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Single Transferable Vote
Eine Alternative zum Kumulieren und Panaschieren
von Martin Wilke
Anforderungen an ein Wahlsystem
• proportional: der Wähler bekommt, was er gewählt hat
• kein Anlass zu taktischem Wählen
• möglichst viele Wähler haben effektiven Einfluss auf das Ergebnis (wenig verschwendete Stimmen)
Warum Verhältniswahl innerhalb der Parteien
• Ansichten der Bevölkerungen sollen möglichst gut im Parlament abgebildet werden.
• Parteien sind selbst Bündnisse von Menschen unterschiedlicher Ansichten und Interessen.
• Innerhalb der Fraktionen finden Mehrheitsentscheidungen statt.
Teil 1
Kritik am Kumulieren und Panaschieren
Kumulieren und Panaschieren
• beruht auf Prinzip der relativen Mehrheitswahl
• führt zu sehr vielen verschwendeten Stimmen
• massive Verzerrungen des Wählerwillens möglich
• begünstigt taktisches Wählen
Relative Mehrheitswahl
Ein Gewinner• Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt
• Gewinner braucht keine 50% der Stimmen.
• Entscheidung durch Minderheit der Wähler
• Je mehr Kandidaten es gibt, desto weniger Stimmen reichen für einen Wahlsieg.
• Mehrheit der Stimmen fällt unter den Tisch
• Gewinner haben ihr Amt nicht mit Gewissheit verdient.
• taktisches Wählen: aussichtsreichstes kleineres Übel wählen, um größeres Übel zu verhindern
Ein Gewinner
• Verdient ist der Wahlsieg erst, wenn der Gewinner mehr Stimmen hat als alle anderen Kandidaten zusammen.
• Also mehr als 50% (absolute Mehrheit)
• Statt Stichwahl: Präferenzwahl
Relative Mehrheitswahl
Mehrere Gewinner
• Die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewinnen.
• Genau so werden die Gewinner beim Kumulieren und Panaschieren bestimmt.
Adaption der absoluten Mehrheit
• Welchen Stimmenanteil braucht ein Kandidat, damit ihm ein Sitz zusteht?
• Der Stimmenanteil muss so groß sein, dass jeder gewählte Kandidat mehr Stimmen hat als alle nicht gewählten Kandidaten zusammen.
Adaption der absoluten Mehrheit
(Die Droop-Quote)
Zu vergebende Sitze
Stimmen-Anteil
In Prozent
1 1/2 50%
2 1/3 33,33%
3 1/4 25%
4 1/5 20%
n 1/(n+1)
Landtagswahl 2003 im Bezirk Oberbayern
Stimmen % Sitze
CSU 1058964 61,8 38
SPD 338652 19,8 13
Grüne 162175 9,5 6
sonstige 153409 8,9 0
Zweitstimmen SPDKandidat Stimmen Quoten verschwendet
Maget, Franz 209914 8,68 170467
Kronawitter, Dr. Hildegard 39447 1,63 34865
Schuhmann, Dr. Manfred 4581 0,19 379
Lochner-Fischer, Monica 4201 0,17 411
Werner, Hans Joachim 3789 0,16 151
Narnhammer, Bärbel 3637 0,15 386
Pfaffmann, Hans-Ulrich 3250 0,13 125
Gantzer, Prof. Dr. Peter Paul 3124 0,13 187
Sonnenholzner, Kathrin 2936 0,12 140
Noichl, Maria 2795 0,12 158
Baumann, Dr. Dorle 2636 0,11 100
Memmel, Hermann 2535 0,10 47
Rupp, Adelheid 2488 0,10 110
[44 weitere Kandidaten] 53319 2,20 53319
Verschwendete Stimmen der SPD
nicht gewählte Kandidaten 53319 15,7%
Überschuss gewählter Kandidaten 207526 61,3%
insgesamt 260845 77%
Zweitstimmen CSUKandidat Stimmen Quoten verschwendet
Stoiber, Dr. Edmund 698726 25,73 698726
Hohlmeier, Monika 52888 1,95 52888
Glück, Alois 41884 1,54 41884
Faltlhauser, Prof. Dr. Kurt 24023 0,88 8371
Vocke, Prof. Dr. Jürgen 15651 0,58 969
Peterke, Rudolf 14681 0,54 216
Neumeier, Johann 14464 0,53 413
Kern, Anton 14050 0,52 547
Goppel, Dr. Thomas 13830 0,51 13830
Biechl, Annemarie 13502 0,50 1577
Rambold, Hans 11924 0,44 1091
Obermeier, Thomas 10832 0,40 657
Weichenrieder, Max 10174 0,37 167
[25 direkt gewählte Kandidaten] 68847 2,54 68847
Verschwendete Stimmen der CSU
nicht gewählte Kandidaten 39707 3,7%
Überschuss gewählter Kandidaten 14008 1,3%
bereits direkt gewählte Kandidaten 876175 82,7%
insgesamt 929890 87,8%
Verzerrungen beim Kumulieren
Szenario• Uneinigkeit in einer Partei über eine Kriegsbeteiligung • ist eines der entscheidenden Themen des Wahlkampfes • 60% der Wähler dieser Partei sind gegen Krieg, 40% dafür• Kriegsgegner wählen nur Anti-Kriegs-Kandidaten.• Partei erhält 5 Sitze
Erwartung:• 3 von 5 Sitzen gehen an Anti-Kriegs-Kandidaten
Fazit zum Kumulieren und Panaschieren
• Kumulieren und Panaschieren ist ungeeignet, um damit die eine Parteiliste neuzuordnen.
• Denn relative Mehrheiten von Personen-Stimmen sind nur ein schwaches Indiz für Popularität.
• Alternative: PräferenzwahlWähler geben ihre Wunschreihenfolge direkt an.
Teil 2
Single Transferable Vote
STV-Stimmzettel ausfüllen
• Der Wähler bringt die Kandidaten in eine Rangfolge seiner Wahl.
• Und zwar indem er die Kandidaten durchnumeriert.
• Seinem liebsten Kandidaten gibt er die Nummer „1“, seinem zweitliebsten die Nummer „2“ usw.
• Jeder Wähler kann so viele oder so wenige Kandidaten ordnen wie er will.
Bedeutung der Präferenzen
• Wer einem Kandidaten die Nummer 1 gibt, sagt damit, dass dies sein Kandidat erster Wahl ist.
• Wer außerdem weiteren Präferenzen (2, 3, 4, usw.) vergibt, sagt damit, welche Kandidaten er bevorzugt, wenn– seine Nummer 1 zu wenig Unterstützung hat, um ins
Parlament zu kommen
– seine Nummer 1 nicht alle erhaltenen Stimmen braucht, um gewählt zu sein.
Geschichte der STV• erfunden von Thomas Wright Hill 1821, Carl
Andrae 1855 und Thomas Hare 1857• lange Tradition in den Debatten um Wahlreform• erstmals verwendet 1840 in Adelaide, 1856 in
Dänemark, 1906 in Tasmanien• Britisches Unterhaus stimmte 5mal für die
Einführung von STV, traf aber jeweils auf ein Veto des Oberhauses (der Lords)
• Einführung in Irland und Nordirland, um Repräsentation rel. Minderheiten zu gewährleisten
• 2005 Referendum in British Columbia (Kanada)
Verwendung von STVEU national regional lokal
Irland 3-4 3-5 Sitze - 3-7
Nordirland 3 - 6 5-7
Schottland - - - 3-4
Malta 5 5 - 5-13
Tasmanien 6 5
Australian Capital Terr. 2 5-7
New South Wales 6 21
South Australia 6 11
Western Australia 6 5-7
Neuseeland
Auszählung
• Dazu jetzt eine Animation:http://www.martinwilke.de/stv/bc-stv-full-deutsch.swf
Auszählung
Eigenschaften von STV
• Verhältniswahl zwischen Personen
• proportionale Ergebnisse nach den Kriterien, die den Wählern wichtig sind.
• Minimierung verschwendeter Stimmen
• kaum Anlass für taktisches Wählen
Darstellung des Wahlergebnisses
• Erstpräferenzen aller Kandidaten und Angabe, welche Kandidaten gewählt sind
• Behalte-Wert oder Übertragungswert
• Übertragungsprotokolle
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit