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Social Media Plattformen Fallen und Stolpersteine in den AGB SOCIAL MEDIA & RECHT Digicomp Academy, 5. Juli 2012, Zürich Claudia Keller, Rechtsanwältin, VISCHER AG

Social Media Plattformen – Fallen und Stolpersteine in den AGB

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Social Media Plattformen – Fallen und

Stolpersteine in den AGB

SOCIAL MEDIA & RECHT

Digicomp Academy, 5. Juli 2012, Zürich

Claudia Keller, Rechtsanwältin, VISCHER AG

1. Teil

• Allgemeine Ausführungen zu AGB und Rechtsnatur der

Verträge mit Social Media Plattformen

• Allgemeines zu Social Media & AGB

2. Teil

• Typische Bestimmungen

• Empfehlungen

Inhalt

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Social Media & Recht – Claudia Keller 3

Allgemeine Geschäftsbedingungen oder AGB bezeichnen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliertenVertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (der Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.

(wikipedia.org)

Was sind AGB und wie sind diese rechtlich einzuordnen?

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• vorformuliert = vom Verwender für das Massengeschäft formuliert und in der Regel nicht individualisierbar.

• AGB werden durch Einverständnis Vertragsbestandteil.

• Gültigkeit des Einverständnisses setzt voraus, dass AGB im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt waren.

• «Bekannt» heisst, der Vertragspartner hatte die Möglichkeit, die AGB zu lesen. Ob er sie gelesen hat oder «blind» zugestimmt hat, spielt für die Gültigkeit des Einverständnisses grundsätzlich keine Rolle.

Was sind AGB und wie sind diese rechtlich einzuordnen?

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Art. 19 Obligationenrecht

• Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.

• Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schliesst.

Grundsatz Vertragsfreiheit

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Bisher: AGB unlauter, wenn sie in irreführender Weise zum

Nachteil einer Vertragspartei vom dispositiven Gesetz

erheblich abweichen oder eine unbillige Verteilung von

Rechten und Pflichten vornehmen.

Neu: AGB unlauter, wenn zum Nachteil von Konsumentenein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältniszwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten hergestellt wird.

Folge unlauterer AGB: (herrschende Auffassung) unlautere Bestimmung ist nichtig.

Richterliche Inhaltskontrolle seit 1. Juli 2012 möglich

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• Vertrag über die Nutzung von Social Media Plattformen =

Innominatvertrag (d.h. kein vordefinierter Typus).

• Gegenstand ist die Nutzung eines Systems und dessen

Inhalte (Inhalte des Betreibers aber i.R. auch Inhalte

anderer Nutzer [UGC]).

• Beinhaltet Elemente, die mit bestimmten Vertragstypen

übereinstimmen: bspw. Lizenzvertrag, Auftrag,

Eigentumsübertragung, und weitere.

Vertrag mit Social Media Plattformen –Rechtsnatur

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• Aktivität in Social Media / Sozialen Netzwerken?

• Xing / LinkedIn

• Facebook

• Twitter

• Blogs (Wordpress, Blogger, etc.)

• Instagramm, Flickr

• YouTube

Alle AGB gelesen?

Umfrage

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• Einverständniserklärung Nutzer erfolgt i.R. über Bestätigung (Aktivieren von Kästchen oder stillschweigend durch Registrierung).

• Einverständniserklärung erfolgt in der Regel ohne vorheriges Studium der AGB.

Social Media Plattformen und ihre AGB

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• Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln

• Anbieter: Keine Pflicht Dienst zu betreiben

• Anbieter: Recht Inhalte zu löschen, Konten zu deaktivieren

• Nutzungsbeschränkungen (Mehrfachnutzungen,

Zweckbeschränkung, Altersbeschränkung, etc.).

• Lizenzeinräumungen

• Anbieter: weitestgehende Haftungsbeschränkung

• Nutzer: weitestgehende Haftung

• Datenschutzregelungen (oder besser

Datenverwendungsregelungen)

Fallen & Stolpersteine: Typische AGB Bestimmungen in Social Media Plattformen

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• FB: Du wirst sämtliche Ansprüche, Klagegegenstände oder

Streitfälle (Ansprüche), die du uns gegenüber hast und die sich

aus dieser Erklärung oder aus Facebook oder in Verbindung damit

ergeben, ausschließlich vor einem Staats- oder Bundesgericht in

Santa Clara County, Kalifornien, klären bzw. klären lassen. Diese

Erklärung sowie alle Ansprüche, die möglicherweise zwischen dir

und uns entstehen, unterliegen den Gesetzen des Bundesstaates

Kalifornien, unter Ausschluss der Bestimmungen des

internationalen Privatrechts. Du erklärst dich damit

einverstanden, dich bei einem Prozess über alle derartigen

Ansprüche der personenbezogenen Zuständigkeit der Gerichte in

Santa Clara County, Kalifornien, zu unterwerfen.

Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln

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• Twitter: Kalifornien, San Francisco

• Xing: Deutsches Recht, Sitz von Xing (vorbehalten für

Geschäftsleute, Hamburg)

• Wordpress: Kalifornien, San Francisco

Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln

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Art. 120 IPRG - Rechtswahlklauseln

Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den persönlichen oder

familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang

mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten stehen,

unterstehen dem Recht des Staates, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen

Aufenthalt hat:

a) wenn der Anbieter die Bestellung in diesem Staat entgegengenommen hat;

b) wenn in diesem Staat dem Vertragsabschluss ein Angebot oder eine Werbung

vorausgegangen ist und der Konsument in diesem Staat die zum

Vertragsabschluss erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, oder

wenn der Anbieter den Konsumenten veranlasst hat, sich ins Ausland zu

begeben und seine Bestellung dort abzugeben.

Eine Rechtswahl ist ausgeschlossen.

Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln

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Art. 114 IPRG - Gerichtsstand

Für die Klagen eines Konsumenten aus einem Vertrag, der den

Voraussetzungen von Artikel 120 IPRG entspricht, sind nach Wahl

des Konsumenten die schweizerischen Gerichte zuständig:

a) am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt des

Konsumenten, oder

b) am Wohnsitz des Anbieters oder, wenn ein solcher fehlt, an

dessen gewöhnlichem Aufenthalt.

Der Konsument kann nicht zum voraus auf den

Gerichtsstand an seinem Wohnsitz oder an seinem

gewöhnlichen Aufenthalt verzichten.

Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln

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Pause

Fragen bis hierhin?

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Xing: behält sich vor, die auf den Xing-Websites angebotenen

Dienste zu ändern oder abweichende Dienste anzubieten, ausser

dies ist für den Nutzer nicht zumutbar.

Twitter: Wir können Ihre Benutzerkonten sperren/kündigen oder

die Bereitstellung der Dienste jederzeit aus beliebigem Grund

verwehren, wenn […] es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar ist,

Ihnen diese Dienste bereitzustellen.

Wordpress: may terminate your access to all or any part of the

Website at any time, with or without cause, with or without

notice, effective immediately. Wordpress can terminate the

Website immediately as part of a general shut down of our

service.

Keine Pflicht, Dienst zu betreiben

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Twitter:

«Wir behalten uns das Recht vor, vermeintlich rechtswidrige

Inhalte ohne vorherige Ankündigung und nach eigenem

Ermessen zu entfernen, ohne dass wir Ihnen gegenüber

haftpflichtig sind.»

Vermeintlich – ohne vorherige Ankündigung – nach eigenem

Ermessen – ohne Haftung

Löschung von Inhalten/Deaktivieren von Konten

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Wenn ein Konto länger als 6

Monate nicht aktualisiert oder

eingeloggt wurde, gilt es als

inaktiv. Inaktive Konten können

automatisch von Twitter entfernt

werden. Damit Dein Konto aktiv

bleibt, musst Du Dich mindestens

einmal innerhalb von 6 Monaten

einloggen und irgendetwas

eintragen. Konten, die keine

Follower, kein Following und keine

Updates haben, können als

verletzende Konten eingestuft und

folglich entfernt werden.

Löschen von Inhalten/Deaktivieren von Konten

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Folgeprobleme:

• Inhalte gehen verloren

• Kontakte gehen verloren

• Deaktivierung wird u.U. nicht bemerkt, Dritter verwendet

Firmenname/Marke als Account

Keine Pflicht Dienst zu betreiben/Löschen von Inhalten

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Xing:

«Der Nutzer verpflichtet sich, die folgenden belästigenden

Handlungen zu unterlassen, auch wenn diese konkret keine

Gesetze verletzen sollten:

Versendung von Kettenbriefen,

Durchführung, Bewerbung und Förderung von

Strukturvertriebsmaßnahmen (wie Multi-Level-Marketing oder

Multi-Level-Network-Marketing) oder

anzügliche oder sexuell geprägte Kommunikation (explizit

oder implizit).»

Nutzungsbeschränkungen

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• Kommerzielle Zwecke

erlaubt?

• Werbung erlaubt? Mit

welchen Einschränkungen

• Verwendung von Daten?

• Wettbewerbe , der

Stolperstein Nr. 1

Nutzungsbeschränkungen

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«Urban Legend» man übertrage alle Rechte an die

Plattforminhaber. Dies ist in der Regel nicht der Fall. Aber:

Plattformbetreiber benötigen für das Anzeigen und

Verbreiten der Inhalte eine Berechtigung des

Rechteinhabers, denn für Urheber- und

Markenrechtsverletzungen kann jeder Beteiligte ins Recht

gefasst werden, auch der Plattformbetreiber.

Lizenzeinräumungen

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Facebook:

Für Inhalte wie Fotos und Videos, die unter die Rechte an

geistigem Eigentum fallen, („IP-Inhalte“) erteilst du uns, sofern

du in deinen Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen nichts

anderes einstellst, die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine

nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie,

weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf

oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“).

Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto

löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt

und diese haben die Inhalte nicht gelöscht.

Lizenzeinräumungen

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Man bedenke:

• Nutzung (i.R.) kostenlos;

• Massenweise und nur schlecht kontrollierbare

Nutzeraktivitäten

Folge:

• Weitestgehender Haftungsausschluss für

Plattformbetreiber

• Grösstmögliche Haftung durch den Nutzer

Haftungsklauseln

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• DEINE NUTZUNG VON FACEBOOK ERFOLGT AUF EIGENES RISIKO. WIR STELLEN FACEBOOK IM VORLIEGENDEN ZUSTAND OHNE JEGLICHE AUSDRÜCKLICHE ODER KONKLUDENTE GARANTIEN BEREIT, EINSCHLIESSLICH U. A. KONKLUDENTE GARANTIEN DER MARKTGÄNGIGKEIT, EIGNUNG FÜR EINEN BESTIMMTEN ZWECK UND NICHT-VERLETZUNG DER RECHTE DRITTER. WIR GARANTIEREN NICHT, DASS FACEBOOK IMMER UNGEFÄHRLICH, SICHER UND FEHLERFREI IST, ODER DASS FACEBOOK IMMER OHNE UNTERBRECHUNGEN, VERZÖGERUNGEN ODER MÄNGEL FUNKTIONIERT. FACEBOOK IST NICHT VERANTWORTLICH FÜR DIE HANDLUNGEN, INHALTE, INFORMATIONEN ODER DATEN DRITTER UND DU ENTBINDEST UNS VON JEDWEDER HAFTUNG FÜR ANSPRÜCHE UND SCHÄDEN JEGLICHER ART, OB BEKANNT ODER UNBEKANNT, DIE SICH AUS EINEM STREITFALL MIT DRITTEN ERGEBEN ODER DAMIT IN VERBINDUNG STEHEN.

• Der Nutzer stellt XING von sämtlichen Ansprüchen, einschließlich Schadensersatzansprüchen, frei, die andere Nutzer oder sonstige Dritte gegen XING wegen einer Verletzung ihrer Rechte durch die vom Nutzer auf den XING-Websites eingestellten Inhalte geltend machen.

Haftungsklauseln

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• Falls gegen Twitter ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder an einem

Unternehmenszusammenschluss, einer Übernahme, einer

Umstrukturierung oder einem Verkauf der Vermögenswerte beteiligt ist,

können Ihre Daten im Rahmen einer solchen Transaktion verkauft oder

übertragen werden.

• Nicht private oder nicht personenbezogene Daten: Wir sind befugt, nicht

private, erfasste oder andere nicht personenbezogene Daten mit Dritten

auszutauschen oder an Dritte weiterzugeben. Dies betrifft Daten, wie Ihr

öffentliches Nutzerprofil, öffentliche Tweets, Informationen zu Personen,

denen Sie folgen, oder die Ihnen folgen oder die Anzahl der Nutzer, die

einen bestimmten Link angeklickt haben (auch wenn der Link nur von

einem Nutzer angeklickt wurde).

Datenschutz

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• AGB lesen und sich während Nutzungsdauer informiert

halten.

• AGB und beabsichtigte Nutzung abgleichen – wo sind

Diskrepanzen? Wo Unklarheiten? Wo Unvereinbarkeiten

(bspw. Datenschutz, buchhalterische Archivierungspflicht)

• Mitarbeiter informieren, Verantwortlichkeiten definieren.

• «Man muss die Regeln kennen, um sie brechen zu

können» - Risikoabwägung treffen.

Empfehlungen Social Media & AGB / «Checklist»

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