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Sozialpolitik (M 5c) Vorlesung im SoSe 2012 Dozentin: Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke Do, 9.00 – 10.30h, RE1 Do, 14.00 – 15.30, RE 1

Sozialpolitik (M 5c)

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Sozialpolitik (M 5c). Vorlesung im SoSe 2012 Dozentin: Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke Do, 9.00 – 10.30h, RE1 Do, 14.00 – 15.30, RE 1. Sozialpolitik und Teilklausur M5. Klausur von 120 Minuten Terminproblem und z.T. Wiederholungs-LV im WS Recht - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Sozialpolitik (M 5c)

Sozialpolitik (M 5c)

Vorlesung im SoSe 2012

Dozentin: Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke

Do, 9.00 – 10.30h, RE1

Do, 14.00 – 15.30, RE 1

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 2

Sozialpolitik und Teilklausur M5

Klausur von 120 Minuten Terminproblem und z.T. Wiederholungs-LV im WS Recht Sozialpolitik (ca. 30 - 40 Minuten als Anteil an der

Gesamtklausur)– Frage zur Auswahl; es gibt jeweils Klausuraufgaben zu den

verschiedenen LVen im Modul 5a. Eine von diesen Fragen(-komplexen) muss beantwortet werden.

– Fragenmischen ist nicht möglich, auch keine Doppelbearbeitungen.

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 3

Wichtigste inhaltliche Fragen Was ist Sozialpolitik?

– Historische Entwicklung– Definition, theoretische Begründungen

Warum ist Sozialpolitik notwendig? Positionen zum Sozialstaat

Wie sieht die Grundstruktur der Sozialen Sicherung in Deutschland aus?

Aktuelle Reformen und Reformvorhaben Wie wirkt die Sozialpolitik (ökonomisch,

gesellschaftlich, auf bestimmte Gruppen, hinsichtlich Diskriminierung, Partizipation ...)?

Zusammenhang zur LV Ökonomie und Ausschließung

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 4

Ökonomisches Grundsatzproblem Vorteile der Arbeitsteilung und Koordinierungsprobleme:

Allokation und Verteilung Systematische Ungleichheiten Gerechtigkeitsprobleme: Ursachen und Konsequenzen in

Marktsystemen Verschiedene Gerechtigkeitstheorien

– z.B. Nozick, Dworkin, Rawls und das Differenzprinzip, Sen, Nussbaum, Weikard, Basu u.a., prozedurale vs. solidaritätsbezogene Gerechtigkeit

– Gerechtigkeitstheorien, Umverteilung und Soziale Sicherung

– Grundlagen der christlichen Soziallehre als Basis der deutschen Sozialpolitik: Personalität, Subsidiarität und Solidarität

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 5

„Einstimmung“: Armutskonzepte und Armutsmessung

Der Streit um die Armutsberichterstattung Probleme gängiger Armutsmaße:

Durchschnittsberechnung, Bezugsgröße, unterschiedliche Haushaltsgrößen, Abstand zur Armutsgrenze, zeitlicher Verlauf der Armut ...

Fazit

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 6

Streit um die Armutsberichterstattung

D: etwa 12 Mio Menschen in D sind armutsgefährdet, die Armutsquote beträgt 14,5%, Quote in Ostdeutschland ist höher, Quoten besonders hoch für Alleinerziehende und Arbeitslose

Offizielle Armutsgrenze: bestimmter Prozentsatz des Durchschnittseinkommens

Kritik: Verdoppelung aller Einkommen bei gleichen Preisen verändert die ausgewiesene Armut nicht

Gegenkritik: Armut Hunger und Wohnungslosigkeit

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 7

Absolute vs. relative Armut I

Lebensstandard vs. Minimalrechte: Konsum und Einkommen als Maßgrößen für Armut

Maß der absoluten Armut:

Y* = (1+h)px*

(Y*: Einkommen der Armutsgrenze, x*: Vektor der existenzsichernden Gütermengen, p: Vektor der Preise dieser Güter, (1+h): Multiplikationsfaktor (h > 0))

Gründe für h > 0

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 8

Absolute vs. relative Armut II

Kritik durch Amartya Sen: x* ist zeit-, kultur- und entwicklungsabhängig; gleiche Gütermengen erfüllen in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche soziale Funktionen

Lösungen– Anpassungen des Güterbündels x*– Erweiterung zum Maß über die Erfüllung sozialer

Funktionen– Maßstabswechsel und unmittelbar relative Armut

messen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 9

Definitions- und Messprobleme I

Bezugsgruppe (Region, alte BL – neue BL, D, EU ...?) Offizielle vs. tatsächliche Einkommen Festlegung des %-Satzes, der die Armutsgrenze definiert Berechnung des Durchschnitts

Bsp:

Median = 1800, Armutsgrenze 50%: Y* = 900, kein Haushalt arm

Arithm. Mittel = 3328, Y* = 1664, 3/7 aller Haushalte sind arm

Haushalt HH1 HH2 HH3 HH4 HH5 HH6 HH7Eink. In € 1000 1000 1500 1800 2000 6000 10000

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 10

Definitions- und Messprobleme II

Gewichtung unterschiedlicher Haushaltsgrößen,Grundidee: Äquivalenzskalen

Bsp. HH1: 1 Person mit 500 €HH2: 6 Personen mit 3000 €

Konstruktion von Äquivalenzskalen:– 6-Personenhaushalt x Personen äquivalenter alleinlebender

Erwachsener

– Beispiel alte OECD-Skala (E: Erwachsene, K: Kinder)E1=1, E2=0,7, K1=0,5, K2=0,5, K3=0,5, K4=0,5Summe: 3,7, d.h.: 6 Personen entsprechen 3,7 „Äquivalenzerwachsenen“, HH2 ist bei einem Einkommen von 1850€ gleichgestellt

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 11

Definitions- und Messprobleme III

Probleme des „Headcount“ Wechsel innerhalb der Einkommensklassen

Bsp.: zwei fiktive Länder A und BLand A: Gruppe A1 hat permanent ein Einkommen von 50000

Gruppe A2 hat permanent ein Einkommen von 20000Land B: Gruppe B1 hat in geraden Jahren ein Einkommen von 10000 und in ungeraden Jahren ein Einkommen von 60000 Gruppe B2 hat in geraden Jahren ein Einkommen von 60000 und in ungeraden von 10000Armutsmessung: Armut ist (bei 50%-Grenze) in B größer als in A

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 12

Definitions- und Messprobleme IV

Einkommen als problematischer Armutsindikator– Koordinationsmechanismen und die Rolle des

Einkommens: private Güter, öffentliche Güter, Reziprozitätssystem

– Sozialpolitische Wirkungen am Beispiel des Wohnungs- und des Arbeitsmarktes

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 13

Marktversagen und Sozialpolitik Fehlende Konsumentensouveränität Langfristige vs. kurzfristige Konsuminteressen „Unmündigkeit“ und paternalistische (elitistische)

Sozialpolitik, Meritorik und neue Konzepte des sanften Paternalismus

Externe Effekte und öffentliche Güter Asymmetrische Informationen auf dem Versicherungsmarkt Multiple Gleichgewichte und das Problem „der großen Zahl“ Ethische Bewertung von Präferenzen: unakzeptable,

akzeptable und unantastbare Präferenzen Entwicklung der Einkommensverteilung

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 14

Ethische und allokative Rechtfertigungen der Sozialpolitik

Allokative Wirkungen der Sozialpolitik bei Marktversagen– Beispiel asymmetrische Informationen

– Eingeschränkte Möglichkeiten der institutionellen Ausgestaltung am Beispiel der Krankenversiche-rungen

Zusammenhang zwischen Allokation und Gerechtigkeit

Nachhaltigkeit, Inklusion, Krisenstabilisierung …

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 15

Traditionelle Theorie der Sozialpolitik

Theorie sozialpolitischer Bedarfe Marktversagen als Ursache staatlicher

Sozialpolitik Voraussetzungen zur Deckung der

sozialpolitischen Bedarfe Theorie der Entwicklungsbedingungen

staatlicher Sozialpolitik Staatliche vs. private Sozialpolitik

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 16

Wohlfahrtsstaatliche Grundsatzentscheidungen I

Modell 1 (skandinavisches Modell): „Recht“ auf Arbeit, umfassende Einbeziehung aller Bürger, Ziel: soziale Sicherheit, Finanzierung via Steuern

Modell 2 (kontinentaleuropäisches Modell): „Recht“ auf Einkommen, AN versicherungs-pflichtig, Ziel: Sicherung des Lebens-standards, Finanzierung über Beiträge

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 17

Wohlfahrtsstaatliche Grundsatzentscheidungen II

Modell 3 (angelsächsisches Modell): „Recht“ auf residuale Absicherung, umfassende Einbeziehung aller Bürger, Ziel: Mindestsicherung, Finanzierung über Steuern

Modell 4 (südeuropäisches Modell): „Recht“ auf Arbeit und soziale Sicherung, Versichertenkreis auf „Arme“ beschränkt, Ziel: Armutsvermeidung, Finanzierung über Beiträge

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Positionen zum Sozialstaat

Eingebaute Stabilisierung durch Wirtschafts- und Politikordnung (Wirtschaftssystem, Demokratiesystem)

Eingebauter Krisenausgleich durch den Sozialstaat

Inklusion durch den Sozialstaat

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 18

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Fördern und Fordern

Begrifflichkeit im Zusammenhang mit ALG II (Hartz IV)

Zusammenlegung Sozial- und Arbeitsadministration, Vermittlung und Beratung zur Förderung

Ausdruck des Subsidiaritäts- und Solidaritätsprinzips?

Individuelle Förderung und Struktur-notwendigkeiten – die Problematik der Sozialstaatsdiskussion im Februar 2010

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 19

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 20

Geschichte der Sozialpolitik

Arbeiterfrage des 19. Jahrhunderts Triebkräfte der sozialen und sozialpolitischen

Entwicklung Geschichte der Sozialgesetzgebung

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 21

Industrialisierung und Armut

Armut und Unfreiheit im Feudalismus Entstehung des Armutsproblems unter

Industriearbeitern– Politischer und wirtschaftlicher Liberalismus:

Bauernbefreiung und Gewerbefreiheit– Bevölkerungsentwicklung– Neue Arbeits- und Lebensformen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 22

Triebkräfte sozialer Bewegungen

Persönlichkeiten Soziale Bewegungen

Reformer Revolutionäre

Unternehmer

Kirchenvertreter

Professoren

Beamte, Politiker

sozialistisch christlich-sozial liberal Genossenschaften

Parteien und Gewerkschaften

In Anlehnung an Lampert1996, S. 42

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Geschichte der staatlichen Sozialpolitik (Auswahl)

1839 Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken

1891 Arbeiterschutzgesetz 1926 Kündigungsschutzgesetz 1883 Krankenversicherung für Arbeiter 1889 Alterssicherung 1927 Arbeitslosenversicherung 1994 Pflegeversicherung 1918 Tarifvertragsgesetz 1922 Grundsätze öffentlicher Fürsorge 1961 Bundessozialhilfegesetz 1954 Kindergeldgesetz 1985 Erziehungsgeld / Erziehungsurlaub

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 24

Sozialpolitik

Internationale SP Nationale SP

Betriebliche SPStaatliche SP

Arbeits-orientierte SP

Gruppen-orientierte SP

Sonstige Bereiche SP-relevantePolitikbereiche

Arbeitnehmer-schutz

Sozialversich.

Arbeitsmarkt-politik

Betriebsver-fassungs- undUnternehmens-verfassungs-politik

Jugendpolitik

Altenhilfepolitik

Familienpolitik

Mittelstandspolitik

Sozialhilfepolitik

Wohnungspolitik

Vermögenspolitik

Bildungspolitik

Wettbewerbspolitik

Regulierungspolitik

Verbraucher-schutzpolitik

Umweltschutz-politik

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 25

Sozialpolitik

Versicherungssystem steuerfinanzierte Sozialpolitik

Krankenversicherung

Rentenversicherung

Arbeitslosenversicherung

Unfallversicherung

Pflegeversicherung

Versicherungssysteme unmittelbarrelevant für den Arbeitsmarkt

Sozialhilfe

Kindergeld /Erziehungsgeld

Wohngeld

Maßnahmen der Jugendpol.

...

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 26

Sozialpolitische Systeme (s. Folie 16)

Überwiegend steuerfinanziert: Norwegen, Dänemark, Schweden

Mischsysteme: übrige europäische Länder, dabei aber sehr unterschiedliche Unter-stützungsniveaus

Art des Systems wichtig für Rückwirkungen auf das ökonomische System

Aktuelle Probleme von Versicherungs-systemen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 27

Sozialpolitik in Deutschland: Überblick

Grundzüge der einzelnen sozialpolitischen Bereiche

Keine Detailbeschreibung (wg. permanenter Reformen)

Grundzüge aktueller Änderungsvorstellungen [anschl.: Wirkungsanalyse und Entwicklung

von Reformideen unter Berücksichtigung von Gerechtigkeitstheorien]

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 28

Arbeitnehmerschutz I

Gesamtheit sozialpolitischer Maßnahmen zum Schutze der abhängig Beschäftigten gegen Gefahren, die aus der Arbeits-ausübung und aus dem Abhängigkeitsverhältnis des Lohn-arbeitsverhältnisses erwachsen

Exkurs: Wieso hat sich die jetzige Form der Erwerbsarbeit durchgesetzt?

Ein Blick in die Geschichte: Arbeitsbedingungen, Kündigungen, Lohnfortzahlung, Entlohnung in Waren/Forderungen, Arbeitszeiten

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 29

Arbeitnehmerschutz II

Bereiche– Arbeitszeitschutz– Gefahrenschutz– Lohnschutz– Kündigungsschutz

Personenkreise– Kinder und Jugendliche– Frauen und Mütter– Schwerbehinderte– HeimarbeiterInnen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 30

Arbeitszeitschutz I

Wichtigste Regelungen– regelmäßige werktägliche Arbeitszeit < 8 Std.; Verlängerung

auf 10 Std. nur kurzfristig möglich (Ausnahme: Führungskräfte)

– Bis auf (zahlreiche) Ausnahmen: Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit

– Ladenschlussgesetz (mittlerweile weitgehend gelockert)– Verbot von Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit für

Jugendliche, dito für Schwangere– Anspruch auf Erziehungsurlaub, Beschäftigungsverbot 6

Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt– Jährlich bezahlter Mindesturlaub von 24 Werktagen (bei

Jugendlichen 25 bis 30 Tage)

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 31

Arbeitszeitschutz II

Wirkungen– Gesundheitserhaltung– Vermeidung sozialer Kosten– Beeinflussung des Arbeitskräftepotentials– Produktionskosten– Diskriminierung von Arbeitnehmergruppen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 32

Gefahrenschutz

Regelungen insbesondere der Gewerbe-ordnung, Schutz vor Unfällen, Berufskrank-heiten, aber auch: Schutz der Sittlichkeit!

Technische Vorschriften Sicherheitsbeauftragte „Sittlich unbedenkliche Umkleideräume und

sanitäre Anlagen“

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 33

Lohnschutz

Sicherung pünktlicher und korrekter Auszahlung der Löhne– Truckverbot (§ 15 der GewO)– Verbot der Lohnauszahlung in Gastwirtschaften (§

115a)– Sicherung von Teilen des Arbeitseinkommens vor

Pfändungen (§§ 850a und 850b Zivilprozess-ordnung)

– Besonderer Lohnschutz im Konkursfall (§ 59 Konkursordnung)

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 34

Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses

Zentrale Rechtsgrundlage: Kündigungsschutzgesetz Wichtige Regeln: Kündigungen können unwirksam

sein, wenn sie sozial nicht gerechtfertigt sind (keine personellen oder betrieblichen Gründe)

Einspruchsmöglichkeit via Betriebsrat Zustimmungspflicht des Landesarbeitsamts bei

„Massenkündigungen“ Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern, der Jugend-

oder Personalvertretung sind unzulässig bis auf Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen

Besondere Kündigungsschutzbestimmungen gelten für Schwerbehinderte und Schwangere

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 35

Kündigungsschutz

Kündigungsfristen je nach Betriebszugehörigkeit Tarifverträge können günstigere Regeln für die AN

vorsehen Wirkungen

– Arbeitslosigkeit / Recht auf Arbeit– Diskriminierung– Dänisches Modell

Aktuelle Diskussionen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 36

Sonderschutzregeln

Keine Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren

Mutterschutz, Erziehungszeiten mit Kündigungsschutz

Schwerbehindertenbeschäftigung oder -abgabe (Begriffe den Gesetzen entlehnt – selbst bereits diskriminierend?)

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 37

Arbeitsmarktpolitik

Einzelbereiche– Arbeitsmarktausgleichspolitik– Arbeitsmarktordnungspolitik– Vollbeschäftigungspolitik

Probleme– Theoretische Grundüberzeugungen zur

Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes– Empirie zum Vorteil korporatistischer Systeme mit

quasi-monopolistischen Verbänden– Konzentration auf Niedriglohnbereich

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 38

Idealtypischer Arbeitsmarkt

Lohn

Arbeitsmenge

Arbeitsnachfrage (von Unternehmen)

Arbeitsangebot (von Erwerbstätigen)

Lohn*

Arbeitsmenge*

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 39

Abweichungen vom idealtypischen Markt Idealmodell SEHR UNREALISTISCH; nur Referenzmodell Mismatch, Suchkosten, Mitnahmeeffekte durch Aufstockung Verhandlungsmacht von Gewerkschaften (zu hohe Löhne) oder

Arbeitgebern (zu niedrige Löhne) Explizite oder implizite Mindestlöhne (implizit z.B. durch die

Höhe der Sozialhilfe?): Argumente und Gegenargumente Effizienzlöhne, allgemein: interne Arbeitsmärkte

Lohn

Arbeitsmenge

Mindestlohn, Effizienzlohn ...

AL

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 40

Arbeitsmarktausgleichspolitik

Instrumente: Arbeitsvermittlung, Arbeits-beratung, Berufsberatung

Mobilitäts- und Ausbildungsförderung (Problemanzeige bei Mobilitätsförderung!)

Arbeitsplatzerhaltungs- und Arbeitsplatz-beschaffungspolitik

„Problemgruppenorientierte“ Arbeitsmarkt-politik

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 41

Arbeitsvermittlung und Beratung Vermittlung

– klassische Aufgabe der Arbeitsmarktausgleichspolitik bei reinem Suchkostenproblem

– lange Zeit staatliches Monopol, Vor- und Nachteile zentraler Vermittlungsdienste

– Seit 1994 Zulassung privater Vermittlungsdienste– Seit einigen Jahren: Veränderung der Regeln über die

Vermittlungsgebühren, grundsätzliches Überdenken staatlicher Vermittlung

– Grundsätze: Unparteilichkeit, lohnpolitische Neutralität Beratung

– Arbeitsberatung, Berufsberatung, Rehabilitationsberatung– Ziele: Informationsstand verbessern bzgl. Arbeitsmarkt-aussichten

und finanzieller Förderungen, Problem: Prognosen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 42

Ausbildungs- und Mobilitätsförderung

AF: Förderung der beruflichen Ausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung

Problem: Zusammenhang Ausbildung und Arbeitslosigkeit, Allokations- vs. Verteilungseffekte: ein kritischer Blick auf die aktuelle Politik

Individuelle Leistungen sind häufig Ermessensleistungen MF: Zuschüsse zu Bewerbungskosten, steuerliche Behandlung

doppelter Haushaltsführung, Überbrückungshilfen, Zuschüsse zu Reise- und Umzugskosten

Politischer Versuch: Ausbildungsbonus für „AltbewerberInnen“

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 43

„Problemgruppenorientierte“ Arbeitsmarktpolitik

Problemgruppen lt. Gesetzen: Behinderte, ältere ArbeitnehmerInnen (insb. ältere Frauen), Frauen insgesamt, Jugendliche ohne abgeschlossene Ausbildung, „sozial labile“ Menschen, Straffällige ... (Normalitätsbegriff?)

Leistungen (Auswahl): Berufsförderung von Menschen mit Beeinträchtigungen, Eingliederungshilfen (=Lohnzuschüsse), Vorruhestandsregeln

Problem: unklare Wirkungen der Regeln

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 44

Arbeitsmarktordnungspolitik

Ungleiche Verhandlungsposition von AN und AG Ordnungsrahmen notwendig wg. der Gefahr monopsonistischer Ausbeutung

Nicht bedacht: systematische Funktionsprobleme des Arbeitsmarktes, „Reder“-Wettbewerb (analog zu Effizienzlöhnen) und Vorteile kollektiver Lohnbildung

Regeln: Tarifautonomie (Problem: Trittbrettfahrer, Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Arbeitsminister möglich), indirekt wirksam: Steuerregeln, Kündigungsschutz u.a.

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 45

Hartz-Gesetze

4 Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

Hartz I vom 23. 12. 02, in Kraft seit 1.1.03: regelt Leiharbeit und Zeitarbeit

Hartz II vom 23. 12. 02, in Kraft seit 1.1. 03 bzw. 1.4.03: Regelt „Mini-Jobs“ und Möglichkeiten der Selbständigkeit („Ich-AG“)

Hartz III vom 23.12.03, in Kraft seit 1.1.04: aus den Arbeitsämtern wurden Agenturen für Arbeit

Hartz IV vom 24.12.03, in Kraft ab 1.1.05: Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II)

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 46

Vollbeschäftigungspolitik

Problem: zu einfache Vorstellung zur Funktionsweise von Arbeitsmärkten! Zu starkes Marktvertrauen.

Mittel eher auf einer makroökonomischen Ebene: Finanzpolitik (Nachfrage des Staates), Besteuerung und Arbeitsmarkt, Geldpolitik (Beeinflussung der Zinsen und damit der Investitionen), Außenwirtschaftspolitik

Kündigungsschutz (unklare Wirkung!), Beschäftigungsförde-rungsgesetz, Bekämpfung der illegalen Beschäftigung

Diskussion: Deregulierung vs. Reregulierung der Arbeitsmärkte

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 47

Mitbestimmung

Recht der AN, an Entscheidungen leitender Unternehmensorgane mitzuwirken

Vorteile und Nachteile am Beispiel der Verhinderung bestimmter Lohnformen: das Problem der Gewinnbeteiligung

Betriebsverfassungsgesetz und Personal-vertretungsgesetz

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 48

Grundzüge des Betriebsverfassungsgesetzes

Betriebsräte in Unternehmen mit 5 oder mehr Beschäftigten (Größe von der Unternehmensgröße abhängig)

Rechte von Betriebsratsmitgliedern Mitwirkungs- und Mitspracherechte: Informations-

Anhörungs-, Beratungs- und Vorschlagsrechte sowie Einstimmungs- und Zustimmungsrechte

Sonderregeln im Montanmitbestimmungsgesetz Probleme an einem Beispiel: Interne vs. externe

Stellenbestzungen

Page 49: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 49

System der Sozialen Sicherung

Problemstellung Gestaltungsprinzipien Kernprinzipien: Versicherung – Versorgung –

Fürsorge Zusammenhang zu ökonomischen

Steuerungsproblemen: Versagen von Versicherungs- und Kreditmärkten

Beispiel: Finanzierung der Ausbildung

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 50

Gestaltung und Finanzierung der Sozialen Sicherung

Versicherungen über Märkte: Probleme asymmetrischer Informationen

Beispiel: Krankenversicherungen und adverse Selektion– Gruppe A (50%): schlechtes Risiko, Zahlungsbereitschaft:

600 €– Gruppe B (50%): gutes Risiko, ZB: 300 €– Versicherung kennt Zuordnung nicht und kann nur Tarif für

alle festsetzen, Prämie mindestens 400 €, um keine Verluste zu machen Gruppe B verzichtet, Prämie muss erhöht werden, es sind nur die schlechten Risiken zu hohen Prämien versichert. Die ist eine massive Ineffizienz und hat zudem ungewünschte Verteilungseffekte

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 51

Lösungsmöglichkeiten für das Versicherungsproblem

Individualprinzip: freiwillige und individuelle Versicherungen– Sparen– Privatversicherung, ggf. mit Versicherungszwang– [Beitritt zur Sozialversicherung]– Finanzierung durch risikoorientierte Prämien– Versicherungsprinzip bei Marktversagen: Signale und

Vertragsformen Sozialprinzip: gesetzlich verfügte und staatliche

Versicherungen– Solidaritätsorientiertes Versicherungsprinzip

(einkommensabhängige Versicherungsprämien) – wirklich solidarisch?

– Versorgungsprinzip (über Steuermittel)– Fürsorgeprinzip (über Steuermittel)

Page 52: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 52

Gesetzliche Krankenversicherung I Versicherungspflichtig: AN, deren regelmäßiges

Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt (2013: 3937,50 € pro Monat Ausnahmen: höherer Betrag bei Wechsel in die KV)) , PV mit identischer Grenze)

Auszubildende RentnerInnen (sofern bestimmte Versicherungszeiten

erfüllt wurden) StudentInnen bis zu einer max. Semesterzahl Land- und ForstwirtInnen KünstlerInnen und PublizistInnen Arbeitslose

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 53

Gesetzliche Krankenversicherung II Einnahmen 2011: 183,6 Mrd. € Ausgaben 2011: 179,6 Mrd. € Ausgaben-Einnahmen-Schere weitet sich dennoch

– Demographische Entwicklung– Technischer Fortschritt in der Medizintechnik– Zusammenhang Lebensalter, Erkrankungen und Kosten der

Behandlung, das Beispiel der „billigen Raucher“– Ineffizienzen im Gesundheitssystem, Beispiel der Honorierung

ambulant tätiger Ärzte Beitragssatz 2011 einheitlich (Gesundheitsfonds)

15,5% des Bruttoeinkommens (AG: 7,3%, AN 8,2%) Gesundheitsreform(en) zur Eindämmung der Ausgaben

Page 54: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 54

Gesetzliche Krankenversicherung III

Das Problem der richtigen Honorierungsform Mögliche Honorierungsformen:

Kostenerstattung, Einzelleistungsvergütung, Fallpauschalen (tatsächliche oder potentielle Fälle), Festbetrag, vom Staat angestellte Ärzte

Ineffizienzproblem am Beispiel der Kostenerstattung und der Einzelleistungs-vergütung

Page 55: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 55

Gesetzliche Krankenversicherung IV

Aufgaben und Leistungen der GKV– Gesundheitsförderung– Krankheitsverhütung– Finanzierung der ärztlichen Behandlung– Finanzierung der Versorgung mit Arznei-,

Verband- und Hilfsmitteln– Finanzierung der Krankenhausleistungen– Finanzierung von Rehabilitationsmaßnahmen– Krankengeld– Sterbegeld

Page 56: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 56

Gesetzliche Krankenversicherung V

Träger: Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen, landwirtschaftliche Krankenkassen, Ersatzkassen ...

Zusammenschluss der Kassen auf Bundes- und Landesebene

Strukturausgleichsfonds Verträge mit kassenärztlichen Vereinigungen Finanzierung:

– Beiträge von AN und AG– Beiträge der RentnerInnen und der der RV– Mittel der Bundesanstalt für Arbeit

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 57

Gesetzliche Krankenversicherung VI Reformen und Reformpläne

– Einfrieren der Vergütungen und der Kassenbeiträge– Stärkere Selbstbeteiligungen, „Eintrittsgebühr“– GKV als Sicherung der Grundversorgung– Das (CDU)-FDP-Modell der „Kopfpauschale“– Das SPD-Grüne-Modell der Bürgerversicherung– Fondsmodell als Kompromiss der Großen Koalition– Koalitionsvereinbarung CDU/CSU und FDP

Wenig diskutiert bei den Reformplänen– Honorierungssystem (bis auf neues Fallpauschalensystem in

Krankenhäusern)– Andere Wettbewerbsformen zwischen Kassen und

Leistungsanbietern– Effiziente Systeme von Versicherungsprämien (leider inkompatibel

mit einkommensabhängigen Prämiensystemen)

Page 58: Sozialpolitik (M 5c)

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 58

System der ambulanten und stationären Gesund-heitsversorgung in Deutschland (ohne Pflege)

Legende

Kranken-kassen

Kassen-mitglieder

Apotheken

Arzneimittel-industrie

Kranken-häuser

Kassenärzt-liche Ver.

Ärzte

Herstellermed. Geräte

(1) (2)

(3)

(4a) (4b)

Staat

(4c)

(5)

(6)

(7) (8)

(9)

(10) (11a)

(11b) (12a)

(12b)

(14)

(14) (14)

(14)

(1): Beiträge mit Ansprüchen(2): Krankenscheine /Chipkarte(3): Persönl. Dienstleistungen(4): Überweisung/Rat bzgl. Fach- arzt, Einw. Krankenhaus, Rezepte für Apotheken (a-c)(5): Leistungszusage(6): Gesamtvergütung(7): Leistungsnachweise(8): Vergütung(9): Leistungsbelege von Kranken- häusern und Apotheken(10): Zahlungen an K. und A.(11): Leistungen/Zahlungen zwischen Pharma-Industrie und A,K (a,b)(12): Markt für med. Geräte (a, b)(13): Finanzierung der Investitionen(14): Rahmenregelungen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 59

Gesetzliche Rentenversicherung I

Versicherungspflichtig: ArbeitnehmerInnen und einige Gruppen Selbständiger

Freiwillige Versicherungen sind möglich RV ist die größte Sozialversicherung in D (Mitglieder

und Finanzvolumen) Wesentliche Aufgaben:

– Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Arbeitskraft– Ersetzung fehlenden Arbeitseinkommens bei

• Berufsunfähigkeit• Erwerbsunfähigkeit• Erreichen der Altersgrenze

– Gewährung von Hinterbliebenen- und Erziehungsrenten

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 60

Gesetzliche Rentenversicherung II

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWPE = Persönliche Entgeltpunkte

ZF = Zugangsfaktor

RF = Rentenartfaktor

RW = aktueller Rentenwert

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 61

Gesetzliche Rentenversicherung III

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWPE = Persönliche Entgeltpunkte

PE setzt sich zusammen aus EP für vollwertige Beitragszeiten, für beitragsfreie und beitragsgeminderte ZeitenPE für vollwertige Beitragszeiten = Arbeitseinkommen : Durch-schittsentgelt aller Versicherten; für sehr hohe Einkommen wird das Arbeitseinkommen durch die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt (2013 West: 5800 €, Ost: 4900 €). Relevant: Summe der Entgeltpunkte

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 62

Gesetzliche Rentenversicherung IV

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWZF = Zugangsfaktor

ZF bei vorgesehenem Eintrittsalter 1, Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme von 0,003 anteilig pro Monat vorzeitiger Inanspruchnahme

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 63

Gesetzliche Rentenversicherung V

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWRF = Rentenartfaktor

Alters-, Erwerbsunfähigkeits- und Erziehungsrenten: 1

Geringere Gewichtung für Berufsunfähigkeit, Hinterbliebe-nenrenten

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 64

Gesetzliche Rentenversicherung VI

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWRW = aktueller Rentenwert

RW wird ermittelt aus aktuellen Lohnentwicklungen.

RW 1.7.2012 (Westdeutschland): 28,07 € (Ostd.: 24,92 €)

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 65

Gesetzliche Rentenversicherung VII

Rentenformel: Monatsbetrag einer Zugangsrente = PE·ZF·RF·RWPE = Persönliche Entgeltpunkte

ZF = Zugangsfaktor

RF = Rentenartfaktor

RW = aktueller Rentenwert

Bsp.: AN mit 45 Berufsjahren, pro Jahr 1,0 Entgeltpunkte (immer Durchschnittsverdiener), Renteneintritt mit 65 Jahren:

Rente = 45 PE · 1,0 ZF · 1,0 RF · 28,07 (RW West 2012/13) = 1263,15,- €.

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 66

Gesetzliche Rentenversicherung VIII

Finanzierung durch Beiträge AN und AG sowie durch staatliche Zuschüsse

Aktueller Beitragssatz: 18,9% (AG und AN je die Hälfte) des Arbeitseinkommens (2013 gesunken!), Betrag steigt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West 2013: 5800€, Ost: 4900€)

Alternative/Umstieg/Ergänzung durch Riester-Rente oder Rürup-Rente?

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 67

Gesetzliche Rentenversicherung IX

Aktuelle Probleme– Demographische Entwicklung– Arbeitslosigkeit und geringeres Beitragsvolumen– Finanzierung der Erziehungszeiten und Ausbildungszeiten– Hinterbliebenenversorgung– Verteuerung des Faktors Arbeit und Rückwirkungen auf den

Arbeitsmarkt– Unterversorgung von Geringverdienern und Personen mit

geringen Erwerbszeiten– Umstieg vom Umlageverfahren zum Versicherungsverfahren– Gesetzliche vs. private Alterssicherung– Zusammenhang zu Arbeitslosengeld II

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Arbeitslosen- und Pflegeversicherung

Arbeitslosenversicherung: Beitragssatz bundeseinheitlich 3,0% des Bruttoeinkommens (AN und AG je 1,5%) , Beitragsbemessungsgrenze wie bei der Rentenversicherung

Pflegeversicherung: Beitragssatz bundesweit 2,05% des Bruttoeinkommens, Zuschlag für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte, Sonderregelung für Sachsen: AN zahlen 1,525% (plus evtl. Zuschlag) statt 1,025%, Beitragsbemessungsgrenze bundesweit wie bei KV

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 68

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Weitere sozialpolitische Bereiche

Wohnungspolitik Familienpolitik Bildungspolitik Jugend- und Altenhilfe

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Familienpolitik S. auch Text Homepage Texte KG, ausführlicher im

Lehrbuch „Außer Konkurrenz“ Familiendefinition Prinzipien der Familienpolitik Familienpolitische Regelungen Beispiele: Kindergeld/Kinderfreibetrag,

Elterngeld/Erziehungsgeld und Elternzeit, Besteuerung familiärer Produktion, Berücksichtigung in Sozialversicherungen

Familienpolitik im internationalen Vergleich

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 70

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 71

Ökonomische und gesellschaftliche Folgen der Sozialpolitik I

Dazu notwendig: Inzidenz- oder Wirkungsanalyse (vgl. Wohnungsmarkt-beispiel aus der LV „Einführung in die Ökonomie“, allokative Wirkungen)

Verteilungswirkungen am Beispiel der Bildungspolitik

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 72

Ökonomische und gesellschaftliche Folgen der Sozialpolitik II

Arbeitsmarkt: Effizienzlöhne und dysfunktionale Sozialpolitik / dysfunktionale Deregulierung

Frauenerwerbstätigkeit / Diskriminierung Versicherungen Generationengerechtigkeit Effizienz und Gerechtigkeit

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Ökonomische und gesellschaftliche Folgen der Sozialpolitik III

Familienformen, Familienarmut Bildungspolitik und sozialer Ausschluss:

unrühmliche Ergebnisse für Deutschland Dilemmata am Beispiel des Betreuungs-

geldes Fazit: funktionale und dysfunktionale Teile der

Sozialpolitik

Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 73

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 74

Reformen der letzten Jahre und Reformideen I

Zusammenfassung Agenda 2010– Zusammenlegung der Sozial- und

Arbeitslosenhilfe– Begrenzung des Bezugs von Arbeitslosengeld– Lockerung des Kündigungsschutzes– Änderung des Renteneintrittsalters u.a.m.

Bürgerversicherung/Bürgergeld Sozialpolitik als eingebaute Integration „Naive“ Umverteilungsvorstellungen

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 75

Grundeinkommen und Umverteilungsgrenzen

1500 Euro unbedingtes Grundeinkommen (Forderung einer kleinen Partei im hessischen Wahlkampf): 82 Mio Menschen * 1500 * 12 = 1476 Milliarden Euro

Volkseinkommen 2011: ca. 1963 Milliarden Euro Umverteilungsbedarf: 75,2% (!) des

Volkseinkommens, weitere staatliche Aufgaben Folgen für die Produktion und die Einkommen Lösung Staatsverschuldung, Lasten für zukünftige

Generationen?

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 76

Reformideen II Bizer-Sesselmeier-Modell Modell der Initiative Soziale Marktwirtschaft

– Leitlinien der Reform• Souveränität und Eigenverantwortung

• Subsidiarität

• Verteilungsgerechtigkeit

• Effektivität und Effizienz

• Nachhaltigkeit und Stabilität

• Rechts- und Planungssicherheit

• Transparenz

– Konsequenzen für die Gestaltung der Sozialen Sicherung– Das Paradoxon der Marktwirtschaft, Lebensstandard-

sicherung und Grundsicherungsmodelle

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Kubon-Gilke: Einführung in die Sozialpolitik 77

Soziale Probleme und politische Entscheidungsprozesse

Leerer Kern: Entscheidung über Verteilung in einem 3-Personen-Fall

Arrows Unmöglichkeitstheorem Probleme verschiedener Mehrheitsregeln Strategisches Abstimmungsverhalten Parteienwettbewerb Die Rolle der Bürokratie Lobbyismus

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Marktversagen und Staatsversagen Die liberale Angst vor dem Staat und Misstrauen

gegenüber politischen Entscheidungen Neoliberalismus als Kritik am Liberalismus (Rüstow: Was

wichtiger ist als Wirtschaft) Systemänderungen durch Misstrauen und Unzufriedenheit

mit dem Marktsystem Problematische Polarisierung von Markt- und

Staatsversagen Anforderungen an Ordnungs- und Sozialpolitik Finanz- und Wirtschaftskrise: Das Erstarken

keynesianischer Politik – Auswirkungen auf die Sozialpolitik

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