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AUSZUG AUS HEFT 6| 13 3 MARKETING & VERTRIEB Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb Nr. 6 | Dezember 2013 ISSN: 1611-2997 ener|gate Verlag, Essen Sonderdruck 6 13 TNS Infratest & con|energy unternehmensberatung gmbh & co. Kg Margen und Marktanteile optimieren und gleichzeitig Kundennutzen maximieren VON APOSTOLOS APERGIS & HEIKE HAHN

Sonderdruck 6 13 - Kantar Deutschland€¦ · • MsD: telefonische interviews im CAti-omnibus, zufallsstichprobe repräsen-tativ für Deutschland • Basisbefragung: persönliche,

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Auszug Aus Heft 6| 13

3M a r k e t i n g & V e r t r i e b

Zeitschrift für Energie, Markt, WettbewerbNr. 6 | Dezember 2013

ISSN

: 161

1-29

97

ener|gate Verlag, Essen

Sonderdruck6 13tnS infratest & con|energy unternehmensberatung gmbh & co. kg

Margen und Marktanteile optimieren und gleichzeitig Kundennutzen maximierenVon Apostolos Apergis & HeiKe HAHn

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Auszug Aus Heft 6| 13

4 M a r k e t i n g & V e r t r i e b

Margen und Marktanteile optimieren und gleichzeitig Kundennutzen maximieren (Wie) geht das? Der Energiemarkt befindet sich in einer Umbruchphase. Anhaltende Preissteigerungen führen zu spürbaren Bewegungen im Markt – immer mehr Kunden wechseln ihren Anbieter. Gleichzeitig nimmt der Druck auf Anbieterseite zu, stagnie-rende oder nachlassende Umsätze und Margen im Kerngeschäft mit Strom und Gas kompensieren zu müssen. Zentrale Herausforderung ist es, Strategien zu entwickeln, die sowohl kurzfristige Ertragssteigerungen als auch nachhaltige Er-tragssicherungen und Wachstum gewährleisten. Aber welche Tarifkomponenten entfalten neben dem Preis die größte zielgruppenspezifische Relevanz auf Kundenseite? Wie lassen sich darüberhinausgehende Produkt- und Vermarktungs-ansätze optimieren?

Von apoStoloS apergiS und dr. Heike HaHndazu entschieden, diesen Ansatz zu ver-

folgen: „Der Blick auf das Kerngeschäft

kommt in der Tat zurzeit oftmals zu

kurz. Wir haben hier die Möglichkeit ge-

sehen, unseren Partnern empirisch gesi-

chert und ganz konkret Ansatzpunkte

zur Optimierung ihres Bestandsgeschäf-

tes an die Hand zu geben, und das in

Abhängigkeit ihrer jeweiligen strategi-

schen Zielsetzung“, äußert sich Dr. Ger-

hard Holtmeier, Vorstand der Thüga AG,

zu diesem Ansatz.

Mehrstufiger Ansatz

Entscheidend für die Optimierung des

Tarifportfolios und damit für die Steige-

rung von Marge und/oder Marktanteil

der bestehenden Produkte sind in der

Tat die Präferenzen der Kunden. Diese

werden im Rahmen einer repräsentati-

ven Grundlagenstudie erhoben (Schritt

1). Für Strom wurde dies im Juli/Au-

gust 2013 realisiert, Gas folgt Anfang

2014. Erfragt wurden aktuelles Ener-

gienutzungsverhalten, Wahrnehmung

von Stromanbietern, Wechselverhalten,

Markenbindung sowie natürlich die

Präferenzen der Verbraucher, wenn

Auf Basis einer aktuellen repräsenta-

tiven Befragung deutscher Haushalte

können Energielieferanten mit einem

im Finanzmarkt bewährten Ansatz

konkrete Möglichkeiten aufgezeigt wer-

den, wie sich ihre Margen und/oder

Marktanteile optimieren lassen. Part-

ner der Thüga-Gruppe waren unter den

ersten Anbietern, die diesem Ansatz ge-

folgt sind und über deren Erfahrungen

hier berichtet wird.

Das Bestandsgeschäft optimieren

Vertriebe von Energieversorgern stehen

vor der Herausforderung, eine unge-

wisse Zukunft zu antizipieren und sich

auf diese einzustellen. Die heutigen

Veränderungen in der Branche und im

Umfeld sind dabei wahrscheinlich so

radikal wie schon lange nicht mehr.

Gleichzeitig nimmt der Druck zu, stag-

nierende oder nachlassende Umsätze

und Margen im Kerngeschäft mit Strom

und Gas zu kompensieren − mit mög-

lichst kurzfristigen, aber gleichermaßen

auch nachhaltigen Erfol-

gen. Wachstumsoptionen

werden geprüft, die sich

über den überregionalen Vertrieb hinaus auch auf neue

Geschäftsmodelle, Produkt- oder Vermarktungsansätze

und ähnliches fokussieren.

Zweifelsohne ist es notwendig, sich mit neuen Themen

zu befassen. Es lohnt sich aber auch, der Frage nach-

zugehen, wie sich Margen und Marktanteile im Kern-

geschäft mit Strom und Gas z. B. durch die konkrete

Um- oder Neugestaltung der Tarife verbessern lassen.

Und das auf eine Weise, die auch für die Kunden vor-

teilhaft ist.

TNS Infratest und die Con|energy Unternehmensbera-

tung bieten hier mit „eTop“ (Energie-Tarifoptimierung)

einen Lösungsansatz, der die Präferenzen der Kunden

im individuellen Wettbewerbsumfeld berücksichtigt

und auf diese Weise zu messbarem Erfolg in Form von

höheren Margen oder Marktanteilen führt. Dieses Kon-

zept, welches durch TNS Infratest seit vielen Jahren er-

folgreich im Finanzmarkt angewendet wird, wurde nun

gemeinsam mit Con|energy auf den Energiemarkt im

Haushaltskundensegment übertragen.

Die Thüga-Gruppe, mit rund 100 Stadtwerken das größ-

te Netzwerk kommunaler Energie- und Wasserdienst-

leister in Deutschland, hat sich mit einigen Partnern

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es um die Auswahl von Stromtarifen

geht. Letzteres erfolgte mit Hilfe von

VALUE•PRICERTM, dem validierten Tool

von TNS zur branchenübergreifenden

Produkt- und Preisoptimierung auf

Basis von Kundennutzen nach dem

Conjoint-Ansatz. Mit dem Conjoint-

Verfahren wird sichergestellt, dass auch

tatsächlich Präferenzen für einzelne Ei-

genschaften deutlich werden. Im Rah-

men des Conjoint-Verfahrens werden

die Befragten mehrfach gebeten, eine

Auswahl aus einer Anzahl von Tarifen

zu treffen, die anhand von mehreren

Attributen wie Preis, Sonderleistun-

gen usw. beschrieben werden. Das

Conjoint-Verfahren erfordert somit eine

persönliche oder Online-Befragung. Die

Wahl ist in diesem Fall auf eine com-

putergestützte, persönliche Befragung

(CAPI) von 1.000 Haushalten gefallen.

Diese Erhebungsmethode ist erheblich

aufwendiger als eine Online-Befragung

− sie ist aber erforderlich, um sicherzu-

stellen, dass auch nicht online-affine

Zielgruppen der Bevölkerung in der

Stichprobe in ausreichendem Maße be-

rücksichtigt werden. Außerdem liefert

die persönliche Befragung die höchste

Datenqualität, eine unabdingbare Vor-

aussetzung, um aus den Befragungser-

gebnissen konkrete Empfehlungen zur Tarifoptimie-

rung abzuleiten.

Sinnvoll ist hier, dass den Haushalten nicht nur die

bestehenden Produkte des seine Margen bzw. Markt-

anteile optimierenden Anbieters und seiner relevan-

ten Wettbewerber zur Auswahl vorgelegt werden,

sondern auch Ideen und Ansätze, die in Zukunft

denkbar sind. Möchte ein Anbieter zum Beispiel

wissen, welche Konsequenzen es für die Margen

und Marktanteile hat, wenn bei einem bestehenden

Produkt zukünftig nur noch (höhere) Arbeitspreise

abgerechnet werden (der Grundpreis also wegfällt)

oder wenn ein neues Produkt mit einer Stromflatrate

in das Produktportfolio aufgenommen werden wür-

de, so muss dies im Rahmen dieser Grundlagenstudie

abgefragt werden. Nur dann lassen sich Präferenzen

für oder gegen diese Mo-

difikationen bilden, auf

deren Basis die Simula-

tionen von Margen und

Marktanteilen vorge-

nommen werden können.

Dabei kann es zu Kan-

nibalisierungseffekten

zwischen den bestehen-

den Produkten kommen,

aber auch zu Ab-/Zu-

wanderungen zum/vom

Wettbewerb. Beides wird

ausgewiesen.

Die persönliche Befragung wurde flan-

kiert durch eine telefonische Markt-

strukturdatenerhebung mit dem Ziel,

wesentliche Parameter des deutschen

Marktes auf Basis einer höheren Fallzahl

von 2.000 Befragten zu erheben, damit

das Marktsimulationsmodell aus der

Conjoint-Befragung entsprechend kalib-

riert werden kann (vgl. Tab. 1).

In einem zweiten Schritt erfolgt die

Umsetzung beim einzelnen Energiever-

sorgungsunternehmen im Rahmen ei-

nes Beratungsprojektes. Der Aufnahme

individueller Kunden- und Marktdaten

sowie des jeweiligen Wettbewerbsum-

feldes schließt sich die Diskussion der

strategischen Zielrichtung („Fokus auf

Marge oder Marktanteil“?) an. Dabei

wird berücksichtigt, dass die Strategie

sich nach Vertriebsgebieten unterschei-

den kann. Beispielsweise kann ein Re-

gionalversorger im Stadtgebiet eine

Margenstrategie, im Vertriebsgebiet im

Umland aber eine Marktanteilsstrategie

verfolgen (vgl. Abb. 1). Aber auch wei-

tere Strategien sind denkbar.

Diese Festlegung ist entscheidend für

die Definition des zu untersuchenden

Vertriebsgebiets und die sich anschlie-

ßenden Simulationen einzelner tarifli-

cher Aspekte.

Der Energieversorger stellt für diese Si-

mulation umfangreiche Kunden- und

Marktdaten für das definierte Vertriebs-

gebiet zur Verfügung (vgl. Abb. 2).

tab. 1 Design der Grundlagenstudie Strom

Studienhintergrund/Zielsetzung

untersuchung des aktuellen energienutzungsverhaltens, des Wechselverhaltens, der Wahrnehmung von stromanbietern und der Markenbindung sowie der präferenzen der Verbraucher, wenn es um die Auswahl von stromtarifen geht

Feldzeit• Marktstrukturdatenerhebung (MsD): 25.07.2013 – 30.07.2013• Basis-Befragung: 02.08.2013 – 25.08.2013

erhebungsmethode

• MsD: telefonische interviews im CAti-omnibus, zufallsstichprobe repräsen-tativ für Deutschland

• Basisbefragung: persönliche, computergestützte repräsentativbefragung (CApi), Quotenstichprobe

Zielpersonen personen, die in ihrem Haushalt in die entscheidung hinsichtlich der Auswahl eines energieanbieters eingebunden sind.

Fallzahlen gesamt: n=3.055; MsD: n=2.032; Basis: n=1.023

gewichtung Die Daten wurden in einem zweistufigen Ansatz auf personen- und Haus-haltsebene gewichtet.

abb. 1 Strategische preispolitische Optionen

Marge ( €)

Marktanteilssteigerung bei konstanter / niedrigerer Marge

Margensteigerung bei konstantem /niedrigerem Marktanteil

1

Marktanteil (%)

22012

2013

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begleitet oder die Abbildung der neuen

Tarife in den Prozessen und IT-Syste-

men unterstützt werden.

Ergebnisse der Strom-Grundlagenstudie

Die Ergebnisse der Grundlagenstudie

können nicht nur verwendet werden,

um den Einfluss von Veränderungen

an Tarifen auf Marge und/oder Markt-

anteil (wie eben in Schritt 2 dargestellt)

zu simulieren. Sie können auch weitere

Entscheidungen absichern. Hier einige

ausgewählte Ergebnisse:

So hat bis Juli/August 2013 bereits

mehr als die Hälfte der Deutschen den

Strom-anbieter oder den Stromtarif ak-

tiv gewechselt: Jeder dritte Privatkunde

hat in seinem derzeitigen Haushalt den

Anbieter gewechselt, weitere 23 Prozent

haben sich für einen anderen Tarif ihres

Anbieters entschieden (Abb. 4). Somit

hat die Mehrheit der Haushalte zumin-

dest einen Wechsel aktiv vollzogen –

Umzüge nicht mitgezählt.

In der Vergangenheit haben überwie-

gend Kunden der Konzerne und der re-

gionalen Anbieter einen Wechsel voll-

zogen, am häufigsten zu Discount- und

Ökoanbietern (Abb. 5). Demnach wei-

sen Stadtwerke den höchsten Bestands-

kundenanteil auf, ihr Neukundenanteil

ist jedoch gering. Je mehr Verbraucher

sich mit dem Strommarkt auseinander-

setzen, desto eher steigt das Kunden-

abwanderungsrisiko: Dies gilt insbe-

sondere für die Stadtwerke, die bisher

verhältnismäßig wenig Kunden verlo-

ren haben. Die Studie zeigt allerdings,

dass gerade Stadtwerke und regionale

Anbieter mit ihrem positiven Image

eine gute Ausgangssituation auch bei

den Nichtkunden haben.

Ein Grund für den Wechsel ist traditi-

onell der Preis. Vergleicht man ältere

diesbezügliche Erhebungen mit neueren

ist die Bedeutung des Preises – für man-

che Zielgruppen – allerdings mittler-

Dabei richten sich die Simulationsmög-

lichkeiten und die Berechnung der Aus-

wirkung verschiedener Tarifmodifikati-

onen nach dem Informationsdetailgrad

dieser Daten. Je mehr Informationen der

Energieversorger zur Verfügung stellt,

desto konkreter wird das Ergebnis quan-

tifiziert.

Nur wenn sich die Ergebnisse im defi-

nierten Zielbereich bewegen, ist es sinn-

voll, Veränderungen einzuleiten. Dies

illustriert das folgende (fiktive) Beispiel

eines Anbieters, der die Zielsetzung

„Margensteigerung bei mindestens kon-

stantem Marktanteil“ (Punkt 2 gemäß

Abb. 1) verfolgt.

In diesem Beispiel würden also die Anpassungen 3

(z. B. die Einführung einer Stromflatrate) und vor allem

7 (z. B. der Wegfall der Grundpreise) das gewünsch-

te Ziel erreichen (s. Abb. 3). Durch die Kombination

beider Anpassungen würde sich im Beispiel eine Mar-

gensteigerung in Höhe von 400.000 Euro ergeben, und

zwar ohne Marktanteilserosion. Auf Basis der tatsächli-

chen Daten des Energielieferanten geben TNS Infratest

und die Con|energy unternehmensberatung also letzt-

lich empirisch gesicherte, ganz konkrete Empfehlungen

zur Gestaltung der Tarife und weisen je Szenario das

Ertragspotenzial in Euro und Prozent aus.

Optional schließt sich in einem dritten Schritt die

Begleitung bei der Umsetzung an. Hier können z. B.

Argumentationshilfen für den Vertrieb erstellt, die

Migration von Kunden aus den alten auf neue Tarife

abb. 2 Erforderliche Angaben seitens des Lieferanten und Simulationsmöglichkeiten

Bereitgestellte Information Simulationsmöglichkeiten

� Deckungsbeiträge pro Stromtarifprodukt� DB I� DB II

� Absatzmenge in kWh / Jahr (ggf. unterschieden nach Haupt - und Nebenzeit) pro Stromtarifprodukt

� Anzahl Lieferverträge (Gesamtbestand, (Neu)Lieferverträge, gekündigte Lieferverträge) pro Stromtarifprodukt

� Eigene Stromtarifprodukte und Stromtarifangebote Wettbewerber

� Margen

� Umsatz

� Marktanteile

� Präferenzanteile

Π€

Anbieter 1

Anbieter 1

Anbieter 2

Anbieter 2

Info

rmat

ions

deta

ilgra

d un

d Ve

rtra

ulic

hkei

t

abb. 3 Auswirkungen diverser Veränderungen (1-7) an den Tarifen (Beispiel)

67,0%

72,0%

77,0%

82,0%

87,0%Die aktuelle Marge (Status quo) liegt beica. 6,85 Mio. €(Beispiel)

76%

Marktanteil

Marge in EUR p.a.

Zielbereich

6,85

6 Mio. 8 Mio.6,4 Mio. 6,8 Mio. 7,2 Mio. 7,6 Mio.

1

PrognoseZielbereichbe

23

4 57

6

ohne Tarif-anpassung

7,25

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mulationen in den durchgeführten Pro-

jekten haben gezeigt, dass sich bereits

mit kleinen Änderungen an den Tarifen

ein Ergebnis erreichen lässt, mit denen

sich ein Großteil der Marktanteilserosi-

on wieder wett machen lässt. Dabei er-

reicht der Anbieter zwar nicht dieselbe

Marge pro Kunde, die er mit dem bishe-

rigen Grundversorgungsprodukt erzie-

len konnte, bleibt aber auf dem Niveau

der Marge von Sondervertragsprodukten

bzw. sogar darüber. Diese kleinen Ände-

rungen können sein z. B. die Ergänzung

eines Tarifs durch zusätzliche Servicebe-

standteile, die auf hohe Akzeptanz bei

den Kunden stoßen. Um das neue Mar-

genniveau zu halten, werden die Kosten

für den zusätzlichen Service natürlich

in den Preis einkalkuliert. Alles in allem

können auf diese Weise wechselwillige

Bestandskunden gebunden werden, die

ohne diese Modifikationen zum Wettbe-

werb gewechselt wären. Hinzu kommt,

dass mit diesem attraktiven Produkt

gleichzeitig Kunden vom Wettbewerb

zurückgewonnen werden. Ergebnis ist

also eine weitgehende Verhinderung des

Marktanteilsverlustes bei gleichzeitiger

Steigerung der Gesamtmarge über alle

Produkte und Kunden.

Hierzu Thüga-Vorstand Dr. Holtmeier:

„Es ist extrem wichtig, den Energiekun-

den wirklich zu verstehen und zu wis-

sen, warum er bleibt oder den Energie-

versorger wechselt. Es freut mich, dass

es durch die Bündelung der Kompeten-

zen der beiden Unternehmen gelungen

ist, konkrete und praktikable Möglich-

keiten zu identifizieren.“

Ausblick

Die ersten Umsetzungsprojekte im Be-

reich Strom zeigen, dass in der Tat Po-

tenziale im Bestandskundengeschäft

gehoben werden können. Die notwendi-

gen Änderungen müssen dabei gar nicht

groß sein. Schon kleine Anpassungen

können dazu führen, dass die Präferen-

zen der Kunden deutlich besser in den

Tarifen abgebildet werden und sich damit

weile zurückgegangen. Die vorliegende

Grundlagenstudie gibt darüber detail-

lierteren Aufschluss. Auch schätzen die

Kunden die Preisunterschiede zwischen

den verschiedenen Typen von Stroman-

bietern generell richtig ein, machen aber

ihre Wahlentscheidung nicht nur vom

Gesamtpreis abhängig: Die jährlichen

Gesamtkosten sind zwar am wichtigs-

ten für die Wahl des Anbieters und des

Stromtarifs, doch die Entscheidung wird

zu 43 Prozent von anderen Aspekten

wie Preisgarantie, Boni, Zusatzleistun-

gen und den Anbieter selber bestimmt.

Dem Anbieter kommt eine besondere

Bedeutung zu, wenn es um das Thema

Kundenbindung geht. Die Anziehungs-

kraft verschiedener Anbieter auf ihre

Bestandskunden sowie auf die Wettbe-

werbskunden wurde im Rahmen der

Grundlagenstudie untersucht. Die Studie

bietet somit weiteren Aufschluss zum Thema „Woher

kommen Neukunden, wohin wandern wechselwillige

Kunden ab?“. Außerdem fließen diese Ergebnisse, neben

den Tarifpräferenzen der Kunden, ebenfalls in die sich

in Schritt 2 anschließende Marktsimulation ein. Weite-

re Erkenntnisse der Studie beziehen sich unter anderem

auf Aussagen zum Image der in Abbildung 5 genannten

Anbieterkategorien, auf die Demographie derjenigen, die

einen Wechsel planen oder auf Kundenpräferenzen Ver-

triebs- und Informations-kanäle betreffend.

Ergebnisse der Umsetzung

Die Ergebnisse erster Umsetzungsprojekte haben bestä-

tigt, dass ein Anbieter, der bisher durch den Wechsel

seiner Kunden zum Wettbewerb bereits Marktanteile

und damit auch Margenverluste hinnehmen musste,

bei „Nichts-Tun“ dies auch weiterhin verkraften muss.

Die Wettbewerber haben in diesem, für sie externen

Vertriebsgeschäft i. d. R. niedrigere Margenerwartun-

gen und damit Preise als der etablierte Anbieter. Die Si-

abb. 4 Wechsel von Stromanbieter oder -tarif

68

27

5

nie

einmal

mehrmals 55% aller Befragten haben bereits den Stromtarif oder Anbieter gewechselt

Anbieterwechsel*%

Tarifwechsel* (ohne Anbieterwechsel)%

Stadtwerke:61% aller Stadtwerkekunden haben noch nie den Tarif gewechselt

45 23 0

nie einmal mehrmals

* Hinweis: Alle Aussagen zum Wechselverhalten beziehen sich auf den derzeitigen Haushalt

abb. 5 Anteil der Wechsler nach Anbietern (in Prozent)

43

61

44

18

17

5

26

24

27

8

12

3

31

15

30

74

70

93

Konzerne

Stadtwerke

Regionale Anbieter

Ökoanbieter

Konzerntöchter

Disountanbieter

Bestandskunden – kein Wechsel Bestandskunden – Tarifwechsel Neukunden

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Margen und/oder Marktanteile (wieder)

steigern lassen. Im Finanzsektor, in dem

diese Projekte seit vielen Jahren realisiert

werden, konnten die im Rahmen der Si-

mulation prognostizierten Erfolge bereits

mehrfach nachgewiesen werden. So be-

stätigt z. B. Michael Thanheiser, ehema-

liger Leiter des Geschäftsbereichs Privat-

kunden bei der Landesbank Berlin: „Die

Kompetenz und Kombination der Pricing-

und Marktforschungsexpertise ist bei

TNS Infratest einzigartig. Die Prognosen

im Rahmen unseres Pricing-Projektes

sind genau eingetreten. Wir sind mit den

Ergebnissen äußerst zufrieden.“

Eine ex-post-Untersuchung nach zehn Jahren und rund

100 Beratungsprojekten im Finanzmarkt zeigt, dass

Finanzinstitute, die mit Hilfe dieses Ansatzes die Kun-

denbedürfnisse in die Entwicklung ihrer Angebote in-

tegriert haben, nachhaltig signifikant höhere Gewinne

erzielen als andere vergleichbare Finanzinstitute.

Auf Basis der vorhandenen Strom-Grundlagenstudie

sind nun jederzeit individuelle Umsetzungsprojekte

bei Energielieferanten möglich. In die Gas-Grundlagen-

studie, die Anfang 2014 gestartet werden soll, können

Anbieter noch ihre individuellen Fragestellungen (die

für die anderen Studienteilnehmer verborgen bleiben)

integrieren. Ab etwa März 2014 können dann auch hier

Umsetzungsprojekte erfolgen.

apostolos apergis • Jahrgang 1969

• Maschinenbauingenieur, tu Athen

• Aufbaustudium Wirtschaftsingenieur-

wesen, tH Karlsruhe

• 2000-2004 unternehmensberater in

einem it-Dienstleistungsunternehmen,

u.a. leiter der CrM practice

• 2005-2006 Director bei einer unterneh-

mensberatung mit fokus auf pricing und

Marketing

• seit november 2006 senior Director bei

tns infratest, seit 2010 für die energie-

marktforschung verantwortlich

[email protected]

dr. Heike Hahn• Jahrgang 1968

• Diplom-Kauffrau

• studium der Wirtschafts- und sozialwis-

senschaften, universität Dortmund und

promotion im Bereich Marketing

• 1993-1997 wissenschaftliche Mitar-

beiterin am lehrstuhl Marketing der

universität Dortmund

• 1997-2005 verschiedene, überwiegend

leitende funktionen im Marketing eines

telekommunikationsunternehmens

• seit Juni 2006 bei der con|energy unter-

nehmensberatung gmbh & co. Kg, seit

Januar 2011 Bereichsleiterin

[email protected]

zur personabb. 6 Bedeutung unterschiedlicher Merkmale bei der Wahl von Anbieter und Tarif

Gesamt(n=995)

Tarifart, Arbeitspreis, Grundpreis

Sonstige Kosten, Boni, Leistungen

Zusätzliche Tarifmerkmale

Anbieter, Abschluss/Abwicklung

57

19

16

8

Zusammenstellung Faktoren

Zusätzliche Tarifmerkmale� Anteil erneuerbarer Energien� Eingeschränkte Preisgarantie� Mindestvertragslaufzeit� Abschlagszeitraum

Sonstige Kosten, Boni, Leistungen� Einmalige Einrichtungskosten� Neukundenbonus� Treuebonus� Zusatzleistungen

Wichtigkeit in %

Lesebeispiel:Die Relevanz der einzelnen Tarifmerkmale beträgt in Summe 100%. Bei der Wahl eines Stromtarifvertrags werden im Durchschnitt ca. 57% der Wahlentscheidung durch die Tarifart, den Arbeitspreis und den Grundpreis bestimmt. Der Anbieter und die Abschluss-/ Abwicklungsmodalitäten hingegen bestimmen im Durchschnitt nur ca. 8% der Wahlentscheidung.