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Simulation in Production and Logistics 2015 Markus Rabe & Uwe Clausen (eds.) Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2015 Simulationstool zur alters- und belastungsorientierten Entwicklung und Bewertung von Arbeitssystemen in der industriellen Fertigung Simulation Tool for the Age- and Stress-based Development and Assessment of Work Systems in Industrial Manufacturing Ulf Müller, Nico Feller, Michael Schiffmann, FH Köln, Köln (Germany), [email protected], [email protected], [email protected] Peter Gust, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal (Germany), [email protected] Abstract: In the context of demographic changes in industrial nations and the com- mon global megatrend internet of things, enterprises have to tackle technological, social and economic challenges. To maintain their market position, amongst others, enterprises have to change their manufacturing processes. The following article presents the design and implementation of a simulation software application for the age- and stress-based development and assessment of work systems in industrial manufacturing. The approach for the simulation of aging workforce and calculation of overall stress of work systems is introduced. Implementation and usage of the software tool will be explained by an example. Concluding, presented results and future development are discussed. 1 Einleitung Sowohl aktuell als auch in den kommenden Jahren müssen sich Unternehmen mit wesentlichen gesellschaftlichen, technologischen und ökonomischen Wandlungs- prozessen auseinandersetzen. Hierbei ist zum einen der demographische Wandel zu nennen, zum anderen muss die Digitalisierung von Produkten und Produktionspro- zessen im Rahmen der Industrie 4.0 angeführt werden. Bis 2060 ist bspw. in Deutschland ein Bevölkerungsrückgang der Menschen im Erwerbsalter von rund 50 auf 34,5 Mio. prognostiziert; über 30% der Erwerbstätigen werden älter sein als 50 Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt 2015, S. 19-25). Auf- grund ihrer altersdifferenzierten physischen und psychischen Fähigkeiten, haben ältere Menschen gegenüber jüngeren sowohl im Alltag, als auch am Arbeitsplatz

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Simulation in Production and Logistics 2015 Markus Rabe & Uwe Clausen (eds.) Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2015

Simulationstool zur alters- und belastungsorientierten Entwicklung und Bewertung von Arbeitssystemen in der

industriellen Fertigung

Simulation Tool for the Age- and Stress-based Development and Assessment of Work Systems in Industrial Manufacturing

Ulf Müller, Nico Feller, Michael Schiffmann, FH Köln, Köln (Germany), [email protected], [email protected], [email protected]

Peter Gust, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal (Germany), [email protected]

Abstract: In the context of demographic changes in industrial nations and the com-mon global megatrend internet of things, enterprises have to tackle technological, social and economic challenges. To maintain their market position, amongst others, enterprises have to change their manufacturing processes. The following article presents the design and implementation of a simulation software application for the age- and stress-based development and assessment of work systems in industrial manufacturing. The approach for the simulation of aging workforce and calculation of overall stress of work systems is introduced. Implementation and usage of the software tool will be explained by an example. Concluding, presented results and future development are discussed.

1 Einleitung Sowohl aktuell als auch in den kommenden Jahren müssen sich Unternehmen mit wesentlichen gesellschaftlichen, technologischen und ökonomischen Wandlungs-prozessen auseinandersetzen. Hierbei ist zum einen der demographische Wandel zu nennen, zum anderen muss die Digitalisierung von Produkten und Produktionspro-zessen im Rahmen der Industrie 4.0 angeführt werden.

Bis 2060 ist bspw. in Deutschland ein Bevölkerungsrückgang der Menschen im Erwerbsalter von rund 50 auf 34,5 Mio. prognostiziert; über 30% der Erwerbstätigen werden älter sein als 50 Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt 2015, S. 19-25). Auf-grund ihrer altersdifferenzierten physischen und psychischen Fähigkeiten, haben ältere Menschen gegenüber jüngeren sowohl im Alltag, als auch am Arbeitsplatz

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unterschiedliche Anforderungen an ihre Umwelt und die Interaktion mit technischen Systemen (Boot et al. 2012, S. 1444).

Im Kontext des globalen Megatrends Industrie 4.0 sind Unternehmen gezwungen ihre jeweiligen Produkte, Geschäftsmodelle und vor allem Fertigungsprozesse zu modifizieren respektive neu zu entwickeln. D.h. Unternehmen müssen sich digital transformieren. Veränderungen hin zu einer intelligenten Fabrik führen u.a. zu einer Dezentralisierung der Produktion. Neben der Integration von neuen Technologien beinhaltet dies zudem die Anpassung sowohl von Tätigkeitsfeldern als auch von Verantwortungsbereichen, was letztlich zu neuen, individuellen Beanspruchungs-profilen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt. (Gienke und Kämpf 2007, S. 338-339)

Zusammenfassend besteht ein wachsender Handlungsbedarf zur Erhaltung und För-derung von Wohlbefinden, Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Belegschaften im demographischen und digitalen Wandel.

Aktuelle Softwarelösungen zur Bewertung und Gestaltung von Arbeitssystemen basieren zum einen auf digitalen Menschmodellen und fokussieren kurzfristige An-wendungszeiträume. Zum anderen basieren sie auf personalintegrierenden Simulati-onen, welche die Entwicklung von Arbeitszeit- und Organisationsmodellen für mittel- und langfristige Zeiträume ermöglichen (Zülch 2010; Leupold et al. 2010; Wischniewski und Adolph 2013). Ein ganzheitlicher mittel- und langfristiger Be-lastungseinfluss von Arbeitssystemen auf die zukünftige Gesundheit sowie Leis-tungsfähigkeit von Mitarbeitern – als Alterungsprozess – ist aktuell nicht hinrei-chend erforscht (Zülch 2013, S. 59). Dies muss bei der Entwicklung und Bewertung von Arbeitssystemen vor allem für ältere Erwerbstätige berücksichtigt werden.

Mit dem Simulationstool zur alters- und belastungsorientierten Entwicklung und Be-wertung von Arbeitssystemen in der industriellen Fertigung wird nachfolgend ein Lösungsbeitrag zum dargestellten Handlungsbedarf vorgestellt. Durch eine ganz-heitliche Untersuchung individueller und altersabhängiger Belastungen der Erwerb-stätigen sowie Simulation einer alternden Belegschaft, ermöglicht das Simulations-modell die Entwicklung und Bewertung von Arbeitssystemen im Sinne einer prospektiven Arbeitsgestaltung.

Im weiteren Beitrag wird zunächst der verwendete Systemansatz vorgestellt. An-schließend beschreibt Kapitel 3 zum einen die Implementierung des Simulations-systems, zum anderen wird ein Anwendungsbeispiel gegeben. Abschließend werden die präsentierten Arbeitsergebnisse in einer kurzen Diskussion reflektiert. Alle im Beitrag verwendeten Parameter sind nachfolgend in Tabelle 1 aufgelistet.

2 Systemansatz Nachfolgend sind u.a. die wesentlichen Vorarbeiten von Feller und Müller (2014) sowie Müller et al. (2015) zusammengefasst. Fokussiert werden sowohl die Struktur des Simulationssystems und die Modellbildung als auch die Zustandsänderungen des zentralen Modellelementes „Mitarbeiter“.

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Alters- und belastungsorientierte Bewertung von Arbeitssystemen 471

Tabelle 1: Nomenklatur

Parameter Beschreibung Einheit

PAL Physische Leistungsfähigkeit %

k Konstante für individuelle Fitness: k < 1 niedrigeFitness; k < 2 hohe Fitness

WAL Arbeitsleistungsfähigkeit %

s Beanspruchung

si Beanspruchung zu einem diskreten Zeitpunkt i

tw Dauer des Arbeitsprozesses h

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OS Ganzheitliche Belastung %

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Si* Gewichteter Belastungsfaktor

ki Gewichtungsfaktor

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ko Gewichtungsfaktor Sauerstoffaufnahme

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ka Gewichtungsfaktor auditive Fähigkeiten

2.1 Alters- und belastungsorientiertes Simulationsmodell

Wie Abbildung 1 zeigt, untergliedert sich das von Feller und Müller (2014) konzi-pierte Simulationsmodell in drei übergeordnete Segmente: Generator, Simulator und Analysator.

Der Generator dient der Modellbildung. Hierbei werden die Elemente Mitarbeiter und Arbeitsplatz differenziert. Ein Mitarbeiter wird durch die Attribute Alter, Ge-schlecht und eine optionale Konstante für die individuelle Fitness beschrieben. Basierend auf diesen drei Attributen werden während einer Simulation die Parame-ter physische Leistungsfähigkeit und Arbeitsleistungsfähigkeit zeitdiskret berechnet. Die diesbezüglich interne Logik ist im Folgenden unter 2.1.1 näher beschrieben.

Das Modellelement Arbeitsplatz wird zunächst hinreichend genau durch die fünf quantitativ mess- respektive eindeutig bewertbaren Attribute Licht, Klima, Lärm, Arbeitsposition und Arbeitsintensität beschrieben. Nach Spath et al. (2012, S. 1655) sind die angeführten drei Umweltfaktoren als wesentliche Belastungsfaktoren in der industriellen Fertigung zu identifizieren respektive zu berücksichtigen. Ergänzend benennt Bullinger (1994, S. 198) die angeführten ergonomischen Parameter als die wesentlichen Faktoren in Bezug auf ergonomische Arbeitsgestaltung. Alle fünf Attribute bzw. Belastungsfaktoren werden tätigkeitsspezifisch zwischen 1 „hervor-ragend“ und 6 „defizitär“ bewertet. Die Parametrierung des Modellelements Arbeits-platz wird ausführlich beschrieben von Feller und Müller (2014, S. 143 ff.), die interne Logik ist unter 2.1.2 beschrieben.

Der Simulator bildet den Kern des Systems. Entsprechend des gewählten Simulati-onszeitraums sowie der jeweils definierten Tätigkeitsabfolgen (inkl. Pausen) intera-

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1, 30 (7)

2.1.2 Ablauflogik Arbeitsplatz

Die Übertragungsfunktionen für das Modellelement Arbeitsplatz werden durch die Gleichungen GL. (9) und Gl. (10) beschrieben. (Feller und Müller 2014, S. 149)

S∗

6, S k Geschlecht, Alter 6

S k Geschlecht, Alter , S k Geschlecht, Alter 1…6

1, S k Geschlecht, Alter 1

(8)

OS S ,∗

∑ S∗

n 16 S ,

6ln 10048

(9)

Die Berechnung von OS basiert hierbei auf zwei wesentlichen Annahmen. Zum einen ist definiert, dass nach acht Stunden Arbeit in einem maximal-schlecht be-werteten Arbeitssystem eine hundertprozentige Auslastung der Arbeitsleistungsfä-higkeit (WAL) eines 30-jährigen, männlichen Mitarbeiters durchschnittlicher Fitness (k = 1,0, PAL = 100 %) erreicht wird. Tätigkeiten welche darüber hinaus gehen, rufen eine Überbeanspruchung hervor. Zum anderen ist festgelegt, dass der maxi-male gewichtete Belastungsfaktor den vorherrschenden Einfluss auf die Belastung des Mitarbeiters hat; die übrigen gewichteten Belastungsfaktoren werden als gewogener Mittelwert aufsummiert (Feller und Müller 2014, S. 148).

2.2 Mitarbeiter als zentrales Simulationselement

Wie zuvor beschrieben durchlaufen die Modellelemente „Mitarbeiter“ als zentrale Elemente zeitdiskret den Simulator (vgl. Abb. 1). Hierbei werden im Laufe jedes simulierten Tages fünf Zustände differenziert: Alter, Arbeiten, Pause, Warten und Freizeit. Abbildung 3 zeigt das Zustandsdiagramm Mitarbeiter, welches sowohl die Stimuli für Zustandsänderungen d.h. die Entscheidungsregeln für Handlungsalter-nativen als auch die zustandsspezifischen Aktionen in Pseudocode beschreibt. Hier-durch wird die Konsistenz des Simulationsmodells gewährleistet.

Die Definition von Kapazitäten für Arbeitsplätze reglementiert eine widerspruchs-freie Interaktion der Modellelemente Mitarbeiter und Arbeitsplatz. Handlungsalter-

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Der Status einer Tätigkeit (offen; geschlossen) richtet sich nach ihrer jeweiligen Be-arbeitungsdauer (Soll-Ist-Vergleich). Nach Erreichen einer täglichen maximalen Ar-beitszeit von zehn Stunden werden offene Tätigkeiten auf den folgenden Tag übertragen. Zudem werden den Tätigkeiten bei Bedarf Eltern-Tätigkeiten zugeord-net. Bspw. macht es nur Sinn ein Produkt nach der Fertigung aller Komponenten zu montieren, die Herstellungsreihenfolge kann jedoch variieren.

3 App-basierte Systemlösung zur Simulation und Analyse von Arbeitssystemen

Mit der Realisierung des Simulationstools als App wird besonders auf den Bedarf kleiner und mittelgroßer Unternehmen (KMU) nach schlanken, intuitiven und kostengünstigen Systemlösungen reagiert. Vor allem für KMU in der industriellen Fertigung stellen die einleitend skizzierten Wandlungsprozesse große Herausforde-rungen dar. Als Lohnfertigungsunternehmen sind KMU i.d.R. konfrontiert mit häufig wechselnden Produkten sowie hohem Wettbewerbsdruck und verfügen meist über stark limitierte Ressourcen. Gängige IT-Systemlösungen im Bereich der Digi-talen Fabrik sind hinsichtlich ihrer Kosten sowie ihres Umfangs unzureichend auf die Anforderungen von KMU abgestimmt.

3.1 Implementierung

Algorithmus 1 beschreibt die Implementierung des Simulationskerns in SWIFT. In der Funktion „doSimulation“ ist die inkrementelle Simulation aller Modellelemente durch drei geschachtelte for-Schleifen realisiert. Der Funktion wird die Anzahl zu simulierender Tage, die zeitliche Auflösung in Sekunden und eine Liste mit Mitar-beiterobjekten übergeben. Die Mitarbeiterobjekte enthalten jeweils den Arbeitsplatz und den Arbeitsplan des jeweiligen Tages. Das Mitarbeiterobjekt wird innerhalb der Simulationsschleife über die Funktion „do_action“ angesprochen. In dieser Funktion wird anhand der Tageszeit, des Zeitinkrements und des Tages der Zustandsautomat des Mitarbeiters und somit die jeweiligen Mitarbeiterattribute aktualisiert (vgl. Abb. 3).

Algorithmus 1: Implementierung Simulationskern func doSimulation(days:Int,time_step:Int,EMP_List: EmployeeList){ var Abs_Steps: Int = 86400 / time_step var DayTime: Int = 0 for (var d: Int = 0; d < days; d++){ DayTime = 0 for (var step: Int = 0;step < Abs_Steps;step++){ DayTime = DayTime + time_step for Emp in EMP_List{

Emp.do_action(DayTime,inkr:time_step,Day:d) } } } }

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3.2 Anwendungsbeispiel

Für ein erstes Anwendungsbeispiel sind zwei männliche Erwerbstätige über 24 Stun-den simuliert worden. Für beide Mitarbeiter ist der gleiche repräsentative Arbeitstag mit zwei unterschiedlichen Pausenmodellen durchlaufen worden. Tabelle 2 führt die jeweilige Tätigkeit und entsprechende Dauer chronologisch auf.

Herr Meier ist ein 45 Jahre alter Montagearbeiter. Er hat eine unterdurchschnittliche Fitness (k = 0,8), seine Arbeitsleistungsfähigkeit beträgt 43,68 Prozent. Herr Muster-mann ist ein 62-jähriger Montagearbeiter. Er hat eine durchschnittliche Fitness (k = 1,0), seine Arbeitsleistungsfähigkeit beträgt 48,48 Prozent. Die jeweilige Arbeits-leistungsfähigkeit bezieht sich auf einen 30-jährigen, männlichen Referenzmitar-beiter von durchschnittlicher Fitness: k = 1,0, PAL = 100 %, WAL = 60 % (vgl. Gl. 1 und Gl. 2).

Tabelle 2: Arbeitstag mit variiertem Pausenmodell

Tätigkeit Dauer V1 [h] Dauer V2 [h]

Arbeitsvorbereitung, Rüsten 0,5 0,5

Montage 1,5 1,5

Frühstückspause 0,25 0

Montage 3 3

Mittagspause 0,5 0,75

Montage 2,5 2,5

Nachbereitung 0,5 0,5

Abbildung 4 zeigt exemplarisch für die Erstellung von Modellelementen mit WorkDesigner die Konfiguration des Arbeitsplatzes für die Tätigkeit Montage. Im Hauptbereich der graphischen Benutzeroberfläche werden die Attribute des jeweiligen Arbeitsplatzes editiert (vgl. Abschnitt 2.1). Das linke Tabellensteuer-element dient einer komfortablen Verwaltung der Modellelemente „Arbeitsplatz“.

Die Programmnavigation erfolgt über die Steuerleiste im unteren Bereich der Benut-zeroberfläche. Neben der dargestellten Ansicht „Manage Workplaces“ (Abb. 4) stehen dem Anwender zudem vier weitere, analog aufgebaute Ansichten zur Ver-fügung. „Manage Work Processing Sheets“ für die Verwaltung und Beschreibung von Arbeitsplänen und Schichtmodellen. „Manage Employees“ zur Verwaltung und Beschreibung der Modellelemente „Mitarbeiter“. „Setup a Simulation“ für die Verwaltung und Definition von Simulationsstudien; d.h. Festlegung eines Simula-tionszeitraums und der beteiligten Modellelemente. „Analyzer“ für die graphische Aufbereitung der Simulationsergebnisse (Abb. 5).

Abbildung 5 zeigt die Aufbereitung der Simulationsergebnisse des beschriebenen Anwendungsbeispiels. Das Diagramm im Hauptbereich der Benutzeroberfläche zeigt für die simulierten Mitarbeiter Herrn Meier und Herrn Mustermann jeweils für beide Arbeitstagvarianten den Verlauf der Auslastung ihrer individuellen Arbeits-leistungsfähigkeit in Prozent über der Tageszeit in Stunden. Die beiden oberen

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Graphen beschreiben den Beanspruchungsverlauf von Herrn Meier, die unteren beiden stellen den Beanspruchungsverlauf von Herrn Mustermann dar.

Abbildung 4: iPad Screenshot Erstellung Arbeitsplatz mit WorkDesigner 1.0

Abbildung 5: iPad Screenshot Aufbereitung Simulationsergebnisse mit WorkDesigner 1.0

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Alters- und belastungsorientierte Bewertung von Arbeitssystemen 479

Wesentliche Ergebnisse der Simulationsstudie sind:

bedingt durch seine unterdurchschnittliche Fitness wird Herr Meier deutlich überbeansprucht.

Herr Meier benötigt im Gegensatz zum älteren Herrn Mustermann mehr als eine Stunde länger für die vollständige Regeneration seiner Arbeitsleistungsfähigkeit, was neben der höheren Beanspruchung ebenfalls seiner unterdurchschnittlichen Fitness zuzuordnen ist.

die geringfügige Modifikation des Pausenmodells (vgl. Tab. 2) führt zu einer Reduzierung der jeweils maximalen Beanspruchung von durchschnittlich zehn Prozent.

4 Diskussion Mit dem app-basierten Simulationstool ist eine schlanke und intuitive Systemlösung zur alters- und belastungsorientierten Gestaltung und Bewertung von Arbeitssys-temen vorgestellt worden. Die vorgefertigten Modellelemente Mitarbeiter und Arbeitsplatz ermöglichen eine schnelle und hinreichend genaue Abbildung von Arbeitssystemen. Die Gestaltung von Arbeitssystemen kann schnell hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Belegschaft bewertet werden.

Als Schwachstelle des Systems muss die Simulation von Freizeitperioden angeführt werden. Durch nicht bekannte Aktivitäten wie Sport oder physische sowie psychi-sche Erkrankungen und Stress lässt sich die Beanspruchung in Freizeitphasen nicht eindeutig abbilden. Auch ermöglicht das Simulationstool aktuell lediglich eine rein physische Betrachtung der Beanspruchung. Jedoch erlaubt der verwendete Berechnungsansatz eine spätere Ergänzung von Attributen bspw. zur Beschreibung von Mitarbeiterqualifikation und kognitivem Anspruch einer Tätigkeit.

Die empirische Validierung des Simulationstools mit einer heterogenen Probanden-gruppe in der industriellen Fertigung ist als nächster Entwicklungsschritt eingeplant. Diesbezüglich werden Arbeitssysteme mit mehrjährig bekannter Historie rück-wirkend simuliert.

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