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Technische Universität Darmstadt Hochschulsportzentrum / Institut für Sportwissenschaft Sportstudentenausbildung Grundkurs Tanz Christiane Dieter-Rotenberger S K R I P T T A N Z G R U N D K U R S Darmstadt, den 15.03.2005

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Technische Universität Darmstadt

Hochschulsportzentrum / Institut für Sportwissenschaft

Sportstudentenausbildung Grundkurs Tanz

Christiane Dieter-Rotenberger

S K R I P T

T A N Z

G R U N D K U R S

Darmstadt, den 15.03.2005

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INHALT

1 Prüfungsinhalte 3

2 Prüfungskriterien 3

3 Definitionen 4

4 Tanzgeschichte (Ausdruckstanz und Modern Dance) 5

5 Musiktheoretische Grundlagen 6

6 Zum Verhältnis von Gymnastik und Tanz 11

7 Improvisation 13

8 Klassisches Ballett 16

9 Jazztanz 19

9.1. Jazztanz 19

9.2. Hip Hop 23

9.3. Funk 24

9.4. Street Dance 24

10 Folkloretanz 24

11 Tanzpraxis 25

12 Literaturverzeichnis 27

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1.Prüfungsinhalte: Praxis:1. 75% aktive Teilnahme2. Pflichttanz3. Einzel- oder Gruppengestaltung nach selbst gewählter

Musik (75 – 90 sec., Schwarzes Theater mind. 2:30 Min.).Wird eine Gruppengestaltung gewählt, so muss von jedem zuprüfenden Kandidaten ein eigenständiger Anteil erkennbar sein.

. Theorie:

Klausur/Kolloquium über die Ausbildungsinhalte.

Alle Prüfungsteile müssen mit mindestens „ausreichend“ (Note 4,0) abgeschlossenwerden!

2.Prüfungskriterien:

• Beim Kürtanz ist zusätzlich darauf zu achten,dass die Musik zumindest analog umgesetztwird. Beginn und Ende des Tanzes müssendeutlich erkennbar sein. Der ganzeausgewählte Raum (Bühne) muss genutztwerden. Damit die Choreographie nichtlangweilig erscheint, sollten genügendTempowechsel in der Bewegung enthaltensein und die Bewegungsebenen öftersgewechselt werden. Ansonsten kann manuneingeschränkt kreativ sein.

• Wird eine Gruppendarstellung gewählt, somüssen zusätzlich alle Personen in der Gruppeihre Positionen zueinander verändern (keinausschließliches nebeneinander Hertanzen!)

• Die Note der Kürübung setzt sich wie folgtzusammen:

Choreographie: 50 %

Übungsausführung: 50%(Schwierigkeitsgrad wird berücksichtigt)

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3. Definitionen

Tanz (englisch: dance, italienisch:ballo) ist ein Sammelbegriff für jede Art spielerisch-rhythmischer Körperbewegung, die Musik- oder Geräuschbegleitung interpretiert, begleitetoder auch Teil davon ist. Oft stellen Tänzer eine Handlung dar, was im Ballett seinekünstlerische Überhöhung findet…. (http://de.wikipedia.org/wiki/Tanz)

Das `Sportwissenschaftliche Lexikon´ beschreibt Tanz als ein Phänomen, „bei dem derLeib/Körper auf rhythmische Art bewegt wird…, meist zu Musik…, um z.B. eine kultischeoder religiöse Handlung zu begehen, zur Ekstase zu gelangen, anderen Menschen zubegegnen, ein Gefühl oder eine Idee auszudrücken, eine Geschichte zu erzählen oder sich ander Bewegung selbst zu erfreuen“ (Prohl, Röthig, u.a..,2003, S.581)

Nach Rudolf von Laban ist Tanz „geformte, rhythmisch in der Zeit verlaufende, mitwechselnder Dynamik (Kraft) ausgeführte Bewegung des Körpers im Raum“ (Röthig, u.a.,1992, S.497)

Die Bedeutung des Wortes Choreographie stammt aus dem Griechischen und umfasst sowohlden Tanz (choros) als auch die Schrift (graphein). Choreographie bedeutet also Tanzschrift;eine Tanzschrift mit deren Hilfe man versuchte Haltungen, Stellungen, Einzel- undGruppenbewegungen und Richtungen im Zusammenhang tänzerischer Bewegungsfolgen miteigens dafür erfundenen Symbolen und graphischen Systemen aufzuzeichnen. Als wichtigsteTanzschrift wird die ‚Labannotation’ angesehen, eine aus einem senkrecht gestelltenLiniensystem, Grundzeichen, Richtungs- und Wendungzeichen bestehende Bewegungsschrift,in der die Länge, Reihenfolge und Stellung der Zeichen angeben, wie lange, wann und mitwelchem Körperteil die Bewegungen auszuführen sind.Im 19. und 20. Jahrhundert kristallisierte sich eine erweiterte Auffassung heraus:Choreographie als – meist auf Musik bezogene – tanzkünstlerische Komposition.

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4. Tanzgeschichte (Ausdruckstanz und Modern Dance)

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5. Musiktheoretische Grundlagen

vgl. hierzu auch Vent, H., Drefke, H. (1982). Gymnastik/Tanz Sport-Sekundarstufe II.

S. 104 f. Düsseldorf: Schwann-Bagel.

1. Warum müssen theoretische und praktische Grundlagen der Musik der Gymnastik

bekannt sein?

1) Historik

2) In der Gymnastik werden viele Bewegungen mit Musik ausgeführt. Es besteht also einZusammenhang zwischen Bewegungsvorgängen und Klangvorgängen. DieserZusammenhang kann durch zeitliche oder auch dynamische Eigenschaften hergestellt werden.So können z.B. Tempo und Lautstärke von Klangereignissen durch bestimmte Bewegungensehr unterschiedlich dargestellt werden.

Es gibt eine Anzahl von Klangeigenschaften (Tondauer, Tonhöhe, Tonstärke, Artikulation,Gliederung) die durch verschiedene Bewegungsformen in Zusammenhang gebracht werdenkönnen. Erkennt man nun bestimmte Klangeigenschaften bzw. -ereignisse nicht, istdifferenzierte Bewegung zur Musik nicht möglich. Die Musik in der Gymnastik dient derUnterstützung von Bewegungen. Sie sollte rhythmische und dynamische Höhepunkteaufweisen. Weiterhin muss sie zu strukturieren sein, um bestimmte musikalischeSinngliederungen auf unterschiedliche Bewegungsmerkmale übertragen zu können. Anders istdie Musikauswahl im Tanz. Hier lassen sich sämtliche Klangereignisse als Klanggrundlagefür eine Tanzkomposition verwenden (der Tänzer kann interpretieren).

2. Musik und Bewegung - Umsetzung warum und wie ?

Welche Möglichkeiten bietet uns ein Musikstück, welches in irgendeiner Form mitBewegungen in Zusammenhang gebracht wird?

- Es können Inhalte der Musik durch Bewegungen dargestellt werden

- das psychische Befinden von Personen kann beeinflusst werden (Hemmungsabbau,Meditation, Hingabebereitschaft, Ekstase, Trance usw.).

- Bestimmte Klangeigenschaften und Strukturen von Musik können in Kombination mitBewegung verdeutlicht bzw. veranschaulicht werden.

- Gekonnte Bewegungsablaufe können bei Hinzunahme von Musik zur Ausdauer-,Rhythmik- und Dynamikschulung dienen. Wenn allerdings die Bewegungen nichtvollständig beherrscht werden, kann es zu oberflächlichen Ausführungen kommen,weil die Aufmerksamkeit auf die Musik gerichtet ist

- Musik kann inspirierend auf Bewegungen wirken (auch gegenteilig möglich,einengend )

- Musik führt zu Bewegungskompositionen (Bewegungen werden in bestimmteOrdnung zur Musik gebracht). Man unterscheidet nun vier Möglichkeiten wie manMusik in Bewegung umsetzen kann. Die Verbindung kann kongruent, analog,kontrastierend verlaufend oder autonom sein. Die kongruente und die analogeUmsetzung finden in der Gymnastik ihre Anwendung, während der Tanz alleUmsetzungsmöglichkeiten beinhalten kann.

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Die kongruente Umsetzung verläuft so, dass Bewegungen parallel zu Klangereignissenausgeführt werden. D. h. jeder Ton wird reproduziert. Das wiederum setzt eine genaueWahrnehmung der Tonaneinanderreihungen und der Dynamik voraus.

Die analoge Umsetzung gliedert sich nicht an die “wörtliche“ Reproduktion. Hier werdenauffällige Merkmale des Klangbeispiels ausgefiltert und in motorische Aktionen umgesetztDies können rhythmische, dynamische oder metrische Merkmale sein.

Die kontrastierende Umsetzung die nur im Tanz zur Anwendung kommt, beinhaltet diekongruente Umsetzung auf den Kopf gestellt. D.h. Bewegungen, die aneinanderhängend aufruhige, gebundene Musik ausgeführt werden, werden nun hektisch und abgehackt sein. DieseMethode kommt aber nur dann zum Vorschein, wenn sie im Wechsel mit der kongruentenund der analogen Form eingesetzt wird. Inhaltlich zeigt diese Form ein ablehnendes Gefühl.“Ein nicht einig sein“ mit der Musik oder auch mit den eigenen Gefühlen.

Die autonome Umsetzung beinhaltet eine unabhängige Beziehung zwischen Musik undBewegung. Es werden eigene Betonungen der Bewegung gesetzt, die nicht mit der Musikübereinstimmen müssen; Es kann zur Deckung beider Komponenten kommen, aber auch zurStörung oder zu Verschiebungen. Diese Beziehung bietet dem Ausführenden freiesteGestaltung. Die Interpretation wird ihm völlig überlassen.

3. Theoretische Grundlagen

Noten- und Pausenwerte

Sechzehntel Note bzw. Pause (1/4 Grundschlag)

Ganze Note bzw. Pause (4 Grundschläge)

Halbe Note bzw. Pause (2 Grundschläge)

Viertel Note bzw. Pause (1 Grundschlag)

Achtel Note bzw. Pause (1/2 Grundschlag)

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= punktierte Viertel; die Note wird um die Hälfteihres Wertes verlängert (1 _ Grundschläge)

= punktierte Ganze (6 Grundschläge)

= 2 Achtel

= punktierte Achtel und Sechzehntel

= Triole; Wert = 1 Viertel

Das Metrum (Metrik = Lehre vom Takt)

Gibt den Grundschlag, - das Tempo-, eines Klangereignisses wieder. Es erfolgt in zeitlichgleichen Abständen und hat eine einheitliche Lautstärke. Das Metronom dient zur Angabedieser Grundschläge (näheres siehe Tempo).

Der Takt

Er liefert eine formale Gliederung der Grundschläge des Metrums. Es kommen betonte undunbetonte Zählzeiten hinzu, die von der Taktart abhängig sind. Man unterscheidet dieeinfachen Taktarten; die einfachen Zweier = 2/2, 2/4, 2/8 (statisch wirkend) und die einfachenDreier = 3/2, 3/4, 3/8 (schwingend wirkend).Bsp: _ Takt

Die Betonung liegt jeweils auf der ersten Zählzeit nach demTaktstrich. Das ist bei allen einfachen Taktarten gleich.

Weiterhin gibt es die zusammengesetzten Taktarten. Man unterscheidet zwischen folgendenTakten: 4/2, 4/4, 4/8 und 6/8, 9/8, 12/8.Bsp: 6/8 Takt

Die Betonung der Zählzeiten liegt wieder auf jeder ersten des TaktesWeiterhin liegt eine Nebenbetonung auf der Zählzeit, die bei nicht-zusammengesetzter Form als neue betonte erste Zählzeit erscheinen würde.

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Als letztes gibt es die ungleichgliedrigen Taktarten. Diese setzen sich aus geraden undungeraden einfachen Taktarten zusammen. Hierzu zählen der 7/4, 5/4, 7/8 und 5/8 Takt.Bsp: 7/4 Takt

Zusammensetzung aus 2 und 2 und 35/4 setzt sich zusammen aus 3 + 2; 7/8 aus 3 + 2 + 2; 5/8 aus 3 + 2

Der Rhythmus

Er ordnet Noten- und Pausenwerte im Takt und kann daher sehr unterschiedlich gestaltet sein.Folgendes Beispiel zeigt unterschiedliche Rhythmen eines 4/4 Taktes.

Die Beispiele sind immer an die Taktvorgabe gebunden. Der Wert eines Taktes entsprichtimmer dem von 4 Viertel Noten. Es gibt aber auch einen Rhythmus, der nicht an bestimmteTaktarten gebunden ist. Ton- und Klangdauern sind nicht in ein Schema gepresst. Es ist keineperiodische Form, d. h. auch eine Haupt- und Nebenbetonung zu erkennen. Man bezeichnetdies als ametrischen Rhythmus.

Das Tempo

Wie bereits erwähnt wird das Tempo durch das Metrum bestimmt. Um einige Tempi zubezeichnen, kann wiederum das Metronom zu Hilfe genommen werden. SchnelleTempoangaben sind „Presto“ (= schnell; 168 – 200 Schläge/min.) und „Allegro“ (= rasch,lebhaft; 120 – 168 Schläge/min.).Mittlere Tempi sind „Andante“ (= mäßig, langsam; 76 – 108 Schläge/min.) und „Moderato“(=; 108 – 120 Schläge/min.).Zu den langsamen Tempi zählen „Adagio“ (= langsam; 66 – 76 Schlägemin.) und „Largo“(= ruhig, getragen: 40 – 60 Schläge/min.).Weiterhin sollten noch zwei Begriffe bekannt sein und zwar „accelerando“ (= beschleunigt,schneller werdend) und „ritardando“ (= langsamer werdend). Ersteres beinhaltet eineBeschleunigung des Tempos in einem Klangbeispiel und letzteres eine Verlangsamung.

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Die Tonstärke

Man unterscheidet folgende Angaben: pp, p, mp, mf, f, ff und pf.pp (pianissimo) beinhaltet eine geringe Tonstärke (sehr leise),die bis zu ff (fortissimo) immer mehr zunimmt ( sehr laut).pf (fortepiano) kennzeichnet einen plötzlichen Akzent in der Lautstärke.Wie bei den Tempobezeichnungen gibt es auch hier ein allmähliches Steigern der Lautstärke=„crescendo“ und ein allmähliches Abschwächen der Lautstärke, welches als „decrescendo“bezeichnet wird.Die unterschiedlichen Stärkegrade von Tönen bezeichnet man auch als Dynamik.

Die Artikulation

Unter diesem Begriff versteht man die Verbindung bzw. Trennung von Tönen. “staccato“beinhaltet die scharfe Trennung von Tönen. Dies wird graphisch folgendermaßen dargestellt:

“legato“ beschreibt die Verbindung von Tönen, welches wie folgt aussieht:

Dieser Verbindungsbogen kann auch über einen Takt hinausgehen und bedeutet in unseremBsp., dass die 2 Viertelnoten nun die Länge einer halben Note besitzen.

Der Auftakt

Er kennzeichnet sich dadurch, dass er einer Hauptbetonung eines vollständigen Taktesvorausgeht. Es ist ein unvollständiger Takt, der Nebenbetonungen haben kann. Oftmals bildeter mit dem letzten Takt eines Musikstückes wieder einen vollen Takt. Er dient zurVorbereitung auf die eigentliche Melodie bzw. des eigentlichen Themas einesKlangereignisses.

Wie können Bewegungen auf bestimmte Taktarten, Rhythmen, Tempi, Tonstärken und

Artikulationen ausgeführt werden?

Hervorheben der Hauptbetonung durch Bewegung und Akustik

1. Akzentuierende Bewegungen während einer gleich bleibenden Fortbewegungsart.

2. Akzentuierende Bewegungen am Ort.

3. Richtungsänderungen bei gleich bleibender geradliniger Fortbewegungsart.

4. Einbezug unterschiedlicher Niveaus (Kästen, Matten, Hindernisse).

5. Einbezug kurviger Raumwege (Variation von 1, 3 und 4).

6. Einbezug wechselnder Fortbewegungsarten (es entstehen rhythmische Bewegungen).

7. Kombination von 1 und 2 sowie von 1 bis 6 (Gestaltung von Bewegungen).

8. Akzentuierender Einsatz eines Objektes, Materials oder Handgerätes.

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9. Durch stimmliche Äußerungen.

10. Durch Einsatz verschiedener Klangerzeuger.

11. Durch Klanggesten der Hände und Füße.

Bewegungen können aber auch so ausgeführt werden, dass sie nicht auf der Hauptbetonungim Takt liegen, sondern dass Betonungskontraste entstehen. D.h. es werden auffälligeBewegungsmerkmale auf Nebenbetonungen liegen (Synkopen= musikalisch-rhythmischeAkzentverschiebung) oder jedes Taktteil wird gleichmäßig durch Bewegung hervorgehoben.

6. Zum Verhältnis von Gymnastik und Tanz

Inwiefern können Gymnastik und Tanz als gemeinsamer Lernbereich aufgefasst werden?

Gymnastik und Tanz können als gemeinsamer Lernbereich verstanden werden, wenn dieGymnastik die Funktion einer Tanztechnik übernimmt, angefangen von tanzspezifischenÜbungen zur Verbesserung der konditionellen und koordinativen Grundlagen über Übungenund Aufgaben zur Verbesserung der Ausführung verschiedener Bewegungsformen bis hin zuvorbereitenden Übungen für spezielle Tanzstile. In diesem Fall stehen Gymnastik und Tanz ineiner fixierten Rangordnung zueinander, in der die Gymnastik als bewegungstechnischeGrundlage für den Tanz dient, z.B. Jazzgymnastik als Exercice (tanztechnisches Training) fürden Jazztanz.

Gymnastik und Tanz können weiterhin als gemeinsamer Lernbereich aufgefasst werden, wennnicht die trennenden, sondern die beide Bereiche verbindenden Aspekte betont werden, z. B.:

— beiden Bereichen zugrunde liegende Bewegungsformen wie die gebräuchlichenFortbewegungsarten, von denen sowohl einige Erscheinungsformen der Gymnastik als auchdes Tanzes (z. B. der Elementare Tanz) ausgehen

— gemeinsame Ziele wie: Verbesserung und Differenzierung der Qualität vonbewegungstechnischen Fertigkeiten; Verbesserung von Wahrnehmungs- undKommunikationsfähigkeit in und durch Bewegung; Gestalten von Bewegung nach denKriterien Zeit, Dynamik, Raum und Form (sofern im Tanz lediglich die formale/abstrakteSeite betont wird)

— ähnliche Arbeitsweisen, über die einerseits vorgegebene Bewegungsformen erlernt, geübtund verändert, andererseits „neue“ Bewegungsweisen entwickelt und somit kreativesVerhalten gefördert werden sollen.

Terminologische Anmerkungen: Die Vielfalt der Erscheinungsformen im BereichGymnastik und Tanz korrespondiert mit einer Vielfalt von Fachbegriffen undunterschiedlichen Begriffsdefinitionen — häufig für gleiche oder ähnliche Sachverhalte — jenach fachbezogenem Vorverständnis, theoretischem Begründungszusammenhang und auch(meist verborgener und unaufgedeckter) Weltanschauung. Die dadurch bedingte geringeEindeutigkeit und unterschiedliche Verwendung zahlreicher Fachbegriffe innerhalb derverschiedenen Gymnastik- und Tanzrichtungen machen Begriffsklärungen in diesem Bereichschwierig, fordern aber gleichzeitig zu eigenen Begriffsdefinitionen heraus.

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Der Begriff Tanzstil kennzeichnet die Art und Weise der Auseinandersetzung mitKörperbewegung in Raum und Zeit und ist meistens an bestimmte Bewegungstechnikengebunden (vgl. z. B. Isolationstechnik im Jazztanz).

Der Begriff Bewegungsstil kennzeichnet den persönlichen Ausdruck, die individuelleAusprägung von Körperbewegung und ist mit bedingt durch soziokulturelle Einflüsse.

Der Begriff Training bedeutet im Bereich Gymnastik und Tanz die Entwicklung undSteigerung konditioneller und koordinativer Grundlagen.

Inwiefern können Gymnastik und Tanz als jeweils eigener Lernbereich aufgefasst werden?

1. Gymnastik und Tanz können als getrennte Lernbereiche verstanden werden, wenn derSchwerpunkt auf unter schiedliche Bewegungsstile bzw. feststehende (und somit genormte)Bewegungstechniken gelegt wird, z. B. Gymnastik nach den Bewegungsprinzipien der„Rhythmischen Gymnastik“ , der Rhythmischen Sportgymnastik, des Folkloretanzes, desJazztanzes, des Modern Dance (z. B. Graham-Technik,), des Klassischen Tanzes usw.

2. Gymnastik und Tanz können als getrennte Lernbereiche verstanden werden, wennBewegung mit Ausdrucks- Darstellungsintention und als Verständigungsmittel eingesetztwird.

In der Gymnastik wird in erster Linie eine Verbesserung der Bewegungsqualitäten angestrebt,um die individuellen Möglichkeiten beim Gestalten von und mit Bewegung zu erweitern undzu intensivieren. Eine Mitteilung an den Zuschauer über Bewegung ist nicht bewusstbeabsichtigt. Zwar haben gymnastische Bewegungen auch (Ausdrucks—)Wirkungen auf denRezipienten. Diese Wirkungen und folglich auch ihre Analyse und Interpretation bleibenjedoch beschränkt auf die formale (räumliche, dynamische und zeitliche) Ebene. Eventuelleinhaltliche Aussagen bzw. Darstellungen von Handlungen oder Empfindungen werden nichtbewusst angesteuert.

Im Tanz dagegen können Ausdrucks- und Darstellungsintentionen bewusst in und überKörperbewegungen sichtbar gemacht werden (z.B. Darstellung affektiver Zustände undVorgänge). Diese individuellen Ausdrucksintentionen lassen sich auch mitMitteilungsabsichten verbinden. In diesem Fall wird Bewegung gezielt alsKommunikationsmittel eingesetzt, wobei der Tanzende beabsichtigte Mitteilungen undAussagen durch seine individuelle „Körpersprache“ deutlich zu machen versucht.

Mit der Mitteilung von „Bewegungsinformationen“, die sowohl formalen (s. o.) als auchinhaltlichen Charakter haben können, ist die Aufnahme und Interpretation durch (einen)Zuschauer eng verbunden. Dieser beobachtet die Bewegungsmitteilungen des Tanzenden,entschlüsselt die „Bewegungszeichen“ und analysiert ihre Wirkungen in Hinblick auf darinenthaltene (Bewegungs- und Gestaltungs-)Absichten bzw. Aussagen.

3. Gymnastik und Tanz können als getrennte Lernbereiche aufgefasst werden in Bezug aufZielsetzungen und Art der Musikverwendung.

In der Gymnastik fungiert die Musik in erster Linie als unterstützende Begleitung vonBewegungsabläufen (Bewegungsbegleitung). Dabei kann sich eine (Live-)Begleitung derBewegung anpassen, indem sie den motorischen Ablauf in kongruenter oder analoger Formunterstützt und den Gymnasten quasi „trägt“. Die Begleitung dient somit der Intensivierungder rhythmischen und dynamischen Auffälligkeiten des Bewegungsablaufs.

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Im Tanz kann eine ähnliche Beziehung zur Musik aufgenommen werden, bei der die hörbarenVorgänge in kongruenter oder analoger Form in der Bewegung nachvollzogen werden.Darüber hinaus aber können musikalische Vorlagen auch durch Bewegung interpretiertwerden. Dabei wird den hörbaren Strukturen durch (gestaltete) Bewegung eine sichtbareStruktur in Form einer gleichwertigen, selbständigen „Gegenstimme“ hinzugefügt. Die überMusikinterpretation entstandene Bewegungsgestaltung kann dann selbst wiederumInterpretationsgegenstand für Zuschauer werden.

Stellt man abschließend noch einmal die beiden Bereiche Gymnastik und Tanz gegenüber, sokann man zusammenfassend sagen, dass im Tanz - sofern er über die nur formale Dimensionhinausgeht - die Möglichkeiten in Bezug auf Materialverwendung, Musikverarbeitung,Gestaltung, Interaktion und Kommunikation weiter und offener sind als in der Gymnastik.Vor allem wegen seiner Ausdrucks-, Darstellungs- und Mitteilungsfunktion ist der Tanz eherdem künstlerischen Bereich zuzuordnen als die eher sportlich ausgerichtete Gymnastik.Stehen in der Gymnastik konditions- und koordinationsverbessernde Aspekte und/oderformale Gestaltungsaspekte im Vordergrund, werden im Tanz darüber hinaus Sprache undAusdruck des Körpers zum primären Gegenstand.

(Vent,Drefke, 1982, S.10-11)

7. Improvisation

7.1. Was versteht man unter Improvisation

Die Improvisation ist ein spontaner Prozess, d.h. eine freie Entwicklung vonBewegungsausführungen wobei die individuelle Kreativität des einzelnen im Vordergrundsteht.

Improvisation als Erfahrung führt von außen über den Weg der Wahrwerdung und desBewusstwerdens zur eigenen Innenwelt.

Improvisation als inhaltliche und formale Spontangestaltung führt von innen nach außen.

Beide Richtungen kommen aber in der Praxis nicht separat vor, sondern sie beeinflussen sichgegenseitig und fließen in einander über.

7.2. Ziele der Improvisation

Die Improvisation ist wie die Tanzerziehung im Allgemeinen, nicht nur fachspezifischanzusehen, sondern auch persönlichkeitsbildend. Die Lernziele, die bei jeder Improvisationangestrebt werden sollen, berücksichtigen dies.

Barbara Haselbach (1976, S. 12-13) unterscheidet fünf verschiedene Bereiche von Lernzielen:

• Pragmatischer Bereich

Sensibilisierung und Körperbewusstsein

Aufbau und Korrektur der Haftung

Entwicklung und Differenzierung der Motorik

Aufbau eines Repertoires an Tanzmaterie

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• Sozialer und Kommunikativer Bereich

„Sich mitteilen“ lernen

Selbstständigkeit erlangen

„Sich in Kooperation“ üben

• Kreativer Bereich

Individualität und Eigeninitiative

Spontaneität

Exploration und Experiment

Flexibilität

• Emotionaler Bereich

Vertiefung der Erlebnisfähigkeit

Intensivierung des Ausdrucksbedürfnisses

• Kognitiver Bereich

Problemfindung und Lösung

Vorstellungsfähigkeit

Konzentration

Kombinationsfähigkeit

Gedächtnisschulung

Sprachliche Förderung

7.3. Sozialformen in der Improvisation

Die Improvisation ist ein Fördermittel zur Kommunikation und zu sozialen Handelns. Eskönnen sich in der freien Aktivität der Teilnehmer aber auch die gegensätzlichstenVerhaltensweisen entwickeln:

entweder Selbstständigkeit oder Einordnung, sowie Verantwortlichkeit oder Anpassung.

In der Beziehung zwischen der Gruppe und deren Leiter unterscheidet man zwei Arten derImprovisation:

Die freie und die gebundene Improvisation

• Freie Improvisation: Mit oder ohne Leiter.

Ohne Leiter tritt eine Rollenverteilung in der Gruppe in Kraft.

Bei einer Improvisation mit Leiter, fügt sich der Leiter in die Gruppe ein. Dabei hat der Leiterallerdings das Problem, dass er entweder die Teilnehmer nicht korrekt beobachten kann, da erselbst mit sich beschäftigt ist, oder er beobachtet genau die anderen und kann sich dabei abernicht auf sich selbst konzentrieren.

• Gebundene Improvisation: Der Leiter überblickt die Gruppe.

Der Gruppenleiter gibt die Themen, die sich an den Lernzielen orientieren vor und überschautwährend der Übung das Geschehen. Er überlegt sich verschiedene Aufgabenstellungen fürEinzelne, Paare, Klein- oder Großgruppen.

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7.4. Methoden der Improvisationsleitung

Die Aufgabe des Leiters ist es, jeden einzelnen zu möglichst vielfältigen und intensivenEigenerlebnissen, sowie zur Gruppenarbeit zu animieren. Dabei muss er drei Schwerpunktebeachten:

• Einführung und Vorstellung des Themas

• Behandlung und Durchführung des Themas

• Reflexion und Evaluierung des Themas

7.5. Funktion des Improvisationsleiters

Damit der Gruppenleiter fachlich kompetent ist muss er einige Vorraussetzungen erfüllen:

• Fachliche Erfahrung

• Improvisationserfahrung

• Kennen der Gruppe

• Organisation

• Vermittlung von Themen

• Teilnehmer animieren

• Gruppe beobachten

• Beraten

• Musikauswahl bzw. andere Materialien zur Anregung beschaffen

7.6. Themen zur Improvisation:

7.6.1 Entwicklung des Körperbewusstseins

Kennen lernen der einzelnen Körperteile als Grundvorrausetzung für spätere Improvisation.

7.6.2 Zeiterfahrung in der Bewegung

Phrasen, Tempo, Rhythmus und Gleichzeitigkeit beeinflussen die Tanzbewegung.

7.6.3 Raumerfahrung in der Bewegung

Kennen lernen der Weite bzw. der Enge des Raumes in dem man sich bewegt.

7.6.4 Objekte und Geräte als Improvisationsanregung

Übungen, in denen Objekte in untypischer Weise gebraucht/ benutzt werden fördern diePhantasie, die Eigeninitiative und die Kommunikation mit anderen Menschen.

7.6.5 Musik als Improvisationsanregung

Der Rhythmus und der Charakter einer Musik fördern die Motivation und die Kreativität jedeseinzelnen und regen zu freieren Bewegungen an.

7.6.6 Szenische Inhalte zur Improvisationsanregung

Hierbei geht es um die Darstellung einer bekannten Szene, indem man sich in diesehineinversetzt und ein Teil von ihr wird.

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7.6.7 Ganzheitlich-analytische Methode

Darunter versteht man den Versuch, das Thema vom Anfang an in seiner Gesamtheit zurealisieren.

7.6.8 Elementenhaft-synthetische Methode

Hier wird auf Einzelheiten und Elementen aufgebaut aus denen sich zuletzt dieEndimprovisation zusammensetzt.

(vgl. Haselbach,1976, S.5-21)

8. Klassisches Ballett

Das Klassische Ballett entstand in der Renaissance. „Seine Wurzeln liegen im italienischenund französischen Volks- und Gesellschaftstanz und in den ‚Intermedien’, den im 15. und 16.Jahrhundert bei Festessen üblichen Tanzeinlagen an italienischen Höfen.“ (Vent, Drefke1982, S. 38)Man versuchte, das Schönheitsideal der griechischen Antike wieder lebendig werden zulassen. Der menschliche Körper wurde unter dem Prinzip des Goldenen Schnitts, d.h. alsgeometrische Einheit, gesehen und sein „Würde“ und „Vollkommenheit“ wurden in denMittelpunkt gestellt. Daraufhin entstanden die folgenden Bewegungsmerkmale desKlassischen Balletts:

a. die Auswärtsdrehung der Beine aus dem Hüftgelenk zur Vergrößerung derStandfestigkeit und des Aktionsradius,

b. die Betonung der aufrechten, ungebrochenen Haltung des Rumpfes. Dienatürliche Krümmung der Wirbelsäule wird durch gezielte Übungen zubegradigen versucht, Gesäß-, Becken- und Rückenmuskulatur werdenpermanent angespannt,

c. die sichere Balance und Standfestigkeit,d. präzise, vorgeschriebene Bewegungsformen, die jegliche Alltagsbewegungen

ausschließen,e. der Ausdruck schwebender Leichtigkeit. Der Wunsch nach Überwindung der

Schwerkraft wird zusätzlich unterstützt, indem der Körper durchSpitzenschuhe verlängert und damit der Kontakt mit dem Boden auf einMinimum beschränkt wird,

f. eine Bewegungsdynamik die Tempounterschiede und unterschiedlicheBewegungsamplituden fließen und weich miteinander verbindet.

Es entwickelte sich das – besonders für den Klassischen Tanz charakteristische – Exercice ander Stange, wobei die Stange helfen soll, die Balance und Fixierung des Körperschwerpunktesin der Horizontalen zu unterstützen.Zusätzlich ist zu erwähnen, dass beim Klassischen Ballett das erzählende Handlungsballettüberwiegt, ganz im Gegensatz zum Ausdruckstanz, bei dem vor allem Gefühle undStimmungen, also seelisches Erleben dargestellt wird.

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Das Klassische Ballett wird von allen Tanzrichtungen als das ideales Körpertrainingangesehen. Auch andere Sportarten wie Kunstturnen, Eiskunstlauf, RhythmischeSportgymnastik, Basketball, Eishockey, Football,…, bedienen sich dieser speziellenTrainingstechnik, um ihren Körper optimal unter Kontrolle zu haben.

Exercices an der Stange

1. Pliés (beugen)2. Battement tendu (spannen, ausstecken, ausstreichen)3. Battement jeté (werfen)4. Ronde de jambe à terre (Beinkreis am Boden)5. Battement frappé (klopfen)6. Battement fondu (schmelzen)7. Ronde de jambe en l’air (Beinkreis in der Luft)8. Adagio und Dehnungen9. Grand battement jeté

Exercices ohne Stange

10. Kleine Sprünge11. Adagio12. Balancé13. Pirouettesusw.

(Bartos, Hidas u.a., 1981, S. 81)

Sprungarten

Die fünf Möglichkeiten des Springens in ihren charakteristischen Schulgrundformen :

1. Jeté (werfen); Sprung von einem Bein aufs andere,2. Sauté (springen, hüpfen); Sprung vom Standbein auf dasselbe,3. Sissonne (altprov.Tanz); Sprung von beiden Beinen auf ein Bein,4. Assemblé (versammeln); Sprung von einem Bein auf beide Beine,5. Soubresaut (plötzlicher Sprung, Satz); Sprung von beiden Beinen auf beide Beine.

Wichtige Schritte

Tombé (fallen); auf das geöffnete oder sich öffnende, gehobene oder angehobene Spielbeinumfallen, drauffallen; vom Standbein auf das sich beugende Spielbein fallen.

Pas de bourrée; Folge von drei geschachtelten Schritten im Wechsel von ouvert (offen) undfermé (schließen).

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(Bartos, Hidas, u.a., 1981, S. 16)

Dem Klassischen Ballett und dem Modern Dance liegen festgelegte Bewegungsmerkmale zuGrunde. Sie unterscheiden sich jedoch sehr voneinander:

Klassisches Ballett Modern Dance

Spitzentanz Barfußtanz

ausschließliche Auswärtsdrehung der u.a. parallele (natürliche) BeinhaltungBeine

Betonung der aufrechen, ungebrochenen Arbeiten mit ‚contraction’(zusammen-Haltung ziehen, Muskelanspannung, ausatmen) –

‚release’(aufrichten, Entspannung, ein-atmen) (GRAHAM) und ‚fall’ (senken,Entspannung) – ‚recovery’ (aufrichten,Muskelanspannung)(LIMON, HUMPHREY)

Sichere Balance und Standfestigkeit Gleichgewichts- und Fallübungen. DasGleichgewicht wird zeitweilig bewusstAufgegeben zugunsten eines Wechselsvon stabiler und labiler Gleichgewichts-lage

präzise, vorgeschriebene Bewegungsformen, präzise, vorgeschriebene Bewegungsformen,die jegliche Alltagsbewegungen ausschließen die vom Lehrer abhängig und den natürlichen

Bewegungsprinzipien des menschlichenKörpers angeglichen sind und zusätzlich denAtemrhythmus bewusst berücksichtigen,

Ausdruck schwebender Leichtigkeit bewusstes Arbeiten mit der Erdanziehung

Fließende und weiche Bewegungsverbindungen. oft abrupte und harte Bewegungsver-bindungen, harte Schlag- und Stoßbe-gungen (GRAHAM), Schwungbewegungen(LIMON), Fallbewegungen (HUMPHREY,(LIMON).

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9. Jazztanz

9.1.

Aus welchen Wurzeln entwickelte sich der Jazztanz?

Die gemeinsame Wurzel des Jazz- und des von ihm abgeleiteten Rocktanzes sind diefolkloristischen Tänze der Afroamerikaner. Der Jazztanz hat sich parallel zur Jazzmusikentwickelt, die ebenfalls in der Begegnung von afrikanischer und europäischer Musik aufamerikanischem Boden entstand.

Sowenig es für den Jazzmusikstil ein allgemein verbindliches Klangbild gibt, sondernvielmehr jeder Jazzmusiker darum bemüht ist, seine eigenen Ausdrucksmöglichkeiten aufseinem Instrument, d. h. seinen eigenen Sound zu finden, sowenig lassen sich Jazztanzstileauf einen Nenner bringen, da sie von den führenden Jazztanzvertretern ebenfalls individuellgeprägt worden sind. Dabei hängen die verschiedenen Ausprägungsformen dieses Tanzstilsjeweils von dem Grad und der Art der Mischung von afrikanischen und europäischen Musik-bzw. Bewegungselementen ab.

Ein Bewegungsprinzip scheint jedoch — gleich einer Basis — alle verschiedenenJazztanzstile miteinander zu verbinden:

Das Prinzip der Isolation. das es ermöglicht, die für Jazzmusik typischen rhythmisch-melodisch-dynamischen Spannungselemente körperlich nachvollziehbar zu machen,Spannungselemente, die — im Gegensatz zur traditionellen europäischen Musik — nicht ingroßen, sondern häufig sehr kurzen Spannungsbögen auf- und wieder abgebaut werden.

Was kennzeichnet das Prinzip der Isolation, und welche Körpergrundhaltungen und weiterenBewegungsprinzipien sind eng an dieses Prinzip gebunden?

Isolation bedeutet, einzelne Körperpartien unabhängig voneinander (isoliert) zu bewegen. DerKörper wird dabei nicht als geschlossenes Ganzes eingesetzt (Ganzkörper- oderTotalbewegung) und nicht zentral, d. h. von der Körpermitte her kontrolliert; vielmehr bildendie einzelnen Körperpartien ihr eigenes, selbständig agierendes Zentrum: Kopf und Hals,Schultergürtel, Brustkorb, Becken, Arme und Beine. Diese Hauptzentren können nochmals inkleinere Regionen (Areas) aufgeteilt und als Nebenzentren isoliert eingesetzt werden,

der Schultergürtel in: Schulterblätter und Schulter, rechte und linke Schulter

das Becken in: rechte und linke Hüfte

die Beine in: Oberschenkel, Knie/Unterschenkel, Fuß, Zehen

die Arme in: Oberarm, Unterarm, Hand und Finger.

Kennzeichnendes Kriterium bei der Ausführung von isolierten Bewegungen (auchbinnenkörperliche Bewegungen genannt) ist nicht mehr — wie größtenteils in europäischenGymnastikrichtungen und Tanzstilen — der Bewegungsfluss und ein entsprechend fließendesDurchmessen des Raumes, sondern ebenso häufig das plötzliche Anhalten einer Bewegung,oft unter Betonung des Standortes („Break“ und „Attack“).

Die Isolationstechnik ist eng gebunden an eine Körpergrundhaltung, die der aufrechten,„linearen“ Körperhaltung der westlichen Tanzwelt (z. B. Klassisches Ballett, europäischeFolklore, Turniertanz) diametral entgegensteht: Collapse-Haltung, eine Körperhaltungafrikanischen Ursprungs. Sie ist gekennzeichnet durch eine mehr oder weniger starkeBeugung ( Flexion) der Kniegelenke häufig gekoppelt mit einem leicht nach vorn gebeugtenOberkörper und leicht gebeugten Armen. Im Gegensatz zu dem traditionellen westlichenBewegungsideal, den Körper leicht und schwerelos zu machen, d. h. die Schwerkraft zu

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überwinden, wird bei der Collapse- Haltung der Körperschwerpunkt tiefer verlagert, also derSchwerkraft nachgegeben und somit die Bodennähe des Körpers betont. Der Körper erhältdadurch eine solidere Standfestigkeit, häufig zusätzlich intensiviert durch das Aufsetzen derganzen Fußsohle anstelle des abrollenden Fußes bei Gewichtsverlagerungen. Darüber hinausermöglicht die Beugung der Sprung-, Knie- und Hüftgelenke einen direkten Ansatz von Dreh-und Sprungbewegungen, ohne dass Ausholbewegungen vorgeschaltet werden müssen. Auchwährend Flugphasen von Sprüngen wird die Beugehaltung oft nicht aufgegeben.

Werden mehrere Isolationsbewegungen gleichzeitig ausgeführt, spricht man vonPolyzentrischer Isolation, die neben den binnenkörperlichen Rumpfbewegungen außerdemdie voneinander unabhängigen Bewegungen der Bein- und Armzentren und der verschiedenenAreas einschließt. Bewegen sich dabei die Körperpartien in gleiche Richtungen (z. B. Beckenre seit, Kopf re seit), spricht man von Parallelbewegung der Zentren, bewegen sie sich inverschiedene Richtungen — z. B. Becken re seit, Kopf li seit oder rück; oder re Arm strecktsich nach oben, re Bein beugt sich (Hoch-tief Bewegung) — spricht man vonGegenbewegung (Opposition). Auch innerhalb eines Zentrums sind Parallel- undOppositionsbewegungen der verschiedenen Areas möglich (beide Schultern rück; re Schulterrück, li Schulter vor) oder innerhalb mehrerer Areas (verschiedene Winkelungen in Hand-,Ellenbogen- und Schultergelenk.

Drehen sich bei einer Oppositionsbewegung ein oder mehrere Körperzentren gegen einefixiert gehaltene Körperpartie um die Körperlängsachse, so entsteht eine Verwringung oderVerdrehung (Twist) des Körpers (Schultergürtel dreht sich gegen Becken).

Die simultane Kopplung verschiedener Isolationsbewegungen (polyzentrische Isolation) gehthäufig einher mit dem Prinzip partieller Körperspannung; d. h. entgegen dem Prinzip der vomKörperschwerpunkt aus gelenkten Ganzkörperspannung und der daraus resultierendenGanzkörper- oder Totalbewegung (wie z. B. im Modern Dance nach der Technik von MarthaGraham oder wie im Klassischen Tanz) werden bei polyzentrischen Bewegungen ausgewählteKörperzentren in Spannung versetzt, andere hingegen zur gleichen Zeit in bewusstentspannter Haltung bewegt: z. B. locker nach vorn geworfener Unterschenkel („Kick“-Bewegung) gegen einen gespannten Schulter-gegen- Brustkorb-Twist oder: entspannteSchwungbewegungen des Kopfes gegen gespannte Beckenverschiebungen.

Durch welche Tanzstile wurde der Jazztanz im Laufe seiner weiteren Entwicklungbeeinflusst?

Das Isolationsprinzip, die bewegungstechnische Basis schwarzafrikanischen Ursprungs,wurde im Zuge der Ausbreitung des Jazztanzstils durch Einflüsse des europäischenKlassischen Balletts und des amerikanischen Modern Dance erweitert bzw. mit derenBewegungselementen durchsetzt. Die Anleihen des Jazztanzes beim Klassischen Balletterfolgten durch Übernahme von Sprüngen, bei deren Ausführung Rumpf- undExtremitätenhaltung verändert wurden (z. B. statt Spannung und Streckung in Rumpf undBeinen gebeugter Rumpf und locker hängende oder verschieden gebeugte Bein- undArmareas). Ebenso wurden Drehungen des Klassischen Balletts (Pirouetten u. ä.)übernommen und dem „erdgebundenen“ Bewegungsstil des Jazztanzes angepasst (z. B. durchDrehung auf ganzer Sohle des gebeugten Standbeins statt auf Fußballen oder -spitze, durchParallelhaltung oder gar Einwärtsdrehung von Fuß- und Kniegelenk des Spielbeins statt derim Klassischen Tanz üblichen Auswärtsdrehung).

Der Modern Dance brachte durch Martha Gramham das vom Wechsel des Ein- undAusatmens abgeleitete Prinzip Contraction-Release, ein im Modern Dance ganzkörperlichangewandtes Bewegungsprinzip. Im Jazztanz dagegen wird dieses Prinzip vorwiegendinnerhalb der Körperzentren eingesetzt und somit dem Isolationsprinzip unter geordnet, z. B.

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Contraction-Release in der Brustwirbelsäule, Contraction in der Lendenwirbelsäule und inMuskeln, die auf Knie-, Fuß- und Handgelenke einwirken.

Über die Einflüsse des Klassischen Balletts und des Modern Dance hinaus fanden nach undnach auch Akrobatik- und Revueelemente Eingang in die Bewegungsformen des Jazztanzes,wobei neben virtuoser und artistischer Tanztechnik zusätzlich der Glanz und die Farbenprachtder Kostüme und der Bühnenbeleuchtung besonderes Gewicht erhalten.

Welche rhythmischen Phänomene der Jazz- und Popmusik sind bei einer Umsetzung inBewegung von Bedeutung?

1. Der Beat, ein gleichmäßiger Grundschlag. Er bildet den metrischen Hintergrund bei vielenJazzstilen (ausgenommen neuere Jazzformen, z. B. Free Jazz).

2. Der Off-Beat (wörtlich: weg vom Grundschlag), ein rhythmischer und melodischerÜberbau des Beat. Der Off-Beat fällt mit seinen Akzenten zwischen die regelmäßigenGrundschläge, wodurch ein ständiger Konflikt zwischen dem Beharren des Beat und dem„Quertreiben“ des Off-Beat entsteht. Während der Beat das Grundschlaggebäude aufrechterhalten will, versucht es der Off-Beat ständig zu zerstören.

So betont z. B. das Klavier innerhalb eines 4/4-Taktes die Schläge 1 und 3, das Schlagzeugdagegen 2 und 4. Das darüber improvisierende Melodieinstrument erzeugt eine weitereSpannung durch eine von Klavier und Schlagzeug unabhängige Rhythmisierung, die durchBetonungen von nur annähernd notierbaren Zwischenwerten charakterisiert ist:

Meist werden über ein und demselben rhythmischen Grundmuster noch weitere verschiedenrhythmisierte Abläufe übereinander geschichtet (Polyrhythmik), die dann als rhythmischesGrundgefüge von melodischen Linien überlagert werden.

3. Der Swing (nicht zu verwechseln mit der Stilperiode des Jazz zwischen 1930 und 1945)entsteht u. a. aus der ständigen Spannung zwischen Beat und Off-Beat, zwischenGrundrhythmus und Gegenrhythmus. Dieses Spannungsverhältnis ist auf keinemechanistische oder mathematische Weise reproduzierbar oder notierbar. Viel eher wird esbeim Zuhörer dadurch erzeugt, indem der Jazzmusiker den metronomartigen Beat mit einergewissen Lässigkeit zu verpassen scheint oder dem Beat um Bruchteile von Sekundenvorwegläuft, um dann doch zu einem nicht voraussagbaren Zeitpunkt völlig ungezwungenund souverän den Schwebezustand aufzulösen, d. h. mit dem Beat zusammenzutreffen. Dieserswinging (schwingende) Wechsel von rhythmischer Lässigkeit und Präzision macht einWesentliches des nicht genau beschreibbaren (und daher auch nicht kopierbaren) PhänomensSwing aus.

4. Der Break (Brechung/Unterbrechung), das plötzliche Abbrechen/Aussetzen der Melodie-und Rhythmusgruppe zugunsten einer improvisierten Phrase eines Solisten.

5. Der Attack (wörtlich: Angriff, Anfall, übertragen: scharfe Akzentuierung) dient häufig zurEinleitung einer beginnen den Phrase.

Welche Aspekte sollten bei der Auswahl von Jazz- und Popmusik berücksichtigt werden?

In der Gymnastik- und Tanzpraxis werden sehr häufig Bewegungsabläufe aus dem Jazztanzmit Popmusik in Verbindung gebracht. Die Bevorzugung von Pop- anstelle von Jazzmusikliegt wohl darin begründet, dass Popmusik einfacher strukturiert ist und daher an den sichhohen Anforderungen bezüglich einer Bewegungsumsetzung stellt. Außerdem gibt esinnerhalb der Jazzmusik einige Stile (z. B. Be-bop, Cool-Jazz u. ä.), die eher zum Hören alszur Übertragung in Bewegung gedacht sind.

3.) Die Popmusik hat viele charakteristische — insbesondere rhythmische — Elemente desJazz übernommen, „populär“ gemacht, wie der Name sagt, sie damit auch abgenutzt bzw.

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verwässert. Daher sollte trotz möglicher Stimulierungs- und Motivierungseffekte bei derAuswahl von Popmusikstücken die Möglichkeit mit eingeschlossen werden, dass gleichbleibende kompositorische Mittel, z. B. rhythmisch-melodische Klischees in Form vonunaufhörlichen, monotonen Ostinati (das sind feststehende rhythmische oder melodischeFiguren), gleich bleibende Tonstärken, Tonlagen, Klangfarben usw., d. h. allgemein, jeglichesFehlen von überraschenden Varianten von Klangeigenschaften auch desensibilisieren können.

Bei der Zielsetzung „Gestaltung“ sollte man grundsätzlich darauf achten, dass dasausgewählte Musikbeispiel nicht über die ganze Länge den u. U. verfestigten eigenenHörgewohnheiten entgegenkommt, sondern einem — zumindest hin und wieder — auchunvorhergesehene, überraschende Impulse „zuspielt“.

Was vielen Stücken aus der Pop-Gattung fehlt (fehlen muss, sonst würden sie nicht populär),macht den Jazz zu dem, was er ist: Das Erwartete erscheint an unerwarteter Stelle, folgtspäter, wird vorweggenommen, erscheint in anderer Art oder entfällt ganz.

Zu welchem Zweck kann Jazz- oder Popmusik bei der Umsetzung in Bewegung eingesetztwerden, und wie kann die Umsetzung erfolgen?

Jazz- oder Popmusik kann zur Begleitung eines gymnastischen Trainings in der

Jazztanztechnik (oft auch als „Jazzgymnastik“ bezeichnet) eingesetzt werden. Hierbei wird inder Praxis häufig nur ein einziges Strukturelement eines vielschichtigen Klanggeflechts, derBeat (Grundschlag), in der Bewegung aufgegriffen, um diesen durch Isolationsübungen amPlatz oder in Fortbewegung (z.B. Jazz-walks), durch Kombinationen verschiedenerBewegungsmotive nachzuvollziehen, entweder Schlag für Schlag oder in der Mischung vondoppelt so schnellem oder doppelt so langsamem Tempo. Bei dieser Art Nachvollzug derGrundschlaglinie besteht — auf Dauer gesehen — die Gefahr, dass rhythmischeNuancierungen bzw. Auffälligkeiten buchstäblich „totgetreten“ werden.

Pop- oder Jazzmusik kann als Vorlage für eine Bewegungsgestaltung (Improvisation und/oderKomposition) eingesetzt werden. Hierbei würde es nicht genügen, lediglich ein einzigesStrukturelement eines komplexen Klanggebildes, z. B. den Beat, in der Bewegungaufzugreifen. Der Beat kann vielmehr einen Raum schaffen, in dem rhythmisch unddynamisch differenzierte Bewegung stattfinden kann.

Zwar ist es durchaus natürlich, wenn dem durch Beat und Off-Beat hervorgerufenenSpannungszustand in der Musik durch Ausgleichsbewegungen entgegengewirkt wird, jedochsollten die — je nach Klangbeispiel mehr oder weniger häufigen — Akzentverlagerungeninnerhalb einer Melodie (Off- Beat-Akzentuierung) und die Verschiebung geschlossenerPhrasen vom Beat weg (Off-Beat-Phrasierung, Begriff Phrasierung ), die Breaks und Attacksin der Bewegung aufgegriffen werden. Dies kann wechselweise geschehen:

durch kongruentes Bewegungsverhalten zu den rhythmisch-dynamischenErscheinungsformen (z. B. beim Break durch einen plötzlichen Abbruch einesGruppenablaufs zugunsten einer Solo-Improvisation; beim Attack durch eine nicht mit Ein-und Ausschwingphasen versehene, sondern eine plötzlich „hingeworfene“, spotartig „fertige“Bewegung)

durch kontrastierendes und/oder autonomes Bewegungsverhalten, wobei sich der Tanzendewiederum in ein Spannungsverhältnis zu den hörbaren rhythmisch-melodisch dynamischenSpannungen des Musikstückes begibt.

Dies setzt allerdings die Fähigkeit voraus, dass verschiedene rhythmische, melodische, unddynamische Abläufe eines Musikstückes und deren Spannungsverhältnisse unabhängigvoneinander verfolgt werden können. Solch ein zusätzliches Spannungsverhältnis zwischendem Tanzenden und der Musik könnte erzeugt werden durch ein dem Phänomen Swing

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ähnliches Bewegungsverhalten, das die Schwerpunkte der Musik in der Bewegung verzögertoder vorwegnimmt (Aufbau des Spannungsverhältnisses), um irgendwann „schussartig“ miteinem hörbaren Akzent zusammenzutreffen (Abbau des Spannungsverhältnisses).

(Vent, Drefke, 1982,S.30-36)

9.2. Hip Hop

Die Geschichte des HipHop

In den frühen 70er Jahren war in den Ghettos der amerikanischen Großstädte Ablenkung angesagt, um die Notein wenig zu vergessen. Ein Typ namens African Bambaata, ein innovativer Partyveranstalter begann damals,mit Drum-Computern, Synthesizern und Turntables (Plattenspielern) einen individuellen Sound zu gestalten, wassich zu einem Trend entwickelte. In Zusammenarbeit mit den DJ’s und den Sprechgesänglern (Rappern)entwickelte sich ein völlig neuer Musikstil. Bald fanden die Jungs raus, dass sich mit Mund und Mike satteRhythmen imitieren ließen (Beatboxing).

Der legendäre DJ Cool Herc aus Jamaika war es, der erstmals die Percussion Breaks der gängigen Funk-Hits mitder Musik von einem zweiten Plattenspieler mischte und dazu einen MC rappen ließ. Diese Break-Beat-Methodewurde zum zentralen Strukturelement des HipHop. Der entstandene HipHop und später auch Electric-Sound ließnatürlich die Jungs nicht kalt. So wurde bald der variantenreiche Breakdance aufs Parkett gelegt.

Parallel dazu entwickelte sich die Graffitiszene. Abgefahrene Styles (Schriftzüge), Charakters und Cartoons(Figuren) wurden mit Cans (Sprühdosen) an Züge und Wände gesprüht. Bald gingen wahre Künstler hervor, diedas bekamen, wonach sich Ghettokids eben gesehnt haben: Fame – Ruhm und Bedeutung in ihrem trostlosenUmfeld.

So setzt sich der HipHop aus folgenden Disziplinen zusammen:

• Der DJ, der sich ums mixen der Musik kümmert

• der Tanz, speziell Breakdance in seinen Stilrichtungen Elektric Boogie, Roboter, Mechanical Man,Power Moves und Pop Locking

• die Graffitisprüher, die für die richtige Deko sorgen

• MC’s, die entweder ihre vorher gelernten Texte oder auch improvisiert Reime zum Besten geben undsie u. a. mit Beatboxing variieren

In Europa ging es in den 80er Jahren mit den Kultfilmen „Wildstyle“ und „Beat Street“ los. Eine großeBreakdance-Welle brach aus und sofort wurde die komplette Szene aus den Staaten imitiert – nur halt ohneGhetto. Den nötigen Kampf, der in der ursprünglichen Szene auszufechten war, lieferte man sich mit seiner„Crew“ in den s.g. „Battles“ (Wettbewerbe, Contests). In der Veranstaltung „Battle of the year“ in Hannoverwurde einer der bekanntesten Contests ausgetragen.

(http://www.soulsaver.de/main.php?dom=www.soulsaver.de&pid=59&page=1)

Die Namensbildung erfolgte aus dem Reim des Rappers Lovebug Starsky: “…to the hip- hop, a-hibbib-da- hop…“. Das Wesen des Hip Hop ist die Rap-Musik. Unter Rap versteht man rhythmischesSprechen auf der Suche nach dem richtigen Beat, erfunden übrigens auf Teenagerpartys. Rap istschon lange Bestandteil der Kultur der Schwarzen Amerikas. Über ein rhythmisches Grundmusterwird ein präzis angepasster Sprechgesang gelegt.

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9.3 Funk

Funky bedeutet im übertragenen Sinne – ‚den afrikanischen Ursprung entsprechend’ – und ist daherweniger ein eigener Stil als das Summieren ähnlicher Stilmerkmale in der Musik farbiger US-Amerikaner. Rhythmische, pointierte, perkussive (schlagende) Musik, die der die Melodie eher in denHintergrund tritt und die von ihrer Tanzbarkeit lebt, passt zu diesem Tanzstil. Die Palette spannt sichvon James Brown bis zu Prince, von Funky, Rap à la MC Hammer bis zu allgegenwärtigen FunkyDancefloor des Jackson Clans. Anfänglich als Ausdruck für ‚Schwarzes Selbstverständnis’ und alspopuläre Plattform für politische und soziale Anliegen, präsentieren sich Funk, Hip Hop und funkyDancefloor z. Zt. Überwiegend als Lifestyle Präsentation. Lebensfreude, Offenheit und ‚Locker sein’,Werbung für Toleranz, Akzeptanz und den Mut zum ‚Anders sein’. Die dazugehörigen Tanzstile,wenn man sie überhaupt voneinander unterscheiden kann, fußen ebenfalls aus afrikanischen Wurzelnund sind ein kunterbuntes Durcheinander aus Jazztanz, Modern Dance, modernem Ausdruckstanz,Akrobatik und Gymnastik (Aerobic).Hip Hop ist geprägt durch Sprünge, akrobatische Körperbeherrschung und doppeltesBewegungstempo, d.h. auch die Zwischenbeats werden in Bewegung umgesetzt. Funky-Jazz hingegenimponiert durch weichere, rundere und insgesamt bodenbezogenere Bewegungen, d.h. wenigerSprünge und andere Elemente in der Luft. Technische Schwierigkeiten aus Jazz und Ballett sorgenzusätzlich für die optische Präsenz. (Paula Abdul, Janet Jackson,…)

9.4 Street Dance

Street Dance (nach dem Entstehungs- und Weiterentwicklungsort ‚Straße’) ist als Oberbegriff von HipHop und Funk zu sehen. Street Dance kommt direkt aus der Jugendszene. Wie viele andere Tänzefrüherer Zeiten auch, spiegelt er die gegenwärtige soziokulturelle sowie politische Atmosphäre desLandes und der Zielgruppe (Jugendlichen) wieder, ist bzw. eine Reaktion darauf.

10. Folklore

Folkloretänze oder Volkstänze sind Tänze, die durch Tradition und/oder Brauchtum in Verbindungmit der Musik einer Volksgruppe entstanden sind. Gesten, Bewegungen und Körperteilen werdenhäufig bei Folkloretänzen Bedeutungen zugeordnet. So stellen z.B. die Beine Baumwurzeln dar, derRumpf den Baumstamm, die Arme die Zweige und der Kopf die Baumkrone. Der Tanz erzählt oft eineGeschichte. Der Volkstanz ist als gewachsener und nicht als ‚erfundener’ Tanz zu verstehen. Manunterscheidet beim Folklore- oder Volkstanz unterschiedliche Gruppierungen:

- nach Herkunftsland (z.B. Israel, Griechenland,…)- nach Kleidung (z.B. Holzschuhe, Lederhose,…)- nach Hilfsmitteln (z.B. Masken, Schwerter,…)- nach (Berufs-) Stand (z.B. Bauern, Hirten,…)- nach Alter und Geschlecht (z.B. Männer, Kinder,…)- nach Aufstellungsformen (z.B. Kreis, Reihe,…).

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11.Tanzpraxis

Aufbau einer Trainingsstunde im Jazz bzw. Modern Dance

(evtl. Einlaufen)

1. Warm Up2. Füße (tendu, jeté, pick up,…)3. Pliés4. Isolation bzw. kleine Kombination, die typische Bewegungstechniken des Jazztanzes bzw. Modern

Dance enthält, einschließlich Drehungen5. Attitudes mit Dehnung6. Battements und Balance- Übungen (Adagio)7. Bodenteil8. kleine Sprünge am Ort

(ca. 35 min)9. Schrittkombinationen durch den Raum

(ca. 10 min)10. Choreographie, Kombination

(ca. 15 min)11. Cool down

Beispiel einer Tanznotation

JazztanzisolationskombinationMusik: M. Jackson „They don’t care about us”Ein Takt hat die Zählzeiten 1 bis 8.

ZählzeitenTakt 1 1 Schritt r vorwärts

2 Schritt l vorw.3 Schritt r vorw.+4 ball change l,r in 2. Pos. parallel, Unterarme im rechten Winkel,

Hände Faust5,6,7,8 Kopf r,l,r,gerade

Takt 2 1,2 Schulter heben r,l3 + 4 Schulter heben r,l,r5 – 8 wdh. gegengleich

Takt 3 1,2,3,4 Brustkorbisolation r,l,r,r5 – 8 wdh. gegengleich

Takt 4 1 – 8 wie Takt 3, nur mit BeckenTakt 5 1,2,3,4 Beine: r vor,ran, l vor,ran

5 – 8 wdh. nur mit BeckeneinsatzTakt 6 1 – 4 Schrittdrehung nach r; r,l,r,l ran u. klatschen

5 – 8 wdh. gegengleich nach lTakt 7 1 – 8 Kreis gehen rückwärts beginnend mit r Bein r seitTakt 8 + 1,2 ball change r,l, r Arm streckt sich nach vorne, r Hand flexed, l Hand

greift an r Ellebogen3 r Hand (Fingerspitzen) geht zum l Ellebogen flexed nach unten, l Hand

flexed nach oben (Unterarme sind jetzt parallel übereinander)4 Hände zusammenschieben5 Arme beschreiben in dieser Haltung einen Kreis nach r oben, r Bein

heben6 und in 6. Pos. schließen7 + 8 + Fersen nach außen plie, 6. Pos. strecken, Fersen nach aussen plie,

6. Pos. strecken; Arme boxen dabeiTakt 9 1 – 8 wie Takt 8 7+8+ nur 4 mal wdh.Takt 10 1 – 8 8. mal Henry rückw. (r,l,r,l)Takt 11 Endposition

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spezieller MusikundRhythmus

GeschichtesoziokulturellenHintergründenspez. Inhalten

- Körperbewusstsein entwickeln- eigene und fremde Bewegungsmöglich- keiten und –grenzen erkennen und akzeptieren- individuelle Bewegungsmöglichkeiten ins- Tanzgeschehen integrieren- Bewegungsqualität bewusst verbessern- Musik und Bewegung bewusst verbinden- soziokulturelle und gesellschaftliche Bezüge erkennen

SpeziellenTanzstil undBewegung

Sichtbarer Selbst-Verwirklichung im Tanz(z. B. Tanzausdruckeiner Vorführgruppe)

IDENTIFIKATION

Entwicklung von Entwicklung vonAktionsfähigkeit Ausdrucksfähigkeit

TANZBEREITSCHAFT

Aktionsbereitschaft Ausdrucksbereitschaft

interagieren können sich darstellenverwirklichen können

durchdifferenziertes selbständigesHandeln auf verschiedenensich berührenden Ebenen

Tanzästhetik(z. B. beiVorführungen)

- Freude empfinden und umsetzen- kreativ reagieren- Motivation spontan zum Tragen kommen lassen- empfindsam auf Aktionen und Reaktionen anderer reagieren- auf akustische, visuelle und taktile Reize empfindsam reagieren

- sich einordnen- anderen helfen- Hilfe annehmen- sich gegebenenfalls für eine Gruppe verantwortlich fühlen

Handlungskompetenz im Tanz(Vgl. Schabert, 1983)

affektive Ebene soziale Ebene kognitive Ebene

MotivationsauslösendeIMPULSE

durch Konfrontation mit

HANDLUNGSKOMPETENZ IM TANZ

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LITERATURVERZEICHNIS

Bartos, I., Hidas, H., u.a. (1981). Methodik des Klassischen Tanzes.(5. Aufl.). Wilhelmshaven: Heinrichshofen.

Haselbach, B. (1976). Improvisation, Tanz und Bewegung. Stuttgart: Klett.

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Peters, K. (1991). Lexikon der klassischen Tanztechnik. (2. Aufl.). Wilhelmshaven: Heinrichshofen.

Prohl, R.,Röthig,P., u.a. (Hrsg.). (2003). Sportwissenschaftliches Lexikon. (7. Aufl.). Schorndorf: Hofmann.

Röthig, P., u.a. (Hrsg.). (1992). Sportwissenschaftliches Lexikon. (6. Aufl.). Schorndorf: Hofmann.

Schabert, K. (1983). Jazzdance. München. BLV.

Vent,H., Drefke, H. (1982). Sport-Sekundarstufe II.

Düsseldorf: Schwann-Bagel.

Wikipedia.(2004). Definition Tanz. Abgerufen am 25.08.04 von http://de.wikipedia.org/wiki/Tanz.