2 + jy2) = x1x2 + j2y1y2 + j (x1y2 + y2x1)

Hier haben wir das Distributivgesetz benutzt und ausmultipliziert. Mit j2 = −1 erhalten wir

z1 · z2 = x1x2 − y1y2 + j (x1y2 + y1x2) (E.16)

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 88

z

2x

z∗

x

Abbildung E.3: Komplex konjugierte Zahl und der Realteil.

E.3 Einige algebraische Rechenmethoden

Fur eine Zahl

z = x+ jy ∈ C

nennt manz∗ = x− jy ∈ C

die konjugiert komplexe Zahl oder auch das komplex Konjugierte von z. Die Operation “komplexkonjuguieren” bedeutet einfach nur Spiegeln an der x-Achse. Offenbar gilt

<z =1

2(z + z∗) , (E.17)

was man sich auch geometrisch durch Vektoraddition am Zeigerdiagramm E.3 sehr leicht klarmacht. Ebenso leicht sieht man den Zusammenhang

=z =1

2j(z − z∗) . (E.18)

Fur das Betragsquadrat erhalt man folgende nutzliche Formel, die die Rechnungen manchmalvereinfacht

|z|2 = z · z∗. (E.19)

Um einen Quotienten von komplexen Zahlen in der kartesichen Darstellung zu schreiben, erwei-tert man mit dem konjugiert komplexen Nenner (damit der Nenner reell wird)

z1

z2

=z1

z2

· z∗2

z∗2=z1 · z∗2|z|2

(E.20)

und muss dann den Zahler nur noch ausmultiplizieren.

E.4 Zusammenhang mit der Exponentialfunktion

Wir haben die Multiplikation anschaulich uber die Polardarstellung

z = |z| (cos (ϕ) + j sin (ϕ)) (E.21)

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 89

der komplexen Zahl mit Betrag und Phasenwinkel erklart, aber bisher mit der kartesischen Dar-stellung gerechnet. Nach unserer geometrischen Vorstellung muss Folgendes gelten: Das Produktder beiden komplexen Zahlen

z1 = |z1| (cos (ϕ1) + j sin (ϕ1)) (E.22)

undz2 = |z2| (cos (ϕ2) + j sin (ϕ2)) (E.23)

muss die Polardarstellung

z1 · z2 = |z1| |z2| (cos (ϕ1 + ϕ2) + j sin (ϕ1 + ϕ2)) (E.24)

besitzen. Wenn man ausmultipliziert und die Additionstheoreme verwendet, kommt das tatsachlichheraus. Viel ubersichtlicher wird es durch folgende Definition

exp (jϕ) = cos (ϕ) + j sin (ϕ) (E.25)

Es gilt dannexp (jϕ1) · exp (jϕ2) = exp (j (ϕ1 + ϕ2)) . (E.26)

Fur das Produkt der komplexen Zahlen

z1 = |z1| exp (jϕ1) (E.27)

undz2 = |z2| exp (jϕ2) (E.28)

erhalt man dann in der Polardarstellung

z1 · z2 = |z1| |z2| exp (j (ϕ1 + ϕ2)) (E.29)

Anmerkung Die so definierte Funktion exp (jϕ) ist tatsachlich die komplexe Erweiterungder bekannten e-Funktion, wie man aus den Rechenregeln vermuten sollte. Man schreibt auch

exp (jϕ) = ejϕ (E.30)

Wir wollen hier aber nicht tiefer in diese Zusammenhange eindringen. Wichtig sind außerdemfolgende Darstellungen der Winkelfunktionen

cos (ϕ) =1

2

(

ejϕ + e−jϕ)

(E.31)

und

sin (ϕ) =1

2j

(

ejϕ − e−jϕ)

(E.32)

E.5 Wurzeln

Sei c ∈ C eine gegebene Zahl. Wir suchen nach Losungen der Gleichung

zn = c

und nennen diese n-te Wurzeln aus c. Mit der Polardarstellung

c = r ejϕ (E.33)

ANHANG E. KOMPLEXE ZAHLEN 90

sieht man sofort, dassz0 = n

√r ejϕ/n (E.34)

eine Wurzel ist. D.h. man erhalt die “Hauptwurzel” einer komplexen Zahl, in dem man die reelleWurzel aus dem Betrag bildet und dann den Phasenwinkel durch n teilt. Alle weiteren Wurzelnerhalt man als

zk = z0 · ej2πk/n, k = 0, 1, ..., n− 1.

Es gibt genau n Wurzeln.

Literaturverzeichnis

[1] M. Werner, Signale und Systeme. Vieweg, 2005 (zweite Aufl.).

[2] H. Luke, Signalubertragung. Springer, 1985.

[3] A. Oppenheim, R. Schafer, and J. Buck, Zeitdiskrete Signalverarbeitung. Pearson, 2004.

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