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Spezifische Rolle des dorsolateralen und des rostrolateralen präfrontalen Kortex beim Planen: eine fMRT-Untersuchung mit dem Tower-of-London Paradigma Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor philosophiae (Dr. phil.) vorgelegt dem Rat der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena von Dipl.-Psych. Gerd Wagner geboren am 29.08.1974 in Riga/Lettland

Spezifische Rolle des dorsolateralen und des ... · Unsere Umwelt stellt eine Art „deterministisches“ Chaos dar (Klix, 1992), weil ... Krause (2000) definiert das Problemlösen

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  • Gutachter 1. Prof. Dr. Brigitte Edeler 2. Prof. Dr. Heinrich Sauer 3. Prof. Dr. Werner Krause Tag des Kolloquiums: 19.01.2004

  • Danksagung

    Ich mchte mich bei allen bedanken, die mir bei der Erstellung dieser Arbeit

    geholfen haben.

    Als erstes bedanke ich mich bei allen Probanden, die an der Studie teilgenom-

    men und die Anstrengungen einer fMRT-Untersuchung durchgestanden haben.

    Insbesondere mchte ich mich bei Prof. Werner Krause bedanken, der mir

    wertvolle Ideen und Anregungen fr diese Arbeit gegeben und mich immer

    voll untersttzt hat.

    Ich mchte mich bei Christian Gaser und Igor Nenadic bedanken, die mir im-

    mer mit einem guten Rat zur Seite standen und die Grundideen des SPM ver-

    mittelt haben.

    Ich mchte weiter Matthias Bolz danken, der die technische Umsetzung dieser

    Arbeit mglich gemacht hat.

    Besonders danke ich Doreen Weingart, die viel von ihrer Freizeit geopfert hat,

    um diese Arbeit auf Fehler zu berprfen und sie verstndlicher zu machen.

    Zum Schluss danke ich noch Uwe Gruhn und Gregor Peikert, die mir durch

    unsere regelmigen Lauftreffen viel mentale und krperliche Kraft gegeben

    haben, diese Arbeit durchzustehen.

  • Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung 4

    2 Planen 5

    2.1 Definition des Planens 5

    2.2 Klassifikation der Probleme 7

    2.3 Klassifizierung eines optimalen Paradigmas 8

    2.4 Tower-of-London 9

    2.5 Planen und exekutive Funktionen 11

    2.6 TOL und das Arbeitsgedchtnis 12

    3 Anatomie des Frontalhirns 14

    3.1 Motorischer Kortex 14

    3.2 Prfrontaler Kortex 16

    4 TOL und funktionelle Bildgebung 17

    4.1 Funktionelle Bildgebung 18

    4.2 MRT-Grundlagen 18

    4.3 BOLD-Effekt 20

    4.4 fMRT-Design 21

    4.5 fMRT-Datenauswertung 22

    4.5.1 Vorverarbeitung (preprocessing) 24

    4.5.2 Parameterschtzung und Inferenzstatistik 26

    4.5.3 Inferenzstatistik und Random Effects Analyse 27

    4.6 Bildgebende Untersuchungen mit dem TOL-Paradigma 28

    4.6.1 Positronen-Emissions-Tomographie (PET) 28

    und Single-Photon-Emission-Computerized-Tomography (SPECT)

    4.6.2 fMRT 35

    4.6.3 Tower-of-Hanoi und fMRT 37

    4.6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse 38

    5 Zielsetzung 39

    5.1 Hypothesen 41

    6 Methodik 42

    6.1 Das TOL-Paradigma 42

    6.2 Problemraum 43

    6.3 Kontrollbedingungen 46

    6.4 Prsentation der Stimuli 47

    6.5 Versuchspersonen 49

    6.6 Versuchsaufbau 50

  • 6.7 MRT-Parameter 51

    6.8 Auswertung 51

    7 Ergebnisse 52

    7.1 TOL: Testperformance 52

    7.2 Kontrollbedingungen: Testperformance 55

    7.2.1 KB1: Kugeln-Zusammenzhlen 55

    7.2.2 KB2: Bewegte-Kugeln-Zhlen 58

    7.3 fMRT-Auswertung 59

    7.3.1 TOL-Ruhe 60

    7.3.2 KB1-Ruhe 63

    7.3.3 KB2-Ruhe 66

    7.3.4 TOL-KB1 68

    7.3.5 TOL-KB2 71

    7.3.6 TOL und KB1: Komplexittsunterschiede 73

    7.3.7 TOL und KB2: Komplexittsunterschiede 76

    7.3.8 ROI-Analyse 79

    7.3.8.1 DLPFC 79

    7.3.8.2 RLPFC 81

    7.3.8.3 VLPFC 83

    7.3.8.4 Parietallappen 84

    7.3.8.5 Zusammenfassung der ROI-Analysen 86

    8 Diskussion 90

    8.1 ACG und pr-SMA 92

    8.2 Basalganglien 95

    8.3 Parietallappen 96

    8.4 VLPFC und DLPFC 98

    8.5 RLPFC 102

    9 Zusammenfassung 106

    10 Literatur 108

  • Abkrzungsverzeichnis

    ACG: anteriorer Gyrus Cinguli

    BA: Brodmann Areal

    BOLD: Blood-Oxygene-Level-Dependent

    DLPFC: dorsolateraler prfrontaler Kortex

    EB: Experimentalbedingung

    efMRT: event-related funktionelle Magnetresonanztomographie

    EPI: Echo-Planar-Imaging

    fMRT: funktionelle Magnetresonanztomographie

    FOV: Field of view

    FWHM: Full width at half maximum

    IPL: inferiorer Parietallappen

    KB: Kontrollbedingung

    MRT: Magnetresonanztomographie

    NC: Nucleus Caudatus

    PET: Positronen-Emissions-Tomographie

    PFC: prfrontaler Kortex

    Pr-SMA: pr-supplementr-motorisches Areal

    rCBF: regional cerebral blood flow

    RFX: Random-Effects-Model

    RLPFC: rostrolateraler prfrontaler Kortex

    rrCBF: relative regional cerebral blood flow

    ROI: Region of interest

    RT: Reaktionszeit

    SMA: supplementr-motorisches Areal

    SPECT: Single-Photon-Emission-Computerized-Tomography

    SPL: superiorer Parietallappen

    SPM: Statistical Parametric Mapping

    TE: Time Echo

    TOL: Tower-of-London

    TR: Time Repetition

    VLPFC: ventrolateraler prfrontaler Kortex

  • 1 Einleitung

    Unsere Umwelt stellt eine Art deterministisches Chaos dar (Klix, 1992), weil

    eine allgemeingltige Berechenbarkeit der vielen Komplexittsgrade nicht

    mglich ist. Regelhaftigkeiten vermischen sich mit Zuflligkeiten.

    Um in dieser unbestimmten Welt dennoch Ordnungsprinzipien festzumachen,

    ist die Registrierung von schwachen Regelhaftigkeiten in kleinen, rumlich-

    zeitlichen Weltausschnitten (Klix, 1992) realisierbar.

    Dies fhrte in der evolutionren Entwicklung zur Bildung von Verhaltenskon-

    tingenzen oder nach Klix (1992) Wenn-Dann-Ereignissen, die sowohl ge-

    speichert als auch gelscht werden konnten, wenn das Verhalten in anderen

    Situationen oder Weltausschnitten nicht zum gewnschten Erfolg gefhrt hat.

    Diese Umweltanpassung war ein dynamischer Prozess, der mit der hheren

    Informationsaufnahme immer mehr Anforderungen an das Gedchtnis gestellt

    hat.

    Die Zunahme der Komplexitt der neuronalen Verknpfungen im Gehirn mit

    der Entwicklung der Arten fhrte nicht nur zur Speicherung von immer mehr

    Verhaltensprogrammen, sondern auch zur Hherentwicklung der Voraussag-

    barkeit mglicher Verhaltenskonsequenzen.

    Das Erzeugen und Antizipieren von Handlungen und deren Konsequenzen in

    einer noch nicht gegebenen Umwelt (in der vorgestellten Umwelt), beruhte

    zum Teil auf dem Aktivieren von Gedchtnisprogrammen. Es erforderte jedoch

    zustzlich kombinatorische Verknpfungen verschiedener Verhaltenskontin-

    genzen oder Wenn-Dann-Bindungen zu einer Handlungsfolge.

    Diese Fhigkeit vorauszuplanen und damit die Umwelt vorhersagbarer zu ma-

    chen, erreichte beim Menschen ihren Hhepunkt, wodurch ihm eine immer

    flexiblere Auseinandersetzung mit der Umwelt gelang.

    Nach dem heutigen Erkenntnisstand ist das Frontalhirn mageblich an diesen

    Fhigkeiten beteiligt (Stuss et al., 2001).

    Dass der frontale Kortex bei hherkognitiven Fhigkeiten wie Planen eine

    wichtige Rolle spielt, wird deutlich, wenn es zu Lsionen in diesem Areal

    kommt. Der Begriff des Frontalhirnsyndroms beschreibt solche Ausflle, die

    sich v.a. in der Unfhigkeit uern, planmig zu handeln und inadquate Ver-

    4

  • haltensweisen zu unterdrcken. Die Patienten mit diesem Syndrom werden

    quasi zum Spielball der Umweltreize.

    Das Ziel dieser Arbeit war es, dieses Konstrukt Planen als Teil des menschli-

    chen Denkens unter dem neurophysiologischen Aspekt zu betrachten. Als Pla-

    nungsparadigma wurde der Tower-of-London (TOL) verwendet, der von Shal-

    lice 1982 in Anlehnung an den bekannten Turm-von-Hanoi (TOH) entwickelt

    wurde. Die Neurophysiologie dieser Aufgabe wurde mit Hilfe der funktionel-

    len Magnetresonanztomographie untersucht. Besonderes Interesse galt der Un-

    tersuchung der Hirnareale, insbesondere der prfrontalen Areale, die spezifisch

    am Planen beteiligt sind.

    Diese Arbeit beschrnkte sich auf die Analyse elementarer Planungsprozesse.

    Diese Reduktion war aus methodischen Gesichtspunkten ntig, um andere

    kognitive Prozesse abgrenzen und damit die Basiskomponenten des Planens

    auf der neuronalen Ebene bestimmen zu knnen.

    2 Planen

    2.1 Definition des Planens

    Wie schon in der Einleitung kurz angedeutet wurde, sind im Alltag permanent

    Situationen zu meistern, die geistige Anforderungen an den Menschen stellen.

    Ein Groteil des Verhaltens luft ber Wissensstrukturen, die abgespeicherte

    Verhaltensprogramme aktivieren, welche zu entsprechenden Situationsvern-

    derungen fhren. Drner (1976) bezeichnet solche Standardanforderungen an

    geistige Ttigkeit als Aufgaben, weil fr sie eine Lsungsmethode vorhanden

    ist, die ein Teil der Wissensstruktur ist.

    Eine andere Situation entsteht dann, wenn ein Individuum ein Ziel hat, aber

    nicht wei, wie es dieses erreichen soll. Dann entsteht nach Duncker (1935) ein

    Problem. In einem solchen Fall reichen die vorhandenen Wissensstrukturen

    nicht aus.

    Das Problem wird in der Literatur bereinstimmend durch drei Komponenten

    beschrieben (z.B. Duncker, 1935; Drner, 1976; Klix, 1971):

    5

  • durch einen unbefriedigenden Ausgangszustand

    durch einen erwnschten Zielzustand

    durch eine Barriere, die die Erreichung des Ziels verhindert.

    Zur Lsung eines Problems muss ein Individuum etwas Neues schaffen und

    kann nicht wie bei einer Aufgabe vorhandene Lsungsmethoden einsetzen.

    Es wird nach Duncker (1935) das Denken auf den Plan gerufen.

    Die Barrieren auf dem Weg zum Ziel knnen verschiedener Art sein. Die Mit-

    tel zur Transformation des Ausgangs- in den Zielzustand knnen unbekannt

    sein oder es liegt eine groe Menge an Mitteln vor, so dass systematisches

    Ausprobieren nicht mglich ist (z.B. im Schachspiel). Die verschiedenen Prob-

    lemformen werden spter noch ausfhrlicher beschrieben. Unterschiedliche

    Barrieren erfordern unterschiedliche Formen des Problemlsens.

    Fr alle Probleme gilt jedoch, dass man fr deren Lsung bestimmte uere

    und innere Operationen durchfhren muss (Drner, 1976). Durch die Anwen-

    dung dieser Operationen lsst sich der Ausgangszustand verndern und in den

    Zielzustand umwandeln, wenn das Problem lsbar ist.

    Krause (2000) definiert das Problemlsen als eine durch Bewertung induzierte

    Zustands- bzw. Strukturtransformation. Unter dem Begriff Strukturen werden

    interne, kognitive Strukturen verstanden. Die Zustandstransformation meint in

    diesem Zusammenhang eine Abgrenzung und Vernderung von auen beob-

    achtbarer Situationen oder Informationen. Der Begriff der Bewertung be-

    schreibt neben dem Wissen Einstellungen und Motive in Bezug auf die

    Zielerreichung.

    Das Planen ist ein wesentlicher Bestandteil des Problemlsens, das sich durch

    einen kognitiven Prozess beschreiben lsst, der auf dem Weg zum erwnschten

    Ziel die notwendigen Zustandstransformationen (Krause, 2000) vorwegnimmt.

    Es stellt also eine Antizipation bzw. Vorwegnahme bestimmter Operationen

    auf dem Lsungsweg im Bezug auf die Zielerreichung dar.

    Duncker (1935) definierte diesen Planungsprozess als die Suche nach dem

    fehlenden Grund einer vorgegebenen (gedanklich vorweggenommenen) Folge

    (S. 1) bei einem Problem.

    Polya (1966) unterschied vier Phasen bei der Lsung eines Problems:

    6

  • das Verstehen des Problems

    der Entwurf eines Plans zur Lsung eines Problems

    das Ausfhren des Plans

    die Prfung des Plans hinsichtlich seines Bewhrens

    Die schwierigste Phase in diesem Prozess ist der Entwurf des Plans, der je nach

    Problemart hohe Anforderungen an die geistigen Ressourcen stellen kann.

    Der Planungsprozess kann als das Absuchen eines Problemraums vorgestellt

    werden, der aus verschiedenen Problemzustnden besteht, aus den Ausgangs-,

    den Ziel- und den Zwischenzustnden.

    Die Aufgabe besteht darin, im Problemraum eine mgliche Abfolge von Zwi-

    schenschritten zu finden, die einen Ausgangszustand in einen Zielzustand ber-

    fhrt. Die Anforderung an das Planen variiert nun in Abhngigkeit davon, wie

    viele Zwischenschritte sich auf dem Weg zum Ziel befinden, d.h. wie weit ein

    Problemlsender die Anwendung bestimmter Operationen (z.B. Regeln) in

    Hinblick auf die berfhrung des Ausgangs- in den Zielzustand antizipieren

    muss.

    Damit lsst sich auch das Ziel der vorliegenden Untersuchung beschreiben.

    ber die Manipulation der unterschiedlichen Anzahl der vorwegzunehmenden

    Planungsschritte sollen mit Hilfe des Tower-of-London Paradigmas die damit

    korrelierenden Gehirnareale bestimmt werden.

    Es soll noch ein anderer wichtiger Aspekt des Planens erwhnt werden, nm-

    lich die Prfung in Bezug auf die Zielerreichung. Im Falle des Nichterreichens

    knnen z.B. durch interne oder externe Diskrepanzen Modifikationen des Plans

    bzw. Planabbruch oder Neuentwicklung vorgenommen werden (Hayes-Roth &

    Hayes-Roth, 1979). Dieser Aspekt beschreibt das Planen als einen dynami-

    schen Prozess, der auf dem vorweggenommenen Lsungsweg stndig bzgl. des

    angestrebten Ziels aktualisiert wird.

    2.2 Klassifikation der Probleme

    Wie bereits oben dargelegt, ist ein Bestandteil des Planens die Reprsentation

    der Planungsanforderung oder das Verstehen des Problems. Diese lsst sich am

    besten mit dem Begriff des Problemraums (Mesarovic, 1964) beschreiben, der

    7

  • die Menge aller Problemzustnde oder aller Transformationen (Krause, 2000)

    beinhaltet. Der Vorteil besteht dabei in seiner Vollstndigkeit, wodurch die

    Quantitt der Denkleistung messbar gemacht werden kann. Der Nachteil ist

    jedoch, dass nur wenige Probleme die Forderung nach der Vollstndigkeit er-

    fllen knnen.

    Damit kommt man zum Aspekt des Klassifizierens der Probleme.

    Man findet in der Literatur vier Kriterien fr das Einteilen der Probleme (Krau-

    se, 2000). Man kann sie unterscheiden

    nach der Art der Operation, z.B. Interpolieren (Drner, 1976)

    nach dem Grad der Transparenz, z.B. komplexes vs. elementares Problem-

    lsen

    nach den Bestimmungsstcken des Problemraums. Dies impliziert die Un-

    terscheidung der Probleme nach der Vollstndigkeit des Problemraums

    nach Prozesseigenschaften, z.B. Prozess der Problemraumerweiterung bzw.

    einschrnkung.

    Durch diese Einteilung lsst sich jedes Problem beschreiben. Es ist umgekehrt

    mglich daraus auf eine gezielte Fragestellung oder einen zu interessierenden

    Denkprozess hin das entsprechende Paradigma auszuwhlen.

    2.3 Klassifizierung eines optimalen Paradigmas

    Das Ziel dieser Arbeit ist es die neurophysiologischen Parameter des Pla-

    nungsprozesses zu bestimmen. Die Fragestellung beschrnkt sich dementspre-

    chend auf diesen isolierten Denkprozess. Es wird ein Paradigma gesucht, das

    diesen mglichst klar und einfach abbildet und andererseits gut messbar ist.

    Ein wichtiges Kriterium dafr ist die Transparenz des Problems. Damit ist ge-

    meint, dass wichtige Variablen und ihre Verknpfungen im Lsungsprozess

    nicht neu entdeckt werden mssen. Ein weiterer Aspekt wird durch die Be-

    stimmungstcke des Problemraums definiert. Die Zielkriterien mssen dabei

    klar und die Mittel bekannt sein (Drner, 1976). In Bezug auf den Problem-

    raum sollte dieser vollstndig bzw. abgeschlossen sein (Krause, 2000). Damit

    8

  • wird gewhrleistet, dass der Problemlsende nur wenig Wissen oder Gedcht-

    nisleistungen auf dem Lsungsweg braucht.

    Damit kommt man zu einer Klasse von Problemen, die durch die Erfllung der

    oben genannten Kriterien gut messbar, jedoch dadurch zu restriktiv sind, um

    Denkvorgnge in der Realitt zu beschreiben. Krause (2000) schreibt dazu,

    dass diejenigen Denkprozesse, die in der Realitt auftreten, bisher am wenigs-

    ten erforscht sind, obwohl sie sehr frh Gegenstand der Denkpsychologie wa-

    ren. Dies liegt sicherlich daran, dass die Operationalisierung sowie die Analyse

    der einzelnen Teilkomponenten solcher Denkprozesse viel schwieriger sind als

    die Messung z.B. der Planungsfhigkeit in klar strukturierten Problemrumen.

    Es wird in dieser Arbeit nicht beabsichtigt, eine Abbildung realer Denkleis-

    tungen in der Neuroanatomie und physiologie zu untersuchen. Denn fr sol-

    che komplexen Prozesse ist sowohl die Methodik der bildgebenden Verfahren

    als auch die der Denkpsychologie noch nicht fein genug.

    Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit zur Untersuchung der Planungsfhig-

    keit das Tower-of-London Paradigma eingesetzt, das wie das klassische Turm-

    von-Hanoi Paradigma in die Kategorie des elementaren Problemlsens fllt

    und eine sequentielle Suche im abgeschlossenen Problemraum erfordert.

    2.4 Tower-of-London

    Der TOL ist ursprnglich von Shallice 1982 entwickelt worden, um Planungs-

    defizite bei Patienten mit Frontalhirnlsionen zu untersuchen. Er stellte mit

    diesem Test eine Alternative zum Turm-von-Hanoi (TOH) auf, der hufig so-

    wohl im klinischen (z.B. Levin et al., 1996; Murji & DeLuca; 1998, Welsh et

    al., 1999) als auch im nichtklinischen Bereich (z.B. Dagher et al., 1999, Kafer

    & Hunter, 1997) eingesetzt wurde.

    Shallice selbst gab nur wenige Grnde fr die Entwicklung des TOL an. Er

    schrieb, dass der Test ihm im Gegensatz zum TOH erlaubte to produce a gra-

    ded difficulty (S. 204, Shallice, 1982,) und eine grere Auswahl an qualitativ

    unterschiedlichen Problemen herzustellen.

    Er konnte mit dem TOL zeigen, dass Patienten mit Lsionen im linken anterio-

    ren frontalen Kortex Defizite hatten. Dieses Ergebnis konnte in mehreren wei-

    teren Studien repliziert werden (z.B. Owen et al., 1990).

    9

  • Der klassische TOL (Shallice, 1982) besteht aus 3 gleichgroen Kugeln, die

    sich auf drei Stben befinden. Die Stbe variieren dabei in ihrer Gre, auf den

    ersten Stab passen 3 Kugeln, auf den zweiten 2 und auf den dritten Stab 1 Ku-

    gel.

    Es gibt einen Ausgangszustand (Ausgangskonfiguration der Kugeln), der in

    einen Zielzustand (Zielkonfiguration der Kugeln) berfhrt werden soll. Der

    Problemraum ist abgeschlossen und erlaubt eine Variation von Problemzustn-

    den von einem bis acht Zgen. Die genauen Details des Problemraums sind im

    Methodikteil dargestellt.

    Im Vergleich zum klassischen TOH, der aus 3 gleichlangen Stben besteht und

    3 unterschiedlich groe Scheiben hat, weist der TOL eine Problemstruktur auf,

    die bzgl. der zu merkenden Regeln einfacher ist, weil diese aus der Stimulus-

    konfiguration ersichtlich ist. Der Problemraum (s. Methodikteil) bietet darber

    hinaus mehr unterschiedliche Problemzustnde (210 mgliche Problemzustn-

    de) als der TOH. Damit ist es mglich eine relativ groe Anzahl von hnlichen

    Problemen ber die einzelnen Kategorien auszuwhlen. Dies ist v.a. fr die

    bildgebenden Untersuchungen wichtig, um eine gute statistische Power fr die

    TOL korrelierten Gehirnaktivierungen zu gewhrleisten.

    Zusammengefasst wird das Tower-of-London Paradigma zur Messung der Pla-

    nungsfhigkeit verwendet, weil der Problemraum vollstndig ist und klar be-

    schrieben werden kann. Die einzelnen Problemzustnde knnen bzgl. ihrer

    Komplexitt definiert und vergleichbar gemacht werden. Des Weiteren wird

    von den Probanden nur wenig Regelwissen oder Vorkenntnis vorausgesetzt.

    Ein anderer wichtiger Grund fr die Verwendung dieses Paradigmas liegt dar-

    in, dass sich die Planungsanforderungen hinsichtlich der Anzahl der vorwegzu-

    nehmenden Lsungsschritte einfach manipulieren lassen.

    Ein weiterer Grund liegt in der Sensitivitt des TOL-Paradigmas, auf der neu-

    roanatomischen Ebene Frontalhirnfunktionen messen zu knnen. Es sind nicht

    nur klinische Studien (z.B. Shallice, 1982; Owen et al., 1990) durchgefhrt

    worden, die eine Beteiligung frontaler Hirnstrukturen am TOL gezeigt haben,

    sondern auch bildgebende (PET, fMRT) Untersuchungen an gesunden Proban-

    den (z.B. Baker et al., 1996), die im spteren Abschnitt detailliert beschrieben

    werden.

    10

  • 2.5 Planen und exekutive Funktionen

    Wenn man von der Planungsfhigkeit und dem in dieser Arbeit eingesetzten

    Paradigma, dem TOL spricht, taucht hufig der Begriff der exekutiven Funkti-

    onen (EF) auf (z.B. Shallice, 1982; Stuss & Benson, 1986; Lezak, 1995).

    Diese Bezeichnung wird bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert in der

    klinischen und experimentellen Neuropsychologie verwendet (Ullsperger &

    von Cramon, 2003) und ist eng mit den Funktionen des Frontalhirns gekoppelt.

    Die EF werden sogar hufig synonym mit den Frontalhirnfunktionen verwen-

    det.

    Das Verstndnis der EF erweist sich jedoch aus methodologischen und theore-

    tischen Grnden als sehr schwierig (Stuss & Alexander, 2000). Es existiert

    bisher keine allgemeingltige Definition dieses Begriffs. Man findet beispiel-

    hafte Aufzhlungen von konzeptuell heterogenen kognitiven Funktionen, wie

    z.B. Aufmerksamkeit, Monitoring, Arbeitsgedchtnis, Antizipation und Aus-

    wahl von Handlungszielen, Problemlsen oder Evaluation von Rckmeldun-

    gen (S. 506, Ullsperger & von Cramon, 2003).

    Wie man bereits an dieser Zusammenstellung sieht, werden verschiedene kog-

    nitive Funktionen zu einem abstrakten Begriff der EF zusammengefasst. Dem-

    entsprechend stellen Stuss & Alexander (2000) fest, dass sich die EF nur

    schwer operationalisieren lassen. Es ist in Folge dessen schwierig eine experi-

    mentelle Manipulation der zugrunde liegenden Prozesse durchzufhren, wenn

    so viele globale Begriffe darunter verstanden werden. Aus diesem Grund gibt

    es auch nur geringe Korrelationen zwischen den so genannten frontalhirnsensi-

    tiven Tests, weil sie wie die Definition der EF selbst multifaktoriell sind.

    An dieser Stelle ist es nichtsdestotrotz wichtig hervorzuheben, dass trotz der

    konzeptuellen Uneinigkeit die Mehrheit der Exekutivfunktionen unter dem

    Obergriff der Handlungsplanung (Stuss & Benson, 1986) und der TOL als

    prominentester Test zur Diagnostik der Frontalhirnfunktionen verstanden wird.

    Es wird aus diesen Grnden auf das Konzept der exekutiven Funktionen im

    weiteren Verlauf der Arbeit nicht eingegangen, weil die Definitionen des Pla-

    nens in der Denkpsychologie exakter sowie an kein komplexes Modell gebun-

    den sind und deshalb besser experimentalpsychologisch berprft werden kn-

    nen. Eine klare Aufteilung und Operationalisierung der einzelnen Planungspro-

    11

  • zesse ermglicht wiederum eine przisere Abbildung auf der hirnanatomischen

    Ebene.

    2.6 TOL und das Arbeitsgedchtnis

    Das Vorausplanen ber die unterschiedliche Anzahl der Zwischenschritte bei

    TOL fhrt ebenfalls zu einer unterschiedlichen Belastung des Gedchtnisses.

    Drner (1976) stellte zu diesem Zusammenhang zwischen Denken und Ge-

    dchtnis fest, dass das eine das Medium [Gedchtnis] ist, das andere der darin

    stattfindende Prozess [Denken] (S. 28). Es ist auch intuitiv einleuchtend, dass

    mit dem Ansteigen der vorauszuplanenden Schritte immer mehr zustzliche

    Informationen (bei TOL mgliche Zwischenschritte) verfgbar oder on-line

    gehalten werden mssen, um die gesamte Planungssequenz zum Ziel hin vor-

    wegzudenken. Die kognitive Funktion, die dieses aktive Aufrechterhalten der

    Informationen ermglicht, wird als das Arbeitsgedchtnis bezeichnet.

    Den Begriff des working memory (Arbeitsgedchtnis) haben Baddeley &

    Hitch (1974) geprgt. In ihrem Modell (Baddeley & Hitch, 1974, 2000) be-

    schreiben sie das Arbeitsgedchtnis als ein kognitives System mit beschrnkter

    Kapazitt, das eine temporre Speicherung und Manipulation von Informatio-

    nen ermglicht. Baddeley & Hitch (1974) unterscheiden dabei (Abb. 1) ein

    allgemeines Aufmerksamkeitssystem, die zentrale Exekutive (central executi-

    ve) und zwei Sklavensysteme, die phonologische Schleife mit artikulatori-

    schem Kontrollprozess (phonological loop) und das visuell-rumliche Sys-

    tem (visual sketchpad).

    Abb. 1: Das Drei-Komponenten Modell des Arbeitsgedchtnisses

    Die zentrale Exekutive dient der berwachung, Koordination und Kontrolle

    der untergeordneten Sklavensysteme. Die phonologische Schleife stellt einen

    begrenzten Kurzzeitspeicher fr verbales Material und das visuell-rumliche

    System fr nonverbales Material dar.

    12

  • Fr diese Trennung des Arbeitsgedchtnisses in Subsysteme gibt es nicht nur

    Belege aus der experimental-psychologischen Forschung (z.B. Ellis & Henne-

    ly, 1980), sondern auch aus den neurokognitiven Untersuchungen, die fr die

    verschiedenen Subsysteme auch unterschiedliche neuronale Strukturen

    postulierten und teilweise gefunden haben (z.B. Smith & Jonides, 1997) .

    Es besteht Einigkeit darber, dass diese zentrale Exekutive ihren Sitz im

    prfrontalen Kortex hat. Wie jedoch deren genaue Funktionsweise bzw. wie die

    neurofunktionelle Organisation im prfrontalen Kortex ist, ist bislang ungeklrt

    (Ullsperger & von Cramon, 2003). Die Begriffe fr das Beschreiben der Funk-

    tionsmechanismen der zentralen Exekutive, wie z.B. Monitoring, Halten oder

    Manipulation stellen ebenfalls weniger konkrete Begrifflichkeiten dar.

    Welsh et al. (1999) haben die Performance des TOL mit Tests zum visuellen

    und rumlichen Arbeitsgedchtnis korreliert. Die Werte lagen zwischen r=0,41

    und r=0,61 und waren hoch signifikant.

    Erstaunlicherweise ergab diese Studie, dass der TOH, der hnlich wie der TOL

    Planungsfhigkeit erfasst, keine signifikanten Korrelationen mit den Arbeits-

    gedchtnistests aufwies und mit dem TOL lediglich moderat signifikant korre-

    lierte (r=0,39). Die Autoren erklrten diese Diskrepanz damit, dass die beiden

    Tests das Arbeitsgedchtnis anders beanspruchten als der TOH. Es ist aber

    auch mglich, dass die Probanden die Lsungssequenz nicht vollstndig

    durchplanten und damit auch weniger das Arbeitsgedchtnis beanspruchten.

    Dass die Korrelation zwischen TOH und TOL moderat ausfiel, liegt, meiner

    Meinung nach wahrscheinlich am unterschiedlichen Problemraum und der un-

    terschiedlichen Testanweisung.

    Phillips et al. (1999) konnten in ihrer Studie mit 36 gesunden Probanden zei-

    gen, dass eine zustzliche visuo-spatiale bzw. verbale Aufgabe die Leistung im

    TOL erheblich verminderte, was fr eine Beeintrchtigung der exekutiven

    Zentrale nach Baddeley & Hitch (1974) sprechen wrde.

    Es kann insgesamt festgestellt werden, dass das Arbeitsgedchtnis beim Planen

    eine wichtige Rolle spielt, genaue Voraussagen fr TOL lassen sich jedoch aus

    dem Modell von Baddeley und Hitch (1974, 2000) nicht herleiten.

    13

  • 3 Anatomie des Frontalhirns

    3.1 Motorischer Kortex

    Wie man in den vorangegangenen Abschnitten gesehen hat, wurde der TOL

    hufig mit Funktionen in Verbindung gebracht, deren hirnanatomische Lokali-

    sation v.a. im Frontallappen vermutet wird. Die starken Evidenzen dafr kom-

    men nicht nur von den Lsionsstudien, sondern in den letzten Jahren verstrkt

    von Studien mit bildgebenden Verfahren, wie der Positronen-Emissions-

    Tomographie oder der funktioneller Magnetresonanztomographie. Bevor die

    genaue Funktionsweise dieser Verfahren und die Ergebnisse der bildgebenden

    Untersuchungen in Bezug auf die Planungsfhigkeit vorgestellt werden, soll

    nachfolgend ein berblick ber die Neuroanatomie und die allgemeinen Funk-

    tionen des Frontallappens gegeben werden.

    Man kann vereinfacht den Frontallappen (Abb. 2) des Menschen in den vorde-

    ren Kortexbereich, anterior des Sulcus centralis einordnen. Er entspricht ca.

    20% des gesamten Neokortex (Kolb & Whishaw, 1996) und besteht aus mehre-

    ren funktionell unterschiedlichen Regionen, die man in drei Kategorien eintei-

    len kann, den motorischen, den prmotorischen und den prfrontalen Kortex

    (Abb. 3).

    Abb. 2: Abgrenzung des Frontallappens durch Sulcus centralis und lateralis

    14

  • a

    b

    Abb. 3: a) Funktionelle Regionen innerhalb des Frontallappens und b) Brod-

    mann-Karte des Gehirns

    Der motorische Kortex umfasst das Brodmann Areal (BA) 4, der prmotori-

    sche die Areale 6 und 8. Das BA 6 kann unterteilt werden in den prmotori-

    schen (lateral) und in das supplementr-motorischen Areal (SMA, medial), die

    BA 8 in das frontale und supplementre Augenfeld (lateral) und medial in das

    pr-supplementr-motorischen Areal (pr-SMA).

    Der pr- sowie der motorische Kortex lassen sich funktionell als Teil des Sys-

    tems der direkten Bewegungskontrolle einordnen. Es existieren zahlreiche

    15

  • Verknpfungen innerhalb dieses Systems. Der motorische Kortex weist Projek-

    tionen zu spinalen Motoneuronen, zu Basalganglien oder Nucleus ruber auf,

    wodurch dieser direkt an der Kontrolle z.B. der Arm-/Beinbewegungen betei-

    ligt ist. Der prmotorische Kortex (BA 6) ist ebenfalls in die Bewegungsvorbe-

    reitung und Kontrolle ber direkte kortikospinale Bahnen oder indirekt ber

    Projektion in den motorische Kortex involviert. Es gibt weiterhin zahlreiche

    Efferenzen vom posterioren Parietallappen (BA 7, 40), die visuell-rumliche

    Informationen an den prmotorischen Kortex weiterleiten (Kolb & Wishaw,

    1996).

    Der mediale Teil des BA 8, das pr-SMA ist wie das SMA an Vorbereitung

    und Ausfhrung motorischer Sequenzen involviert (Ullsperger & von Cramon,

    2003).

    Der laterale Anteil des Brodmann Areals 8, das auch als das frontale Augenfeld

    bezeichnet wird, weist Efferenz und Afferenzen zu Regionen auf, die an der

    Kontrolle der Augenbewegungen teilhaben, vom Colliculus superior und vom

    posterioren Parietallappen. Alle prmotorischen Areale erhalten Efferenzen

    vom dorsolateralen prfrontalen Kortex (DLPFC), der einen groen Teil des

    prfrontalen Kortex (FC) ausmacht. Dadurch hat der DLPFC einen gewissen

    modulatorischen Einfluss auf die Bewegungskontrolle von Augen und Glied-

    maen.

    3.2 Prfrontaler Kortex

    Als prfrontaler Kortex werden die Abschnitte des Frontallappens bezeichnet,

    die rostral der prmotorischen Areale liegen.

    Die Bezeichnung prfrontal geht auf die Beobachtung von Rose und Woolsy

    (1948) zurck, die im Frontallappen aller Suger eine Region entdeckt haben,

    die Projektionen vom Nucleus dorsalis medialis des Thalamus empfngt.

    Die Einteilung des PFC in einzelne funktionelle Regionen ist in der Literatur

    oft uneinheitlich, weil dieser aufgrund starker Verknpfungen in viele spezifi-

    sche Prozesse involviert ist.

    Bezglich spezifischer subkortikaler (zu einzelnen Thalamuskernen) sowie

    kortiko-kortikaler Verbindungen kann man den PFC in zwei groe Areale

    einteilen (Petrides & Pandya, 1999; Wood et al., 2003), in den dorsolateralen

    16

  • (DLPFC; BA 9/46) und den ventralen oder ventrolateralen PFC (VLPFC; BA

    44/45/47). Der DLPFC weist reziproke Verknpfungen mit Regionen auf, die

    an der motorischen Kontrolle (Basalganglien, prmotorischer Kortex) und an

    spezifischen Aufmerksamkeitsprozessen (Cingulum) beteiligt sind. Weiterhin

    bestehen starke Verbindungen zu Assoziationskortizes und dem Parietallappen,

    die an der Integration der sensorischen Informationen beteiligt sind.

    Der VLPFC ist reziprok mit Amygdala (Emotion), Hippocampus (Gedchtnis)

    und wie der DLPFC mit Assoziationskortizes verknpft.

    Aus zahlreichen Studien sowohl an Primaten (z.B. Mishkin & Manning, 1978)

    als auch an Menschen (z.B. Rypma et al., 2002) geht eine starke funktionelle

    Beteilung des DLPFC sowie des VLPFC am Arbeitsgedchtnis hervor.

    Ein weiteres prfrontales Areal, das zurzeit viel Beachtung erfhrt, ist der fron-

    topolare oder rostrolaterale PFC (RLPFC; Allman et al., 2002), der das BA 10

    umfasst. Es ist noch sehr wenig bekannt ber seine Funktionen (Allman et al.,

    2002). Es gibt in einigen Studien (z.B. Christoff et al., 2001) Evidenzen dafr,

    dass der RLPFC in hherkortikale Funktionen involviert ist.

    Die Untersuchung der genauen Funktion des RLPFC sowie des DLPFC am

    Planen ist das Ziel dieser Arbeit. Der Literaturberblick zu bildgebenden Stu-

    dien mit TOL bzw. TOH soll nachfolgend gegeben werden.

    4 TOL und funktionelle Bildgebung Nachdem das Konzept des Planens aus der Sichtweise der Denkpsychologie

    sowie die Neuroanatomie des Frontalhirns vorgestellt wurde, soll in den nchs-

    ten Abschnitten beschrieben werden, welche Gehirnstrukturen nach dem der-

    zeitigen Kenntnisstand am Planungsprozess beteiligt sind. Die zu diesem The-

    ma durchgefhrten Studien knnen unter dem Oberbegriff der funktionellen

    Bildgebung zusammengefasst werden.

    Welche hirnphysiologischen Mechanismen, Messtechniken und Auswerteme-

    thoden diesen Studien zugrunde liegen, soll an dieser Stelle dargelegt werden,

    um das Verstndnis der Methodik der vorliegenden Untersuchung zu erleich-

    tern.

    17

  • 4.1 Funktionelle Bildgebung

    Der Oberbegriff der funktionellen Bildgebung umfasst alle technischen Verfah-

    ren, die es ermglichen, Gehirnaktivitt an lebenden Menschen oder Tieren

    mittels eines Stimulationsparadigmas (z.B. Finger-Tapping) zu messen. Dazu

    gehren solche Messverfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie

    (PET) oder das physikalisch verwandte Single-photon emission computerized

    tomography (SPECT) sowie die in dieser Studie verwendete funktionelle Mag-

    netresonanztomographie (fMRT). Allen diesen Methoden ist gemein, dass die

    neuronale Aktivitt indirekt (im Gegensatz zur Elektroenzephalographie

    [EEG]) durch Messung des zerebralen Blutflusses bzw. der Stoffwechselaktivi-

    tt bestimmt wird.

    Das zugrunde liegende Prinzip wird auch als die neurovaskulre Kopplung

    bezeichnet. Vereinfacht dargestellt kommt es im Bereich der aktivierten Neu-

    ronen sowohl in der kapillaren Endstrecke als auch im vensen Bereich zu ei-

    ner Blutflussnderung. Diese Vernderung wird durch geeignete Kontrastie-

    rung durch die bildgebenden Verfahren registriert. Die genauen Details der

    Blutflussregulation in den aktivierten Arealen sind jedoch immer noch unzu-

    reichend erforscht.

    PET und SPECT bedienen sich externer Marker, nmlich der radioaktiv mar-

    kierten Substanzen (Tracer) mit einer bestimmten Halbwertzeit, deren Zerfall

    im Gewebe bzgl. der Zeit und des Ortes bestimmt werden kann.

    fMRT nutzt dagegen den BOLD-(blood oxygene level dependent) Effekt als

    ein so genanntes intrinsisches Kontrastmittel, der auf vernderten magneti-

    schen Eigenschaften des oxygenierten (sauerstoffangereicherten) im Vergleich

    zum desoxygenierten Hmoglobin beruht. Dies soll nachfolgend genauer be-

    schrieben werden, wobei zuerst zum Verstndnis ein berblick ber die physi-

    kalischen Grundlagen der fMRT-Methodik gegeben wird.

    4.2 MRT-Grundlagen

    Ein wichtiger Bestandteil des Kernspintomographen (synonym zu MRT) ist ein

    supraleitendes Magnetspulensystem, das ein starkes Magnetfeld erzeugt. Damit

    soll auf die Zielkerne der Messung, die Wasserstoffprotonen eingewirkt wer-

    18

  • den. Die Protonen haben einen Eigendrehimpuls, den so genannten Spin, der

    sich entsprechend dem angelegten magnetischen Feld ausrichtet. Die Spin-

    magnetisierung lsst sich durch eine Kreiselbewegung mit einer spezifischen

    Frequenz (Larmorfrequenz) beschreiben. Durch kurze Hochfrequenzimpulse,

    die mit der Larmorfrequenz eingestrahlt werden, lsst sich der Kernspin im

    permanenten Magnetfeld um einen bestimmten Winkel auslenken. Dadurch

    kommt es zu einem Ungleichgewichtszustand, der sich unter Energieabgabe

    zurckbildet.

    Es gibt dabei zwei charakteristische Zeitkonstanten, die T1- und die T2-

    Relaxation. Die T1-Relaxation entspricht der Energieabgabe, bei der die Proto-

    nenspins in ihre ursprngliche Position im angelegten Magnetfeld zurckkeh-

    ren, whrend die T2-Relaxation (synonym Spin-Spin-Relaxation) der Energie-

    abgabe aufgrund der unterschiedlichen lokalen Felder (Energieaustausch zwi-

    schen den Spins) entspricht.

    Diese Zeitkonstanten sind von dem umliegenden Gewebe und der Feldstrke

    abhngig. Unterschiedliche Gewebe, z.B. graue und weie Substanz im Gehirn

    haben unterschiedliche Relaxationszeiten. Durch die Erfassung dieser Zeiten

    ergibt sich der Bildkontrast im MRT.

    Fr die funktionelle Kernspin-Bildgebung ist eine andere Relaxationszeit ent-

    scheidend, nmlich die T2*-Relaxation. Diese entsteht durch regionale Unter-

    schiede in der Magnetisierung (Suszebilittsunterschiede) durch Energieaus-

    tausch zwischen den Protonenspins (deswegen auch T2*). Diese Konstante

    lsst sich mit bestimmten MR-Sequenzen, den so genannten Gradientenecho-

    sequenzen darstellen.

    Das Gradientensystem sorgt sowohl fr die jeweilige Schichtauswahl im Ge-

    hirn als auch fr deren Ortskodierung, d.h. fr die Information bezglich der

    Lokalisation der Signalvernderung.

    In der funktionellen Bildgebung ist die am weitesten verbreitete Messtechnik

    das Echo-Planar-Imaging (EPI). Diese Sequenz besitzt eine hohe zeitliche Auf-

    lsung. Ein komplettes zweidimensionales Bild, also eine Gehirnschicht kann

    durch schnelles zyklisches Umschalten des Lesegradienten in ca. 100ms ko-

    diert werden. Man kann auf diese Weise z.B. das gesamte Hirnvolumen mit 20

    Schichten in ca. 2s messen. Durch diese kurze Messzeit ist dieses Verfahren

    weniger empfindlich gegenber Kopfbewegungen oder Blutpulsationen.

    19

  • Es knnen jedoch Bildverzerrungen durch lokale Magnetfeldinhomogenitten

    oder Geisterbilder (Doppelbilder) auftreten. Dies strt die Detektion relevanter

    Hirnaktivierungen erheblich.

    4.3 BOLD-Effekt

    Die T2*-Relaxation wird, wie oben dargestellt mit der EPI-Technik erfasst und

    beruht auf regionalen Magnetisierungsunterschieden. Diese lokalen Vernde-

    rungen entstehen durch den sogenannten BOLD- (blood oxygene level depen-

    dent) Effekt, der fr die funktionelle MRT entscheidend ist.

    Whrend der neuronalen Aktivierung kommt es in dem umliegenden Gewebe

    zu einer berproportional starken Erhhung des regionalen Blutflusses (rCBF).

    Im Vergleich dazu steigt die regionale O2-Extraktion nur geringfgig an. Es

    kommt zu einer Hyperoxygenierung (Villringer, 2000). Auf der Zeitachse ab-

    gebildet (Abb. 4) steigt der rCBF in den ersten 2s nach der neuronalen Aktivie-

    rung an und erreicht nach 4 bis 6s eine Sttigung, die bei fortgesetzter Stimula-

    tion konstant bleibt. Nach Beendigung der neuronalen Erregung erfolgt die

    Verringerung des Blutflusses innerhalb von ca. 10s zur Baseline zurck. Diese

    verzgerte Blutflussreaktion wird als die hmodynamische Antwortfunktion

    bezeichnet und bestimmt damit die zeitliche Auflsung in der fMRT.

    20

  • Abb. 4: Darstellung des hypothetischen Verlaufs der hmodynamischen Res-

    ponse unter kognitiver Stimulation

    Durch die Hyperoxygenierung nach der neuronalen Erregung verndert sich

    folglich auch das Verhltnis zwischen dem O2-angereichten (Oxy-) und dem

    O2-nichtangereichten (Desoxy-) Hmoglobin. Oxy- hat im Vergleich zu Deso-

    xy-Hmoglobin unterschiedliche magnetische Eigenschaften, das erste wirkt

    diamagnetisch, d.h. nur schwach magnetisch und das zweite wirkt paramag-

    netisch, d.h. es wirkt stark magnetisch. Das Desoxy-Hmoglobin verndert

    dabei durch die Verstrkung des lokalen Magnetfelds im Bereich der Blutge-

    fsse die Magnetfeldhomogenitt (Abnahme) und damit die Signalrelaxation.

    Durch die Zunahme des Oxy-Hmoglobins nach der neuronalen Aktivitt

    nimmt die Desoxygenierung ab. Damit wird die Magnetfeldhomogenitt er-

    hht. Im EPI kommt es zu Signalerhhung im aktivierten Bereich. Eine nde-

    rung des rCBF wird durch die Subtraktion des Relaxationssignals zwischen

    Ruhe- und Aktivierungsbedingung gemessen.

    4.4 fMRT-Design

    Bei der Gestaltung der fMRT-Paradigmen steht die Optimierung der Detektion

    der BOLD-Signal-nderung im Vordergrund, welche sich stark an dem oben

    beschriebenen zeitlichen Verlauf der hmodynamischen Antwort orientiert.

    Des Weiteren ist es wichtig sowohl die Empfindlichkeit als auch die Separie-

    rung der kognitiven Stimulationsparadigmen in Bezug auf die BOLD-Response

    durch mglichst starke und hufige nderung der Aktivierung zu erreichen.

    Fr die ausreichende statistische Testpower sind je nach Signal-Rausch-

    Verhltnis mehrere Mittlungen des Aktivierungsverlaufs notwendig.

    Es gibt derzeit drei Arten von fMRT-Design, das sogenannte Block-, das

    event-related und das Mixed-Design, das eine Kombination der ersten beiden

    darstellt. Nachfolgend sollen die ersten beiden vorgestellt werden.

    Das Blockdesign besteht aus einer festen Abfolge von Ruhe- und Stimulations-

    bedingungen, die in Blcken prsentiert werden, d.h. mehrere theoretisch hn-

    liche Aufgaben (je nach Paradigma) werden in einer Zeitperiode gemessen.

    Dabei ist deren Dauer in der Regel deutlich lnger als die Zeitkonstanten der

    21

  • hmodynamischen Antwort und reicht von 16s bis zu einer Minute (Donaldson

    & Buckner, 2000). Auf einen Stimulationsblock folgt meistens ein Ruheblock,

    so dass das Block-design ein on-off-Charakteristikum aufweist.

    Es wird theoretisch angenommen, dass sich die stimulusgebundene neuronale

    Aktivitt in den einzelnen Blcken ohne Wechselwirkungen linear aufsum-

    miert (Zarahn et al., 1997).Diese Aktivierung wird durch eine einfache Recht-

    eck-Funktion beschrieben (box-car-Funktion).

    Zu den Nachteilen dieses Designs gehren die grere Sensitivt fr Bewe-

    gungsartefakte und die Schwierigkeit die hmodynamische Antwort genau ab-

    zuschtzen. Weiterhin kann man unterschiedliche Aufgabentypen nicht rando-

    misiert vorgeben. Johnson et al. (1997) sehen den Einfluss der trial-Darbietung

    (randomisiert oder geblockt) bei den fMRI-Experimenten sowohl auf die kog-

    nitiven Prozesse in den trials selbst als auch auf die Intertrialintervalle. Gehirn-

    aktivierungen knnen z.B. durch konfundierende Effekte der Aufgabenantizi-

    pation oder durch Habituationseffekte zustande kommen.

    Andere kognitive Paradigmen lassen sich nur schwer im Blockdesign darbie-

    ten.

    Die wesentlich flexiblere Design-Form erreicht man durch die Verwendung

    einzelner Trials (single trial), die unter dem Begriff einer event-related fMRT-

    Messung (efMRT) zusammengefasst werden. In Grundzgen entspricht dies

    der Messung und Auswertung ereigniskorrelierter Potentiale. Dadurch ist es

    z.B. mglich wie im klassischen psychologischen Experiment einzelne Aufga-

    ben ber die Lnge einer efMRT-Messung zu randomisieren und anschlieend

    bei der Auswertung ber die interessierenden Kategorien zu mitteln.

    Es lsst sich weiterhin fr jedes Event z.B. eine an dessen Lnge (RT bezogen)

    angepasste und damit genauere hmodynamische Antwortfunktion aufstellen

    (Christoff et al., 2001). Die Annahme der linearen Summation fllt in diesem

    Design weg, was flexiblere Auswertungsdesigns (z.B. parametrisch oder fakto-

    riell) ermglicht.

    4.5 fMRT-Datenauswertung

    Nachdem die physikalischen und physiologischen Mechanismen der fMRT

    beschrieben wurden, soll nachfolgend ausgefhrt werden, wie die Vernderung

    22

  • der lokalen Oxygenierung (d.h. der BOLD-Effekt) aus den funktionellen EPI-

    Bildern statistisch dargestellt werden kann. Dies erfolgt in einem komplizierten

    mathematischen Verfahren, das hier nur grob umrissen werden soll.

    Es gibt mittlerweile eine Menge von fMRT-Software-Paketen, die alle notwen-

    digen statistischen Prozeduren mehr oder weniger beinhalten und eine automa-

    tisierte Auswertung ermglichen, z.B. AFNI (Medical College of Wisconsin)

    oder MED-X (Sensor Systems). Die meiste Verbreitung und Akzeptanz erfhrt

    derzeit das Statistical Parametric Mapping (SPM, Wellcome Department Of

    Cognitive Neurology, London, UK), welches eine Freeware ist, jedoch auf der

    kostenpflichtigen MATLAB-Software (Mathworks, Sherborn, MA) aufsetzt.

    Das SPM-Programm ist modulr aufgebaut und besteht aus MATLAB-Scripts,

    welche die Auswerteroutine fr die einzelnen Schritte bei einer fMRT-

    Auswertung beinhalten. Man kann diese Schritte grob in drei Bereiche untertei-

    len (Abb. 5):

    Vorverarbeitung der Daten

    Parameterschtzung in einem statistischen Modell

    Inferenzstatistik ber die geschtzten Parameter

    Vorverarbeitung Parameterschtzung Inferenzstatistik

    23

  • Abb. 5: Darstellung einer fMRT-Auswertung mit dem SPM-Programm (Insti-

    tute of Cognitive Neurology, London)

    4.5.1 Vorverarbeitung (preprocessing)

    Die fMRT-Daten bzw. -Zeitreihen sind neben dem BOLD-Effekt auch sensitiv

    fr andere unerwnschte EPI- und probandenspezifische Effekte (Artefakte),

    wie z.B. Doppelbilder, Kopfbewegungen im MR-Scanner oder Respiratorik,

    die zu unterschiedlichen Signalintensitten der einzelnen Voxel (3D-Pixel)

    ber die Messzeit fhren knnen (Cohen, 2000). Dadurch knnen die funktio-

    nellen Signalvernderungen verwischt werden oder Pseudoaktivierungen, d.h.

    Aktivierungen, die nicht mit dem kognitiven Paradigma zusammenhngen,

    auftreten. EPI-spezifische Artefakte lassen sich nicht mit den Korrektur-

    Algorithmen des SPM entfernen. Die Bilder sollten deswegen vor der Vorver-

    arbeitung durchgesehen und bei Vorliegen entsprechender Artefakte aus der

    Studie ausgeschlossen werden.

    Um die probandenspezifischen Artefakte zu minimieren, fhrt man eine Reihe

    von Vorverarbeitungsschritten durch, die nachfolgend kurz dargestellt werden

    sollen.

    Im ersten Schritt der Datenvorverarbeitung wird die so genannte Slice-Timing-

    Korrektur durchgefhrt. Diese ist notwendig aufgrund der gestaffelten Aquisi-

    tionen der einzelnen Schichten in einem EPI-Gehirnvolumen und der sich da-

    mit verndernden zeitlichen Abfolge einer fMRT-Zeitreihe. Mit Hilfe des Sli-

    ce-Timing wird ber alle Schichten smtlicher aufgenommenen Gehirnvolumi-

    na eine Zeitreihe bezglich einer festgelegten Referenzschicht gebildet. Das

    Slice-Timing spielt nur beim event-related Design eine Rolle, bei dem jedes

    Trial einzeln gemessen wird. Beim Blockdesign wird die Gesamtheit aller Tri-

    als in einem Block gemessen, so dass hier zeitliche Verschiebungen der einzel-

    nen Schichten eine untergeordnete Rolle spielen.

    Wie oben bereits erwhnt, knnen Bewegungsartefakte zu unerwnschten Sig-

    nalvernderungen fhren. Um das zu vermeiden, wird im nchsten Schritt der

    Vorverarbeitung die so genannte Bewegungskorrektur (Realignment) durchge-

    fhrt. Dabei wird ein Referenzbild festgelegt. blicherweise ist es das erste

    Bild (Scan) in einer Zeitserie, weil man hier die wenigsten Bewegungen an-

    24

  • nimmt. Anschlieend werden alle anderen Bilder auf das erste Bild mit Hilfe

    der Kleinst-Quadrate-Lsung und einer affinen Transformation bewegungskor-

    rigiert (Ashburner und Friston, 2000). Die affine Transformation besteht aus

    Operationen wie Verschiebung, Drehung, Skalierung und Scherung.

    Ein weiteres Problem ist die Unterschiedlichkeit der Gehirne, welche Unter-

    schiede in Lokalisierungen der Gehirnaktivierungen bei den einzelnen Proban-

    den bedingt. Um eine Gruppenauswertung, also eine Mittelung ber die Pro-

    bandenaktivierungen durchfhren und somit auch die Ergebnisse mit anderen

    Studien vergleichen zu knnen, mssen die einzelnen Gehirne in einen stan-

    dardisierten anatomischen Raum (Koordinatensystem) gebracht werden.

    Bei den Bildgebungsuntersuchungen ist der Talairach-Raum (Talairach &

    Tournoux, 1988) weit verbreitet. Er ist definiert anhand zweier anatomischer

    Marker, der Commissura anterior (AC) und Comissura posterior (PC) und gibt

    alle Koordinaten in Millimetern an, welche von der Commissura anterior aus-

    gehen. Dazu muss das anzupassende Gehirn (Zielbild) an ein Referenzgehirn

    (Template) angeglichen werden.

    Die Anpassung erfolgt sowohl linear als auch nichtlinear. Lineare Methoden

    bestehen wie bei der Bewegungskorrektur aus affinen Transformationen. Die

    Ausrichtung eines Bildes kann z.B. durch Verschiebung und Drehung ange-

    passt werden, Skalierung und Scherung verndern die Bildgre.

    Nach der linearen Transformation sind die Zielbilder und das Template in ei-

    nem gemeinsamen Raum, es bestehen jedoch innerhalb des Raumes lokale

    Unterschiede hinsichtlich anatomischer Regionen. Diese werden durch nichtli-

    neare Transformationen gezerrt (warping), bis sie der Referenz entsprechen

    (Ashburner und Friston, 1999).

    Um die verbliebenen Varianzen sowohl bzgl. funktioneller oder anatomischer

    Regionen zwischen den Probanden als auch um das Signal-Rausch-Verhltnis

    des MR-Signals zu verbessern, werden die Daten (Intensitten einzelner Voxel

    ber die fMRT-Zeitreihe) mit dem Gauschen Filter mit einer bestimmten

    Breite geglttet (Smoothing). Das mathematische Prinzip des Smoothing

    besteht aus der Mittelung der benachbarten Voxel, so dass hochfrequente Sig-

    nalintensitten zugunsten der niedrigfrequenten verwischt werden. Den Grad

    dieser Verwischung bzw. der zu mittelnden Voxel bestimmt die Breite des

    Gauschen Filters.

    25

  • blicherweise nimmt man fr die fMRT-Gruppenanalysen einen Filter von

    8mm und bei PET-Studien einen von 16mm.

    Ein weiterer Sinn des Glttens besteht darin, die Validitt der nachfolgenden

    Parameterschtzungen zu erhhen, in dem z.B. die Grundvoraussetzungen des

    parametrischen Testens, wie die Normalverteilung der Fehler verbessert wer-

    den.

    4.5.2 Parameterschtzung und Inferenzstatistik

    Nachdem die fMRT-Daten auf die oben beschriebene Art und Weise vorverar-

    beitet wurden, erfolgt nun die statistische Aussage ber die aktivierten Regio-

    nen (Voxel) in Bezug auf das kognitive Stimulationsparadigma.

    Eine wichtige Vorgehensweise des SPM-Programms ist die Durchfhrung ei-

    ner Varianzanalyse separat ber jeden einzelnen Voxel (Friston et al., 1996).

    Dazu werden Statistical Parametric Maps (SPM) gerechnet, die eine Wahr-

    scheinlichkeit fr jeden einzelnen Voxelwert einer fMRT-Zeitreihe angeben,

    die unter der Nullhypothese (keine regionalen Signalunterschiede) und entspre-

    chenden Annahmen (wie z.B. Homogenitt der Fehlervarianzen) eine t- bzw.

    F-Verteilung aufweisen. Damit kann man im nchsten Schritt Aussagen ber

    die rumlichen (lokalisatorischen) Unterschiede in Abhngigkeit vom jeweili-

    gen Paradigma treffen.

    Allgemein formuliert wird fr jeden Voxel ein allgemeines lineares Modell

    (ALM) aufgestellt:

    Univariate Modellgleichung: y = Xb + e, wobei vorausgesetzt wird, dass die einzelnen Residuumskomponenten ei normalverteilt sind mit E(ei) = 0.

    y- entspricht dem Vektor der n unabhngigen Beobachtungen (fMRT-Zeitserie

    in einem Voxel), X- enthlt die Prdiktorvariablen (Designmatrix), wobei

    jede Spalte in der Designmatrix einer definierten Testbedingung entspricht, b- ist ein Vektor der unbekannten Parameter, die mit Hilfe der Methode der

    kleinsten Quadrate geschtzt werden. Die einzelnen Bedingungen werden mit

    der theoretischen BOLD-Response konvolviert, um eine bessere Anpassung

    des Modells an die beobachteten Daten zu erreichen (Friston et al., 1995).

    26

  • Die Designmatrix kann Indikatorvariablen enthalten, die sowohl eine kategori-

    ale als auch eine faktorielle Fragestellung ermglichen, z.B. Yi=b0

    +b1Xi1+b2Xi2+ ei (fr i=Zeit) mit zwei Bedingungen. Fr den Spezialfall, den t-Test, sind die beiden Spalten der Designmatrix

    dummy-kodiert mit 0 und 1, um die Gruppenzugehrigkeit anzuzeigen. Die zu

    testende Nullhypothese ist b1= b2. Auf diese Weise kann die t-Statistik bzgl. der Parametervektoren (mit der Bercksichtigung der zeitlichen Autokorrelati-

    on) berechnet und diese mit der Students t-Verteilung verglichen werden. Diese Nullhypothese wird im SPM99 fr jeden einzelnen Voxel geprft. Dar-

    aus ergibt sich, fr den Fall, dass alle Voxel voneinander unabhngig sind, eine

    groe Menge von Einzelstatistiken. Damit steigt die Gefahr, dass einige Voxel

    zufllig die Signifikanzschwelle berschreiten (Problem der multiplen Verglei-

    che). Eine konservative Korrektur kann dabei nach Bonferroni erfolgen, indem

    das nominale Signifikanzniveau bzgl. der Anzahl der Einzelvergleiche geteilt

    wird.

    Da jedoch die einzelnen Voxel in der funktionellen Bildgebung nicht vonein-

    ander unabhngig (z.B. bedingt durch Normalisierungsalgorythmen oder phy-

    siologische Zusammenhnge) sind, ist die Bonferroni-Korrektur zu streng. Den

    Grad der Abhngigkeit der Voxel voneinander bestimmt die Gltte des Feldes

    (s. Smoothing), wovon die Strke der Korrektur abhngt. Beim hohen

    Smoothing-Filter muss weniger korrigiert werden als beim niedrigen.

    Im SPM99 wird die so genannte Theorie der Gauschen Felder verwendet

    (GRF, Friston et al., 1996), die eine mathematische Lsung dafr bietet, die p-

    Werte mit Rcksicht auf die gegenseitigen Abhngigkeiten der benachbarten

    Voxel bzgl. multipler Vergleiche zu korrigieren. Das Vorgehen ist hnlich zur

    Bonferroni-Korrektur, jedoch weniger konservativ. Die Aussage bezieht sich

    auf Regionen (mehrere zusammengefasste Voxel) anstatt auf einzelne Voxel

    4.5.3 Inferenzstatistik und Random Effects Analyse

    Im letzten Schritt der Datenauswertung, bei der Inferenzstatistik wird auf die

    Wahl der Fehlervarianz eingegangen werden. Das Verstndnis dieses Sachver-

    halts ist deswegen wichtig, weil man durch die Wahl des Auswertedesigns die

    statistischen Aussagen entweder auf das Stichproben- oder Populationsniveau

    27

  • beschrnken kann. Die Verallgemeinerung der Ergebnisse auf das Populations-

    niveau ist sicherlich am interessantesten.

    Im SPM99 gibt es nur eine Quelle der Fehlervarianz, den Residualfehler ber

    die einzelnen Scans pro Person. In der Gruppenanalyse stellt diese Fehlerquelle

    die Within-Subject-Varianz und die Varianz der gemittelten Aktivierungen als

    die Between-Subject-Varianz dar. Das Verhltnis dieser beiden Varianzquellen

    wird im F-Test geprft. Die Aussage ber die Signifikanz der Aktivierungen

    bleibt jedoch auf diese Stichprobe beschrnkt, weil diese Fehlervarianz (Intras-

    can-Varianz) nach Holmes & Friston (1998) ungeeignet ist, um Aussagen auf

    dem Populationsniveau zu treffen. Diese Form der Auswertung bezeichnen sie

    als Fixed-Effects-Analyse, weil die Personenaktivierungen als fix betrachtet

    werden.

    Um die Ergebnisse auf das Niveau der Population zu erweitern, muss sowohl

    die Interscan-Variation (Scanvarianz ber die Personen) als auch die Zwi-

    schen-Personen-Variation in Aktivierungen betrachtet werden. Holmes &

    Friston (1998) bezeichnen dieses Vorgehen als Random-Effects-Analyse

    (RFX), weil die Personenaktivierungen als ein Zufallsfaktor in die Analyse

    eingehen.

    Alle statistischen Auswertungen in der vorliegenden Arbeit sind mit der RFX-

    Analyse durchgefhrt worden, um eine Verallgemeinerung der Ergebnisse

    mglich zu machen.

    4.6 Bildgebende Untersuchungen mit dem TOL-

    Paradigma

    4.6.1 Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Sin-

    gle-Photon-Emission-Computerized-Tomography

    (SPECT)

    Erste verffentlichte bildgebende Untersuchung mit dem TOL-Paradigma wur-

    den von Andreasen et al. (1992) durchgefhrt. Sie haben in ihrer PET-Studie

    die Xenon-133-Methode verwendet, um den zerebralen Blutfluss (cerebral

    blood flow, CBR) beim Lsen der TOL-Aufgaben zu untersuchen. Das Ziel der

    Untersuchung war es, die Hypofrontalitt bei schizophrenen Patienten zu un-

    28

  • tersuchen. Die Stichprobe bestand aus 15 gesunden Probanden und 36 schizo-

    phrenen Patienten. Das verwendete Paradigma bestand darin, die einzelnen

    Aufgaben durch Drcken der Tasten auf einem berhrungssensitiven Bild-

    schirm zu lsen. Mit Hilfe des Tastendrucks konnten die einzelnen Kugeln

    bewegt werden, bis die Aufgaben gelst waren. In der Kontrollbedingung (als

    Differenzkontrast) sollte auf die aufleuchtenden farbigen Muster geschaut wer-

    den. Die aktivierten Gehirnareale bei den Gesunden waren der linke mesiale

    PFC, der Parietal- und der Occipitallappen.

    Rezai et al. (1993) haben ebenfalls in ihrer SPECT-Untersuchung (Xenon-133-

    Marker) eine bilaterale Involvierung des mesialen frontalen Kortex am TOL

    mit einer strkeren linksseitigen Aktivierung gefunden. Sie haben an 60 Pro-

    banden zustzlich zum TOL den Continuous Performance Test (CPT), Wiscon-

    sin Card Sorting Test (WCST) und Porteus Mazes (PMZs) untersucht. Beim

    WCST wurde der dorsolaterale prfrontale Kortex (DLPFC) aktiviert, PMZs

    zeigte keine frontale Aktivierung und der CPT hatte hnliche Aktivierungen

    wie der TOL.

    In der nachfolgenden SPECT-Studie von Morris et al. (1993) wurde eine hnli-

    che TOL-Version verwendet, d.h. gesunde Probanden lsten mit Hilfe der Tas-

    ten auf einem berhrungssensitiven Bildschirm einzelne TOL-Probleme. In der

    Kontrollbedingung sollten die Probanden ein berlerntes TOL-Problem immer

    wieder lsen, so dass im Differenzkontrast sowohl die motorische Antwort als

    auch eine hnliche visuelle Stimulation vorhanden war. Es wurden die Vern-

    derungen des regionalen zerebralen Blutflusses (rCBF), als physiologischen

    Messparameter untersucht.

    Im Kontrast (ROI-Analyse) der Experimental- gegen die Kontrollbedingung

    fanden die Autoren im Gegensatz zu Andreasen et al. (1992) und Rezai et al.

    (1993) verstrkte Aktivierungen im linken DLPFC. Der erhhte Blutfluss in

    diesem Areal korrelierte positiv signifikant mit der Planungszeit und negativ

    mit der Anzahl der Lsungsschritte.

    Diese unterschiedlichen Befunde hngen vermutlich mit der unterschiedlichen

    Wahl der Kontrollbedingungen, der Auswertungs- und der Messverfahren als

    solche zusammen, die statistisch nicht ausgereift waren und nur eine sehr grobe

    Darstellung der Aktivierungen ermglichten. Die rumliche Auflsung von

    SPECT ist ungeeignet, funktionelle Zusammenhnge innerhalb des frontalen

    29

  • Kortex mit verschiedenen cytoarchitektonischen Arealen darzustellen und die-

    se zu differenzieren (Owen et al., 1996).

    Ein Kritikpunkt dieser ersten Arbeiten ist auch die Tatsache, dass die Autoren

    keine genauen Hypothesen bzgl. der Planungsfunktion aufgestellt und unter-

    sucht haben.

    Weiterhin bleiben andere Fragen nach dem funktionellen Zusammenwirken

    anderer Areale, wie z.B. des parietalen Kortex am Planen ungeklrt.

    Um die beim TOL-Paradigma und damit beim Planen involvierten Gehirnarea-

    le genauer zu untersuchen, setzten Baker et al. (1996) in ihrer PET-Studie die

    H215O-Marker Methode ein, um eine bessere Auflsung zu erreichen. Es wurde

    der rCBF bei 6 Probanden untersucht. Das Paradigma unterschied sich von den

    vorangegangenen Studien dadurch, dass hier die einzelnen TOL-Probleme

    mental gelst werden mussten, d.h. die Vpn mussten im Kopf eine Lsung aus-

    arbeiten und dann die Anzahl der erforderlichen Zge angeben. Die Probleme

    wurden in Blcken angeordnet, die 4 bis 6min dauerten. Die Blcke bestanden

    aus 2- bis 3-Zug- (einfache Bedingung) und 4- bis 5-Zug-Problemen (schwere

    Bedingung). Die Anzahl der Planungsschritte wurde hier als die unabhngige

    Variable definiert. Die Kontrollbedingung bestand aus aufblinkenden Kugeln,

    auf die eine konstante motorische Antwort (z.B. Taste 3) zu geben war. Die

    Auswertung der Daten erfolgte im Block-Design mit Hilfe der SPM-Software

    (MRC Cyclotron Unit, London, UK).

    Baker et al. (1996) untersuchten zuerst die rCBF-nderungen beim TOL (ein-

    fache und schwere Bedingungen) im Vergleich zur Kontrollbedingung. Es er-

    gaben sich sehr hoch signifikante (auf dem Niveau von p=0,001, jedoch nicht

    korrigiert bzgl. der multiplen Vergleiche, s. Kapitel 4.5.3) Blutflusserhhungen

    bilateral im prmotorischen Kortex, DLPFC, SMA, im anterioren Gyrus

    Cinguli (ACG) und rechts im RLPFC, bilateral im medialen Areal des

    superioren Parietallappens (Precuneus, BA 7), im linken inferioren

    Parietallappen, bilateral im Occipitallappen (BA18/19) und im linken Klein-

    hirn. Bei der kategorialen Analyse der Funktion der Komplexitt des Vorausplanens

    (2-, 3- vs. 4-, 5-Zug) gab es Aktivierungen in den gleichen Gehirnarealen, mit

    dem Unterschied der hheren Signifikanz der Blutflusserhhung. Die deut-

    lichsten Unterschiede im frontalen Kortex ergaben sich im rechten DLPFC und

    bilateral im prmotorischen Kortex sowie auf einem niedrigeren Signifikanz-

    30

  • niveau (p=0,01) im rechten RLPFC, die bei schweren Aufgaben signifikant

    strker durchblutet waren als bei einfachen und im Bereich der Insula, die

    bei einfachen Aufgaben einen strkeren Blutflussanstieg aufwies. Die pro-

    zentuale nderung des Blutflusses sowie die Art des Zusammenhangs bzgl. der

    Komplexitt wurden von den Autoren leider nicht dargestellt.

    Die nachfolgend beschriebenen Arbeiten konzentrierten sich auf das TOL-

    Paradigma, bei dem die Vpn die einzelnen Aufgaben motorisch lsen (hnlich

    wie bei Andreasen et al.; 1992; Morris et al., 1993), in dem sie auf dem berh-

    rungssensitiven Bildschirm die einzelnen Kugeln bewegen sollten.

    Owen et al. (1996) haben in ihrer PET-Studie (rCBF; H215O-Marker) 12 Vpn

    untersucht. Es wurden in der Experimentalbedingung (EB) einfache (2-, 3-Zug)

    und schwere (4-, 5-Zug) Aufgaben unterschieden. Es wurden zustzlich zwei

    Kontrollbedingungen (KB) eingefhrt. Mit der einen KB (KB1) sollte das

    TOL-Paradigma bzgl. des spatialen Arbeitsgedchtnisses kontrolliert werden.

    Als Aufgabe sollten die Vpn eine Sequenz von Zgen (3- bis 5-Zge) anschau-

    en, und dann diese Sequenz wiedergeben. Die zweite KB (KB2) bestand darin,

    bei gleichem Ziel- bzw. Ausgangsproblemzustand die Tasten unter den mar-

    kierten Kugeln zu berhren. Die Markierung erfolgte nach dem individuellen

    Planungsmuster, d.h. die Probanden bestimmten selbst, welche Tasten sie be-

    rhrten. Damit sollte die motorische Antwort kontrolliert werden.

    Im Vergleich der einfachen EB-Aufgaben zur KB2 gab es signifikante Aktivie-

    rungen bilateral im superioren parietalen Kortex, in occipitalen Arealen und im

    rechten prmotorischen Kortex. Es gab keine signifikanten prfrontalen Akti-

    vierungen.

    Schwere EB-Aufgaben verglichen mit der KB2 fhrte zu signifikanten regiona-

    len Blutflusserhhungen im DLPFC (BA 9) und Nucleus Caudatus (NC). Im

    Kontrast der beiden EBs resultierten signifikante Aktivierungsunterschiede im

    linken NC und dem rechten Thalamus.

    Die Aktivierung im linken NC blieb auch im Kontrast zwischen schweren EB

    und der KB1 brig. Zustzlich gab es Aktivierung im rechten Kleinhirn und

    visuellen Arealen, jedoch keine frontalen Aktivierungen.

    Im Kontrast der KB1 gegen die schwere EB zeigten sich signifikante Aktivie-

    rungen im DLPFC (BA 9 und 46) und im RLPFC (BA 10), denen die Autoren

    eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem Arbeitsgedchtnis zuwiesen.

    31

  • Owen et al. (1996) stellten weiterhin fest, dass die in der Studie eingesetzte

    Version des TOL wenig Anforderungen an das Arbeitsgedchtnis stellte, wor-

    auf sie die beobachteten Ergebnisse zurckfhren lieen. Es stellt sich dann

    aber eine Frage, ob die Probanden bei diesem Paradigma wirklich vorausge-

    plant haben. Die relativ gleichen Reaktionszeiten bis zum Beginn der motori-

    schen Antwort (initial thinking time), die im Mittel bei 3-Zug- bei 3s, bei 4-

    und 5-Zug-Problemen bei 4,5s lagen, sprechen eher fr eine kurze Auseinan-

    dersetzung mit dem Problemzustand.

    Aus dieser Studie ging ebenfalls hervor, dass striatale Bereiche (NC) eine Rolle

    am Planen spielen knnten. Es war ebenfalls interessant festzustellen, dass der

    RLPFC bei der Arbeitsgedchtnis-Kontrollbedingung aktiviert war und nicht

    beim TOL.

    Dagher et al. (1999) haben dasselbe TOL-Paradigma wie Owen et al. (1996) in

    einer korrelativen Studie (relativer rCBF; H215O-PET) bei 6 Probanden unter-

    sucht. Die Komplexitt der Aufgabe wurde wiederum durch die Anzahl der

    Planungsschritte definiert. Es gab 5 Kategorien mit 1-Zug- bis 5-Zug-

    Problemen. Auf eine Kontrollbedingung wurde in dieser Studie verzichtet.

    Die Denkzeit bis zum ersten Tastendruck stieg ber die unterschiedlichen Auf-

    gabenkategorien linear an, von 2s bei 1-Zug- bis zu 6s bei 5-Zug-Aufgaben.

    Die Fehlerquote variierte von 97% bei 3- bis 47% bei 5-Zug-Aufgaben. Es gab

    jedoch erstaunlicherweise keine signifikanten Unterschiede in der mittleren

    Anzahl der Tastendrcke bei 2- bis 5-Zug-Aufgaben.

    Die statistische Analyse erfolgte in zwei Schritten. Zuerst wurde der kategoria-

    le Ansatz als einfache Subtraktion aller Aufgaben gegen die Ruhebedingung

    und anschlieend der korrelative Ansatz gewhlt, um die Gehirnareale zu

    bestimmen, die mit steigender Aufgabenkomplexitt strker aktivieren. In der

    Subtraktion (TOL-Ruhe) ergab sich ein signifikanter Blutflussanstieg in der

    linken Hemisphre: im primren motorischen (BA 4) und im prmotorischen

    (BA 6) Kortex, in der anterioren Insula, in den superioren und inferioren parie-

    talen Lobuli (BA 7, 40). In der rechten Hemisphre waren es die gleichen

    Strukturen wie in der linken Hemisphre, jedoch ohne den primren motori-

    schen Kortex. Zustzlich waren der DLPFC (BA 9/46), der anteriore Gyrus

    Cinguli (ACG; BA 32), der ventrolaterale PFC (VLPFC; BA 47), der superiore

    frontale (BA 8) und der frontopolare Kortex (BA 10) signifikant aktiviert.

    32

  • Die Aufgabenkomplexitt korrelierte positiv signifikant mit dem Blutfluss bila-

    teral im ACG, im prmotorischen Kortex, im DLPFC, im rechten RLPFC und

    im rechten Nucleus Caudatus. Die Autoren postulieren, dass diese Areale das

    Netzwerk des Planens darstellen, ohne jedoch zu differenzieren, welche von

    diesen Arealen spezifisch am Planen beteiligt sind.

    In dieser Analyse wurden die Areale herauspartialisiert, die an der Bewe-

    gungsvorbereitung und -exekution beteiligt waren. Es ist wiederum verwunder-

    lich, wie man diese Kovariation bei fast identischer mittlerer Anzahl der Tas-

    tendrcke ber alle Bedingungen (auer 1-Zug-Aufgabe) festgestellt hat.

    Dagher et al. (2001) haben in einem weiteren Schritt das gleiche Untersu-

    chungsdesign bei Patienten mit Morbus Parkinson angewandt, wobei die glei-

    chen 6 Probanden aus der Studie von 1999 als Kontrollgruppe fungierten. Es

    zeigte sich, dass der NC bei Parkinson-Patienten keine signifikanten Aktivie-

    rungen aufwies. Im Gegensatz zur gesunden Kontrollgruppe hatten diese eine

    komplexittsabhngige signifikante Aktivierung im rechten Hippocampus. Die

    Autoren postulierten, dass es durch die Strung im fronto-striatalen System bei

    Parkison-Patienten (die Autoren assoziieren dies mit einer verminderten Ar-

    beitsgedchtniskapazitt) zu einer Verschiebung bis hin zum deklarativen Ge-

    dchtnis kommt, so dass es kompensatorisch wirkt.

    Interessanterweise unterschieden sich die Parkinson-Patienten in der Fehleran-

    zahl und Denkzeit nicht signifikant von gesunden Probanden.

    Eine weitere Studie (rrCBF; H215O-PET) mit dem TOL-Paradigma fhrte Ro-

    we et al. (2001) an 10 mnnlichen Probanden durch. Das Ziel der Arbeit be-

    stand darin, die einzelnen Komponenten des Planungsnetzwerks im Gehirn

    darzustellen. Es wurde nur 4-Zug-Aufgaben (160 unterschiedlich Problemzu-

    stnde) verwendet. Es gab 6 distinkte Bedingungen: Planen durch Bewegen der

    Kugeln (EB 1), mentales Planen (EB 2; analog zu Baker et al., 1996), Kon-

    trollbedingung 1 (KB1) - Ausfhren von 4 beliebigen Zgen, Kontrollbedin-

    gung 2 (KB2) - Denken an vier beliebige Zge, Kontrollbedingung 3 (KB3) -

    Visuomotorische Aufgabe: Kugeln auf eine markierte Stelle verschieben und

    Ruhebedingung.

    Im Differenzkontrast der EB 1 gegen KB 3 und EB 2 gegen Ruhe mit Hilfe der

    Conjunction-Analyse, mit der man die gemeinsamen Unterschiede der bei-

    den Experimentalbedingungen gegenber den entsprechenden Kontrollbedin-

    33

  • gungen bestimmen kann, zeigten sich signifikante Aktivierungen im linken

    DLPFC, rechten orbitalen PFC, bilateral im prmotorischen Kortex, im parieta-

    len, occipitalen und inferioren temporalen Kortex, in der Insula und im NC.

    Der Vergleich der beiden EBs gegen KB 1 bzw. KB 2, welcher die am Planen

    beteiligten Gehirnareale darstellen soll, erbrachte keine signifikanten Aktivie-

    rungen im prfrontalen Kortex. Die Autoren gaben jedoch keine Erklrung

    dafr. Die Aktivierungen resultierte in gleichen Arealen, wie im Differenzkon-

    trast der EB 1 gegen KB 3 und EB 2 gegen Ruhe.

    Die Korrelation des rrCBF mit der Planungszeit ergab signifikante Aktivierun-

    gen im linken RLPFC.

    Erwhnt soll noch eine PET-Arbeit (rCBF) von Elliot et al. (1998) werden, die

    6 mnnliche Probanden und 6 depressive Patienten mit einer modifizierten

    Version des TOL-Paradigmas untersucht haben. Das Ziel war es die neurona-

    len Korrelate des Feedbacks zu untersuchen. Das TOL-Paradigma bestand aus

    3- bis 6-Zug-Aufgaben, die jeweils fr 10s prsentiert wurden und mental ge-

    lst werden sollten (hnlich wie bei Baker et al., 1996). Nach dem Tastendruck

    erfolgte eine Rckmeldung ber die Richtigkeit der Antwort. Die Darbietungs-

    zeit wurde deswegen so kurz gewhlt, damit die Probanden nicht ausreichend

    Zeit hatten, die Aufgaben vollstndig zu lsen, so dass die Manipulation der

    Rckmeldung mglich war. Die mit dem Feedback assoziierten Gehirnareale

    waren der NC und der orbitofrontale Kortex. Das methodische Vorgehen war

    allerdings im Bezug auf die Differenzierung dieser Areale unklar.

    Zum TOL-Paradigma gab es noch weitere Untersuchungen, die hier nur kurz

    erwhnt werden sollten, weil sie oben aufgefhrte Untersuchungsdesigns ver-

    wendet haben, um bestimmte Fragestellungen bei klinischen Populationen an-

    zuwenden.

    Elliot et al. (1997) haben das Design und die Messdaten von Baker et al. (1996)

    bernommen, um den TOL an depressiven Patienten anzuwenden.

    Cools et al. (2002) haben die dopaminerge Modulation bei Parkinson-Patienten

    mit Hilfe der TOL-Version von Owen et al. (1996) untersucht.

    34

  • 4.6.2 fMRT

    Das TOL-Paradigma wurde bislang zweimal mit der fMRT-Methode unter-

    sucht. Lazeron et al. (2000) haben bei neun Probanden die TOL-Version von

    Baker et al. (1996) im Blockdesign eingesetzt. Es gab 2- bis 7-Zug-Probleme,

    die in einfachen (2-,3-, und 4-Zge) und schweren (5-, 6- und 7-Zge)

    Blcken prsentiert wurden. Die Aufgaben sollten mental gelst werden. Es

    gab zwei Antwortalternativen, z.B. bei einer 6-Zug-Aufgabe erschienen auf

    dem Bildschirm die Antwortmglichkeiten 6 und 7. In der Kontrollbedingung

    sollten die Probanden die Blle bestimmter Farbe zusammenzhlen.

    Im Vergleich der Experimentalbedingung gegen die Kontrollbedingung gab es

    signifikante Aktivierungen bilateral im medialen und inferioren Gyrus frontalis

    und ACG. Weiterhin gab es Aktivierungen im parietalen und occipitalen Be-

    reich (Precuneus, Cuneus, Gyrus angularis und supramarginalis).

    Im Kontrast der einfachen gegen die schwere Bedingung resultierten keine

    signifikanten Aktivierungen.

    Es ist bei dieser Untersuchung zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist, 6- bis 7-Zug-

    Aufgaben mental lsen zu lassen, denn die Lsungszeit steigt deutlich an und

    bersteigt in der Regel die von den Autoren festgelegte Blockdauer von 36s.

    So gaben die Probanden in den drei schweren Blcken im Mittel 5.2 Antwor-

    ten (Range 3-8) und 70% richtige Antworten, in den drei einfachen Blcken

    gab es durchschnittlich 8.5 Antworten (Range 6-11) und 82% richtige Antwor-

    ten.

    Dass es keine Aktivierungen im Vergleich der beiden experimentellen Bedin-

    gungen gab, liegt vermutlich an der Wahl des Designs (z.B. Blockdesign, An-

    zahl der Antwortalternativen) und an der Definition der Problemkomplexitt.

    In der nachfolgender Untersuchung der gleichen Arbeitsgruppe, die whrend

    der Erstellung der vorliegenden Arbeit erschien (van den Heuvel et al., 2003),

    wurden die oben angefhrten methodischen Schwchen verbessert. Es wurde

    ein event-related Design gewhlt, die Aufgabenkomplexitt bestand aus 1- bis

    5-Zug-Problemen und die maximale Lsungszeit wurde auf 30s festgelegt. Die

    Kontrollbedingung bestand aus einer einfachen Zhlaufgabe, bei der die Pro-

    banden Kugeln bestimmter Farbe auf einem Bild zusammenzhlen sollten. Fr

    eine Aussage auf dem Populationsniveau wurde das Random-Effects-Modell

    35

  • (RFX, Holmes & Friston, 1998) an einer hinreichend groen Stichprobe von 22

    gesunden Probanden (11 Frauen) durchgefhrt. Die gerechneten Kontraste wa-

    ren der Vergleich aller Planungsbedingungen gegen die Kontrollbedingung

    sowie ein parametrischer Kontrast bezglich der Korrelation zwischen dem

    Anstieg in der BOLD-Response und der Anzahl der Planungsschritte.

    Sowohl beim Vergleich der EB gegen die KB als auch in der Korrelationsana-

    lyse wurden der rechte DLPFC, bilateral die Basalganglien (NC und Putamen),

    der Precuneus und der inferiore Parietallappen, prmotorischer Kortex und das

    linke SMA aktiviert. Der linke RLPFC wurde nur in der Korrelationsanalyse

    aktiviert, d.h. mit dem Anstieg der Planungsschritte.

    Es stellen sich auch bei dieser Untersuchung einige methodenkritische Fragen.

    Die wichtigste ist meiner Meinung nach die Frage nach der Vergleichbarkeit

    der relativ einfachen KB, die im Mittel 3.7s dauerte, mit der EB, die im Mittel

    bis zu 15s (5-Zug-Aufgaben) dauerte. Es ist mglich, dass die strkere Aktivie-

    rung im Parietallappen oder auch z.B. im DLPFC durch einen Anstieg der vi-

    suo-spatialen Komplexitt bedingt ist (Christoff et al., 2001) und damit nur

    wenig mit dem Planen an sich zu tun hat.

    Es ist in der funktionellen Bildgebung eine wichtige Frage, ob ein lngerer

    kognitiver Prozess mit einer neuronalen Aktivittssteigerung in den gleichen

    Arealen einhergeht oder ob neue Areale zustzlich involviert werden

    (DEsposito et al., 1997), welche z.B. unspezifisch mit der allgemeinen Erh-

    hung der Komplexitt einer Aufgabe aktivieren.

    Eine Aussage ber die spezifisch beim Planen beteiligten Areale kann daher

    nur eine KB geben, die ebenfalls eine Modulation ber mehrere Schwierig-

    keitsstufen vorsieht und einen hnlichen zeitlichen Funktionsverlauf hat.

    Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Darbietungsreihenfolge der einzelnen Be-

    dingungen (EB vs. KB), die abwechselnd prsentiert wurden. Damit knnten

    andere kognitive Prozesse, wie z.B. das kognitive Switching mit gemessen

    worden sein, welches zu einer planungsunspezifischen Aktivierung v.a. in den

    frontalen Arealen fhren kann (Dove et al., 2002).

    Wie in der ersten fMRT-Studie (Lazeron et al., 2000) wurden auch bei van den

    Heuvel et al. (2003) nur zwei mgliche Antwortalternativen vorgegeben, so

    dass die Ratewahrscheinlichkeit einer richtigen Lsung bei 50% lag. Dies

    36

  • knnte mglicherweise einen Effekt auf die Entscheidungsprozesse der Pro-

    banden gehabt haben.

    4.6.3 Tower-of-Hanoi und fMRT

    Eine andere Arbeit von Fincham et al. (2002) beschftigte sich ebenfalls mit

    der Untersuchung der neuronalen Mechanismen beim Planen mit Hilfe der

    funktionellen MRT. Hier wurde als Paradigma der Turm-von-Hanoi gewhlt,

    welcher in der Kognitionsforschung sehr hufig zur Untersuchung der Pla-

    nungsfhigkeiten eingesetzt wurde. Diese Arbeit soll hier besprochen werden,

    weil sie das gleiche Konstrukt zum Thema macht und methodisch ein hnliches

    Design (efMRT) verwendet wie die vorliegende Studie. Acht gesunde Proban-

    den wurden vor dem Test im MRT grndlich trainiert nach einer bestimmten

    Strategie vorzugehen, nach der so genannten sophisticated perceptual subgoa-

    ling strategy, die im Rahmen der adaptive control of thought-rational-

    Theorie (ACT-R, Anderson et al., 1998) verwendet wird. Mit Hilfe dieser Stra-

    tegie sollten die Vpn 21 pseudorandomisierte Probleme mit jeweils 19 bis 23

    Lsungszgen bearbeiten. Sie sollten immer nur einen Zug durch Tastendruck

    indizieren unabhngig davon, wie viele Planungsoperationen sie durchgefhrt

    haben. Es wurde nach 8s (Hlfte der Bearbeitungszeit) eine einfache Distrak-

    tor-Aufgabe eingesetzt, um zu verhindern, dass die Probanden weitere Zge

    vorausplanten.

    Im Mittel wurden die Aufgaben in 7 Zgen gelst. Die Reaktionszeit wurde

    anschlieend mit dem durch das ACT-R-Modell vorhergesagten Reaktions-

    muster konvolviert und eine Zeitreihenanalyse durchgefhrt. Die bei den Pla-

    nungsoperationen beteiligten Strukturen waren: der rechte DPLFC, der linke

    Gyrus frontalis inferior (BA 44), pmotorischer Kortex, rechte SMA, der bila-

    terale Parietallappen (BA7, 40), das ACG, der Thalamus und Nucleus Cauda-

    tus.

    Die Analyse bzgl. der parametrischen Variation des BOLD-Signals als Funkti-

    on der vom Modell vorhergesagten Planungsoperationen zeigte Aktivierungen

    (Abb. 6) im rechten DLPFC, im medialen SMA bzw. pr-SMA, bilateral im

    prmotorischen Kortex, im Parietallappen und im ACG (BA 24).

    37

  • Abb. 6: Zeitverlufe des BOLD-Signals (aus Fincham et al., 2002)

    Es wurde zustzlich ein Vergleich gemacht zwischen planungsintensiven

    und weniger planungsintensiven Zgen (vom Modell vorhergesagt). Hier

    ergaben sich Aktivierungen im linken inferioren Gyrus frontalis (BA 44; Abb.

    6).

    Insgesamt lieferte diese Studie hnliche Ergebnisse, wie die oben beschriebe-

    nen Untersuchungen mit dem TOL-Paradigma. Interessant war der Fakt, dass

    frontale Areale nur wenig aktiviert waren. Der RLPFC zeigte z.B. gar keine

    Aktivierung.

    Mgliche Grnde dafr knnte die Gebtheit der Probanden sein, die Komple-

    xitt des Designs sowie die Auswertestrategie.

    Ein anderer Grund fr die wenigen frontalen Aktivierungen ist jedoch nahe

    liegender und zwar dass die Probanden in Bezug auf die Definition des Planens

    nicht oder nur wenig geplant haben. Sie verfolgten die sophisticated perceptu-

    al subgoaling strategy, also einen Lsungsalgorythmus und sollten diesen nur

    aus dem Gedchtnis abrufen. Eine eigenstndige Neuentwicklung eines Plans

    und deren Antizipation fanden hier vermutlich nicht statt.

    4.6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

    Die oben dargestellten Arbeiten lassen sich trotz unterschiedlicher Methodik

    und unterschiedlicher Wahl der Experimental- sowie Kontrollbedingung be-

    zglich der wichtigsten Areale wie folgt zusammenfassen.

    Beim kategorialen Vergleich aller Planungsbedingungen gegen Ruhe oder eine

    einfache motorische KB ergaben sich ber alle Studien hinweg einheitliche

    Aktivierungen im dorsolateralen PFC, im inferioren bzw. superioren Parietal-

    lappen und im prmotorischen Kortex. Die Aktivierung aller anderen Struktu-

    38

  • ren aller anderen Strukturen, wie z.B. des Nucleus Caudatus scheint mgli-

    cherweise von der Wahl des TOL-Paradigmas (motorisches vs. mentales L-

    sen) oder der Auswertestrategie abzuhngen.

    Bei Analyse der komplexittsabhngigen Aktivierungen (parametrisches De-

    sign) ergab sich in den berichteten Studien kein einheitliches Bild. Baker et al.

    (1996) und van den Heuven et al. (2003) fanden z.B., dass der RL- und DLPFC

    sowie Parietallappen und ACG (nur bei Baker et al., 1996) bei komplexen

    Aufgaben aktiviert waren, whrend es bei Owen et al. (1996) der Thalamus

    und das Striatum waren. Bei Dagher et al. (1999) wurde zustzlich zu frontalen

    und parietalen Arealen ebenfalls das Striatum mit aktiviert. Bei Lazeron et al.

    (2000) gab es keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Aufgabenkomplexitt.

    Es geht jedoch aus keiner der bisherigen Studien hervor, welche Areale pla-

    nungsspezifisch aktivieren und nicht mgliche andere Prozesse (wie z.B. all-

    gemeine Anstrengung) bercksichtigen. Keine Studie hatte bisher die Komple-

    xitt der Kontrollbedingung variiert und die Funktionsverlufe bei TOL und

    der entsprechenden Kontrollbedingung in den mglichen planungsrelevanten

    Arealen verglichen.

    5 Zielsetzung

    Das Ziel dieser Untersuchung bestand darin, mit der Methodik der event-

    related fMRT darzustellen, welche Gehirnareale oder neuronalen Netzwerke

    am Planen beteiligt sind und wie sich dieses Netzwerk in Abhngigkeit von der

    Problemkomplexitt verhlt. Die Problemkomplexitt ist dabei durch die An-

    zahl der vorauszuplanenden Schritte beim TOL definiert.

    Die Funktion der vorauszuplanenden Schritte ist die Problembearbeitungszeit,

    die in Abhngigkeit von deren Anzahl ansteigt.

    Die spezifische Fragestellung bezieht sich auf die Analyse des Zusammen-

    hangs zwischen der ansteigenden Planungsanforderung und der mglichen da-

    mit einhergehenden Aktivittsvernderung im RLPFC und DLPFC.

    Dabei soll die Funktion der Schrittanzahl beim Planen auf der Reaktionszeit-

    Ebene mit der Funktion der BOLD-Response auf der neuronalen Ebene mitein-

    ander verglichen werden.

    39

  • Um mgliche planungsunspezifische Aktivierungen zu kontrollieren, wurden

    zwei Kontrollbedingungen (KB1 und KB2) zustzlich zum TOL eingefhrt, die

    ebenfalls in ihrer Komplexitt variieren und einen hnlichen Funktionsverlauf

    bzgl. der Bearbeitungszeit haben wie die Funktion der vorauszuplanenden

    Schritte im TOL. Die Komplexitt der beiden Kontrollbedingungen war durch

    die Anzahl der zu zhlenden Kugeln definiert.

    Die entscheidende Frage war, ob sich diese drei Funktionen bzgl. des definier-

    ten Komplexittsniveaus beim TOL und den zwei Kontrollbedingungen im

    neuronalen Aktivittsverlauf in bestimmten Gehirnarealen unterscheiden.

    Wenn sie sich dort unterscheiden, indem z.B. in einem definierten Areal die

    BOLD-Signalnderung im TOL-Paradigma bzgl. der Planungsschritte linear

    ansteigt und in den beiden Kontrollbedingungen nicht, knnte daraus abgeleitet

    werden, dass dieses Areal spezifisch fr das Planen ist. Diese berlegung ist in

    der Abbildung 7 dargestellt.

    % BOLD-Signal- nderung

    RT Gehirnareal, z.B. DLPFC

    TOL KB1

    KB2 TOL

    KB2

    KB1

    Komplexittsgrad Komplexittsgrad 2 3 4 5 2 3 4 5

    Abb. 7: Darstellung der hypothetischen Funktionsverlufe der drei Bedingun-

    gen in Abhngigkeit vom Komplexittsgrad a) bzgl. der Reaktionszeit (RT)

    und b) bzgl. der prozentualer BOLD-Signalnderung. Dieses Gehirnareal wr-

    de planungsspezifisch aktivieren.

    Die drei Bedingungen knnen sich in definierten Arealen in ihren Absolutwer-

    ten unterscheiden (Abb. 8), was z.B. fr eine strkere visuo-spatiale Anforde-

    rung sprechen knnte. Wenn sich jedoch der Funktionsverlauf der BOLD-

    40

  • Response der beiden Kontrollbedingungen nicht vom TOL unterscheidet, wr-

    de dies fr eine planungsunspezifische Aktivitt sprechen.

    Gehirnareal, z.B. DLPFC% BOLD-Signal- nderung TOL

    KB2

    KB1

    Komplexittsgrad 2 3 4 5

    Abb. 8: Darstellung des planungsunspezifischen Signalverlaufs in Abhngig-

    keit vom Komplexittsgrad der drei Bedingungen

    5.1 Hypothesen

    Aus den Ergebnissen der bisherigen Studien wird in dieser Arbeit pos-

    tuliert, dass das neuronale Netzwerk beim Tower-of-London Paradigma

    aus der Interaktion zwischen dem dorsolateralen prfrontalen Kortex

    (DLPFC, BA 9/46), rostrolateralen prfrontalen Kortex (RLPFC, BA

    10), dem prmotorischen Kortex, dem Parietallappen, dem Nucleus

    Caudatus und dem anterioren Cingulum besteht.

    Die planungsspezifische BOLD-Signal-nderung als Funktion der vor-

    auszuplanenden Schrittanzahl findet im DLPFC und RLPFC statt, wh-

    rend es in diesen Arealen bzgl. der Kontrollbedingungen keine komple-

    xittsbedingten BOLD-Signal-nderungen gibt.

    41

  • 6 Methodik

    6.1 Das TOL-Paradigma

    Es wurde eine computerisierte Version des TOL-Paradigmas eingesetzt. Die

    Darbietung erfolgte mit Hilfe der Prsentations-Software Presentation Version

    0.55 (Neurobehavioral Systems, Inc., SF, California; http://nbs.neuro-bs.com/),

    die sich durch eine besonders przise Zeitmessung und einfache Programmie-

    rung von fMRT-Experimenten auszeichnet.

    Das Testmaterial bestand aus drei verschieden farbigen Kugeln (grn, rot, blau)

    sowie aus drei Stben mit unterschiedlicher Lnge (von-links-nach-rechts mo-

    noton abfallend).

    Durch diese Manahme konnte die Individualisierung der Stbe auf ei