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WALD UPDATE SCHWARZ SOMMERUNI 2012 IN BERNAU UND MENZENSCHWAND

SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft Fachgebiet Regionalplanung und Bauen im ländlichen Raum Prof. Kerstin Gothe Dipl. Ing. Philipp Dechow Städtebau-Institut Fachgebiet Grundlagen der Orts- und Regionalplanung in Kooperation mit Prof. Dr. Johann Jessen Dipl. Ing. Luigi Pantisano Institut für Landschaftsplanung und Ökologie Prof. Antje Stokman Dipl. Ing. Johannes Jörg

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WALD

UPDATE SCHWARZ

SOMMERUNI 2012 IN BERNAU UND MENZENSCHWAND

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WALD

UPDATE SCHWARZ

SOMMERUNI 2012 vOM 8.8. – 17.8.2012 IN BERNAU UND MENZENSCHWAND

Page 4: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Die Sommeruniversität wurde organisiert und durchgeführt von:

Hui-Yen Chen

Lisa Deipenbrock

Vera Dohmen

Katrin Jülg

Alper Kazokoglu

Johanna Kolb

Julia Kolk

Laura Kälberer

Kathrin Köhler

Antonio Landsberger

Buyuan Liu

Kerstin Mayer

Thomas Moder

Alexander Naumer

Sarah Nietiedt

Philipp Perock

Verena Schoissengeyr

Julia Schütz

Oskar Walburg

Leonie Weber

Andreas Ziemann

Claudia Zimmermann

Institut Entwerfen von Stadt und LandschaftFachgebiet Regionalplanung und Bauen im ländlichen RaumProf. Kerstin Gothe

Dipl. Ing. Philipp Dechow

In Kooperation mit:

Städtebau-InstitutFachgebiet Grundlagen der Orts- und RegionalplanungProf. Dr. Johann Jessen

Dipl. Ing. Luigi Pantisano

Institut für Landschaftsplanung und Ökologie

Prof. Antje Stokman

Dipl. Ing. Johannes Jörg

An der Sommeruniversität haben folgende Studierende teilgenommen:

Arbeitsgruppe Architektur und SiedlungsentwicklungRegina Korzen

Dipl. Ing. Florian Rauch

Dipl. Ing. Gerhard Zickenheiner

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vORWORTENaturpark Südschwarzwald Roland Schöttle

Gemeinde Bernau und die Stadt St. Blasien Rolf Schmidt, Rainer Fritz

EINfüHRUNgUPDATE SCHWARZWALD Impulsgeber für den Ländlichen Raum

Bernau und Menzenschwand

vORTRägE Schwarzwald, woher kommst du, wohin gehst du? Hansjörg Küster

Südschwarzwälder Architektur – Kontinuität im Wandel Florian Rauch

Schwarzwald – Ein „Rundumschlag“ Gerhard Zickenheiner

Learning from Switzerland Christian Wagner

Ferne Nähe – Kunst als Faktor der regionalen Entwicklung Hermann Voesgen

MELAP PLUS – Landesprogramm BW Kerstin Gothe

Baukultur Schwarzwald Regina Korzen

EINBLICk

DER WETTBEWERBAufgabenstellung und Preisgericht1. Preis Werkraum Schwarzwald: Entwicklungen jenseits des Tourismus

2. Preis Stadthunger + Landlust 2. Preis Mix & Menz Sonderpreis Im Zeichen der Ananas

Anerkennungen

RESüMEEVielfalt, Haltung und Flughöhe Köbi Gantenbein

Wandel gestalten – 10 Thesen Kerstin Gothe, Johann Jessen, Antje Stokman

ANHANgPresse und ÖffentlichkeitsarbeitQuellen und AbbildungenDankImpressum

S. 07

S. 09

S. 11

S. 13

S. 17

S. 25

S. 39

S. 49

S. 55

S. 61

S. 69

S. 72

S. 77

S. 81

S. 89

S. 97

S. 103

S. 106

S. 119

S. 121

S. 125

S. 128

S. 130

S. 131

SOMMERUNI 2012

UPDATESCHWARZWALD

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vORWORT

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NATURPARk SüDSCHWARZWALD

Naturparke sind Modelllandschaften für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Le- bensgrundlagen. Sie zeigen Wege auf, wie wirtschaftliche Nutzung, Naturschutz und Er- holung in Einklang gebracht werden können.

Im Naturpark Südschwarzwald haben sich 103

Dörfer und Städte mit vielen Vereinen und Ver-

bänden zusammengeschlossen, um die Zukunft

unserer Region aktiv zu gestalten.

Ich freue mich, dass die Gemeinden St.Blasien und

Bernau zusammen mit dem Karlsruher Institut für

Technologie (KIT) und der Arbeitsgruppe Architek-

tur des Naturparks Südschwarzwald neue Wege

in der Auseinandersetzung mit den brennenden

Themen des ländlichen Raumes gegangen sind.

Die unter der perfekten Leitung von Frau Prof.

Kerstin Gothe durchgeführte erste internationale

Sommeruniversität „UPDATE Schwarzwald“ hat

Bürgerschaft und Wissenschaft näher zusammen-

gebracht und eine Aufbruchstimmung erzeugt.

In den Ergebnissen der studentischen Arbeiten

wurde deutlich, dass die Fragen der Lebens-,

Arbeits- und Wohnmöglichkeiten sowie der Mo-

bilität von grundlegender Bedeutung für die

Attraktivität des ländlichen Raumes sind. Nur

wenn diese Fragen geklärt werden können, wer-

den Menschen hier Zukunft und Heimat finden.

Aufgaben für die Baukultur und Architektur erge-

ben sich in einem zweiten Schritt aus dem Bedarf

heraus.

Dass das universitäre Projekt in der Dorfgemein-

schaft Impulse und Wirkungen gezeigt hat, wird

in einem ganz konkreten Ergebnis wunderbar

deutlich: die jungen Studenten haben es zusam-

men mit den Jugendlichen von Menzenschwand

in kürzester Zeit geschafft, sowohl ein Konzept

für einen Jugendraum zu erarbeiten als auch ein

konkretes Gebäude zu finden und es zur Verfü-

gung gestellt zu bekommen.

Der Dank gilt allen Beteiligten, die sich auf dieses

Experiment eingelassen und mit ihrem Engage-

ment zu dessen Erfolg beigetragen haben.

Wir freuen uns auf weitere Sommeruniversitäten

im Naturpark Südschwarzwald.

Roland SchöttleGeschäftsführer Naturpark Südschwarzwald

Abb. 1:

Naturpark

Südschwarz-

wald,

Gemeinde

Bernau

Abb. 2:

Besucher

beim Vortrag

von Prof.

Hermann

Voesgen

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vORWORT

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gEMEINDE BERNAU UND DIE STADT ST. BLASIEN

Es ist überaus erfreulich, wenn sich Studie-

rende mit einem Professoren-Team außerhalb

ihrer Universität mit den tatsächlich vorhandenen

Problemen beschäftigen. Insofern war es für un-

sere beiden Schwarzwaldgemeinden Bernau und

Menzenschwand (Ortsteil der Stadt St. Blasien)

klar, bei solch einem Vorhaben mitzuwirken.

An dieser Internationalen Sommeruniversität

„UPDATE SCHWARZWALD“ vom 8.8. bis 17.8.12

haben sich Studentinnen und Studenten aus

mehreren Ländern beteiligt. Aus unserer Sicht

hat der freundliche und offene Umgang der Teil-

nehmerinnen und Teilnehmer mit der Bevölkerung

erheblich dazu beigetragen, dass die eigentlichen

Problemfelder wie Leerstände, Baukultur, schlech-

te Erreichbarkeit und die negativen Auswirkungen

der demographischen Entwicklung von Anfang an

offen diskutiert werden konnten. Ursächlich hier-

für war letztlich auch die hervorragende Leitung

und Organisation durch die Verantwortlichen des

Karlsruher Instituts für Technologie (KIT); allen

voran Frau Prof. Kerstin Gothe und Herrn Dipl. Ing.

Philipp Dechow.

Die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern

entwickelten Projektideen sind grundsätzlich auf

positive Resonanz gestoßen. Besonders vielver-

sprechende Ideen (Werkraum Schwarzwald,

Stadthunger – Landlust u. a.) wurden zu recht

honoriert. Was hiervon weiterverfolgt werden

kann bzw. umsetzbar ist, wird in den kommuna-

len Gremien unter Berücksichtigung der finanziel-

len Ressourcen zu entscheiden sein.

Für uns alle sehr interessant und gut besucht

waren die im Rahmen der Sommeruni angebote-

nen Vorträge. Die personelle und finanzielle Un-

terstützung seitens der beiden Kommunen hat

sich gelohnt. Wir danken der Bevölkerung für das

„offene Ohr“ und den Verantwortlichen des KIT

für die sehr gute Organisation. Wir hoffen, dass alle

Beteiligten gute Erinnerungen vom Südschwarz-

wald mitgenommen haben und wir sie alle wieder

einmal in Menzenschwand und Bernau begrüßen

können.

Rolf SchmidtBürgermeister der Gemeinde Bernau

Rainer FritzBürgermeister der Stadt St. Blasien

Abb. 3:

Begrüßung

der Bürger-

meister an

Studierenden

Abb. 4:

Vorlesung

von Prof.

Kerstin

Gothe zum

Programm

Melap Plus

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EINfüHRUNg

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EINfüHRUNg UPDATE SCHWARZWALD IMPULSgEBER füR DEN LäNDLICHEN RAUM

Die beiden Orte Bernau und Menzenschwand

liegen in benachbarten Tälern umrahmt von einer

idyllischen Landschaft im Naturpark Südschwarz-

wald. Aufgrund der Gesundheitsreformen in den

1990er Jahren ist der bis dato für die lokale Wirt-

schaft wichtige Kurtourismus dramatisch einge-

brochen. Viele baukulturell wertvolle Schwarz-

waldhöfe stehen leer. Gemeinsam wollen die

Gemeinden Bernau und Menzenschwand auf

den Strukturwandel im ländlichen Raum mit der

Stärkung und Weiterentwicklung ihrer Potenziale

reagieren.

In der 10-tägigen internationalen Sommeruniver-

sität vor Ort haben sich 22 Studierende der Archi-

tektur und Stadtplanung aus Stuttgart, Karlsruhe,

Hamburg, Tübingen, Darmstadt, Berlin, Linz und

Wageningen (Niederlande) intensiv mit den Orten

beschäftigt und konzeptionelle sowie planerische

Vorschläge erarbeitet.

Die beiden Gemeinden leiden unter dem Verlust

ihrer Touristenmagnete und dem Mangel an Ar-

beitgebern. Die Leerstände in alten Schwarzwald-

häusern, Schwarzwaldkliniken in der Insolvenz,

sterbende Gasthöfe, eine alternde Bevölkerung

und fehlende Fachkräfte führen zu mehreren Fra-

gen: Warum stehen Gebäude in so einer schönen

Umgebung teilweise schon jahrelang leer und

werden nicht genutzt? Wer könnte eine aktive

Rolle in den Orten übernehmen? Welchen Beitrag

können dabei die vorhandenen Gebäude leisten?

Können temporäre Nutzungen ein Ausweg sein?

STUDIERENDE vOR ORTIn fünf begleitenden öffentlichen Abendveran-

staltungen haben sich externe Experten in Fach-

vorträgen mit den Herausforderungen auseinan-

dergesetzt und Beispielprojekte aus ihrem Land /

ihrer Profession vorgestellt. Die Impulse führten

zu lebhaften Gesprächen im Anschluss an die

Veranstaltungen. Im Kapitel „Vorträge“ sind die

Fachbeiträge nachzulesen.

Die Studierenden haben ihre Ideen und Konzepte

in zwei Workshops mit den Verantwortlichen

diskutiert und diese im Dialog weiterentwickelt.

Sie erkundeten die Dörfer auch individuell und

führten Gespräche mit den Dorfbewohnern,

Vereinen, Hotelbetreibern und Initiativen. Sie be-

Abb. 5:

Studierende

bei der Arbeit

im Alten

Schulhaus in

Menzen-

schwand

Page 12: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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fragten wichtige Akteure, fotografierten und

filmten. Die Impulse aus diesen Dorferkundungen

sind in die einzelnen Arbeiten eingeflossen.

Am letzten Tag wurden die Arbeiten von den Mit-

gliedern einer Jury aus Fachpersonen und lokalen

Akteuren gründlich diskutiert und von den Jury-

mitgliedern dann öffentlich den 200 interessierten

Gästen präsentiert: sie erläuterten die Arbeiten,

würdigten deren Potenziale, benannten Schwä-

chen und begründeten die Auszeichnungen an

die Preisträger. Die vier besten Arbeiten wurden

mit Sach- und Geldpreisen ausgezeichnet.

Die Sommeruniversität UPDATE SCHWARZWALD

wurde vom Naturpark Südschwarzwald und den

beiden Gemeinden Bernau und St. Blasien unter-

stützt – nicht nur finanziell sondern auch ideell

und organisatorisch. Dieses Zusammenspiel war

wesentlich für ihren Erfolg. Die Sommeruni UP-

DATE SCHWARZWALD war für alle direkt Beteilig-

ten, die Studierenden, Lehrpersonen, die Aktiven

aus den Gemeinden und die Bewohner eine sehr

intensive Zeit des gemeinsamen Lernens und der

Auseinandersetzung mit der Situation vor Ort.

Das Konzept der Sommeruniversität erhielt viel

positives Feedback von den Besuchern der Vor-

träge, Workshops und Abendveranstaltungen. Es

entstand in vielen Bereichen Bewegung in den Or-

ten. Örtliche Akteure mit ähnlichen Ideen sahen

sich plötzlich von außen bestätigt und ermutigt.

Die Studierenden waren während der gesamten

Zeit sehr motiviert, denn sie hatten den Eindruck,

dass ihre Arbeit zählt. Der direkte Kontakt zur

Dorfbevölkerung hat ihnen einen besonderen

Anreiz gegeben.

Mit dieser Dokumentation möchten wir einen

ausführlichen Eindruck des fachlichen Diskurses

und der Ergebnisse des studentischen Wettbe-

werbs vermitteln.

Weitere Informationen und einen Trailer mit Ein-

drücken der gesamten Woche finden sich auf:

www.facebook.com/UpdateSchwarzwald

Abb. 6:

Publikum bei

Fachvortrag

von Architekt

Florian Rauch

Page 13: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Die Gemeinde Menzenschwand kämpft mit

dem Niedergang seines Kurbetriebs, die Gemein-

de Bernau, sonnig und in einem weiten Tal weit-

räumig ausgebreitet, hat sich von seiner letzten

Krise bereits wieder halbwegs erholt. Und doch

sind die Schwierigkeiten, mit denen die beiden

Orte umgehen müssen, im Detail sehr ähnlich:

die Suche nach Antworten auf den Strukturwan-

del, nach neuen Nutzungen der zum Teil leer

stehenden Schwarzwaldhöfe und nicht zuletzt

nach der eigenen Identität in einer veränderten

Welt. Gemeinsam wollen sich Bernau und Men-

zenschwand deshalb auf neue Wege begeben

und dabei ihre Nachbarschaft, ihre Ähnlichkeiten,

aber auch die Unterschiede zwischen den Dörfern

thematisieren und nutzen. Die Stärken und die

Schwächen sind in beiden Orten eng miteinander

verkettet – das macht die Ausgangslage schwie-

rig, doch bietet sie gleichzeitig viele Potenziale für

Innovationen, die modellhaft für den Naturpark

Südschwarzwald sein könnten.

DAS ENDE DES „kUR-TOURISMUS“Mit den Einsparungen im Gesundheitssystem

in den 1990er Jahren, die in besonderem Maße

das Kurwesen betrafen, endete die goldene Zeit

der auf diese Sparte des Tourismus spezialisierten

Orte. Besonders Menzenschwand hat sich davon

bis heute nicht erholen können. Generationen von

Kurgästen aus ganz Deutschland waren hier zur

Kur gewesen, hatten Bäder genommen, das Kli-

ma und die Landschaft genossen – heute steht die

größte Klinik des Ortes mit etwa 130 Betten leer,

ebenso wie kleinere Kliniken und Gasthöfe. Die

Klinik war nicht nur ein wichtiger Arbeitgeber, son-

dern auch Zugpferd für den Tourismus des Ortes,

der nicht zuletzt von den die Kurgäste begleiten-

den Angehörigen lebte. Hotels und Fremdenzim-

mer sind seit der Insolvenz der Kliniken nicht mehr

ausgelastet oder sogar geschlossen, Geschäfte in

der Hauptstraße stehen leer, viele Höfe und Häuser

Abb. 7:

Leerstehende

Schwarz-

waldklinik

in Menzen-

schwand

Abb. 8:

Therapieraum

in leerstehen-

der Schwarz-

waldklinik

sind verwaist.

Dennoch strahlt Menzenschwand nach wie vor

die Atmosphäre eines gastfreundlichen Ortes aus.

Die Infrastruktur ist zwar etwas in die Jahre ge-

kommen, aber immer noch vorhanden, die Be-

wohner sind weltoffen und auf Fremdenverkehr

eingestellt. Das Radonbad ist ein wichtiger neu-

er Anziehungspunkt. Große Baukomplexe wie

die Klinik oder ein großes Hotel in zentraler Lage

stehen für neue Nutzungen bereit. Mit welchen

BERNAU UND MENZENSCHWANDDEfIZITE, POTENTIALE UND fRAgEN

Page 14: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Ideen lassen sie sich füllen? Lassen sich hier neue

Formen von Tourismus etablieren oder können die

bestehende Infrastruktur und die Gebäude auch

für andere Konzepte genutzt werden?

…und trotzdem WachstumBernau hingegen hat inzwischen wieder Nachnut-

zer für seine großen Gebäude und das Schulland-

heim gefunden, hier denken einige erneut über

Wachstum nach: Ist dies möglich, ohne sein wich-

tigstes Gut, das Landschafts- und Ortsbild zu zer-

stören? Neue Bauflächen im Außenbereich sind

weitgehend ausgeschlossen. Und sie sind auch

nicht nötig, da im Ort genügend Baulücken für

eine Innenentwicklung bereit stehen – nur sind

diese innerörtlichen Freiflächen auch prägend für

das dörfliche Erscheinungsbild.

Wo liegt hier das richtige Maß für eine Nachver-

dichtung? Und wie verändert sich das Ortsbild

durch die Neubauten? Sollen sich die Neubauten

in Stil und Gestaltung anpassen oder sollen sie

dem Ort ein neues, moderneres Gesicht geben?

DIE gROSSEN HöfESowohl in Bernau als auch in Menzenschwand

werden die meisten der alten Schwarzwaldhöfe

nicht mehr für die Landwirtschaft genutzt, der

große Wirtschaftsteil steht meist leer. Nicht selten

ist gleich der ganze Hof verlassen, denn so gemüt-

lich die Höfe mit ihren charakteristischen, weit

heruntergezogenen Dächern von außen auch

wirken – innen bieten sie kaum Komfort. Nach

heutigen Standards kaum gedämmt, mit Holz-

ofen, veralteten Sanitäranlagen, wenigen kleinen

Fenstern und nicht zuletzt mit Deckenhöhen von

zum Teil weniger als zwei Metern entsprechen die

Gebäude nicht den heutigen Wohnbedürfnissen.

Hinzu kommt eine Besonderheit, das sogenannte

„Badische Stockwerkseigentum“: Viele Höfe sind

teilweise abenteuerlich im Wohn- wie im Wirt-

schaftsteil an verschiedene Eigentümer aufgeteilt,

was für jede Form von Modernisierung oder Um-

nutzung weitere Hürden bedeutet.

Lassen sich die Schwarzwaldhöfe angesichts sol-

cher Schwierigkeiten überhaupt modernisieren,

ohne sie zu zerstören? Oder müssen neue Nut-

zungen gefunden werden, die mit der bestehen-

den Substanz auskommen, beispielsweise reine

Ferien- oder Sommernutzungen? Wozu können

die großen Wirtschaftsteile heute dienen? Wie

kann auch nach außen signalisiert werden, dass

das Gebäude zwar respektiert wird, es aber im 21.

Jahrhundert angekommen ist?

Neue Bilder für Ort und Landschaft?Ein wichtiges Potenzial der beiden Orte ist das

noch relativ geschlossene Dorfbild mit den großen

Schwarzwaldhöfen, den offenen Freiräumen zwi-

schen den Höfen und den verbindenden baumbe-

Abb. 9:

Jugend-

herberge

in einem

historischen

Schwarz-

waldhaus

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Abb. 10:

Menzen-

schwand im

Naturpark

Südschwarz-

wald

standenen Straßen, alles eingebettet in die idylli-

sche Landschaft des Naturparks Südschwarzwald.

Der drastische Rückgang der landwirtschaftlichen

Betriebe führt nun nicht nur zum Leerstand der

Höfe, er verändert auch das bekannte Bild der

Schwarzwaldlandschaft.

Fragestellungen Aus den genannten Defiziten und Potenziale erge-

ben sich folgende Fragestellungen, denen sowohl

in den Vorträgen als auch in den studentischen

Projekten nachgegangen wurde:

• Wie kann das regionale Bauen gepflegt werden

und wie können neue Gebäude in die Landschaft

und die Hofensembles eingebunden werden?

• Sind Museumslandschaften und Museumsdörfer

die Lösung? Ist dieser Aufwand gerechtfertigt und

verträgt er sich mit den notwendigen Modernisie-

rungsschritten?

• Sind auch andere Szenarien denkbar, die das

• Sind auch andere Szenarien denkbar, die das

typische Schwarzwaldklischee hinter sich las-

sen und dem Strukturwandel positiv begegnen?

Oder liegt doch gerade in der Musealisierung eine

Chance?

• Sind aus der Kooperation von Gastronomie,

Hotellerie, Architekten und handwerklichen Ver-

arbeitungsbetrieben Impulse für eine innovative

Ferien-Architektur möglich?

• Welche Chancen ergeben sich aus der Zusam-

menarbeit der beiden Dörfer?

Die Sommeruniversität knüpft an Aktivitäten der

Architektenkammer Baden-Württenberg, Kammer-

bezirk Freiburg, des Naturparks Südschwarzwald

und des Regierungspräsidiums aus den vergan-

genen beiden Jahre an, mit denen die Baukultur

des Schwarzwaldes zeitgemäß weiter entwickelt

werden soll.

Page 16: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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vORTRägE

Page 17: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Die Landschaftswissenschaft sammelt Grundlagen für die Ermittlung der Potentia-le einer Landschaft. Jede Landschaft ist ma-teriell durch Natur, fast jede auch durch eine Gestaltung im weitesten Sinne geprägt. Hin-zu kommt in jedem Fall eine immaterielle Idee oder Interpretation, die Menschen mit einer bestimmten Landschaft verbinden. Die Sammlung dieser Grundlagen ist eine Basis für die Planung von Landschaft. (Küster 2012) Dies soll am Beispiel des Schwarzwaldes ins-gesamt und speziell am Ort Menzenschwand gezeigt werden. (Wilmanns 2001)

ENTSTEHUNg DES SCHWARZWALDESGroße Teile des Schwarzwaldes bestehen aus alten

Gesteinen, die an der Oberfläche der Erde erstarr-

ten, als der Planet allmählich abkühlte: Granit und

daraus umgewandelter Gneis. Nach ihrer Entste-

hung bildeten die Gesteinsschichten des Schwarz-

waldes noch kein Gebirge. Im Gegenteil: An der

Stelle des Schwarzwaldes befand sich eine Senke, in

der Sand abgelagert wurde. Immer wieder drangen

Meere in diese Senke ein: In flachen Meeresbuchten

fiel Kalk aus. Die zunächst lockeren Ablagerungen

wurden im Lauf der Jahrmillionen immer mächtiger;

die unteren Sedimente wurden von den darüber lie-

genden zusammengepresst und zu Gesteinen ver-

festigt. Schließlich lagen mächtige Schichtpakete

von Buntsandstein und Kalk auf dem Granit und

Gneis des Schwarzwaldes.

Im Zeitalter des Tertiär, das vor etwa 65 Millionen

Jahren begann, wurde Mitteleuropa völlig verän-

dert. Die Alpen entstanden, und der Oberrhein-

graben brach ein. Seitlich des Grabens wurden die

Gesteinsschichten kilometerweit in die Höhe ge-

drückt: Westlich des Grabens entstanden die Voge-

sen, östlich der Schwarzwald. Dort befindet sich der

am weitesten aufragende Mittelgebirgsgipfel der

Bundesrepublik Deutschland: der 1493 Meter hohe

Feldberg. Auf ihm lag einst noch viel mehr Gestein.

In den letzten Jahrmillionen wurden aber die am

weitesten aufragenden Berggipfel sukzessive wie-

der abgetragen: Kalk verschwand völlig, vielerorts

auch der Buntsandstein, so dass der Gebirgssockel

aus Granit oder Gneis zu Tage trat. Auch diese Ge-

steine sind im Lauf der Zeit verwittert, und es bilde-

ten sich die runden Kuppen der Schwarzwaldberge:

Feldberg und Seebuck, Herzogenhorn, Belchen,

Kandel, Schauinsland und Blauen.

Der Westabhang des Schwarzwaldes und – spie-

gelbildlich dazu – der Ostabhang der Vogesen sind

steil. Die Höhenunterschiede zwischen Orten in der

Niederung und den Bergen, die nur einige Kilometer

voneinander entfernt sind, betragen oft über 1000

Meter. Der Osthang des Schwarzwaldes fällt dage-

gen so sanft ab, dass man dort den Rand des Ge-

birges kaum erkennt. Dort stößt man auch auf die

jüngeren Gesteinsschichten, die Granit und Gneis

überdecken: Auf Buntsandstein liegen Ebenen oder

leicht geneigte Flächen mit unfruchtbaren Böden.

Sie enthalten kaum etwas anderes als mineralstoff-

armen Sand. Weiter östlich entstand durch Erosion

SCHWARZWALD, WOHER kOMMST DU, WOHIN gEHST DU?HANSjöRg küSTER

Abb. 11:

Blick vom

Feldberg

auf die

Kuppen des

Hochschwarz-

waldes

Page 18: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

18

eine Schichtstufenlandschaft mit Steilhängen im

Westen und sanft abfallenden Osthängen auf Mu-

schelkalk, Keupersandstein, Schwarz-, Braun- und

Weißjura.

gEWäSSER UND TäLERIn den Bergen gibt es mehr Niederschlag als im Um-

land. Man spricht vom Steigungsregen, den man an

Gebirgshängen beobachten kann, die sich heranzie-

henden Wolken in den Weg stellen. Besonders viel

Niederschlag fällt in den Vogesen. Die Oberrheine-

bene liegt im Windschatten; dort regnet es selte-

ner. Am Westhang des Schwarzwaldes regnet und

schneit es oft, aber nicht ganz so viel wie in den

Vogesen. Nach Osten hin gehen die Niederschlags-

mengen wieder zurück. Vor allem nach starken Re-

genfällen und bei der Schneeschmelze – häufig fal-

len beide Ereignisse zusammen – fließt eine Menge

Wasser ab. Immer wieder droht dann Hochwasser.

Durch den Schwarzwald verläuft die Europäische

Hauptwasserscheide zwischen Gewässern, die zum

Rhein und dann zur Nordsee fließen, und dem Do-

naueinzugsbereich. Die Entfernung zwischen dem

Schwarzwald und der Nordsee auf dem Rhein

beträgt rund 1000 km, die über die Donau zum

Schwarzen Meer rund 3000 km. Daher ist das Ge-

fälle des Rheins und seiner Nebenflüsse größer. Der

Rhein ist außerdem viel jünger als die Donau. Er zapft

der Donau einen Zufluss nach dem anderen ab. Im

Schwarzwald verlaufen viele Täler zunächst einmal

in östlicher Richtung, sie geben sich damit als ur-

sprüngliche Zuflüsse der Donau zu erkennen. Dann

knicken sie um, weil der Rhein oder einer seiner Ne-

benflüsse sie anzapften. Das ist zum Beispiel bei der

Wutach oder auch der Alb gut zu erkennen, die bis

Sankt Blasien nach Osten fließt und dann zum Hoch-

rhein nach Süden umknickt. Die zur Donau fließen-

den Gewässer, etwa deren beide Quellflüsse Brigach

und Breg, haben sanft eingeschnittene Täler. Täler

von Flüssen, die vom hohen Schwarzwald aus zum

Rhein verlaufen, sind tiefer eingekerbt, beispielswei-

se die Täler von Schlücht, Wehra, Wiese oder Murg,

auch das bekannte Höllental. Die wasserreichen

Bäche eignen sich sehr gut zum Betrieb von Müh-

len, die zu den weit bekannten Charakteristika des

Schwarzwaldes gehören.

Andere Formen von Tälern entstanden im Quartär,

dem Eiszeitalter, das vor etwa zweieinhalb Millionen

Jahren begann. Die höchsten Gipfel des Schwarz-

waldes waren in den Kaltphasen des Quartärs ver-

gletschert. Auf den Schattenhängen der Berge sam-

melten sich Jahr für Jahr mehr Schnee und Eis an.

Das Eis schuf an jedem der vergletscherten Berge ein

Kar mit einem beinahe senkrechten Abhang. Unter

etlichen Karwänden befindet sich ein Karsee, zum

Beispiel der Feldsee unter dem Feldberg. Wenn es

längere Zeit kalt blieb, schob sich vom Kar aus eine

Gletscherzunge ins Umland. Die scharfkantigen und

schweren Eismassen hobelten ein U-förmiges Trog-

tal aus dem Gestein heraus. Ein solches Gletscher-

zungenbecken bekam einen breiten Talboden und

steile Hänge. Das ausgeschürfte Gesteinsmaterial

wurde an der Gletscherfront als eine Endmoräne ab-

Abb. 12:

Vom Gletscher

geformtes

Trogtal in Men-

zenschwand

Page 19: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

19

gelagert, hinter der sich Wasser staute: So entstand

der Titisee. Auch Menzenschwand liegt in einem

Trogtal aus der Eiszeit. Es wurde von dem Gletscher

geschaffen, der vom Herzogenhorn aus nach Osten

verlief.

WäLDERNur in den Warmzeiten des Eiszeitalters und

dann wieder in der Nacheiszeit gab es Wälder

im Schwarzwald. Nach der letzten Eiszeit war

der Schwarzwald zunächst von Kiefernwäldern

überzogen, später breiteten sich verschiedene

Laubbäume aus, unter anderem Eichen. Dann erst

wurden Tannen und Buchen häufiger, sehr spät

und nur an wenigen Stellen auch Fichten. Tannen,

die wegen der weißen Streifen an der Unterseite

der Nadeln auch Weißtannen genannt werden,

sind charakteristisch für den Schwarzwald. Seinen

Namen erhielt er wohl wegen des vorherrschen-

den Schwarzholzes; das ist ein anderer Ausdruck

für Nadelholz. Am regenreichen Westhang wuch-

sen Buchen besser, im Osten Tannen. Dort gibt es

nämlich immer wieder Spätfrost im Mai. Wenn

die Buchen gerade dann ihr Laub austreiben, er-

frieren die zarten jungen Blätter. Fichten sind in

den Mischwäldern heute häufiger vertreten als

von Natur aus, denn sie wurde forstlich geför-

dert. Reine Fichtenwälder gehen auf Pflanzungen

oder Aussaaten zurück. Die höchsten Berggipfel

des Schwarzwaldes, vor allem der Feldberg, wur-

den nie völlig von Wäldern überzogen. Der Name

„Feldberg“ bezieht sich auf dessen Waldfreiheit.

Oberhalb der Waldgrenze findet man dort zahl-

reiche Kräuter, die auch für die Alpen charakteris-

tisch sind. Diese Gewächse kamen in der Eiszeit in

unvergletscherten Gebieten vor; danach wurden

sie dort verdrängt, wo sich Wälder etablierten.

Die Wälder des Schwarzwaldes haben seit Jahr-

hunderten eine erhebliche wirtschaftliche Bedeu-

tung. An die Schwarzwaldtannen knüpfen sich

zahlreiche Legenden. Die höchsten von ihnen

heißen heute noch Holländertannen, weil sie auf

dem Rhein bis ins Rheinmündungsgebiet, nach

Holland, geflößt wurden. Die Niederlande sind ein

holzarmes, aber dicht besiedeltes Gebiet, in dem

man das Floßholz aus dem Schwarzwald zum Bau

von Häusern und Schiffen brauchte. Tannenholz

benötigte man nicht nur für städtische oder reprä-

sentative Gebäude wie das Schloss in Amsterdam,

sondern auch für Bauernhäuser. Zum Bau der

Gulfhäuser in den baumfreien Nordseemarschen

war nur eine relativ geringe Zahl an Baumstäm-

men notwendig. Sie mussten aber besonders lang

und gerade gewachsen sein. Nadelholz war dafür

ideal. Tannenstämme dienten ferner als Schiffs-

masten. Tannenholz ist leichter als andere Holz-

arten. Schiffe mit Masten aus Tannenholz ließen

sich leichter navigieren als andere mit eichenen

Masten. (Küster 2008)

LANDNUTZUNgIn der Senke der Oberrheinebene wurde im Eiszeit-

alter mineralreicher Löss abgelagert, der vom Wind

Abb. 13:

Montaner

Mischwald

oberhalb vom

Höllental

Page 20: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

20

aus den Gletschervorfeldern ausgeblasen worden

war. Löss bot stets exzellente Voraussetzungen für

eine intensive Landnutzung. Böden auf Löss sind

ferner arm an Steinen, so dass sich das Gerät, das

bei der Bodenbearbeitung verwendet wurde, nicht

so schnell abnutzte. Die Oberrheinebene ist zudem

klimatisch begünstigt. Man kann dort Wein, Obst,

Zuckermais und Tabak kultivieren.

Im Schwarzwald sind die Voraussetzungen für die

Landwirtschaft erheblich schlechter. In den ver-

gangenen Jahrhunderten wurde vor allem Sub-

sistenzwirtschaft betrieben, bei der es lediglich

darauf ankam, dass sich die Bauern selbst mit

Nahrung versorgten. Subsistenzwirtschaft ohne

eine Einbindung in Handelsnetze zu betreiben ist

riskant; nach Missernten musste die Möglichkeit

bestehen, Nahrung auf dem Markt zu erwer-

ben. Um nicht zu hungern oder auf Almosen

angewiesen zu sein, brauchten die Bewohner

des Schwarzwaldes Güter, die sie auf die Märkte

bringen konnten. Der Verkauf von Erz aus Mine-

raladern von Granit und Gneis sowie von Holz

war daher wichtig.

Wenn man Rohprodukte weiter verarbeitete, be-

kam man mehr Geld: Aus Roherzen wurden ein-

zelne Metalle gewonnen. Das erzführende Gestein

wurde in Pochwerken zerkleinert, die von Mühl-

rädern angetrieben wurden. Auch Blasebälge,

die man zum Erzeugen hoher Temperaturen in

Schmelzwerken brauchte, wurden mit Wasser-

kraft angetrieben. Es gab zahlreiche Glashütten im

Schwarzwald: Rohstoff dafür war Quarz, ein wich-

tiger Bestandteil von Granit, Gneis und Buntsand-

stein. Mit Pottasche, die man aus Holz herstellte,

konnte man die hohen Schmelztemperaturen von

Quarzsand senken und auf diese Weise leichter

Glas machen. Später entwickelte sich das gerade

in Menzenschwand oder im benachbarten Bernau-

er Tal besonders charakteristische häusliche Hand-

werk der Schnitzer und Schindelmacher, andern-

orts die Uhrmacherei. Vor allem im 19. Jahrhundert

trugen wandernde Händler die Produkte aus dem

Schwarzwald in das Umland.

Auch wenn Landwirtschaft nicht immer große

Bedeutung hatte, so wurden Dörfer und Einzel-

höfe doch so angelegt, dass man sie optimal da-

für nutzen konnte. Die Bauernhäuser wurden in

Ökotopengrenzlage zwischen Grünland im Tal und

Ackerland auf den Höhen errichtet. Das Schwarz-

waldhaus gehört zu den an seine Umgebung am

besten angepassten ländlichen Gebäudetypen: Das

Erntegut kommt vom Acker durch die „Einfahrt“

oder „Ifahr“ ins Dachgeschoss der Bauernhäuser

mit dem Speicherraum. Futter wird von oben in

den Stall geworfen. Die Tiere laufen von dort aus

auf das unterhalb gelegene Grünland, und Gülle

mit ihren vielfältigen düngenden Mineralstoffen

kann auf die unterhalb des Hofes gelegenen Wie-

sen geleitet werden. Das breit überstehende Dach

verhindert, dass die hoch am Himmel stehende

Sommersonne die unteren Geschosse des Schwarz-

waldhauses erreicht. Die tief stehende Sonne aber

scheint auf die Wohn- und Stallgeschosse des

Abb. 14:

Schwarz-

waldhaus in

Ökotopen-

grenzlage

am Ortsrand

von Menzen-

schwand

Page 21: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

21

Hauses und erwärmt sie im Winter. Alle Teile des

Schwarzwaldhauses liegen unter einem Dach.

Bei ungünstiger Witterung, vor allem bei hohem

Schnee, braucht man nicht über den Hof zu ge-

hen, wenn man vom Wohnhaus den Stall oder die

Scheune erreichen will. Nur die Hofkapelle befindet

sich oft außerhalb der einzeln stehenden Schwarz-

waldhöfe. Die Bauern mussten aber nicht den be-

schwerlichen Weg zur Dorfkirche auf sich nehmen,

um regelmäßig zu beten. Wo das Gelände ober-

halb des Dorfes relativ eben oder nur sanft geneigt

ist, vor allem im östlichen Schwarzwald, wurde oft

Feld-Gras-Wirtschaft betrieben. Man ließ überall

Gras wachsen und brach innerhalb des Grünlands

so viel Ackerfläche um, wie man brauchte, um

genug Roggen, Hafer, Bohnen oder Kartoffeln zu

kultivieren. In den tief eingeschnittenen Kerbtälern

und in den Trogtälern, die von den Gletschern ge-

formt worden waren, musste man Ackerland auf

andere Weise schaffen. Auf den Steilhängen legte

man Weidfelder, Reuten (mundartlich: Rütten) oder

Schwenden an. Dort betrieb man eine Wechsel-

wirtschaft, bei der Holz-, Feld- und Weidenutzung

im Zyklus aufeinander folgten. Zunächst wurde der

Wald gerodet. Stammholz wurde entfernt und zum

Bauen genutzt, Kleinholz blieb liegen. Man ver-

brannte es auf dem Feld; mit der Asche, die ja aus

vielfältigen Mineralstoffen besteht, düngte man

den Boden. Nur steile Hänge konnte man abbren-

nen, denn man schob eine Rolle aus brennendem

Brombeergestrüpp den Hang hinunter oder zog es

aufwärts. Dabei wurde weiteres Kleinholz in Brand

gesetzt. Nach dem Brennen säte man Korn oder

andere Kulturpflanzen ein. Einige Jahre später ließ

man Tiere auf dem Steilhang weiden. Doch man

ließ auch Gehölz in die Höhe wachsen, das man

nach einigen Jahrzehnten rodete. Nach erneutem

Brennen konnte man wieder Getreide anbauen.

Die einzelnen Reuten, die verschiedenen Bauern

gehörten, lagen als schmale Landstreifen ne-

beneinander. Auch wenn sie heute nicht mehr

als Reuten bewirtschaftet werden, kann man sie

noch gut erkennen, denn der Bewuchs verschie-

dener Streifen unterscheidet sich. Viele ehemalige

Reuten wurden später zu reinen Weideflächen.

Dort entwickelte sich Heideland mit Ginster, Arni-

ka, Bärwurz und Kuckucksblume. Wo die Bewei-

dung aufgegeben wird, verschwinden die Heide-

pflanzen. Viele Reuten wurden aufgeforstet. Man

erkennt sie dann immer noch, und zwar an den

Parzellengrenzen. Die Streifenstruktur der Rütten

kann eventuell erhalten bleiben, wenn man Ski-

Abb. 15:

Schwarz-

waldhaus mit

Hofkapelle

Abb. 16:

Ehemalige

Rütte

oberhalb von

Menzen-

schwand

Page 22: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

22

pisten in geeigneter Form auf ihnen anlegt. Als

die Reuten noch betrieben wurden, sammelten

sich abgeschwemmte Aschepartikel und andere

Mineralstoffe im Talgrund. Dort betrieb man Wie-

senwirtschaft. Weil man mit jeder Mahd nicht nur

Grünmasse, sondern auch Mineralstoffe von den

Standorten entfernt, müssen Wiesen grundsätz-

lich gedüngt werden. Mit Wasser wurden Mine-

ralstoffe zur Düngung auf das gesamte Grünland

geleitet. Wo man Grünland bewässerte, schmolz

der Schnee früher und die Pflanzen begannen

eher mit ihrem Wachstum.

Vielerorts leitete man Wasser aus den Bächen ab

und ließ es in einem sogenannten Wuhr auf dem

Hang entlang laufen. Man verwendete Deichel,

ausgehöhlte Baumstämme, um Wasser über Sen-

ken zu leiten. Von den Hängen aus rieselte Wasser

auf das darunter liegende Grünland. Auf den ebe-

nen Flächen am Grund der Trogtäler musste man

das Land aufwendiger präparieren: Man formte

Landrücken, auf deren Scheiteln kleine Kanäle

verliefen. Von ihnen aus rieselte Wasser über die

Flanken der Wiesenrücken zu weiteren Kanälen

in den Senken zwischen den Rücken. Das Wasser

sammelte sich im Bach in der Mitte des Tales.

Durch Wiesenbewässerung kamen zwar genügen-

de Mengen an Dünger auf das Grünland, aber

diese Düngung war weniger intensiv als die heute

übliche Mineraldüngung. Man konnte die Wiesen

ein- bis zweimal pro Jahr mähen, nicht häufiger.

Trollblume, Sumpfdotterblume und zahlreiche

Orchideen hatten genug Zeit, um sich auf diesen

farbenfrohen Wiesen zu entwickeln. Die Wiesen-

bewässerung hatte noch einen weiteren Effekt.

Sämtliche Mineralstoffe, die im Wasser transpor-

tiert wurden, blieben auf den Wiesen zurück. Das

Wasser wurde auf diese Weise gereinigt – wie in ei-

ner großen Pflanzenkläranlage. (Krause 1956) Mit

heutiger Mineraldüngung kommen größere Men-

gen an Mineralstoffen auf die Wiesen. Die Pflanzen

wachsen rascher und können früher gemäht wer-

den. Pflanzen mit einer langen Entwicklungsdauer

aber verschwinden, beispielsweise die Trollblume.

Die Hochlagen der Berge wurden beweidet. Man

trieb die Tiere einerseits in die Wälder, andererseits

auf die Gipfel der Berge. Vor allem am Feldberg gibt

es noch eine ganze Reihe von Hütten, die man ur-

sprünglich vor allem für die sommerliche Almwirt-

schaft nutzte. Heute sind sie aber mehr und mehr

zu Raststationen für Bergwanderer geworden.

ZUkUNfTDie Landschaftsplanung kann und soll auf den Er-

gebnissen der landschaftswissenschaftlichen Ana-

lysen aufbauen. Probleme in der heutigen Land-

schaft bestehen einerseits durch Intensivierung,

andererseits durch Extensivierung. (Dannebeck

2009) Letzteres ist gerade im Schwarzwald noch

entscheidender, weil die Landnutzung nur an we-

nigen Stellen intensiviert wird: Ehemalige Nutzflä-

chen wuchern zu. Viele Pflanzen- und Tierarten

verschwinden, weil es zu einer Wiederbewaldung

kommt. Weil die Wiesenbewässerung aufgege-

Abb. 17:

Überreste

einer Wie-

senbewässe-

rungsanlage

am Feldberg

Page 23: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

23

ben wurde, gibt es mehr Stickstoffverbindungen

in den Fließgewässern. An Bachufern breiten sich

Stickstoffzeigerpflanzen aus, darunter Brennnes-

sel und Drüsiges Springkraut.

Durch neue Formen von Nutzungen könnte man

Landschaft in einem Zustand bewahren, den Be-

sucher des Schwarzwaldes dort sehen wollen: Sie

wünschen sich Wälder, Heiden und Viehweiden,

Mühlen und Schwarzwaldhäuser. Die Tourismus-

werbung zeigt diese Ideale, aber in der Realität

verschwinden sie, weil man sich zu wenig Gedan-

ken über sie macht. Chancen für eine Bewahrung

der Schwarzwaldlandschaft können sich daraus

ergeben, dass man ihre Potentiale nutzt, um Roh-

stoffe für die Erzeugung von Energie zu gewin-

nen. In den Wäldern rings um Schwarzwalddörfer

gibt es genug Holz, das sich zu Hackschnitzeln

verarbeiten lässt. Man kann dieses Heizmaterial in

den großen Dachräumen der Schwarzwaldhäuser

lagern; dort könnte man auch Hackschnitzelhei-

zungen betreiben, mit denen man das Haus selbst

und eventuell Nachbarhäuser versorgen kann.

Biogasanlagen könnte man mit Grünmaterial von

verwildernden Hochstaudenfluren betreiben, mit

Greiskraut, Weidenröschen, Brennnesseln und

Drüsigem Springkraut. Auch aus Abfällen oder

dem Gras von einer bewässerten Wiese, das man

als Viehfutter nicht mehr benötigt, könnte man

Biogas herstellen. Der Wasserreichtum lässt sich

zur Gewinnung von Wasserkraft besser nutzen.

Turbinen könnten in die Mühlengebäude einge-

baut werden. Allerdings muss darauf geachtet

werden, dass die in der Europäischen Wasser-

rahmenrichtlinie geforderte Durchlässigkeit der

Gewässer gewährleistet ist. Insgesamt könnten

auf diese Weise Teile eines früher hervorragend

funktionierenden Landnutzungssystems für neue

Formen von Nutzung übernommen werden. Im

Schwarzwald war es immer wieder notwendig,

neue Wege der Landnutzung zu beschreiten. Der

Erfindungsgeist der Bewohner führte zur Entwick-

lung des sehr gut an seine Umgebung angepassten

Schwarzwaldhauses. Sein Dachraum kann nicht

nur als Lager für Hackschnitzel dienen, sondern es

könnte zu zahlreichen Zwecken umgebaut werden,

zum Konzertsaal, Proberaum für Laienmusiker oder

Atelier eines Malers, zur Kunstgalerie oder Biblio-

thek, zum Raum einer Sommerakademie oder für

die Anlage eines Rechenzentrums.

Insgesamt sollte versucht werden, Traditionen der

Nutzung aufzugreifen, wenn Neues entwickelt

wird. Dabei sind originelle Ideen notwendig; jeder

Ort braucht andere. Man braucht vielfältige Netz-

werke, in denen Menschen ihre Sache selbst in die

Hand nehmen. Dabei sind Patchwork-Existenzen

zu fördern: von Menschen, die mehreren Berufen

nachgehen. Zahlreiche Tätigkeitsbereiche lassen

sich denken: Gewinnung von Energie, Kleinhandel,

Verwaltungsaufgaben, Nachbarschaftshilfe, Alten-

und Kinderbetreuung, Betreuung von Feriengästen

in und außerhalb ihrer Unterkünfte, Bildungsar-

beit für Kinder und Erwachsene, auch für Gäste,

Gewährung von Mobilität durch Fahrdienste, die

öffentlichen Personennahverkehr ersetzen. Die Zu-

kunft von ländlichen Gebieten liegt also wohl am

ehesten darin, einerseits bewährte Strukturen von

Siedlung und Landschaft zu bewahren, anderer-

seits neue Systeme des Zusammenlebens und der

Versorgung von Menschen zu entwickeln.

Prof. Dr. Hansjörg KüsterInstitut für Geobotanik

Leibniz-Universität Hannover

Page 24: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD
Page 25: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

25

Was hat die Schwarzwälder Architektur geformt? Die klassischen Schwarzwälder Holzbauten sind hervorragende Studienob-jekte, was die Prinzipien des zweckgebun-denen Bauens in einer gebirgigen, klein-strukturierten, landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft anbelangt. Aber welche genau sind diese Prinzipien, die uns als ty-pisch schwarzwälderisch ansprechen? Gibt es Merkmale, die heute noch Inspirations-quelle für das zeitgenössische bauliche Schaffen in einer sich derart im Wandel be-findlichen Kulturlandschaft sein können?

Zunächst einmal sind die überlieferten Bauten der

Schwarzwälder Hauslandschaft, unabhängig von

regional und entstehungszeitlich ausgeprägten

Merkmalen, nach streng funktionalen Gesichts-

punkten konzipiert und gestaltet worden. Die

schwierige Aufgabe des Bauens am geneigten

Hang hat meistens zu einer kompakten Bauweise

und zur Stapelung der Funktionen geführt. Durch

eine geschickte Anordnung der Funktionen im

Inneren des Schwarzwaldhauses können die Ge-

bäude mittels eines Abwurfprinzips von Futter,

Brennholz, Mist, etc. bewirtschaftet werden. Dies

erspart lange Wege, Zeit und Energie.

Der Grund für die großen, geneigten Dächer ist

wohl in der Notwendigkeit zu suchen, Lagerraum

für die immensen Mengen von Heu als Winter-

futtervorrat für die Tiere zu schaffen. So wurde

auch Platz zum Trocknen und Dreschen von Ge-

treide sowie zum Unterstellen von Arbeitsgeräten

und Fahrzeugen gewonnen. Walmt man ein sol-

ches Dach an den Schmalseiten des Baukörpers

ab, so entstehen stabile statische Dreiecke in der

Dachfläche. Die aerodynamischen Eigenschaften

sind gegenüber dem Dach mit senkrechten Gie-

beln wesentlich besser, verbunden mit größerer

Stabilität – ein Gebot des Bauens in gebirgigen

Höhenlagen mit erhöhten Windlasten. Das tiefe

Herunterziehen der Traufe sowie ein großer Dach-

überstand ermöglichen nicht nur bei Schlechtwet-

ter oder Schnee weiterhin den Aufenthalt im Frei-

en in unmittelbarer Hausnähe, sondern gewähren

auch konstruktiven Schutz für die hölzernen Bau-

glieder im unteren Gebäudeteil. Die relativ steile

Dachneigung von etwa 45 Grad resultiert aus der

Art der vor Ort verfügbaren Dachdeckungsmateri-

alien, nämlich Stroh oder Holzschindel. Beide sind

umso haltbarer, je schneller das Wasser abfließen

und die Dachhaut wieder trocknen kann.

Vor allem bei älteren Gebäuden sind noch soge-

nannte Firstständer zu finden. Sie stehen so senk-

recht wie der Baum im Wald in der Mittelachse der

Häuser und tragen den Firstbalken. Die Gebäude

sind nicht nur aus dem am Ort unmittelbar zur

Verfügung stehenden Rohmaterial Baum errichtet

worden, sondern sie haben auch in ihrer Höhenent-

wicklung die Dimension des Waldes beibehalten.

Die Gebäude treten also in Beziehung zu ihrem

Platz und reagieren auf ihn in vielfältiger und spe-

zifischer Art und Weise. Dabei führt die Berück-

SüDSCHWARZWäLDER ARCHITEkTUR- kONTINUITäT IM WANDELfLORIAN RAUCH

Abb. 18:

Längsschnitt

durch ein

Schwarz-

waldhaus des

Dreisamtals

Page 26: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

26

sichtigung des Nutzungsprogramms und der Um-

weltfaktoren zu einer prägnanten Gestalt.

LANDSCHAfT – BAUWERkLandschaft und Gebäude stehen in enger Wech-

selwirkung zueinander und bilden den Vorgang

der Landbewirtschaftung ab. Das Landschafts-

element Haus beziehungsweise Dorf ist ohne das

Element der bewirtschafteten Landschaft rings-

herum nicht denkbar – und umgekehrt – beides

bedingt sich gegenseitig. Meistens sind die Plätze,

an denen überlieferte Siedlungen zu finden sind,

sorgfältig nach einer Reihe von Kriterien ausge-

wählt: kleinklimatische Aspekte wie die vorherr-

schende Windrichtung, Trinkwasservorkommen,

Baugrundverhältnisse, Exposition (Blitzschlag!),

Besonnung, Verfügbarkeit von Baumaterial, ver-

kehrstechnische Erschließung. Im Schwarzwald

speziell haben bewirtschaftungslogistische As-

pekte auf den zu bearbeitenden Flächen und die

Eigentumsverhältnisse der Flächen zu den spezifi-

schen Siedlungsmustern Streifenflur oder Haufen-

dorf geführt. Der Außenraum eines Gebäudes

hat mindestens eine ebenso große Bedeutung

wie das Haus selbst. Historischen Häusern im

Museumsdorf fehlt oft dieser Aspekt. Wenn der

Zusammenhang mit der Umgebung nicht mehr

spürbar ist, befinden wir uns dem Empfinden

nach in der Vorstadtsiedlung, in der die Bezie-

hung von Haus und Landschaft verloren gegan-

gen ist. Ein Haus im Schwarzwald steht also in

Beziehung zur Landschaft und bildet diese Be-

ziehung ab.

Die Faszination am Bild des Schwarzwaldhau-

ses rührt sicher auch von seiner archaischen

Erscheinung her: kompakte, geschlossene Bau-

körper mit tiefen Traufen, Verwendung von na-

türlichen Materialien wie Holz sowie Bruch- und

Lesestein. Solche Bauensemble begegnen uns

auf Kinderzeichungen: Haus, Baum, lachende

Sonne und Blumenwiese. Oft sind historische

Hofstellen auch landschaftlich markante Plätze.

Diese werden durch Hausbäume noch zusätz-

lich akzentuiert. Solche Hausbäume stärken

die Verankerung des Hauses in der Landschaft,

bieten natürlichen Blitz- und Windschutz und

haben eine positive Auswirkung auf die Regu-

lierung des Feuchtigkeitshaushalts in Kellerge-

schoss und Baugrund. Im Sommer spenden sie

Schatten, im Winter gewähren sie dem Licht

Durchlass.

Die Platzierung von Gebautem in der Landschaft

kann grundsätzlich zwei unterschiedlichen Hal-

tungen folgen: Der eingliedernde Ansatz führt

zu Bauten, die nicht auffallen. Sie zeichnen be-

wusst die Formen und Farben der umgebenden

Landschaften nach mit dem Ziel, zu einem ruhi-

gen Gesamtbild beizutragen – zum Beispiel die

klassischen Schwarzwaldhöfe. Der eigenständi-

ge Ansatz führt hingegen zu Bauten, die einen

Ort besonders auszeichnen. Diese Gebäude

haben eine besondere Präsenz im Landschafts-

bild. Sie setzen sich bewusst mit der Landschaft

auseinander, indem sie ihr einen neuen Akzent

verleihen. Ein wohlüberlegt gesetztes Zeichen

muss daher nicht unbedingt eine Beeinträchti-

gung des Landschaftsbildes sein, sondern kann

diesem im Gegenteil noch einen zusätzlichen

Reiz verleihen – sozusagen eine Akupunkturna-

del in der Landschaft.

Die klassischen Schwarzwälder Holzbauten

sind in Ständer-Bohlen-Holzbauweise konstru-

Page 27: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

27

iert: eine Art Fachwerkbausystem aus tragen-

den stabförmigen Holzbaugliedern wie etwa

Schwellen, Ständern und Streben, die nicht –

wie im Fachwerkbau üblich – mit Mauer- oder

Flechtwerk ausgefacht sind, sondern mit ge-

sägten Holzbohlen. Mit diesem Holzbausystem

lässt sich nahezu jede Bauaufgabe lösen: vom

Miniaturhaus in Form eines Milchhäusles zum

Kühlen von Essensvorräten am Brunnentrog

über Kleinbauten wie Speicher und Mühle bis

hin zur Großstruktur eines Schwarzwaldhofes.

Klassische Schwarzwälder Architektur wurde

also unter Anwendung heimischen Materials

handwerklich meisterhaft umgesetzt.

DAS SCHWARZWALDHAUS STIRBT AUSInfolge der touristischen Erschließung des

Schwarzwaldes im 19. Jahrhundert hat sich der

Eindachhof zum Markenzeichen für die gan-

ze Region entwickelt. Dazu haben natürlich

auch Nachkriegsfilme in Farbe wie „Schwarz-

waldmädel“ aus dem Jahr 1950 beigetragen.

Das Schwarzwaldhaus ist aber im Aussterben

begriffen. Heutzutage werden nahezu keine

Schwarzwaldhäuser mehr neu gebaut und die

historisch überlieferten Exemplare verschwin-

den schleichend, aber kontinuierlich und spür-

bar. Weshalb? Schwarzwaldhäuser haben sich

als hochoptimierte Funktionsgebäude für die

Feld-Gras-Wirtschaft herausgebildet. Heute

haben sich sowohl die landwirtschaftlichen

Bewirtschaftungsmethoden als auch die An-

sprüche z.B. an das Stallklima oder das Woh-

nen stark verändert. Die Tendenz heute geht zu

immer weniger und größeren landwirtschaft-

lichen Betrieben. Für eine Nutzung im Rah-

men von solchen landwirtschaftlichen Groß-

strukturen sind diese Häuser nicht geeignet.

Historisch gesehen war die Landwirtschaft im

Schwarzwald, je nach Landstrich, oftmals nur

ein wirtschaftliches Standbein neben anderen

Erwerbszweigen. Sie diente der Selbstversor-

gung mit Nahrungsmitteln und hatte nur ein

begrenztes Potential zu monetärer Wertschöp-

Abb. 19:

Ensemble ei-

nes Schwarz-

waldhofs im

Urachtal

Page 28: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

28

fung. Außerdem lassen sich viele Bauaufgaben

mit dem Programm und der Konstruktion eines

klassischen Schwarzwaldhauses gar nicht erfül-

len: Schule, Turnhalle, Hallenbad, Rathaus etc...

BAULICHE gESTALTUNg – gESTERN UND HEUTEDie sogenannte Heimatstilbewegung um 1900

war Ausdruck einer das Landleben und die Na-

tur idealisierenden Sehnsucht in Folge der indus-

triellen Revolution. Sie griff traditionelle regionale

Architekturformen aus der bäuerlich - profanen

Architektur auf. Diese flossen bei Neubauten

wie etwa Schulhäusern gestalterisch ein, aller-

dings meistens ohne Bezug zu ihrer eigentlichen

ursprünglichen Funktion. Dennoch verstanden

es die Architekten dieser Zeit, solche aus dem

Zusammenhang genommenen Formen gekonnt

und ästhetisch spannungsvoll neu zu arrangieren.

Vor allem nach dem 2. Weltkrieg ging die Sicher-

heit in der Gestaltung und im Umgang mit der

regionalen Architektur zusehends verloren. Dies

führte beispielsweise dazu, dass Wohnhäuser mit

Walmdächern versehen wurden, um einen regio-

nalen Bezug herzustellen. Bei bewohnten Dach-

geschossen hatte dies jedoch zur Folge, dass die

geschlossenen Dachflächen mit großen Gauben

unterbrochen werden mussten, und die beim

Schwarzwaldhaus so tiefen Traufen immer höher

rutschten. So ging die ruhig lagernde Erschei-

nung der Häuser, ein markantes Charakteristikum

der historischen Höfe, verloren. Zusätzlich hielten

auch formale Versatzstücke aus der bäuerlichen

Architektur des alpenländischen Raums Einzug,

wie etwa gewaltige Holzverkleidungen an beto-

nierten Balkonplatten, Erker und Ecktürme sowie

Skraffitoimitatbemalung. Bauten dieser Genera-

tion fehlt spürbar das authentische Element. Sie

wirken kitschig. Irgendwie spürt man, dass etwas

nicht stimmt, auch wenn es dem Betrachter oft

schwer fällt, die Gründe hierfür zu benennen.

Welche Schlüsse lassen sich aus diesen Zusam-

menhängen für unsere heutige Baukultur ziehen?

Solange es uns nicht gelingt, ein vergleichbares

“Markenzeichen“ wie das Schwarzwaldhaus als

Symbol für die Region neu zu erfinden, muss un-

sere ganze Energie der Erhaltung der noch vorhan-

denen gewachsenen Exemplare am angestamm-

Abb. 20:

Spielweg-

schule in

Münstertal,

erbaut

1911–1913

Abb. 21:

Apartment-

haus im

Schwarzwald

Page 29: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

29

ten Ort gelten; je näher an der ursprünglichen

(Vielzweck-) Nutzung, desto besser.

Die zu Beginn erläuterten Gestaltungsprinzipien,

die das historische Schwarzwaldhaus in seiner

jeweiligen regionalen Ausprägung und auf dem

Hintergrund der Neuerungen seiner jeweiligen

Entstehungszeit geformt haben, können auch

heute Inspirationsquelle für das zeitgenössische

Bauen in dieser sich in starkem Wandel befindli-

chen Kulturlandschaft sein. Es gilt auszuloten, in

welcher Form diese Prinzipien heute anwendbar

sind. Sicher ist aber, dass Formen, die unreflektiert

anderen Kontexten entnommen werden, in eine

Sackgasse führen. Oder mit den 100 Jahre alten

Worten des Architekten Adolf Loos ausgedrückt:

„Achte auf die Formen, in denen der Bauer baut.

Denn sie sind der Urväterweisheit geronnene Sub-

stanz. Aber suche den Grund der Form auf. Haben

die Fortschritte der Technik es möglich gemacht,

die Form zu verbessern, so ist immer diese Verbes-

serung zu verwenden. Der Dreschflegel wird von

der Dreschmaschine abgelöst. ... Fürchte nicht,

unmodern gescholten zu werden. Veränderungen

der alten Bauweise sind nur erlaubt, wenn sie eine

Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim al-

ten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von

Jahren alt, hat mit uns mehr inneren Zusammen-

hang als die Lüge, die neben uns schreitet.“ (Loos

1913: 13)

Die Enttäuschung über die Zerstörung prägen-

der Elemente der Kulturlandschaft und die min-

derwertige Gestaltqualität des Neugebauten

hat immer wieder dazu geführt, gewisse Ge-

staltungsprinzipien in Beispielfibeln oder Gestal-

tungssatzungen festzuschreiben. Meistens sind

diese Werke Sammlungen formaler architekto-

nischer Versatzstücke oder gebauter Beispiele.

Die Entstehung historischer Architektur und ge-

bauter Ensemble wird in der Regel nicht erklärt.

Damit fehlt aber das Verständnis für eine Fügung

der Formen, die ihrem Wesen auch tatsächlich

entspricht, geschweige denn, deren Weiterent-

wicklung ermöglicht. Eine große Ratlosigkeit ist

im Umgang mit neuen Bauaufgaben spürbar,

dieses Thema wird in solchen Schriften jedoch

meist komplett ausgeblendet.

Ein positives Beispiel für eine Gestaltungshilfe

wurde im Jahr 2008 vom Innerschweizer Heimat-

schutz (IHS) herausgegeben (siehe nächste Seite).

Die zentrale Botschaft ist in Form von acht Fragen

und einem jeweils dazugehörenden Grundsatz

gegliedert. Zu jedem der acht Kapitel gehört eine

Reihe weitergehender, differenzierender Fragen.

Hier wird nicht auf einer formalen, sondern auf

einer inhaltlichen Ebene operiert. Dies soll helfen,

eine kritische Auseinandersetzung im Zusammen-

hang mit dem Bauvorhaben in der Landschaft zu

führen und sich seiner architektonischen und kul-

turellen Bedeutung bewusst zu werden.

Stellt man sich als Bauwilliger, Planer oder Politi-

ker diesem Schweizer Fragenkatalog, so zeigt sich

darin eine verantwortungsvolle Haltung bei bauli-

chen Eingriffen in die Landschaft. Dies ist wichtig,

denn solche Veränderungen prägen unseren

Lebensraum nachhaltig. Das hat Auswirkungen

auf das Wohlbefinden der dort siedelnden Men-

schen. Und jede gute Gestaltung ist ein Beitrag

zur Erhaltung der Attraktivität und Eigenart un-

serer Region – und damit auch wichtig für das

Wertschöpfungspotenzial einer Tourismusregion.

Page 30: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

30

1. REELLE NOTWENDIgkEIT?Grundsatz: Für einen Neubau muss ein zwingendes Bedürfnis vorliegen.• Was ist das Problem? Ist es unumgänglich, an

diesem Ort zu bauen?

• Können die räumlichen Bedürfnisse mit einem

Neubau, einem Anbau oder einem Umbau an

diesem Ort langfristig befriedigt werden?

• Stehen allenfalls andere Möglichkeiten für die

Lösung des Problems zur Verfügung?

• Sind am dafür vorgesehenen Standort Terrain-

veränderungen notwendig?

2. NEUBAU ODER UMNUTZUNg?Der Erhalt und die Umnutzung eines beste-henden Gebäudes wird angestrebt, umso zwingender, wenn dieses die Landschaft positiv prägt.• Wurde eine sorgfältige Umbaustudie

ausgearbeitet?

• Welchen Stellenwert, welche Bedeutung hat

das Gebäude im Landschaftsbild?

• Wie beeinflusst das bestehende Gebäude das

Landschaftsbild?

• Welche Bedeutung hat die bestehende

Umgebung innerhalb des Landschaftsbildes?

• Werden das neue Gebäude und die neue Um-

gebungsgestaltung dieser Bedeutung gerecht?

3. ADäQUATE NUTZUNg?Die Nutzung muss sich mit der Umgebung ergänzen.• Verträgt sich die vorgesehene Nutzung mit

dem Ort und dem Umfeld oder stören sie sich

gegenseitig?

• Ist die vorgesehene Nutzung am vorgesehenen

Ort sinnvoll und nachhaltig?

• Welche Auswirkungen hat die beabsichtigte

Nutzung auf die Umgebung und auf die

Eigenart der Landschaft?

• Gibt die vorgesehene Nutzung einen positiven

Impuls für eine allfällige Entwicklung in der

Landschaft?

• Hält die beabsichtigte Nutzung die geltenden

Gesetze ein?

4. RICHTIgE LAgE?Die Stellung der Neubauten wirkt selbstver-ständlich. Der Neubau gliedert sich in die Landschaft ein.• Orientiert sich die Stellung des Gebäudes an

Mustern der Umgebung? Berücksichtigt sie die

Gegebenheiten der Topografie? Lässt sie sich

von historischen Vorbildern ableiten?

• Fügt sich das neue Gebäude sorgfältig in seine

Umgebung ein? Leistet es einen wertvollen

Beitrag zur Weiterentwicklung der örtlichen

Baukultur?

• Werden bestehende Bauten und Landschaft-

selemente im näheren Umfeld in das Projekt

miteinbezogen?

• Entsteht ein harmonisches oder ein

spannungsvolles Ensemble?

• Wird das gewachsene Terrain um das Gebäude

verändert und aus welchem Grund?

Page 31: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

31

5. QUALITäTvOLL gESTALTETER gEBäUDEköRPER MIT UMgEBUNg?Das Gebäude bildet mit seiner Umgebung eine Einheit.• Leiten sich die Größe des Gebäudes sowie

seine Proportionen von ortsüblichen Bauten ab?

• Fügen sich die Teile des Gebäudes, deren

Ausrichtung und seine neue Umgebung zu

einem harmonisch wirkenden Ganzen zusam-

men? Beeinträchtigen sie das Landschaftsbild?

• Handelt es sich um einen einfachen, ruhig

wirkenden Baukörper?

• Stellen der neue Gebäudekörper und seine

Umgebungsgestaltung eine neue, interessante

Interpretation der Örtlichkeit dar?

6. SORgfäLTIgE MATERIALISIERUNg UND kONSTRUkTION?Materialisierung und Konstruktion leiten sich aus dem Bestand ab.• Werden einfache und wenige Materialien für

die Gestaltung gewählt?

• Berücksichtigt die gewählte Materialisierung

des Objekts die bestehende Umgebung? In

welcher Art und Weise?

• Leiten sich die Konstruktionswahl und die

Umgebungsgestaltung aus dem Kontext des

Bestandes ab?

• Wird eine bewährte Materialisierung und

Konstruktion gewählt?

• Warum wird auf eine ortsübliche Materialisie-

rung und Konstruktion verzichtet? Wie ist die

neue Wirkung?

7. WOHLPROPORTIONIERTE fASSADE?Die Gestaltungsidee prägt das Gebäude.• Besteht die Gestaltung aus wenigen, klaren

und gut proportionierten architektonischen

Elementen?

• Sind die einzelnen gestalterischen Elemente

aufeinander abgestimmt? Integriert sich die

Gestaltung des Gebäudes durch ihre materielle

und künstlerische Qualität?

• Wirken die Fassaden ruhig und ausgewogen?

Integrieren sich Dachausbauten, Fassadenvor-

sprünge und Fassadeneinteilung des geplanten

Gebäudes in die bestehende Umgebung?

• Ist eine gut gestaltete und strukturierte

Gesamtidee ersichtlich?

• Eignen sich die gewählten gestalterischen

Mittel, um einem privilegierten Ort in der

Landschaft seinen einmaligen Charakter zu

bewahren oder gar zu verstärken?

8. ANgEMESSENE fARBgEBUNg?Das Gebäude erscheint im Landschaftsbild entsprechend seiner Farbgebung.• Hat die Farbgebung eine beruhigende

Wirkung auf das Landschaftsbild?

• Mit welchen Farben der Landschaft hat die

neue Farbgebung etwas zu tun? Wurde die

Farbgebung auf die Umgebung abgestimmt?

• Besteht bezüglich der Farbe eine Beziehung

der Bauten untereinander?

• Stellt die neue, expressive Farbgebung eine

interessante Interpretation der Örtlichkeit dar?

• Ist die Wirkung des Gebäudes im Landschafts-

bild seiner Bedeutung angemessen?

Gestaltungs-

hilfe Inner-

schweizer

Heimatschutz

Abgedruckt

mit freundli-

cher Genehmi-

gung des

Innerschweizer

Heimatschutz

Page 32: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Abb. 22:

Findling,

Baum und

Mähwiese

zwischen

Geschwend

und Präg

BAUEN IN DER LANDSCHAfT: DER fINDLINg UND DER BAUMDas Leben im Schwarzwald wurde seit dem 19.

Jahrhundert immer stärker romantisch verklärt.

Eigentlich war die Existenz in hohem Maße von der

Natur geprägt, sehr stark auch durch deren Unwirt-

lichkeit. In der Architektur hat sich dies als Kargheit

niedergeschlagen und so wurde dieses damalige

Leben unmittelbar baulich abgebildet. Die Fähig-

keit, die begrenzten Mittel geschickt zu nutzen, hat

aber gleichzeitig auch einen unglaublichen Reich-

tum der Formen hervorgebracht.

Findling, Bäume und eine Mähwiese – eine Situ-

ation, wie man sie in der Landschaft immer wie-

der antrifft. Hier haben Menschen wahrscheinlich

über mehrere Generationen hinweg immer wie-

der Steine weggesammelt und sind so zu einer im-

mer größeren bewirtschaftbaren Fläche gelangt.

Viel Schweiß und Muskelkraft waren nötig, um zu

diesem Ergebnis zu gelangen. Der große Findling

aber blieb liegen, weil der Aufwand, ihn mit den

damals zur Verfügung stehenden Mitteln zu ent-

fernen, in keinem Verhältnis zum Nutzen stand.

Bemerkenswert ist, dass uns solche landschaftli-

chen Elemente heute tief berühren und irgendwie

vertraut sind. Und vielleicht spricht uns ein histo-

rischer Schwarzwaldhof mit großem Hausbaum

deshalb so stark an, weil dieses Ensemble eine so

starke Analogie zu uns vertrauten Landschafts-

elementen aufweist. Kneift man beim Betrachten

die Augen zu, so könnten Haus und Baum auch

Findling und Baum sein. Auf jeden Fall tragen die

Eingriffe des Menschen aus früheren Zeiten immer

auch seinen menschlichen Maßstab.

Heute sind wir im Besitz einer Unzahl von techni-

schen Möglichkeiten, und wir sind imstande, beim

Bauen nahezu jedes Problem zu lösen. Aber die

uns berührende, zurückhaltende, stimmige bauli-

che Intervention in und mit der Landschaft gelingt

uns heute nur noch selten. Sie entsteht nicht mehr

automatisch und unbewusst, so wie damals, als

Menschen mit ihren aus heutiger Sicht begrenzten

Mitteln in die Natur eingegriffen haben. Im Gegen-

teil: sie muss heute ganz bewusst gesucht und ge-

staltet werden. Im Folgenden werden drei neuere

Beispiele des ländlichen Bauens aus der Schweiz

vorgestellt, die ganz bewusst gestaltet worden

sind und die so auch vor der Gebietskulisse des

Abb. 23:

Hof mit

Hausbaum in

Bernau

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Abb. 24:

Schulhaus

Paspels

(Schweiz),

1998, Arch.

Valerio Olgiati

Naturparks Südschwarzwald denkbar wären. Zwei

Beispiele stammen aus dem Bereich des landwirt-

schaftlichen Bauens, obwohl diese Bauaufgaben

heute im Schwarzwald nur noch einen kleinen Teil

von Baumaßnahmen ausmachen. Dennoch lässt

sich anhand von solchen Bauvorhaben die geglück-

te Anwendung und Neuinterpretation von Gestal-

tungsprinzipien anschaulich erklären.

Beispiel 1: Schulhaus PaspelsHeute gibt es neuzeitliche, aus Beton gebaute

Häuser, die in ihrer Erscheinung wie ein Findling

gestaltet sind wie etwa das Schulhaus in Paspels

von Architekt Valerio Olgiati. Wir vermissen zwar

einen dazugehörenden Hausbaum, aber wieso

bauen wir im Schwarzwald nicht auch lieber Find-

linge anstatt schlecht geratener, nicht verstande-

ner Kopien von Schwarzwälder Bauernhäusern,

die eigentlich eine Schule sein möchten?

Beispiel 2: Ziegenalp PuzzetaDie Gebäude der Alp Puzzetta am Lukmanierpass

stehen hier keck, und doch gleichzeitig zurück-

haltend und integriert in der Landschaft. Bewirt-

schaftet werden sie gemeinsam durch das „Berg-

waldprojekt“ und die örtliche Alpkorporation. Hier

werden in den Sommermonaten Ziegenkäse, Ziger

und Alpbutter produziert, und gleichzeitig wird

ein Beitrag zur Biodiversität und zur Erhaltung der

alpinen Kulturlandschaft geleistet. Die Baukörper

sind sowohl innen als auch außen abgetreppt und

reagieren so in ihrer Form und Bewirtschaftungwei-

se auf den geneigten Hang. Außen das schützende,

unterhaltsarme Blech, innen eine Auskleidung aus

heimischem Holz – für die Ziegen als auch für den

Menschen. Die roten Blechtafeln wecken eine Erin-

nerung an rostiges Blech, wie wir es von alpin gele-

genen Alpsiedlungen kennen. Mit der Farbgebung

wurde ein Alterungsprozess auf eine künstlerische

Art schon vorweggenommen. Die Aneinanderrei-

hung von einzelnen Hauskörpern suggeriert, dass

hier immer mal wieder angebaut worden ist. Dies

alles führt dazu, dass wir das Gefühl haben, die-

ses Gebäude sei sukzessive gewachsen und stünde

schon viel länger an diesem Ort als dies tatsächlich

der Fall ist.

Abb. 25:

Ziegenalp

Puzzetta,

(Graubünden

Schweiz),

2003–2005,

Arch. Gujan

und Pally

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34

Beispiel 3: Laufstall, Ligniéres, Kanton Neuenburg Das Beispiel aus dem Neuenburger Jura ist eine

gelungene zeitgemäße Interpretation des Themas

Scheune. Sie wurde vornehmlich mit Holz aus

dem Wald des Bauherrn gebaut. Ein einfacher,

klarer Gebäudekörper mit neuartiger Fassade und

einem Minimum an architektonischen Gestal-

tungselementen führt zu einer ruhigen Gesamter-

scheinung. Dies trägt zur guten Integration in das

Landschaftsbild bei.

UMBAU DES BESTANDES: ZWISCHEN TRADITION UND INNOvATIONGenauso wie eine bauliche Intervention in der

Landschaft ein hohes Maß an Einfühlungsvermö-

gen erfordert, so verhält es sich auch bei Eingrif-

fen in bestehende, überlieferte Gebäude. Zwei

Beispiele:

Beispiel 1: Brehehuus in MittelheubronnEin Beispiel für einen zeitgemäßen architekto-

nischen Umgang mit wertvoller traditioneller

Bausubstanz auf dem Land ist die behutsame

Restaurierung des Brehehuus, eines historischen

Eindachhofs von 1809 im Weiler Mittelheubronn

am Fuße des Schwarzwälder Belchens. Die Trag-

struktur dieses Hauses war, gemessen an ihrem

Alter, in einem relativ guten Zustand. Wie so

oft, standen hier aber Modernisierungsmaßnah-

men im Bereich Heizung, Sanitär, Elektro und

Wärmeschutz an. Zunächst wurde von dem zum

Großteil in Ständer–Bohlen–Holzbauweise erbau-

ten und stellenweise recht verformten Haus eine

genaue Bestandsaufnahme angefertigt. Dies war

die Grundlage für speziell auf dieses Gebäude

zugeschneiderte Sanierungslösungen, die in den

Jahren 1999 – 2003 umgesetzt wurden.

An der ursprünglich als Schauseite zur Straße hin

ausgebildeten Fassade wurden bauliche Eingrif-

fe, die in der Vergangenheit eine Zerstörung der

Ständer-Bohlen-Struktur zur Folge hatten, zurück-

gebaut und die Bohlengefachstruktur wieder repa-

riert und hergestellt. Die Belichtung erfolgt nach

vollendeter Sanierung nun wieder über Kopien

von Holz-Schiebefenstern, gefertigt nach histori-

schem Befund und ausgebildet als Kastenfenster

mit besseren Wärmedämmeigenschaften. Solche

historischen Schiebefenster sind nicht nur wichtige,

Abb. 26:

Laufstall

Ligniéres,

(Kanton

Neuenburg

Schweiz),

2005, Arch.

Local

architecture

Lausanne

Abb. 27:

Schiebe-

fenster, Süd-

schwarzwald,

vermutlich

19. Jh.

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35

Abb. 28:

Ständer-

Bohlen-Wand

mit tranparen-

ter Bohle, Mit-

telheubronn,

1999 – 2003,

Arch. Florian

Rauch

gestaltbestimmende Bauteile für ein Gebäude, son-

dern sie faszinieren auch durch ihre Konstruktion.

Sie wiederholen das Prinzip von Ständer und Bohle,

also von Tragwerk und Ausfachung, in verkleiner-

ter Dimension. Die Rahmenhölzer und die Sprossen

des Fensters entsprechen bei diesem Vergleich dem

Tragwerk des Hauses, die Glasscheiben der Bohlen-

ausfachung. Die fügende Verbindung funktioniert

im Großen wie im Kleinen durch Schlitz und Zap-

fen, Holznägel sowie Nut und Feder – ganz ohne

Metall geschweige denn Klebstoff.

Warum dieses Prinzip der eingenuteten Glasschei-

be eigentlich nicht auch umgekehrt im größeren

Maßstab der Ständer-Bohlen-Wand anwenden,

zumal wir ja heutzutage in der Lage sind, großflä-

chige, wärmedämmende Isolierglasscheiben her-

zustellen? An den Längsseiten des Hauses wurde

auf dieses Prinzip zurückgegriffen und jeweils die

oberste Wandbohle eines jeden Bohlengefaches

durch eine Isolierverglasung in der gleichen Di-

mension ersetzt. In der Folge gelangt so viel mehr

Licht unter dem weiten Dachvorsprung in die

Kammern – ein nahe liegendes Bedürfnis, wenn

man eine Kammer, die zum Lagern von Material

und Vorräten bestimmt war, heute zum Wohn-

raum umfunktioniert. Und trotzdem fügt sich die-

ses neue Detail des „transparenten Bretts“ ganz

unauffällig in die alte Bohlenwand ein. Darüber

hinaus ist so eine rahmenlose, als Festverglasung

ausgebildete Belichtungslösung sehr wirtschaft-

lich, weil auf komplizierte Beschläge verzichtet

werden kann – ein Schwarzwälder Bauprinzip!

Beispiel 2: Haus des Gastes in Höchen-schwandIn den 1990er Jahren geriet der Höhenkurort

Höchenschwand, durch die Gesundheitsreform,

in eine tiefgreifende Strukturkrise. Damit einher

gingen wirtschaftliche und soziale Probleme.

Von den in den 1980er Jahren betriebenen fünf

Kur- und Rehakliniken sind heute noch drei

übrig geblieben. Höchenschwand steht nun vor

der großen Herausforderung, sein Image vom

Höhenkurort hin zu einem zeitgemäßen, identi-

tätsstarken Schwarzwälder Tourismusziel zu ver-

ändern.

Das neue Selbstverständnis des Dorfes konnte nun

anlässlich einer anstehenden Innenrenovation des

„Haus des Gastes“ architektonisch abgebildet und

dadurch nach außen getragen werden. Im Entwurf

des 1979 – 81 erbauten Mehrzweckbaus ist eine

starke Auseinandersetzung des Waldshuter Archi-

tekten Otto Thoss (1922 – 2009) mit dem Thema

des Bauens in den Höhenlagen des Schwarzwal-

des spürbar: ausladende Dachüberstände, weite

Zelt- und Pultdächer, die sich mit ihren Dachflä-

chen schützend über den Baukörpern erheben.

Die ganze bauliche Anlage ist geschickt in den

Hang des abfallenden Grundstücks integriert, so-

dass das gewaltige Gebäudevolumen sich in die

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Maßstäblichkeit von Dorf und Landschaft einfügt.

Das Foyer entpuppte sich nach einer intensiven

Gebäudeanalyse als Bereich mit dem größten und

dringendsten Eingriffsbedarf. Über die Jahre hat-

te sich dort allerlei den Blick Verstellendes ange-

sammelt und die Oberflächen wirkten verbraucht.

Im Gegensatz zu den anderen Bereichen im Haus

spürte man hier am wenigsten einen Bezug zu ei-

nem Schwarzwaldort auf 1000 Metern über dem

Meer. Überspitzt ausgedrückt: Dieser Raum hät-

te Teil auch einer Autobahnraststätte oder einer

Sparkassenschalterhalle sein können. Dabei ist

dies eine der bedeutendsten Adressen im Dorf,

denn hier gewinnt ein von Ferne angereister Be-

sucher einen ersten wichtigen Eindruck von Hö-

chenschwand.

Wie nun einen Ortsbezug herstellen? Die Heraus-

forderung bestand darin, einen Raum zu schaf-

fen, der Geborgenheit wie eine Schwarzwälder

Stube gibt und andererseits so öffentlich ist wie

ein Marktplatz. Die Überlagerung dieser beiden

Themen bildete das Entwurfskonzept für die Um-

gestaltung. Die neue Wandverkleidung wurde

aus Schwarzwälder Weißtanne gefertigt. Dieser

Baustoff ist über Jahrhunderte wegen seiner Ver-

fügbarkeit und seiner Robustheit für das Trag-

werk, aber auch für die Innenausstattung bei den

hiesigen traditionellen Holzbauten verwendet

worden. Was lag also näher, als bei dieser Bau-

aufgabe diese Bautradition wieder aufleben zu

lassen und dadurch an den Ort, seine Geschichte

und Baukultur anzuknüpfen? Sowohl eine groß-

zügige Eckbank als auch die Wandverkleidung ist

dem Motiv der Schwarzwälder Stube entlehnt.

Durch die senkrechte, feinjährige Maserung der

Schicht Platten aus dem Holz der Weißtanne er-

hält der von seiner Baustruktur her recht niedrige

Raum eine vertikale nach oben strebende Dimen-

sion. Diese räumliche Absicht wird von den kegel-

stumpfförmigen Lichtkuppeln in der Decke noch

verstärkt. Diese sind Teil der neuen geweißelten

Gipsdecke. Diese Decke ist lebhaft, und trotzdem

trägt sie zur ruhigen, konzentrierten Atmosphäre

im Foyer bei. Der beruhigte Raum kann nun

Marktplatz sein, aber auch Bühnenhintergrund

für Veranstaltungen und Ausstellungen.

Das Beschriftungskonzept steht in der Tradition

der Schwarzwälder Holzschnefler und Schnitzer:

Abb. 29/30:

Haus des

Gastes in

Höchen-

schwand.

Foyer vor und

nach dem

Umbau.

Arch. Axel

Dietrich und

Florian Rauch

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Buchstaben und Schriftzüge wurden direkt mittels

neuzeitlicher CNC-Frästechnik in die Weißtannen-

dreischichtplatten „geschnefelt“. Der Imagewan-

del ist auch in der Umbenennung von „Kursaal“

in „Großer Saal“ vollzogen. Im Haus des Gastes

offenbart sich dem Besucher nach dem Umbau

ein Schwarzwald zwischen Tradition und Innova-

tion. Bleibt zu hoffen, dass die Gemeinde bei der

Einrichtung und Bespielung dieses umgestalteten

Raumes die neue Idee mit Mut aufgreift. Dies gilt

auch für den unmittelbaren Aussenraum vor dem

Haus des Gastes: Hier liegt eine fertige Planung

für eine zeitgemässe Umgestaltung in der Schub-

lade, die noch ihrer Ausführung harrt. Aber auch

über den unmittelbaren Aussenraum hinaus: Die

Landschaft ist im Selbstverständnis des Ortes das

stärkste Identifikationsmerkmal. Eine Analyse hat

aber gezeigt, dass das starke Wachstum vom

bäuerlich geprägten Haufendorf hin zum prospe-

rierenden Kurort auch dazu geführt hat, dass die

Landschaft im Dorf selber kaum mehr spürbar ist.

Die Bauten aus der Frühzeit des Kurbetriebs füg-

ten sich noch harmonisch ins Dorfbild ein. In der

zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aber entstan-

den grosse Kurklinikkomplexe, die den Massstab

sprengten und den Bezug zur Landschaft verstell-

ten.

Warum also nicht den Mut zeigen, und die

zwei seit Jahren leer stehenden Kurkliniken zu-

gunsten der Wiederherstellung eines grösseren

Landschaftsbezugs einfach abreissen? Dieser

Vorschlag mag im ersten Moment vielleicht er-

schrecken. Wer soll das bezahlen? Doch könnte

diese Strukturkrise nicht der Anlass sein, das im

Grunde viel zu schnell und einseitig gewachsene

Dorfbild im Sinne einer verbessernden Korrektur

wieder zu reparieren? Im Osten Deutschlands

wurde so etwas unter dem Motto „gestaltender

Rückbau“ bereits erfolgreich erprobt.

RESüMEENur wer sich traut, einen Entwicklungsschritt

selbst zu gehen, wird am Ende dafür auch belohnt

werden. Das ist überall so auf der Welt, auch im

Schwarzwald. Wir sollen und dürfen unserem

heutigen Leben in dieser Raumschaft einen eige-

nen zeitgemäß gestalteten Ausdruck verleihen.

Wie schön, wenn später einmal gesagt werden

kann: Ein reicher, wertvoller Fundus tut sich dem

auf, der sich mit den gewachsenen Landschafts-

und Baustrukturen des Schwarzwaldes beschäf-

tigt. Hier ist Kontinuität im Wandel spürbar.

Dipl.-Ing. Florian Rauch Bauforscher und Architekt TH SIA

bau kultur landschaft

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39

An den Anfang meines Textes stelle ich einige Schlüsselthemen, die die Situation der Menschen „auf dem Wald“, so sagt man hier, beleuchten. Nach ein paar Worten zur Regionalpolitik der letzten Jahrzehnte und der damit einhergehenden konservativen Be-handlung der Kulturlandschaft geht es zum Schluss um „Baukultur“ oder die Wechselwir-kung von Architektur und Sehgewohnheiten.

DöRfERViele Dörfer sind soziokulturell noch intakt, es

gibt gut funktionierende Dorfgemeinschaften

und Vereine. Man sagt, dass der Schwarzwälder

durchschnittlich in sieben Vereinen tätig sei. Die

im städtischen Raum oft vermisste Nachbar-

schaftshilfe ist auf dem Land noch gelebte Selbst-

verständlichkeit. Hier wird schon ein Ungleichge-

wicht sichtbar: Sorgen in der Stadt oft jede Menge

hochsubventionierte soziale und kulturelle Einrich-

tungen für einen Rest an Miteinander, ist im Dorf

das unbezahlte Ehrenamt oft Leistungsbringer für

alles Mögliche. Trotzdem oder gerade deshalb:

die intakte Gemeinschaft ist für Neubürger (ja, es

gibt ein paar) und für die, die bleiben, das stärkste

Argument, auf dem Wald zu leben.

MARkE “SCHWARZWALD“Jeder Werber muss vor Neid erblassen, wenn er

sieht, dass die Marke “Schwarzwald“ auch ohne

irgendeine Werbestrategie weltweit ein posi-

tiv belegter Begriff ist. Vielleicht liegt es an der

guten Übersetzbarkeit des Namens, der in vie-

len Sprachen gut klingt und eine gewisse Mys-

tik mitschwimmen lässt: Black Forest, Forêt Noir,

Silva Negra, Foresta Nera. Sicher tragen auch die

wenigen bis über die Schmerzgrenze hinaus repe-

tierten Motive wie Kuckucksuhr und Bollenhut mit

ihrer hohen Wiedererkennbarkeit dazu bei. Man

kennt den Schwarzwald also weltweit, er gehört

zu den „nice to have“ welttourender Amerikaner,

Japaner und Chinesen. Daneben wird der Tages-

tourismus aus dem näheren Umfeld immer wichti-

ger, weil die 3-Wochen-Ferienfamilien immer rarer

werden. Das gastronomische Angebot hat seine

Höhepunkte, zur übrigen Gastronomie ausführli-

cher unter den folgenden Punkten, die beschrei-

ben, was im Schwarzwald schlecht läuft.

LANDWIRTSCHAfTDie Landwirtschaft ist hier permanente Subven-

tionswirtschaft. Für die Betreiber lohnt sie meist

nicht, 98% der landwirtschaftlichen Betriebe sind

Nebenerwerbsbetriebe. Trotz aller möglichen Sub-

ventionen schaffen es nur ganz wenige, meist

sehr große Betriebe, ohne zusätzliche Einkünfte

durchzukommen. Bei den anderen läuft es so: Man

kommt nach acht Stunden Arbeit abends zurück

auf den Hof und macht dort weiter, wo man am

Morgen vor der Arbeit aufgehört hat. 14-Stun-

dentage sind keine Ausnahme. Die nachfolgende

Generation der meisten Nebenerwerbslandwir-

te hat dazu kaum Lust, und so kommt es zum

Höfesterben. Dabei werden im Schwarzwald Spit-

zenprodukte erzeugt wie das Hinterwälder Rind-

fleisch. Man kauft es grob zerlegt für ca. 8 €/kg,

so billig wie das Discounterfleisch aus Massentier-

haltung. Das gleiche gilt für Geißenfleisch, Milch,

Käse und so weiter. Aber die Erzeuger können ihre

Produkte nur schwer vermarkten. Am besten lässt

sich das bei den Geißen zeigen: Da zogen in den

letzten zwei Dekaden die Landwirtschaftsberater

und Naturschützer durch die Dörfer und priesen die

Geißen als die Könige der Offenhaltung, man erin-

SCHWARZWALD - EIN “RUNDUMSCHLAg”gERHARD ZICkENHEINER

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nerte an alte Zeiten, in denen die Geiß zu jedem

Hof gehörte, und ermunterte jeden, sich diese wie-

der anzuschaffen. Der brave Landwirt folgte dem

Rat, viele Dörfer gründeten eigens Geißenvereine

und erzielten ein paar Erfolge in der Offenhaltung.

Kein Mensch hatte sich jedoch Gedanken

gemacht, wohin mit dem Geißenfleisch oder

wie man mit ihm gar etwas verdienen könnte.

Um ein Produkt zu vermarkten, das auf unse-

rem Speiseplan nicht mehr vorkommt, bedarf

es jedoch einer Strategie, die sämtliche an der

Wertschöpfungskette Beteiligten einschließt,

in diesem Fall neben dem Landwirt die Metz-

gereien, die Restaurants, die Tagespresse und

die Gastrojournalisten, die Rezepte publizieren.

Mit einer besseren Logistik und guter Werbung

würden sich dann auch höhere Preise erzielen

lassen. Die Schweiz macht es vor. Gitzischul-

ter kostet dort mehr als das Dreifache wie

im Schwarzwald und gilt als Delikatesse. Im

Schwarzwald geben die ersten frustrierten Gei-

ßenvereine dagegen wieder auf.

OffENHALTEN DER LANDSCHAfTDie Landwirte werden zum „Erhalt der Kul-

turlandschaft“ dafür bezahlt, dass sie den

Wald zurückhalten. Diese aufwendige Arbeit,

das „Enthursten“ wird ein bisschen subven-

tioniert. Für wen hält der Landwirt die Land-

schaft eigentlich offen? Wächst alles zu, sieht

man keine Kulturlandschaft mehr, dann bleiben

die Touristen daheim, sagen Tourismusexperten.

Allerdings verwundert es, dass der Tourismus

und die Städte, die vom Naherholungsgebiet

Südschwarzwald profitieren, außer dem biss-

chen Geld für die Offenhaltung keinerlei Trans-

ferleistungen für diese Attraktivitätssicherung

an die Landwirtschaft leisten.

TOURISMUSViele sehen in Tourismus und Naherholung die ein-

zige Chance, den Schwarzwald wirtschaftlich am

Leben zu halten. Tatsächlich gab es große Zeiten,

in denen Orte wie Hinterzarten, Menzenschwand

die Prominenz der Republik zu Gast hatten und

Tourismusgeschichte schrieben. Stolze Häuser er-

zählen heute noch die Geschichte dieser Epoche,

Abb. 31:

Geißen im

Südschwarz-

wald

Abb. 32:

Blick auf den

Südschwarz-

wald, offen

gehaltene Kul-

turlandschaft

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41

sie haben sich oft bis heute nicht verändert. Der-

selbe Spannteppich und das Spinnrad in der Ecke

müffeln dem meist älteren Publikum entgegen,

das oft schon Jahrzehnte kommt und Verände-

rungen gar nicht mag. Trotz Inflation sind die Prei-

se jahrzehntelang fast gleich. “Trading-Down“-

Prozess nennt man das in den Innenstädten. Es

gibt zum Glück Ausnahmen, moderne Hotels und

Gästehäuser mit hochwertiger Gastronomie und

einer Speisekarte, die regionale Produkte zeitge-

mäß anbietet. Für die jüngeren Touristen ist das

Angebot mager: Sportler haben es außerhalb

der Wintersaison, die öfter fast ausfällt, schwer.

Mountainbiker sind vielen Stammgästen eher ein

Dorn im Auge und das kulinarische Angebot um

die Wintersportzentren ist oft fatal: der Friteusen-

nebel um den Feldbergpass ist schon Legende.

Nichtsdestotrotz bewegen sich die Übernach-

tungszahlen auf akzeptablem Niveau, auch wenn

sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer extrem

verkürzt hat.

ERREICHBARkEITNeben der schönen Landschaft profitiert der

Schwarzwald von seiner geografischen Situati-

on. Im Zentrum Europas liegend finden sich in

seinem 200 km-Umkreis gleich mehrere Metro-

politanräume. Das bedeutet nicht nur, dass viele

Tages-, Wochenend- und Ferientouristen schnellen

Zugriff auf ihn haben, sondern auch, dass man

im Schwarzwald leben und außerhalb arbei-

ten kann. Man ist nicht ganz „ab vom Schuss“.

Wer jedoch versucht mit dem öffentlichen Per-

sonenverkehr von Bernau aus in das 50 km

entfernte Lörrach zu kommen und am gleichen Tag

zurück, der hat es nicht leicht, wenn er dazwi-

schen noch etwas in Lörrach erledigen will. Wir

reden über eine Distanz von Luftlinie 32 km. Von

Lörrach komme ich problemlos mit dem Snow-

board unterm Arm in drei Stunden nach Grindel-

wald in der Schweiz. Ich steige aus dem Zug in

200 m Entfernung vom Skigebiet aus und schaffe

es abends zur Tagesschau wieder zuhause zu sein.

Die schlechte Erreichbarkeit der Schwarzwalddör-

fer ist gerade für junge Menschen oft nicht akzep-

tabel. So im „off“ zu leben wollen sie nicht, also

gehen viele.

HANDWERk Eine der ersten Assoziationen, die man beim

Begriff Schwarzwald hat, sind die Produkte des

Kunsthandwerks, meist gnadenlos verkitscht,

wenige hochwertig. Einige Familienbetriebe er-

reichen auch heute noch mit ihren Produkten

internationales Renommee, es sind wenige und

oft ist die Nachfolge klar geregelt: sie fällt aus und

der Betrieb wird in absehbarer Zeit verschwinden.

War der Schwarzwald früher eine Hochburg des

Handwerks und später der Feinmechanik, so erlei-

det er gegenwärtig das Schicksal aller dezentralen

Räume mit schwacher Infrastruktur: Gewerbe und

Industrie ziehen sich zurück in die Täler, möglichst

nahe an die logistischen Synapsen in den Agglo-

merationen. Nur die verhältnismäßig günstigen

Arbeitsplätze und das immer noch hohe hand-

werkliche Niveau bewirken, dass sich ganz wenige

Firmen wie der Meßgerätehersteller Testo in Lenz-

kirch gut halten und einige wenige Gewerbege-

biete wie das in Bernau florieren.

REgIONALE gESCHICHTEUm das alles einordnen zu können, hilft ein kurzer

Blick in die Geschichte: Der Schwarzwald südlich

des Feldbergs unterstand dem Kloster St. Blasien.

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Das Kloster schickte Bauern und Waldarbeiter, den

Schwarzwald zu erschließen. Man betrieb Berg-

bau und nutzte das Holz zur Erz- und vor allem

Glasherstellung oder verkaufte es. Die Erschlie-

ßung des Südschwarzwalds war kein schlechtes

Geschäft, das Kloster war reich. Im Bereich des

Klosters war die Erbteilung üblich. In der Folge

wurden die immer wieder geteilten Höfe zu klein,

um ihre Bewohner zu ernähren, sie hungerten. So

erfand man im Kloster eine Möglichkeit, zusätzli-

che Einnahmen zu generieren: das „Schnefeln“,

das Produzieren aller möglichen Gebrauchsgegen-

stände aus Holz in Heimarbeit. Das Kloster baute

ein gut organisiertes Vertriebssystem auf, das halb

Europa bediente. Diesen humanen Akt ließ sich

das Kloster mit 25% der Einnahmen aus den vor-

industriellen Produktionsformen vergolden, und

die Bevölkerung konnte weiter wachsen.

Im Schwarzwald hatte man sich an die Heimarbeit

neben der Landwirtschaft gewöhnt, ein prächti-

ger Nährboden für die aufkommende dezentrale

Textilproduktion. Am Spinnrad wurde gesponnen

und an Heimwebstühlen wurde gewoben. Abends

und im Winter musste jeder mithelfen, dem die

Finger noch nicht abgefroren waren. Die Indust-

rialisierung konzentrierte die Arbeitsplätze im Tal

und die Leute folgten. Nun wurde tagsüber in

Schichten produziert und die Landwirtschaft blieb

am Rest der Familie hängen oder wurde morgens

und abends verrichtet. Das ist heute noch so. Die

Besitzer der Fabriken saßen nicht mehr im Kloster,

das 1806 säkularisiert wurde, sondern in Basel.

Diese Betriebe bildeten die Vorläufer der heuti-

gen chemischen und Life-Science Industrie. Im

Schwarzwald blieb von der Wertschöpfung in bei-

den Fällen nicht viel hängen.

WIRTSCHAfTLICHE POTENZIALEEine Chance für die Zukunft des Schwarzwal-

des liegt in der Energiewirtschaft. Energie wird

teurer und auch heute ist schon klar, dass viele

kleine Energieproduktionen vorteilhaft für die

Versorgungssicherheit sind. Dazu müssen zwei

Bedingungen erfüllt sein: Zum einen müssen alle

vorkommenden Energiearten optimal genutzt

werden. Schließlich gibt es im Schwarzwald neben

Wind auch schnell fließendes Wasser, Sonne, Holz

für Hackschnitzel und alles Mögliche für Biogas.

Die zweite Bedingung ist fast schon Grundlage für

die Erfüllung der ersten, aber auch sozio-ökono-

misch von fundamentaler Bedeutung: Die Energie

und ihr Ertrag müssen in die Hände der Menschen

im Schwarzwald gelangen. Es ist ihr Land, das

ihnen diese Ernte ermöglicht. Das ist aktuell von

vorrangiger Bedeutung bei der Zuteilung von

Standorten zur Gewinnung von Windenergie. Die

Erträge können helfen, andere Energieträgerpro-

duktionen wie Turbinen und Hackschnitzelerzeu-

gungsanlagen zu finanzieren. Man muss aufpas-

sen, dass es nicht wieder die großen Konzerne

sind, die sich die Erträge holen und den Schwarz-

wald mit Almosen abspeisen.

Potenziale stecken in den Bereichen des Tourismus,

die man bisher ein bisschen verschlafen hat: z.B.

Mountain Bike, Downhill, Freeclimbing, Paragliden

und andere Trendsportarten. Verschiedene Alters-

gruppen betreiben sie und der Schwarzwald ist

prädestinierter Ausübungsort für alle diese Sport-

arten. In Kombination mit guten Wellnessangebo-

ten und einer zeitgemäßen Gastronomie könnten

hier neue Marktsegmente erschlossen werden, die

zukunftssicherer sind als die Generation 70plus,

die das heutige Bild des Tourismus prägen.

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43

Chancen bieten auch die Regionalprodukte,

deren Vermarktung bisher eher „pragmatisch“

von statten geht. Hier kann man sich überall im

angrenzenden Ausland anschauen, wie Qualität in

Wert gesetzt werden kann.

REgIONALENTWICkLUNg UND föRDERPOLITIkWenn man untersucht, warum das alles nicht

längst passiert ist, dann stößt man darauf, dass

im Schwarzwald meist punktuell und unkoordi-

niert investiert wird. Gezielte, strukturierte und

flächig wirksame Regionalentwicklung ist die

Ausnahme. Die bestehenden Förder- und Ent-

wicklungswerkzeuge sind außerdem mit zu wenig

Mitteln ausgestattet. Man fühlt sich manchmal an

Entwicklungshilfeformen der 1960er Jahre in Dritte-

Welt-Länder erinnert: Es wird punktuell Geld

gegeben, um den Mangel zu lindern, und dabei

verkannt, dass bei ausreichender Mittelausstat-

tung erfolgversprechender Projekte auch Erfolg

resultiert.

LANDSCHAfT UND NACHHALTIgkEITEines der meistgenannten Schlagworte, das unre-

flektiert seit Jahren genannt wird, ist der “Erhalt

der Schwarzwälder Kulturlandschaft“. Gemeint

ist damit, dass möglichst alles beim Alten bleiben

soll: Das Land soll offen bleiben, nicht vom Wald

überwuchert werden. Man tut so, wie wenn es

schon immer nur grüne Wiesen im Wechsel mit

Waldflächen gegeben hätte, und übersieht dabei,

dass 50 Jahre früher Wiesen im Wechsel mit klein-

teiligen Getreide- und Gemüsefeldern neben dem

Wald das Bild dominierten.

So erhält man eine unwirtschaftliche, unwirkliche

Form der Kulturlandschaft, die sich in ihrer heuti-

gen Form ohne Subventionen kaum erhalten lie-

ße. Dabei weisen die Flächen der Graswirtschaft

sogar nur eine sehr geringe Biodiversität auf. Das

ist in sich wenig schlüssig. Durch die heutigen

Subventionsformen zum „Erhalt der Kulturland-

schaft“ wird die Entwicklung neuer, unter gegen-

wärtigen Gesichtspunkten wirtschaftlicher Kul-

turlandschaften verhindert. Dieser Widerspruch

ist schon lange bekannt. So schrieb Lucius

Burckhardt 1994 schon: „Kulturlandschaft ist die

Landschaft, in der man zu spät kommt, deren

Reiz darin besteht, dass man darin gerade noch

lesen kann, wie es einmal war (...) Und doch ist

das Ganze paradox: „Kultur ist Tätigkeit, ist Er-

findung, Fortschritt. Die Kulturlandschaft ist also

gerade nicht ewig, sondern entspricht einer his-

torischen Momentaufnahme.“ (Burckhardt 2007)

Hansjörg Küster empfiehlt 2005: „Die Bewahrung

von Landschaft soll eine Entwicklung unter Aspek-

ten der Nachhaltigkeit zulassen.“ (Küster 2005)

Der Soziologe und der Biologe sind sich also ei-

nig. Ich ergänze aus tagespolitischem Anlass ein

Zitat von Nils Schmid, dem SPD-Finanzminister

von Baden-Württemberg, der gerade verlau-

ten ließ, dass im Schwarzwald auch mal ein Tal

zuwachsen könne. Diese Aussagen möchte ich

Abb. 33:

Schwarzwald

– Wiesen und

Wälder im

Wechsel

Page 44: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

44

wie folgt zusammenfassen und behaupte: „Wir

halten an einem Landschaftsbild fest, das weder

dem ökonomischen noch dem ökologischen, auch

nicht dem sozialen Bedarf entspricht. Das wird

die Gesellschaft nicht dauerhaft mitmachen. Die

Kulturlandschaft muss sich weiterentwickeln,

sonst wird sie aufgegeben.“

BAUkULTURZum Thema „Baukultur“ möchte ich erläutern,

wie unsere Sehgewohnheiten die Bilder inter-

pretieren oder wie Bilder, die wir von einer Land-

schaft, einem Ort oder Objekt haben, zum einen

unsere Sehgewohnheiten konditionieren, zum

anderen aber die Baukultur manipulieren. Mit

der Zeit übernehmen parallel dazu unsere Sehge-

wohnheiten diese Veränderungen, wir gewöhnen

uns an sie. Dieser kulturelle Prozess der gleichzeiti-

gen Veränderung von Seh- und Baugewohnheiten

ist ein schleichender.

Der große Bernauer Künstler Hans Thoma (1839–

1924) wollte das Ideal des bäuerlichen Lebens

hochhalten und auch den Städtern in Karlsruhe

näherbringen. Dabei zeigt er uns eine Mischung

aus dem, was er sah, und dem, von dem er wusste,

dass man es in Karlsruhe erwartete. Wir sehen ein

frisch gedecktes Haus und erkennen, dass nicht

nur die Stube, sondern auch die Nebenräume,

befenstert sind. Der Bauer und die Bäuerin stehen

im Sonntagsstaat erwartungsvoll vor dem Haus.

Nicht, dass man es sehen könnte, aber man ahnt,

dass sie lächeln.

Felix Faller (1835–1887) zeigt uns etwa zur glei-

chen Zeit ein ganz anderes Bild. Die Details

deuten auf die ärmlichen Verhältnisse hin: die

unregelmäßige Dachform, fast ein Flickenteppich

unterschiedlicher Materialien, Löcher, Durchbrü-

che und die fensterlosen Nebenräume, in denen

die Knechte im Winter unterm Strohsack froren.

Es ist mehr die Differenz der Darstellungen als

die verklärenden Darstellungen selbst, die uns

erlaubt zu lesen: Die Faller´sche Hofdarstellung

will das primitive Leben auf dem Wald zeigen;

fast exotisch muss es auf die inzwischen kom-

fortverwöhnten Städter gewirkt haben. Thoma

wählt den Ausnahmezustand: nur am Sonntag

war man so gekleidet. Auch er erklärt, unwillent-

lich vielleicht: Der Hof ist klein, der Ökonomieteil

winzig. Es wird schwer gewesen sein, mit dieser

Abb. 34:

Gemälde von

Hans Thoma,

Künstler aus

Bernau

Abb. 35:

Gemälde von

Felix Faller

Page 45: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

45

Abb. 36:

Franz Seppe,

Hof in

Menzen-

schwand

Größe auskömmlich zu wirtschaften. Die Beschei-

denheit und Zufriedenheit auch im einfachen

Leben wurden in beiden Fällen gern als hohes Gut

gepriesen, sie passte auch ins politische Konzept.

Der hohe Anteil an Interpretation lässt sich bei

der Restaurierung unserer Baudenkmäler genauso

feststellen. Schauen wir uns zwei Paradebeispiele

in Menzenschwand und Bernau an. In Menzen-

schwand wurde der Franz-Seppe-Hof (Bj. 1748)

nach seiner aufwendigen Restaurierung schon

mehrfach der Fachwelt und interessierten Laien

als Vorbild präsentiert. Doch was zeigt er uns?

Ein Dach, 1970 neu eingedeckt, makellos aus-

gebessert. Der Ökonomieteil ist ungenutzt. Hier

zeugt kein Misthaufen, keine Kuh, kein Huhn vom

Leben in dem großen Baukörper, der sicher zum

ersten Mal in seiner langen Geschichte so kom-

plett durchgestylt dasteht mit rundum frisch

lackierten Fenstern. Und der Lattenzaun darum

herum hält nicht die Geißen vom Gemüse ab, er

grenzt den Ziergarten vom Umfeld ab.

Ähnliches sieht man am Naglerhof (Bj. 1538)

in Bernau-Hof. Alles Holz strahlt in einheitlich

abgestimmter Patina. Selbst der erst um 1900

dazugekommene Anbau scheint schon immer

dazu zugehören. Fenster sind frisch gestrichen.

Regenrinnen künden vom neuen Komfortbe-

wusstsein. Aber auch hier gibt es nur noch einen

sehr schönen Ziergarten und die sieben Hüh-

ner, die den gigantischen Ökonomieteil nicht

ganz ausfüllen, bringen auch keinen Misthaufen

zustande. Dafür wurden innen alle Register des

Innenausbaus gezogen: Designerbäder (und ich

sage das mit ehrlichem Respekt vor der Leistung

der Innenarchitektin) und offene Einbauküche

bringen ganz andere Raumerlebnisse zustande als

es die alten Bauernstuben je vermochten.

Kann diese „denkmalgerechte Sanierung“ dem

Denkmal gerecht werden? Ich bin mir sicher, ein

wenig Bauchschmerzen haben die Denkmalschüt-

zer selbst, wenn sie in der Designerküche stehen.

Wenn man sich heute in einem um 1970 restau-

rierten Schwarzwaldhaus umschaut, dann merkt

man schnell: jede Zeit hatte ihre eigene deformie-

rende Interpretation der Historie. Können diese

Objekte überhaupt noch ihren soziokulturellen

Beitrag im Dorf leisten? Wie oft nutzen die neu-

en Besitzer, die fernab wohnen, das Haus? Was

denken sich die Nebenerwerbslandwirte, die

Abb. 37:

Naglerhof,

Bernau-Hof

Page 46: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

46

täglich 14 Stunden rackern müssen, wenn sie

neben dem eigenen verfallenden Haus den Edel-

leerstand sehen? Wenn einer von ihnen sein Haus

mit seinen bescheidenen Mitteln umbauen will,

wird ihm anhand eben dieser teuren Edelsanie-

rungen gezeigt, wie dies unter den „Aspekten des

Erhaltes des Kulturdenkmals“ zu geschehen hat.

Und die Baugenehmigung steht in Frage, wenn er

nicht spurt. Dabei will er nur wie seine Vorbewoh-

ner das Haus an den Bedarf seiner Zeit anpassen.

Es gibt genügend Beispiele, wo der alte Hof ein-

fach verlassen und am Ortsrand ein Fertighaus be-

zogen wird.

Auch die Abstände zwischen den alten Höfen sind

den Bauämtern und Denkmalschützern oft heilig,

die „Körnung“ soll erhalten bleiben. Es fehlt oft

der Mut, neue Dichten und Formen zuzulassen.

Das ist ein Teil der Gründe, warum die Innenent-

wicklung in den Dörfern nicht gelingt. Eigentums-

fragen und Mentalität tun das Ihre dazu und am

Schluss entsteht um die sterbenden Dorfmitten

eine Art „rural sprawl“.

Zum Schluss schauen wir noch auf den erwähnten

kulturellen Prozess der Veränderung von Seh- und

Baugewohnheiten. Wir betrachten dazu das Zu-

fallsbild eines heutigen „Schwarzwaldhaus-Gara-

gen–Ensembles“.

Formal ist es immer noch der Eindachhof, den

man darstellen will. Das Dach ist aufgelöst in

Fläche und Dachgauben. Manchmal tauchen

beide sogar mehrfach übereinander auf. Die

Balkonbrüstungen laufen so oft ums Haus

wie sie nur können und sind aus PVC oder aus

Holz, das so lange mit irgendetwas behandelt

wurde, dass es aussieht wie PVC. Formal dem

Schwarzwalddach angepasst präsentiert sich der

gedeckte Aufgang, der sicherstellt, dass man

trockenen Fußes von der Garage ins Haus kommt.

An all diese Elemente haben wir uns gewöhnt. Es

sind immer wieder replizierte und weiter entwi-

ckelte Teile der heutigen Schwarzwaldkulisse. Sie

sind Geschichtenerzähler, sagt doch das Dach:

„Ich bin ein Schwarzwaldhof“. Die mit Geranien

behangenen Balkone erzählen vom Leben auf den

Höfen, vom Geraniengießen im Dirndl mit Bollen-

hut und laden uns ein, im Urlaub an diesem Glück

auf dem Balkon teilzuhaben. Das Bild enthält auch

Störfaktoren: Elemente, die noch nicht dazuge-

hören, wie die Solarzellen und die Fertiggarage

mit Flachdach, die allzu sehr an die Hinterhöfe

der Städte erinnern, wo wir gerade herkommen.

Darauf zeigt man dann mit dem Finger.

Nun haben wir uns prächtig über ein Profanbei-

spiel amüsiert und wissen im Hinterkopf, dass es

zum Glück die Paradebeispiele hoher und zeit-

gemäßer Baukunst gibt. Diese erscheinen häufig

allerdings auch nur auf den ersten Blick gelungen.

Die letzten beiden Bilder zeigen ein derartiges viel-

gerühmtes Beispiel. Es handelt sich um ein großes

Abb. 38:

Schwarz-

waldhaus mit

Garage

Page 47: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

47

Hotel, mit ausgezeichneter Gastronomie und Spa.

Erkennen wir auf dem ersten Bild noch eine große,

durchgängige Dachfläche, so zeigt das zweite Bild

die vielen Fenster, die der Architekt unterbringen

musste: im Dach, in der Fassade, an Stellen und

in Größen, wie sie am Schwarzwaldhof nie vor-

kamen. Hier schafft es der Architekt, das Objekt

zum Schwarzwaldhaus zu machen, indem er über

alles - Dach, Fassade, Balkon - mit einem Materi-

al tapeziert, das zwar fast überall in Europa ver-

wendet wurde, im Schwarzwald aber sofort auch

„Schwarzwald“ verheißt: mit der Holzschindel.

Die Holzschindel funktioniert immer.

Wenn wir Gestaltung im Südschwarzwald beur-

teilen oder dort selbst gestalten, müssen wir uns

dieser Wahrnehmungsprozesse und ihrer Wech-

selwirkung mit der Gestaltung bewusst sein. Wir

dürfen mutig sein, wir dürfen und müssen verän-

dern. Es bleibt, wie wir gesehen haben, sowieso

nichts wie es war. Wir müssen auch verstehen,

dass die Probleme hier oben nicht durch Architek-

tur behoben werden, sondern durch Konzepte,

die ökologisch, sozial, kulturell und ökonomisch

zukunftsfähig sind. Projekte, die darauf aufbauen,

haben ihre ureigene Ästhetik. Diese wird mit der

Zeit auf ihre Weise den Einstieg in unser formaläs-

thetisches Repertoire schaffen. So ging es schon

den Windmühlen, welche die Holländer, nachdem

sie sich an sie gewöhnt haben, sogar auf ihre Kü-

chenkacheln pinselten. Und so werden wir uns

auch mit den Windrädern arrangieren und bald

auch die starke ästhetische Kraft sehen, die sie im

Kontext mit der Landschaft innehaben können.

Gerhard Zickenheiner, ArchitektMAS Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung

Zickenheiner Architekten GmbH

Mitglied der AG Siedlungsentwicklung und

Architektur Naturpark Südschwarzwald

Abb. 39/40:

Dachfläche

und Fassade

eines

Hotels mit

Gastronomie

und Wellness-

bereich

Page 48: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD
Page 49: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

49

Die Veränderung unserer gebauten Um- welt hat sich in den letzten 50 Jahren dramatisch beschleunigt. In der Wahrneh-mung eines Großteils der Bevölkerung wird der Wandel unserer Dorfbilder als Verlust empfunden; das Gefühl von Heimat, Ver-trautheit und Identität nimmt in diesem schnellen, globalen und komplexen Bauum-feld kontinuierlich ab.

Sind nun Werte wie Vertrautheit und Identität

eventuell nicht mehr zeitgemäß oder müssen

sie neu generiert werden? Ein Abstecher in die

Wahrnehmungspsychologie kann bei dieser Frage

möglicherweise hilfreiche Erkenntnisse liefern:

• Vertraute Bilder werden erkannt und im Gehirn

ergänzt, selbst wenn nur Fragmente davon vorhan-

den sind.

• Einfache, klare Bilder, Volumen und Geome-

trien werden in Form von „Superzeichen“ im

Gehirn gespeichert und können blitzschnell wie-

der erkannt werden. Eine nuancierte Wiederho-

lung einzelner Bilder hilft der Wiedererkennung

und schafft Identität.

• Ein Schönheitsempfinden (und damit Vertraut-

heit) setzt dann ein, wenn die Gegenpole

„Ordnung, Ruhe“ und „Komplexität, Aktion“

in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander

stehen.

Während früher Baumaterialien begrenzt und

vorwiegend ortsgebunden waren sowie Baufor-

men klaren konstruktiven und gesellschaftlichen

Vorgaben zu folgen hatten, ist heute die Vielfalt,

die unbegrenzte konstruktive und materialtechni-

sche Bauweise und eine globalisierte Ausdrucks-

form die Regel. Vereinfacht ausgedrückt: Früher

herrschte „Ordnung“ vor, heute „Komplexität“.

Wenn es nicht in der Umsetzung so schwierig und

so selten anzutreffen wäre, würde es völlig banal

tönen: In der exponentiell zunehmenden Komple-

xität unserer Dörfer braucht es in erster Linie den

Gegenpol zum globalisierten Bauen: einfache Ord-

nungsprinzipien, bestimmte sich wiederholende

Elemente sowie authentische Bilder, um trotz des

rasanten Wandels Vertrautheit und Identität zu

bewahren und - immer öfters auch notwendig -

neu generieren zu können.

NEUE ORTSPLANUNg füR fLäSCHAls nördlichstes Dorf im Kanton Graubünden liegt

Fläsch zwar direkt neben den großen Verkehrs-

achsen des Bündner Rheintals, ohne Brücke über

den Rhein fristete der Ort jedoch bis in die 1970er

Jahre des 20. Jahrhunderts ein Schattendasein.

Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich Fläsch vom

damaligen Bauerndorf zum heutigen Winzerdorf

gewandelt. Im Leitbild 2004 setzte sich die klei-

ne Gemeinde ein ambitiöses Ziel: „Weinbaudorf

Fläsch – Schmuckstück der Bündner Herrschaft.“

Doch trotz Baureglementen und Zonenplänen

gelang es auch in Fläsch kaum, eine den früheren

Zeiten gleichwertige zeitgemäße Baukultur auf

dem Lande zu entwickeln. So hatte sich in den

letzten Jahren um das alte Dorf herum ein immer

dichterer Neubaugürtel gelegt. Die „globalisier-

te“ Häuschenarchitektur drohte den typischen

Charakter des Weinbaudorfes mit seinen bis in

den Dorfkern hineinreichenden Weinbergen zu

ersticken.

LEARNINg fROM SWITZERLAND CHRISTIAN WAgNER

Page 50: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

50

Ein erneutes größeres Baugesuch mitten in einem

der Weinberge im Dorf löste heftige Kontrover-

sen aus. Dies verhalf der Idee zum Durchbruch,

die Fläscher Ortsplanung und das Baugesetz zum

Thema eines Forschungsprojekts am Studiengang

Bau und Gestaltung der Hochschule HTW Chur

zu machen. Rund sechzig Studierende und vier

Dozenten arbeiteten unter der Federführung des

Referenten an verschiedenen Fragestellungen:

Wie können die Rebberge im Herzen des Dorfes

von Bebauung freigehalten werden, damit Fläsch

als Weinbaudorf das „Schmuckstück der Bündner

Herrschaft“ bleiben und diese Position ausbauen

kann? Wo kann Bauland als Kompensation an

anderer Stelle geschaffen werden? Wie kann der

Wandel vom Bauern- zum Weinbaudorf erfol-

gen? Was soll mit den zahlreichen leeren Ställen

geschehen? Kann die Bauordnung Lösungen für

die leeren Ställe und die Rebberge generieren?

Wie kann trotz der Komplexität der jüngeren

Bauentwicklung nachhaltige Ordnung geschaffen

werden?

Für den Umgang mit den leeren Ställen untersuch-

ten die Architektur-Studierenden der HTW Chur drei

Ansätze: den konservierenden Umbau innerhalb der

bestehenden Hülle, das Umstrukturieren, bei dem

lediglich wichtige Elemente der Fassade beibehalten

werden, und den Ersatz durch einen Neubau. Dabei

zeigte sich, dass die beiden ersten Möglichkeiten

nur in Ausnahmefällen praktikabel sind; zu unter-

schiedlich sind die Anforderungen an einen Stall

und an ein Wohnhaus. Am meisten Potential birgt

die Variante Abbruch und Neubau, doch kann ein

Baugesetz allein kaum dafür sorgen, dass qualitativ

gute, in den Ort passende neue Wohnhäuser entste-

hen. Gängige Baureglemente und Zonenpläne be-

rücksichtigen nämlich Aspekte wie „Straßenraum,

Abb. 41:

Entwicklungs-

plan für die

Gemeinde

Fläsch Jahr

2005

Siedlungserweiterung

UnterdorfHinterdorf

Oberdorf

Kernbereich

Sant LuzziUsserdorf

Page 51: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

51

Abb. 42:

Wohnhaus

Gemeinde

Fläsch

Abb. 43:

Weinberge

der Gemein-

de Fläsch

Mauern, Plätze“, „Dorfcharakter“, „Ortsbild“ oder

eben „Authentizität“ kaum und beschränken sich

im Wesentlichen auf das Fixieren von einzuhalten-

den Maßzahlen wie Abstände, Längen, Höhen, Aus-

nützungsziffern, etc. Aus dieser Erkenntnis heraus

stehen nun im neuen Baugesetz von Fläsch nicht

die Masse und Vorschriften im Vordergrund. Eine

Bauberatung prüft und begleitet das Engagement

jedes einzelnen Bauvorhabens in Hinblick auf des-

sen Potential, das Weinbaudorf und die Erhaltung

und Weiterentwicklung von historisch, kulturell und

ortstypisch wertvollen Bauten und Außenräumen zu

unterstützen.

Wie für dörfliche Strukturen typisch, hat sich in

Fläsch entlang der Haupterschließungsstraßen eine

dichte Bebauungsstruktur entwickelt. Zwischen die-

sen Achsen sind Grünflächen entstanden, welche

als Obstbaumgärten oder als Weinberge genutzt

werden. Im Sinne der inneren Verdichtung als zu-

künftiges Bauland vorgesehen, drohten diese cha-

rakteristischen, bis ins Zentrum des Dorfes hinein-

wachsenden Weinberge langsam zu verschwinden.

Da diese Rebflächen für das Bild des Winzerdor-

fes aber eine große Bedeutung haben, wurde ein

konträres Ordnungsprinzip entwickelt, bei dem die

Verdichtung und die Bebauungsstruktur der „Quar-

tier“- und „Freiraumlogik“ folgen.

Um dies zu ermöglichen, wurde die Revision der

Ortsplanung mit einer umfassenden Landumlegung

verbunden. Zwei periphere Gebiete wurden neu der

Bauzone zugeordnet, während die Grünflächen,

welche bis Dorf hinein fließen, neu einer Reb- und

Obstbaumzone zugewiesen wurden. Das maßgeb-

liche neue Gestaltungsprinzip für das Winzerdorf

wurde so das überall wahrnehmbare Wechselspiel

zwischen hoher baulicher Dichte und grünem Frei-

raum sowie die Weiterentwicklung der Bebauungs-

struktur in Quartierform. Im Lauf von dreißig bis

fünfzig Jahren lässt das Konzept eine Verdreifa-

chung der Bevölkerungszahl zu, ohne den Charakter

des Dorfes wesentlich zu verändern. Das Vorgehen

hat Pioniercharakter und ist ein Versuch, Siedlungs-

entwicklung und Identität mittels Landumlegungen

und gezielter Gestaltungsmaßnahmen zu steuern.

Page 52: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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BAUMEMORANDUM DISENTISDie Schweizer Direkte Demokratie und das Miliz-

system der Gemeinden fördern hinsichtlich einer

konstanten und nachhaltigen Siedlungsentwick-

lung zunehmend Schwierigkeiten zutage, auf

die es kaum Antworten bzw. schlüssige Instru-

mente zur Bewältigung gibt. Kürzer werdende

Amtszeiten von Gemeindebehörden, wechselnde

Bau-Kommissionen, fehlendes Fachwissen, unter-

schiedliches Architekturverständnis („Nachhaltig-

keit“ einer Baukultur), schwierige Nachvollzieh-

barkeit von Bauentscheiden, juristische Auslegung

von „Präzedenzfällen“, unklare Gewichtung der

Gestaltungsfrage in stark heterogenen Gemein-

den, politische statt inhaltliche Argumentation –

nur um die wichtigsten Punkte zu nennen – sind

Problemkreise, die jede Baubehörde mit Seufzen

bestätigen wird.

In der Gemeinde Disentis im Schweizer Kanton

Graubünden mit ihren zahlreichen Fraktionen und

Weilern kamen diese Fragen umso stärker zum Vor-

schein, als es galt, einer zeitgemäßen städtischen

Zentrumsfunktion, einem traditionsreichen Kloster,

zahlreichen touristischen Bauten und Anlagen,

dem Zweitwohnungsbau, zentralen Gewerbe-

funktionen bis hin zu weitgehend intakten, ver-

träumten historischen Ortsbildern gerecht zu wer-

den und dies mit den wenigen immer gleichen

einschlägigen Baugesetzparagraphen.

Das Disentiser Baumemorandum, das ebenfalls am

Institut für Bauen im alpinen Raum für die Gemein-

de erarbeitet wurde, besteht aus einem 1m x 3m

großem Gemeindeplan im Maßstab 1:2000 und

einem dazugehörigen Ordnerwerk. Markante,

baulich zusammengehörende Gebiete – seien sie

eine Häusergruppe, ein Dorfquartier oder ein Orts-

kern – werden mit einem Fadenkreuz fokussiert

(dadurch ist der jeweilige Perimeter fließend) und

mit Fotos, einem Beschrieb des Bestandes und ei-

ner Zielsetzung versehen. Veränderungen werden

dokumentiert und im Ordnerwerk nachgeführt.

Bauentscheide – und insbesondere der Prozess der

Bauberatung sowie die Interpretation des Gestal-

tungsparagraphen – werden dokumentiert, sind

jederzeit nachvollziehbar und können auch als

vorbereitende Planungsgrundlage für zukünftige

Bauvorhaben konsultiert werden. Das Memo-

randum ist der rote Faden des Bauens in Disen-

tis – unabhängig von der Zusammensetzung der

Baukommission, politischer Einflussnahme und ju-

ristischer Interpretation der Baugesetzparagraphen.

Auch in Gebieten, die nicht als „geschützter Sied-

lungsbereich“ klassiert sind und oftmals wenig

gestalterische Beachtung finden (also z.B. Gewer-

bezonen, Vororte, Mehrfamilienhausgebiete, etc.)

sind immer Ansätze städtebaulicher Qualitäten

vorhanden, die aktiv gefördert werden könnten,

sofern sie erkannt, formuliert und über Jahre

hinweg gezielt entwickelt werden. Bestehende

Instrumente wie z.B. Siedlungsinventare sind oft

stark denkmalpflegerisch orientiert, starr, schnell

veraltet und werden von Bauinteressenten wenig

beachtet.

Das Baumemorandum ist verständlich und jeder-

zeit für jedermann einsehbar. Es ist kein Gesetz und

keine Vorschrift, lediglich ein Anhaltspunkt und

erhält seine gesetzliche Kraft allein über die konti-

nuierliche Anwendung. Es ist als Langzeitwerkzeug

konzipiert, mit wenig Aufwand und Kosten aufzu-

stellen und lässt sich stetig weiterentwickeln. Es ist

Page 53: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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Orientierungspunkt und Leitfaden bei verschiede-

nen Baubehörden und wertvolle Grundlage bei der

Begründung von Gestaltungsentscheiden in Streit-

fällen und demokratischen Prozessen.

fAZIT• Baukultur, Tradition und lokale Werte stellen in

einem globalisierten Umfeld ein wirtschaftliches

Potential dar und lohnen sich, gepflegt zu werden.

• Eine qualitätsvolle, nuancierte Wiederholung

von vertrauten Bildern schafft Ordnung und trägt

damit zur Identität bei.

• Der Fokus darf nicht nur auf das Einzelobjekt,

sondern muss auch auf die Zwischenräume/

Außenräume gelegt werden.

• Nur durch die aktive und langfristige Sensibi-

lisierung eines breiten Publikums und die Gene-

rierung eines starken Gefühls von persönlichem

individuellem Nutzen des Einzelnen sind bauliche

Visionen umsetzbar.

• Identität und Authentizität sind oft keine vor-

handenen Werte mehr, sondern müssen bewusst

neu geschaffen werden.

Prof. Christian WagnerDipl. Architekt ETH/SIA

Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur

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Ein Begrüßungsscherz: Kommt einer mit dem Auto nach Jever und fragt zwei alte Männer, die auf einer Bank sitzen: „Wo geht es denn bitte nach Wittmund?“. Keine Ant-wort. Dann versucht er es auf Englisch, keine Reaktion. Auch der Versuch mit Französisch führt zu keinem Erfolg. Wütend fährt der Fremde weiter. Sagt der eine Alte zum ande-ren: „Wat helpt ihm nu all sien afkennen“.

Mit diesem Witz wurden wir 1989 bei der Eröff-

nungstagung eines Modellprojektes zur Förde-

rung der ländlichen Kultur in Jever konfrontiert.

Wir waren eine Projektgruppe der Universität

Oldenburg, die sich in das geografisch sehr nahe

Ostfriesland wagte, um dort die ländliche Kultur

zu fördern. Wir hatten hochkarätige Referenten

aus dem ganzen Bundesgebiet eingeladen, um

über kollektive Identitäten, Regionalbewusst-

sein, endogene Potentiale und einiges mehr zu

berichten. Einige der eingeladenen ostfriesischen

Kulturakteure waren erbost darüber, dass ihnen

die angereisten Akademiker zwei Tage die Welt

erklärten, und so kam es zum Schluss der Tagung

zu dem Witz. Er hat zwei Botschaften:

• Im Gegensatz zur städtischen Lebensweise, in

der das Fremde zum Alltag gehört, braucht man

auf dem Lande als Neuling lange Zeit, um akzep-

tiert zu werden.

• Die pädagogische Botschaft: Man muss einfühl-

sam sein, erst viel zuhören und sich behutsam ein-

bringen und auch ein Stück anpassen.

Der Witz ist aber nur noch ein Witz, der tiefgrei-

fende kulturelle Wandel hat auch die ländlichen

Gebiete erfasst. Das Bild der beiden Alten, die

zum Feierabend auf ihrer Bank sitzen, weil ihre

Welt in einer geordneten Bahn verläuft, hat selbst

als Klischee ausgedient. Wenn, dann sitzen sie zu

Hause vor dem Fernseher. Der Wandel der länd-

lichen Lebenswelten hat auch Folgen für die Kul-

turarbeit.

„In der heutigen spätmodernen Transformations-

gesellschaft sieht man sich zunehmend konfron-

tiert mit in ihren Ungleichzeitigkeiten verschiede-

nen, im chronologischen Sinne aber gleichzeitigen

Geschichten und Entwicklungszeiten“ (Schäfter

2006: 21). Die Spannung zwischen Vergange-

nem und Zukünftigem ist nicht als Kontinuität

erfahrbar. Veränderungen brechen überraschend,

unvermittelt in Lebenswelten ein und sind nur be-

grenzt antizipierbar. Auf gesicherte Erfahrungsbe-

stände kann man immer weniger zurückgreifen,

Wissensvorgaben und soziale Zusammenhänge

werden brüchig, unzuverlässig.

Auch Kultureinrichtungen können sich nicht mehr

auf die Kontinuität von Werten und ästhetischen

Maßstäben berufen. Diesem Verlust stehen vielfäl-

tige Möglichkeiten gegenüber, neue Austragungs-

orte und Kontexte für die Künste zu schaffen.

Einige Künstler ergreifen die Chancen und verlas-

sen die traditionellen Kunstorte.

Die folgenden Beispiele zeigen, dass mit künstle-

rischen Interventionen ein sehr differenziertes In-

strumentarium zur Verfügung steht - von spektaku-

lären Aktionen, die eine ganze Stadt in Bewegung

setzen, bis zu punktuellen Injektionen, die ein spe-

zifisches Problem bearbeiten. Die Künstler in den

vorgestellten Projekten richten sich nicht in einem

von den Lebenswelten abgeschirmten Kunstbe-

trieb ein, sondern lassen sich auf ein fortwähren-

des Spiel der Distanz und Nähe mit den örtlichen

Gegebenheiten ein. Es ist ein „work in progress“,

in dem die Spielregeln immer wieder neu justiert

fERNE NäHE - kULTUR ALS fAkTOR DER REgIONALENTWICkLUNgHERMANN vOESgEN

Page 56: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

56

werden, riskante Versuche unternommen werden,

aber auch nach einem verlässlichen Rahmen ge-

sucht wird. Die Rolle des Künstlers und seine so-

ziale Einbindung werden dabei in wechselnden

Varianten durchgespielt. Sie bewegen sich in

einem Spannungsfeld aus freien künstlerischen

Experimenten und verantwortlichen Interventio-

nen in und mit sozialen Situationen.

Ich schlage vor, zwei Ausgangspunkte für Inter-

ventionen zu unterscheiden:

• Krisen / Probleme, denen die Region nicht aus-

weichen sollte und für die Möglichkeitsräume

eröffnet werden.

• Gemeinschaftserlebnisse, in denen die Verbin-

dungen, Zusammengehörigkeitsgefühle und Ko-

operationswünsche/Kooperationsgewinne erprobt

werden.

Im Lauf der Prozesse überschneiden sich Themen-

felder häufig. Die Unterteilung soll nicht als stabile

Kästen verstanden werden, vielmehr als flexible

Einkaufsnetze, in denen man Ideen für regionale

Perspektiven sammelt.

kRISEN Die Stadt Wittenberge hat in der Zeit nach der

Wende fast die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren.

Wittenberge war bekannt als die Nähmaschinen-

stadt. Die Produktionsgebäude sind inzwischen

Industriedenkmale und stehen leer. Wenn ein

Fernsehteam das Thema schrumpfende Städte

bebildern soll, fährt es nach Wittenberge. Die

Krise ist dramatisch und die Aussichten trübe. Eine

Forschungsgruppe der Fachhochschule Potsdam

erhielt den Auftrag, ein Kulturentwicklungs-

konzept für den Wachstumskern Wittenberge,

Perleberg, Karstätt (eine von der Landesregierung

festgelegte Region) zu verfassen. In dem daraus

resultierenden Gutachten (Föhl /Neisener 2009)

werden zahlreiche Vorschläge zur kooperativen

Vielfalt, der besseren Vernetzung der Akteure

und Kommunen gemacht. All diese Vorschläge

ändern jedoch nichts an dem zentralen Prob-

lem der ökonomischen und mentalen Krise. Wir

schlagen daher vor, die Krise direkt zum Thema

zu machen und die vielen leerstehenden Arbeits-

und Wohnräume als Stärke zu nutzen. Die Stadt

solle junge Modedesigner einladen, im Rahmen

eines Stipendiatenprogramms, für einen bestimm-

ten Zeitraum in Wittenberge kostenlos zu woh-

nen und zu arbeiten. Das Programm würde sich

besonders an Designer richten, die mit der

aktuellen „do it yourself“ Bewegung im Mode-

bereich arbeiten. Somit könnte man an die Näh-

maschinentradition anknüpfen und ehemalige

Mitarbeiterinnen des Nähmaschinenwerkes inspi-

rieren. Es könnten dann auch Modenschauen und

„Nähfestivals“ organisiert werden, um Wittenber-

ge als das deutsche Zentrum einer jungen Mode-

und Nähszene bekannt zu machen. Wichtig ist die

Offenheit des Projektes, die jungen Leute kommen

auf Zeit. Man löst sich von der krampfhaften

Suche nach dauerhaften Arbeitsplätzen und

Bewohnern. Man gewinnt dafür das Bild

einer Stadt, die sich aus der Starre löst, wieder in

Bewegung kommt und immer für neue Ide-

en und Menschen offen ist. Dieser Vor-

schlag wurde bisher von der Stadt nicht auf-

gegriffen, im Unterschied zu dem übrigen

Gutachten. Es wäre ein radikales Umsteuern

notwendig. Zunächst einmal müsste die Krise der

Stadt angenommen werden. Kultur würde im

folgenden Schritt nicht mehr kompensatorische

Überzüge liefern, sondern fröhlich die Nischen in

Page 57: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

57

den Leerständen bespielen. Das ist eine Strategie,

die in vielen Städten erfolgreich praktiziert wird.

Für die von der Krise in ihrer Identität getroffenen

Menschen ist es jedoch oft eine Zumutung, noch

dazu mit offenem Ausgang.

Das Projekt KunstKur (Mörsch 2002) war dagegen

von Beginn an Teil eines Vorhabens zur Wirt-

schaftsförderung von Klein- und Mikrounter-

nehmen im Mecklenburgischen Lohmen. Der

Ausgangspunkt: Die dramatischen Arbeitsplatz-

verluste in ländlichen Gebieten Ostdeutschlands

erfordern neue Wege der Generierung von

Einkommen und sinnvollen Tätigkeiten. Das

Dorf Lohmen versucht seit einigen Jahren, sich

touristisch zu einem Gesundheitsdorf zu

entwickeln. „Die Idee ist, dabei möglichst viele

EinwohnerInnen der Gemeinde zu beteiligen. Das

bedeutet, dass die Leute, die mitmachen wollen,

gemeinsam Wissen und Fähigkeiten entwickeln,

die für einen ökologisch nachhaltigen Tourismus,

der auf Gesundheit und Rehabilitation gerich-

tet ist, notwendig sind“ (ebenda: 1). In diesem

Prozess der Suche, der Neuorientierung und des

Lernens wurden Künstler zu einem Kuraufenthalt

eingeladen. Als Gegenleistung sollten sie einen

künstlerischen Beitrag für das Dorf leisten. Die

Bewohner hatten die Möglichkeit, bei der Aus-

wahl der Künstler und Projekte mitzuwirken. Es

entstanden ganz unterschiedliche Interventionen:

von kleinen Fensterskulpturen einer Holzschnit-

zerin, mit denen die ausstellenden Bewohner

etwas über sich mitteilten, der Produktion einer

Sitzgruppe aus sekundär genutzten Kunststoffen

von Jugendlichen, bis zu einer „CampingAkade-

mie“, in der Urlauber, Dauercamper und Einheimi-

sche sich medial mit der umgebenden Landschaft

auseinander setzen konnten. Es gab zahlreiche

partizipatorische Anteile in Form von Workshops

und Informationsabenden, mit differenzierten

Angeboten für unterschiedliche Interessen und

Lebenswelten. Damit gelang es zumindest Teile

des Projektes in den Alltag und die Dorfentwick-

lung zu integrieren. Hinzu kommt, dass KunstKur

Teil eines Forschungs- und Anwendungsvorha-

bens zur Verbesserung der wirtschaftlichen und

sozialen Bedingungen war. Kultur ist in diesem Fall

also integriert in ein Wissens- und Lernmanage-

ment. Dabei bewahrten die Kulturbeiträge ihren

Eigensinn, sie wurden nicht instrumentalisiert und

konnten so ihre Nützlichkeit entfalten.

Im Unterschied zu den Künstlern der KunstKur

wohnen die Mitglieder des Brandenburgischen

Netzwerkes Kunstumordnung (www.raumumord-

nung.net) auch in der Region ihrer künstlerischen

Interventionen. Die Künstler sind mit ihrer Lebens-

weise präsent. Sie sind im besten Sinne „Local

Heroes“ (Voesgen 2010: 132). Im Unterschied zu

dem vorgeschlagenen Großprojekt in Wittenber-

ge arbeiten die Künstler beharrlich und selbstver-

antwortlich in kleinen Projekten der Verknüpfung

von Kunst und Alltag. Besonders deutlich wird

diese Haltung in den beiden Gruppen iku Baruth

(Institut zur Entwicklung des ländlichen Kultur-

raumes e.V.) und LandKunstLeben in Steinhövel.

In beiden Projekten wird Land kultiviert. Das iku

betreibt seit zwei Jahren einen Weinberg und

möchte damit an die örtliche Weinbautradition an-

knüpfen. Im Mittelpunkt des Vereins LandKunstLe-

ben steht seit 2001 ein großer Zier- und Nutzgarten.

Die Landnahmen stehen für ein langfristiges Enga-

gement, ein sich auf die natürlichen Bedingungen

des Klimas, Bodens und der Jahreszeiten Einlassen.

Künstler greifen das einst Selbstverständliche,

Alltägliche auf und machen es in Form von Kunst-

Page 58: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

58

projekten wieder verfügbar. Sich um alte Gemü-

sesorten zu kümmern, damit zu kochen und ein

Fest zu inszenieren wird zu einem ungewöhnlichen

Ereignis. Es geht um eine Kultivierung des Lebens,

die Verfeinerung der sinnlichen Genüsse. In Stein-

hövel werden Kochkurse angeboten, im fliegenden

Wechsel von regionalen Küchen, mit Produkten

aus dem örtlichen Garten, mediterranen Einflüssen,

vegetarisch und fleischlich, mit unterschiedlichen

Temperamenten der Köche. Dazu werden Feste

inszeniert, anknüpfend an örtliche Traditionen,

vermischt mit anderen Spezialitäten und aufge-

mischt mit dem, was die Akteure erfinden. In dem

Garten von Steinhövel kann man einen wunder-

baren Sonntag auf dem Lande genießen. Der

Garten lädt aber auch zu Denk- und Erfahrungs-

arbeit ein. Die Kuratorin Christine Hoffmann ver-

steht das Ensemble als das Modell eines Oikos,

eines Haushalts, in dem Ökonomie und Ökologie

noch nicht bzw. nicht mehr getrennt sind. Es geht

um Experimente jenseits der Verwertungsgesell-

schaft, ein Gegenentwurf zum „Konsumismus“.

Die Kunst lässt die Möglichkeit aufscheinen,

Teile unserer modularisierten Gesellschaft wieder

miteinander zu verschränken. Der preußische

Gartenarchitekt Joseph Lenné hatte sich im 19.

Jahrhundert als Ziel gesetzt, das Nützliche und das

Schöne zu verbinden. Daran knüpfen die vorge-

stellten Künstler an. Es sind, mit einem Begriff aus

der Pädagogik, niedrigschwellige Angebote. Sie

bringen Menschen der Region zusammen und

regen sie an (wenn sie wollen), an einem besseren

Leben mitzuwirken.

ZUSAMMENHäNgEDie Ausdünnung der ökonomischen, lebenswelt-

lichen und institutionellen Zusammenhänge ist in

vielen Gebieten Ostdeutschlands zu beobachten.

Verlässliche Beschäftigungsverhältnisse, berufliche

Orientierungen, religiöse Gemeinschaftsformen,

familiäre Verbindlichkeiten, Brauchtum und Rituale

stehen zur Disposition. Die Verbundenheit und

Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des

näheren und weiteren Umfeldes sind nicht selbst-

verständlich und oft gestört. Hinzu kommen die

administrativen Veränderungen durch die Zusam-

menlegung von Gemeinden und Veränderungen

von Verwaltungseinheiten, die lebensweltlich nicht

nachvollzogen werden können. Künstler können

durch unkonventionelle und sinnlich direkte

Aktionen zur Auflockerung und Aufmischung

verstockter Beziehungen beitragen. Dazu zwei

Beispiele aus Ost- und Westdeutschland.

Die Künstlergruppe Atelier Havelblick (www.havel-

blick.de) in Strodehne (Landkreis Havelland) macht

sich um das Gedächtnis und die Genussfähigkeit

der Region verdient. Die beiden Dokumentarfilmer

fördern die Laienfilmarbeit, haben ein Amateur-

filmarchiv (u. a. mit Filmen aus dem LPG Alltag)

angelegt, veranstalten Film- und Medientage, in

einer Mischung aus Laien- und Profifilmen, und

sie organisieren Feste. So geht auf ihre Initiative

eine Kampagne zur Rettung des Weißfisches

zurück und ein kollektives Suppenfest “Schluss mit

Soljanka“. In dem Format Erlebniskino werden

Filme aus der regionalen Umwelt wie auch inter-

nationale Filme gezeigt, an besonderen Orten als

Gemeinschaftserlebnis und nicht anonym im Kino-

sessel. Die Freude an der Schönheit, an der Verfei-

nerung der Sinne, dem Wissen und dem eigenen

Vermögen könnte man als den Humus bezeichnen,

den die Künstler brauchen, um mit ihren Inter-

ventionen wirken zu können. Denn sie sind auch

Weltverbesserer, sie wollen es nicht beim „Schönen

Page 59: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

59

und Guten“ belassen, vielmehr geht es ihnen auch

um das „Wahre“. Dafür steht z. B. der Umgang

mit dem kulturellen Erbe. Sie belassen es nicht bei

der Pflege und Rekonstruktion des Vergangenen,

sondern spüren den Brüchen, dem Verdräng-

ten nach und geben den Machtlosen Stimmen

und Bilder. Das Amateurfilmarchiv, die öffentliche

Präsentation von DDR-Amateurfilmen und die

Bearbeitung dieses Filmmaterials sind Beispiele

für regionale Medienarbeit. Noch deutlicher wird

dieser Zusammenhang zu aktueller Kulturarbeit

bei dem Projekt „Parallelwelten“ (2007). In der

Brillenstadt Rathenow wurde die Produktion opti-

scher Geräte nach der Wende in stark reduziertem

Umfang fortgesetzt. Im Rahmen des Projektes

wurde ein Dokumentarfilm des DDR–Fernsehens

aus den Optischen Werken gezeigt und parallel

dazu ein neuer Film zu den aktuellen Arbeitsbe-

dingungen in dem verbliebenen Werk. Bei den

Diskussionen dazu ging es um Arbeitsbedingun-

gen, Veränderungen in den Arbeitshaltungen,

Disziplin, Identifizierung mit der Arbeit etc.

Zum Schluss ein Beispiel für die spielerische Eröff-

nung von Gemeinschaftsphantasien. In Vaihingen

an der Enz, einer Kleinstadt nordwestlich von Stutt-

gart, wurde im Frühsommer 2001 vier Wochen

lang mit öffentlichen Räumen gespielt: temporäre

Umnutzungen wie die Aufschüttung eines Sand-

strandes auf dem Marktplatz, Kurzfilme und private

Dias, die an verschiedene Wände der verdunkelten

Stadt projiziert wurden, ein Campingplatz auf dem

Parkdeck, öffentliches Frühstück usw. Initiiert von

drei Architekten, wurden die Nutzungen öffent-

licher Orte problematisiert: „Der Marktplatz, der

nach Ladenschluss tot und leer in der Stadtmitte

liegt; die Grabenstraße, ein zentraler Busbahnhof,

in dessen Nischen sich bereits eine gewisse Klein-

kriminalität etabliert hatte; schließlich das Areal

Köpfwiesen an der Enz, das den Zugang zum Fluss

mehr verhindert denn ermöglicht“ (Richert 2005:

239). Das Projekt sollte als Katalysator für die Bele-

bung der Problemräume wirken. Bei der Sammlung

von Nutzungsideen wurden die Bewohner von An-

fang an einbezogen und es entstand ein vielfältiger

Mix an Interventionen, ausgelöst durch die künstle-

rischen Leiter wie auch von Bürgern. Aus der Kritik

entstanden Freiräume, wie schon der Titel deutlich

macht: „Nigihaven na der Zen – eine Stadt spielt

Stadt“. Die Spielräume wurden genutzt, die „Akti-

onen haben die Vaihinger nicht nur aus der Reserve

gelockt, sondern sie haben ihnen obendrein das

Gefühl vermittelt: Mein Leben kann sich auch ganz

anders anfühlen“ (ebenda: 234).

AUSBLICkIn den letzten Jahren wurde der von Ulf Matthie-

sen (2004: 378) geprägte Begriff Raumpioniere zu

einem oft benutzen Schlagwort. Der Reiz dieser

Wortschöpfung liegt in der sie auslösenden Asso-

ziationskette. Zunächst verweist der Begriff auf ein

Defizit: Das in den 1980er Jahren populäre Plädo-

yer für die Förderung endogener Potentiale braucht

die Ergänzung durch tatendurstige Zuwanderer.

Für Pioniere gibt es in den Regionen Freiräume,

weil so vieles nicht mehr in Ordnung ist. Wie es in

Ordnung gebracht werden könnte und wer das am

besten kann, weiß man nicht. Also brauchen wir

ganz unterschiedlich verrückte Menschen wie z. B.

Künstler, die sich auf die Krisenregionen einlassen

und sie für sich mit anderen nutzen.

Prof. Hermann VoesgenLehrgebiet Kultur und Projektarbeit

Fachhochschule Potsdam

Page 60: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD
Page 61: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

61

Was hat das Modellprojekt zur Aktivie-rung innerörtlicher Potenziale mit der Som-meruni zu tun? Das baden-württembergische Modellvorhaben MELAP PLUS (2010–2015) setzt bei dem Thema der Leerstände und untergenutzter Gebäude in Ortskernen des ländlichen Raums an und erprobt konkrete Maßnahmen zur Innenentwicklung. MELAP PLUS ist ein Investitionsprogramm des Lan-des Baden-Württemberg.

MELAP PLUS verfolgt unter dem Motto „Neue

Qualität im Ortskern“ das Ziel:

• Ortskerne städtebaulich zu entwickeln,

• bestehende Gebäude zu erhalten (Modernisie-

rung, An-/Umbauten, energetische Sanierung),

• leer stehende Gebäude umzunutzen,

• Brachflächen zu reaktivieren,

• und gegebenenfalls Baulücken aufzufüllen.

Die Orte sollen zum einen im ländlichen Raum

ihren inneren Zusammenhalt und ihre kulturelle

Identität bewahren, indem sie ihre Unverwechsel-

barkeit und ihre Attraktivität für die nachfolgen-

den Generationen erhalten und weiter entwickeln;

zum zweiten sollen in Zeiten eines globalen Klima-

wandels und bei weltweit abnehmender Biodiver-

sität landwirtschaftlich nutzbare Böden oder für

Natur- und Landschaftsschutz wichtige Flächen

unbebaut bleiben; zum dritten soll erreicht wer-

den, dass den Gemeinden durch die Ausweisung

weiterer Baugebiete keine Folgekosten für neue

Infrastrukturmaßnahmen entstehen.

vORgEHEN 14 von über 40 Gemeinden, die sich 2010 um

die Teilnahme am MELAP PLUS – Programm mit

Konzepten beworben hatten, wurden aufgrund

vielversprechender Ansätze vom Ministerium und

der wissenschaftlichen Begleitung (Projektträger

PFEiL, Prof. Kerstin Gothe, Dr. Barbara Malburg-

Graf, www.melap-plus.de) ausgewählt, darunter

als einziger interkommunaler Verbund die Ge-

meinde Bernau und der Ortsteil Menzenschwand

der Gemeinde St. Blasien. Bis Juni 2012 wurden

insgesamt knapp 100 MELAP PLUS Projektanträ-

ge gestellt, die meisten Anträge sind bewilligt und

eine Reihe von Projekten befindet sich bereits in

der Umsetzung oder ist fertig gestellt. In vielen

Gemeinden werden neben zahlreichen kleineren

privaten Projekten größere Vorhaben vorbereitet,

die einen längeren Vorlauf benötigen.

In den meisten Modellorten wurde ein Projektbe-

gleitgremium gebildet, das den MELAP PLUS Pro-

zess steuert. In manchen Orten sind zusätzlich zu

Bürgermeistern, Ortsvorstehern, Ortschaftsräten

und Planern einzelne aktive Bürger in dieses Gre-

mium eingebunden, in anderen wurden offene

Ortschaftsratssitzungen, Runde Tische oder ME-

LAP PLUS-Stammtische eingeführt, um die interes-

sierten Bürger für das Thema zu gewinnen.

Die Projektanträge der Gemeinden werden in den

zuständigen Regierungspräsidien geprüft und

durch die wissenschaftliche Begleitung begut-

achtet. Die wissenschaftliche Begleitung speist

darüberhinaus fachliche Impulse in Form von Ex-

pertenbeiträgen, Workshops, Tagungen, Diskussi-

onsrunden, Literaturhinweisen, Newslettern und

Dokumentationen in den MELAP PLUS Prozess

ein und organisiert den Austausch der Gemein-

den untereinander. Durch diesen Austausch sowie

durch die entstehenden Projekte und investiven

Maßnahmen sollen für andere Gemeinden und

MELAP PLUS, NEUE QUALITäT IM ORTSkERNkERSTIN gOTHE

Page 62: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

62

die Fachdiskussion interessante Lösungsansätze

entwickelt werden.

MELAP PLUS THEMENSCHWERPUNkTEIm MELAP PLUS-Programm werden insgesamt sie-

ben Themenschwerpunkte bearbeitet:

(1) Gemeinden vorausschauend entwickeln, den

demographischen Wandel gestalten und die lokale

Wirtschaft fördern: Wie können sich ländliche

Gemeinden auf den demographischen Wandel

einstellen? Welche Wohnformen sind denkbar?

Welche Aktivierungsstrategien führen dazu, dass

es für Bürger attraktiv wird, Potenziale im Ortskern

zu nutzen? Wie fügen sie sich in das Leitbild der

Gemeinde ein?

(2) Hindernisse bei der Nutzung von Gebäuden

und Flächen im Ortskern überwinden: Welche

Möglichkeiten gibt es für Gemeinden, unge-

nutzte Gebäude und Flächen in privatem Eigen-

tum einer neuen Nutzung zugänglich zu ma-

chen? Welche Nutzungskonzepte sind geeignet

für großvolumige leer stehende Gebäude, die

ihre ursprüngliche Funktion verloren haben (z.B.

Bauernhöfe, Gasthäuser, Kurkliniken)? Wann ist

Zwischenerwerb durch die Gemeinde sinnvoll?

Welche Zwischennutzungen sind denkbar? Las-

sen sich über zeitlich begrenzte Aktionen Ge-

bäudebestände reaktivieren?

(3) Baukultur und Freiraumkultur weiter entwi-

ckeln und dabei auch die umgebende Landschaft

in den Blick nehmen: Wie können Baukultur und

Freiraumkultur die Unverwechselbarkeit eines Or-

tes und die Identifikation der Bürger mit ihrem Ort

stärken? Welche Flächen sollten von Bebauung

freigehalten und als Freiraum gestaltet werden?

(4) Verantwortungsgemeinschaften für den Orts-

kern stärken und beispielhafte Bürgerbeteiligung

erproben: Wie können die engagierten und interes-

sierten Bürger in den Prozess integriert werden? Wel-

che Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um neue

Konzepte von Verantwortungsgemeinschaften

aus städtischen Gebieten (z.B. Baugemeinschaf-

ten, Eigentümer-Standortgemeinschaften, Zwi-

schennutzungs-Agenturen) auf den ländlichen

Raum zu übertragen?

Abb. 44/45:

Erneuerung

eines

Gebäudes

in Bernau

Page 63: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

63

(5) Ökonomische Maßstäbe bei der Siedlungsent-

wicklung anlegen: Wie kann die Gebäudeaktivie-

rung für den Eigentümer ökonomisch interessant

werden? Wie kann das Problem der von Eigentü-

mern und potenziellen Käufern meist unterschied-

lich eingeschätzten Immobilienpreise im Sinne

der Gebäudeaktivierung gelöst werden? Welche

beispielhaften Lösungen gibt es für die qualitäts-

bewusste und kostengünstige Entwicklung von

Bestandsobjekten?

(6) Energieeffiziente Bauweisen und regenerative

Energieformen anwenden: Wie lassen sich Ener-

gieeffizienz und Nutzung regenerativer Energien

erreichen bei der Sanierung von Bestandsgebäu-

den und ggf. mit Denkmalschutzauflagen verein-

baren?

(7) Überörtliche und interkommunale Zusammen-

arbeit erproben: Welche gemeinsamen Strategien

von Gemeinden unterstützen die Reduzierung des

Flächenverbrauchs und die Stärkung der Ortsker-

ne? Wie kann ein interkommunales Flächenmana-

gement oder die gemeinsame Nutzung von Infra-

struktureinrichtungen organisiert werden?

ERSTE ERkENNTNISSE Das Projekt steht noch am Anfang. Es zeichnen

sich einige Hindernisse und Probleme ab, die

überwunden werden müssen, wenn man die In-

nenbereiche reaktivieren möchte. Bei den folgen-

den Handlungsfeldern bestehen Konflikte und ein

Diskussionsbedarf über mögliche neue Lösungs-

wege.

(1) Kohärenz der kommunalen Bauland-Strategi-

en: Der Abschied von den bisherigen Formen der

Baulandbereitstellung, nämlich der Ausweisung

neuer Baugebiete, fällt schwer. Die Modellorte

sind in der Regel Teile von größeren Gemeinden.

Die Notwendigkeit einer noch stärkeren Konzen-

tration auf die Innenentwicklung – erst recht die

einer interkommunalen Abstimmung – wird nicht

von allen Gemeindeverantwortlichen gesehen. So

werden in einigen Gemeinden zwar keine neuen

Wohngebiete, aber noch neue Mischgebiete im

Außenbereich ausgewiesen. Oder die Innenent-

wicklung wird zunächst auf den Modellort be-

schränkt und die Gemeinde macht sich mit der

Werbung für Bauplätze in den Neubau-Wohnge-

bieten in anderen Ortsteilen selbst Konkurrenz.

Viele Bürgermeister befürworten Innenentwick-

lung und gleichzeitig Außenentwicklung – aus

unterschiedlichen Gründen: Innenentwicklung ist

schwieriger als Außenentwicklung. Häufig äußern

sie, dass junge Bürger einen bestimmten Bauplatz

für ein neues Wohnhaus haben möchten und sie

diesen Bedarf befriedigen müssen. Außerdem

sehen sie finanzielle Hindernisse bei der Aktivie-

rung von leerstehenden Gebäuden (Kosten für

Abbruch oder schwer kalkulierbare Kosten für die

Sanierung, oftmals zu hohe Verkaufspreise). In

Bernau und Menzenschwand ist wegen des ho-

hen Wertes der Siedlungsstruktur auch für den

Tourismus die Bedeutung der bestehenden Ge-

bäude nur noch selten umstritten. Hier ist man so-

gar bezogen auf Nachverdichtung des Bestandes

sehr sensibel – wegen des Bezuges der Siedlung

zum Landschaftsraum.

(2) Zwischenerwerb oder Umlegung? Bei der Ent-

wicklung von Flächen und Gebäuden im Innenbe-

reich beschreiten viele Gemeinden den klassischen

Weg des Zwischenerwerbs: Sie sehen die Notwen-

Page 64: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

64

digkeit, im Innenbereich einen Ersatz für fehlen-

des Bauland im Außenbereich anzubieten. In der

Regel sind die innerörtlichen Flächenpotenziale in

Privatbesitz, die Gemeinde sieht sich ohne Hand-

lungsspielraum. Mit dem Grunderwerb kann die

Gemeinde Veränderungen anschieben und selbst

Akteur am Grundstücksmarkt werden. Aber sie

bindet damit dauerhaft Kapital, das sie vielleicht

später für andere Zwecke braucht und übernimmt

(insbesondere bei sinkenden Preisen) teilweise ein

hohes Vermarktungsrisiko.

(3) Umgang mit den innerörtlichen Gebäuden:

Der Leerstand von Bauten hat unterschiedliche

Gründe. In vielen Gemeinden stehen zu hohe

Preiserwartungen der Verkäufer der Reaktivierung

eines Leerstands im Wege. Manche Eigentümer

möchten sich nicht entscheiden, was mit dem

alten Haus geschehen soll, zumal wenn sie hof-

fen, dass Kinder oder Enkel es irgendwann doch

übernehmen. Teilweise verhindern auch persön-

liche oder soziale Konflikte eine Lösung. In an-

deren Fällen stehen Eigentümergemeinschaften

mit sehr verschiedenen Interessen (etwa bei Insol-

venzen) oder im Ausland wohnende Eigentümer

bzw. Erben einer Lösung im Weg. Ein Problem in

den durch die Landwirtschaft geprägten Modell-

orten sind große untergenutzte Ökonomiegebäu-

de. Sie sind oft durch die vorherige Nutzung be-

lastet, energetisch schlecht gerüstet, ohne Fens-

ter – die ganzjährige Nutzung würde erhebliche

Investitionen erfordern. Welche Nachnutzungen

sind hier denkbar? Lohnt es sich, hier Zwischen-

nutzungen unterzubringen oder Sommernutzun-

gen? Unter welchen Voraussetzungen können

sie für Wohnnutzungen umfunktioniert werden?

In Bernau verhindert das sogenannte „Badische

Stockwerkseigentum“ langfristige Lösungen, die-

se Regelung führte bereits seit vielen Jahren zu

einer Aufteilung der Höfe auf mehrere Teileigen-

tümer und blockierte oft ein gemeinsames Vorge-

hen im Sinne des Gesamtgebäudes. In manchen

Gemeinden fallen die Grundstückspreise stark

und es droht eine soziale Erosion im Ortskern:

einzelne Gebäude mit baulich-technischen Män-

geln, unterlassener Instandhaltung oder Lage-

nachteilen (fehlende Freiflächen o.ä.) sinken im

Preis soweit, dass ihr Wert gegen Null geht. Die

Abbruchkosten werden bei der Wertermittlung

mit dem Grundstückswert verrechnet. Es zeigen

Abb. 46/47:

Ausbau des

Stalls im

Gebäude

in Bernau

Page 65: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

65

sich teilweise Entwicklungen, die bedrohliche Ab-

wärtsspiralen für die Ortskerne einleiten. Immer

häufiger sind Bauruinen in den Orten zu beob-

achten. Gerade in Bernau und Menzenschwand

sind nicht zuletzt durch die intensive Beratung

durch den Ortsplaner bereits eine Reihe von Er-

neuerungsmaßnahmen an Gebäuden gefördert

und durchgeführt worden. Auch hier sind jedoch

zahlreiche leerstehende Gebäude zu finden, die

in der Summe das Ortsbild belasten.

(4) Bau- und Freiraumkultur: Wie lässt sich Bau-

kultur im ländlichen Raum sichern, wo vieler-

orts die Fertighaus-Industrie die Vorstellungen

über den Eigenheimbau bestimmt? Ein positi-

ves Beispiel ist die Aktivität des Kammerbezirks

Freiburg der Architektenkammer Baden-Würt-

temberg mit dem Auszeichnungsverfahren „Bau-

kultur Schwarzwald Architekturpreis 2010“ (vgl.

Beitrag Regina Korzen). Sie hat das MELAP PLUS

Projekt in Bernau und Menzenschwand inspiriert,

zur Förderung der Baukultur eine zeitgemäße,

baukulturell qualifizierte, energieeffiziente und

kostengünstige Planung für die Umnutzung und

Modernisierung der großen Schwarzwaldhöfe

an vier Beispielgebäuden anzustoßen: Für diese

vier Höfe wurden von verschiedenen Architekten

je ein Vorschlag für Umbau und Sanierung erar-

beitet. Die Ergebnisse wurden mit den Eigentü-

mern sowie mit Vertretern des Denkmalschutzes

und des Netzwerks der Hofeigentümer in einem

gemeinsamen Kolloquium diskutiert und in einer

öffentlichen Veranstaltung präsentiert.

Ist auch in schrumpfenden Orten die Freiflächen-

gestaltung im Ortskern eine sinnvolle Vorleis-

tung? Ist die Gestaltung eines Dorfplatzes, eines

Kristallisationspunktes für die Bürger am Ort der

adäquate Impuls? Als einem klassischen Instru-

ment der Ortskernsanierung ist damit die Hoff-

nung verknüpft, private Investitionen auszulösen.

Offen ist die Frage, ob dies auch in schrumpfen-

den Orten funktioniert. Lassen sich private Inves-

titionen durch Investitionen in den öffentlichen

Raum aktivieren oder sollten sie nur flankierend

eingesetzt werden, wenn diese absehbar sind?

Geht die Freiflächengestaltung also im Prozess

vorweg oder folgt sie nach?

(5) Verantwortungsgemeinschaften und Bürger-

beteiligung: Viele Gemeinden im ländlichen

Raum verfügen im Vergleich mit städtisch gepräg-

ten Räumen über eine entscheidende Stärke: das

soziale Miteinander scheint häufig noch eine

Selbstverständlichkeit zu sein. Man kennt sich

und ist in Vereinen organisiert. Dennoch ist auch

in den Dörfern die Zeit nicht stehen geblieben,

Singularisierung und Pluralität der Lebensstile

sind auch im ländlichen Raum angekommen. Au-

ßerdem müssen viele Bürger vom Sinn der Innen-

entwicklung noch überzeugt werden. In MELAP

PLUS sollen beispielhafte Vorgehensweisen und

Abb. 48:

Anbau an

Gebäude

in Bernau

Page 66: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

66

Prozesse einer professionellen Beteiligung der

Bürger am Prozess der Innenentwicklung beson-

ders unterstützt und gefördert werden. Gerade

für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und

Verwaltungen kleiner Gemeinden ist es wich-

tig, Mitstreiter zu finden, strategische Allianzen

zu bilden und Bürgern selbst Verantwortung zu

überlassen. Die meisten MELAP PLUS-Modellorte

setzen auf die Beteiligung von Bürgern; hier ent-

stehen ganz unterschiedliche Konzepte, je nach

Ort, Zielsetzungen und beteiligten Akteuren.

(6) Neue Bauherren? Im Laufe des Projektes wur-

den Ideen entwickelt, wie Innovationen über neue

Bauherren zu erreichen sind, etwa über Bürger-

genossenschaften als Träger der Erneuerung oder

über Baugemeinschaften. Große, leerstehende

ortsbildprägende Gebäude wie Gasthäuser, Kli-

niken oder Schulgebäude stellen die Gemeinden

vor besondere Probleme. Welche Möglichkei-

ten der Projektentwicklung gibt es? Auf einem

MELAP PLUS-Treffen wurde gemeinsam an einem

Beispiel gearbeitet: Es entstand der Vorschlag, an

dieser zentralen Stelle im Dorf Versorgungs- und

Gemeinschaftsfunktionen anzusiedeln. Es wurde

die Idee einer Bürgergenossenschaft als Trägerin

der Maßnahme durchgespielt. Unter den zah-

lungskräftigen und investitionswilligen Bürgern

sollte für eine Beteiligung an der Genossenschaft

geworben werden, und das Gebäude sollte dann

schrittweise modernisiert werden können.

Der zu investierende Betrag sollte auf eine realisti-

sche Summe begrenzt werden und die Standards

(z.B. Sicherheits- und energetische Standards)

könnten zunächst auf Mindestanforderungen re-

duziert werden. Nach einiger Zeit wird überprüft,

wie erfolgreich das Modell ist. Je nach Ergebnis

könnten weitere Sanierungs- und Ausbaumaß-

nahmen folgen oder es könnte nur noch eine

Restnutzung stattfinden. Einen Teil dieses Betrags

sollte nach diesem Modell die Bürgergenossen-

schaft einbringen, für den größeren Rest sollte

ein Kredit bei einer ortsansässigen Bank aufge-

nommen werden. Diese Empfehlung ist vor Ort

bislang nicht weiter verfolgt worden, stellt jedoch

eine interessante Überlegung dar. Auf diese Wei-

se könnten neue Formen bürgerschaftlichen En-

gagements für die Ortsentwicklung unmittelbar

produktiv genutzt werden.

In den Modellorten gibt es häufiger den Fall,

dass Flächen in Straßengevierten der Ortskerne

neu geordnet werden sollen, um ein Angebot

an Bauplätzen für junge Familien zu schaffen.

Dies gestaltet sich häufig als schwierig, weil die

Eigentümer nur schwer zu bewegen sind, ihre

Grundstück(steil)e einzubringen. Hier könnte die

Bildung von Baugemeinschaften die blockierende

Haltung der Eigentümer ändern, sei es, weil sie

die Aufwertung ihrer eigenen Grundstücke durch

die Bebauung erkennen, sei es, weil sie mit dem

Verkauf der Grundstücke an junge Familien ihre

Grundstücke zum Wohl des Ortes als Ganzes bei-

tragen wollen, oder sei es, weil Planung und Be-

bauung in einem Zug realisiert werden können.

Das Besondere der Baugemeinschaft wäre hier,

dass gemeinsam geplant wird, aber trotzdem

individuelle Bauten entstehen können. Das ge-

meinschaftliche Wohnen hätte das Ziel der wech-

selseitigen Unterstützung im Alltag etwa durch

Hol- und Bring-Gemeinschaften oder sonstige

Arrangements, die die Vereinbarkeit von Kinder-

oder Altenbetreuung und Beruf ermöglichen.

Page 67: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

67

(7) Art und Umfang der Räume für die Daseinsvor-

sorge: Die Entwicklungschancen der Orte im länd-

lichen Raum entscheiden sich über die Zukunft

der öffentlichen und gemeinschaftlich genutz-

ten Infrastruktur. In Zeiten des demographischen

Wandels muss die Pflege und Qualifizierung des

Bestands Vorrang haben. Einige Modellorte wol-

len gemeinschaftliche Nutzungen in der Ortsmitte

konzentrieren und dabei kommunale, vereins-

bezogene und privatwirtschaftliche Nutzungen

verknüpfen, beispielsweise Bibliothek, Versamm-

lungssaal, Begegnungsstätte und Café unter

einem Dach zusammenführen. Dies kann sehr

sinnvoll sein, wenn dabei alte Gebäude im Orts-

kern erhalten und insgesamt effizienter genutzt

werden und der Umbau mit einer thermischen Sa-

nierung und qualitativen Aufwertung (z.B. Barrie-

refreiheit, Mehrfachnutzung etc.) verbunden wird.

Es sollte dabei aber sicher gestellt werden, dass

durch zusätzliche infrastrukturelle Angebote nicht

die Brachen von morgen subventioniert werden,

weil die für ähnliche Nutzungen vorhandenen

Räume dann aus der Nutzung fallen.

MELAP PLUS UND DIE SOMMERUNIInnenentwicklung erfordert Überzeugungskraft,

Mut, Phantasie, strategisches Vorgehen und langen

Atem von Gemeindeverantwortlichen und Bürgern

gleichermaßen. Das Modellvorhaben MELAP PLUS

hat deshalb eine zentrale Aufgabe in der Bewusst-

seinsbildung: die ökonomischen, ökologischen,

baukulturellen und sozialen Vorteile der Innenent-

wicklung müssen den politisch Verantwortlichen

und den Bürgern deutlich werden.

Die Sommeruni ist ein Beitrag dazu. Sie setzt an

den Fragen an, die der MELAP PLUS–Prozess aufge-

worfen hat, und ermutigt die Studierenden, sich in-

tensiv mit den Orten und ihren Problemen ausein-

anderzusetzen – insbesondere mit den schwierigen

Fragen – und auch scheinbar utopische Lösungen

ins Gespräch zu bringen. Sie lädt bewusst die Ak-

teure von MELAP PLUS, das Ministerium für Ländli-

chen Raum, die wissenschaftliche Begleitung, den

Ortsplaner, die Denkmalpflege und natürlich die

Bürgerinnen und Bürger vor Ort, sowie die Bürger-

meister und die Akteure des Naturparks zu Gesprä-

chen und zur Endpräsentation ein und leistet damit

auch einen Beitrag zum Programm MELAP PLUS.

Prof. Kerstin GotheInstitut Entwerfen von Stadt und Landschaft

Karlsruher Institut für Technologie KIT

Melap Plus ist ein Investitionsprogramm des Lan-

des Baden-Württemberg gefördert aus Mitteln des

Kommunalen Investitionsfonds (KIF) im Rahmen

des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum

(ELR). Projektträger ist das Ministerium für Ländli-

chen Raum und Verbraucherschutz.

Page 68: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD
Page 69: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

69

Der Schwarzwald lebt von den Bildern der schönen Landschaft, der Schwarzwaldhö-fe, der historischen Stadtbilder, der Kirchen und Klöster. Dafür wirbt die Schwarzwald Tourismus GmbH weltweit – in Verbindung mit Kuckucksuhr, Bollenhut und Schwarz-wälder Kirschtorte. Bilder einer heilen Welt, denen auch im Schwarzwald die Realität eines demografischen und wirtschaftlichen Wandels gegenüber steht.

Mit dem Begriff „Baukultur“ zu werben, kann den ländlichen Raum fördern und als Chance für das einheimische Handwerk, die Wirtschaft, die Landwirtschaft und den Tou-rismus begriffen werden. Dies ist das Anlie-gen der Initiative des Regierungspräsidiums Freiburg und der Architektenkammer Baden-Württemberg im Kammerbezirk Südbaden.

Die Auftaktveranstaltung der Initiative „Baukultur

Schwarzwald“ fand unter der Schirmherrschaft

des damaligen Freiburger Regierungspräsidenten

Julian Würtenberger im Juni 2009 mit einer er-

freulich großen Beteiligung im Regierungspräsi-

dium Freiburg statt. In Zusammenarbeit mit Part-

nern aus den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft

und Wirtschaft, mit Verbänden, Kammern, Ge-

meinden und Hochschulen soll ein Bewusstsein

entstehen, das die Bedeutung von Architektur in

Verbindung von regionaler Identität und zeitge-

mäßem Bauen in die Öffentlichkeit bringt und die

Qualität des Bauens fördert.

Die Zielgruppen vor Ort sind die Gemeinden, Bau-

genehmigungsbehörden, Bauherren und Architek-

ten, daneben die übergeordneten Instanzen der

Aufsichtsbehörden, Berater und Zuschussgeber

und als Bündnispartner die schon einbezogenen

Institutionen Schwarzwaldverein, der Naturpark

Südschwarzwald mit der AG Siedlungsentwick-

lung und Mitte/Nord, Badische Heimat, Gemeinde-

und Landkreistag, Vertreter der Forstwirtschaft

und des Bauernverbands sowie der Tourismus-,

Wirtschafts- und Regionalverbände.

BAUkULTUR SCHWARZWALD, ARCHITEkTURPREIS 2010REgINA kORZEN

Abb. 49:

Cover

Publikation

Architektur-

preis 2010,

Baukultur

Schwarzwald

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70

Der „Architekturpreis 2010“ wurde im Anschluss

daran von der Architektenkammer Baden-Würt-

temberg und dem Regierungspräsidium Freiburg

zum ersten Mal unter dem Motto „Neues Bauen

im Schwarzwald“ ausgelobt. Mit dem Verfahren

sollten öffentliche und private Bauherren und

Architekten zeigen, wie sie die regionale, tradier-

te Bauweise durch zeitgemäße Formensprache

zum Ausdruck bringen und damit zur Attrakti-

vität des Schwarzwaldes beitragen. Ziel ist eine

qualitätvolle landschaftsgerechte Architektur, die

auf örtliche Bezüge, Flächensparen, Energieeffizi-

enz und die einst großen Handwerkstraditionen

Rücksicht nimmt, – so Regierungspräsident Julian

Würtenberger.

„Den Blick in die Zukunft wagen“ Es gelte neben

dem Bewusstsein für die Bewahrung der traditi-

onellen, schwarzwaldtypischen Bauernhöfe eine

Baukultur auszubilden, die abhängig von der

Funktion der Gebäude und den örtlichen Gege-

benheiten sehr unterschiedliche Baustile hervor-

bringen kann, so der Wunsch von Eckhard Bull,

Vorsitzender im Kammerbezirk Südbaden der

Architektenkammer Baden-Württemberg.

Der „Architekturpreis 2010 – Neues Bauen im

Schwarzwald“ wurde mit einem Auszeichnungs-

verfahren, dem folgenden Kriterien zugrunde

lagen, ausgelobt:

• standorttypische Lösungen in zeitgemäßer Achi-

tektur für Landschaft und Siedlungsstruktur

• funktionsbegründete Gestaltung nach heutigen

Nutzungsbedingungen

• energie- und ressourcenbewusste Konzepte

und Ausführungen

• Beachtung regionaltypischer Materialien und

Handwerkskunst

• Einsatz innovativer und intelligenter Techniken

• kulturelle Kontinuität in zeitgemäßer Transfor-

mation

Teilnahmeberechtigt waren private und öffentliche

Bauherren und Architekten aller Fachrichtungen,

deren Projekte im Bereich des Naturpark

Südschwarzwald und Mitte/Nord in den Grenzen

des Kammer- und Regierungsbezirks Südbaden

von 2000–2010 realisiert wurden.

In einem zweistufigen Verfahren beschäftigte sich

das dreißigköpfige Auswahlgremium, bestehend

aus Architekten, Vertretern des Regierungspräsidi-

ums Freiburg, der Schwarzwaldinstitutionen, der

Hochschulen und Personen des öffentlichen Le-

bens aus Presse, Kunst und Kultur, eingehend mit

den eingereichten 167 Arbeiten aus den Bereichen

Städtebau und Siedlungsentwicklung, Öffentliche

Einrichtungen, Tourismus, Landwirtschaft und

Landschaftspflege, Gewerbe und Industrie sowie

Wohnen. Ihre Vorauswahl war Grundlage für das

zehnköpfige Auswahlgremium der zweiten Stufe

unter Vorsitz des Präsidenten der Architektenkam-

Abb. 50:

Forum Erleb-

nis Holz in

Bernau, Aus-

gezeichnet

für „Neues

Bauen im

Schwarz-

wald.“

Page 71: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

71

mer Baden-Württemberg Wolfgang Riehle und

des Regierungspräsidenten Julian Würtenberger.

Es wurden 45 Projekte ausgewählt, von denen 32

eine Auszeichnung und 13 eine Würdigung erhiel-

ten. Das Spektrum der prämierten Arbeiten reich-

te von Neubauten und Erweiterungen im öffent-

lichen und privaten Bereich bis zu Umnutzungen

und Sanierungen denkmalgeschützter ehemaliger

Bauernhöfe. Die Auszeichnungen wurden für eine

intelligente und architektonisch beispielgebende

Erfüllung der angesetzten Kriterien vergeben, die

Würdigungen erhielten Projekte in erster Linie für

ein gemeinschaftliches Engagement von Bauher-

ren, Architekten, Planern und Handwerksfirmen.

Zusätzlich bekamen drei Projekte als beispielge-

bende Initiativen von Bauherren und Architekten

einen Sonderpreis des Wirtschaftsministeriums

Baden-Württemberg verliehen, der ihren Beitrag

zur Stärkung der Infrastruktur in der Region ho-

noriert. Überreicht werden die Preise von Frau Mi-

nisterialdirigentin Kristin Keßler vom Baden-Würt-

tembergischen Wirtschaftsministerium.

Nach Abschluss des Verfahrens wurden die prä-

mierten Projekte in einer umfangreichen Broschüre

und in einer sehenswerten Ausstellung präsentiert,

die bis heute in 30 Gemeinden, Ministerien, Ban-

ken und Fachmessen zu sehen war und die wei-

terhin ausgeliehen werden kann. Äußerst erfreulich

war außerdem die Resonanz in der örtlichen und

überregionalen Presse mit über 100 Presseartikeln.

Sechs „Themengruppen“ aus den Bereichen Tou-

ristik, Landwirtschaft, Innenentwicklung, Land-

schaft, Energie- und Ressourcen sowie Umnutzung

historischen Kulturguts wurden inzwischen gebil-

det, um die „Baukultur Schwarzwald“ auch mit

der neuen Regierungspräsidentin, Bärbel Schäfer,

den Vertretern aus dem Kammerbezirk Freiburg

und dem Regierungspräsidium Freiburg weiter be-

arbeiten zu können. Geplant sind unter anderem

Fortbildungsveranstaltungen, Vorträge, Infobro-

schüren, Teilnahme an Veranstaltungen, weitere

themenbezogene Auszeichnungsverfahren, Beteili-

gung bei politischen Auseinandersetzungen.

Ziel ist eine vitale Bewegung zur Stärkung der

regionalen Baukultur. Die Initiativen sollen das

Bewusstsein für eine zeitgemäße Entwicklung

und ein unverwechselbares Erscheinungsbild des

Schwarzwalds wecken und im Dialog mit allen

Beteiligten voranbringen. In der Folge der „Bau-

kultur Schwarzwald“ sind viele weiteren Aktivitä-

ten mit der gleichen Zielsetzung entstanden, die

zusammengeführt und vernetzt werden sollen.

Überdies diskutiert die Architektenkammer mit

dem Naturpark Südschwarzwald nach dem Vor-

bild des Vorarlberger Architekturinstituts VAI,

mithilfe des Engagements aller Beteiligten ein

Schwarzwälder Architekturinstitut SAI als Forum

zwischen Bürgern und Planern zu gründen.

Regina KorzenBezirksgeschäftsstelle Freiburg

Architektenkammer Baden-Württemberg

Page 72: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

72

EINBLICk

Abb. 51–54:

Studierende

erkunden die

beiden Ge-

meinden und

beginnen mit

der Arbeit an

ihren Kon-

zepten und

Entwürfen.

Page 73: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

73

Abb. 55–58:

In kurzen

Open-Air-

Vorlesungen

werden

Themen wie

der Leerstand

und das Pro-

gramm ME-

LAP+ an die

Studierenden

vermittelt.

Page 74: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

74

Abb. 59–62:

Bei den

Fachvorträgen

haben die Stu-

dierenden die

Chance zum

Austausch mit

Bürgern und

ortansässigen

Akteuren. Die

Presse ist mit

dabei. Der

tradionelle

Hans-Thoma-

Tag in Bernau

rundet das

Programm ab.

Page 75: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

75

Abb. 63–66:

Am letzten

Tag präsen-

tieren die

Studierenden

ihre Projekte

vor einer

Jury. Abends

wird zum

Abschluss

gespeist und

gefeiert.

Page 76: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

76

DER WETTBEWERB

Page 77: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

77

DER WETTBEWERB

ABLAUf DES WETTBEWERBSPROgRAMM UND AkTEURE

Die teilnehmenden Studierenden aus ver-

schiedenen nationalen und internationalen Hoch-

schulen sollten die Gemeinden Bernau und

Menzenschwanz analysieren, die Defizite und

Potenziale definieren und Szenarien für die

Zukunft entwerfen.

In hochschulübergreifenden und interdisziplinä-

ren Dreier-Gruppen erarbeiteten die Studierenden

in engem Austausch mit den Akteuren und Be-

wohnern vor Ort erste Ideen und arbeiteten diese

anhand von Plänen, Modellen und Videos in der

10-tägigen Sommeruniversität aus.

ABLAUf

Mittwoch, 08.08.2012Anreise, Begrüßung und Vorstellung der Auf-

gabe. Präsentation erster Ideen der Studieren-

den mit Pecha Kucha Technik. Begrüßung durch

Bürgermeister und Vertreter des Naturpark Süd-

schwarzwald. Ortsbegehung Gemeinde Bernau.

Donnerstag, 09.08.2012Individuelle Erarbeitung einer ersten Vision in Ein-

zelarbeit. Präsentation und Besprechung der ers-

ten Ideen. Bildung der Arbeitsgruppen.

Vortrag: „Südschwarzwälder Architektur - Kon-

tinuität im Wandel“ von Florian Rauch, Baufor-

scher und Architekt, Lörrach.

Freitag, 10.08.2012Individuelle Ortserkundung und Analyse, Ausar-

beitung der ersten Vision in Gruppenarbeit.

Vortrag: „Ferne Nähe - Kunst als Faktor der re-

gionalen Entwicklung“ von Prof. Hermann Voes-

gen, Fachhochschule Potsdam.

Samstag, 11.08.2012Ausarbeitung der ersten Ideen. Ortsbegehung und

Gespräche mit Bewohnern in Menzenschwand.

Feedbackrunde: Vorstellung und Diskussion der

Visionen vor und mit örtlichen Akteuren. Weitere

Einzelgespräche nach Bedarf.

Vortrag: „Schwarzwald, woher kommst du,

wohin gehst du?“ von Prof. Dr. Hansjörg Küster,

Leibniz Universität Hannover.

Sonntag, 12.08.2012Erarbeitung des räumlichen, funktionalen und

strategischen Konzepts in Gruppenarbeit. Vor-

bereitung Gesprächsleitfaden für Interviews.

Dorffest: Besuch des Hans-Thoma-Tags in der

Gemeinde Bernau mit Trachten-Umzug.

Montag, 13.08.2012Exkursion: Mit dem Bus zu ausgewählten Bei-

spielprojekten im Südschwarzwald. Fortsetzung

der Konzeptbearbeitung und Befragungen.

Vortrag: „Learning from Switzerland“ von Prof.

Christian Wagner, Hochschule für Technik und

Wirtschaft in Chur.

Dienstag, 14.08.2012Erarbeitung des räumlichen, funktionalen und

strategischen Konzepts. Vertiefung der Ideen.

Gemeinsame Betreuung der Lehrenden in einem

Rundgang.

Mittwoch, 15.08.2012Ausarbeitung des räumlichen, funktionalen und

strategischen Konzepts und der Vertiefung.

Vortrag: „Der Reigen - Bregenzerwälder Bau-

kunst im Spiegel der Zeit“ von Marina Hämmerle,

Direktorin Vorarlberger Architektur Institut.

Page 78: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

78

Donnerstag, 16.08.2012Ausarbeitung der Wettbewerbspläne und der

Präsentation.

Freitag, 17.08.2012Abgabe der Pläne und Präsentationen und vorbe-

reitung der öffentlichen Ausstellung.

Präsentation: Vorstellung der Arbeiten vor der

Jury. Beratung des Preisgerichts.

Ausstellung: Öffentliche Vorstellung der Arbeiten

vor der Bevölkerung und Preisverleihung durch

das Preisgericht.

Abschlussfest und Ausklang mit einem gemeinsa-

men Abendessen.

TEILNEHMENDE STUDIERENDEHui-Yen Chen

Lisa Deipenbrock

Vera Dohmen

Katrin Jülg

Alper Kazokoglu

Johanna Kolb

Julia Kolk

Laura Kälberer

Kathrin Köhler

Antonio Landsberger

Buyuan Liu

Kerstin Mayer

Thomas Moder

Alexander Naumer

Sarah Nietiedt

Philipp Perock

Verena Schoissengeyr

Julia Schütz

Oskar Walburg

Leonie Weber

Andreas Ziemann

Claudia Zimmermann

Abb. 67:

Gruppen-

bild der

Studierenden

und der

Lehrenden

Page 79: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

79

In einer aus Sach- und Fachpreisrichtern besetz-

ten Jury wurden die Ergebnisse der einzelnen

Gruppen am letzten Tag der Sommeruniversität

bewertet und in einer öffentlichen Veranstaltung

prämiert.

PREISRICHTER (STIMMBERECHTIgT)

Philipp Dechow,KIT Karlsruhe Institut für Technologie

Rainer Fritz, Bürgermeister Gemeinde St. Blasien

Köbi Gantenbein, Chefredakteur Hochparterre

Prof. Kerstin Gothe, KIT Karlsruhe Institut für Technologie

Marina Hämmerle, Vorarlberger Architektur Institut

Prof. Johann Jessen,Universität Stuttgart

Prof. Mark Michaeli,Technische Universität München

Florian Rauch,Bauforscher und Architekt

Rolf Schmidt, Bürgermeister Gemeinde Bernau

Prof. Antje Stokman,Universität Stuttgart

Prof. Christian Wagner, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur

gäSTE DES PREISgERICHTS

Martin Baumgartner,Leitender Ministerialrat Ministerium für

Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Joachim Gfrörer,Ortsvorsteher Menzenschwand

Sylvia Huber,Hauptamtsleiterin Gemeinde St. Blasien

Sebastian Selbmann,KIT Karlsruhe Institut für Technologie

Barbara Malburg-Graf, Geografin (Projektteam PFEiL)

Daniela Walz,KIT Karlsruhe Institut für Technologie

Martin Wypior,Architekt (Melap)

Abb. 68:

Preisgericht

während den

Präsentati-

onen

Page 80: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

80

1. PREIS

Wir meinen: ...es gibt Bedarf!

SYNERGIE-EFFEKTE

+

LAURA KÄLBER KATHRIN KÖHLER VERA DOHMEN

SUMMERSCHOOL UPDATE SCHWARZWALD 2012

Men

zen

sch

wan

d +

Reg

ion

Neues ZENTRUM für das Vorderdorf

WirtschaftsfaktorRäumlichkeiten für lokales Gewerbe

Weiterentwicklung der örtlichen Baukultur

neue Arbeitsplätze

Studenten als Touristen

VORREITERPROJEKTals Herausstellungsmerkmal

Un

ivers

ität

Karl

sru

heLehre PRAXISORIENT

Ort des Austausches + Treffpunkt

Wissen ortsansässiger Handwerker

PRESTIGEOBJEKT und Werbung im internationalen Wettbewerb

Ort der Ruhe + Konzentrationz.B. für Abschlussarbeiten

Cornelia KladnicaninSchneiderin/ Hausfrau

Menzenschwand

Bruno KaiserZimmermannsmeisterBruno Kaiser GmbHBernau

Anja Keller

HeimatSinn/ Zum KuckuckMenzenschwand

Lorenz DietscheDachdeckermeisterRentnerMenzenschwand

„Den Laden gibt´s seit drei Jahren... wenn es weiter so läuft, müssen wir wieder schließen.“

„Ein Zentrum zur Entwicklung der heimischen Baukultur.... das hätte es schon vor 20 Jahren geben müs-sen!“

„Ich muss mit meinem Laden bald umziehen und brauche einen neuen Raum... Freunde von mir, Produkt- und Schmuckdesigner, suchen auch Büroräume. Bisher haben wir nichts gefunden“

„Ist das für euch ein Planspiel oder ist es euch ernst?“

NEUE ÖKONOMISCHE AUSRICHTUNG der Gemeinde zusammen mit dem Partner.

Ideenaustausch

und Nutzung von Synergieeffekten

In- und ausländische Universitäten, Unternehmen, Verbände etc.

Perspektiven für das Leben und Bleiben im Dorf

Belebung des Ortes!

ZIELSETZUNG

PARTNER

Einrichtung eines THINK TANK in Menzenschwand, zur praxis- und

lösungsorientierten Forschung und Lehre und interdisziplinären Arbeiten:

Architekten + Handwerk + Bauherren + Wissenschaft

BAUKULTUR IM SCHWARZWALDEs entsteht ein Forum zur Begegnung und zum Austausch zwischen Planern, Handwerkern und Bevölkerung, das es sich zum Thema

macht die Baukultur im Schwarzwald nachhaltig zu stärken und zu entwickeln.

+ MENZENSCHWAND

Als langfristigen Partner für Menzenschwand stellen wir uns die Fa-

kultät für Architektur des Karlsruher Instituts für Technologie vor.

Als ersten Schritt zur Zusammenarbeit sehen wir dabei die Sommerschool:

Update Schwarzwald 2012, sie ist die Initialzündung. Unsere Konzepte

im Ideenwettbewerb sollen nicht im Sande verlaufen, sondern ernst zu neh-

men sein.

Summerschool - und wie geht‘s weiter?

FAKULTÄT FÜR ARCHITEKTUR

FINANZIERUNG€

€Wirtschaftsförderungsprojekt / Finanzpartner:

Regionalverband, Gemeinde, Banken.

Unterstützt durch Stiftungen wie z.B. die Wüsten-

roth-Stiftung oder die Leipniz-Gesellschaft.

Durch die Universität und ihren Wirtschafts-partnern.

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

1012Kinder <15

450Kinder <15

175.000Übernachtungen

316.000Übernachtungen

1970 -65%

2015515Alte >85

+90%

1970

980Alte >85

2015

-45%1985

2015+1%

1987 2015

BevölkerungMenzenschwand

BevölkerungMenzenschwand

+15%1987

2015

Bevölkerung WT

Bevölkerung WT

Auffällig ist, dass eine einseitige ökonomische und bauliche

Fokussierung auf den Tourismus vorherrscht.

Der Rückgang des Tourismus ist Ursache für eine Reihe weite-

rer Probleme, wie ABWANDERUNG v.a. der arbeitenden

Generation und hohem LEERSTAND.

Perspektivlosigkeit und Lähmung des Ortes sind die Folge.

Quelle:

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2012

SITUATION

Vorderdorf

Hinterdorf

Leerstand

Touristisch

ausgerichtet

Vorderdorf

Hinterdorf

RAUM S C H W A R Z W A L D

ENTWICKLUNGEN JENSEITS VON TOURISMUS

PARTNERSCHAFT

Menzenschwand gewinnt einen PARTNER

für eine LANGFRISTIG ANGELEGTE KOOPERATION.

Es entstehen SYNERGIEEFFEKTE zwi-

schen dem Partner und der Gemeinde, beide

Es wird eine VERMITTLUNGSSTELLE

im Dorf eingerichtet mit einem Koordinator, der

die Zusammenarbeit beratend begleitet.

DorfKoordinatorPartner

Ateliers & Werkstätten Gemeinschaftsgarten

Laden “HeimatSinn”Gründercafé Büros

Tagungsraum

PROZESS

05

SOMMERSCHOOL UPDATE SCHWARZWALD 2012:

10-tägiger Aufenthalt von Studenten in Menzen-

schwand mit Veranstaltung eines Ideenwettbewerbs

und abendlicher Vortragsreihe, Gespräche mit der Be-

völkerung und den Entscheidungsträgern, ERSTES

KENNENLERNEN

Regelmäßige Aufenthalte von Studentengruppen

in Menzenschwand

SEMINARARBEITEN UND ENTWÜRFE des Insti-

tuts für Baukonstruktion vor Ort: Entwicklung und

Planung kleinerer TEMPORÄRER PROJEKTE

Bauaufnahmen einzelner Gebäude/ Vermessungs-

übungen/ Photogrammetrieübungen/ etc. vor Ort

GEMEINSAME GESPRÄCHE der Vertreter von

Universität, Gemeinde und Handwerk, moderiert

und beraten vom Koordinator

FINDEN EINES GEEIGNETEN ORTES

für ein erstes gemeinsames Projekt

VORSCHLAG: KLINIK PIEPER

Verhandlungen mit den beteiligten Parteien und

Ausarbeitung des FINANZIERUNGSKONZEPTS

ANALYSE, ENTWURF UND UMBAU der Pieper-

klinik durch Studierende und Lehrlinge unter An-

leitung von Professoren und Handwerksmeistern,

unterstützt durch engagierte Bürger und Vereine

vor Ort.

RÜCKBAU UND UMBAU IN ETAPPEN

Nach und nach können die Räumlichkeiten bezo-

gen und genutzt werden.

THINK TANK MIT ARBEITSPLÄTZEN UND

WERKSTÄTTEN für regelmäßige Aufenthalte von

Studierenden und Lehrlingen.

SCHLAFRAUM UND VERSORGUNG

BÜRORÄUME für lokales Gewerbe und Dienst-

leister, z.B. Schmuckdesigner, Kommunikationsde-

sign, Produktdesigner, …

GEWERBEFLÄCHE: Laden, z.B. „Heimatsinn“ und

AUSSTELLUNGSFLÄCHE der Seminararbeiten

und Projekte

NUTZUNGSPHASEAKTIONSPHASE0403 PLANUNGSPHASE02 AKTIVIERUNGSPHASE01 INITIALZÜNDUNG

GEMEINSCHAFTSGARTEN GRÜNDERZENTRUM

GEMEINDE UNIVERSITÄT KOORDINATOR HANDWERK GEWERBEBürgermeister/ Ortsvorsteher/ Ortsrat/ Vereine/ Bürger

Menzenschwand + St. Blasien

WIEDERBELEBUNG DES ORTESVersorgungssituation verbessern

Entwicklungsmöglichkeiten für den Leerstand

Entwicklung und Stärkung der heimischen Baukultur

Tourismusförderung

Professoren/ Doktoranden/ Studenten NEUE STELLE innerhalb des Ortsrates

kennt das Dorf/ Netzwerke/ Landschaft/ Institution

Meister/ Gesellen/ Lehrlinge

Berufsförderungsverband/ Ausbildungszentrum

Holzindustrie/ Forstkammer

Selbstständige/ Pioniere

Planung und Ausführung von realen Projekten

Praxisbezogene Lehre

Interdisziplinäre Arbeit und Kommunikation

AUSSENSTELLE ALS PRESTIGEOBJEKTVERMITTLUNG zwischen Partner und Gemeinde

Beratung und Unterstützung z.B. bei Finden von

Räumlichkeiten, beim Finanzierungskonzept, etc.

Öffentlichkeitsarbeit innerhalb des Dorfes und nach

außen

Aufwertung des Handwerkerberufs

Revitalisierung und Verjüngung des Handwerks

Heimische Baukultur entwickeln und stärken

Vermittlung von traditionellen als auch neuen

HANDWERKSTECHNIKEN

Verbesserung der Versorgungssituation vor Ort

NEUE RÄUMLICHKEITEN für Bürogründungen

Stärkung von heimischen Herstellern und Produkten

Ausbau von Internet und Handynetzen

Page 81: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

81

WERkRAUM SCHWARZWALDvERA DOHMEN, LAURA käLBERER, kATHRIN köHLER

Ideen für die Reaktivierung einer Kur-klinik zum WERKraum Schwarzwald – als Impuls für zukunftsfähige Regionalentwick-lung, der Hochschule, örtliche Wirtschaft, For- schung und Ausbildung verbindet.

In Menzenschwand herrscht seit Jahren eine ein-

seitige ökonomische und bauliche Fokussierung

auf den Tourismus vor. Sein Rückgang seit den

90er Jahren ist Ursache einer Reihe weitreichen-

der Probleme, wie die Abwanderung insbeson-

dere der arbeitenden Bevölkerung und die vielen

Leerstände. Die Einwohnerzahlen stagnieren, die

Bevölkerung wird immer älter. Perspektivlosigkeit

und Lähmung des Ortes sind die Folge. Unser

Ansatz ist daher Alternativen „Jenseits des Touris-

mus“ zu entwickeln.

Dies soll mit Hilfe eines Partners für Menzen-

schwand erreicht werden, wobei mit dieser Part-

nerschaft eine längerfristige Kooperation vorgese-

hen ist. Dabei entstehen Synergieeffekte zwischen

dem Partner und der Gemeinde, beide Seiten pro-

fitieren wechselseitig voneinander. Mögliche Part-

ner könnten z.B. Firmen, deutsche oder ausländi-

sche Universitäten oder Berufsschulen sein.

Im Dorf soll dazu eine Anlaufstelle eingerichtet

werden mit einem Koordinator, der die Zusam-

menarbeit der beiden Partner beratend, unter-

stützend und vermittelnd begleitet. Dieser Koor-

dinator kennt das Dorf und seine Netzwerke, die

Institutionen und die Landschaft. Zu den Aufga-

ben des Koordinators gehört auch die Öffentlich-

keitsarbeit des Ortes, nach innen und nach au-

ßen. Denkbar wäre es, den Koordinator als Teil

des Ortsrates zu etablieren. Wichtig ist hierbei

jedoch, dass es sich um eine neutrale Person han-

delt, die keine eigenen wirtschaftlichen Interes-

sen oder Verpflichtungen hat.

Ziele dieser Partnerschaft sind eine neue öko-

nomische Ausrichtung der Gemeinde, die Wie-

derbelebung des Ortes, ein Ideenaustausch und

Nutzen von Synergieeffekten zwischen der Ge-

meinde und dem Partner. Es geht darum neue

Perspektiven für das Leben und Bleiben im Dorf

zu schaffen.

Als konkreten Partner schlagen wir die Architek-

turfakultät des KIT in Karlsruhe vor und sehen

dabei die Sommeruni UPDATE SCHWARZWALD

2012 als Initialzündung für eine Partnerschaft

in einem langfristigen Entwicklungsprozess. Wir

stellen uns die Frage, wie es nach der Sommeruni

weiter gehen kann. Unsere Idee ist, dass die Fa-

kultät für Architektur Karlsruhe einen Think Tank

in Menzenschwand bildet, um die praxis- und

projektorientierte Forschung und Lehre zu stärken

und weiter zu entwickeln. Die Fakultät bildet eine

Dependance, ein Prestigeobjekt im Schwarzwald,

die einerseits einen Ort der Ruhe und Konzentra-

tion für Studierende, anderseits einen Treffpunkt

und Ort des Wissensaustauschs bietet. Dabei

steht das interdisziplinäre Arbeiten von Archi-

tektur- und Bauingenieurstudierende, Lehrlingen

und Meisterschülern aus dem Holzhandwerk,

Kunsthandwerkern und Anderen im Zentrum.

Sie alle arbeiten zusammen, lernen voneinander,

profitieren vom gegenseitigen Kenntnisstand und

können so gemeinsam Projekte planen und rea-

lisieren. Im Zuge dessen können sie gemeinsam

ein leer stehendes Gebäude in Menzenschwand

sanieren und wieder nutzbar machen. Es entsteht

Page 82: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

82

schrittweise ein Forum zur Begegnung und zum

Austausch zwischen Planern, Handwerkern und

Bevölkerung, das es sich zum Thema macht, auf

langfristige Sicht die Baukultur im Schwarzwald

nachhaltig zu stärken und zu entwickeln: der

WERKRAUM SCHWARZWALD.

Das Projekt könnte als Wirtschaftsförderungspro-

jekt laufen. Die Finanzierung wird hierzu aufge-

teilt auf den Regionalverband, die Gemeinde, die

Universität zusätzlich könnte das Projekt durch

Stiftungen unterstützt werden. Möglich ist auch,

dass das Projekt durch einen Wirtschaftspartner

der Universität unterstützt wird.

DER PROZESS fINDET IN MEHREREN PHASEN STATT: Die erste Phase ist die Initialzündung durch

die Sommeruni UPDATE SCHWARZWALD 2012.

Innerhalb eines zehntägigen Aufenthalts von

Studenten in Menzenschwand werden ein Ide-

enwettbewerb und eine Vortragsreihe veranstal-

tet. Es werden zahlreiche Gespräche zwischen

der Bevölkerung, den Entscheidungsträgern und

den Studenten geführt. Ein erstes Kennenlernen

findet statt.

In der zweiten Phase, der Aktivierungsphase, wird

die Partnerschaft durch regelmäßige Aufenthalte

der Universität vertieft. In diesem Zeitraum wird

die praxisorientierte Lehre der Fakultät, wie z.B.

Bauaufnahmen von Gebäuden, Vermessungs-

übungen und Photogrammetrieübungen nach

Menzenschwand gebracht. Außerdem planen

und entwickeln die Studenten mit dem Institut

für Baukonstruktion temporäre Entwurfsprojekte

im kleinen Maßstab vor Ort (z.B. die Gestaltung

einer Bushaltestelle).

Nach einer Festigung der Partnerschaft, kommt

es in der Planungsphase zu Gesprächen zwischen

der Gemeinde, der Universität und dem Hand-

werk, moderiert und beraten vom Koordinator.

Ziel ist es einen Ort für ein erstes gemeinsames

Projekt und somit eine geeignete Immobilie für

den WERKRAUM SCHWARZWALD in Menzen-

schwand zu finden. Es folgen Verhandlungen mit

allen beteiligten Parteien und die Ausarbeitung

einen Finanzierungskonzepts.

Unser Vorschlag für ein geeignetes Gebäude ist

die leerstehende Klinik Pieper im Vorderdorf. Sie

ist nicht denkmalgeschützt, sodass ein teilweiser

Rückbau möglich wäre, und befindet sich trotz

des Leerstands seit 2007 in einem sehr guten Zu-

stand.

In der Aktionsphase geht es nun darum, das Ge-

bäude, hier die Klinik Pieper, schrittweise für den

Werkraum umzugestalten und zu sanieren. Die

Analyse, der Entwurf und Umbau finden durch

Studierende der Architekturfakultät und Hand-

werkerlehrlinge unter Anleitung von Professoren

und Handwerksmeistern statt. Interessierte enga-

gierte Bürger und ortsansässige Vereine sind in

dieser Phase ebenso eingeladen mitzuwirken und

die Arbeiten zu unterstützen. Wir stellen uns hier-

bei vor, dass der mittlere Gebäudeteil der Klinik

Pieper rückgebaut wird und Raum für einen gro-

ßen gemeinschaftlichen Garten schafft.

Durch einen Umbau in Etappen kann die Klinik

Pieper schrittweise bezogen werden, und es

beginnt die Nutzungsphase. Die hinten liegen-

den Gebäude der Klinik Pieper bieten Raum für

Arbeitsplätze und Werkstätten, sowie Schlafräu-

Page 83: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

83

me und Versorgungsräume für Studierende und

Lehrlinge. Im Gebäudeteil an der Straße wird ein

Gründerzentrum eingerichtet, in dem sich Büro-

räume für lokales Gewerbe und Dienstleister,

z.B. Schmuckdesigner, Kommunikations- und

Produktdesigner, befinden. Außerdem gibt es

hier eine große Ladenfläche (möglicher neuer

Standort für den „Heimatsinn“), sowie Ausstel-

lungsfläche für Seminararbeiten und Projekte der

Studierenden. Ein großer Gemeinschaftsgarten

zwischen den Räumlichkeiten der Universität und

des Gründerzentrums soll die Gebäude verbinden

und zum gemütlichen Treffpunkt werden.

Durch die Reaktivierung der Klinik Pieper

kommt es zu einer Aufwertung des Vorderdor-

fes in Menzenschwand und zum Ausgleich zwi-

schen Vorder- und Hinterdorf. Der WERKRAUM

SCHWARZ SCHWARZWALD setzt einen positiven

Impuls und kann als Vorreiterprojekt für die Regi-

on wirken.

Jurykommentar: „Ausgehend von der These, dass

die einseitige Fokussierung der Gemeinde Menzen-

schwand auf den Tourismus keine zukunftsorien-

tierte Lösung mehr bieten kann und Abwanderung

und Leerstand daraus resultieren, wird mittels einem

kleinen, äusserst aussagekräftigen Analyse-Schema

die Notwendigkeit zur Verjüngung, zur Neuausrich-

tung und zur Kooperation aufgezeigt.

Die Verfasserinnen stellen überzeugend dar, wie eine

Partnerschaft ein für beide Seiten im Alleingang nicht

mögliches Potential bietet. Denkbare Partner hierfür

wären demnach Schulen und Institutionen mit jun-

gen Leuten, die von der bestehenden (leerstehenden)

Infrastruktur und dem handwerklichen Know-how

(z.B. im Holzbau) des Schwarzwaldes profitieren

könnten und im Gegenzug neue, junge Impulse ein-

bringen und eine Neubelebung des Ortes bewirken.

Ein insgesamt sehr kohärenter Projektvorschlag,

der grafisch auch für Laien sehr ansprechend

und einfach nachvollziehbar ist. WERKRAUM

SCHWARZWALD hat das Potential, bei entspre-

chendem Engagement der politisch Verantwort-

lichen ins Rollen gebracht zu werden.“

Page 84: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

84

Vorderdorf

Hinterdorf

Leerstand

Touristische

Angebote

In Menzen-

schwand

stehen viele

Gebäude leer.

Bis heute ist

der Tourismus

ein wichitger

Wirtschafts-

faktor.

AUSgANgSLAgE

„Ein Zentrum zur Entwicklung der heimischen Baukultur... das hätte es schon vor 20 Jahren geben müssen!“

Bruno KaiserZimmermannsmeisterBruno Kaiser GmbHBernau

„Ich muss mit meinem Laden bald umziehen und brauche einen neuenRaum... Freunde von mir, Produkt- und Schmuckdesigner, suchen auch Büroräume. Bisher haben wir nichts gefunden.“

Anja KellerGrafikdesignerinHeimatSinn/Zum KuckuckMenzenschwand

Page 85: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

85

In einem

Beispielkon-

zept arbeiten

das KIT mit

der Gemeinde

Menzen-

schwand

zusammen.

Eine Koordina-

tionsstelle vor

Ort vermittelt

zwischen den

Partnern.

GEMEINDEBürgermeister/ Ortsvorsteher/ Ortsrat/ Vereine/ Bürger

Menzenschwand + St. Blasien

WIEDERBELEBUNG DES ORTESVersorgungssituation verbessern

Entwicklungsmöglichkeiten für den Leerstand

Entwicklung und Stärkung der heimischen Baukultur

Tourismusförderung

HANDWERKMeister/ Gesellen/ Lehrlinge

Berufsförderungsverband/ Ausbildungszentrum

Holzindustrie/ ForstkammerAufwertung des Handwerkerberufs

Revitalisierung und Verjüngung des Handwerks

Heimische Baukultur entwickeln und stärken

Vermittlung von traditionellen als auch neuen

HANDWERKSTECHNIKEN

KOORDINATORNEUE STELLE innerhalb des Ortsrates

kennt das Dorf/ Netzwerke/ Landschaft/ Institution

keine wirtschaftlichen Interessen/ Verpflichtungen

VERMITTLUNG zwischen Partner und Gemeinde

Beratung und Unterstützung z.B. bei Finden von

Räumlichkeiten, beim Finanzierungskonzept, etc.

Öffentlichkeitsarbeit innerhalb des Dorfes und nach

außen

UNIVERSITÄTProfessoren/ Doktoranden/ Studenten

Planung und Ausführung von realen Projekten

Praxisbezogene Lehre

Interdisziplinäre Arbeit und Kommunikation

AUSSENSTELLE ALS PRESTIGEOBJEKT

GEWERBESelbstständige/ Pioniere

Verbesserung der Versorgungssituation vor Ort

NEUE RÄUMLICHKEITEN für Bürogründungen

Stärkung von heimischen Herstellern und Produkten

Ausbau von Internet und Handynetzen

kONZEPT

Page 86: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

86

PROZESS

SOMMERSCHOOL UPDATE SCHWARZWALD 2012:

10-tägiger Aufenthalt von Studenten in Menzen-

schwand mit Veranstaltung eines Ideenwettbewerbs

und abendlicher Vortragsreihe, Gespräche mit der Be-

völkerung und den Entscheidungsträgern, ERSTES KENNENLERNEN

Regelmäßige Aufenthalte von Studentengruppen

in Menzenschwand

SEMINARARBEITEN UND ENTWÜRFE des Insti-

tuts für Baukonstruktion vor Ort: Entwicklung und

Planung kleinerer TEMPORÄRER PROJEKTEBauaufnahmen einzelner Gebäude/ Vermessungs-

übungen/ Photogrammetrieübungen/ etc. vor Ort

02 AKTIVIERUNGSPHASE01 INITIALZÜNDUNG

Der Prozess

soll in fünf

Projektphasen

durchgeführt

werden.

GEMEINSAME GESPRÄCHE der Vertreter von

Universität, Gemeinde und Handwerk, moderiert

und beraten vom Koordinator

FINDEN EINES GEEIGNETEN ORTES

für ein erstes gemeinsames Projekt

VORSCHLAG: KLINIK PIEPER

Verhandlungen mit den beteiligten Parteien und

Ausarbeitung des FINANZIERUNGSKONZEPTS

ANALYSE, ENTWURF UND UMBAU der Pieper-

klinik durch Studierende und Lehrlinge unter An-

leitung von Professoren und Handwerksmeistern,

unterstützt durch engagierte Bürger und Vereine

vor Ort.

RÜCKBAU UND UMBAU IN ETAPPEN

Nach und nach können die Räumlichkeiten bezo-

gen und genutzt werden.

AKTIONSPHASE0403 PLANUNGSPHASE

05

THINK TANK MIT ARBEITSPLÄTZEN UND WERKSTÄTTEN für regelmäßige Aufenthalte von

Studierenden und Lehrlingen.

SCHLAFRAUM UND VERSORGUNGBÜRORÄUME für lokales Gewerbe und Dienst-

leister, z.B. Schmuckdesigner, Kommunikationsde-

sign, Produktdesigner, …

GEWERBEFLÄCHE: Laden, z.B. „Heimatsinn“ und

AUSSTELLUNGSFLÄCHE der Seminararbeiten

und Projekte

NUTZUNGSPHASE

PROZESSPHASEN

Page 87: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

87

Als Beispielge-

bäude wurde

die leerstehen-

de Piperklinik

in Menzen-

schwand

ausgewählt.

Tagungsräu-

me, Ateliers

und Werkstät-

ten werden in

Zusammen-

arbeit mit lo-

kalem Handel

und Gewerbe

genutzt.

Impression

des zu-

künftigen

Gründerzen-

trums in der

Pieperklinik.

Ateliers & Werkstätten Gemeinschaftsgarten

Laden “HeimatSinn”Gründercafé Büros

Tagungsraum

ENTWURf

Page 88: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

2. PREIS

Page 89: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

89

STADTHUNgER + LANDLUSTkERSTIN MAYER, LEONIE WEBER, ANDREAS ZIEMANN

Stadt und Land waren schon immer zwei völlig unterschiedliche Lebensräume. Jeder für sich hat seine eigenen Qualitäten – aber auch Unzulänglichkeiten. Gerade da-rin bestand seit jeher eine enge Wechselbe-ziehung. Technischer Fortschritt, der Wan-del zur Dienstleistungsgesellschaft und die Globalisierung haben erheblichen Einfluss auf diese Beziehung und führen zu einer wirtschaftlichen und sozialen Ausdünnung des ländlichen Raums. Ein großes Angebot der Ausbildung und der Kultur und das städtische Leben im Allgemeinen locken, aber selten führt der Weg der jungen Leute nach Beendigung der Ausbildung oder des Studiums in den Heimatort zurück.

WIE äUSSERT SICH DIESE SEHNSUCHT UNTER DEN STäDTERN?Unter den Städtern ist eine neue Sehnsucht

zu spüren, die sich in vielfältiger Form äußert.

Der Beziehung zwischen Stadt und Land könn-

te eine Renaissance bevorstehen, die eventuell

den ländlichen Raum wieder stärker ins Blickfeld

rücken lässt. Es ist zunächst die Sehnsucht nach

Kleinigkeiten. Diese ist ablesbar an unzählig-

en, während der letzten Jahre neu eingerichte-

ten Quartierszentren, Generationenhäusern und

ähnlichen Gemeinschaftseinrichtungen. Zwar

ist es noch immer möglich und gelegentlich

vorteilhaft, sich in einer Stadt anonym bewe-

gen zu können. Jedoch wächst das Interesse an

Gemeinschaften, in denen Kontakte geknüpft

und Verbindlichkeiten aufgebaut werden und so

Vertrauen entstehen kann. (Auch Initiativen wie

der Stuttgarter „plattsalat“ zeugen von dieser

Sehnsucht.)

Weiter besteht unter vielen Städtern eine ausge-

prägte Sehnsucht nach Natur oder den Elementen

ländlicher Kulturlandschaft. Sie findet Widerhall

in Urban-Gardening-Projekten. Auch zahlreiche

Kulturangebote des Hauses der Familie Stuttgart

zielen auf Natur- und Kulturlandschaftserfahrung

für Kinder und Familien. Das Programmheft ent-

hält Angebote wie „Vom Schaf zur Wolle“, direkt

vor Ort in einem auf Schafhaltung spezialisierten

Hof außerhalb der Stadt.

Auch eine Sehnsucht nach Nachvollziehbarkeit

lässt sich beobachten. Woher kommen die Pro-

dukte, die zum Kauf angeboten werden? Unter

welchen Bedingungen werden sie hergestellt?

Was kann ich unterstützen und was lehne ich ab?

Viele Städter machen sich momentan über derlei

Fragen Gedanken und tauschen sich zu diesem

Thema aus. Sie wollen nicht nur konsumieren,

sondern selbst aktiv sein und Bescheid wissen.

Hierbei entstehen beispielsweise Initiativen wie

„plattsalat“ in Stuttgart, Haushalte wechseln zu

Ökostromanbietern und das Interesse an fair pro-

duzierter und schadstoffarmer Kleidung wächst.

Die Popularität von Bio-Produkten wuchs inner-

halb kürzester Zeit um ein Vielfaches.

Auch der Aspekt der Sehnsucht nach körperlicher

Arbeit ist in diesem Zusammenhang wichtig. Die

Sehnsucht nach einem Ausgleich zu Tätigkeiten,

die sitzend am Computer verrichtet werden,

besteht. So entsteht eine neue Wertschätzung

landwirtschaftlicher Arbeiten – und plötzlich be-

suchen Manager Survival Trainings, bewirtschaf-

ten Studenten ihren „Urban Garden“ und ernten

Familien Obst auf Streuobstwiesen, die sie per

„mundraub.org“ gefunden haben.

Page 90: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

90

WELCHE POTENTIALE gIBT ES IN MENZENSCHWAND?Dem Leben auf dem Land sind zumindest eini-

ge dieser Aspekte auf natürliche Weise inhärent

– auch in Menzenschwand. Und in vielen seiner

Bewohner schlummert ein mehr oder weniger

verborgenes Wissen und Können, das mit großer

Wahrscheinlichkeit sehr kompatibel mit der Sehn-

sucht der Städter ist. Wie also könnte sich dies

verknüpfen lassen?

Neben den altbekannten Attraktoren des Or-

tes, wie z.B. die umgebende Landschaft mit

ihren Möglichkeiten zur sportlichen Betäti-

gung, der Wasserfall am Ende des Hinterdor-

fes, das Radon-Bad, der Erlebnispfad oder

das Winterhalter-Museum, sind in den letzten

Jahren auch neue, sehr ansprechende Ange-

bote wie das Lokal „Zum Kuckuck“ und das

kleine Laden-Café „HeimatSinn“ entstanden.

Man sollte diese beiden Einrichtungen als Vor-

reiter für weitere zukunftsträchtige Konzep-

te sehen, denn sie bringen nicht nur frischen

Wind in das bestehende, relativ einseitige An-

gebot, sondern haben auch das Potential öko-

logischer und regionaler Produkte erkannt.

Ausgehend von dem lokal Vorhandenen lassen

sich viele Ideen weiterdenken. Die Bürger sind

dabei zentral, denn sie müssen eine Verände-

rung selbst in die Hand nehmen – und zwar

gemeinsam. Warum nicht das Halten von Zie-

gen und die Herstellung von Wurst um eine

Käserei erweitern und gleichzeitig Ziegenpa-

tenschaften für Kinder anbieten? Warum nicht

das vorhandene handwerkliche Know-How nut-

zen und Workshops für z.B. Selbstbau-Möbel

oder dergleichen organisieren? Warum nicht

die Kulturlandschaft unterhalten, indem man

nach körperlicher Arbeit dürstende Städter als

Arbeitskräfte mit einbindet? Diese und viele

andere Ideen müssten von einzelnen Bürgern

initiiert, aber von einer Gemeinschaft (z.B. der

AG Tourismus) konzeptionell begleitet werden.

Menzenschwand und seine Bürger haben so

viel ungenutztes Potential in sich. Gerade durch

die relative Abgeschiedenheit des Ortes und die

somit nicht übermäßig ausgeprägte touristische

Erschließung, lässt sich der Anspruch vieler Be-

sucher nach Authentizität und Individualität

ohne weiteres befriedigen.

LOkALE POTENTIALE – WER köNNTE SIE ALLE NUTZEN?Die in Menzenschwand vorhandenen Potentiale

sind für unterschiedliche Personengruppen inte-

ressant. So vielfältig die Potentiale, so vielfältig

sind auch die Charaktere, die sie ansprechen.

Ein großer Pool an möglicherweise interessier-

ten Menschen findet sich in der Stadt, also bei-

spielsweise in Freiburg, Basel, Winterthur, Zü-

rich, Villingen-Schwenningen, Stuttgart.

Im Rahmen unserer Arbeit stellen wir einige fiktive

Charaktere vor, für die Menzenschwand aus un-

terschiedlichen Gründen interessant sein könnte.

Um ein Beispiel zu liefern: Die junge Familie mit

Kleinkind sucht regelmäßige Erholung außerhalb

der Stadt und einen kleinen Garten. Der Ort soll

geeignet sein, Wald und Wiesen als Tobeflächen

zu nutzen, Tieren zu begegnen, er sollte Entspan-

nung ermöglichen und Treffpunkt für die Familie

selbst und deren Freunde sein. Wichtig ist der Fa-

milie außerdem der Kontakt zur direkten Nach-

Page 91: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

91

barschaft in Menzenschwand, unter anderem um

ihr Kind in der Umgebung aufgehoben zu wissen.

Eine Möglichkeit wäre die Anmietung oder Pacht

eines leer stehenden Hauses in Menzenschwand,

welches zu einer „Städter-WG“ umgenutzt wird.

Die Personen könnten eine „Ziegenpatenschaft“

übernehmen und den Garten des umgenutzten

Gebäudes für den Anbau einiger Gemüse-, Obst-

und Kräutersorten verwenden.

WIE ERfAHREN DIE STäDTER DAvON?Eine wichtige Frage ist bei all diesen Überlegun-

gen, wie überhaupt Interessenten in den Städten

gefunden werden können. Wir schlagen vor, dies

anhand einiger subtiler Interventionen im städti-

schen Raum zu realisieren. Wie stellen wir uns die-

se Interventionen in der Stadt vor? Denkbar sind

kleine Angebote oder Eyecatcher an öffentlichen

Orten in der Stadt, wie beispielsweise ein Sta-

pel Brennholz, der mit der Aufforderung „Hack

mich!“ und einem Verweis auf Menzenschwand

versehen ist. Oder ein kräftiges Stück Baum-

stamm mit der Notiz „Bearbeite mich!“, welches

auf die Möglichkeiten bildhauerischer Betätigung

in Menzenschwand aufmerksam macht. Weitere

Vorschläge sind der Präsentation zu entnehmen,

da eine vollständige Aufzählung hier den Rahmen

sprengen würde.

Auch das von uns vorgeschlagene Ankommens-

haus könnte in Menzenschwand direkt vor Ort

dazu beitragen, den Besucher auf die lokalen Po-

tentiale aufmerksam zu machen. Vor allem soll es

aber dem Besuchern als erste Anlaufstelle im Dorf

dienen, wo er nach seiner Ankunft alle Informa-

tionen findet, sich bei einer Tasse Kaffee von der

Anreise erholen oder das WC aufsuchen kann,

und sich über die Auslage von lokalen Produk-

ten und Handwerkserzeugnissen dazu inspirieren

lassen kann mit welcher Art Unternehmung er

seinen Aufenthalt in Menzenschwand beginnen

möchte.

fAZITDie Menzenschwander sind sehr gastfreundliche

Leute. Wenn sie wieder an ihre erfolgreichen Jah-

re des Kurtourismus anknüpfen möchten, müssen

sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Pas-

siver Mainstream-Tourismus ist für den Ort nicht

das Erfolgskonzept – individuelle, selbstorgani-

sierte und den Besucher aktiv einbeziehende An-

gebote könnten die Zukunft der Menzenschwan-

der Gastfreundschaft sein.

Jurykommentar: „Das Konzept von Leonie We-

ber, Kerstin Mayer und Andreas Ziemann basiert

auf viel Empathie, viel Einfühlungsvermögen für

das Vorhandene. Ihre Neugier hat ihnen eine

große Fülle an lokaler Kraft eröffnet. Demgegen-

über orten sie ein großes Bedürfnis der Städter

nach körperlichem Ausgleich und am Landleben

orientierten Qualtitäten. Das daraus entstehende

Angebot lokaler Kultur ist aber nicht nur auf die

Befriedigung externer Bedürfnisse ausgerichtet,

sondern deren Intensivierung birgt auch vieles

an Kommunikation und Austausch für die Regi-

on selbst. Es geht hier um das Handwerk, die Er-

haltung und Weiterentwicklung von ansässigem

Kulturgut, um die Pflege der Landschaft und des

Bodens. Ihr Konzept ist ein regeneratives, aktives

Modell für Gäste, das viel an Impulsen in der Re-

gion um Menzenschwand und Bernau freisetzen

kann, die beiden Dörfer stimuliert und deshalb zu-

kunftsträchtig ist.“

Page 92: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

92

Grafische

Darstellung

des Konzepts.

Sehnsucht der

Städter und

und Potenziale

auf dem Land.

kONZEPT

Page 93: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

93

Junge Famili-

en, Studenten

und viele wei-

tere Städter

möchten ger-

ne „Raus aufs

Land“. Städter

suchen:

Kleinteiligkeit,

Natur, Nach-

vollziehbarkeit,

Ganzheit-

lichkeit und

körperliche

Arbeit.

Es gibt viele

bestehende

Beispiele für

die Nachfrage

von Städtern

nach ländli-

chem Raum.

Die Vermäh-

lung von

städtischen

Sehnsüchten

und Schwarz-

wälder

Gastfreund-

schaft.

SEHNSUCHT

Page 94: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

94

Die Gemein-

de Menzen-

schwand hat

viele Poten-

ziale, die auf

den ersten

Blick nicht

zu erkennen

sind.

Verschiedene

Angebote an

Kursen und

Workshops,

in denen die

Dorfbewoh-

ner ihr Wis-

sen und ihre

Fertigkeiten

weitergeben.

POTENZIALE

Page 95: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

95

Eine Um-

nutzung des

Leerstands

und die

Anpassung

des Angebots

sind not-

wendig. Das

Projekt zeigt

viele Beispiele

auf.

Ein Image-

wandel der

Gemeinde

hin zu einem

zeitgemäßen

Angebot an

die Städter

ist mit einem

neuen Marke-

tingkonzept

möglich.

INTERvENTIONEN

Page 96: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

2. PREIS

Page 97: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

97

MIx & MENZjOHANNA kOLB, vERENA SCHOISSENgEYR

In den Gemeinden St. Blasien und Ber-nau ist der Fremdenverkehr heute noch ein wichtiger Erwerbszweig, der viele Familien-betriebe und Arbeitsplätze sichert. In den Unterkünften der Gemeinde ist seither ein leichter Übernachtungsrückgang zu beob-achten, der mit kürzeren Aufenthaltszeiten verbunden ist. Der Kurzurlaub und der Wo-chenendaufenthalt gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Bei der Analyse des Unterkunftsangebots ist eine

starke Einheitlichkeit des Unterkunftsarten zu be-

merken. Privatzimmer, Pensionen und Hotels wer-

den im 3-Sterne-Segment angeboten: Günstigere

oder exklusive Angebote fehlen nahezu vollstän-

dig. Die Ausstattung der Gästezimmer im Dorf

zeigt ein einheitliches Bild. Massivholzmöbel mit

Schnitzereien, Teppichböden und Schwarzwald-

motive dominieren den Gesamteindruck und spre-

chen durch diesen speziellen Heimatstil auch nur

eine bestimmte Zielgruppe an.

Um die bestehenden Potenziale einzubinden und

zu reaktivieren, bietet unser Projekt mit dem Ho-

telkonzept „Mix  &  Menz“ eine Kombinations-

und Kommunikationsplattform an, um aus dem

bestehenden Tourismusangebot ein neues, ein-

heitliches und gemeinschaftliches Tourismuskon-

zept zu bilden.

Mix & Menz fasst das vorhandene Angebot zu-

sammen, um es zu einem Null bis Vier-Stern-Ho-

tel zu vereinen. Unterkünfte werden zum Teil

verändert und neue geschaffen, um eine größere

Differenziertheit an Komfort, Ausstattung und

Gestaltungsstil zu erhalten. In das Unterkunfts-

programm werden Leerstände, private Pensionen

sowie Gastbetriebe eingebunden. Das Angebot

spreizt sich von der Übernachtung in der Null-

Stern Scheune, bei der gemeinschaftliche Sani-

täreinheiten im Dorf genutzt werden, bis zum

Vier-Stern Luxus-Apartment im alten renovierten

Schwarzwaldhof.

Das Verpflegungsangebot reicht vom Brötchen-

service, das Picknick am Wunschort oder das

deftige Abendbrot vom Holzbrett bis zum 5-Gän-

ge-Dinner. Für die Freizeitgestaltung besteht ein

großes Angebot aus sportlichen Aktivitäten, kre-

ativen Workshops, kulinarischen Entdeckungen,

Wellnessangeboten und Kinderbetreuung.

Die Gäste wählen ihre gewünschte Unterkunft im

Internet und haben die Möglichkeit, Verpflegung

und Aktivitäten direkt mitzubuchen oder vor Ort

spontan zu entscheiden.

Durch das Hotelkonzept Mix & Menz erhalten die

Gäste die Möglichkeit, ihre Aufenthaltszeit frei

nach ihren Wünschen zu gestalten. Da die Gäste

sich bei ihrem Aufenthalt bei Mix & Menz nicht

nur in ihrer Unterkunft, sondern durch das gan-

ze Dorf bewegen, wird der Ortskern wieder ver-

mehrt bevölkert und eine stärkere Einbindung ins

Ortsleben erzielt. Das Hotel vernetzt das beste-

hende Angebot und die Bewohner des Dorfes auf

einer neuen Ebene und schafft dadurch eine neue

Kommunikationsplattform für das ganze Dorf.

Jurykommentar: „Die Jury war beeindruckt von

der Kraft der Idee und der Konsequenz ihrer Her-

leitung, dem Grad ihrer Durcharbeitung und der

hohen Qualität ihrer Darstellung. Obwohl es sich

bei den Verfasserinnen nicht um Tourismusexper-

tinnen handelt, erscheint die Tiefe und Tragfä-

higkeit des Konzepts als ungeheuer weitreichend

und vielversprechend.“

Page 98: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

98

Bestehendes

Angebot an

Unterkünften

in Menzen-

schwand ist

einseitig und

nicht an die

heutigen

Ansprüche

angepasst.

AUSgANgSLAgE

Page 99: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

99

kONZEPT

Der Trend zur

Individuali-

sierung von

Städtern wird

im Konzept

aufgegriffen.

Große Vielfalt

an Bedürfnis-

sen, Aktivitäts-

mustern und

ästhetischen

Vorlieben der

Einzelnen muss

sich im Ange-

bot abbilden.

MENZENSCHWAND

Page 100: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

100

Die gesamte

Gemeinde

wird zum

Hotel und

Erlebnisraum

mit flexiblen

Angebots-

bausteinen:

Unterkunft,

Verpflegung,

Aktivitäten.

STRATEgIE

Page 101: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

101

Bei der

individuellen

zusammen-

stellung

hilft eine

ästhetisch

gestaltete

Broschüre

und eine

Homepage.

Page 102: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

V10V10V10BRIAN

CHRISSI FABIAN

MANU PHILIPP RAINER

+++

IM Z

EICHEN DER ANANAS +++

+++ ENANAB RED FPMA

K +

++

SONDERPREIS

Page 103: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

103

SONDERPREIS IM ZEICHEN DER ANANASLISA DEIPENBROCk, ALPER kAZOkOgLU, ALExANDER NAUMER

Das Projekt „Im Zeichen der Ananas“ basiert auf einer durchgehend partizipati-ven Idee. Vom ersten Konzept bis zur Durch-führung des Jugendraums haben wir junge und alte Bürger in der Gemeinde Menzen-schwand eingebunden.

Aus einem Mangel an Angeboten für junge Men-

schen in Menzenschwand ist unsere Idee am ers-

ten Abend entstanden. Bei einem Spaziergang

durch das Dorf sind wir mit Jugendlichen ins Ge-

spräch gekommen. Aus dieser Begegnung heraus

wurde die Idee geboren einen Treffpunkt für Ju-

gendliche zu schaffen. Unsere Idee basiert auf der

Bereitschaft der Eigentümer, eine leerstehenden

Immobilie oder einen leerstehenden Raum für

eine Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen.

Trotz Anfangsschwierigkeiten haben wir mit Ei-

gentümern von Leerständen verhandelt und für

unsere Idee wichtige Überzeugungsarbeit ge-

leistet. Bei der Zwischenpräsentation am dritten

Tag haben wir mit einem selbstgedrehten Video

die Verantwortlichen der Gemeinden zur Unter-

stützung für unser Vorhaben aufgerufen. Trotz

großer Skepsis hat ein Tag später der Eigentümer

seine alte Scheune zur Verfügung gestellt.

Die leerstehende Scheune befindet sich direkt

an einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen

dem Hinterdorf und dem Vorderdorf. Die Scheu-

ne wurde in Szene gesetzt und unsere Projektidee

in den öffentlichen Raum projiziert. Das Projekt

hat im Dorf für Aufmerksamkeit und Impulse

gesorgt. Wir bekamen Strom, Werkzeug, Sach-

spenden zum Bauen und Kuchen aus der Nach-

barschaft. Die außen aufgestellten Liegestühle,

Sitzgruppen und Arbeitsmaterialien führten zu-

sätzlich zu einem Austausch mit vielen Bürgern

und Interessierten. Wir haben die Jugendlichen

von Beginn an in den gesamten Prozess ein-

gebunden. Sie waren sowohl an der Entwick-

lung von Ideen wie auch beim Umbau beteiligt.

Eine wichtige Erkenntnis für uns war, dass die

Arbeit mit Jugendlichen eine gewisse Verantwor-

tung mit sich bringt, die über die reine bauliche

Planung hinausgeht. Wir mussten bestimmte

Rahmenbedingungen definieren: Regeln für die

Nutzung der Räume, Verantwortlichkeiten, Um-

gang mit Werkzeugen, etc. Der Eigentümer hat

nach dem Umbau schließlich den Jugendlichen

den Jugendraum „Im Zeichen der Ananas“ bis

zum Ende der Sommerferien in Selbstverant-

wortung übergeben. Jetzt gilt es, diesen neu

geschaffenen Ort mit Leben und Angeboten für

die Jugendlichen auszufüllen. Um die „Ananas“

zu etablieren und weiterzuführen, braucht es

Menschen, die sich aktiv für den Betrieb und den

Erhalt des Treffpunkts bemühen. Diese Erkennt-

nis ist auch auf andere Leerstände und mögliche

Projekte übertragbar.

Den gesamten Prozess unseres Projektes haben

wir in einer Videodokumentation festgehalten

und bei der Abschlussveranstaltung präsentiert.

Im Vorfeld erschienen in der Lokalpresse und im

SWR Artikel und Berichte.

Jurykommentar: „Die Studierenden haben mit

sehr viel Energie und Mut in nur zehn Tagen

der Sommeruniversität den Bürgern in Menzen-

schwand bewiesen, dass mit geringen finanziel-

len Mitteln und der Bereitschaft einzelner neue

Impulse für das gesamte Dorf geschaffen werden

können.“

Page 104: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

104

vIDEODOkUMENTATION

Video mit der

Darstellung

des Beteili-

gungs- und

Umbaupro-

zesses der

leerstehen-

den Scheune.

Page 105: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

105

Der Jugend-

raum „Im

Zeichen der

Ananas“ kann

nach dem Um-

bau von den

Jugendlichen

während der

Sommerferien

selbststän-

dig genutzt

werden.

Page 106: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

106

ANERkENNUNgEN

AUTHENTISCHE TäLER, AUTARkE REgIONENkATRIN jüLg, THOMAS MODER, SARAH NIETIEDT

BED ‘N‘ jOBjULIA kOLk, jULIA SCHüTZ, CLAUDIA ZIMMERMANN

EASY COMBIHUI-YEN CHEN, BUCHUAN LIU,ANTONIO LANDSBERgER

Page 107: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

107

ANERkENNUNgEN

SPORT SCHWARZWALDPHILIPP PEROCk

LEERSTANDSMANAgEMENTOSkAR WALBURg

Page 108: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

108

AUTHENTISCHE TäLER, AUTARkE REgIONENkATRIN jüLg, THOMAS MODER, SARAH NIETIEDT

Nach dem Wegfall des Kurtourismus liegt heute der wirtschaftliche Schwerpunkt wie-der beim Holzgewerbe in Bernau, welches sich in Form von zahlreichen Holzbaufirmen etabliert hat. Die gesamte Region benötigt eine Perspektive für die Zukunft. Die zurzeit untergenutzte Landschaft in Verbindung mit der erwarteten Rohstoffknappheit für die Energieerzeugung haben hohes Potenzial.

Unsere Vision für Bernau und Menzenschwand

liegt in der Nutzung erneuerbarer Energien, ge-

nauer: in der autarken Versorgung mit erneuer-

baren Energien für authentische Dörfer. Es gibt

bereits einige Projekte in der Region, die mit

Sonne, Wasser und Biogas Strom und Wärme er-

zeugen. Besonders erwähnenswert sind die Holz-

hackschnitzelanlagen, die der Wärmeversorgung

dienen. Wir möchten vorschlagen, dass die vor-

handenen Potenziale ausgebaut werden, um die

Gemeinden auf dem Energiemarkt zu etablieren.

Bei vielen Bürgern der Region schrillen bei den

Worten „Erneuerbare Energien“ die Alarmglo-

cken, da sie damit die Vorstellung von riesigen

Windräder verbinden, die das Landschaftsbild

verändern. Wir möchten aufzeigen, dass die Nut-

zung erneuerbarer Energien im Einklang mit dem

vorhandenen Landschaftsbild möglich ist. Bei un-

serem Ziel sind Biogasanlagen eine gutes Beispiel.

Die herkömmlichen und meistgenutzten Biogas-

anlagen mit Mais und Viehmist rentieren sich im

Hochschwarzwald allerdings nicht, da der Anbau

von Mais aufgrund der Bodenqualität und des

Klimas nicht wirtschaftlich ist. Passend für diese

Bergregion sind Biogasanlagen, die mit Wiesen-

gras befüllt werden. Dadurch wäre es möglich,

das heutige Landschaftsbild zu erhalten und

gleichzeitig der bisherigen „Landschaftspflege“

einen Sinn zu geben. Die benötigten Wiesenflä-

chen, um die Region autark mit Strom zu versor-

gen, entsprechen der Fläche, die Bernau als land-

wirtschaftliche Fläche besitzt. Weitere alternative

Energiequellen sind vertikale Windkraftanlagen,

die durch diagonale Blätter auch Fall- und Aufwin-

de aufnehmen können oder Wasserkraftschne-

cken, die im Fluss so installiert sind, dass die na-

türlichen Wege der Tiere nicht gestört werden. In

einem ersten Schritt in eine neue Energiezukunft

müssen die Gemeinden untersuchen, welche Ge-

biete für die Nutzung welcher Formen erneuerba-

rer Energien geeignet sind.

Neben der autarken Energieversorgung könnte es

auch ein Ziel sein, dass die Region mehr Energie

produziert als sie selbst verbraucht. Der Über-

schuss könnte verkauft und der Gewinn reinves-

tiert bzw. direkt an die Dorfbewohner weiterge-

geben werden. In einem weiteren Schritt könnte

man versuchen, Pilotprojekte für die Erforschung

neuer Energietechnologien in die Region zu ho-

len. So wie Bernau früher für die Holzschneflerei

bekannt war, könnten die beiden Dörfer sich eine

Expertenstellung in der dezentralen Energiewirt-

schaft im ländlichen Raum erarbeiten.

Jurykommentar: „Die Studierenden greifen ein

hochaktuelles Thema auf und arbeiten sich in kur-

zer Zeit tief in die komplexe Materie ein. Sie stellen

die Vorschläge grafisch überzeugend dar. Die Vor-

schläge sind innovativ und angemessen, sie erfin-

den plakative, bildhafte Begriffe. Das Image einer

energie-autarken Region erscheint tragfähig.“

Page 109: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

109

Die unterge-

nutzte Land-

schaft und die

Rohstoff-

knappheit im

Energiesektor

bieten für

Schwarzwald-

gemeinden

hohes Ent-

wicklungspo-

tenzial.

Der Einsatz

von Windrä-

dern führt bei

vielen Men-

schen in der

Region zu Pro-

testen. Neue

Technologien

wie vertikale

Windkraftan-

lagen passen

sich dem

Landschafts-

bild besser an.

Authentische

Täler sind

auch bei einer

Energieaut-

arken Region

möglich.

Page 110: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

110

BED ‘N’ jOBjULIA kOLk, jULIA SCHüTZ, CLAUDIA ZIMMERMANN

Die zahlreichen Firmen in Menzen-schwand und Bernau suchen händeringend nach Fachkräften und Lehrlingen. Auffal-lend ist die hohe Anzahl an Berufspend-lern. Nach Angabe der Stadt St.Blasien pen-deln ca. 1030 Menschen in die Gemeinde St. Blasien, 547 Leute arbeiten in den umlie-genden Gemeinden. Ein Imagewandel, der den Schwarzwald auch für jüngere Men-schen attraktiv macht, ist essentiell.

Unser Projekt Bed’n’Job greift diesen Imagewan-

del auf und soll die Entwicklung vom urdeut-

schen Kurtourismus zur modernen Arbeits- und

Wohnregion weiter vorantreiben. Das Bed’n’Job

- Prinzip knüpft zudem an den Fach- und Lehr-

kräftemangel an. Die freien Stellen in den Ge-

meinden sollen mit einer möblierten Unterkunft

zur Miete angeboten werden, die je nach Bedarf

aus einem WG-Zimmer, einem Apartment, einer

Mehrzimmerwohnung oder sogar einem Wohn-

haus bestehen kann. So sollen besonders junge

Leute und Familien zum Leben und Arbeiten auf

Zeit auf dem Land gewonnen werden. Sie haben

durch das Bed’n’Job Angebot die Möglichkeit,

Landleben zu schnuppern, ohne den Druck, „für

immer“ hier bleiben zu müssen.

Verwaltet werden soll Bed’n’Job durch die Agen-

tur „Bed’n’Job - Agentur für Vermittlung“. Diese

sammelt die freien Stellen der Firmen und leitet

sie an die Arbeitsagentur oder Schulen weiter

bzw. veröffentlicht sie im Internet. Weiterhin ver-

fügt die Agentur über eine Wohnungsbaugesell-

schaft, die die Leerstände und damit die Unter-

künfte verwaltet. Die Wohnungsbaugesellschaft

ist Eigentümer der Leerstände.

Entsprechend den jeweiligen Wohnbedürfnissen

ist die Unterbringung bei Bed’n’Job in drei Va-

rianten möglich: Schwarzwald-WG, Single-Woh-

nungen und Familienwohnungen bzw. Häuser.

Alle Wohnformen sind auf Wunsch möbliert, um

Flexibilität zu unterstützen. Als Gemeinschafts-

punkte für die Zugezogenen und Alteingeses-

senen können andere Gebäude oder Räume zu

einem Treffpunkt mit verschiedenen Freizeit-

angeboten (z.B. Sauna, Billard, Fitnessraum...)

umgebaut werden.

Da insbesondere das Vorderdorf stark durch den

Kurtourismus geprägt wurde und hier nun viele

Gebäude leerstehen, sollen hier neue Impulse

gesetzt werden. Die leerstehenden Häuser haben

vielfältige räumliche Strukturen, die für manche

Unterkunftsmöglichkeiten besonders und für

andere weniger gut geeignet sind. Als Beispiel

möchten wir besonders die Häuser, die bereits als

Wohnhäuser oder Ferienwohnungen konzipiert

sind hervorheben. Diese eignen sich gut für Fa-

milien mit Kindern. Manche Gebäude besitzen

besondere Potentiale und Flächen für ergänzende

Nutzungen, z.B. eine Werkstatt in der Scheune,

Atelier, Ladenflächen, Kita, Büroflächen u.ä.. Die-

se können sowohl für Bewohner als auch für das

gesamte Dorf zur Verfügung stehen.

Jurykommentar: „Die Jury sieht in dem Vor-

schlag eine intelligente Auseinandersetzung mit

Beweggründen von Wanderungen und erkennt

über die Gruppe der Zuwandernden hinaus auch

ein Potenzial für die Erhöhung der Wohnbindung

auch von lokalen Auszubildenden, Berufeinsteigern

oder sich gründenden Familien, für welche die

Wohnungsfrage ebenfalls bislang ungelöst bleibt.“

Page 111: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

111

Der Rückgang

von Touristen

und der hohe

Mangel an

Fachkräften

stehen sich in

Bernau und

Menzen-

schwand

gegenüber.

Ein Ziel ist es,

Fachkräfte

mit einem

attraktiven

Wohn- und

Arbeitsange-

bot zu locken.

Das Konzept

von Bed ‚n‘

Job vermittelt

zwischen

Angebot und

Nachfrage.

Entsprechend

den Wohn-

bedürfnissen

entstehen

verschiedene

Wohnfor-

men in den

bestehenden

Leerständen.

Azubis Fachkräfte (Pendler, Singles)

Fachkräfte (Familien, Paare)

Page 112: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

112

EASY COMBI HUI-YEN CHEN, BUYUAN LIU, ANTONIO LANDSBERgER

Wer nicht mit dem eigenen PKW in Menzenschwand anreist, sondern mit dem Zug, wird direkt bei der Ankunft in der Ge-meinde Aha am Bahnhof mit einem kargen ÖPNV-Angebot konfrontiert. Deshalb hat sich unsere Gruppe mit dem Thema der Mo-bilität in Menzenschwand und Umgebung beschäftigt.

Für Touristen und Bewohner in Menzenschwand

und Bernau ist die Bahnstation Aha der wichtigs-

te Bahnhof in der Umgebung. Der Bus zwischen

Menzenschwand und Aha Bahnhof verkehrt nur

dreimal am Tag. Es kommt noch hinzu, dass die

Ankünfte und Abfahrten von Aha so getaktet

sind, dass Anschlüsse mit dem Zug knapp verpasst

werden. Während die Busse zwischen Menzen-

schwand und St. Blasien nur sehr unregelmäßig

und teilweise mit großem zeitlichen Abstand (ca.

2h) fahren, ist die Linie zwischen St. Blasien und

Bernau deutlich komfortabler. Beide Linien ver-

kehren allerdings nur zwischen 6 Uhr vormittags

und 19 Uhr am Abend. Dass die Linien nur bis 19

Uhr fahren, schränkt die Bewegungsfreiheit stark

ein, wenn man beispielsweise eine Abendver-

anstaltung besuchen möchte, sei es ein Konzert

oder eine Kinoaufführung in einem anderen Ort.

Unser Projekt Easy Comby empfiehlt eine Kom-

bination mehrerer Mobilitätsoptionen als Lösung.

Vernetzt man die bestehenden Strukturen und

stimmt sie besser aufeinander ab, lässt sich mit

relativ geringem Aufwand vieles erreichen. Um

für Touristen und Einwohner das Verkehrsange-

bot gleichermaßen zu verbessern, fokussieren wir

uns auf zwei wichtige Knotenpunkte: den Bahn-

hof Aha und die Bushaltestelle Menzenschwander

Brücke. An diesen Punkten führen wir zwei E-Bike-

Stationen ein. Dadurch erreichen wir bessere Um-

steigebeziehungen. Wir empfehlen zudem eine

zusätzliche Verleihstation am Bahnhof Aha und an

der Menzenschwander Brücke. Kombiniert man

die bestehenden Buslinien mit einem Ruf-Taxi Ser-

vice und den zwei neuen E-Bikestationen, so kann

man ein optimiertes Combi-System schaffen.

Damit dieses System auch funktioniert, muss der

bestehende Fahrradweg von Menzenschwand zur

Menzenschwander Brücke und darüber hinaus

befestigt werden und eine neue Fahrradstrecke

von Menzenschwand nach Aha gebaut werden.

Die Kreuzung Menzenschwander Brücke wird mit

einer autark operierenden E-Bikestation ausge-

stattet, die ausreichend Plätze für die Leihfahr-

räder bietet und in eine Bushaltestelle mit Dach

integriert ist. Dies wäre für die Station in Aha

ebenfalls möglich. Wir sind der Meinung, dass es

auch im Interesse aller Bürger in Menzenschwand

und Bernau ist, das bestehende Mobilitätsange-

bot zu verbessern, um mehr Teilhabe aller durch

erhöhte Erreichbarkeit zu schaffen.

Jurykommentar: „Die „einfache“ Mischung der

bestehenden Verkehrs- und Transportmitteln mit

einem zusätzlichen Mobilitätsangebot ist eine prag-

matische und kluge Lösung. Bestehende Busverbin-

dungen sollen durch ein Fahrradleihsystem ergänzt

werden. Ruftaxis als „Bürgerbusse“ erweitern das

wetterunabhängige Angebot während besucher-

schwachen Zeitspannen. Eine gute Lösung, um die

heutigen Bedürfnisse an den Tourismus auch in

Menzenschwand anzupassen.“

Page 113: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

113

Bewohner

und Touristen

haben unter-

schiedliche

und vielfältige

Bedürfnisse

der Mobilität.

Das Easy

Comby System

kombiniert

mit Bus und

Bahn, Ruftaxi,

Gepäcktaxi,

E-Bikes

bestehende

Potenziale. Mit

einem neuen

Radwegenetz

und neuen

Marketingstra-

tegien passt

sich das Ange-

bot gut an die

Nachfrage an.

ZIELgRUPPENANALYSEWelche Gruppen haben welche Bedürfnisse?

OPTIMAL vERkNüPfTE vERkEHRSSYSTEME

Page 114: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

114

SPORTSCHWARZWALDPHILIPP PEROCk

SportSchwarzwald: Zukunft einer Regi-on mit Image - Problemen. Dem Schwarzwald kann ein Imageproblem bei jüngeren Touris-ten bescheinigt werden. Der Region haften Attribute an wie „langweilig“ und „altmo-disch“. Diesem Bild entspricht die Alters-struktur der Übernachtungsgäste.

Will die Region im Wettbewerb um Touristen in

dieser für sie so wichtigen Branche nicht weiter

zurückfallen, muss sie sich bei einer jungen Ziel-

gruppe neu positionieren und profilieren. Für den

Schwarzwald bedeutet das zum Einen nach dem

Kurtourismus ein neues Thema und eine neue

Zielgruppe als Perspektive für den regionalen Tou-

rismus zu finden. Zum Anderen muss dieses neue

Thema auch inhaltlich gefüllt und umgesetzt wer-

den, sich also räumlich in konkreten Angeboten

widerspiegeln, damit das Imagemarketing tat-

sächlich mehr ist als bloße Werbung.

Auf der Suche nach einem neuen Thema ist für

den Schwarzwald zunächst festzustellen, dass das

bisherige Imagemarketing meist dazu tendiert, ei-

nen Bezug zur geografischen Region herzustellen

(Hochschwarzwald, Südschwarzwald, Münster-

tal, etc.). Nachteilig an diesen Regionalimages ist

jedoch, dass das Bild der Gesamtregion Schwarz-

wald bereits besetzt ist mit den zuvor beschriebe-

nen Attributen, die dem Ansprechen einer jungen

Zielgruppe zum Nachteil gereichen. Ein Ausweg in

der Imagebildung bietet die Abkehr vom Regions-

bezug und Herstellung eines Aktivitätsbezugs. Ei-

nen auffälligen Anknüpfungspunkt vor Ort stellen

im Sommertourismus neben den Wanderern aller

Altersgruppen bereits zahlreiche junge Moun-

tainbiker und Nutzer anderer Trendsportarten wie

etwa Paragliding dar. Der Terminus Sport weckt

für die für den Imagewandel der Region wün-

schenswerten Assoziationen: Aktivität, Jugend-

lichkeit, Modernität. Folgerichtig eröffnet der

Sport das ideale Thema des Imagemarketings mit

der neuen Regionalmarke „SportSchwarzwald“.

Damit die Marke SportSchwarzwald mehr wird

als Werbung, muss sie das Versprechen Sport al-

lerdings auch inhaltlich einhalten, durch Stärkung

und Ausbau vorhandener Angebote, durch die

Vernetzung von Angeboten und deren räumli-

cher Akzentuierung, die den Imagewandel örtlich

sicht- und erlebbar machen.

Anlaufstellen in den einzelnen Ortsteilen sind

die Dorfstationen der Marke SportSchwarzwald,

die als ein neues bauliches Element im Ortsbild

den Imagewandel funktional und gestalterisch

unterstützen. Funktional als örtliche zentrale Hal-

testelle der SportBusse und durch umfangreiche

Dienstleistungen zum Sport, wie etwa digitale

Terminals mit lokalen und regionalen Informatio-

nen zum Sportangebot, Kartenmaterial und Rou-

tenvorschlägen, Übernachtung und Gastronomie,

Wasser, Werkzeugservice, Internet, Strom für Mo-

biltelefone. Daneben ist die Dorfstation Botschaf-

ter der Marke SportSchwarzwald und des mit ihr

verbundenen Imagewandels durch ihre architek-

tonische Gestaltung.

Jurykommentar: „Die Arbeit von Philipp Perock

hat die am weitesten entwickelte architektonische

Dimension. Durch heimisches Material wie Holz-

schindel und Brett soll der Ortsbezug hergestellt

werden. Ingesamt ein sehr wertvoller Beitrag zum

Thema des Imagewandels, der mit Mut, Entschlos-

senheit und innovativen Ideen gelingen kann.“

Page 115: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

115

Ein Image-

wandel wird

durch das hin-

zufügen von

räumlichen

und baulichen

Elementen

erweitert.

Das Bild eines

„langweiligen“

und „alt-

modischen“

Schwarzwald

kann mit eine

gezielte Star-

tegie zu einem

Imagewandel

führen. Die

bestehenden

Outdoor Sport-

möglichkeiten

bieten großes

Potenzial.

STRATEgIEN ZUM IMAgEWANDEL

RäUMLICHE kONZEPTION

Vernetzung und Ortsbildung

Dorfstationen: Orte des Imagewandels

Page 116: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

116

LEERSTANDSMANAgEMENTOSkAR WALBURg

In der Gemeinde Bernau und Menzen-schwand stellt der Leerstand von Gebäuden eine große Herausforderung dar. Leerstehen-de Gebäude sind in vielen Orten im ganzen Südschwarzwald vorzufinden.

Das von mir entwickelte Konzept des inter-

kommunalen Leerstandsmanagement sieht vor,

nicht etwas komplett neu zu erfinden, sondern

es soll auf dem bisher geleisteten aufbauen und

dieses weiterentwickeln. Als Beispiel nutze ich

für mein Projekt die Erkenntnisse des LEADER+

Projekt von 33 Gemeinden des Südschwarzwalds

„Schwarzwaldort – Lebensort“. Die Idee ist, dass

schon ausgeführte interkommunale Ansätze der

Leerstandbewältigung bzw. die Aktivierung in-

nerörtlicher Potenziale keine temporäre Erschei-

nung bleiben, sondern langfristig fortgeführt

werden. Das Ziel ist die Kräfte aller Akteure zu

bündeln, voneinander zu profitieren und eine

gemeinsame Informationsplattform bzw. Da-

tenbank für das Leerstandsmanagement auf-

zubauen. Das Management soll auf drei Ebe-

nen agieren: interkommunales Leerstandsbüro

(ikLb), Handlungskonzepte, Strategien der Be-

wusstseinsbildung.

Das ikLb soll den Kommunen mit Rat und Tat be-

hilflich sein sowie bei der Bewusstseinsbildung

helfen bzw. durch eigene oder gemeinsame

Maßnahmen die Bewusstseinsbildung forcie-

ren. Das ikLb soll eine interkommunale Daten-

bank entwickeln, welche mehrere Bestandteile

hat. Die Datenbank soll Bereiche enthalten, die

für jedermann online einsehbar sind, aber auch

Bereiche, die nur für die Verwaltungen abrufbar

sind. Online verfügbar sein soll eine Gebäude-

börse, in der alle zum Verkauf stehenden oder

mietbaren Objekte und Grundstücke der Regi-

on über ein geographisches Informationssystem

abrufbar sind. So kann jeder mittels einer Karte

nach verfügbaren Objekten suchen und durch

einen Klick auf der Karte weitere wichtige Infor-

mationen dazu erhalten. Durch diese zentrale

Plattform erhält die Vermarktung ein ganz an-

deres Gewicht. Des weiteren soll die Datenbank

gelungene Aktivierungsbeispiele, eine Samm-

lung von Hinweisen und Unterlagen zur Mo-

dernisierung, Miet- und Kaufgesuche oder auch

Kontaktlisten zu Gutachtern, Architekten usw.

enthalten. Die Online-Datenbank soll übersicht-

lich gestaltet sein und die wichtigsten Informati-

onen gebündelt bereitstellen. In der Datenbank

soll nur für die Verwaltungen abrufbar eine voll-

ständige Leerstandskartierung (alle Leerstände

incl. derer, deren Eigentümer nicht verkaufen

wollen) enthalten sein, die zudem durch eine

Kartierung potenziell zukünftiger Leerstände

ergänzt werden könnte. Weitere Aufgaben des

ikLb sind die Erstellung einer Leerstandsfibel,

Hilfestellungen zur Weiterbildung der Verwal-

tungen, Vernetzung von Akteuren und Kom-

munen, die Initiierung und Koordination von

Arbeitskreisen, Monitoring und Auskunft der

Fördermöglichkeiten oder Einführung einer tur-

nusmäßigen Bürgermeisterkonferenz zum ge-

genseitigen Erfahrungsaustausch.

Jurykommentar: „Der Beitrag zeigt den vielver-

sprechenden Ansatz einer kommunalen Koopera-

tion und einer effektiven Bündelung von Kompe-

tenzen in einer eigenständigen organisatorischen

Einheit. Auch entspricht insgesamt die Fülle der

Einzelvorschläge der Komplexität des Themas.“

Page 117: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

117

Bestehende

Konzepte im

Leerstands-

management

sollen durch

Unterstüt-

zung einer

Internetplatt-

form erweitert

werden. Die

Vernetzung

von Akteuren,

Hilfestel-

lungen für

Interessenten,

Auskunft und

Beispieldar-

stellungen

ergänzen das

Angebot.

INTERkOMMUNALES LEERSTANDSMANAgEMENT

Page 118: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

RESüMEE

Page 119: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

119

vIELfALT, HALTUNg UND fLUgHöHEköBI gANTENBEIN

Heute Morgen in der Frühe fuhr ich mit der Eisenbahn von Freiburg nach Aha. So heisst die nächste Station zu Menzen-schwand. Diese reizende Bahnfahrt ist eine Einführung in die Schönheit und die Lehre der Vielfalt, der kulturellen und gesellschaft-lichen Vielfalt zuerst.

Der Bahnhof Freiburg ist ein ICE-Mocken, feist,

konsumgeladen und selbstbewusst, je weiter die

«Höllentalbahn», wie der Regionalzug hier heisst,

fährt, umso mehr wird sie zum Bähnli, bald schon

rottelt und rüttelt es und hat nur noch ein Gelei-

se statt der Vielfachtrassen der Metropole. Seine

Stationen werden zu Bahnhöfli mit wunderschö-

nen Namen wie «Himmelreich». Und entspre-

chender Architektur: Die Normschilder der Deut-

schen Bahn haben die handgemalten Buchstaben

noch nicht verdrängen, das Industrial Design

noch nicht die hölzernen Laubsägeli-Fassaden der

Stationsgebäude verjagen können. Und statt ex-

pressschnell geht’s langsam aufwärts bis auf 1000

m.ü.M. So hat der Passagier Zeit, nicht nur die kul-

turelle Differenz des Bahnapparates zu würdigen,

sondern auch aus dem Fenster zu schauen: Grün

in aller Vielfalt – hell-, linden-, blau-, gelb- und

dunkelgrün. Und natürlich schwarzgrün, denn

wir sind ja im Schwarzwald, wo der Tannhäuser,

das Glasmännchen und der Kohlenmunk-Peter

wohnen. Diese natürlich gewachsene Schönheit

der Vielfalt, diese berückende Grünorgie, dieser

frühherbstliche Farbentanz.

Vielfalt heisst die erste Bemerkung zur Würdigung

der neun Arbeiten. Vielfalt an Themen von der Bil-

dung zum Wohnungsmarkt, von den Grundlagen

des Planermetiers zum Tourismus. Der ist in sich

vielfältig. Wir treffen auf den romantischen Frem-

denverkehr von Stadtkind, Heidi & Geissenpeter

und auf den Tourismus für die Sportskanonen.

Und Vielfalt in den Arbeiten. Die Studenten sind

keine ideologisch vernagelten Besserwisser, sie

untersuchen das Dorf von allen Seiten her und

probieren viele Perspektiven. Sie stellen ihre Er-

kenntnisse vielfältig dar – oft virtuos mit der

Zeichnung, der Tabelle, dem Diagramm, dem Co-

mic, der Collage, ja gar dem Film.

HALTUNgENPlanung und Architektur können zynische Ge-

schäfte sein. Es geht um viel Geld, um Macht, um

Spekulation und die Profite werden rücksichtslos

durchgesetzt und eingetrieben. Planerinnen sind

Rädchen in einem Geld- und Machtgefüge und

es sind nicht wenige, die dieses munter anheizen

und mit Mackergesten grossartige Würfe in Städ-

te pflanzen und übers Land leeren.

Es ist rührend – die gut zwei Dutzend Studentin-

nen und Studenten sind anders. Sie sind wahrhaf-

tig und getragen von heiligem Ernst. Sie wollen

«einen Beitrag leisten», sie wollen den Erdball

verbessern, sie glauben an den «andern Weg»

und wollen ihn. Angewiesen aber von ihren Pro-

fessorinnen und Professoren, denen es ein Anlie-

gen ist, dass man ihre Studierenden dann auch

brauchen kann draussen vor der Schultüre, setzen

sie all diese Ernsthaftigkeit und Weltreform um

mit den Mitteln des Metiers – der Analyse, dem

Entwurf, der Darstellung.

Die Ernsthaftigkeit kreist immer um den Bestand.

Die Studentinnen untersuchen sorgsam, was da

ist, sie drehen Steine um wie die Archäologen auf

der Akropolis, damit nichts zu Schaden komme.

Page 120: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

120

Sie haben große Neugier für die sozialen, histori-

schen und wirtschaftlichen Geschichten. Und für

die Leute, die sie so gastlich empfangen haben

auf dem Land. Sie haben den Auslauf aufs Land

auch genutzt, um sich von ihrem ureigenen Ge-

schäft, dem Urteil für gestalterisch-künstlerische

Güte zu entlasten – Kritik an all den architektoni-

schen Schönheiten und Hässlichkeiten von Men-

zenschwand gab es ebenso wenig wie Entwürfe

zu diesem Thema verbindlich geworden wären.

Das ist sehr wohl zu akzeptieren, denn in zehn

Tagen war genug zu tun, um die Konzepte mit

Wahrhaftigkeit zu grundieren und mit reformeri-

schem Glanz zu polieren.

«Studenten! Vergesst diese Ernsthaftigkeit, die-

sen Willen zum Guten und den Glauben, dass

das «Andere» sehr wohl machbar ist, nicht. Ihr

springt nach dem Diplom hinein in den Teich des

real existierenden Planens und Bauens. Er ist voller

Hai- und Schwertfische. Bleibt sensibel und macht

Musik wie die Vögel im Schwarzwald»

DIE fLUgHöHEKeine Arbeit repetiert einfach das, was die Stu-

dentin halt können muss, wenn sie das Diplom

bestehen will. Keine Arbeit betet nur den Kanon

herunter. Keine verliert sich in der Demut vor dem

Millimeter und der Entzückung am gestalteri-

schen Detail – so essentiell und unbedingt diese

zwei Haltungen und Können für jeden aufrichti-

gen Architekten sind. Die Studenten aber haben

ihre Flügel in diesen zehn Tagen aufgespannt und

sind hoch über ihre Felder hinaus geflogen. Man

sah, dass sie schwankten und nach Luft schnapp-

ten ab und zu – aber wie gewiefte Piloten dies

tun, liessen sie das lieber niemanden merken.

So flogen die Studentinnen hinauf in die dünnen

Lüfte des Marketings, wagten sich kühn – und

erfolgreich – in die Geschäfte der Grafik oder

probierten den Überblick des Verkehrsplaners.

Eindrücklich bewährten sie sich als Kurdirektorin-

nen, Energieplaner oder Tourismusexpertinnen als

hätten sie nie etwas anderes studiert und wagten

gar den Luftsprung in die Sozialpädagogik, weit

weg von allem Planzeichnen 1:100 mit jungen

Menzenschwanderinnen und -schwandern Tatsa-

chen bauend – ein Jugendhaus aus einem nicht

mehr gebrauchten Stall.

Keine Hochfliegerin ist über fremdem Feld abge-

stürzt, alle haben ihren Flug zu eleganter Landung

gebracht. Hohe Flüge zu wagen braucht Mut und

ist essentiell für jede Ausbildung; hoch fliegende

Studentinnen sind auch ein Lob an ihre Professo-

ren, die in diesen Schwarzwald-Tagen den Luft-

flug ermuntert, zugelassen, und gefördert haben

– und das Netz ausgespannt, wenn die Böen eine

Hochfliegerin zu zerzausen drohte.

Köbi Gantenbein,Chefredakteur Hochparterre

Abb. 69:

Gruppe

WerkRaum

während einer

Betreuung

Page 121: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

121

WANDEL gESTALTENkERSTIN gOTHE, jOHANN jESSEN, ANTjE STOkMAN

Die Lehrenden fassen die Ergebnisse der Sommeruniversität UPDATE Schwarzwald in 10 Thesen zusammen, die den Bürgermeistern und Akteuren vor Ort als Handlungsempfeh-lung dienen sollen. In den Thesen scheint die Komplexität und Vielfalt der studentischen Ergebnisse und der Fachvorträge auf:

1. Die Besonderheiten von Bernau und Menzenschwand nutzenDie Landschaft des Schwarzwalds, das ein-

drucksvolle tradierte Ortsbild, die Stille und Ab-

geschiedenheit des Tales bei gleichzeitiger Nähe

zu Tourismuszentren und attraktiven Städten wie

Freiburg und Basel. Damit haben die Orte genau

das, was viele Menschen sich wünschen und wo-

nach sie sich sehnen: Ländliche Ruhe in schöner

Umgebung bei erreichbarer städtischer Vielfalt.

2. Neue Formen der Gastgeberkultur entwickeln Ein vielfältigeres Spektrum an Unterkünften

(0 bis 4 Sterne), an Gastronomie und an Freizeit-

aktivitäten, um einen größeren Adressatenkreis zu

erreichen; stärkere Einbindung in die Angebote

der benachbarten Tourismuszentren Schluchsee

und Feldberg.

3. Nicht nur Tourismus! Es gibt eine wachsende Nachfrage von Städtern nach Auszeiten Rückzug für intensive Arbeitsphasen; Arbeits-

plätze an unterschiedlichen Standorten; Zeit für

die Pflege intensiver Hobbies usw. Hier sind An-

gebote auch in den sonst nachfrageschwächeren

Jahreszeiten attraktiv.

4. An der Energiewende teilhaben und sie mitgestalten Umstellen auf landschaftsangepasste, auf lokale

Kreisläufe ausgerichtete Konzepte der Energie-

erzeugung (ortsspezifischer Mix aus Wasserkraft,

Windenergie, Bioenergie und/oder Solarenergie),

Erhaltung der Kulturlandschaft Schwarzwald

auch durch Energiewirtschaft.

5. Erreichbarkeit und Anbindung verbessern Lücken in der ÖPNV-Versorgung durch Nutzung

neuer Organisationsformen und Technologien

(E-Bike, Car-Sharing, Ruftaxi etc.) schließen! Leis-

tungsfähige Datennetze müssen überall zugäng-

lich sein.

6. Unterschiedliche Strategien, um Leerstände zu aktivieren und Nachfrage und Angebot bei den Immobilien zusammenzubringenFür die großen, heute schon zum Verkauf ste-

henden Objekte wie leerstehende Kliniken oder

Hotels regionale Immobilienmessen veranstalten:

Expo Real Schwarzwald! Auch ortsferne Insti-

tutionen wie zum Beispiel Universitäten, große

Unternehmen und Verbände als Investoren oder

Abb. 70:

Jugendher-

berge in altem

Schwarzwald-

haus in Men-

zenschwand

Page 122: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

122

Nutzer für die Umnutzung der Leerstände anspre-

chen. Kultur der Kooperation entwickeln: Für die

vielen übrigen Objekte des Leerstands überlokal

organisierte Tage der offenen Scheunen oder

Leerstandsbörsen durchführen und neue Nachfra-

gegruppen ansprechen. Gerade große Höfe über-

fordern oft einen einzelnen Haushalt. Gemeinsam

mit anderen geeignete Nutzungs- und Finanzie-

rungsmodelle finden. Bauherrengemeinschaften

für Gruppenwohnprojekte im Schwarzwalddorf

– um neue Wohnformen in großen Kubaturen zu

ermöglichen.

7. Offenheit für temporäre Nutzungen Anreize geben, Leerstände und untergenutz-

te Bauten durch vorläufige oder befristete Nut-

zungen ins Gespräch zu bringen, probeweise zu

nutzen und zu aktivieren! Das Bereitstellen von

Raum für solche Aktivitäten als vorbildlich für die

Entwicklung der Dorfgemeinschaft auszeichnen

und unterstützen. Bauten leer stehen zu lassen

ist keine Privatsache, sondern eine Angelegenheit

des ganzen Dorfes.

8. Raum und Gelegenheit für Menschen mit Engagement, Energien und Ideen bietenBegabungen und Talente der Bewohner fördern,

die gut ausgebildete Enkelgeneration zur Rück-

kehr ermutigen, Raumpioniere anlocken! Patch-

Work-Existenzen (moderne Formen gemischter

Einkommen) ermöglichen!

9. Dörfliche Gemeinschaftseinrichtungen anreichern und hierfür den Leerstand nutzenWenn sich allmählich die Bewohner- und Besu-

cherstruktur ändert, werden auch andere An-

forderungen an die gemeinschaftlich genutzten

Einrichtungen gestellt – von den Touristen, von

den temporären Bewohnern und den Neuhin-

zugezogenen. Das neue Jugendhaus könnte ein

erster Anfang sein. Selbst organisierte Gemein-

schaftseinrichtungen fördern und interkommunal

vernetzen.

10. Baukultur Schwarzwald weiter stärken Bernau und Menzenschwand mit ihrer einzigarti-

gen historischen Bausubstanz können von jeder

Stärkung der regionalen Baukultur profitieren.

Umbauten und Neubauten sollten daher durch

hohe architektonische Qualität und verantwortli-

chem Umgang mit der historischen Bausubstanz

das Ortsbild bereichern. Die regionalen Wert-

schöpfungsketten von der Holzwirtschaft, über

Sägerei und Zimmerei bis zum Innenausbau sind

zu stärken.

Prof. Kerstin Gothe,KIT Karlsruhe Institut für Technologie

Prof. Johann Jessen,Universität Stuttgart

Prof. Antje Stokman,Universität Stuttgart

Page 123: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

123

Page 124: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

ANHANg

Page 125: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

125

PRESSE

Abb. 71:

Im Zeitraum

der Som-

meruni sind

verschiedene

Zeitungsartikel

in der

lokalen Presse

erschienen.

Page 126: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

126

öffENLTICHkEITSMATERIALIEN

Abb. 72:

Flyer und

Briefkasten-

einwurf mit

Ankündigung

der Sommer-

Universität

an die Bürger

von Bernau

und Menzen-

schwand

Vorträge im rahmen

der Sommeruni

09.08., 20.00 uhrSüdschwarzwälder architektur – Kontinuität im Wandel

Florian Rauch, Basler Bauforscher und Architekt, ist in seiner Arbeit inspiriert von den tradierten

regionalen Konstruktions- und Gestaltungsprinzipien. Aus diesem reichhaltigen Fundus nährt sich

sein nach vorne gewandtes Architekturschaffen. Ort: Forum Erlebnis: Holz, Bernau-Oberlehen

10.08., 20.00 uhrFerne nähe - Kunst als Faktor der regionalen entwicklung

Prof. Dr. Hermann Voesgen, Professor für Kultur und Projektarbeit im Studiengang Kulturarbeit der

Fachhochschule Potsdam, stellt Projekte vor, die lokale Traditionen aufgreifen, sie mit dem Wandel

in Bezug setzen und Perspektiven erproben. Ort: Kurhaus Menzenschwand

11.08., 20.00 uhr Schwarzwald, woher kommst du, wohin gehst du?

Prof. Dr. Hansjörg Küster, Professor für Pflanzenökologie am Institut für Geobotanik der Leibniz

Universität Hannover, gibt einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Schwarzwaldland-

schaft und zeigt Szenarien auf, wohin sich der Schwarzwald infolge des Strukturwandels entwi-

ckeln könnte – oder sollte. Ort: Kurhaus Menzenschwand

13.08., 20.00 uhr Learning from Switzerland

Prof. Christian Wagner, Professor für Ortsbildentwicklung und Siedlungsplanung an der Hochschule

für Technik und Wirtschaft in Chur, berichtet über erfolgreiche Projekte der Ortsentwicklung in der

Schweiz und über die Lehren, die daraus zu ziehen sind. Ort: Kurhaus Menzenschwand

15.08., 20.00 uhr der reigen - Bregenzerwälder Baukunst im Spiegel der Zeit

Marina Hämmerle, Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts, entführt in den Bregenzer-

wald. Weniger ist mehr – das Motto der Vorarlberger Architektur. Aus Zeiten der Kargheit in die

Zeiten der Fülle gerettet, unterlegt es die Kulturleistung einer ganzen Region und gibt dem eigenen

Selbstverständnis Körper und Hülle. Ort: Kurhaus Menzenschwand

17.08., 18.00 uhr Vorstellung der arbeiten und Preisvergabe

Die von den Studierenden verschiedener Hochschulen erarbeiteten Konzepte, wie dem Struktur-

wandel in der Region begegnet werden kann, werden präsentiert und die besten Arbeiten von

einer Jury prämiert. Ort: Kurhaus Menzenschwand

in Bernau und menZenSchWand

09 – 17.8.2012

Sommeruni 2012

Wir danken unseren Spendern:

Dieses Projekt wird gefördert durch den Naturpark Süd-

schwarzwald mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg,

der Lotterie Glücksspirale und der Europäischen Union

(ELER) sowie durch die beiden Gemeinden Bernau und

St. Blasien.

Wir laden alle Bürger und gäste des Süd-

schwarzwaldes zu Vorträgen ein, die im

rahmen unserer Sommeruni gehalten

werden. Wir möchten die Stärken der Region und

die Chancen des Strukturwandels mit Ihnen gemein-

sam diskutieren.Bei der Sommeruni in Menzenschwand und Bernau

werden sich ca. 20 Studierende der Architektur und

Stadtplanung 10 Tage lang vor Ort mit den beiden

Tälern beschäftigen und Vorschläge für die Entwick-

lung der Dörfer und Gebäude erarbeiten. Die Sommeruni wird veranstaltet vom Fachgebiet

Regionalplanung und Bauen im Ländlichen Raum

am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) und vom

Städtebau-Institut der Universität Stuttgart. Sie führt

fortgeschrittene Studierende der Architektur und

Stadtplanung aus verschiedenen Hochschulen des

deutschsprachigen Raumes zusammen.Fachgebiet für Regionalplanung und Bauen im

Ländlichen Raum, Architekturfakultät am KIT

http://rbl.iesl.kit.edu/

WALD

UPDATE SCHWARZ

SOMMERUNI

SOMMERUNI 2012

UPDATE

SCHWARZWALDBewerbung

bis zum 15.6.2012 an: [email protected]

Voraussetzungen: Abgeschlossenes Vordiplom

oder Bachelor in der Fachrichtung Architektur/

Städtebau/Stadtplanung/Landschaftsplanung.

Bitte einen kurzen Lebenslauf und max. zwei Seiten

über Vorarbeiten oder Fähigkeiten beifügen, die

Sie in das Projekt mitbringen.

Gruppengröße: max. 40 Studierende

Unkostenbeitrag ca. 250 € für Unterkunft

und Verpflegung

Anerkennung: 3 ECTS als Wahlfach oder Stegreif

FG Regionalplanung und Bauen

im Ländlichen Raum

Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft

Fakultät für Architektur

Karlsruher Institut für Technologie

Weitere Informationen:

rbl.iesl.kit.edu/sommerunimenzenschwand2012.php

www.facebook.com/events/353281614703479/

IN MENZENSCHWAND8.8 – 17.8.2012

Veranstalter

Fakultät für Architektur, KIT

in Kooperation mit der Universität Stuttgart

SCHWARZWALDIDyLL

IM STRUkTURWANDEL

SOMMERUNI IN

MENZENSCHWAND

8.8 – 17.8.2012

Schwarzwaldidyll im Strukturwandel – Bernau und Men-

zenschwand packen’s an! Die beiden benachbarten Orte

liegen inmitten der spektakulären Landschaft des Süd-

schwarzwalds, doch die tiefgreifenden Veränderungen

in der Landwirtschaft, im Tourismus und Gesundheits-

wesen haben ihre Spuren hinterlassen: Schwarzwaldhof

und Schwarzwaldklinik – das war einmal. Viele Höfe

werden nicht mehr bewirtschaftet und stehen leer, die

Kliniken sind nach diversen Gesundheitsreformen insol-

vent, die Orte leiden unter dem Verlust ihrer Arbeitgeber

und Touristenmagnete. Was nun?

In der Sommeruni werden Visionen erarbeitet, um die

bemerkenswerten Potenziale der Orte zu mobilisieren,

den ungewöhnlichen Baubestand zu reaktivieren und

innovative Nutzungsformen für den Naturpark Süd-

schwarzwald zu entwickeln.

BERNAU UND

MENZENSCHWAND

PACkEN’S AN.

Dieses Projekt wird gefördert durch den Naturpark

Südschwarzwald mit Mitteln des Landes Baden-

Württemberg, der Lotterie Glücksspirale und der

Europäischen Union (ELER).

Die Kliniken: Warten die großen Bauvolumen viel-

leicht nur auf neue Nutzungsformen, um wieder zu

einem Motor für die Entwicklung der Orte zu werden?

Die Schwarzwaldhäuser: Wahrzeichen der Region

oder nur noch Kulisse? Wie können sie als lebendiger

Bestandteil einer regionalen Baukultur weiterentwickelt

werden?

Die Neubauten: Müssen sie an den an den Ortsrän-

dern stehen oder können die Orte im Inneren verdichtet

werden? Wie verändert sich das Ortsbild durch die Neu-

bauten? Welche Rolle kann das heimische Holz als Bau-

stoff spielen?

Die Orte: Wie können sie sich in ihren Profilen ergän-

zen? Welche Chancen ergeben sich aus der Zusammen-

arbeit der beiden Dörfer?

Die Landschaft: Was wird aus der Kulturlandschaft

des Naturparks Südschwarzwald nach dem Struktur-

wandel in der Landwirtschaft und welche Rolle spielt

dabei das Hinterwälder Rind?

Die Sommeruni in Menzenschwand soll hierzu innovative

Lösungen entwickeln, die durch gründliche Auseinander-

setzung mit dem Gebiet sowie durch intensive Diskussion

der Studierenden untereinander und mit den Lehrenden

fundiert sind. Die Gemeinden, der Naturpark Südschwarz-

wald, das Netzwerk der Hofeigentümer und andere Ak-

teure vor Ort sind in die Vorbereitung eingebunden.

Leerstände in alten und neuen Schwarzwaldhäusern,

Schwarzwaldkliniken in der Insolvenz, sterbende Gast-

höfe – und andererseits neue und nichtssagende Wohn-

häuser an den Ortsrändern. Die durch die Anforderungen

der Landwirtschaft und des Kurbetriebs geformte bau-

liche Struktur der Schwarzwalddörfer scheint nicht mehr

zu den verbliebenen Nutzungen zu passen. Eine Klinik

mit 130 Betten in einem Dorf von gerade mal 700 Ein-

wohnern – wer braucht das, und wozu? Die gleiche

Frage trifft die Wirtschaftsteile der Schwarzwaldhöfe, die

meist etwa zwei Drittel des Gebäudevolumens ausma-

chen und heute keine Nutzung haben. Und der Wohn-

teil, das verbleibende Drittel, das von außen so urgemüt-

lich scheint, ist im Inneren heutigen Komfortansprüchen

völlig fremd: Es zieht, es ist dunkel, die Deckenhöhe ist

unter zwei Metern – kaum einer möchte dort einen langen

Schwarzwaldwinter verbringen, trotz Kachelofen.

Doch jeder Krise wohnt ein Zauber inne – stecken in die-

sen Schwarzwalddörfern nicht ungeahnte Potenziale?

Wo sonst finden wir heute so viel Raum für innovative

Konzepte?

UPDATE SCHWARZ-

WALD – EIN IDyLL IM

STRUkTURWANDEL

-

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Prof. Kerstin Gothe und Philipp Dechow, FG Regional-

planung und Bauen im Ländlichen Raum, KIT

Prof. Johann Jessen und Luigi Pantisano,

Städtebau-Institut Uni Stuttgart

Prof. Antje Stokmann und Johannes Jörg, Institut für

Landschaftsplanung und Ökologie, Uni Stuttgart

Marina Hämmerle (Geschäftsführerin des VAI

Vorarlberger Architekturinstitut)

Köbi Gantenbein (Chefredakteur der Zeitschrift

Hochparterre)

Prof. Mark Michaeli (Lehrstuhl für Nachhaltige

Entwicklung von Stadt und Land, TU München)

Prof. Christian Wagner (Lehrstuhl für Ortsbildentwick-

lung und Siedlungsplanung, HTW Chur)

Vertreter des Naturparks Südschwarzwald sowie der

Gemeinden

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Eine Busexkursion zu interessanten Projekten im Natur-

park Südschwarzwald und öffentliche Abendvorträge

geben Impulse und verknüpfen die örtliche Diskussion

und die Sommeruni. Die Ergebnisse werden von einer

Jury bewertet und am letzten Abend öffentlich präsen-

tiert und diskutiert. Es werden Preisgelder vergeben.

Betreuung der Sommeruni

Abendvorträge, Gastkritik, Mitglieder der Jury:

RahmenpRogRamm deR

SommeRuni in BeRnau

und menZenSChWand

SommeRuni 2012

Dieses Projekt wird gefördert durch den Naturpark Süd-

schwarzwald mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg,

der Lotterie Glücksspirale und der Europäischen Union

(ELER) sowie durch die beiden Gemeinden Bernau und

St. Blasien.

Wir danken unseren Spendern:

Fachgebiet für Regionalplanung

und Bauen im Ländlichen Raum

Architekturfakultät am KIT

http://rbl.iesl.kit.edu/

Wir laden alle Bürger und gäste des Süd-

schwarzwaldes zu Vorträgen ein, die im Rah-

men unserer Sommeruni gehalten werden.

Wir möchten die Stärken der Region und die Chancen des

Strukturwandels mit Ihnen gemeinsam diskutieren.

Bei der Sommeruni in Menzenschwand und Bernau werden

sich ca. 20 Studierende der Architektur und Stadtplanung

10 Tage lang vor Ort mit den beiden Tälern beschäftigen

und Vorschläge für die Entwicklung der Dörfer und Gebäude

erarbeiten.

Die Sommeruni wird veranstaltet vom Fachgebiet Regional-

planung und Bauen im Ländlichen Raum am KIT (Karlsru-

her Institut für Technologie) und vom Städtebau-Institut der

Universität Stuttgart. Sie führt fortgeschrittene Studierende

der Architektur und Stadtplanung aus verschiedenen Hoch-

schulen des deutschsprachigen Raumes zusammen.

Page 127: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

127

Abb. 73:

Facebook-

Seite zur

Sommeruni

Page 128: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

128

QUELLEN

Burckhardt, Lucius: Warum ist Landschaft schön. Die Spaziergängerwissenschaft. Martin Schmitz

Verlag, Berlin 2006: 92.

Dannebeck, Sandra; Hoppe, Ansgar; Küster, Hansjörg; McCracken, David: Einflussfaktoren auf Kul-

turlandschaften: ein Überblick. In: Krzywinski, Knut; O’Connell, Michael; Küster, Hansjörg (Hrsg.): Wo

Demeter ihre Felder hat und Pan zuhause ist: Europäische Kulturlandschaften. Bremen 2009, 47-54.

Föhl, Patrick; Neisener, Iken: Kulturkonzept für den regionalen Wachstumskern (RWK) Prignitz,

Studiengang Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam 2009.

Innerschweizer Heimatschutz: Kriterien zur Förderung qualitätvollen Bauens. Luzern 2008.

Krause, Werner: Zur Kenntnis der Wiesenbewässerung im Schwarzwald. Veröffentlichungen der

Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden-Württemberg 24, 1956, 484–507.

Küster, Hansjörg: Das ist Ökologie. München 2005, 173.

Küster, Hansjörg: Die Entdeckung der Landschaft. Einführung in eine neue Wissenschaft.

München 2012.

Küster, Hansjörg: Geschichte des Waldes. 3. Auflage, München 2008.

Loos, Adolf: Regeln für den, der in den Bergen baut. In: Der Brenner, Heft 1, 1913, 40.

Matthiesen, Ulf: Raumpioniere. In: Oswalt, Philipp (Hrsg.): Schrumpfende Städte. Ostfildern 2004

Mörsch, Carmen: KunstKur. Dortmund (GIAH GmbH) 2002

Richert, Wiebke: Den Strand unterm Pflaster entdeckt, die Sterne aufs Parkdeck geholt – „Nigihaven

na der Zen“ – ein Sommerprojekt mit offenem Ausgang. In: Mandel, Birgit (Hrsg): Kulturvermittlung

zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing. Bielefeld 2005

Schäfter, Ortfried: Lernen in der Zivilgesellschaft – aus der Perspektive der Erwachsenenbildung. In:

Voesgen, Hermann (Hrsg.): Brückenschläge. Neue Partnerschaften zwischen institutioneller

Erwachsenenbildung und bürgerschaftlichem Engagement. Bielefeld 2006

Voesgen, Hermann: Den Raum neu ordnen. In: Volke, Kristina (Hrsg.): Intervention Kultur.

Wiesbaden 2010

Voesgen, Hermann: Zwischen Verwertung und Intervention: Kunst als lokale Wissensressource. In:

Matthiesen, Ulf; Mahnke, Gerhard (Hrsg.): Das Wissen der Städte. Wiesbaden 2009

Wilmanns, Otti: Exkursionsführer Schwarzwald. Eine Einführung in Landschaft und

Vegetation. Stuttgart 2001.

Page 129: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

129

ABBILDUNgEN

Abb. 1-3: Foto Luigi Pantisano

Abb. 4: Foto Johannes Jörg

Abb. 5-6: Foto Luigi Pantisano

Abb. 7: Foto Kerstin Gothe

Abb. 8-10: Foto Luigi Pantisano

Abb. 11-17: Foto Hansjörg Küster

Abb. 18: Zeichnung von Richard Schilling, Das alte malerische Schwarzwaldhaus, 1915

Abb. 19: Foto Gerhard Zickenheiner

Abb. 20: Foto Jeras 2000, Regierungspräsidium Freiburg, Referat Denkmalpflege

Abb. 21: Foto Carmen Winkels

Abb. 22-23: Foto Florian Rauch

Abb. 24: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:School_Paspels.jpg

Abb. 25: Foto Ralph Feiner

Abb. 26: Foto Milo Keller / www.milokeller.com

Abb. 27: Foto Florian Rauch

Abb. 28: Foto Börje Müller

Abb. 29: Foto Florian Rauch

Abb. 30: Foto Börje Müller

Abb. 31-33: Foto Gerhard Zickenheiner

Abb. 34: www.kunstbilder-galerie.de

Abb. 35: Foto Gerhard Zickenheiner, Darstellung von F. Faller

Abb. 36-40: Foto Gerhard Zickenheiner

Abb. 41: Grafik Universität Bamberg, Masterstudiengang Denkmalpflege

Abb. 42-43: Foto Christian Wagner

Abb. 44-48: Foto Martin Wypior

Abb. 49: Grafik Architektenkammer Baden-Württemberg, Kammerbezirk Freiburg

Abb. 50: Foto Architektenkammer Baden-Württemberg, Kammerbezirk Freiburg

Abb. 51-66: Foto Antje Stokman, Kerstin Gothe, Johannes Jörg, Luigi Pantisano

Abb. 67: Foto Michael Krauss

Abb. 68: Foto Luigi Pantisano

Abb. 69-70: Foto Luigi Pantisano

Abb. 71: Foto Luigi Pantisano

Abb. 72: LUV Design I Büro für Gestaltung

Abb. 73: Bildschirmfoto Luigi Pantisano

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Dieses Projekt wurde gefördert durch den Natur-

park Südschwarzwald mit Mitteln des Landes Ba-

den-Württemberg, der Lotterie Glücksspirale und

der Europäischen Union (ELER) sowie durch die

beiden Gemeinden Bernau und Menzenschwand.

Wir danken unseren Unterstützern:

DANk

Page 131: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

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HerausgeberProf. Kerstin Gothe, Prof. Dr. Johann Jessen,

Prof. Antje Stokman

Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft

Karlsruhe Institut für Technologie

Englerstraße 11, Geb 11.40

76131 Karlsruhe

http://rbl.iesl.kit.edu

Städtebau-Institut

Institut für Landschaftsplanung und Ökologie

Universität Stuttgart

Fakultät Architektur und Stadtplanung

Keplerstraße 11

70174 Stuttgart

www.uni-stuttgart.de/si

RedaktionDipl. Ing. Luigi Pantisano

MitarbeitJohanna Kolb

Layout LUV Design I Büro für Gestaltung

luv-design.de

DruckWalter Digital GmbH, Korntal-Münchingen

ISBN 978-3-00-043526-3

Copyright©2013 Universität Stuttgart

SOMMERUNI 2012

Page 132: SommerUni UPDATE SCHWARZWALD

ISBN 978-3-00-043526-3