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38 Logistik für Unternehmen 04/05-2019 Transportlogistik Auf KI basierende Technologien können dabei helfen, die Über- sicht in komplexen Systemen zu behalten. Bei der Transportpla- nung beispielsweise werden so Leerfahrten weitestgehend vermie- den. Bild: pixabay/geralt Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten bei wachsendem Warenaufkommen KI verändert die Logistikbranche Optimierte Tourenplanung | Lkw-Leerfahrten, unsichere Lieferketten und Chaos bei der Verwaltung von Beständen – innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) versprechen Abhilfe (Bild). Damit die Rechnung aufgeht, müssen Logistik-Unternehmen einige Vorkehrungen treffen. Und zwar bevor sie intelligente Systeme zum Einsatz bringen. I n Zeiten des weiterhin boo- menden Onlinehandels ist die Logistik einer der wich- tigsten Faktoren überhaupt. Sie entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg vieler Unternehmen. Verspä- tete oder falsch ausgelieferte Waren sowie Reklamationen können zu gravierendem Imageverlust führen. Lang- fristig werden sich also nur die Logistikanbieter auf dem Markt behaupten, die ihren Kunden nutzerfreundliche und zuverlässige Lösungen zur Verfügung stellen kön- nen. Erschwertes Liefermanagement Das ist jedoch oft leichter gesagt als getan. Denn Logis- tik-Unternehmen haben mit verschiedensten Herausfor- derungen zu kämpfen. Durch den anhaltenden Er- folg des Online-Handels wächst das Volumen an Wa- ren im Güterverkehr jähr- lich. Einer aktuellen Markt- analyse zur Folge knackte der Anteil an Sendungen jetzt erstmals die 3,3 Mrd. Euro-Marke. 1 Insgesamt wuchs die KEP-Branche von 2017 auf 2018 um 6,1 %. Die- ser Anstieg führt bei Logisti- kern schnell zu ineffizien- tem Ressourceneinsatz und Lkw-Leerfahrten. Der Anteil der Leerfahrten beträgt laut Kraftfahrt-Bundesamt 37 % aller Fahrten im Gütertrans- port, Tendenz steigend. Hin- zu kommen die wachsenden Ansprüche von Verbrau- chern. Kunden wollen Zeit- punkt und Ort ihrer Liefe- rung genau bestimmen. Für Logistiker wird es also im- mer schwieriger, Zustellun- gen zu timen und zu mana- gen. KI optimiert Tourenplanung Um Lieferschwierigkeiten zu minimieren, das Waren- aufkommen vorherzusagen und Fahrten effektiv zu ma- nagen, braucht es Unterstüt- zung durch smarte digitale Technologien. Hier spielen vor allem KI und Machine Learning (ML), das maschi- nelle Lernen, eine Rolle. So schätzen 95 % der Logistik- Unternehmen das Potenzial von KI als sehr hoch ein – das ergab eine Studie von Lufthansa Industry Soluti- ons. Damit sind neun von zehn Befragten der Auffas- sung, dass der Einsatz von KI ihr Unternehmen grundle- gend verändern wird. Denn intelligente Systeme können eine Vielzahl von Daten, da- runter auch Geschäftspart- nerdaten, sekundenschnell auswerten und Prognosen erstellen, die Logistik-Unter- nehmen die Planung er- leichtern. So hat das KI-Startup Car- gonexx ein System entwi- ckelt, mit dem Spediteure die optimale Lkw-Touren- kombination erstellen und Leerfahrten reduzieren kön- nen. Das System funktio- niert wie eine Art Frachten- börse, in der verschiedene Spediteure ihre Transport- aufträge eingeben. Die einen haben freie Lkw-Kapazitä- ten, die anderen brauchen einen Transporteur für eine Ladung. Das System von Cargonexx bringt beide – 1 Bundesverband Paket Express & Logistik: KEP- Studie 2018, www.biek. de/download.html?get- file=1928 2 Trendstudie Kunden- datenmanagement 2018. Durchgeführt von Grohmann Business Consulting im Auftrag von Uniserv. Befragt wurden 143 Fach- und Führungskräfte aus deutschen Unterneh- men aller Branchen und Größen im Zeitraum Dezember 2017 bis Feb- ruar 2018.

Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten … · 2019. 9. 3. · Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten bei wachsendem Warenaufkommen

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Page 1: Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten … · 2019. 9. 3. · Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten bei wachsendem Warenaufkommen

38 Logistik für Unternehmen 04/05-2019

Transportlogistik

Auf KI basierende Technologien können dabei helfen, die Über-sicht in komplexen Systemen zu behalten. Bei der Transportpla-nung beispielsweise werden so Leerfahrten weitestgehend vermie-den. Bild: pixabay/geralt

Smarte digitale Technologien minimieren Lieferschwierigkeiten bei wachsendem Warenaufkommen

KI verändert die LogistikbrancheOptimierte Tourenplanung | Lkw-Leerfahrten, unsichere Lieferketten und Chaos bei der Verwaltung von Beständen – innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) versprechen Abhilfe (Bild). Damit die Rechnung aufgeht, müssen Logistik-Unternehmen einige Vorkehrungen treffen. Und zwar bevor sie intelligente Systeme zum Einsatz bringen.

In Zeiten des weiterhin boo-menden Onlinehandels ist

die Logistik einer der wich-tigsten Faktoren überhaupt. Sie entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg vieler Unternehmen. Verspä-tete oder falsch ausgelieferte Waren sowie Reklamationen können zu gravierendem Imageverlust führen. Lang-fristig werden sich also nur die Logistikanbieter auf dem Markt behaupten, die ihren Kunden nutzerfreundliche und zuverlässige Lösungen zur Verfügung stellen kön-nen.

Erschwertes LiefermanagementDas ist jedoch oft leichter

gesagt als getan. Denn Logis-tik-Unternehmen haben mit verschiedensten Herausfor-derungen zu kämpfen.

Durch den anhaltenden Er-folg des Online-Handels wächst das Volumen an Wa-ren im Güterverkehr jähr-lich. Einer aktuellen Markt-analyse zur Folge knackte der Anteil an Sendungen jetzt erstmals die 3,3 Mrd. Euro-Marke. 1 Insgesamt wuchs die KEP-Branche von 2017 auf 2018 um 6,1 %. Die-ser Anstieg führt bei Logisti-kern schnell zu ineffizien-tem Ressourceneinsatz und Lkw-Leerfahrten. Der Anteil der Leerfahrten beträgt laut Kraftfahrt-Bundesamt 37 % aller Fahrten im Gütertrans-port, Tendenz steigend. Hin-zu kommen die wachsenden Ansprüche von Verbrau-chern. Kunden wollen Zeit-punkt und Ort ihrer Liefe-rung genau bestimmen. Für Logistiker wird es also im-

mer schwieriger, Zustellun-gen zu timen und zu mana-gen.

KI optimiert TourenplanungUm Lieferschwierigkeiten

zu minimieren, das Waren-aufkommen vorherzusagen und Fahrten effektiv zu ma-nagen, braucht es Unterstüt-zung durch smarte digitale Technologien. Hier spielen vor allem KI und Machine Learning (ML), das maschi-nelle Lernen, eine Rolle. So schätzen 95 % der Logistik-Unternehmen das Potenzial von KI als sehr hoch ein – das ergab eine Studie von Lufthansa Industry Soluti-ons. Damit sind neun von zehn Befragten der Auffas-sung, dass der Einsatz von KI ihr Unternehmen grundle-gend verändern wird. Denn intelligente Systeme können eine Vielzahl von Daten, da-runter auch Geschäftspart-nerdaten, sekundenschnell auswerten und Prognosen erstellen, die Logistik-Unter-nehmen die Planung er-leichtern.

So hat das KI-Startup Car-gonexx ein System entwi-ckelt, mit dem Spediteure die optimale Lkw-Touren-kombination erstellen und Leerfahrten reduzieren kön-nen. Das System funktio-niert wie eine Art Frachten-börse, in der verschiedene Spediteure ihre Transport-aufträge eingeben. Die einen haben freie Lkw-Kapazitä-ten, die anderen brauchen einen Transporteur für eine Ladung. Das System von Cargonexx bringt beide –

1 Bundesverband Paket Express & Logistik: KEP-Studie 2018, www.biek.de/download.html?get-file=19282 Trendstudie Kunden-datenmanagement 2018. Durchgeführt von Grohmann Business Consulting im Auftrag von Uniserv. Befragt wurden 143 Fach- und Führungskräfte aus deutschen Unterneh-men aller Branchen und Größen im Zeitraum Dezember 2017 bis Feb-ruar 2018.

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39Logistik für Unternehmen 04/05-2019

Transportlogistik

Customer Data Hub

Die Lösungsmethodik, die Logistiker für den Einsatz von KI benötigen, ist ein Customer Data Hub. Dieser schafft in drei Schritten die Voraussetzungen für KI: Das System extrahiert relevante Informationen und Geschäftspartnerdaten automatisiert aus diversen Quellen und Systemen und bereinigt Fehler, entfernt veraltete Informationen und Dubletten. Alle bereinig-ten Daten werden in einem eindeutigen „Golden Re-cord“ konsolidiert und qualitätsgesichert. Im An-schluss werden die Daten noch um Interaktions- und Bewegungsdaten angereichert, sodass ein umfassen-des Datenprofil entsteht. Das sogenannte Golden Pro-file schafft dann die nötige 360-Grad-Sicht auf Kun-den und Teilnehmer einer Lieferkette.

Speditionsladungen und Transportkapazitäten – zu-sammen. Dabei erstellen selbstlernende Algorith-men, basierend auf diesen Eingaben, die optimale Route. Das Besondere: Selbst externe Einflussfaktoren wie Wetterverhältnisse oder Ver-kehrslagen werden in die Be-rechnungen mit einbezo-gen.

Verzögerungen früh erkennenDoch nicht nur Start-ups,

auch längst etablierte Unter-nehmen setzen KI im Be-reich Logistik ein, um ein zukunftsfähiges Produkti-onsnetzwerk zu errichten. So testet etwa die BMW Group Anwendungen wie Logistikroboter, autonome Transportsysteme oder eine durchgehend vernetzte Lie-ferkette in Pilotprojekten und setzt diese in vielen Lo-gistikbereichen seiner Wer-ke ein. Ein Projekt läuft un-ter dem Namen „Connected Supply Chain“ und soll für vollständige Transparenz in der Lieferkette sorgen. Bei ei-nem weltweiten Lieferan-tennetzwerk mit verschiede-nen Logistik-Dienstleistern ist dies eine Herausforde-rung. Mittels eines KI-basier-ten Programms könnte dies jedoch gelingen: Das im Pro-jekt entwickelte Programm soll alle 15 min aktualisie-ren, wo sich welche Ware be-findet, um mögliche Liefer-verzögerungen frühzeitig zu erkennen. Auf diese Weise bleibt Unternehmen Zeit zu handeln und Engpässe zu überbrücken.

Diese Beispiele zeigen – Künstliche Intelligenz erkennt Zusammenhänge von Daten schneller als der Mensch und ist in der Lage, die drängends-ten Herausforderungen der Logistikbranche zu bewälti-gen. Mehr noch: Wollen Lo-gistiker für die Zukunft ge-wappnet sein, scheint kein Weg an KI vorbeizuführen. Denn kaum eine Technologie der letzten Jahrzehnte kann

die Fähigkeiten von Men-schen so nachhaltig erweitern und Mitarbeiter bei ihrer Ar-beit so effizient unterstützen.

KI braucht eine gute DatenbasisDoch damit intelligente

Systeme zuverlässige Prog-nosen erstellen können, müssen Unternehmen eini-ge Voraussetzungen schaf-fen. Dies betrifft vor allem den Umgang mit Geschäfts-partnerdaten. Diese sind die Basis, um KI-basierte Ser-vices überhaupt anzubieten. KI lernt aus den Daten, die ihr zur Verfügung gestellt wird. Dafür muss die Daten-basis von hoher Qualität sein.

Doch genau hier tun sich Unternehmen schwer. Wie eine Uniserv-Umfrage ergab, sind die Datenbestände von Unternehmen oft unzurei-chend. So haben 37 % von ihnen mit postalisch fal-schen Kundendaten zu kämpfen. Jeder Fünfte be-klagt beispielsweise unzu-stellbare Sendungen und Rückläufer aufgrund unvoll-ständiger, veralteter oder mehrfach im System gespei-cherter Kundendaten. Unter diesen Voraussetzungen können intelligente Algo-rithmen keine zuverlässigen Prognosen zum Lieferstatus oder zur Auslastung treffen. Ein großes Problem ist zu-dem die Silohaltung von Da-ten. Weil Logistik-Unterneh-men aber über verschiedene Kanäle mit Geschäftspart-nern in Kontakt treten, lie-gen Daten naturgemäß auch in mehreren Systemen ver-teilt. Dabei entstehen insbe-sondere Dubletten, Fehler oder Lücken.

Daten verfügbar machenDamit das nicht passiert,

müssen alle Daten, die für die Planung eines reibungs-losen Ablaufs logistischer Prozesse benötigt werden, unternehmensweit verfüg-bar sein. Gerade Logistiker kommunizieren innerhalb

einer Lieferkette mit einer Vielzahl an Partnern, wobei unterschiedliche Daten an-fallen. Aus diesem Grund brauchen sie im ersten Schritt eine geeignete Lö-sungs- und Prozessmetho-dik, die relevante Informa-tionen und Geschäftspart-nerdaten aus diversen Quel-len und Systemen extrahiert und zusammenführt. Daten werden direkt beim Import bereinigt, Fehler und Du-bletten entfernt. Zusätzlich angereichert mit Interakti-ons- und Bewegungsdaten entsteht ein umfassendes Datenprofil. Dieses bildet die Basis für den erfolgrei-chen Einsatz von KI und für weitere Prozesse.

Bevor Logistik-Unterneh-men also darüber nachden-ken, digitale Services basie-rend auf Künstlicher Intelli-genz einzuführen, sollten sie bei der digitalen Datenpflege ansetzen. Nur so können Un-ternehmen sicherstellen, dass das KI-System mit den richtigen Daten „gefüttert“ wird, Lieferungen wie ver-sprochen ausgeführt und Leerfahrten reduziert wer-den. Der Einsatz von KI steht in der Logistik zwar erst am Anfang, doch entscheidet sich bereits jetzt, wer im digi-talen Wettlauf den Anschluss verlieren wird. nChristian Bernius, Head of Sales & Marketing CDH-Solutions, Uniserv ©

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