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Polizeiruf 110: Farbwechsel Sonntag, 02.09.2005 | 20.15 Uhr im Ersten

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Polizeiruf 110:Farbwechsel

Sonntag, 02.09.2005 | 20.15 Uhr im Ersten

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SendeterminSonntag, 02. 09. 2007 | 20.15 Uhr im Ersten

Polizeiruf 110:FarbwechselNDR Fernsehfilm

MitUwe SteimleFelix EitnerChristine Schornu. a.

BuchRolf Greulich

RegieHans-Erich Viet

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„Bagatellschäden“ heißt es, als die Kommissare Jens Hinrichs und Markus Tellheim sich auf den Weg zu zwei türkischen Imbissbuden in eine Kleinstadt nahe Schwerinmachen. Dort hat es gebrannt, doch die Besitzer bringennur wenig überzeugende Erklärungsversuche vor. Eine frustrierende Angelegenheit für die Kommissare, denn:keine geklärte Ursache, keine Anzeige, kein Fall.

Das ändert sich, als am nächsten Tag ein Lieferant der örtlichen Gastronomie-Betriebe in seiner Lagerhalle totaufgefunden wird. Es soll wie ein Unfall aussehen, doch dieKommissare kommen schnell dahinter, dass er ermordetwurde. Vielleicht war es dessen ehemaliger Lagerhelfer Joku, der gefeuert wurde und nun spurlos verschwundenist.Tellheim findet allerdings Hinweise, die zu einem ost-europäischen Schutzgeld-Erpresserring führen, den er nochaus seiner Rostocker Amtszeit kennt.

Hinrichs kümmert sich währenddessen um eine alte Bekannte seines Vaters. Lisa Böhn hat in der Kleinstadt einegut gehende Konditorei und will Hinrichs als vogelkund-lichen Referenten für ihren Heimatverein anwerben. Dochbevor er zusagen kann, findet Hinrichs heraus, dass ein vietnamesischer Junge aus dem Ort überfallen und ver-prügelt wurde. Minh hat offenbar große Angst und willnicht verraten, wer ihm das angetan hat.Wie hängen diese Verbrechen zusammen? Keine leichte Aufgabe für die Kom-missare, zumal seit dem Amtsantritt ihrer neuen Chefin,

Kriminalrätin Carla Knechthammer, ein anderer Wind wehtin der Schweriner Polizeidirektion.

Schließlich versucht Hinrichs, über Lisa Böhn einen Blickhinter die Kulissen des Städtchens zu werfen.Was er dasieht, ist ein Heimatverein, der seit einiger Zeit von dem Immobilienmakler Ommer geführt wird. Der gibt vor, denOrt mit einer selbst aufgebauten Bürgerwehr gegen dieosteuropäische Erpresserbande schützen zu wollen. Dochbald wird klar, dass Ommer sich nur hinter einer perfidenArgumentation versteckt. Um ihn überführen zu können,müssen die Kommissare alle Puzzle-Teile zusammenfügen.Am Schluss fehlt ihnen noch ein Stein, und der scheint derLagerhelfer Joku zu sein …

KurzinhaltDie Kommissare Jens Hinrichs und Markus Tellheim er-mitteln in zwei Fällen von Brandstiftung auf ausländischeImbissbudenbesitzer. Als ein Lieferant der örtlichen Gastro-nomie-Betriebe tot in seiner Lagerhalle aufgefunden wird,wird aus dem Sachschaden plötzlich ein Tötungsdelikt.Steckt eine osteuropäische Schutzgeld-Erpresserbande hinter dem Verbrechen? Hat vielleicht der skrupellose Präsident des örtlichen Heimatvereins die Fäden gezogen?Oder ist der Mörder nur ein ehemaliger Angestellter, der gefeuert wurde? Die Schweriner Kommissare werden dasPuzzle zusammenfügen, und zwar unter der leitendenHand der neuen Kriminalrätin Carla Knechthammer …

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Inhalt

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StabDrehbuchRolf GreulichRegieHans-Erich VietKameraMartin KukulaSchnittAnne FabiniSzenenbildPetra AlbertKostümbildBeate ScheelMusikGiahi KambizTonKlaus Peter SchmittProduktionsleitungWinfried DemussProducerinNathalie ScribaProduzentinHeike Richter-KarstRedaktionBarbara Beauvais

BesetzungJens HinrichsUwe SteimleMarkus TellheimFelix EitnerCarla KnechthammerChristine SchornLisa BöhnGudrun RitterVater HinrichsHermann BeyerSophie GrasbergAnita MatijaJürgen OmmerBernhard SchützMinhs Vater Giang NguyenYu FangMinh NguyenDuc Vu TrungsowieMilan Peschel, Katharina Heyer, Aaron Tristan Hildebrand, Sergej Moya, Alexander Nardini,Hyun Wanner, Stefan Scheumann, Mustafa Ural,Keran Taner, Bodo Radtke, Benjamin Joon Richter,Jana C. Schmidt, Katja Räpricht u. v. a.

Drehzeit8. Februar bis 7. März 2007DrehortePlau am See, Schwerin, Berlin Länge 90 Minuten

„Polizeiruf 110: Farbwechsel“ ist eine Produktion von Studio Hamburg und AllMedia Pictures im Auftrag des NDR.

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Rolf Greulich Drehbuch

Der „Farbwechsel“ ist Rolf Greulichs Erstling, jedenfalls das erste realisierte Skript. Nebenbei ist ein weiteres Dreh-buch in Vorbereitung. Es heißt „Wie’s der Zufall will“, einKinoprojekt, das StarCrest Media (Tochter der Magna Mana Postproduction) realisieren wird.

Davor hatte Rolf Greulich ein anderes Leben: Seine Skripts trugen Titel wie „Chance of a Lifetime“,„Puddles“oder „Beat“ und waren selten über 30 Sekunden lang.Dafür kostete die Umsetzung oft mehr als ein 90-Minuten-Polizeiruf oder Tatort. 30-Sekünder hat Rolf Greulich so viele geschrieben, dass er sie nicht mehr zählen kann. Er empfand diese Arbeit als eine gute Schulein Sachen Dramaturgie. Kurz: Rolf Greulich hat mehr als 20 Jahre in der Werbung gearbeitet, war am Anfang Texter in einer Kleinagentur, am Ende Chefkreativer in einem Agenturkonzern und kam vor lauter Managen

nicht mehr zum kreativen Arbeiten – bis ihm das Drehbuch zu „Farbwechsel“ eine ganz neue Chance dazu bot.

Aktuell arbeitet Greulich an einem neuen Stoff, der aller-dings noch nicht spruchreif ist, sowie an einem Roman.Das Wissen aus seinem alten Metier reicht Rolf Greulich mit sehr viel Spaß inzwischen als Seminarleiter und Coachan den Marketingnachwuchs der deutschen Wirtschaftweiter.

Über alle dem ist Rolf Greulich 48 Jahre alt, Ehemann,Vatervon drei Kindern und – wie er selbst sagt – „sehr glücklichgeworden“. Seit ein paar Jahren lebt Rolf Greulich in Irlandund arbeitet in Berlin, weil es da „filmischer zugeht“ als inseiner Heimatstadt Frankfurt am Main. Dort ist er am 13. Januar 1959 geboren.

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Gespräch mit Rolf Greulich

„Mich interessieren die Mechanismen der Infiltration, die Frage, wie Rechtsradikalismuszu einer Begleiterscheinung des täglichen Lebens wird“

Wie sind Sie zu der Idee von „Farbwechsel“ gekommen?Ich bin zunächst gebeten worden, Ideen für den SchwerinerPolizeiruf vorzuschlagen. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Redaktion, die Produktion als auch ich in diegleiche Richtung dachten. Uns lag daran, eine Geschichtezu erzählen, die sich durch eine hohe Relevanz für die neu-en Bundesländer auszeichnet, auch im Hinblick auf die ge-nerelle Ausrichtung der Schweriner Reihe.Wir wollen ver-stärkt Themen beleuchten, die gerade die Menschen inOstdeutschland umtreiben. Diesmal geht es um jene For-men der Kriminalität, die durch hohe Arbeitslosigkeit unddas Ausbluten der Region besonders begünstigt sind, also Bandenkriminalität, Schutzgelderpressung und natürlichRechtsradikalismus. Erst im vergangenen Jahr machte einSchutzgeldring Schlagzeilen, der große Teile der RostockerGastronomie massiv unter Druck setzte. Aus diesen realenHintergründen heraus habe ich dann die Geschichte entwickelt.

Eine Geschichte, die sich im Kern um Rechtsradikalismusund Heimat dreht. Etwas, was eng zusammenhängt. Wiesind Sie an die Themen herangegangen?Kein Verständnis für rechte Gewalt zu haben enthebt janicht von der Verpflichtung, ihre Ursachen zu verstehenund aufzuzeigen. Entsprechend intensiv habe ich mich mit der Thematik befasst.Wenn man genau hinschaut,erstaunt es, wie stark die rechtsradikalen Umtriebe in denAlltag eingreifen und welchen Anpassungsdruck sie auf die Menschen ausüben.Würden die zahlreichen, auch „kleinen“ gewalttätigen Übergriffe nicht von antifaschisti-schen Vereinen dokumentiert, wären sie irgendwann ausder öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet. Für das Tagesgeschehen sind sie bereits keine Meldung mehr wert.Da passiert eine schleichende Gewöhnung. Mich interes-sieren die Mechanismen der Infiltration, die Frage, wieRechtsradikalismus zu einer Begleiterscheinung des täglichen Lebens wird.Der Plot will dramatisieren, dass die Problematik nichteinfach und schwarz-weiß zu begründen ist, etwa mit demHinweis auf „gelangweilte, abgehängte Arbeitslose“. DerEinfluss der Rechten in Gesellschaft und Politik wird immer

größer, und es sind nicht die tumben Glatzen, die das be-treiben, sondern eloquent auftretende Typen, die Partei-karrieren anstreben, indem sie Begriffe wie Heimat für ihreZiele vereinnahmen.Wenn aber „Heimat“ automatischdem rechtslastigen Vokabular zugeordnet wird, lässt derBegriff keine Differenzierung mehr zu und geht gerade fürjene verloren, die damit nichts Nationalistisches verbinden,sondern das Urverlangen nach einem Zuhause. Diese latente Gefahr steht im Mittelpunkt des Plots.

Welche Freiheiten, welche Einschränkungen hat man,wenn man für eine Reihe schreibt, bei der man zwei festeCharaktere berücksichtigen muss?Zwei vorgegebene Figuren stellen eigentlich ein schönesSpielfeld dar. Es mag auf den ersten Blick als Einschränkungerscheinen, da man sie sowohl als Individuen als auch als Team bedienen muss. Aber genau dies ist der besondere

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Reiz, da ich ihnen neue Facetten mitgeben oder bislang verborgene Wesenszüge nach und nach offen legen kann.Der Zuschauer kann die Wandlungen, etwa das Zusammen-wachsen zweier konträrer Charaktere, über die Zeit hinwegbeobachten. Daran mitzuwirken, empfinde ich als sehr reizvoll.

Bei „Farbwechsel“ haben Sie ohnehin die nach längererPause wieder seltene Gelegenheit, ein paar charakterlichePflöcke einzuschlagen, da einige Reihen-Charaktere auftreten. Inwiefern konnten Sie hier schon strategische Eigenschaften anlegen, die später erst richtig zum Tragenkommen?Bei der Pathologin Dr. Niethnagel spielte die längerfristigeAusrichtung ihrer Figur schon eine Rolle, ebenso bei VaterHinrichs, der allerdings früher schon regelmäßiger Gastwar.Wir haben uns vor der Entwicklung des Buches auf einpaar strategische Grundzüge geeinigt. Über die Pathologinetwa haben wir die Möglichkeit, mehr über Tellheims Persönlichkeit und Vergangenheit zu erfahren, zu erfahren,was ihn umtreibt. Die Entwicklung der Figuren über einenlängeren Zeitraum erscheint für die einzelne Folge viel-leicht als Nebenfeld. Aber für die Reihe ist es ein Feld, vondessen Pflege eine Menge Unterhaltungsqualität abhängtund nicht zuletzt das Grundversprechen, dass es spannendbleibt.

Das Buch zu „Farbwechsel“ ist Ihr Drehbuchdebüt. Wie sindsie zum Drehbuchschreiben gekommen?Ich habe über zwanzig Jahre in der Werbung gearbeitet,ursprünglich als Texter, später als Creative Director und Manager großer Agenturen. Da fand ich mich dann zu-nehmend in einer Rolle wieder, in der ich nicht mehr in derArt kreativ sein konnte, wie ich es wollte. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem ich mich zwischen Werber-karriere oder einem völligen Neubeginn entscheiden musste. Ich wusste zwar, wie ich den Neubeginn gestalten

wollte, nämlich mit Schreiben, hatte auch Ideen für Dreh-bücher im Kopf, aber nicht die geringste Ahnung, welcheHürden zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen. Ich bindie Unternehmung mit geradezu kindlicher Naivität ange-gangen – zum Glück! Hätte ich mich bei Drehbuchautorenschlau gemacht, was es bedeutet, einer sein zu wollen,wäre es wahrscheinlich beim Träumen geblieben. So aberschrieb ich ganz unbedarft das Skript für einen Kinofilm,der immer noch in der Entwicklung steckt. Und „Wie’s derZufall will“ – bezeichnenderweise der Titel des Films – fandich einen Produzenten, der die Idee mochte. Über ihnwiederum kam ich mit dem NDR und Allmedia in Kontakt,die mir die Chance boten,Vorschläge für den Polizeiruf zumachen.

Welche Art von Geschichten interessieren Sie?Mich reizen turbulente Schicksalgeschichten, die Absur-ditäten des Lebens. Darum geht es in meinem Kinoskript.Die Hauptperson wird durch eine Kettenreaktion in einekomplett andere Situation geworfen, die ihr Leben auf denKopf stellt. Klingt nach einem typischen Kinoplot, ist abertypisch Leben: Die Verhängnisse dominieren meist denPlan. Und meist führen sie zu Erfahrungen, die einen Reich-tum ausmachen, den die sorgsame Planung nie hervorge-bracht hätte.Trotzdem sind wir das halbe Leben damit be-schäftigt, uns gegen die Launen des Schicksals abzusichern.Aus diesem Widerspruch beziehe ich gerne den Stoff fürmeine Ideen. Die Leute loggen sich im Second Life ein, umihrem langweiligen Alltag zu entkommen, aber sie ent-kommen natürlich nicht ihrem inneren Planungsdrang undkopieren in der Haut einer Wunschfigur alsbald das Leben,vor dem sie eben noch fliehen wollten.

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Hans-Erich Viet Regie

Der Autor und Regisseur Hans-Erich Viet wurde 1953 in Ostfriesland geboren. Nach seiner Ausbildung zum Chemielaboranten arbeitete er in sozialen Projekten inEngland und Nordirland. Daran schloss sich ein Studium der Philosophie, Politologie und Kunstsoziologie in Berlinund Belfast an. Der Diplom-Politologe absolvierte 1991schließlich die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin.

Seine erfolgreiche Film-Karriere begann bereits 1988 alsProduktionsleiter bei einem Spielfilm von Thorsten Näter.Zwei Jahre später war Hans-Erich Viet Stipendiat der Berliner Drehbuchwerkstatt. Seit 1991 produziert er als Regisseur und Autor sowohl Spiel- als auch Dokumen-tarfilme.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Zusammenarbeitmit Detlev Buck: zunächst als Ko-Autor und Darsteller bei„Hopnick“, 1990/1991 als Ko-Regisseur und Darsteller bei„Karniggels“. Es folgten Viets außergewöhnliche Filme„Schnaps im Wasserkessel“, ein Dokumentarfilm, und derSpielfilm „Frankie, Jonny und die anderen“, die beide hinterden ostfriesischen Deichen spielen. „Schnaps im Wasser-kesssel“ erhielt den Adolf Grimme Preis und den Preis derdeutschen Filmkritik,„Frankie, Jonny und die anderen“ denMinisterpräsidentenpreis des Max Ophüls Festivals.

Es folgten diverse Spiel- und Dokumentarfilme, so 2001 derDokumentarfilm „Milch und Honig aus Rotfront“, der vondeutschstämmigen Mennoniten in einem Dorf in Kirgisienerzählt. Der Film wurde auf der Berlinale uraufgeführt, liefauf diversen internationalen Filmfestivals und wurde 2001für den Bundesfilmpreis nominiert. Seit 1998 ist Hans-ErichViet für den Polizeiruf 110 „im Einsatz“. Bisher stammen vierDrehbücher für diese Reihe aus seiner Feder, bei fünf Folgenführte er Regie.

Darüber hinaus ist der Grimmepreis-Träger als Professor fürRegie an der Internationalen Filmschule in Köln (ifs) tätig.

Filmografie (Auswahl)2007Polizeiruf 110: Farbwechsel2005/6Saratan (Produktion Kinofilm mit Kyrgis Filmstudio)2003/4Die Stunde der Offiziere (Dokudrama, Regie)2002/3 Clara’s SchatzPolizeiruf 110: Memory2001Traumfrau mit VerspätungMilch und Honig aus Rotfront(Dokumentarfilm, Regie, Buch, Produktion)2000Polizeiruf 110: Die Macht und ihr Preis (Regie und Buch)Polizeiruf 110: Ihr größter Fall (Regie und Buch)1999Polizeiruf 110: Über den Dächern von Schwerin (Regie und Buch)Polizeiruf 110: Rasputin (Regie und Buch)Rote Hand von Ulster (Dokumentarfilm,Regie, Buch, Produktion)1998Schlange auf dem Altar (Regie)1997 Geiselfahrt ins Paradies/Sterna Paradisa(Regie, Buch, Produktion)1995 Luggi L. ist nicht zu fassen (Dokumentarfilm, Regie, Buch, Produktion)1992/3 Frankie, Jonny und die anderen (Regie, Buch, Produktion)1991 Karniggels (Ko-Regie, Darsteller)Schnaps im Wasserkessel (Dokumentarfilm, Regie, Buch, Produktion)1990Hopnick (Ko- Autor, Darsteller)

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„Das ‚Böse’ ist erstmal nicht so klar identifizierbar, der Zuschauer muss schon genauer hinhören und –sehen“

Zwischen 1998 und 2001 hatten Sie fünf Polizeirufe ausSchwerin in Folge gedreht. Was ist das für ein Gefühl, wennman nach so vielen Jahren „zurückkehrt“?Ich habe mich total gefreut. Seit meinem letzten Polizeirufhabe ich die Reihe weiter verfolgt und mich auch gefragt,welche Entwicklung sie nehmen wird. Dieses Buch hat michgleich angesprochen, weil es eine ungewöhnliche, sehrmenschliche, aber auch schräge Geschichte erzählt. Unge-wöhnlich, weil die Kommissare mit ihren Ermittlungenziemlich lange durch die Gegend tapsen, ohne zu wissen,worauf es ankommt. Das hat mich sehr gereizt, wie auchdas Ausloten der Beziehung der beiden untereinander.Wir wollten es aber nicht zu kumpelhaft halten – dies isteinerseits nicht die Farbe des Polizeirufs, zum anderen wirdso etwas schnell platt, austauschbar. Das hinzubekommen,war nicht immer ganz einfach. Die Vorgeschichte von Hinrichs ist zwar ziemlich klar, aber über Tellheim wissenwir kaum etwas.

In „Farbwechsel“ wird ein Figurenensemble aufgebaut,das außer aus Hinrichs und Tellheim noch aus Hinrichs Vater, der neuen Chefin Karla Knechthammer und der Pathologin Dr. Niethnagel besteht. Was deutet dies für die Zukunft an?Darüber zu sprechen, ist noch zu früh und wird nicht vonmir entschieden, doch das Potential der Nebenfiguren istgut. An der neuen Chefin (Christine Schorn) gefällt mir,dass sie ihren Job offenbar durch Charme, Analysefähigkeitund einen scharfen Verstand bekommen hat, trotz ihres Alters … Die Vaterfigur ist ebenfalls kräftig und ungewöhnlich gezeichnet. Gerade als übrig gebliebener Vertreter der DDR,dargestellt von dem großartigen Hermann Beyer. Er gibtdem Vater Hinrichs eine Mischung aus Autismus und Wärme, die für sich spricht, die ich so noch nirgends gesehen habe.Das sieht man besonders schön, wenn er Lisa Böhn (Gudrun Ritter) trifft, sich zwar freut, sie zu sehen, aber ihrgar nicht richtig zuhört, ihr nur seine Sorgen aufdrückt … und ihr dann betont zuvorkommend den Kaffee ausgibt.Eine Szene, in der wir viel am Set improvisiert haben.

Gespräch mit Hans-Erich Viet

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Gleichzeitig wird leise und charmant die Hauptspur des Falles gelegt. Gudrun Ritter balanciert wunderbar auf der Trennlinie zwischen Herzlichkeit und „Alltagsfanatismus“.Ritter und Beyer, ein schauspielerisches Traumpaar.

Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass Heimat fiktional behandelt wird, zumal unter der Prämisse, dass Heimatper se kein negativer Begriff ist.Heimat ist ein positiver Begriff, der jedoch oft von den Falschen besetzt und missbraucht wird.Wir haben auchständig diskutiert, wie wir den Begriff dramaturgisch auf-bauen.Wie scharf dürfen wir formulieren, um einerseitsnicht zu dick aufzutragen, andererseits aber auch Gefahr zu laufen, dass der Zuschauer den fließenden Übergangzwischen „Heimatliebe“ und Ausländerfeindlichkeitnicht mitbekommt. Ansatzpunkte sind sicherlich Alltags-erfahrungen des Zuschauers.So fällt sehr früh der Begriff der „Hakenkreuzfraktion“, aberdann passiert erst einmal nichts Offensichtliches mehr.Wir spielen mit Klischees, ahnen den Zusammenhang mitder rechten Szene, aber es ist schwierig, dies aufzudröseln.

Und es ist schwer, die „Tat“ nachzuweisen. Die Initiative desGanzen geht von einer anderen Ebene aus: von einem be-deutenden Geschäftsmann der Region. Das „Böse“ ist erst-mal nicht so klar identifizierbar, der Zuschauer muss schongenauer hinhören und –sehen, um herauszufinden, was da eigentlich vor sich geht.

Manche Szenen, z.B. die Misshandlung des kleinen Vietnamesen, brauchen eine gewisse Gestaltung, um dengewünschten Effekt zu erzielen. Wie gehen Sie da vor?Dass der kleine Junge zusammengeschlagen und dabeischwer verletzt wird, muss nachvollziehbar und logischsein. Einerseits wollte ich nicht, dass die Rechten sofortlosprügeln, nur weil „sie das immer tun“. Dazu kommt,wenn drei kräftige Kerle auf einen kleinen Jungen los gehen, überlebt er das im Zweifel auch nicht. Das war dasfilmische Problem.Also haben wir eine Dramaturgie entwickelt: Zuerst wirddem Jungen gedroht, er wird hoch genommen, einge-schüchtert. Doch er wehrt sich, tritt dabei seinem Peiniger,mehr aus Zufall, in die Testikel, der heult auf, wirft den

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Jungen zu Boden – und tritt zu. In der Szene arbeite ich mit einer Montage aus Nahszenen und Totalen. Das eigentliche Geschehen setzt sich im Kopf des Zuschauerszusammen. Ich habe mich mit dem kleinen Duc sofortgut verstanden, er hat so viele einschlägige Filme gesehen,dass er genau verstand, was ich erzählen wollte. Es hatihm Spaß gemacht, filmisch mitzudenken. Für bestimmteEinstellungen hatten wir eine Stuntfrau, die seiner Körper-größe entsprach.Eine andere Szene hingegen, wie jene, in der Hinrichs seinen Bonsai pflegt, haben wir am Drehort entwickelt. ImBuch war zwar von Pflanzen etc. die Rede, doch wir wolltennicht die typischen Büropflanzen, sondern eine Variante.Eigentlich wollten wir für die Szene eine deutsche Eiche,die fanden wir als Bonsai aber nicht. Die Szene hat auchnoch die Funktion, dass Hinrichs und die neue Chefin überden Bonsai eine Verbindung herstellen, sich als Pflanzen-kenner und Liebhaber erkennen. Da merkt der Zuschauer,es kann interessant werden zwischen den Dreien.Tellheimhingegen kennt Frau Knechthammer offenbar aus Rostock,und man weiß schon, dass er nicht begeistert ist von ihr.Alltagslogik und Humor kommen hier sehr schön zusammen.

Das Schauspielerensemble besticht durch eine hervor-ragende Auswahl bis in die Nebenrollen.Es war mir schon immer wichtig, mit guten Schauspielernzu arbeiten, und ich war darin mit Redaktion und Produk-tion einig. Die Rolle der Witwe Sophie Grassberg etwa.Anita Matija konnte „richtig aufdrehen“, sie durfte leidenund toben und sie wächst über ihre Drehbuchfunktion„trauernde Witwe“ hinaus. Eine schwere Rolle, da sie vomBuch her nur als Trauernde vorkommt. In ihren Szenen wollte ich aber eine Komplexität erzählen, die über diesekarge Funktion hinausweist.Ein echter Besetzungs-Coup ist natürlich Milan Peschel, denich von der Volksbühne Berlin her kenne und den ich vonAnfang an für diese Rolle im Kopf hatte. Einen Betrunkenenzu spielen ist furchtbar schwer, Milan hat diesen Slangdrauf, er kann diese Besoffenen-Versprecher überzeugendspielen, nimmt fast dadaistisch die Worte auseinander undbaut sie mit neuem „Sinn“ zusammen. Die Rechnung istvoll aufgegangen.Und sie musste aufgehen, denn Milan (in der Rolle des Joku) bestimmt den Schluss des Films, in dem er mal sonebenbei in der vollen Präsenz eines Alkoholikers den

Fall „löst“.Wenn da ein Detail beim Spiel, der Inszenierung oder der Dramaturgie nicht gestimmt hätte, wäre der ganze Film hin gewesen. An der Logik des Besoffenen haben wir lange gefeilt, das hat sehr viel Spaß gemacht.Eine Szene so hinzubekommen, dass sie ernsthaft und komisch zugleich ist, ist eine große Herausforderung.Das mache ich sehr gerne, hat für mich, wenn es dann funktioniert, mit Glücksempfindungen in der Inszenierungzu tun.

Was macht aus Ihrer Sicht das Besondere eines Polizeirufsim Vergleich zu anderen Krimireihen aus?Die heutigen Polizeirufe sind im Vergleich zu den Folgen,die ich damals gemacht habe, härter geworden, aber sie setzen nach wie vor nicht so sehr auf das Spektakel.Bei „Farbwechsel“ ist es beispielsweise so, dass eine großekriminelle Verstrickung angedeutet wird, über die der Zuschauer mit der Zeit immer mehr erfährt. Erzählerischfinde ich es interessanter, sich nach und nach in etwas hinein zu wühlen. Das „Whodunit“ ist nicht die einzigeTriebfeder des Films. Der Polizeiruf ist psychologischer,geht mehr auf die Befindlichkeiten der Menschen ein alsandere Formate. Und beim Schweriner Polizeiruf haben wir die natürliche Möglichkeit, die Ost-West-Schiene aufzugreifen und uns mit der Stimmung in Ostdeutschlandauseinander zu setzen und die Geschichten trotzdemunterhaltend zu erzählen. Diese Synthese aus Spannung,menschlichen Geschichten und gesellschaftlichen Bezügenbleibt eine große, notwendige Herausforderung für Primetime ARD.

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Uwe Steimle ist Jens Hinrichs

Uwe Steimle wurde in Dresden geboren und studierte von 1985 bis 1989 an der Theater-Hochschule Hans Otto in Leipzig. 1989 wurde er Mitglied des Dresdner KabarettsHerkuleskeule. Bis 1994 stand er beim StaatsschauspielDresden auf der Bühne. Weitere Theater-Stationen warenu. a. Halle, Erfurt und Berlin. Neben seinem Engagementfür Film und Fernsehen ist Steimle der Bühne treu ge-blieben. Eine Spezialität des Schauspielers mit sächsischerMundart ist dabei nach wie vor das Kabarett. 2003 erhieltder Künstler den renommiertesten deutschsprachigen Kabarett-Preis, den „Salzburger Stier“. Besondere Beach-tung fand auch die von Steimle entwickelte Figur „GünterZieschong“, die in mehreren Solo-Programmen bundes-weit, ja bis in die deutschsprachige Schweiz hinein die Herzen des Publikums eroberte.

Auch auf den Fernsehbildschirmen zeigt Uwe Steimle seine große schauspielerische Bandbreite. In der NDR Komödie „Ufos über Waterlow“ verkörperte er beispiels-weise den pfiffigen Robert Becker. Es folgte eine Haupt-rolle in Mark Schlichters Fernsehfilm „Der Elefant in meinem Bett“. In Markus Imbodens TV-Zweiteiler „Das Konto“ spielte er einen eiskalten Berufskiller. In „Heimat 3“,

der sechsteiligen Fortsetzung von Edgar-Reitz’ bedeu-tender Fernsehsaga, stellt Uwe Steimle den HandwerkerGunnar dar, die Hauptrolle des ostdeutschen Handlungs-strangs.

Den Schweriner Kommissar Jens Hinrichs spielt Uwe Steimle bereits seit Begründung der Krimi-Reihe „Polizeiruf110“ mit großem Erfolg. Seit 1993 gab er in bald 30 Folgenden Hauptkommissar, in fast 20 davon mit dem verstor-benen Kurt Böwe als seinem älteren Assistenten und infünf mit Böwes Nachfolger Jürgen Schmidt, der zwischen2000 und 2002 Hauptkommissar Holm Diekmann ver-körperte. Gemeinsam mit Henry Hübchen, der ab 2003 alsKommissar Törner an seiner Seite ermittelte, und der Dreh-buchautorin Beate Langmaack wurde Uwe Steimle für dieGestaltung und Weiterentwicklung des Schweriner „Poli-zeiruf 110“ im Jahr 2005 mit dem Adolf-Grimme-Preis aus-gezeichnet. Seit vier Folgen steht Felix Eitner alias Haupt-kommissar Markus Tellheim Steimle nun im „Polizeiruf 110“zur Seite.

Jüngstes Projekt von Uwe Steimle ist der ARD-Film „EinmalMillionär sein“ unter der Regie von Martin Gies.

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Filmografie (Auswahl)2007 Polizeiruf 110: Farbwechsel (Regie: Hans-Erich Viet) (seit 1993 diverse Folgen)Einmal Millionär sein (Regie: Martin Gies)2006 Polizeiruf 110: Dunkler Sommer (Regie: Hendrik Handloegten)Polizeiruf 110:Traumtod (Regie: Christine Hartmann)Polizeiruf 110: Matrosenbraut (Regie: Christine Hartmann)2005 Polizeiruf 110:Vorwärts wie rückwärts (Regie: Hannu Salonen)Polizeiruf 110: Resturlaub (Regie: Hannu Salonen)2004 Polizeiruf 110:Winterende (Regie: Andreas Kleinert)Crazy Race II (Regie: Christoph Schrewe)Polizeiruf 110: Dumm wie Brot (Regie: Kai Wessel)2003Polizeiruf 110:Verloren (Regie: Andreas Kleinert)Heimat 3 (Regie: Edgar Reitz)

2002 Das Konto (Zweiteiler) (Regie: Markus Imboden)Kurschatten (Polizeiruf-Jubiläum) (Regie: Marco Serafini)Hinterbänkler (Bundestagssatire/Serie) (Regie:Thomas Nickel)2001 Traumfrau mit Verspätung (Regie: Hans-Erich Viet)2001 Heinrich, der Säger (Kino/Fernsehen, Regie: Klaus Gietinger)2000 Der Himmel kann warten (Kino/Fernsehen, Regie: Brigitte Müller)Sumo Bruno (Kino/Fernsehen, Regie: Lenard Fritz-Krawinkel)1999 Der Elefant in meinem Bett (Regie: Mark Schlichter)Tatort: Blinde Kuriere (Regie: Sylvia Hoffmann)1998 Ufos über Waterlow (Regie: Zoltan Spirandelli)1997 Die Medienqualle (Regie: Manfred Stelzer)1996Willi und die Windzors (Regie: Hape Kerkeling)1993 Tatort: Bauernopfer (Regie:Vadim Glowna)1989 Zwei schräge Vögel (Regie: Erwin Stranka)

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„Ich durfte mir auch den ein oder anderen Satz einbauen, damit mal Butter bei die Fischekommt“

In zurückliegenden Gesprächen haben Sie des Öfteren den Wunsch geäußert, dass der Schweriner Polizeiruf sichintensiver gesellschaftlichen Fragen widmet. Jetzt scheintIhr Wunsch erhört worden zu sein.Ich bin sehr zufrieden, dass wir uns in dieser kompakten Artmit Themen beschäftigen können, die in Ostdeutschlandnun doch sehr akut sind. Uns lag sehr daran, eine differen-zierte Art der Auseinandersetzung zu finden.Wir wolltennicht nur platt denTäter ermitteln, sondern auch das dahin-ter liegende „Warum?“ erforschen. Mich persönlich interes-siert immer sehr die Motivation für etwas. Gerade in demFall Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsradikalismus kannes nicht nur darum gehen, es anzuprangern, sondern esmuss auch darauf eingegangen werden, woher es kommt,welche sozialen Ursachen dafür verantwortlich sind. Dassunser Polizeiruf dies benennt und Rechtsradikalismus nichtals bloßes Phänomen zeigt, werte ich als Erfolg.Wichtig dabei ist, dass diese Fragestellungen auch mitHumor behandelt werden. Zum Einen spricht man darüberdie Zuschauer an, zum Anderen ist Humor immer entlar-vend. So verstrickt sich Hinrichs in die merkwürdige Frage-

stellung, ob der vietnamesische Imbissbudenbesitzer nunein ost- oder westdeutscher Vietnamese sei. Dieser ver-steht allerdings nicht und antwortet:„Ich bin Nordvietna-mese.“ Mit solchen Szenen wird das Spröde der Thematiksehr schön aufgefangen.Was Rolf Greulich ganz hervorra-gend gelungen ist, ist die Idee mit der Schildkröte. Dass sieim Winter auftaucht, ist eine ungeheure Irritation: Nichtsscheint mehr zu stimmen in dieser Welt, weshalb man immer ganz genau hinsehen muss, denn irgendwo gibt eseinen Zusammenhang, eine Erklärung dafür.

Mit Gudrun Ritter, die die resolute Bäckersfrau Lisa Böhn spielt, haben Sie ein paar sehr schöne gemeinsameSzenen.Das waren in der Tat sehr gelungene Szenen, weil wir hierzeigen konnten, dass bei uns die Lust am Spiel im Vorder-grund steht. Und Gudrun Ritter hat diese tolle Bäckersfrau,die wunderbares Gebäck macht, aber im Kopf etwas ver-backen ist, hervorragend dargestellt. Man denke nur daran,welche Wärme Lisa Böhn ausstrahlt und wie sie sich im Heimatverein engagiert, wie sie ihre Naturbegeisterungauf Andere zu übertragen versucht. Uns geht es in dem Polizeiruf – ganz allgemein übrigens – immer auch darum,eine emotionale Ebene zu haben, Anteil zu zeigen und die Geschichte nicht auf einen Fall zu reduzieren.

Gespräch mit Uwe Steimle

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Und doch wird gerade an dieser Stelle klar, dass Heimatein weiter Begriff ist, der leicht dazu missbraucht wird, umauszugrenzen.Ich finde es wunderbar, wenn die Rechten im Heimatvereindas DDR-Lied „Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städteund Dörfer …“ mitsingen, denn dies zeigt die Verführbar-keit dieser Klientel. Aber es zeigt auch, dass die MenschenAngst haben vor Veränderung – eine gänzlich verständlicheReaktion übrigens. Hier muss sich die Politik kümmern,insbesondere in problematischen Regionen. Da muss derStaat nun einmal regulierend eingreifen.Wenn in vielenostdeutschen Gebieten die Frauen abwandern, weil sie besser ausgebildet sind und dort keine Zukunft haben,muss man sich nicht wundern, wenn die zurück gebliebe-nen Männer auf der Strecke bleiben.

Hinrichs bringt diese Situation ziemlich genau auf denPunkt: In Ostdeutschland gibt es bald nur noch Alte, Krankeund Dumme.Wer weg gehen kann, geht. Das ist normal. Das ist eine Frage der ökonomischen Anreize, denn da jeder gut lebenmöchte, versucht jeder dorthin zu gelangen, wo er es

kann. Unser Polizeiruf spielt nun mal in Mecklenburg-Vorpommern. In Sachsen ist die Situation grundsätzlichbesser. Natürlich gibt es noch eine hohe Arbeitslosigkeit,aber in Dresden etwa ist der Aufschwung angekommenund die Stadt zieht nun das Umland mit. In zehn Jahren haben wir München in Allem überholt, dann wird es wiederdas, was es vor dem Krieg war: Provinz.Wer zum Beispiel Barock sehen will, kommt dann nur noch nach Dresden.

Nochmal kurz zurück zu „Heimat“und Ostdeutschland.Konnten Sie sich hier als Sachse verstärkt einbringen? Aber ja. Ich wurde oft erhört. So habe ich das Lied vorge-schlagen, aber ich durfte mir auch den ein oder anderenSatz einbauen, damit mal Butter bei die Fische kommtund es mehr wird als nur Gutmensch-Betroffenheitsquark.Hinrichs ist ja kein Gutmensch, er hat auch seine Fehler,das wollte ich berücksichtigen.

Mit diesem Polizeiruf wird das Personenuniversum um Hinrichs und Tellheim deutlich erweitert. Darunter auch um eine Chefin. Ist das etwas, womit Hinrichs gut zurechtkommen wird?

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Hinrichs hat sofort gemerkt, dass die neue Chefin ihm wohlgesonnen ist. Die Szene mit dem Bonsai hat dies dann inbesonderer Weise verdeutlicht. Außerdem ist Hinrichs auchjemand, der sich immer versucht anzupassen, um mit demUnabänderlichen zurechtzukommen und zu überleben.Was weiter in dieser Konstellation passieren wird, weiß ichnoch nicht. Andererseits hat Hinrichs schon einige Chefskommen und gehen sehen und ist in dieser Beziehungziemlich entspannt. Zudem kann ein Chef auch Vorteilebringen, da er regulierend eingreifen kann. In den ungefährzehn letzten Folgen gab es keinen Chef und jetzt verändertsich eben wieder etwas. Für mich ergeben sich daraus Spielmöglichkeiten – also eine Bereicherung in der Arbeit.

Ein sehr interessantes Detail ist die Tatsache, dass HinrichsZeitungen ausfährt, um seinen Unterhaltsverpflichtungennachzukommen. Das muss er ja nicht. Wie wichtig ist ihmnach wie vor seine Familie?Glücklicherweise für Hinrichs übernimmt die Zeitungs-touren sein Vater; eigentlich sind sie aber unser Kommentarzu den unterschiedlichen Gehältern in Ost und West:Kommissare in Ostdeutschland bekommen nur 92 Prozentdes Westgehalts – das kann ja wohl nicht mehr sein!? DassHinrichs überhaupt auf diesen Nebenjob zurück greift, liegtdaran, dass er ein fürsorgender Vater ist und er sich selbst-verständlich um sein Kind kümmert. Ich hätte gerne nochgezeigt, wie er die Zeitungen ausliefert, dabei auf Tellheimstößt und sie sich ansehen – eine solche Szene sprichtBände. Mir gefällt das Tragikomische einfach sehr gut.Das hat was mit dem Leben, etwas mit mir zu tun und eskommt letztendlich dem Polizeiruf zugute.

Jedes Mal, wenn sich Hinrichs am Telefon meldet, sagt er„Teilnehmer“. Für die Wessis: Stammt das aus der DDR oderhaben Sie das erfunden?Das ist ein DDR-Begriff. Eigentlich hieß es „Gesprächsteil-nehmer“ und hat sich im Laufe der Zeit verkürzt. Die Volks-polizei meldete sich immer so, wurde aber auch von demein oder anderen Normalbürger benutzt. Hinrichs betont„Teilnehmer“ immer so, dass man nie weiß, meldet er sich damit oder fragt er den anderen nach seinem Namen.Das ist so eine kleine Nonsense-Erinnerung an die DDR.

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Felix Eitner ist Markus Tellheim

Der gebürtige Freiburger (Jahrgang ́ 67) sammelte schonwährend der Schulzeit erste Kameraerfahrungen für dieKinder-Serie „Schau ins Land“ (1983). Gleich nach dem Abitur besuchte er die Schauspielschule École de TheatreLecoq in Paris, wo er in Pantomime, Akrobatik und Masken-spiel ausgebildet wurde. Danach besuchte er die EssenerFolkwang-Hochschule und die Otto-Falckenberg-Schule in München. Während seines Studiums spielte er bei denMünchener Kammerspielen beispielsweise in dem Stück„Der Mond im Gras“ und gab sein Filmdebüt 1993 im Polizeiruf 110 „Samstags, wenn Krieg ist“. Seitdem laufenBühnen- und Filmarbeit parallel. Felix Eitner spielte unteranderem in Schillers „Die Räuber“ im Stadttheater in Konstanz, in „Tod eines Handlungsreisenden“ im TheaterBasel, in „Gesäubert“ im Theater am Neumarkt in Zürichund in „Der Fremde“ am Bayerischen Staatsschauspiel.

Durch seine große Bandbreite an Rollen ist Felix Eitner einem großen Publikum bekannt. 1996 wurde der beliebteSchauspieler für seine Rolle in „Brüder auf Leben und Tod“(Regie: Friedemann Fromm) als bester Nachwuchsdarstellermit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet. Außerdem spielte er in den NDR-Produktionen „Schatten der Macht“

(2002) und „Drei Schwestern made in Germany“ (2005),die beide unter der Regie von Oliver Storz entstanden sind,sowie in der Neuauflage vom Stahlnetz „Das gläserne Paradies“ (2001) mit. Darüber hinaus war er u. a. in „Die Patriarchin“ (2004),„Der Tunnel“ (2000) und in „MargareteSteiff“ (2005) zu sehen. Im vergangenen Jahr stand eraußerdem in Bournemouth für die deutsch-englische Ko-Produktion „Am Ende des Schweigens“ (Regie: ErhardRiedlsperger) vor der Kamera. Aktuellstes Projekt nebendem Polizeiruf 110 in 2007 ist der Kino-Film „Hanami“ (Regie: Doris Dörrie).

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Filmografie (Auswahl)Fernsehen2007 Polizeiruf 110: Farbwechsel (Regie: Hans-Erich Viet)2006 Polizeiruf 110: Dunkler Sommer (Regie: Hendrik Handloegten)Polizeiruf 110:Traumtod (Regie: Christine Hartmann)Polizeiruf 110: Matrosenbraut (Regie: Christine Hartmann)Nur ohne meine Mutter (Regie: Olaf Kreinsen)Am Ende des Schweigens (Regie: Erhard Riedlsperger)Erlkönig (Regie: Urs Egger)2005 Drei Schwestern made in Germany (Regie: Oliver Storz)Margarete Steiff (Regie: Xaver Schwarzenberger)2004 Die Patriarchin (Regie: Carlo Rola)Mein süßes Geheimnis (Regie: Xaver Schwarzenberger)Wo bleibst du, Baby? (Regie: Uwe Janson)2003 Plötzlich wieder 16 (Regie: Andi Niessner)Carola Stern: Doppelleben (Regie:Thomas Schadt)Tatort: Schichtwechsel (Regie: Christine Hartmann)Die Stunde der Offiziere (Regie: Hans Erich Viet)2002Schatten der Macht (Regie: Oliver Storz)

2001 Tigermännchen sucht Tigerweibchen (Regie: Michael Kreihsl)Stahlnetz: Das gläserne Paradies (Regie: René Heisig)Gefährliche Nähe (Regie: Hartmut Schoen)2000 Der Tunnel (Regie: Roland Suso Richter)Der Schuss (Regie: Nikolaus Leytner)Vier Meerjungfrauen (Regie: René Heisig)1999 Urlaub im Orient (Regie: Michael Wenning)Vom Küssen und vom Fliegen (Regie: Hartmut Schoen)Sperling und das große Ehrenwort (Regie: Sibylle Tafel)1998 Rendezvous mit dem Teufel (Regie:Thomas Berger)Comeback für Freddy Baker (Regie: Matti Geschonneck)Sturmzeit (Regie: Bernd Böhlich)1997 Gegen Ende der Nacht (Regie: Oliver Storz)1995Brüder auf Leben und Tod (Regie: Friedemann Fromm)1994 Drei Tage im April (Regie: Oliver Storz)Nur über meine Leiche (Regie: Rainer Matsutani)1993 Polizeiruf 110: Samstags, wenn Krieg ist(Regie: Roland Suso Richter)1983Schau ins Land, Serie (Regie:Wolfgang Glück)

Kino 1997 Das Trio (Regie: Hermine Huntgeburth)1996 Das Schloss (Regie: Michael Haneke)

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Gespräch mit Felix Eitner

„Inzwischen merke ich, das uns hier etwas abgeschnitten wurde, und lerne einenanderen Umgang mit ‚Heimat’“

Es sieht so aus, als ob Tellheim langsam Fuß in seinem neuen Job und in Schwerin fasst.Eigentlich wollte er woanders hin, was ihm verwehrtwurde. Also beginnt er, sich mit Schwerin zu arrangieren,auch mit Hinrichs scheint es zu klappen. Aber dann tauchtmit Karla Knechthammer, der neuen Chefin, eine alte Bekannte aus seiner Vergangenheit auf, worüber er nichtsonderlich erfreut ist. Zum einen, weil er sie in schlechterErinnerung hat, zum anderen, weil sie sich in die Ermitt-lungsarbeit einmischt. Da zeichnet sich Potential für spannende Reibungen zwischen den beiden ab. In seinemsozialen Umfeld allerdings entwickelt sich ganz behutsametwas zwischen Dr. Niethnagel, der Pathologin, und ihm.Es ist also noch zuviel in Bewegung, als dass man sagenkönnte, er ist angekommen.

Mit Dr. Niethnagel entsteht aber schon eine wichtige Bezugsperson für Tellheim?Wir sehen,Tellheim hat das Bedürfnis, mit jemanden zu reden – so richtig. Sein Schmerz drückt ihn schon. Aber warum ausgerechnet die Pathologin? Sie findet er sym-pathisch und sie kennen sich nicht. Da fällt es ihm leichter,sich zu öffnen, es bleibt unverbindlicher, als es z. B. mitHinrichs wäre, mit dem er schon eine Geschichte hat. Langehält Tellheim das auch nicht aus und er bricht das Gesprächab. Allzu tief möchte er dann doch nicht gehen. Die behut-same Dramaturgie zwischen Tellheim und Dr. Niethnagelgefällt mir sehr gut. Es gibt eine große Spannung zwischenden beiden, dennoch sprechen sie über die Arbeit, unterbro-chen durch einen Blick oder ein Lächeln. Der Zuschauermerkt, da gibt es mehr, aber es wird weder platt nochvordergründig betrieben.

Tellheim hatte in Schwerin den idealen Zufluchtsort.Jetzt aber verändert sich sein Umfeld. Wird ihm das über

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kurz oder lang dazu zwingen, über sich nachzudenken undseine innere Haltung zu ändern?In Schwerin konnte sich Tellheim äußerlich und innerlichzurück ziehen. Bisher konnte er dort alles Unangenehmeverdrängen, selbst den Tod seiner Schwester. Auch konntendie beiden Kommissare machen, was sie für richtig hielten,weil es keinen Chef gab. Er wird sich mit Veränderungenauseinandersetzen müssen, denn neben Hinrichs sind da jetzt noch die neue Chefin und Dr. Niethnagel. DieseKonstellation wird immer öfter dazu führen, dass er sichKonflikten stellen muss, auch solchen, die tief in sein Inneres reichen. Er kann weder sich noch den anderen Menschen wie gewohnt aus dem Weg gehen.

Hinrichs verfügt über zahlreiche Marotten.Wünschten Sie sich für Tellheim nicht auch den ein oder anderen Tick?Ich glaube, das wäre in der Konstellation der beiden Figuren nicht gut, wenn Tellheim auch einen Spleen entwickeln würde. Das würde dann nur eine Lachnummerwerden.Tellheim funktioniert über andere Mechanismen.Die werden in „Farbwechsel“ nicht immer deutlich, da dieser Film eher ein „Hinrichs-Polizeiruf“ ist. Gegen solcheSchwerpunkte ist auch nichts einzuwenden, solange derAndere nicht komplett zu kurz kommt.

„Heimat“ ist das zentrale Thema von „Farbwechsel“.Was verstehen Sie unter Heimat?Heimat ist für mich meine Familie und dort, wo wir leben.Mit einem Heimatbegriff, der mit Brauchtumspflege einhergeht, kann ich nichts anfangen. Das hängt bestimmt mitmeiner Erziehung zusammen. Ich kenne keine Volkslieder,Gedichte oder Passagen aus Klassikern von Goethe oderSchiller, wie sie die Generationen vor mir locker aus demStehgreif aufsagen können. Bei uns ging es in der Schuleimmer um den Nationalsozialismus. So hatte der BegriffDeutschland als Nation immer etwas Negatives.Wollteman sich positiv mit Deutschland identifizieren, wurde dagleich der Geruch des Rechtsradikalismus wahrgenommen.Dies ändert sich erst langsam. Bei mir wie auch allgemein,was auch mit der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr zu tun hat. Inzwischen merke ich, das uns hier etwasabgeschnitten wurde, und lerne einen anderen Umgangmit „Heimat“. Meine Generation ist da schon geschädigt.Wir brauchen einen offenen, neuen aber auch distan-zierten Zugriff auf den Begriff. Das ist nicht einfach, weil

das Thema enorm komplex ist und selbst in Vorwürfe hineinreicht, der Westen hätte den Osten besetzt und dadurch seiner Identität beraubt oder durch eine Mitglied-schaft der Türkei würde uns etwas weg genommen werden und, und, und.

Wie war die Zusammenarbeit mit Hans-Erich Viet, mit demSie schon bei „Stunde der Offiziere“ zusammen gearbeitethatten?Die Arbeit mit ihm war sehr konstruktiv. Da wir uns schonkannten, bestand ein Grundverständnis und wir konntensofort in Medias Res gehen.

Welche Rollen hatten Sie in letzter Zeit noch übernommen,auf die Sie gerne zurückblicken?Im vergangenen Jahr hatte ich sehr viel gemacht, so dassich mich jetzt etwas zurück gehalten habe, um mehr Zeitfür die Familie und für mich zu haben. Dennoch bin ich beizwei interessanten Projekten dabei. Bei dem Fernsehspiel„Erlkönig“ von Urs Egger für das ZDF und nach langer Zeitmit „Hanami“ von Doris Dörrie mal wieder ein Film für dasKino, der Anfang 2008 in die Kinos kommen soll.„Erlkönig“nimmt einen tödlichen Unfall auf, der sich im Juli 2003 zwischen Karlsruhe und Bruchsal abspielte. Ich spiele neben Silke Bodenbender den Ehemann, einen Anwalt,der arbeitslos wird und damit nicht zurechtkommt. Die Beziehung zerbricht, doch letztendlich ist er der Einzige,der mit seiner Frau den juristischen Kampf gegen die Unfallverursacher aufzunehmen bereit ist. Und dann habeich in einem Piloten für eine neue Sitcom die Hauptrolle,der jetzt aber erst in die Marktforschung geht. Das ist wirk-lich etwas Neues, es ist leicht, mit einem großen Wortwitzund hervorragenden Dialogen. Das ist der Grund, warummich diese Arbeit interessiert hat.

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ImpressumHerausgeber: NDR Presse und InformationRedaktion: Iris Bents

Bildredaktion: Ralf PleßmannBildnachweis: © NDR/Dirk PlamböckFotos: www.ard-foto.de, Passwort über die NDR Fotoredaktion,Tel. 040/41 56-23 05Interview: Thomas SteigerMitarbeit: Mareike Bieler, Anja Meier

Grafik + Herstellung: Ingo Schillinger · Printmedien aller Art, GroßhansdorfDruck: Bartelsdruck GmbH, Lüneburg

Pressekontakt: NDR Presse und Information, Rothenbaumchaussee 132, 20149 HamburgIris Bents,Tel. 040/41 56-23 00, Fax 040/41 56-21 99, [email protected], www.ndr.de/presse

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