51
S O Z I A L R A U M O R I E N T I E R T E J U G E N D H I L F E I I H A N D B U C H Amt für Kinder, Jugend und Familie für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) die Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH) und die Träger der freien Jugendhilfe Stand: Januar 2014

sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S O Z I A L R A U M O R I E N T I E R T E

J U G E N D H I L F E I I

H A N D B U C H

Amt für Kinder, Jugend und Familie

für den

Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)

die

Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH)

und die

Träger der freien Jugendhilfe

Stand: Januar 2014

Page 2: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Jahre 2006 wurde mitder Einführung der „SozialraumorientiertenVernetzung der Jugend-hilfe“ im Amt für Kinder, Jugend und Familie begonnen.

Die Grundlage der Sozialraumarbeit in Köln istgeprägt durch das Institut für StadtteilbezogeneSoziale Arbeit und Beratung der UniversitätDuisburg-Essen (ISSAB). Durch ISSAB wurdenMitarbeiter(innen) des ASD und der WJH derStadt Köln und der Schwerpunktträger geschultund erhielten zur Einübung Trainings-on-the-job.

Inzwischen arbeiten alle Mitarbeiter(innen) desAllgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) und derWirtschaftlichen Jugendhilfe (WJH) in Sozial-raumteams gemeinsam mit den Vertreter(innen)der ihnen zugeordneten Schwerpunktträger. Die kollegiale Beratung und die Initiierung vonProjekten im Sozialraum im Rahmen der fall-übergreifenden Arbeit gehören heute zum alltäglichen Arbeitsablauf in ASD und WJH.

Die Standards der sozialräumlichen Methodesind bekannt und wurden im Verlauf der letztenJahre unseren Kölner Gegebenheiten angepasst und weiter entwickelt.

Eine Arbeitsgruppe, bestehend ausKollegen(innen) der Bezirksjugendämter (ausallen Hierarchieebenen), Kolleg(innen) der Abteilung Pädagogische und Soziale Diensteund Vertreter(innen) der freien Träger der Jugendhilfe, die als Schwerpunktträger agieren,hat sich im Jahr 2013 auf den Weg gemacht,das Handbuch „Sozialraumorientierte Jugend-hilfe“ zu überarbeiten und auf einen aktuellenStand zu bringen. Die Inhalte wurden in eine andere Form gebracht (nach den Abläufen derArbeitsschritte sortiert) und die praktischen Erfahrungen aus den letzten Jahren wurden einbezogen.

Das nun vorliegende Handbuch ermöglicht esIhnen, als Mitarbeiter(innen) an der Basis im Sozialraumteam, aber auch auf Führungsebene,die Abläufe der sozialräumlichen Arbeit Schrittfür Schritt nachzuvollziehen oder auch einzelneAspekte nachzulesen. Das Handbuch soll insge-samt dazu dienen, eine stadtweit einheitlicheQualität in der Fallbearbeitung sicherzustellen.

Für die weitere Arbeit wünschen wir Ihnen viel Erfolg!

Carolin Krause Leiterin des Amtes für Kinder, Jugend und Familie

Klaus-Peter VöllmeckeAbteilungsleiter Pädagogische und Soziale Dienste

Arbeitsgruppe

Amt für Kinder Jugend und Familie der Stadt Köln: Frau Lehmann, Frau Maier, Frau Müller-Hausmann, Frau Schäfer-Sikora, Herr Vesen, Frau Weber-Hackel

Träger der freien Jugendhilfe

Frau Bäumer (SKM e.V.), Frau Beck (NEV), Frau Kreiser (SKF e.V.), Herr Leibrock (AWO „Der Sommerberg“), Herr Roth (Stiftung Leuchtfeuer)

Texte

Inhalte der Kapitel basieren auf den Arbeitspapieren des Instituts für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen (ISSAB)

Arbeitsgrafiken

Seiten 11, 16, 18, 22, 26, 29, 30: ISSAB (Lüttringhaus/Streich), Seiten 41, 42, 43, 50: D. Vesen

Fotos

Titel: Liv Stephan/www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc-nd); Seite 13: Stefan Franke/www.jugendfoto.de, CC-Lizenz (by-nc-nd)

Titel/Gestaltung/Druckvorlage

H. Richter (Movie Crew Cologne – Verein für Jugendmedienbildung und Integration e.V.)

Druck

Hundt-Druck, Köln

VORWORT 2

Page 3: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S T R U K T U R E N Seite 4 1.1 Zentrale Steuerungsgruppe Seite 41.2 Geschäftsordnung der Sozialraumteams Seite 41.3 Geschäftsordnung Bezirkliche Steuerungsgruppe Seite 41.4 Bezirkliche Steuerung Seite 51.5 Mitglieder und Aufgaben des Sozialraumteams (SRT) Seite 61.6 Arbeitsgrundlagen Seite 81.7 Arbeitsbereiche der Jugendhilfe Seite 81.8 Schaubild Arbeitsbereiche Seite 11

R E S S O U R C E N Seite 122.1 Ressourcenerarbeitung Seite 12 2.2 Das 10-Minutengespräch Seite 132.3 Erkunden und checken Seite 142.4 Schaubild Ressourcenfischen Seite 162.5 Check für die Zielerreichung Seite 172.6 Ressourcenkarte Seite 172.7 Schaubild Ressourcenorientierung Seite 18

F A L L A R B E I T Seite 193.1 Wille und Ziele Seite 193.2 Stufenmodell zur Zielerreichung Seite 203.3 Lösungsorientierte Gesprächsführung Seite 223.4 Aufmerksamkeitsrichtung (AMR) Seite 233.5 Standards und Verfahrensschritte Seite 263.6 Kollegiale Beratung Seite 273.7 Schaubild Leistungsbereich Seite 293.8 Fragenliste Graubereich Seite 293.9 Fragenliste Gefährdungsbereich Seite 303.10 Moderation Seite 313.11 Aufgaben der Moderation Seite 323.12 Perspektivwechsler(in) Seite 343.13 Aufträge/Auflagen Seite 373.14 Auswertung Seite 403.15 Orientierungshilfen Vordrucke Seite 413.16 Ablaufplan Einzelfall im SRT Seite 423.17 Ablaufplan Beratungsprotokoll Seite 43

F A L L U N S P E Z I F I S C H E A R B E I T Seite 444.1 Einzelfallübergreifende Arbeit Seite 44 4.2 Fallunspezifische Arbeit (Schaubild) Seite 454.3 Grundlagen der Fallunspezifischen Arbeit Seite 454.4 Begriffserklärungen Seite 464.5 Bezug Seite 474.6 Ausgangslage Seite 474.7 Prinzipien Seite 484.8 Ressourcenorientierung Seite 484.9 Bedeutung fallunspezifischer und fallübergreifender Arbeit Seite 494.10 Netzwerkarbeit Seite 494.11 Regelmäßige Sozialraumerkundung Seite 494.12 Ablaufplan Projekte Seite 50

INHALT 3

Page 4: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Die zentrale Steuerung ist zuständig für dieKonzeptionsfortschreibung, die Entwicklung undÜberprüfung von Beteiligungsstrukturen, dieAuswertung und die Bearbeitung von prozess-bedingten Fragestellungen. Sie bereitet die Entscheidungen für prozessrelevante Entwick-lungen vor und initiiert Arbeitsgruppen. Der Zentralen Steuerung gehören folgende Teilnehmer/Teilnehmerinnen an:

Abteilungsleitung Pädagogische und SozialeDienste des Amtes für Kinder, Jugend und Familie

Abteilungsleitung Bezirksjugendämter

Sachgebietsleitung Grundsatzangelegenhei-ten Allgemeiner Sozialer Dienst und Wirtschaftli-che Jugendhilfe/Fach- und Finanzcontrolling

Sachgebietsleitung Pädagogische und Wirtschaftliche Grundsatzangelegenheiten für Träger von erzieherischen Hilfen

Vertreter der Außenstellenleitungen

Mitarbeiter(in) von 511/1 zur Begleitung des Gesamtprozesses Sozialraumorientierung derJugendhilfe im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE)

Abteilung Ausbildung, Fortbildung und Supervision

Z E N T R A L E S T E U E R U N G S G R U P P E

Die Geschäftsordnung der Sozialraumteams begründet sich im Kontext des § 36 Abs. 2SGB VIII. Dieser besagt, dass durch die enge Zusammenarbeit von öffentlicher Jugendhilfeund Trägern der freien Jugendhilfe den viel-fältigen Problemlagen in einem Sozialraum frühzeitig und adäquat begegnet werden soll,um flexible Lösungen in einzelfallbezogenenund sozialraumbezogenen Problemen zu entwickeln.

In der Geschäftsordnung ist geregelt, der Geltungsbereich für die Sozialraumteams(SRT), wer die Mitglieder eines Sozialraum-teams sind, wer welche Rolle im Sozialraumteam einnimmt (ASD, WJH,

Schwerpunktträger) und welche persönlichenund zeitlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.

Darüber hinaus wird auf die fallspezifische und fallunspezifische Arbeit eingegangen. Das Entscheidungsprocedere für eine Hilfe wirdbeschrieben sowie der Hinweis auf die verschiedenen Steuerungsgruppen der Sozialraumarbeit.

G E S C H Ä F T S O R D N U N G B E Z I R K L I C H E S T E U E R U N G S G R U P P E

G E S C H Ä F T S O R D N U N G D E R S O Z I A L R A U M T E A M S

Die Geschäftsordnung der Bezirklichen Steuerungsgruppe ist Bestandteil desKooperationsvertrages „sozialraumorientierteVernetzung der Jugendhilfe“ zwischen denSchwerpunktträgern und den Außenstellen desAmtes für Kinder, Jugend und Familie, Köln.

Sie beschreibt die Zusammensetzung, die Aufgaben, die Themen der Tagesordnung undden Turnus der Sitzungen.

STRUKTUREN 4

Page 5: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

B E Z I R K L I C H E S T E U E R U N G

Bezirkliche Steuerungsgruppe

Sozialraumteam

Geschäftsfüh-rung/Leitung

amb./stat. SPT

Sozialraum-teams

(2 Sitze)

InterkulturellerDienst

Kita-Fachberatung

GL-WJH

GL-ASD

Bezirksjugend-amtsleitung

andere pädagogische

Fachkräfte

Mitarbeiter(in)anderer

InstitutionenWJH SPT

ASD

Koordinationund Leitung

amb./stat. SPT

Sozialraum-koordination

Familien-beratung

Jugendpflege

Mitarbeiter(in)511

SPT = SchwerpunktträgerASD = Allgemeiner Sozialer DienstWJH = Wirtschaftliche JugendhilfeGL = Gruppenleitung

STRUKTUREN 5

Page 6: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

M I T G L I E D E R U N D A U F G A B E N D E S S O Z I A L R A U M T E A M S ( S R T )

ASD-Bezirkssozialarbeiter(innen)

(Allgemeiner Sozialer Dienst)

SPT-Mitarbeiter(innen)

(Schwerpunktträger)

WJH-Mitarbeiter(in)

(Wirtschaftlichen Jugendhilfe)

ASD Gruppenleitung

(Allgemeiner Sozialer Dienst)

WJH Gruppenleitung

(Wirtschaftliche Jugendhilfe)

Koordination/Leitung-SPT

(Schwerpunktträger)

Bezirksjugendamtsleiter(in)

Andere pädagogische Mitarbeiter(innen) (IKD,ErzB, PKD), Mitarbeiter(innen) nicht pädago-gischer Institutionen

verpflichtende Teilnahmestimmberechtigtes Sozialraummitglied über

fallspezifische, fallübergreifende und fallun-spezifische Vorhaben

verpflichtende Teilnahmestimmberechtigtes Sozialraummitglied über

fallspezifische, fallübergreifende und fallunspezifische Vorhaben

verpflichtende Teilnahmestimmberechtigtes Sozialraummitglied über

fallspezifische, fallübergreifende und fallunspezifische Vorhaben

bei Beginn des Sozialraumteams ein Jahr verpflichtend, danach nach Bedarf

nicht stimmberechtigtKonfliktfälle: Konsensentwickler(in)

bei Bedarfnicht stimmberechtigt

bei Beginn des Sozialraumteams ein Jahr verpflichtend, danach nach Bedarf

nicht stimmberechtigtKonfliktfälle: Konsensentwickler(in)bei Bedarf

bei BedarfKonfliktfälle: Konsensentwickler(in), letztendliche

Entscheidung

bei Bedarf zu einzelnen Tagesordnungs-punkten

STRUKTUREN 6

Page 7: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Aufgaben des Sozialraumteams

Im Kontext des § 36 Abs. 2 SGB VIII ermöglichtdie enge Zusammenarbeit von öffentlicher Jugendhilfe und Träger der freien Jugendhilfeden vielfältigen Problemlagen in einem Sozial-raum frühzeitig und adäquat begegnen zu können und flexible und bedarfsgerechte Lösungen in einzelfallbezogenen und sozial-raumbezogenen Problemen zu entwickeln.

Die gemeinsame Arbeit zielt ab:auf eine Erschließung individueller, von

Kindern, Jugendlichen und Familien nutzbarer Ressourcen

auf eine Verbesserung der Infrastruktur undder Lebensqualität im Sozialraum

auf eine Stärkung der Erziehungsaufgaben in den Familien

auf eine Verbesserung der Kooperation der unterschiedlichen Träger sozialer Arbeit (Schule, Kindertagesstätte, etc.)

auf eine Verbesserung der fallbezogenen Kooperation

auf eine Intensivierung der Ressourcennut-zung in der Fallarbeit

auf eine Stärkung lebensweltlicher Netzwerke.

Bei der Umsetzung dieser Ziele ist die Nutzungder Potenziale und Ressourcen der im Sozial-raum etablierten Träger, Vereine, Kirchen undInitiativen von entscheidender Bedeutung.

Rolle der Mitglieder

des Sozialraumteams

Allgemeiner Sozialer DienstDer ASD hat die Fall- und Verfahrensverant-wortung für alle Fälle. Er erteilt die Aufträge zurDurchführung von Einzelfallhilfen gemäß demHilfeplanverfahren nach § 36 SGB VIII an denTräger der freien Jugendhilfe. Für die ambulan-ten Hilfen ist in der Regel der Schwerpunkt-träger zu beauftragen. Der ASD hat die Entwicklung im Sozialraum mit zu gestalten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen anArbeitskreisen im Sozialraum teil.

Wirtschaftliche JugendhilfeDie WJH sichert die Zahlungen und Abrech-nungsmodalitäten, gewährleistet die Rechtmäßigkeit von Hilfen und Vorgehenswei-

sen, erteilt Bewilligungsbescheide und stellt die notwendigen fiskalischen Daten zur Verfügung.

Aufgaben sind, neben der Realisierung fall-spezifischer Finanzierungen, fallunspezifischeFinanzierungskonstrukte zu verwirklichen unddafür erforderliche Mittel gegebenenfalls aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen.Die WJH hat die Entwicklung im Sozialraum,insbesondere unter fiskalischen Gesichtspunk-ten mit zu gestalten. Sie beobachtet, analysiertund dokumentiert die Kostenentwicklung und erstellt regelmäßig eine Hochrechnung der Ausgaben.

SchwerpunktträgerDer Schwerpunktträger bearbeitet in der Regelalle Neufälle und laufende Fälle, deren örtlicheZuständigkeit in dem ihm zugewiesenen Sozial-raum liegt und die er durch Entscheidung desBezirksjugendamtes übernimmt. Ihm obliegt dieVerantwortung für die Durchführung der Hilfenzur Erziehung im Kontext des abgestimmten Hilfeplanverfahrens. Darüber hinaus erschließendie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ressourcenfür die fallspezifische und die fallunspezifischeArbeit, beschaffen ergänzende Mittel, haben dieEntwicklung im Sozialraum mit zu gestalten undnehmen an Arbeitskreisen im Sozialraum teil.

Das Sozialraumteam tagt wöchentlich. Die Teilnahme an den Sitzungen des Sozialraum-teams ist für alle Mitglieder verpflichtend. DieModeration übernimmt im Wechsel ein Mitglieddes Sozialraumteams. Falleinbringung und Moderation werden nicht von derselben Persondurchgeführt.

Alle Sitzungen des Sozialraumteams sind zu dokumentieren. Das Protokoll wird im Wechselvon allen Mitgliedern des Sozialraumteams gefertigt. Falleinbringung und Protokollführungwerden nicht von derselben Person durchgeführt.

STRUKTUREN 7

Page 8: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Der Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehungleitet sich aus dem SGB VIII ab. Darin wird unterschieden in familienunterstützende Hilfen,familienergänzende Hilfen und familienerset-zende Hilfen. Die verschiedenen Hilfen könnenfamilien-, gruppen- und einzelfallorientiert aus-gestaltet werden. Im Besonderen wird auf § 36 SGB VIII (Mitwirkung/Hilfeplan) hingewie-sen. Im Rahmen der Kooperation zwischen öffentlichem Träger und Trägern der freien Jugendhilfe wird auf die §§ 4, 74, und 79 SGB VIII verwiesen. Die Kosten für Hilfen zurErziehung trägt grundsätzlich das Amt für Kinder, Jugend und Familie.

Richtlinien für den öffentlichen Träger

Die Arbeitsgrundlagen für die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter des Amtes für Kinder, Jugendund Familie sind in den verwaltungsinternenRichtlinien verbindlich festgehalten. Sie sind imIntranet und Infoportal 511/Richtlinien zu finden.

Verfahrensrichtlinien für die freien Träger

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der freienTräger arbeiten nach den Verfahrensrichtliniendes jeweiligen Trägers der freien Jugendhilfe.

Arbeitsgrundlagen der Träger der freien

Jugendhilfe im Rahmen der Kooperations-

verträge

Das Amt für Kinder, Jugend und Familie, ver-treten durch die Bezirksjugendamtsleitungen,schließt mit den jeweiligen Schwerpunktträgerneines ausgewiesenen Sozialraumes einen Kooperationsvertrag. Die Laufzeit eines Vertrages dauert in der Regel ein Kalenderjahr.

Neben dem im Vertrag festgehaltenen fachli-chen Rahmen ist auch die Finanzierung der angebotenen Leistung der Träger der freien Jugendhilfe geregelt.

A R B E I T S G R U N D L A G E N

A R B E I T S B E R E I C H E D E R J U G E N D H I L F E

Leistungsbereich

Im Leistungsbereich werden Ratsuchende oftvon anderen Institutionen geschickt und kommen nicht immer aus eigenem Antrieb, greifen letztlich doch freiwillig auf eine Leistungder Jugendhilfe zurück (z.B. eine Beratung beimAllgemeinen Sozialen Dienst oder auf eine Hilfezur Erziehung), die sie jederzeit ohne Konse-quenzen beenden können. Es geht im Leis-tungsbereich primär um Themen, die denSorgeberechtigten wichtig sind. Der Wille wirderkundet und die erarbeiteten Ziele werden imHilfeplan vereinbart.

Im Ressourcenorientierten Vorgehen im Leistungsbereich sind folgende Aspekte im Prozessablauf zu berücksichtigen/einzuhalten:Zuerst folgt die Erfassung der Situation der Betroffenen einschließlich der Ressourcen-erfragung. Hier ist zu klären, um welches konkrete Thema, welche Situation oder welchenBereich es den jeweiligen Personen geht. Die Einordnung des Falles in den Leistungsbe-reich muss ebenfalls klar sein.Dann wird der Wille bzw. das Ziel des/der

Betroffenen erarbeitet. Hier muss geklärt sein,wer konkret was verändern bzw. erreichen will.

Es folgt die Erarbeitung der Richtungsziele unddie Erfassung der von der Familie benanntenRessourcen im Hinblick auf die Ziele.

Sollten der Familie ausreichend Ressourcen zurVerfügung stehen, um die erarbeiteten Zieleohne Inanspruchnahme von HzE zu erreichen,so kann die Familie an dieser Stelle ent-sprechend beraten bzw. an die in Frage kommenden Stellen verwiesen werden.

Besteht weiterer Beratungs- bzw. Hilfebedarf, soerfolgt im SRT die Planung der weiteren Schritteund Maßnahmen. Es ist darauf zu achten, dass sich die Lösungswege auf dasRichtungsziel beziehen. Dies wird im SRT in derKollegialen Beratung erörtert.Das SRT spricht eine Empfehlung zur weiterenVorgehensweise aus. Empfiehlt das SRT die Installierung einer HzE, so werden die entspre-chenden Unterlagen zur Entscheidung in dieBewilligung gegeben.

STRUKTUREN 8

Page 9: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Nachdem die empfohlene Hilfe bewilligt wordenist, wird geklärt ob die vereinbarten Maßnahmenvon den Betroffenen getragen werden (Unter-zeichnung der Erklärung der Inanspruchnahmedurch die Personensorgeberechtigten).

Im positiven Fall erfolgt ein Kontaktgespräch mitdem/der Betroffenen und dem Jugendhilfeträgerauf der Grundlage der zuvor erfolgten Willens-und Zielerarbeitung.

Der Jugendhilfeträger führt die Hilfe durch. DerTräger der freien Jugendhilfe hat die Aufgabedie Zwischenauswertung zu erstellen. Das be-deutet im Hilfeprozess den Zwischenstand derZielerreichung mit allen Beteiligten (siehe Innen-kreis des Kreislaufes im Leistungsbereich).Wichtig hierbei ist die Überprüfung der Motiva-tion und Mitarbeit der Betroffenen.

Nach Ablauf der Hilfe erfolgt eine Ergebnisaus-wertung mit allen Beteiligten (Hilfeplanfort-schreibung - Vordruck Anlage Nr.15Auswertung, Fortschreibung).

Diese Auswertung orientiert sich an den be-nannten Zielen und den genutzten Ressourcen.Anschließend wird geprüft, ob die Hilfe nachZielerreichung beendet wird oder über eine Ver-längerung der Hilfe im Genehmigungsverfahrenzu entscheiden ist.

Möglichkeiten zur weiteren Genehmigung derentsprechenden Hilfe sind zum einen die Ein-bringung des Falles in das SRT und zum anderen die Anregung der Verlängerung derHilfe im schriftlichen Verfahren (Empfehlung derFachkraft, Vordruck Anlage 14).

In der Geschäftsordnung der Sozialraumteamsist unter Punkt 4b Fallspezifische Arbeit festge-legt, welches Genehmigungsverfahren in wel-cher Fallkonstellation anzuwenden ist.

Wird der Fall zur Empfehlung einer möglichenVerlängerung in das SRT eingebracht, so mel-det der ASD den Fall zur Besprechung an. Die Fallvorstellung im SRT übernimmt in derRegel der Träger.

Graubereich

Im Graubereich geht es um Themen, die denFachkräften gesetzlich vorgegeben sind,

nämlich um die Überprüfung, ob eine vermuteteKindeswohlgefährdung tatsächlich vorliegt oderdroht. Die Erstüberprüfung soll in der Regel ineinem Zeitraum von drei Monaten erfolgt sein.Hier gilt zu klären, ob ein Sachverhalt einemoder mehreren Indikatoren der Gefährdungsbe-reiche der Jugendhilfe zugeordnet werden kann.Diese sind: körperliche Gewalt, sexueller Miss-brauch, gesundheitliche Gefährdung, Aufsichts-pflichtverletzung, Verhinderung des Schul-besuchs, Aufforderung zu schwerster Krimi-nalität, Autonomiekonflikt, seelische Verwahr-losung. Im Graubereich A gibt es Hinweise aufeine drohende Kindeswohlgefährdung, die es zuklären gilt. Im Graubereich B besteht eine dro-hende Kindeswohlgefährdung.

In der Ressourcenorientierten Überprüfung ergibt sich folgender Prozessablauf: Zuerst erfolgt die Überprüfung der Meldungen anhandder relevanten Indikatoren. Bei der eingegange-nen Meldung ist zu prüfen, wie oft, wie häufig,wie stark, wie lang etc. die Vorwürfe aufgetretensind.

Im zweiten Schritt erfolgt die Abklärung der Mitwirkungsbereitschaft der Personensorgebe-rechtigten zur Überprüfung der Ursachen undAuswirkungen der gemeldeten Sachverhaltebzw. die Abklärung der Bereitschaft der Per-sonensorgeberechtigten, die drohende Gefähr-dung, bezogen auf die relevanten Indikatoren,abzuwenden. Wenn die Mitwirkungsbereitschaftder Sorgeberechtigten geklärt ist, erteilen dieFachkräfte konkrete, auf die Indikatoren bezo-gene und befristete Aufträge an die Personen-sorgeberechtigten.

Im Graubereich A zielen die Aufträge darauf ab,Hinweise auf eine vermutete drohende Kindes-wohlgefährdung zu überprüfen. Dabei sollen die Fachkräfte die Personensorgeberechtigtenoffensiv und beharrlich zur aktiven Aufklärunganhalten.

Im Graubereich B haben die Aufträge den Sinn,drohender Kindeswohlgefährdung entgegenzu-wirken. Bei drohender Gefährdung haben dieFachkräfte, ggf. durch entsprechende Hilfsan-gebote, darauf hinzuwirken, dass die in den Aufträgen beschriebenen zukünftigen Zuständevon den Personensorgeberechtigten umgehendangestrebt werden. Sonst drohen bei einer

STRUKTUREN 9

Page 10: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Zuspitzung/Verschärfung/Verschlimmerung desgegenwärtigen Zustands im Hinblick auf eineKindeswohlgefährdung zukünftig weiterführendeKonsequenzen, nämlich die Erteilung von Aufla-gen durch das Jugendamt oder – falls erforder-lich – durch das Familiengericht.Die Aufträge, die geplanten Wege und Maßnah-men, sowie die vorgesehenen Kontrollen werden in Vereinbarungen festgehalten.

Es erfolgt der Ressourcencheck bezogen aufdie erteilten Aufträge, danach die Planung derUmsetzung der Aufträge ggf. mit Unterstützungdurch Jugendhilfe.

Nach Ablauf der gesetzten Frist erfolgt die Er-gebnisauswertung bzw. die weitere Überprüfung(durch kollegiale Beratung) mit folgenden mög-lichen Ergebnissen:

Der Fall ist beendet, weil der zu überprüfendeSachverhalt geklärt ist und entweder nicht relevant ist für eine vorhandene Kindeswohl-gefährdung oder weil die drohende Kindeswohl-gefährdung abgewendet wurde und es aus Sichtder Jugendhilfe keinen weiteren Handlungsbe-darf mehr gibt.

Der Fall ist im Leistungsbereich der Jugendhilfeanzusiedeln, wenn geklärt ist, dass weder An-haltspunkte für eine vorhandene noch für einedrohende Kindeswohlgefährdung vorliegen unddie Personensorgeberechtigten zum jetzigenZeitpunkt einen Veränderungswillen und Zielehaben, die sich auf die Belange und Funktionder Jugendhilfe beziehen.

Der Fall ist weiterhin im Graubereich B anzu-siedeln, wenn die drohende Kindeswohlge-fährdung noch nicht abgewendet wurde. DiePersonensorgeberechtigten zeigen eine Mitwir-kungsbereitschaft, können aufgrund mangelnderRessourcen nur mit langfristiger Unterstützungdurch Jugendhilfe die drohende Kindeswohlge-fährdung abwenden. So erfolgt z. B. bei Elternbzw. Elternteilen, die sich im Substitutionspro-gramm befinden, eine methodische Bearbeitungimmer im Graubereich B, der bis zur Volljährig-keit des/der Minderjährigen andauern kann (s. Verfügung Grundsätze für den Minderjähri-genschutz im Haushalt suchtkranker Eltern vom19.09.2012). Dies kann ebenso bei psychischkranken Eltern bzw. Elternteilen möglich sein.

Der Fall ist in den Gefährdungsbereich mit denentsprechenden Handlungsanforderungen andie Jugendhilfe einzuordnen, wenn eine Gefährdung zum jetzigen Zeitpunkt belegt ist.

Gefährdungsbereich

Im Gefährdungsbereich ist bereits geklärt, dassentsprechend der Indikatoren (körperliche Ge-walt, sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt,gesundheitliche Gefährdung, Vernachlässigung,Aufsichtspflichtverletzung, Autonomiekonflikte,Aufforderung zu schwerster Kriminalität, „seeli-sche Verwahrlosung“, Verhinderung des Schul-besuchs) gegenwärtig konkrete und gewichtigeAnhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung inden relevanten Bereichen des Kindesschutzesvorliegen.

Sind die Personensorgeberechtigten grundsätz-lich gesundheitlich in der Lage, die Gefährdungabzuwenden (z. B. kein Delirium oder keinestarke psychische Erkrankung), wird der Koope-rationswille geklärt und zwar zunächst vor allemunter dem Aspekt, inwieweit die Personensorge-berechtigten die vorhandene Kindeswohlgefähr-dung abwenden wollen. Dann erteilen dieFachkräfte des Jugendamtes den Personensor-geberechtigten klare Auflagen. Nur in akutenGefährdungssituationen erteilt der Träger Auflagen.

Bei beharrlicher Nicht-Kooperation der Perso-nensorgeberechtigten zur Abwendung der vor-handenen Kindeswohlgefährdung entscheidetdas Gericht auf Antrag des ASD, welche Maß-nahmen angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug wird die fallverantwortliche Fachkraft sofort in Anwendung der §§ 8a SGB VIII und § 42 SGB VIII handeln (s. Richtlinie § 42 SGBVIII; Vereinbarungen zu § 8a SGB VIII zwischenJA und Träger; RL Minderjährigenschutz).

Die Auflagen, die geplanten Wege und Maßnah-men, sowie die vorgesehenen Kontrollen wer-den in Vereinbarungen festgehalten. Auch hiererfolgt die Überprüfung und erneute aktuelleFalleinschätzung in die Arbeitsbereiche (sieheVordruck Anlage 13a).

Die Fragestellung bei jeder Falleinordnung lautet: Wo ist der Fall einzuordnen? a) In denLeistungsbereich? b) In den Graubereich A oderin den Graubereich B? oder c) In den Gefähr-

STRUKTUREN 10

Page 11: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

dungsbereich? Mit welcher Begründung? Wiewird entsprechend weiter vorgegangen? Eineklare Unterscheidung zwischen Grau- und Ge-fährdungsbereich ist notwendig für das weitereVorgehen im Fall, denn ungeklärte Sachständeziehen unklare Handlungsanweisungen nachsich.

Im Ressourcenorientierten Vorgehen im Gefähr-dungsbereich ist in Kooperation mit den Perso-nensorgeberechtigten zunächst die Situation zu erfassen. Dabei sind die Indikatoren des Gefährdungsbereichs und die grundsätzliche gesundheitliche Ressource der Eltern zur Abwendung der Gefährdung festzustellen. Es istzu beachten, dass z. B. bei Eltern bzw. Elterntei-len, die sich im Substitutionsprogramm

befinden, eine methodische Bearbeitung immerim Graubereich B ist, der bis zur Volljährigkeitdes/der Minderjährigen andauern kann(s. Verfügung ‘Grundsätze für den Minderjähri-genschutz im Haushalt suchtkranker Eltern’ von09/2012). Bei psychisch kranken Eltern bzw. Elternteilen kann dies ebenfalls möglich sein.

Nach Abklärung des Kooperationswillens derPersonensorgeberechtigten zur Abwendung derKindeswohlgefährdung werden konkrete Auflagen zur Beseitigung der vorhandenen Gefährdungsindikatoren erteilt.

Auch hier erfolgt der Ressourcencheck bezogenauf die Auflagen. Zum Prozessende erfolgt dieKontrolle bzw. Überprüfung durch den ASD.

S C H A U B I L D A R B E I T S B E R E I C H E

STRUKTUREN 11

Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

Page 12: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

R E S S O U R C E N E R A R B E I T U N G

In der Geschäftsordnung wird in der Präambelunter „Orientierung an Lebenswelt“ darauf hingewiesen, dass die gemeinsame Arbeit abzielt auf „eine Erschließung individueller, vonKindern, Jugendlichen und Familien nutzbarerRessourcen“ und „eine Intensivierung der Ressourcennutzung in der Fallarbeit“.

In der Fallarbeit ist gemäß Richtlinie § 36 SGB VIII Hilfeplan zu klären, „welche Hilfeleis-tung die Familie, die Kinder, Jugendlichen,junge Volljährigen wollen und was sie zur

Durchführung beitragen können. Die Hilfeleis-tung ist unter Bewertung des Willens, der Fähig-keiten und Ressourcen auszurichten“.

In der Fallunspezifischen Arbeit gehört es zuden Aufgaben, „mittels Entdecken, Benennenund Bearbeiten von sozialräumlich verortetenThemen und Ressourcen ein Ressourcen-netzwerk herzustellen und zu pflegen. Dabeisteht der präventive Aspekt der Vermeidung erzieherischer Hilfen im Vordergrund“.

Das Ressourcen- und lösungsorientierte Arbeiten fokussiert

auf und nicht auf

die Selbstständigkeit und Autonomie derKlient(innen)

den Auftrag der Klient(innen)

die Ressourcen der Klient(innen) - persön-lich, sozial, materiell, infrastrukturell - und ihresUmfeldes

die Erfolge der Klient(innen), denn diesemachen Mut, geben Kraft und die Zuversichtzum Weitermachen

die vielfältigen möglichen Handlungsschritte,die zur Lösung hinführen

die Zukunft mit der Frage: was will der/dieKlient(in)

die sozialen Rahmenbedingungen des Problems

den Dialog und die Verhandlung unterschiedlicher Sichtweisen

den eigenen Fachverstand mit der vermeint-lichen Fähigkeit, Lösungen für Klient(innen) zuentwickeln

die Aufträge anderer, wie z. B. Angehörige,Schulen, Nachbarn, Kindergärten, etcT

deren Defizite

deren Misserfolge

die eine richtige Lösung

die Vergangenheit mit einer (möglicher-weise) langen Problemgeschichte

individuelle psychologische Ursachen

pädagogisierendes und manipulierendesVerhalten

RESSOURCEN 12

Page 13: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

D A S 1 0 - M I N U T E N G E S P R Ä C H

Eine Möglichkeit, Informationen aus dem Stadtteil - aus der Lebenswelt - zu holen, ist das„10-Minutengespräch“ am Ende eines Fallgespräches.

Was ist los?Was gefällt Ihnen und was nicht?Was müsste sich verändern? Was haben Sie für Ideen dazu?

Hierbei spielt es eine wichtige Rolle, dass dasGegenüber erfasst, dass die Grundhaltung einechtes Interesse ist, etwas über seine Lebens-welt zu erfahren.

Wir unterscheiden in Anlehnung an Schütz dreiWissenstypen: Das Alltagswissen des „Mannesauf der Straße“, das umfassende Allgemein-wissen des „informierten Staatsbürgers“ unddas Detailwissen des „Experten“. Im Alltagsle-ben zeigt sich, dass unser individuelles Wissenimmer begrenzt ist auf ein etabliertes „SystemRelevanzen“, in dem Probleme und Lösungs-strategien weitgehend vordefiniert sind. Jeder ist bezüglich bestimmter Fragen Experte, gut informierte/r Bürgerin/Bürger und Frau/Mann aufder Straße zugleich. Expertenwissen ist ganzeinfach Insiderwissen. Es ist nur solchen Perso-nen verfügbar, die spezialisiertes Sonderwissenaufgrund ihrer Funktion haben (z.B. als Anwohner, Schüler, Spielplatzbesucher, usw.).

Einstieg

Mit einem Mundöffner einsteigen (einer leichtenFrage in den allgemeinen Gesprächsteil): z. B.nach der Wohndauer fragen, erklären, warumman Interesse an allgemeiner Information hat,Anliegen transparent machen.

Situation des Bürgers, der Bürgerin

Zunächst offene Fragen zur Lebenswelt stellen:

Wie gefällt es Ihnen hier im Stadtteil?Wie ist das Leben mit der Nachbarschaft? Was ist das Besondere am Gebiet xy? Was ist hier gut, was ärgert Sie? Was machen Sie besonders gerne hier?Was möchten Sie auf keinen Fall missen? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich

hier zurzeit?

Das heißt auch, keine Ja/Nein-Fragen (ge-schlossene Fragen) stellen, keine suggestivenFragen verwenden, keine Diskussionen begin-nen (sondern Haltungen verstehen wollen,warum mein Gegenüber bestimmte Ansichtenvertritt).

Themen sind zu konkretisieren, damit ein klaresBild der Sichtweise meines Gegenübers entsteht (nicht die genannten Stichworte wie„schlechter Spielplatz“ mit den eigenen Bildern füllen).

RESSOURCEN 13

Page 14: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

E R K U N D E N U N D C H E C K E N

Was macht Ihnen Spaß? Was machen Sie gerne?

Was können Sie besonders gut? WelcheHobbys haben Sie? Welche Interessen haben Sie?

Worüber freuen Sie sich? Worüber lachenSie? Was ist Ihnen ganz wichtig?

Was sind Ihre besonderen Fähigkeiten?

Wie ist Ihr Verhältnis zu XY?

Bei wem würden Sie sich Rat holen?

Wer sind Ihre Freunde? Was heißt Freund-schaft für Sie?

Welche Kontakte könnten Sie in dieser Situation unterstützen?

Zu wem gehen Sie gerne?

Mit wem haben Sie Spaß? Mit wem verbringen Sie gerne Ihre Zeit?

Wer hilft Ihnen in schwierigen Situationen?

Wenn Sie Unterstützung brauchen, an wenwenden Sie sich?

Wenn Sie Kummer haben, an wen wendenSie sich?

Mögen Sie Tiere? Wenn ja, welche?

körperliche Konstitution (körperlich fit, beweglich, gesund, körperliche Kräfte, etc.)

geistige Fähigkeiten (geistig beweglich, Ideenreichtum, Phantasie, Kreativität, etc.)

emotionale Fähigkeiten (emotionale Aus-drucksfähigkeit, Sensibilität, kontaktfreudig,etc.)

Bildung (Schulabschluss, Berufsabschluss,Hochschulabschluss, Qualifikationen, etc.)

eigene Motivation

eigene Erfahrungen

Glaubenssysteme

Beziehungen in der engeren Familie (Mutter, Vater, Geschwister, Stiefeltern, etc.)

Beziehungen im weiteren Familienkreis(Großeltern, Tante, Onkel, Cousin/e, etc.)

Beziehungen im Freundeskreis (sog. beste/rFreund/in, hilfreiche Freundschaften, etc.)

Beziehungen in der Nachbarschaft (Kon-takte zu Nachbarn, Unterstützung/Aushilfe,etc.)

Beziehungen zu einzelnen/mehreren Perso-nen (durch Vereine, Schule, Arbeit, etc.)

nützliche Beziehungen (nah und entferntwohnende Bekannte, die unterstützen/helfen)

Ressourcenerkunden und Ressourcencheck beziehen sich auf vier Bereiche: persönliche, soziale, materielle und infrastrukturelle Ressourcen.

Ressourcencheck

Ressourcencheck

Persönliche Ressourcen:

Soziale Ressourcen:

Fragebeispiel

Fragebeispiel

RESSOURCEN 14

Page 15: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Wie ist Ihr Einkommen/Ihre finanzielle Situation?

Wie sind Sie mit Ihrer finanziellen Situationzufrieden?

Wie sind Ihre Wohnverhältnisse?

Besitzen Sie ein Auto (Fahrrad, Mofa,Moped)?

Haben Sie Taschengeld? Was müssen Siedamit finanzieren?

Haben Sie ein eigenes Zimmer (Schreib-tisch, Computer)?

Welche Sozialen Dienste nutzen Sie?

Wie ist ihre Wohnsituation?

Welche Freizeitmöglichkeiten gibt es im Umfeld?

Welche Möglichkeiten bietet der Stadtteil,Ihren Interessen nachzugehen?

Wie ist die öffentliche Verkehrsanbindung?

Welche Einrichtungen unterstützen Sie?

In welche Einrichtung gehen Sie gerne?

Wo treffen Sie Ihre Freunde im Stadtteil?

Was kann man hier so unternehmen?

Wie ist die Einkaufssituation hier?

Welche Institutionen könnten bei demThema unterstützen?

Auf welche Angebote im Umfeld wollen Sienicht verzichten?

Wenn Sie hier wegziehen würden, auf waswollen Sie nicht verzichten?

finanzielle Situation (ausreichendes stabilesEinkommen, Sparbuch, etc.)

Besitz/Eigentum (Haus und Grund, Schrebergarten, etc.)

Wohnung (Größe, Mobiliar, technische Ausstattung, etc.)

Fortbewegungsmittel (Fahrrad, Mofa,Moped, Auto etc.)

Verkehr (ÖPNV-Anbindung, Wohn- undSpielstraßen, Parkplätze, etc.)

Einkaufsmöglichkeiten in der näheren Umgebung

Dienstleistungsangebote in ausreichenderForm (Ärzte, Ämter, Kindertagesstätten, etc.)

Spiel- und Freizeitmöglichkeiten (Spiel-plätze, Freizeiteinrichtungen, Vereine, etc.)

Schule und Ausbildung

Arbeitsplätze

Wohnen

Kommunikationsorte

Ressourcencheck

Ressourcencheck

Materielle Ressourcen:

Infrastrukturelle Ressourcen:

Fragebeispiel

Fragebeispiel

RESSOURCEN 15

Page 16: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S C H A U B I L D R E S S O U R C E N F I S C H E N

„Köderfragen“ „Fischerfragen“

Köderfrage Jemand

„beißt an“

In allen 4 Ressourcen-

bereichen fischen!

1. Nach Ausnahmen in

der Vergangenheit

fragen: Gibt es Situa-

tionen, in denen es

besser war?

2. Nach anderen

Bereichen fragen, in

denen es klappt: „Läuft

es woanders besser?“

3. Nach Personen

fragen, bei denen es

klappt: „Kennen Sie

jemanden, der es

hinkriegt?“

a) persönliche Ressorcen

„Was haben Sie da gemacht?“b) soziale Ressourcen

„Wer hat Ihnen geholfen?“c) materielle Ressourcen

„Welche Rahmenbedingungenwaren hilfreich?“d) infrastrukturelle

Ressourcen

„Welche Angebote/Institutionenhaben Sie da als hilfreich erlebt?“

a) „Was machen Sie da anders?“b) „Wer hilft Ihnen da?“c) „Was an Rahmenbedingun-gen ist da hilfreich?“d) „Welche Angebote/Institutio-nen finden Sie da nützlich?“

a) „Was würde die Personraten, was Sie tun müssten?“b) „Wer unterstützt diese Person dabei?“c) „Was sind für diese Personhilfreiche Rahmenbedingun-gen, dass es da klappt?“d) „Wo holt sich diese PersonUnterstützung?“

RESSOURCEN

„fischen“

„ja“

„ja“

„ja“

Nach: Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

RESSOURCEN 16

Page 17: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

C H E C K F Ü R D I E Z I E L E R R E I C H U N G

R E S S O U R C E N K A R T E

Persönliche Ressourcen

Welche Ideen haben Sie, wie Sie Ihr Ziel erreichen können?

Gab es schon mal ähnliche Situationen, dieSie gemeistert haben? Was haben Sie dagenau gemacht?

Stellen Sie sich vor, Sie könnten in die Zukunft schauen: Wie werden Sie die Situationin Ihrem Sinn verändert haben?

Wenn ich einen guten Freund/eine guteFreundin von Ihnen fragen würde, wie Sie dieSituation meistern können, was würde der/diemir sagen?

Haben Sie solche Situationen schon einmal inanderen Bereichen gemeistert? Wie haben Siees dort geschafft?

Gab es schon mal Zeiten, in denen Sie dieses Ziel erreicht hatten? Was haben Sie damals dazu beigetragen?

Welche Ihrer Fähigkeiten können Sie zur Zielerreichung einsetzen?

Soziale Ressourcen

Wer kann Ihnen jetzt helfen, Ihr Ziel zu erreichen?

Wer hat Ihnen früher in solch einer Situationschon mal geholfen?

Kennen Sie jemanden, der in diesem Gebietbesondere Fähigkeiten besitzt?

Wer aus der Familie/dem Freundeskreis/derUmgebung könnte Sie bei der Zielerreichungunterstützen?

Kennen Sie jemanden, der oder die so etwasschon erreicht hat?

Wer kann Ihnen Zugang zu notwendigem Material besorgen?

Wer könnte über Unterstützungsangebote Bescheid wissen?

Materielle Ressourcen

Welche hilfreichen Rahmenbedingungen gibtes, um das Ziel zu erreichen?

Welche Grundlagen sind hilfreich, auf die Siehierfür zurückgreifen können (Geld, Räume,Orte, Ausstattung, günstiger Zeitpunkt, Internet,Programme, etc.)?

Wie viel würden Sie sich die Zielerreichungkosten lassen?

Infrastrukturelle Ressourcen

Welche Angebote und Dienstleistungen können Sie hierfür in Anspruch nehmen?

Kennen Sie Angebote/Vereine/Initiativen, dieSie unterstützen können?

Waren früher schon einmal in diesem Bereich Angebote hilfreich?

Was kann ich (Fachkraft) zur Unterstützungbeitragen?

Was in Ihrer Umgebung könnten Sie zur Zielerreichung nutzen?

Wo könnte ich mir im Stadtteil/Dorf das holen,was Sie an materiellen Dingen benötigen?

Auf welche Angebote haben Bekannte in soeiner Situation zurückgegriffen?

Für das Festhalten der Ressourcen ist die Ressourcenkarte (siehe Anlage 10 der Richtlinie § 36 SGB VIII Hilfeplan) vorgesehen. Die Ressourcenkarte ist ein Arbeitsmittel derFachleute und wird generell für das Sozialraum-team ausgefüllt und regelmäßig aktualisiert.

Wichtig für das Festhalten der Ressourcen ist,dass dies prozesshaft laufend geschieht. Aus den jeweiligen Gesprächen mit den Betrof-fenen sind die Ressourcen zu sammeln und beider Erarbeitung und der Umsetzung von Zielenabzuklären, welche Ressourcen für das jewei-

lige Ziel genutzt werden könnten. In der Auswer-tung bzw. Fortschreibung der Hilfeplanung(siehe Anlage 15 der Richtlinie § 36 Hilfeplan)ist zu erfragen, welche Ressourcen in den ein-zelnen Bereichen (persönlich, sozial, materiellund infrastrukturell) genutzt wurden.

RESSOURCEN 17

Page 18: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S C H A U B I L D R E S S O U R C E N O R I E N T I E R U N G

Grafik: Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

RESSOURCEN 18

Page 19: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

W I L L E U N D Z I E L E

Im Leistungsbereich sind die Willensklärungund die Zielformulierung der Betroffenen die Voraussetzung dafür, ob und wie eine Maß-nahme durchgeführt wird.

Im Graubereich ist die Mitwirkungsbereitschaftund im Gefährdungsbereich der Kooperations-wille ausschlaggebend für die Erreichung derAufträge und Auflagen (vgl. Abschnitt „Einschät-zung in die Bereiche“).

Wille

Zu Beginn eines Beratungskontaktes mit einemhilfesuchenden Menschen/einer hilfesuchendenFamilie ist von der ASD-Fachkraft zu klären, obdie Ratsuchenden etwas an ihrer Situation ver-ändern wollen.

Hierbei gilt es, gemeinsam mit den Klient(innen) herauszufinden, was genau und mit welcherPriorität verändert werden soll. In der Gesprächssituation wird herausgearbeitet, welcher konkrete Wille hinter vielleicht zunächst eher diffus geäußerten Änderungs-wünschen liegt.

Insbesondere im Leistungsbereich ist darauf zuachten, dass Grundlage für die Herausarbeitungdes konkreten Willens der Betroffenen einzigderen eigene Motivation ist und nicht die nachprofessionellen Vorstellungen notwendigen Veränderungen der Situation. Der differenziertgeäußerte Wille der Betroffenen macht in derRegel schon die Richtung der Veränderungdeutlich und bereitet die Grundlage für die darauffolgende Zielerarbeitung.

Nicht jeder von einem Ratsuchenden geäußerteWille muss von Seiten der ASD-Fachkraft unter-stützt oder erfüllt werden. Der geäußerte Willemuss mit Funktion und Auftrag der Fachkraftübereinstimmen (der ASD ist beispielsweisenicht zuständig für die von einer Familie mögli-cherweise gewollte Schaffung eines neuenSpielplatzes im Wohngebiet). Stimmen Willeund Auftrag überein, ist dies die Basis für dieweitere Zusammenarbeit.

Das methodische Vorgehen bei der Erarbeitungdes Willens bedeutet ...

sich nicht an den Schuldzuschreibungen derBetroffenen beteiligen

die Hoffnungslosigkeit der Betroffenen akzep-

tieren und anregen, den Blick in die Zukunft zurichten

die Betroffenen motivieren, Situationen zu be-nennen oder sich vorzustellen, in denen dasProblem nicht auftritt

die Betroffenen motivieren, Handlungen undkeine Etiketten zu beschreiben

die Betroffenen ermutigen, zu beschreiben,was funktioniert oder funktioniert hat

Metaphern oder Beispiele aus der Lebensweltder Betroffenen verwenden

Es ist zu bedenken, dass auch der Wille von beteiligten Kindern und Jugendlichen in alters-gemäßer Form Berücksichtigung finden soll.Allzu oft wird der „Wille einer Familie“ formuliert,der möglicherweise nur den Willen eines (domi-nierenden) Elternteils widerspiegelt.

Abschließend ist festzustellen: Wenn jemandnichts verändern will, erfolgt auch keine Ziel-erarbeitung.

Ziele

Richtungsziele sind ausschließlich durch die Betroffenen zu formulieren. Sie beschreibeneinen positiven zukünftigen Ist-Zustand, der innerhalb einer bestimmten Zeit realistisch zuerreichen ist. Dabei ist die Herausarbeitung derpersönlichen, sozialen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Ressourcen zwingend not-wendig, um die Betroffenen in ihrer Lebensweltwahrzunehmen und ihnen ihre eigenen hilfreichen Ressourcen bezogen auf die Ziel-erreichung zu verdeutlichen (vgl. Kapitel „Ressourcen“).

Es wird unterschieden zwischen persönlichenZielen und gemeinsamen Zielen. Eine Familiekann z. B. gemeinsame Ziele für alle Familien-mitglieder formulieren (in drei Monaten habenwir es geschafft, mindestens einmal wöchentlicheinen gemeinsamen Spieleabend miteinanderzu verbringen).

Aber auch jedes Familienmitglied kann für sicheigene Ziele benennen (in drei Monaten habeich es geschafft, mindestens einmal wöchentlichdrei Stunden Zeit für mich alleine zu haben). Richtungsziele sind Oberziele, die in der Bear-beitung in Handlungsziele (Nahziele) und Hand-lungsschritte (kurzfristiges Alltagshandeln)unterteilt werden.

FALLARBEIT 19

Page 20: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

In der Regel werden maximal drei Richtungs-ziele benannt. In den Erstkontakten des ASD mit den Betroffenen werden diese herausgear-beitet. Sollte für die Umsetzung der Richtungs-ziele eine Jugendhilfemaßnahme notwendigsein, so obliegt es dem Träger im Verlaufe derzeitlich festgelegten Maßnahme von neun

Monaten die Richtungsziele durch Handlungs-ziele und Handlungsschritte zu konkretisierenund ggf. neue oder veränderte Richtungszielemit den Betroffenen zu formulieren. Diese sindals Grundlage für das kommende Hilfeplange-spräch zu nehmen.

S T U F E N M O D E L L Z U R Z I E L E R R E I C H U N G

RICHTUNGSZIELE= positiver zukünftiger Zustand laut Standards

Die Terminierung entspricht der jeweiligenpersönlichen Situation der Betroffenen, diemit dem Planungshorizont der Institution(z.B. 3 Monate oder 6 Monate) vereinbarsein sollte

HANDLUNGSZIELE= erreichte Zwischenzustände durch konkretisiertes Tun

Was alles in den nächsten Wochen undMonaten getan ist, um das Richtungsziel zuerreichen

HANDLUNGSSCHRITTE= konkretes Alltagshandeln, das kurzfristigumgesetzt wird

Methodisches Vorgehen

Formulierungen für Richtungsziele sind:positivkonkret und klarrealistisch (erreichbar)terminiertverständlich für die Betroffenen (ggf. in deren

Worten formuliert)bei mehreren Zielen sind diese

priorisiert (Nummerierung)

FALLARBEIT 20

Kriterien für die Zielerarbeitung

Für die Betroffenen ist das Richtungsziel:wichtigdie Umsetzung liegt in den eigenen Händen

(aktive Rolle)realistisch und erreichbar positiv und konkret

Hilfreiche Anregungen zur Erarbeitung

von Zielen

Klagen spezifizieren und zu konstruktiver

Page 21: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Veränderung durch eigenes Tun ermutigendas finden, was funktioniert oder funktioniert

hatdie zu erreichenden Ziele in der Phantasie

vorwegnehmenunklare Ziele konkretisieren und/oder

quantifizierenPrioritäten setzen lassenkonstruktive Fragen zum Ausgangszustand,

Fragen zum erwünschten zukünftigen Zustandund Fragen zu den für die Zielerreichung relevanten Ressourcen stellen

Fragen zum Ausgangszustand

Beispielfragen an eine 16-jährige Jugendliche:Angenommen, Du möchtest, dass die Situa-

tion so bleibt, wie sie ist/sich verschlimmert, was müsstest Du tun?

Angenommen, Du möchtest, dass alle von Dirdenken, dass Du unbedingt Hilfe brauchst, wasmüsstest Du tun?

Wenn ich Deine Mutter (einen Freund, eineNachbarin) fragen würde, was Dein Problem ist,was würde sie sagen?

Fragen zum erwünschten

zukünftigen Zustand

Was soll anders werden?Wie wird Deine Situation aussehen, wenn die

Veränderung eingetreten ist?Wie viel Prozent Veränderung würde Dir

genügen?Wenn Du nicht mehr... machst, was wirst

Du stattdessen tun?Wenn es Dir nicht mehr... geht, wie wird es

Dir dann gehen?Gibt/gab es Zeiten, in denen die Situation so

ist/war, wie Du sie gerne hättest?Wie ist/war das?Wie hast Du Dich gefühlt/wie geht es

Dir dann?Woran haben die Anderen gemerkt/woran

merken die Anderen, dass das Problem nicht dawar/ist?

Woran wirst Du zuerst merken, dass die Situation beginnt, sich zu verändern?

Woran werden es andere merken? Wie erkenne ich und wie erkennen andere, dass DuDein Ziel erreicht hast?

Fragen zu den für die Zielerreichung

relevanten Ressourcen

Gab es schon mal ähnliche Situationen, dieDu gut gemeistert hast?

Was hast Du genau gemacht?Was oder wer hat Dir geholfen?Was würde Dir am meisten helfen, damit das

eintritt, was Du Dir vorstellst?Wer kann Dir in der momentanen Situation

am besten helfen?Wenn ich einen guten Freund/eine gute

Freundin von Dir fragen würde, ob und wie Du die Situation meistern kannst, was würdeer/sie mir sagen?

Stell Dir vor, Du könntest in die Zukunftschauen, wie würdest Du die Situation in Deinem Sinne verändert haben?

Welche Unterstützung würdest Du von anderen Personen zur Zielerreichung benötigen?

Welche äußeren Umstände wären hilfreich zur Zielerreichung?

Die Hilfe kann in der Regel meist nur dann erfolgreich sein, wenn die Betroffenen einen klaren eigenen Veränderungswillen haben unddie Ziele darauf basierend von ihnen selber formuliert werden.

FALLARBEIT 21

Page 22: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

L Ö S U N G S O R I E N T I E R T E G E S P R Ä C H S F Ü H R U N G

Grafik: Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

FALLARBEIT 22

Schaubild „Lösungsorientierte Gesprächsführung“

Page 23: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A U F M E R K S A M K E I T S R I C H T U N G ( A M R )

Aufgrund der Komplexität und der unterschied-lichen Prozesse eines Fallverlaufes ist es Zielder Formulierung der AMR, einen Schritt in derFallarbeit weiterzukommen.

Die Aufmerksamkeit der Gruppe wird auf einenTeilaspekt der Arbeit gelenkt, auf die nächstenHandlungsschritte, auf die eigene Funktion, aufdie Sammlung von Ideen. Die AMR benenntklar, worum es dem/der Fragenden bei der Bearbeitung geht.

Eine Aufmerksamkeitsrichtung ist formuliert alsoffene Frage an einem bestimmten Punkt derfallspezifischen oder fallunspezifischen Arbeit (s. Schaubild Kreislauf).

Die Ausnahme ist die Entscheidungsfrage, dieimmer mit der Folgefrage in Verbindung tritt:

„Warum ja? Welche Ideen? Oder warum nein?Mit welchen Alternativen?“ Bei Entscheidungs-fragen gibt jeder sein Votum.

Grundregeln zur Aufmerksamkeitsrichtung

die Aufmerksamkeitsrichtung muss von derGruppe bearbeitbar sein

die Aufmerksamkeitsrichtung bezieht sichkonkret auf einen bestimmten Punkt im Kreislaufder fallspezifischen Arbeit

bei Entscheidungsfragen müssen Begründun-gen und Alternativen erfragt werden

höchstens zwei zusammenhängende offeneFragen stellen

die Aufmerksamkeitsrichtung muss einenBezug zur Funktion der Fachkraft haben(keine Supervisionsfragen)

Exemplarische Aufmerksamkeitsrichtungen:

Punkt (roter Klebepunkt) bei IST-Situation(siehe Schaubild Kreislauf)

Fragemöglichkeit bei unklarer Einordnung in die Bereiche (Risikoeinschätzung/Fall-einordung)

Punkt vor Ziele

Das wichtigste Thema und Zielesollen erarbeitet werden

Punkt vor Lösungswege vonMaßnahmen/Lösungswegen

Die „18 Uhr-Frage“ (die Fach-kraft will Ideen für vielfältige Lösungswege)

Vor dem Hintergrund der augenblicklich vorhandenenIndikatoren im Fall Familie XY bezogen auf die Gefährdungsbereiche (seelische Verwahrlosung undkörperliche Gewalt) wie würdet Ihr den Fall einordnen:

a) im Leistungsbereich? Mit welcher Begründung?

b) im Graubereich? Mit welcher Begründung?

Und wie würdet Ihr dementsprechend weiter vorgehen? Im Gefährdungsbereich? Mit welcherBegründung?

Welche Ideen habt Ihr, wie mit Jenny (14 J.) innerhalbvon 4 Wochen Ziele erarbeitet werden können und aufwelche Ressourcen sie bei den Zielerarbeitungen zurückgreifen kann (Stolperstein: sprunghafterWille/unklares Thema)

Welche Möglichkeiten seht Ihr, wie Frau XY ihr Ziel erreichen kann (Ziel: siehe unten) und auf welche Ressourcen (incl. der Sozialraumressourcen, die Ihrkennt) würdet Ihr zurückgreifen?

Welche Ideen habt Ihr, wie XY seine/ihre Ziele(oder/und: Aufträge oder Auflagen) erreichen kann?

Fortsetzung auf der nächsten Seite

FALLARBEIT 23

Page 24: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Fortsetzung

Punkt vor Erteilen von Auflagen/Aufträgen Frage im Gefährdungs- oder Graubereich

Bezogen auf die vorhandenen Indikatoren der Kindes-wohlgefährdung im Bereich „körperliche Gewalt, Aufsichtspflichtverletzung“ – welche konkreten Auf-lagen und Aufträge würdet Ihr im Fall XY erteilen?

Exemplarische Aufmerksamkeitsrichtungen bei Wiedervorlagen

im Sozialraumteam:

Punkt bei IST - Situation

Fragemöglichkeit bei unklarerEinordnung in die Bereiche (erneute Risikoeinschätzung/Falleinordnung)

Punkt vor Lösungswege (Leistungsbereich)

Vor dem Hintergrund der neuen Informationen seitensder Mutter bezogen auf mögliche Indikatoren einerKindeswohlgefährdung von Kevin (2 J.) - der Vaterschlägt das Kind ab und zu - ist der Fall jetzt noch einzuordnen ...... im Leistungsbereich? Mit welcher Begründung?

... oder im Graubereich? Mit welcher Begründung?

Wie würdet Ihr dementsprechend weiter vorgehen?

Soll die vorhanden Hilfe im Fall XY in der vorhandenenForm verlängert werden? Wenn ja, warum?

Welche Anregungen habt Ihr dazu? Wenn nein, warum nicht?

Welche Ideen zu alternativen Vorgehensweisen habt Ihr?

Haltet Ihr den vor 6 Monaten vereinbarten „Hilfemix“aus SPFH und EB noch für geeignet, Herrn und FrauA. und M. bei ihrer Zielerreichung zu unterstützen? (Stolperstein: Interkulturelle Verständigungs-schwierigkeiten)

Wenn ja, warum? Welche Anregungen habt Ihr für dasweitere Vorgehen?

Wenn nein, warum nicht? Welche alternativen Ideenhabt Ihr?

Seht ihr Alternativen zur derzeitigen Hilfe? Wenn ja,welche? Wenn nein, warum nicht?

FALLARBEIT 24

Page 25: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Punkt vor Lösungswege (Graubereich)

Punkt bei Durchführung (Leistungsbereich)

Punkt bei Ergebnisauswertung(Leistungsbereich)

Wie kann im Fall X (12 J.) die anstehende Rückfüh-rung in den Haushalt der Mutter ausgestaltet werden?Und wie kann dabei überprüft werden, ob der Jungedort sicher ist vor körperlicher Gewalt und Aufsicht gewährleistet ist?

Stolperstein: Gefährdungsindikatoren waren damalskörperliche Gewalt durch Lebensgefährten bei Konflik-ten und Aufsichtspflichtverletzung (der Lebensgefährtelebt nicht mehr in der Wohnung, aber Mutter ist nochmit ihm befreundet)

Wie würdet Ihr damit umgehen, dass Frau X ihre vereinbarte Mitwirkung in den schulischen Angelegen-heiten von Jennifer (12 J.) im Rahmen der Hilfe Tnicht einhält? (Stolperstein: mehrmalige Versuche derAufforderung und der Klärung haben nicht gefruchtet)

Wie würdet Ihr damit umgehen, dass die InstitutionTden Jugendlichen X (16 J.) aus der Wohngruppe„Waldhaus“ rausschmeißen will, weil er mehrmals gekifft und Erzieher beleidigt hat?

Soll die Hilfe in dieser Form beendet werden? Wenn ja, warum?

Welche Ideen zum Ausstieg habt Ihr? Wenn nein,warum nicht?

Wie kann das weitere Vorgehen aussehen?

Verbotene Aufmerksamkeitsrichtungen:

Welche Hilfe ist für XY die richtige/geeignete Hilfe?Welche Unterstützung braucht XY?Wie kann Familie XY unterstützt werden, ihr Ziel zu erreichen?Ist in diesem Fall eine Jugendhilfeleistung XY erforderlich?Welche Hilfsangebote kann das Sozialraumteam der Familie XY anbieten?

FALLARBEIT 25

Page 26: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S T A N D A R D S U N D V E R F A H R E N S S C H R I T T E

Lüttringhaus/Streich- Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen (ISSAB)

Hinweise zur Aufmerksamkeitsrichtung (AMR)

AMR muss von der Gruppe bearbeitbar seinAMR muss präzise sein, um verstanden zu werdenBei Entscheidungsfragen ist nach Kriterien (Begründungen) und

alternativen Vorgehensweisen gefragtHöchstens zwei zusammenhängende offene Fragen stellenAMR muss einen Bezug zur Funktion der Fachkraft (keine Supervisionsfragen!) haben.

FALLARBEIT 26

Page 27: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

K O L L E G I A L E B E R A T U N G

Kollegiale Beratung ist eine Methode zur strukturierten Fallberatung. Sie findet in einerüberschaubaren Gruppe mit einem begrenztenZeitbudget nach einem festgelegten Ablauf-schema statt. Die Kollegiale Beratung bietet dieChance, Lösungen mit erweiterten und/oderneuen Gesichtspunkten für die Alltagspraxis zu finden.

In der Sozialraumarbeit hat die Kollegiale Beratung eine entscheidende Bedeutung. In der Geschäftsordnung ist festgelegt, dass die Bearbeitung eines Falles im SRT im Rahmeneiner Kollegialen Beratung erfolgt. Es ist auchaufgeführt, welche Fälle hiervon ausge-schlossen sein können.

Die Anwendung der strukturierten Reflexions-methode Kollegiale Beratung ist auch in folgenden Richtlinien vorgeschrieben:

Richtlinie zum § 36 SGB VIII bei derEntscheidungsvorbereitung im Hilfeplanverfahren

Richtlinie MinderjährigenschutzVerfahrensrichtlinien der Träger der freien

Jugendhilfe

Die Kollegiale Beratung ist keine Supervision.Persönliche Entscheidung und Abwägungen(z.B. über persönliche Belastungsgrenzen oderpersönliche Verwicklungen) sind kein Themader Kollegialen Beratung.

In der Kollegialen Beratung geht es um eine respektvolle und konstruktive Zusammenarbeitunter KollegInnen. Praktiziert werden unterstüt-zende Formen der Zusammenarbeit, die dieEntwicklung von Lösungen beinhalten und nichtdie Vermittlung von Lösungsrezepten. Vorschnelle Bewertungen, Beurteilungen und Interpretationen finden hier keinen Platz.Im Vordergrund steht die Bündelung von Fähig-keiten der TeilnehmerInnen bei gleichzeitigerAkzeptanz von Unterschiedlichkeiten. Es gehtnicht um die Haltung des „Wissenden“ zum„Nichtwissenden“, sondern um ein Ergänzenvon Wissen aller Beteiligten. Anbieten statt Aufdrängen ist das Motto. Ziel der kollegialenBeratung ist eine adäquate Hilfe für die Betroffenen zu finden. Fallbeschreibungen erfolgen unter effektivenGesichtspunkten. Hierbei sind wesentlich:

Klarheit, Kürze, Gliederung, geordnete Darstel-lungsform in einem zuvor festgelegten Zeit-rahmen. Die Kollegiale Beratung arbeitet mitZielen, Aufträgen, Auflagen und einer Aufmerk-samkeitsrichtung. Das differenzierte Benennenvon zuvor mit den Betroffenen erarbeiteten Zielen und Blickrichtungen ermöglicht ergebnis-orientiertes Arbeiten.

Die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme soll indie Kollegiale Beratung einfließen, um sich derLebenslage einer anderen Person zu nähernund dementsprechend Hilfeformen zu gestalten.Bei der Suche nach kreativen Lösungswegengeht es um die Belebung von Potenzialen; dasheißt auch Denken ohne Beschränkungen zuzulassen.

Die Ziele der Kollegialen Beratung:

Reflexionen sind zielgerichtet durchgeführtEigene Wahrnehmungen, Deutungen und

Handlungsschritte im Berufsalltag sind über-prüft, ggf. differenziert und erweitert worden

Diffuse und konflikthafte Arbeitssituationensind geklärt

Situationsgerechte kreative Lösungen sindentwickelt

Ein breites Spektrum im Denken und Handeln ist entwickelt

Kollegialität ist gefördert

Zur Vorbereitung der Kollegialen Beratung sindfolgende Unterlagen erforderlich:

AMRFalldarstellung (evtl. Namensänderung)GenogrammRessourcenkarte

Für die Durchführung der Kollegialen Beratungim SRT sind folgende Funktionen vorgesehen:

ModerationFalldarstellerInPerspektivwechslerInProtokollführerInVisualisiererInBeratungsteamund ggf. zusätzlichen Fachkräfte

(z.B. betreuende Institutionen)

Fortsetzung nächste Seite

FALLARBEIT 27

Page 28: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Zur Durchführung der Kollegialen Beratung sindfolgende Rahmenbedingungen zu beachten:

Die AMR (Aufmerksamkeitsrichtung) kann voneiner zweiten Person vor der Kollegialen Beratung überprüft werden.

Die Fallpräsentation wird in wesentlichen Punkten visualisiert:

das Genogramm ist auf die AMR ausgerichtetund bezogen auf Beziehungen, Besonderheiten, etc. markiert

eine Ressourcenkarte mit den vier Ressourcenbereichen ist erstellt

die Ressourcen, die sich auf die AMR beziehen, sind in der Ressourcenkarte gekennzeichnet

im Leistungsbereich sind die vorhandenenRichtungsziele visualisiert

im Grau- oder Gefährdungsbereich sind bisherige konkrete Aufträge bzw. Auflagen visualisiert

Der/die FalldarstellerIn weiß welche Rolle in derKollegialen Beratung als PerspektivwechslerInbesetzt wird und hat drei markante Sätze zurentsprechenden Typbeschreibung vorbereitet.

Im Besprechungsraum hängen große Plakatezu den Arbeitsbereichen:

ressourcenorientierter Kreislauf ressourcenorientierte Überprüfung im

Graubereich undressourcenorientiertes Vorgehen im

Gefährdungsbereich

mit einem roten, flexibel einsetzbaren Punkt zurStandortbestimmung.

Die Checkliste zur Überprüfung der AMR liegtfür alle TeilnehmerInnen bereit (in laminierterForm). Dies ist wichtig, damit die TeilnehmerIn-nen ihre Funktion ohne Zeitverlust übernehmenkönnen.

Die Ressourcenorientierung (Schleifenfolie) istauf der Rückseite und dient auf der Handlungs-ebene als Grundlage dafür, dass alle Ebenenbei der Suche nach Lösungswegen berücksich-tigt werden. ModeratorIn und ProtokollführerInsind rechtzeitig bestimmt.

Der/die Moderator(in) hat das Ablaufschema vorBeginn der Kollegialen Beratung zur Hand. Entsprechend dem Ablaufschema der Kollegia-len Beratung bzw. der Kurzberatung (VordruckKoBer20, bzw. 21) wird nach dem Check derVerfahrensschritte und AMR die Falldarstellungvorgenommen.

Nach der Falldarstellung hat das Team die gleiche Zeit, Informationsfragen zum Fall zu stellen. Das Team geht in die Ideensammlungund beantwortet damit die AMR.

Nach der Bearbeitung der Handlungsebeneschaltet sich der/die Falleinbringer(in) wiederein. Es werden mögliche Vorgehensweisen konkretisiert (Ideenkorridor).

Ziel der Kollegialen Beratung sind konkrete Planungen bzw. Entscheidungen für eine Hilfe.Bei Entscheidungsfragen wird ein Konsens herbeigeführt.

Zum Schluss erfolgt die Reflexion der Fallbe-sprechung (siehe hierzu KoBer22).

Die Prozessreflexion dient dazu, die Zusam-menarbeit auf förderliche und hinderliche Aspekte hin zu überprüfen, um mehr Sicherheitbei der Anwendung der Methode zu gewinnen.

Wird kein Konsens gefunden, ist gemäß derGeschäftsordnung die Hierarchie hinzuzuziehen(siehe GO, Punkt 5 Entscheidungsabläufe, Verfahren in Konfliktfällen). Im Nicht-Konsensfallist das Beratungsprotokoll den Unterlagen „Entscheidungen im SRT“ beizufügen. Die Bezirksjugendamtsleitung genehmigt dieHilfe auf dem Entscheidungsbogen mit Verweisauf das Ergebnis im Beratungsprotokoll.

FALLARBEIT 28

Page 29: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

S C H A U B I L D L E I S T U N G S B E R E I C H

F R A G E N L I S T E G R A U B E R E I C H

FALLARBEIT 29

Grafiken: Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

Page 30: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

F R A G E N L I S T E G E F Ä H R D U N G S B E R E I C H

FALLARBEIT 30

Lüttringhaus/Streich (Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Duisburg-Essen, ISSAB)

Page 31: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

M O D E R A T I O N

Zum Standard eines jeden Sozialraumteams gehört die wöchentliche Teamsitzung, die füralle Mitglieder des Sozialraumteams verpflich-tend ist. Der Zeitrahmen ist im Kooperations-vertrag festgelegt.

Die Moderation ist für das Gelingen des Sozial-raumteams von zentraler Bedeutung.Es ist wesentlich, die Moderatorin/den Modera-tor in ihrer/seiner Rolle zu unterstützen.

Im Rahmen der Sitzung werden fallspezifischeVorhaben (Modul I) und fallübergreifende/fallun-spezifische Vorhaben (Modul II) im Kontext„HzE“ behandelt. In jeder Sitzung des Sozial-raumteams gibt es verpflichtend den Tagesord-nungspunkt „Informationen aus demSozialraum“. Dieser dient dem Informationsaus-tausch, der Ideenentwicklung für fallvermei-dende, fallübergreifende Projekte, demErkennen von Ressourcen im Sozialraum und der Strategieentwicklung zu deren Mobilisierung.

Die Moderation wird im Wechsel von den Mit-gliedern des Sozialraumteams übernommen.Die Moderation unterteilt sich in die BereicheLeitung der Teamsitzung und Leitung der Kollegialen Beratung bei den Falleinbringungen.

Alle Sitzungen des Sozialraumteams sind zu dokumentieren (siehe hierzu Vordruck: „Proto-koll, Sitzungen, Team“). Das Protokoll wird imWechsel von allen Mitgliedern des Sozialraum-teams gefertigt. Falleinbringung und Protokoll-führung werden nicht von derselben Persondurchgeführt.

Die Aufgabe der Moderation ist, dafür Sorge zutragen, dass der vorgesehene Ablauf (Informa-tion aus dem Sozialraum, fallübergreifende Arbeit, Falleinbringung) zeitlich strukturiert abläuft, die Standards (Genogramm, Flipchart,Stifte, Notizen) und Regeln eingehalten werden.

Moderationsregeln

Für die Moderation der kollegialen Fallbespre-chung ist darauf zu achten, dass folgende Regeln eingehalten werden:

Klärung der AufmerksamkeitsrichtungFalleingabe - Kriterien und Aufmerksamkeits-

richtung beachten

Zeitstruktur beachten und benennenkeine persönlichen Angriffe zulassenkeine Anordnungen zulassen (Muss-Äuße-

rungen)Ressourcenorientierung im Blick behaltenauf das „Wie“ achten (konkretisieren)Ideen nicht abblocken, statt dessen Raum

lassen und fördernden roten Faden (Aufmerksamkeitsrichtung)

nicht verlierenalle Gruppenmitglieder wie Perspektiven-

wechsler(in) aktivierenZusammenfassungen in und nach den

Phasen gebenÜbergänge zur nächsten Phase deutlich

machenauf konkrete Vereinbarungen achten

Zu der Rolle der Moderation gibt es eine Beschreibung unter „Kollegiale Beratung“ bzw.„Kollegiale Kurzberatung“ (Schema KoBer20und KoBer21).

Wie kann durch die Moderation der Prozesskreativ gefördert werden?Der Prozess, Ideen zu entwickeln bzw. möglichekreative Lösungswege für eine Problemstellungaufzuzeigen, steht oft unter den vielen Zwängenunseres Alltagshandelns. Negative Erfahrungenund dadurch bedingte Skepsis schränken dieKreativität oft ein. Es gilt, sich zunächst „von derSchere im Kopf“ zu lösen.

FALLARBEIT 31

Page 32: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A U F G A B E N D E R M O D E R A T I O N

Entscheidungsfindung

In der Kollegialen Beratung werden zuerst dieeben genannten Funktionen im Team verteilt.Der Moderator/die Moderatorin sorgt dafür, dassdie Perspektivwechsler über die Person, derenRolle sie übernommen haben, informiert werden.

Die Moderation hat dann die Aufgabe, die Standards und Verfahrensschritte zu checken:

Ist der Arbeitsbereich klar?An welchem Punkt des ressourcenorientier-

ten Vorgehens steht die Fall eingebende Fachkraft?

Ist die Frage an diesem Punkt richtig verortet?

Wurden bei dieser Verortung die vorausge-gangenen Verfahrensschritte eingehalten?

Weiterhin wird die Aufmerksamkeitsrichtung geprüft:

Ist die AMR von der Gruppe zu bearbeiten?Ist die AMR präzise genug formuliert, um

verstanden zu werden? Bei Entscheidungsfragen müssen Begrün-

dungen und Alternativen erfragt werdenEs sind höchstens zwei zusammenhängende

offene Fragen gestelltHat die AMR einen Bezug zur Funktion der

Fachkraft? Es ist keine Supervisionsfrage?

Die Moderation hat gemäß dem Kreislauf vorder Situationserfassung mit dem Team zu prüfen:

Ist klar, um welches konkrete Thema (Situa-tion/Bereich) es den jeweiligen Personen geht?

Ist der Auftrag, bezogen auf die Funktion, geklärt?

Ist die Einordnung in den Arbeitsbereich klar?

Im Leistungsbereich ist beim Check u.a. zu prüfen:

Ist geklärt, wer was verändern will?Sind die Richtungsziele klar?Sind Ressourcen, bezogen auf die Ziele,

erkundet?

Im Graubereich wird geprüft:

Ist die Mitwirkungsbereitschaft der Personen-sorgeberechtigten zur Überprüfung der Ursachen bzw. Auswirkungen der gemeldetenSachverhalte vorhanden?

Sind die Aufträge klar und eindeutig?Sind die Ressourcen, bezogen auf die

Aufträge, erkundet?

Im Gefährdungsbereich wird geprüft:

Ist der Kooperationswille abgeklärt?Sind die Auflagen klar und eindeutig zur Ab-

wendung der Kindeswohlgefährdung benannt?Sind die Ressourcen, bezogen auf die

Auflagen, erkundet?

Weiterhin ist zu beachten ...

eine Stimmung zu fördern, die die Teilneh-mer(innen) ermutigt, in der Brainstormingphase„frei“ zu denken (darauf hinweisen, dass sichdiese Phase durch positives Denken auszeich-net, dass „rumspinnen“ hilfreich ist, dass abwe-gige Ideen zum Durchbruch verhelfen können,dass freies Gedankenspiel dadurch angeregtwird, dass es leichter ist, Ideen auf den Bodenzurückzuholen als sie „hochzudenken“)

darauf zu achten, dass der kreative Prozessnicht durch Kritik, Bedenken und Beurteilung anderer Teilnehmer(innen) zerstört wird (immerwieder gegen das berühmt-berüchtigte „dasgeht doch nicht“ eintreten)

bei der Sammlung möglicher Ideen deutlichzu machen, dass es noch nicht darum geht, zuüberprüfen, was möglich ist und zu selektieren,was verwirklicht werden soll, sondern zunächstIdeen zu sammeln (erwünscht sind viele Vorschläge; nicht bei der ersten Idee hängen bleiben)

einen Bezug zu den vorhandenen Ressour-cen und dem Willen der/des Betroffenen herzu-stellen bzw. auf Ressourcen hinzuweisen (dabeisind die Ressourcen und die Ideen zu visualisieren)

abzufragen, in welche Richtung nach demBrainstorming konkreter weitergedacht werdensollte, wie man evtl. einzelne geäußerte Ideenkombinieren kann

den konkreter gewordenen Ideenfundus indie Phase der weiteren Konkretisierung zu über-führen

FALLARBEIT 32

Page 33: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

In das SRT werden Anregungen zur Einrichtungeines Projektes von den Teammitgliedern eingebracht. Hierfür gibt es Orientierungshilfenfür die Moderation der Teamsitzung:

1. Wenn Ihr an Eure Fallarbeit denkt, fallenEuch dann ...

Phänomene wiederholt auf?Themen ein, die Euch öfter begegnen?Situationen auf, die Ihr häufiger beobachtet?Erklärungsmuster für die Problemzustände

ein, die auf den Sozialraum verweisen?Klagen von Betroffenen ein, die Ähnlichkeiten

aufzeigen?Beispiele ein, wie Ihr in der Fallarbeit Res-

sourcen aus dem Sozialraum nutzen konntetRessourcen ein, die von den Leuten direkt

genannt wurden?Zusammenhänge auf zwischen uns vorlie-

genden Daten (z.B. Sozialbericht, Gesundheits-bericht, Kriminalitätsstatistik, Armutsbericht,etc.) und Informationen von bzw. Erfahrungenmit unseren Klient(innen)?

Lösungswege ein, die wir nicht gestaltenkonnten, da entsprechende Ressourcen nichtaktiviert werden konnten oder fehlten?

2. Wenn Ihr an die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und/oder innerhalb vonGremien im Sozialraum denkt, fallen Euch dann ...

Anliegen ein, die von anderen Institutionen(häufiger) genannt oder an uns herangetragenwerden?

Klagen ein, die mit unseren Adressat(innen)zu tun haben?

Phänomene ein, die andere Mitarbei-ter(innen) aus ihrem Arbeitsalltag berichten undunseren Arbeitsalltag auch berühren?

Ressourcen ein, die kundgetan wurden undfür unsere Arbeit relevant sein könnten?

Erfahrungen von oder mit Institutionen ein, von denen wir lernen können?

Veranstaltungen ein, bei denen wir uns einklinken sollten?

Personen mit besonderen Fähigkeiten(Schwerpunkten) ein, die für unsere Arbeit interessant sein könnten?

Personen ein, die gute Kontakte haben zuT?Angebote, Räumlichkeiten ein, von denen wir

noch nichts wussten?

3. Sonstiges:

Welche interessanten Informationen gibt esaus Zeitungen, Gesprächen mit Bürger(innen)aus dem Sozialraum?

Ist Euch beim Aufenthalt im Sozialraum etwasaufgefallen, was für unsere Arbeit wichtig seinkönnte?

Gab es bei der Teilnahme von Festen/Feierninteressante Informationen für unsere Arbeit?

FALLARBEIT 33

Page 34: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

P E R S P E K T I V W E C H S L E R ( I N )

Ein wichtiger Baustein in jeder Kollegialen Beratung ist die Benennung einer oder mehrererPersonen durch den Fallverantwortlichen, dieüber die Rolle der Perspektivwechsler in derFallberatung besondere Berücksichtigung erfah-ren sollen. Hierzu beschreibt der Falleinbringerdie benannte Person, in dem er drei für diese Person typische Sätze formuliert (wie z.B.: „Ichtu doch alles für mein Kind“ oder „Auf Schulehab’ ich keine Lust“).

Der/die Perspektivwechsler(in) übernimmt es ...

Informationen bezogen auf die einzelnenStandards des ressourcenorientierten Vorge-hens aus Sicht der Rolle des/der Perspektiv-wechslers(in) einzufordern (Wurde mein Willetatsächlich herausgearbeitet? Sind meine wirklichen Ziele erfasst? ...)

Anwalt der Ressourcen der betreffenden Person zu sein (Und was kann ich? Wann hab’ich das Problem nicht?)

Hierbei ist zu beachten, dass Fakten und Ressourcen zu erfragen sind. Es gilt sich auf die genannten Fakten zu berufen. Zu vermeidensind Spekulationen und Interpretationen!

Die Aufgabe des/der Perspektivwechslers/in inden einzelnen Phasen sieht wie folgt aus:

Falldarstellung:

Prüfen ob alle notwendigen Informationen, bezogen auf die betreffende Person, mitgeteilt wurden

Informationsfragen:

Noch fehlende Informationen zu den einzel-nen Handlungsschritten einholen (Erfassen derSituation, Wille, Zielen, Lösungswegen, Verein-barungen, Durchführung und Ergebnisauswer-tung)

Ideenbörse (Bearbeitung der Handlungsebene,Konkretisieren möglicher Vorgehensweisen undVereinbarungen):

Er/sie interveniert, wenn sich die Ideen nichtan den Sichtweisen, dem Willen, den Zielen,Aufträgen und Auflagen orientieren

Er/sie gibt Hinweise, wenn bei den Ideen benannte Ressourcen aus den vier Ressourcen-bereichen nicht für Lösungswege genutzt werden

Er/sie rührt sich, wenn bei der Ideensamm-lung seine/ihre Vorlieben, Abneigungen, Mechanismen ignoriert werden

Fragemöglichkeiten zu den einzelnen Hand-

lungsschritten beim ressourcenorientierten

Vorgehen, die für die AMR relevant sind,

finden sich im Folgenden.

Hinweis: Oft ist es hilfreich, in der „Ich-Form“ zufragen, aber nicht unbedingt notwendig! Der/diePerspektivwechsler(in) hat mit seinen/ihren Fragen und Hinweisen immer Vorrang!

Erfassen der Situation Wie sehe ich das?Was beschreibe ich als mein Problem?Welches Thema hat für mich welche

Bedeutung?Welchen Auftrag gebe ich wem oder habe ich

von wem?Bin ich freiwillig in diesem Zusammenhang?Wie stehe ich zur Fachkraft?Wie steht die Fachkraft zu mir?Aus welchem Antrieb entstand der Kontakt?

FALLARBEIT 34

Page 35: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Wille

Ziele / Auflagen / Aufträge

Ressourcen für die Zielerreichung

Lösungswege

Vereinbarungen

Was will ich?Wie benenne ich meinen Willen wörtlich?Welche weiteren Ausdrucksformen habe ich für

meinen Willen?Gibt es mehrere oder widersprüchliche

Willensbekundungen von mir? Wenn ja, in welcher Form?

Was sind meine konkreten Vorstellungen, wasich inT Monaten erreicht haben will?

Wie habe ich meine Ziele wörtlich formuliert?Wie stehen andere Beteiligte zu meinen

Zielen? (Wer teilt sie/akzeptiert sie/arbeitet dagegen?)

Welche Fachkräfte denken wie über meine Ziele?

Sind mir die Aufträge des ASD klar?Sind mir die Auflagen des ASD klar?

Ressourcencheck für die Zielerreichung (sieheKollegiale Beratung)

Welche Vorstellungen habe ich davon, wieZiele, Aufträge, Auflagen erreicht werden können?

Was will ich zu dem Lösungsweg/den Lösungs-wegen beitragen?

Wo sehe ich Stolpersteine bei den angedach-ten Lösungswegen?

Welche bisherigen Lösungswege waren fürmich erfolgreich oder hatten Teilerfolge?

Welche Hilfeformen lehne ich ab?

Wie war meine Beteiligung bei den Vereinbarungen?

Wer hat letztendlich den Lösungsweg bestimmt?

Wie sehen die konkreten Vereinbarungen/ Aufträge/Auflagen aus?

Wie nachvollziehbar waren die Vereinbarungenfür mich?

An welchen Punkten hatte ich Einwände, Skep-sis, Bedenken, bezogen auf die Vereinbarungen?

FALLARBEIT 35

Page 36: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Durchführung

Ergebnisauswertung

Was klappt aus meiner Sicht gut bei der Durchführung?

Welche Stolpersteine gibt es aus meiner Sicht?Welche Stolpersteine benennen die Fach-

kräfte mir?Welche Begründungen gebe ich, warum etwas

nicht klappt?Welche Ressourcen gibt es für mich, um die

Stolpersteine zu überwinden? Beschreibe ich einen zusätzlichen Unter-

stützungsbedarf? Wenn ja, welchen?Sind die bisherigen Ziele noch relevant

für mich?

Welche Ziele habe ich erreicht/nicht erreicht?Welche Lösungswege waren aus meiner Sicht

bisher erfolgreich?Was war für mich im bisherigen Prozessverlauf

hilfreich?Welche Ziele habe ich bisher nicht erreicht?

Welche Begründungen habe ich dafür?Welche neuen Ziele formuliere ich?Welche Aufträge/Auflagen habe ich erreicht?

Welche nicht? Welche eigenen Begründungen habe ich

hierfür?Welche Ressourcen/Potenziale konnten

ausgebaut, genutzt, aktiviert werden?Welche sind für die neuen Ziele/Aufträge/

Auflagen wichtig?

In kleinen Teams, die nicht über die personellenKapazitäten verfügen, alle notwendigen Rollenzu verteilen (Moderation, Visualisierer(in), Per-spektivwechsler(in), etc.) besteht die Möglich-keit, den Ablauf nach den Informationsfragen zuunterbrechen und alle Teilnehmer(innen) ausder Sicht des/der Perspektivwechslers(in) ein-schätzen zu lassen, ob deren Perspektive aus-reichend berücksichtigt wurde.

Falleinschätzung

Bei der Falleinschätzung wird ebenfalls die Methode der Kollegialen Beratung angewandt.Die AMR ist hier standardisiert zur Falleinordnung:

Wo würden Sie den Fall einordnen ...im Leistungsbereichim Graubereich im Gefährdungsbereich

mit welcher Begründung und möglichen weiteren Vorgehensweise?

Es ist der Vordruck „Falleinschätzungsbogen“(Vordruck Anlage 13a) zu verwenden, der in derAkte abgeheftet wird.

Handelt es sich um einen Gefährdungsfall istder Falleinschätzungsbogen gemäß der Richt-linie Minderjährigenschutz der Hierarchie vorzulegen.

FALLARBEIT 36

Page 37: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A U F T R Ä G E / A U F L A G E N

Formulierung von Aufträgen (Graubereich)

Während im Leistungsbereich die Themen dominieren, die den Personensorgeberechtig-ten, bzw. den jugendlichen Hilfeempfängernwichtig sind, geht es im Graubereich um Themen, die den Fachkräften des Jugendamtesund des eingesetzten Trägers der freien Jugendhilfe gesetzlich vorgegeben sind, nämlich die Überprüfung, ob derzeit eine Kindeswohlgefährdung vorliegt oder droht.

Zur Bewertung, ob eine Kindeswohlgefährdungvorliegt oder droht, werden folgende Indikatorenherangezogen:

körperliche Gewalt häusliche Gewaltsexueller Missbrauchgesundheitliche GefährdungAufsichtspflichtverletzungAutonomiekonfliktAufforderung zu schwerster KriminalitätVerhinderung des Schulbesuchsseelische Verwahrlosungregelmäßiger Konsum von Drogen psychische Erkrankung

Die Fachkräfte des Jugendamtes und ggf. deseingesetzten Trägers der freien Jugendhilfe klären ab, inwieweit die Personensorgeberech-tigten zur Kooperation bereit sind.

Ist die Kooperationsbereitschaft geklärt, erteilendie Fachkräfte des Jugendamtes konkrete Auf-träge an die Personensorgeberechtigten, umeine vermutete Kindeswohlgefährdung zu über-prüfen (Graubereich A) oder um einer drohen-den Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken(Graubereich B).

Bei Aufträgen, die der Überprüfung dienen, halten die Fachkräfte des Jugendamtes die Personensorgeberechtigten offensiv und beharrlich zur aktiven Aufklärung an.

Bei drohender Gefährdung wirken die Fach-kräfte des Jugendamtes und ggf. des eingesetz-ten Trägers der freien Jugendhilfe durchentsprechende Hilfsangebote darauf hin, dassdie in den Aufträgen beschriebenen zukünftigenZustände von den Personensorgeberechtigtenangestrebt werden.

Formulierung von Auflagen

(Gefährdungsbereich)

Im Gefährdungsbereich ist bereits geklärt, dassgegenwärtig konkrete und gewichtige Anhalts-punkte für eine Kindeswohlgefährdung in denrelevanten Bereichen des Kindesschutzes(vergl. Indikatoren) vorliegen.

Sind die Personensorgeberechtigten grundsätz-lich gesundheitlich in der Lage die Gefährdungabzuwenden (ggf. muss ein Auftrag zur Einho-lung einer fachärztlichen Stellungnahme zumGesundheitszustand/zur Suchtproblematik er-teilt werden), so ist die Mitwirkungsbereitschaftzu klären und zwar zunächst vor allem unterdem Aspekt, inwieweit die Personensorgebe-rechtigten die vorhandene Kindeswohlgefähr-dung abwenden wollen.

In Alltagssituationen, in denen ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des eingesetzten Trägers derfreien Jugendhilfe eine akute Gefährdungssitua-tion feststellt, muss von ihm/ihr eine Auflage erteilt werden, um die Gefährdungssituation um-gehend abzuwenden. Der ASD ist am nächstenArbeitstag über die Erteilung der Auflage zu in-formieren/in Kenntnis zu setzen.

Dann erteilen die Fachkräfte klare Auflagen.Bei Auflagen handelt es sich um Zustandsbe-schreibungen, die definieren, was sichergestelltund gewährleistet sein muss, damit die Kindes-wohlgefährdung abgewendet wird.

Aufträge und Auflagen

Aufträge und Auflagen markieren nicht dasEnde sondern den Anfang eines anstehendenVeränderungsprozesses. Konkret formulierteAufträge und Auflagen ermöglichen Klarheit füralle Beteiligten und bilden eine stabile Plattformfür den Aufbau von Kooperation. Sie bieten denFachkräften einen Rahmen für die Arbeitsteilungzwischen der übergeordneten Aufsichtsinstitu-tion (Wächteramt) und dem im Alltag vor allemunterstützenden Helfersystem.

Aufträge und Auflagen sind jeweils ...

möglichst positiv formuliert („Nicht“-Formulie-rungen dienen vor allem bei den Auflagen zurKlarheit für bevorstehende Konsequenzen bei

FALLARBEIT 37

Page 38: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Bestand des augenblicklichen Zustandes)terminiert und zeitlich befristetrealistisch (erreichbarer Mindestzustand)so eindeutig aufgearbeitet, dass sie ein

konkretes Bild geben für die darauf folgendePlanung der Schritte

so formuliert, dass die Verantwortung für dieErreichung der Aufträge/Auflagen in der Handder Personensorgeberechtigten liegt

so verfasst, dass die Erfüllung überprüfbar istfür den Betroffenen verständlich formuliert

Beispiele für Aufträge (Graubereich)

Graubereich A mit Blick auf den Gefährdungs-bereich (mögliche Aufsichtspflichtverletzung,mögliche gesundheitliche Gefährdung, Überprüfung):

Sachstand: Beim ASD der Stadt Köln erfolgteine Mitteilung durch eine Erzieherin eines Kindergartens. Diese Mitarbeiterin teilt mit, dassdie dreijährige Lena über mehrere Monate Anzeichen einer Unterversorgung aufweist. DasKind sei im Vergleich zu den Gleichaltrigen derGruppe zu dünn. Außerdem habe Lena nur selten ein Frühstücksbrot dabei. Im Gruppenall-tag konnten die Mitarbeiter der Einrichtung häufig beobachten, dass die Dreijährige auf dieMahlzeiten der anderen Kinder zurückgreife.

Die alleinerziehende Mutter des Kindes, FrauSchmitz, wurde von der Einrichtung mehrfachauf das Essverhalten und die körperliche Kon-stitution des Kindes angesprochen.

Eine Kooperation zwischen der Mutter und derKindergartengruppe konnte nicht herbeigeführtwerden. Aus Sicht von Frau Schmitz sei ihr Kindnormal entwickelt und es bekomme ausreichendNahrung. Außerdem sei Frau Schmitz als Kindselber sehr dünn gewesen.

Auftrag: Sie, Frau Schmitz, als sorgeberechtigteMutter, stellen bis in 14 Tagen Lena einem Kinderarzt vor und klären ab, ob das GewichtIhres Kindes im Normbereich liegt und setzengegebenenfalls die ärztlichen Empfehlungenum. Zur Überprüfung legen Sie dem Mitarbeiterdes Jugendamtes ein ärztliches Attest zum Ge-sundheitszustand von Lena vor oder Sie entbin-den den Kinderarzt gegenüber dem Jugendamtvon der Schweigepflicht.

Graubereich B (drohende Gefährdung im Bereich Aufsichtspflichtverletzung):

Sachstand: Marcel (15) ist geistig zurückgeblie-ben und wohnt in einer stationären Einrichtung.Seine Eltern sind beide personensorgeberech-tigt. Er ist als Täter in den letzten 6 Monatenmehrmals sexuell übergriffig geworden auf jüngere Kinder (einmal in der Schule, bemerktund gemeldet von der Lehrerin: er ließ die Hoserunter und zwang Schüler zum Kontakt). In derstationären Gruppe versuchte er, eine neue Mitarbeiterin sexuell zu bedrängen (in die Eckegedrängt, „schmutzig geredet“). Es läuft ein Gerichtsverfahren wegen einer versuchten Ver-gewaltigung eines anderen Mitbewohners derehemaligen Gruppe, bei der er wohnte beieinem anderen Träger. An jedem zweiten Wo-chenende ist er zu Hause. Den Eltern ist die er-höhte Aufsichtspflicht bewusst. Marcel ‘büxst’nicht aus und hält sich bislang dort an die Re-geln. Seine Eltern lassen ihn bislang auch nurmit den beiden Brüdern raus.

Auftrag: Sie als Eltern sollen weiterhin bis zu-nächst zum Ende des Gerichtsverfahrens dafürsorgen, dass Marcel die Wohnung nur in Begleitung einer Person verlässt, die in derLage ist, Marcel zu bremsen, wenn er sexuelleÜbergriffe starten will, und die ständig bei ihmbleibt. Wenn er doch mal abhauen sollte, sollensofort Wege ergriffen werden, dass er gefundenwird und nach Hause kommt.

Dauergraubereich

Es gibt Fälle, die im Dauergraubereich bleiben,z.B. wenn sich Eltern im Substitutionsprogrammbefinden oder wenn Eltern psychisch erkranktsind. Die entsprechenden Handlungsanweisun-gen des Jugendamtes sind in der Bearbeitungder Fälle zu beachten.

Beispiele für Auflagen (Gefährdungsbereich)

Gefährdungsbereich Körperliche Gewalt:

Sachstand: Thomas (6 Jahre) hat in den letztenzwei Monaten wöchentlich blaue Flecken. DieErzieherinnen haben einen Wutausbruch desVaters in der Einrichtung miterlebt und beschrei-ben, dass der Vater sich kaum zurückhaltenkonnte in seiner Aggressivität. Nun hat Thomas

FALLARBEIT 38

Page 39: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

erneut frische blaue Flecken vor allem am Pound an den Armen.

Variante 1Bei Nicht-Kooperation des Vaters: Auflage: Sie, Herr Meier, als sorgeberechtigterVater, stellen Ihren Sohn umgehend ärztlich vorund lassen eine Einschätzung hinsichtlich derVerletzungen vornehmen.

Variante 2Bei Kooperation des Vaters:Auflage: Sie, Herr Meier, als sorgeberechtigterVater, stellen ab sofort die gewaltfreie ErziehungIhres Sohnes sicher.

Gefährdungsbereich Sexueller Missbrauch:

Sachstand: Im Beisein der Mutter wird die 13-jährige Tochter in der Kneipe, in der die Mut-ter arbeitet, von männlichen Gästen wiederholt(laut Tochter drei Mal) begrabscht.

Auflage 1 (sexueller Missbrauch):Sie, als sorgeberechtigte Mutter, stellen ab sofort die körperliche Unversehrtheit Ihrer Tochter sicher, d. h., Sie schützen sie vor jederForm der sexuellen Gewalt.

Auflage 2 (Aufsichtspflicht):Sie, als sorgeberechtigte Mutter, stellen ab sofort die Aufsichtspflicht für Ihre Tochter sicher.

Gefährdungsbereich Gesundheitliche Gefähr-dung des Säuglings (2 Monate):

Sachstand: Anonyme Meldung aus der Nach-barschaft, nach der ein Säugling unterversorgtscheint. Die personensorgeberechtigte Mutterhat in der Vergangenheit beim ersten Säugling unregelmäßig Essensversorgung gewährleistet(u.a. ein Wochenende kein Geld für Milchnah-rung gehabt) und ist daher dem Jugendamt bekannt.

Auflage (gesundheitliche Gefährdung):Sie, als sorgeberechtigte Mutter, stellen ab sofort die gesundheitliche Versorgung IhresSäuglings sicher, d.h. Sie stellen ihn noch heutedem Kinderarzt/der Kinderklinik vor. Dessenbzw. deren Empfehlungen setzen Sie um. Den Kinderarzt, die Klinik entbinden Sie von derSchweigepflicht gegenüber dem Jugendamt/deneingesetzten Helfern.

Gefährdungsbereich Aufsichtspflichtverletzung:

Sachstand: Kind (4 Jahre) wird 2-3 Stundenmehrmals in der Woche in seinem Zimmer ein-gesperrt von der derzeitigen Freundin des per-sonensorgeberechtigten Vaters.

Auflage: HerrTstellt ab sofort sicher, dassTsich ab sofort im Haus frei bewegen kann (es istnicht in seinem Zimmer eingesperrt).

Aufträge haben den Sinn, vermutete Kindeswohlgefähr-dung zu überprüfen, bzw. drohender Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken.

a) Bei Aufträgen, die der Überprüfung dienen sollen, müs-sen die Personensorgeberechtigten Nachweise vorlegen,dass das Kindeswohl gesichert ist. Die Form der Nachweisewird als Auftrag formuliert. Bei Nicht-Erfüllung der erteiltenAufträge wird das Familiengericht informiert.

b) Bei drohender Gefährdung soll der in den Aufträgen beschriebene Zustand von den Personensorgeberechtigtengewährleistet/gesichert werden. Wenn die Aufträge nichtumgesetzt werden, sind weiterführende Schritte erforderlich(Einteilung des Falles in den Gefährdungsbereich, Auflagenim Gefährdungsbereich, Einschaltung des Familienge-richts).

Aufträge sind ... konkret und klar formuliert bezogen aufdie Indikatoren aus den Gefährdungsbereichen, in denen Gefährdung vermutet wird oder droht.

Aufträge (Graubereich) Auflagen (Gefährdungsbereich)

Auflagen haben den Sinn, die augenblicklich vorliegende Kindeswohlgefährdung abzuwenden.

Auflagen sind... konkret und klar formuliert bezogen aufaugenblicklich vorhandene Fakten/Tatsachen der Kindeswohlgefährdung.

FALLARBEIT 39

Page 40: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A U S W E R T U N G

Es gibt verschiedene Situationen im Fallverlauf,innerhalb derer eine Auswertung des Falles erfolgt.

Im Verlauf des Hilfeplanverfahrens erfolgt eineZwischenauswertung in Form eines Sach-standsberichts durch den Träger. Im erforderli-chen Hilfeplangespräch findet die Auswertungdes Hilfeverlaufs mit allen Beteiligten statt. Die Ergebnisse werden von der Fachkraft desJugendamtes zur Kollegialen Beratung ins SRTeingebracht. Dort erfolgt eine Überprüfung derWirksamkeit der Hilfe und eine Empfehlung zumweiteren Vorgehen.

In Fällen außerhalb von Hilfeplanung findenebenfalls Auswertungsgespräche statt. So z.B.,wenn von Seiten des ASD den Eltern Aufträge/Auflagen erteilt wurden und nach festgesetzterFrist die Umsetzung der Aufträge/Auflagendurch den ASD überprüft wird.

Die Fragen zur Auswertung unterscheiden sichin den entsprechenden Bereichen folgender-maßen:

Leistungsbereich

Es wird hinterfragt, ob die Hilfe entsprechendder Ziele geleistet wurde. Was waren die Zieleder Hauptbetroffenen in der bisherigen Maß-nahme im festgelegten Zeitraum? Welche Zielewurden erreicht bzw. teilweise erreicht? Waswar förderlich? Was war hinderlich? WelcheRessourcen wurden genutzt?

Welche Ziele wurden nicht erreicht?Warum wurden die Ziele nicht erreicht?Welche Ressourcen fehlen gegebenenfalls?

Welche Ziele haben die Hauptbetroffenen fürden nächsten festgelegten Zeitraum?Welcher Unterstützungsbedarf wird von wemgesehen?

Welche vorhandenen Ressourcen können einbezogen werden?

Im Rahmen der Zwischenauswertung seitensdes Trägers klärt dieser darüber hinaus:

Zur Durchführung: Tragen die Betroffenenihren Teil bei?

Zu Vereinbarungen: Werden die vereinbarten

Lösungswege von den betroffenen Personengetragen? Gibt es konkrete Vereinbarungen?

Graubereich

Nach Ablauf des Kontrollzeitraums orientiertsich die entsprechende Überprüfung/Auswer-tung an folgenden Fragen:

Wurde an der Erfüllung der Aufträge gearbeitet?

Haben die Betroffenen mitgewirkt? Wurden die Aufträge erfüllt?Hat die Auswertung entsprechend der

Aufträge stattgefunden?

Bei Erfüllung der Aufträge ist der Fall dem Leistungsbereich zuzuordnen.

Bei Nichterfüllung ist zu klären, in welchem Bereich sich der Fall künftig befindet (Grau-oder Gefährdungsbereich).

Bei Fortbestehen des Graubereichs ist folgen-des zu klären:

Findet die Mitwirkung der Betroffenen statt?Sind die neuen Aufträge klar formuliert? Ist die Umsetzung der Auftragserfüllung mit

den vorhandenen Ressourcen realistisch?

Gefährdungsbereich

Nach Ablauf des Kontrollzeitraums orientiertsich die entsprechende Überprüfung/Auswer-tung an folgenden Fragen:

Wurde an der Erfüllung der Auflagen gearbeitet?

Haben die Betroffenen kooperiert? Wurden die Auflagen erfüllt?Hat die Auswertung entsprechend der

Auflagen stattgefunden?

Bei Erfüllung der Auflagen ist zu klären, in welchem Bereich sich der Fall künftig befindet(Grau- oder Leistungsbereich).

Bei Fortbestehen des Gefährdungsbereichs istfolgendes zu klären:

Findet eine Kooperation der Betroffenenstatt?

Sind die neuen Auflagen klar formuliert?Ist die Umsetzung der Auflagenerfüllung mit

den vorhandenen Ressourcen realistisch?Ist das Einschalten des Familiengerichts

erforderlich?Ist eine Inobhutnahme erforderlich?

FALLARBEIT 40

Page 41: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

O R I E N T I E R U N G S H I L F E N V O R D R U C K E

Orientierung Vorlagenverteilung

FALLARBEIT 41

Page 42: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A B L A U F P L A N E I N Z E L F A L L I M S R T

Falleingabe in das SRT*

Kollegiale Beratung

Konsensempfehlung SRT

Paraphen GL

ASD/WJH

Genehmigung

BJAL

Inanspruchnahme durch

Antragsteller

Hilfeplangespräch

Durchführung der Hilfe

Ideenbörse fürden ASD, um dasweitere Vorgehen

im Einzelfall zuplanen

Falldarstellung,Formulierte AMR,Ressourcenkarte,

Genogramm

Empfehlungs-bogen SRT

Bewilligungs-bogen

Bewilligungs-bogen

Erklärungsbogen

HilfeplanSicht, Wille, Ziele

Übergang Ablaufplan Beratungs-protokoll

Rücksprache GLASD-Änderungals Mitteilung an

das SRT

Mitteilung an dasSRT über GL

ASD

nein

nein

nein

Der Einzelfall im Sozialraumteam (Ablaufplan)

ASD

BJAL

ASD

Träger

Träger

ASD, Träger

Antragsteller

ASD

SRT

SRT

GL

ASD/

WJH

* In der Geschäftsordnung ist festgehalten, welche Hilfen ohne Eingabe in das SRT alleine durch die Fachkraft empfohlen werden können.

FALLARBEIT 42

Page 43: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A B L A U F P L A N B E R A T U N G S P R O T O K O L L

Kein Konsens im SRT nach

Kollegialer Beratung

Beratung GL-ASD mit

Koordination SPT

Konsens

Entscheidung

BJAL

Empfehlungs-bogen SRT mitBegründung fürkein Konsens

Beratungs-protokoll

Beratungs-protokoll

Mitteilung an das SRT

Mitteilung an das SRT über

GL-ASD

Das Beratungsprotokoll (Ablaufplan)

ASD

GL

ASD

GL

ASD

BJAL

Koordina-

tion SPT

Koordina-

tion SPT

nein

ja

FALLARBEIT 43

Page 44: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

E I N Z E L F A L L Ü B E R G R E I F E N D E A R B E I T

Ergeben sich aus der fallspezifischen Arbeit Bedarfe, die günstiger Weise nicht einzelfallbe-zogen sondern wirkungsvoller fallübergreifendgedeckt werden können, ist durch das SRT zuprüfen, ob ein solches fallübergreifende Angebotim Rahmen von Modul II durch den Schwer-punktträger oder andere Anbieter eingerichtetwerden kann (siehe hierzu die GO).

Die Mittel im Modul II (siehe Kooperationsver-trag) dienen neben den Netzwerkarbeiten imSozialraum der Prävention durch Projekte undKooperationen, um fallübergreifende/-unspezifi-sche Lösungswege zu realisieren und vorbeu-gend Hilfe zur Erziehung vermeiden zu können.Die Projekte und Kooperationen haben immereinen auszuweisenden Kontext zum Bereich„Hilfe zur Erziehung“.

Einrichtung und Begleitung der Projekte

Im SRT werden Anregungen zur Einrichtungeines Projektes von den Teammitgliedern eingebracht.

Hierfür gibt es Orientierungshilfen für die Mode-ration der Teamsitzung für den Bereich der fallübergreifenden und fallunspezifischen Arbeit(siehe Punkt 3.10 Moderation):Der Projektverantwortliche legt für die Gestal-tung der durch das Sozialraumteam benanntenAufgaben einen Projektplan vor. Der Projektplanenthält eine Zielvorgabe, eine definierte Zeit-spanne, innerhalb deren das definierte Ziel erreicht werden soll, und eine Kostenkalkulation.Es erfolgt eine Abstimmung mit den beteiligtenAkteuren im Sozialraum wie Bezirksjugendpfle-ger, Kita-Fachberatung, IKD und dem Koordina-tor für den Sozialraum (KOAN), um Doppe-lungen in der Angebotspalette zu vermeiden. Anschließend wird im Sozialraumteam über dasProjekt abgestimmt.

Die Bezirksjugendamtsleitung unterzeichnet denProjektplan und gibt damit die benötigten finanziellen Ressourcen frei. Die BezirklicheSteuerungsgruppe wird in der nächstmöglichenSitzung über die Einrichtung des Projektesinformiert.

Die Projektbegleitung übernimmt der Projekt-verantwortliche (ASD oder Schwerpunktträger).Die Projektarbeit ist eine zeit- und kostenbe-schränkte Unternehmung und unterliegt einerWirkungskontrolle. Etablieren sich Projekte über diesen Projektrahmen hinaus, sind in Abstimmung mit der bezirklichen Steuerungs-gruppe Finanzierungsmodalitäten jenseits desModuls II zu realisieren. Wird der Projektrahmenunterschritten ist dies zu evaluieren und zu begründen.

Welche Projekte können das sein?

Hier gibt es vielfältige Projektideen/-möglichkei-ten für unterschiedliche Zielgruppen, z.B.:

Gruppenangebote für Kinder, JugendlicheSportangebote, z.B. Fußball am Wochenende Boxen für JugendlicheElterncafé in Kindertagesstätten, Grund- und

HauptschulenAntiaggressionstrainingFerienfreizeitenMutter-Kind-GruppeSozialtrainings in SchulenElterntrainings

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 44

Page 45: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

F A L L U N S P E Z I F I S C H E A R B E I T( S C H A U B I L D )

G R U N D L A G E N D E R F A L L U N S P E Z I F I S C H E N A R B E I T

Grundlage

Die Verantwortlichkeit für die grundsätzlicheKonzeptionierung der fallunspezifischen Arbeitliegt in den Händen des gesamten Sozial-raumteams.

In der Geschäftsordnung der Sozialraumteamsist die fallunspezifische Arbeit fest verankert.Unter Punkt 4a ist folgendes aufgeführt:

„Neben der fallspezifischen Arbeit und der fall-bezogenen Ressourcenmobilisierung besitzt diefallunspezifische Arbeit einen wesentlichen Stellenwert. Ergeben sich aus der fallspezifischen Arbeit Be-darfe, die günstiger Weise nicht einzelfallbezo-gen sondern wirkungsvoller fallübergreifendbefriedet werden können, ist durch das Sozial-raumteam zu prüfen, ob ein solches fallübergrei-fendes Angebot im Rahmen Modul II durch denSchwerpunktträger eingerichtet werden kann.

Für die fallunspezifische und die fallübergrei-fende Arbeit werden Kenntnisse aus dem Sozialraum erschlossen, um für Einzelfälle Ressourcen abrufen zu können, um Fälle, derenUrsache und Entwicklungsziel vergleichbar ist,in einem gemeinsamen Lösungsdesign bearbei-ten zu können, und um mit präventiven Ansät-zen soziale Entwicklungen, die auf Hilfe zurErziehung hinweisen, verhindern zu können.

Hierbei ist es Aufgabe, mittels dem Entdecken,Benennen und Bearbeiten von sozialräumlichverorteten Themen und Ressourcen, ein Ressourcennetzwerk herzustellen und zu pflegen. Dabei steht der präventive Aspekt derVermeidung erzieherischer Hilfen im Vorder-grund.

Die fallunspezifischen Vorhaben haben immereinen auszuweisenden Kontext zum Bereich derHilfen zur Erziehung und sind in Kooperationund Abstimmung mit Institutionen im Sozialraum

Fallunspezifische Arbeit

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 45

Team

Mittel/ Ressourcen

IdeenBedarfeMenschen

KooperationspartnerInnenBürgerInnen

ProblemBegrenzungBehinderung

(fallunspezifisch)

Wege zur Bedarfsdeckung

- materielle- infrastrukturelle

persönliche und sozialeRessourcen

Page 46: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

durchzuführen. Die Dokumentation und Aktivie-rung der Eigenkräfte des Stadtbezirkes erfolgtentsprechend bezirklicher Besonderheiten aufunterschiedliche Art.

Dabei gelten folgende Grundstandards:

Die Angebote der ansässigen Schulen, Vereine, Verbände, Institutionen, Kirchen, Initiativen etc. werden gesichtet und für die Fall-besprechungen verfügbar gehalten. Es werdenKontakte zu den Schlüsselpersonen aufgebautund gepflegt.

Die Regeleinrichtungen im Bezirk werdendurch regelmäßige persönliche Kontakte alsverbindliche Kooperationspartner gewonnenund in die Hilfesettings integriert.

Das Sozialraumteam kann eigene Aktionenim Bezirk durchführen.

Jedes Sozialraumteam führt zur Dokumentationwichtiger Ansprechpartner in und außerhalb vonInstitutionen eine allen Sozialraumteammit-gliedern zugängliche Ressourcenkartei.

Diese Kartei wird laufend aktualisiert. Die Aktua-lisierung wird im Rahmen von Modul II voneinem Sozialraumteammitglied der freien Trägerübernommen. Eine Ressourcenkartei kann auchim Sozialraum übergreifend angelegt werden.“

Die Abfrage zu Informationen aus dem Sozial-raum ist deshalb fester Bestandteil in den Sozialraumteamsitzungen, die auch unter denfolgenden Tagesordnungspunkten zu dokumentieren sind ...

allgemeine Informationen aus dem Sozial-raum - Ressourcencheck/ -datei

fallübergreifende und fallunspezifische Arbeit

Diese Tagungsordnungspunkte stehen am Anfang jeder Sozialraumteamsitzung und betreffen alle Mitglieder.

B E G R I F F S E R K L Ä R U N G E N

Fallspezifische Arbeit:

Blick auf den Einzelfallbezogen auf Individuen/Familienmit Einbezug der Personen/Familienwird von den fallzuständigen

Fachkraft erbracht

Fallunspezifische Arbeit:

nicht vom Einzelfall ausgehendAufbau und Nutzung von Kontakten mit

Menschen und Institutionen im Sozialraum, umNetzwerke und Wissen über Angebote und sozialräumliche Ressourcen aufzubauen

Fallübergreifenden Arbeit:

Blick auf einander ähnelnde Einzelfallkonstel-lationen mit gleichen/ähnlichen Problemstellungen

Fallübergreifende

Ressourcenmobilisierung:

Identifizieren von Ressourcen im Sozialraum(3. Schleife bei Ressourcenorientierung)

vorhandene Angebote kennen, wie Vereine,Personen

ggf. Aufbau bedarfsgerechter, fallübergreifen-der Angebote (Projekte/Modul II)

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 46

Page 47: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

B E Z U G

A U S G A N G S L A G E

Die fallunspezifische Arbeit bezieht sich auf

Ressourcenebenen Lebensweltdimensionen

soziale Ressourcen

Wie können die Hilfesuchendendurch Kontakt zu und Unterstützungvon anderen im Sozialraum ihreZiele erreichen?

materielle Ressourcen

Wie können die Hilfesuchendendurch materielle Unterstützung ausdem Sozialraum ihre Ziele erreichen?

institutionelle Ressourcen

Durch welche institutionellenund infrastrukturellen Ressourcenaus dem Sozialraum können die Hilfesuchenden unterstützt werden,ihre Ziele zu erreichen?

Wohnen

Freizeit

Gesundheit

Arbeit

soziale Beziehungen

Verkehr

Erziehung

Bildung

Konsum

...

Nach dem SGB VIII besteht der gesetzliche Auftrag der Jugendhilfe darin, im Vorfeld und imVerlauf von Hilfen zur Erziehung unter anderemauch das soziale Umfeld der Betroffenen zu berücksichtigen.

Sozialraumorientierte Arbeit ...

hat die Betrachtungsweise, dass tiefgreifendeund andauernde Veränderungen nur aus denMenschen selbst heraus entstehen können

ist ein Arbeitsansatz, der zuerst betrachtet,welche bereits vorhandenen Ressourcen in denunterschiedlichen Lebensbereichen für die Problemlösung von einzelnen Familien undGruppen nutzbar gemacht werden können

Sozialraumorientierte Arbeit bedeutet für dieFachkräfte der Jugendhilfe ...

ein Netzwerk zu schaffen, sowohl zwischenden Bürgern und Bürgerinnen (z.B. durch dasAngebot einer Mutter-Kind-Gruppe, mit demZiel, die dort entstehenden Kontakte langfristigohne fachliche Anleitung zu erhalten), als auchunter den professionellen Akteuren im Sozial-raum (z.B. Einrichtung von multiprofessionellenArbeitskreisen) und dies zu nutzen (Ziel ist hier-bei, bereits im Vorfeld von Hilfen zur Erziehungsozialräumliche Ressourcen zu eruieren und miteinzubeziehen)

den Menschen keine aus fachlicher Sicht adäquate Hilfe „überzustülpen“, sondern derenSelbsthilfekräfte zu aktivieren

sich an der Lebenswelt der Menschen zu orientieren und als pädagogische Fachkraft selbst offen und neugierig darauf zu sein

die Hilfesuchenden nicht als Einzelfall zu betrachten, sondern sie in ihrem sozialen

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 47

Page 48: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

Umfeld zu sehen (Ziel dabei ist es, Unterstüt-zungsmöglichkeiten zu finden und zugänglich zumachen, die sich an den persönlichen, sozialenund infrastrukturellen Ressourcen des Hilfesu-chenden in seinem Umfeld orientieren. Wenn in mehreren Fallkonstellationen einanderähnelnde Problemstellungen auftreten, kann eseffektiver sein, diese Themen zu bündeln undein fallübergreifendes Angebot für eine be-stimmte Zielgruppe zu entwickeln oder ihr bereits bestehende Angebote im Sozialraum zugänglich zu machen)

P R I N Z I P I E N

R E S S O U R C E N O R I E N T I E R U N G

den Blickwinkel auf den präventiven Bereichzu weiten, um möglichen Problemlagen vorzeitigzu begegnen und somit bei der Bewältigung effektiver oder auch kostengünstiger zu sein

Orientierung an den geäußerten Interessen undBedürfnissen der Menschen im Sozialraum:

Die Fachkräfte der Jugendhilfe orientieren sichbei ihrer Arbeit am Willen, der Betroffenheit undden Interessenslagen einzelner Menschen oderGruppierungen im Sozialraum. BestehendeKontakte werden genutzt, um die Menschensehr klar nach ihren Bedürfnissen zu fragen(Was ist für Sie in Ihrem sozialen Umfeld wichtig? Welche Ressourcen nutzen Sie bereits? Welche werden gebraucht?)

Unterstützung von Selbsthilfekräften und Eigeninitiative:

Die Fachkräfte der Jugendhilfe tun möglichstnichts ohne und vermeiden Aktionen für die

Menschen. Vielmehr denken sie mit ihnen darüber nach, was diese selbst zur Verbesse-rung ihrer Situation tun können. Erst wenn bereits vorhandene Ressourcen und eigene Initiativen nicht ausreichen, wird ein bedarfs-gerechtes Angebot im Rahmen des Moduls II entwickelt, welches stets einen Kontext zum Bereich der Hilfen zur Erziehung haben muss.

Persönliche Ressourcen:

Soziale Arbeit ist häufig konfrontiert mit ver-meintlichen Defiziten von Menschen (und oftauch fixiert darauf). Sozialraumorientierte An-sätze indes richten ihr Augenmerk immer aufderen Stärken, die sich oft sogar in den ver-meintlichen Defiziten abbilden. Ein wegen Dieb-stahls verurteilter Jugendlicher ist oft genau derRichtige, um auf die Gruppenkasse aufzupas-sen; die von ihrem Mann und ihren Kindern ge-nervte Frau blüht oft auf als Sprecherin derMieterinitiative; und der zurückgezogene, eigen-brötlerische ältere Herr ist gelegentlich als Zau-berkünstler die Attraktion auf dem Stadtteilfest.

Sozialräumliche Ressourcen:

Räume, Nachbarschaften, Plätze, Natur, Straßen, aber auch die vorhandene Unterneh-mens- und Dienstleistungsstruktur sind be-deutsame Ressourcen, die man nutzen unddurch kluge Vernetzung effektivieren kann. So verführt etwa eine kalte Betonwand nicht nurzu destruktiver Kritik („Schade, dass Beton nichtbrennt!“), sondern lädt etwa dazu ein, eine solche Wand zu bemalen, sie als Leinwand zurProjektion eines Films zu nutzen oder sie mit Informationen über den Stadtteil zuzukleben.

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 48

Page 49: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

B E D E U T U N G F A L L U N S P E Z I F I S C H E R U N D F A L L Ü B E R G R E I F E N D E R A R B E I T

N E T Z W E R K A R B E I T

R E G E L M Ä S S I G E S O Z I A L R A U M E R K U N D U N G

Fallunspezifische und fallübergreifende Arbeitnutzen die eigenen Kompetenzen und die Kom-petenzen Dritter, um nachhaltig die sozialen Bedingungen im Sozialraum zu verbessern.

Das Sozialraumteam hat mit der Teilnahme anArbeitskreisen, Stadtteilveranstaltungen, etc.und der Initiierung und Durchführung von Pro-jekten Gestaltungsmittel, um aus der Mentalitätder nachgeordneten Instanz herauszukommen.

Beispiel: Im Bereich „sozialer Wohnungsbau“ istsoziale Arbeit mit den Themen Wohngeld, Not-unterkünfte oder Streetwork konfrontiert. SozialeArbeit trägt die Folgen und beschäftigt sich mit

den Auswirkungen sozialer Schieflagen: Schuld-nerberatung, Verhinderung von Obdachlosigkeit,Arbeit mit Nichtsesshaften, usw. Dagegen könnten auf der Grundlage der Kennt-nisse von im Sozialraum tätigen Fachkräftenüber den Zusammenhang zwischen bebauterUmwelt und sozialer Auffälligkeit wichtige Anre-gungen bei der Planung von Wohnsiedlungengegeben werden.

Soziale Arbeit muss also aus der Mentalität dernachgeordneten Instanz herauskommen undihre Fachkompetenz für andere Disziplinen verdeutlichen.

Ein Mitglied des Sozialraumteams sollte dieFunktion des „Netzwerkers“ übernehmen. Die Kontaktaufnahme und Pflege zu im Sozial-raum tätigen (professionellen und ehrenamtli-chen) Akteuren aus verschiedensten Bereichendient der Ressourcenoptimierung. Absprachen,

bezogen auf Einzelfälle, Gruppierungen und Aktionen zu treffen, und ggf. gemeinsame Projekte zu entwickeln und durchzuführen, kanndurch diese verantwortliche Person effektiv geschehen.

Neben der Fallarbeit ist es wichtig, die aktuellenEntwicklungen im Sozialraum mit zu verfolgen.Dazu dienen in der Regel die Stadtteil-arbeitskreise.

Unabhängig davon lassen sich durch folgendeBeispiele Informationen über den Sozialraumfinden ...

sich von Kindern/Jugendlichen „ihren“ Stadt-teil zeigen lassen

vor Ort einkaufen und Dienstleistungen nutzen

als Bestandteil eines Projektes (Modul II) eineAktion zum Thema Stadtteilkarte oder Fotowandmachen (entweder den Stadtteil zeichnen las-sen oder Gruppen mit Fotokameras los-schicken, die den Stadtteil fotografieren sollen: 5 Bilder von Motiven, die ihnen besonders gefallen, 5 Bilder von Motiven bzw. Orten, dieihnen nicht gefallen)

Aufenthaltsorte des Stadtteils nutzen(Gespräch an der Bushaltestelle, am Spielplatz,

auf Festen, usw.)Besuch von Stadtteilveranstaltungen

(Geschichtskreis oder Senior(innen)kreis)Ämter nach aktuellen Informationen fragen

(Statistiken)Lesen der örtlichen Presse (Stadtanzeiger,

Wochenspiegel)fester Tagesordnungspunkt auf Sozialraum-

teamsitzungen: Infos aus dem Stadtteil (meinGespräch der Woche)

10 Minuten am Ende eines Hilfeplange-sprächs: Was gefällt Ihnen?, Was gefällt Ihnennicht?, Was müsste sich verändern?, Washaben Sie für Ideen dazu? Was können Siedazu beitragen? (vgl. auch Kapitel „Ressourcen-orientierung“).

Für die Moderation im SRT gibt es Orientie-rungshilfen im Bereich fallübergreifender undfallunspezifischer Arbeit (vgl. Kapitel „Moderation“).

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 49

Page 50: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

A B L A U F P L A N P R O J E K T E

Bedarfsermittlung

Ideensammlung SRT

Abstimmung mit den Akteuren

IKD, Jugendpfl., FB Kita,

SR-Koordination

Benennung der

Projektverantwortung

Eingabe und Beratung im SRT

Empfehlung SRT

Genehmigung BJAL

Durchführung des Projektes

Information in der nächsten

Bezirkl. Steuerungsgruppe

Auswertung im SRT

Paraphen auf

Antrag von

IKD, Jugendpfl.,

FB Kita,

SR-Koordination,

GL ASD/WJH

Projektbericht

Mitteilung an

SRT

Mitteilung an

BJAL,

GL ASD/WJH

Projekte nach Modul II

Ak-

teure

im SR

Ak-

teure

im SR

Antrag auf

Durchführung

SRT

SRT

SRT

SRT

SRT

SRT

SRT

SRT

BJAL

BJAL

SPT

SPT

GL

ASD/

WJH

SPT

FALLUNSPEZIFISCHE ARBEIT 50

Page 51: sozialraumarbeit 01 01 14 sozialraumhandbuch 2 - CJD · 2014. 5. 23. · 511 SPT = Schwerpunktträger ASD = Allgemeiner Sozialer Dienst WJH = Wirtschaftliche Jugendhilfe GL = Gruppenleitung

I H R E N O T I Z E N

NOTIZEN 51