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Spezielle Aspekte der Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter Çiçek Wöber-Bingöl

Spezielle Aspekte der Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter · • Obesitas . Psychiatrische Komorbiditäten • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperactivitäts-Störung (ADHS) • Tourette

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Spezielle Aspekte der

Kopfschmerzen im

Kindes- und Jugendalter

Çiçek Wöber-Bingöl

Migräne findet sich unter den 10 am meisten belastenden

Erkrankungen in den 50 bevölkerungsreichsten Ländern

64 Studien

227.249 Teilnehmer

Mittlere Kopfschmerzprävalenz 54 %

Mittlere Migräneprävalenz 9 %

Auswirkungen von KS auf die

Betroffenen

• Unvorhersehbare Attacken

– Schmerzen, Begleitsymptome

• Beeinträchtigung der Sozialaktivitäten

– Familie

– Peer group, Freunde

– Freizeitaktivitäten

• Beeinträchtigtung der Schulleistung

– Absenzen

– Verminderte Fähigkeit dem Unterricht zu

folgen

Migräne ohne Aura

Diagnosekriterien ICHD-3 beta

A Mindestens 5 Attacken, die die Kriterien B-D erfüllen

B Kopfschmerzdauer: 4-72 h (bei Kindern 2-72 h)

C Mindestens 2 der folgenden Kriterien

1. Schmerzlokalisation einseitig

2. Schmerzqualität pochend/pulsierend

3. Schmerzintensität mäßig bis stark

4. Leichte oder mäßige körperliche Aktivität

verstärkt die Schmerzen oder wird vermieden

D Mindestens 1 der folgenden Kriterien

1. Übelkeit und/oder Erbrechen

2. Photo- und Phonophobie

E Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser begründet

A Mindestens 2 Attacken, die die Kriterien B-D erfüllen

B Mindestens eines der folgenden vollständig reversiblen

Symptome: 1. visuell, 2. sensibel, 3. dysphasisch

C Mindestens 2 der folgenden Punkte sind erfüllt

1. > 1 Symptom entwickelt sich über > 5 min oder > 2

Symptome treten aufeinanderfolgend auf

2. jedes Symptom hält > 5 min und < 60 min an

3. > 1 Symptom ist einseitig

4. die Aura ist begleitet oder innerhalb von 60 min.

gefolgt von Kopfschmerzen

D Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser begründet

und TIA ausgeschlossen

Migräne mit typischer Aura -

ICHD-3 beta

A. Mindestens 2 Attacken, welche die Kriterien B-

D erfüllen

B. Episodisch wiederkehrende Attacken, Dauer 1

Stunde bis 5 Tage, starke Übelkeit und

Erbrechen, die stereotyp ablaufen

C. Mindestens viermaliges Erbrechen pro Stunde

über mindestens eine Stunde

D. Beschwerdefreiheit zwischen den Attacken

E. Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser

begründet

Zyklisches Erbrechen

A. Mindestens 5 Attacken, welche die Kriterien B-D

erfüllen

B. Attacken von abdominellen Schmerzen 1-72

Stunden

C. Die abdominellen Schmerzen haben alle

folgenden Charakteristika

1. Lokalisation im Bereich der Mittellinie,

periumbilikal oder diffus

2. dumpfe Qualität

3. mittlere oder starke Schmerzintensität

Abdominelle Migräne (i)

D. Während der abdominellen Schmerzen sind

mindestens 2 der folgenden Punkte erfüllt

1. Appetitlosigkeit

2. Übelkeit

3. Erbrechen

4. Blässe

E. Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser

begründet

Abdominelle Migräne (ii)

Spannungskopfschmerz -

Diagnosekriterien ICHD-3 beta

A Mindestens 10 KS-Episoden, die die Kriterien B-D erfüllen

B KS zwischen 30 Minuten und 7 Tagen

C Mindestens zwei der folgenden Kriterien:

1. Schmerzqualität drückend-ziehend

2. Schmerzintensität leicht – mäßig

3. Lokalisation: beidseitig

4. Keine Verstärkung durch körperliche Aktivität

D Beide der folgenden Kriterien

1. Kein Erbrechen, keine (mittel)schwere Übelkeit

2. Photo- od. Phonophobie beim ESK

Photo- od. Phonophobie od. leichte Übelkeit beim CSK

E Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser begründet

Lebensstil

• Flüssigkeitszufuhr

• Mahlzeiten

• Körperliche Aktivität

• Schule und Lernen

• (Geplante) Freizeit

• Handy und PC

Psychosoziale Stressoren

• Lärm

• Reizüberflutung

• Perfektionismus

• Mobbing/Bossing

• Angst

• Soziale Isolation

Komorbidität - Konzept

• Assoziation

– Indexerkrankung + andere Erkrankung(en)

• organisch

• psychiatrisch

– nicht zufällig

– aber wahrscheinlich nicht kausal

Organische Komorbiditäten

• Asthma und Allergien

• Kardiovaskuläre Erkrankungen

• Schlaganfall

• Epilepsie

• Obesitas

Psychiatrische Komorbiditäten

• Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperactivitäts-

Störung (ADHS)

• Tourette Syndrom

• Depression

• Angststörung

• Essstörungen

Weitere Komorbiditäten

• Schlafstörungen

• Teilleistungsschwächen

Therapieentscheidung (i)

• Wann brauchen wir nicht-medikamentöse

Behandlung?

– Immer

• Wann brauchen wir medikamentöse

Behandlung?

– Manchmal

Therapieentscheidung (ii)

• Das klinische Bild entscheidet, ob ein

Medikament erforderlich oder nicht

• Besser kein Medikament als ein

wirkungsloses oder falsches

• Es gibt kein „harmloses“ Medikament

• Auch Homöopathie kann schaden:

– das Kind lernt den „Griff zum Medikament“

– anstatt geeignete Coping-Strategien zu

erwerben

Nicht-medikamentöse

Akuttherapie

• Ausruhen in ruhigem, dunklem Zimmer

• Schlaf

• Zusätzliche Pharmakotherapie bei

Attackendauer > 2 h

Medikamentöse Akuttherapie

Allgemeine Empfehlungen

• Medikation „so früh wie möglich“

• Adäquate Dosis

• Information der Eltern

• Keine Therapie gegen den Wunsch der

Eltern

• Vermittlung eines sorgsamen Umganges

mit Medikamenten

Medikamentöse Akuttherapie

• Durch Studien belegt

– Paracetamol

– Ibuprofen

– Zolmitriptan Nasenspray (ab 12. Lj zugelassen)

• Nicht durch Studien belegt

– Mefenaminsäure

– Acetylsalicylsäure

CAVE: Reye-Syndrom

Nicht-medikamentöse Prophy-

laxe (i)

• Modifikation des Lebensstils

– ausreichend Schlaf

– kein Stress am Morgen

– regelmäßig Essen und Trinken

– ausreichend Pausen beim Lernen

– ausreichende körperliche Aktivität

– sorgsamer Umgang mit Handy und PC

Weshalb Modifikation des

Lebensstils ?

• intuitiv zweckmäßig

• Patienten werden

– aktiv in die Therapie eingebunden

– und nicht passiv behandelt

• aber geringe wissenschaftliche Evidenz

Nicht-medikamentöse Prophy-

laxe (ii)

• Identifizierung von Triggerfaktoren

– Familie

– Schule

– Lernschwierigkeiten

– hormonelle Faktoren

– Umweltfaktoren

• Licht, Lärm, ....

– körperliche Erschöpfung

• Identifizierung von Triggerfaktoren

– Ernährung

• 4 kontrollierte Studien, widersprüchliche

Ergebnisse (Damen et al. Cephalalgia 2006)

• keine restriktiven Diäten

• Ausnahme: nachgewiesene

Unverträglichkeit

Nicht-medikamentöse Prophy-

laxe (iii)

• Entspannungstraining

• Biofeedback

• Verhaltenstherapie

• Andere psychotherapeutische

Verfahren

• Akupunktur

Nicht-medikamentöse Prophy-

laxe (iv)

Medikamentöse Migräneprophy-

laxe allgemeine Richtlinien

• Indikation

– >2 Migräneattacken pro Monat für 6 Monate

– nicht-medikamentöse Maßnahmen (allein)

nicht ausreichend

• Keine prophylaktische Medikation bei der

Erstvorstellung

• Führen eines Kopfschmerzkalenders

• Entscheidung über Therapie nach 4

Wochen

Medikamentöse

Migräneprophylaxe

• Flunarizin 3 RKS

3 > Placebo

• Propranolol 4 RKS

2 > Placebo

2 = Placebo

• Topiramat 1 RKS =/>? Placebo

• Metoprolol keine RKS

• Valproinsäure keine RKS

Medikamentöse

Migräneprophylaxe

• Mittel erster Wahl

– Flunarizin 5mg

• Mittel zweiter Wahl

– Propranolol

– Metoprolol

– Topiramat

– Valproinsäure