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1 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015 Stiftungsprofessur für Spiritual Care an der Ludwig-Maximilians-Universität 2010-2015

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Spiritual Care München

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1 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Stiftungsprofessur für Spiritual Care an der

Ludwig-Maximilians-Universität 2010-2015

Stiftungsprofessur für Spiritual Care an der Ludwig-Maximilians-Universität 2010-2015

Abschiedsvorlesung:

Rückblick und AusblickTraugott Roser

Niels Christian Hvidt

Eckhard Frick sj

3 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe…

1. Nicht nur Patientinnen und Patienten haben „spirituelle Bedürfnisse“, sondern auch diejenigen, die sich um diese Bedürfnisse kümmern.

4 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

k P

5 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Spiritual Care im Schnittfeld der Berufe...

Medizin

Pflege

Soziale Arbeit

Seelsorge

Psychotherapie

Spiritual Care

6 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Kar-

ahd. kara (9. Jh.), mhd. kar ‘Trauer, Wehklage’, asächs. kara ‘Sorge, Klage’, aengl. caru, cearu, engl. care ‘Sorge, Kummer’, anord. kǫr ‘Bett’, bes. ‘Krankenbett’, dichterisch ‘Kummer, Schmerz’, got. kara ‘Sorge’ (germ. *karō). Dieses gehört mit ahd. karōn(um 800), asächs. karon ‘wehklagen’, karm ‘Wehklage’, aengl. carian ‘sorgen’, cearm, cirm ‘Lärm, Geschrei’, got. (ga)karōn ‘sich kümmern’, mhd. karmen, karn ‘trauern, klagen’, mnd. karmen ‘wimmern, jammern, seufzen’ und den außergerm. Verwandten osset. zaryn (зapын) ‘Gesang’, zard (зap∂) ‘Lied, Gesang’, griech. gḗrys(γῆρυς) ‘Stimme, Ruf’, lat. garrīre ‘schwatzen, plaudern, plappern’, air. gairm ‘Ruf, Geschrei’, gāir ‘Geschrei’, gāire ‘Lachen’, kymr. gawr ‘Geschrei, Kampf’ zu einer Schallwurzel ie. *g̑ā̌r- ‘rufen, schreien’.

7 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

k P• Bedürfnisse der

/ des Pat.• Besoins vs. désir• Coping• Bürgerliche

Rechte

• Care• Begleiten• einspringend vs.

vorausspringend

• Cura sui / Selbstsorge

• Spiritualität der heilenden Berufe

8 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe…

2. „Dem Volk aufs Maul schauen“: Begriffliche Vielfalt und Unschärfe „demokratisieren“ die wissenschaftlichen Diskurse.

Str

eib

&

Kelle

r 20

15

Vielfalt der Bedeutungen von „Spiritualität“ (Streib & Keller 2015)

Die „weder Religiösen noch Spirituellen“: bei allen semantischen Varianten im negativen Bereich

Die „gleichermaßen Religiösen und Spirituellen“: Zustimmung zu allen semantischen Varianten

Unter den „mehr Religiösen als Spirituellen“ werden ebenfalls fast alle semantischen Varianten von „Spiritualität“ abgelehnt –mit Ausnahme der Variante „Spiritualität als Teil von Religion und christlichem Glauben“

R-S-

R+S-

R+S+

11 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe…

3. Spiritualität kann Teil des Problems oder Teil der Lösung sein (Ken Pargament): Beispiel Organspende und Transplantation

12 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Einstellungen der Gesundheitsberufe zu Organspende und Transplantation: Eine qualitative und quantitative Studie

Beispiel-Äußerungen

Qualitativer Studienteil

(Mayr et al., submitted)

• Fokusgruppe mit 15 Experten aus

• Pflege

• Medizin (Chirurgie, Anaesthesiologie, Psychosomatik, Onkologie, Intensivmedizin)

• Psychotherapie

• Theol. Ethik

• Ethnologie

„Da hat eine zu mir gesagt, also ich lehne Organspende ab, weil ich im Ganzen begraben werden möchte, denn ich glaube an die Wiedergeburt und da möchte ich im Ganzen …, also, dass wirklich auch alle diese Organe mitgehen.“

„Wir haben schon eine Ablehnung gehabt, weil halt eben diese Unversehrtheit des Körpers eine große Rolle spielt. Ich habe es nämlich auch in einer muslimischen Familie gehabt, wo die junge Generation eigentlich dafür war und die strenggläubige Muslima, die Mutter, gesagt hat: Nein, mein Sohn muss unversehrt hinüber gehen. Der Leichnam darf nicht angerührt werden.“

13 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Einstellungen der Gesundheitsberufe zu Organspende und Transplantation: Eine qualitative und quantitative Studie

Beispiel-Äußerungen

Qualitativer Studienteil

(Mayr et al., submitted)

• Fokusgruppe mit 15 Experten aus

• Pflege

• Medizin (Chirurgie, Anaesthesiologie, Psychosomatik, Onkologie, Intensivmedizin)

• Psychotherapie

• Theol. Ethik

• Ethnologie

„Da hat eine zu mir gesagt, also ich lehne Organspende ab, weil ich im Ganzen begraben werden möchte, denn ich glaube an die Wiedergeburt und da möchte ich im Ganzen …, also, dass wirklich auch alle diese Organe mitgehen.“

„Wir haben schon eine Ablehnung gehabt, weil halt eben diese Unversehrtheit des Körpers eine große Rolle spielt. Ich habe es nämlich auch in einer muslimischen Familie gehabt, wo die junge Generation eigentlich dafür war und die strenggläubige Muslima, die Mutter, gesagt hat: Nein, mein Sohn muss unversehrt hinüber gehen. Der Leichnam darf nicht angerührt werden.“

14 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Einstellungen der Gesundheitsberufe zu Organspende und Transplantation: Eine qualitative und quantitative Studie

Beispiel-Äußerungen

„Also mein persönlicher Eindruck ist, dass im Bereich der Krankenpflege häufig höheres Maß an Spiritualität und Religiosität besteht. Da muss ich ganz klar sagen, dass auch da eine gewisse Kultur herrscht. Wie gehe ich mit Sterbenden um, wie gehe ich mit den Angehörigen um. Dass es bei den Ärzten eher vielleicht keine so große Rolle spielt. […] Aber ich glaube, es ist eine große Hilfe, wenn man dennoch auch eine gewisse Spiritualität hat, um mit diesen Grenzerfahrungen umzugehen, persönlich.“

„Ich denke, das kommt in unseren heutigen, kühlen, schnellen, effizienten Kliniken einfach zu kurz. Und wer es austragen muss, diesen Mangel an Spiritualität, das sind die Leute, die jetzt gerade hier versammelt sind. Und wir sitzen da und hecheln nach Atem, weil wir keine Verarbeitungsmöglichkeiten haben.“

„Dass man würdevoll Abschied nehmen kann und da spielen Rituale natürlich eine große Rolle. […] Da kann man natürlich auch immer sagen auch Brücken bauen für die Angehörigen, gerade bei Kindern, [zum Beispiel] das Stofftier, das der Koordinator mit in den OP gibt. Das nehmen Angehörige manchmal an und haben dann so das Gefühl, da ist so eine Brücke, dass man eine Brücke bauen kann.“

15 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Einstellungen der Gesundheitsberufe zu Organspende und Transplantation: Eine qualitative und quantitative Studie

Alter (Jahre) 33.9 ± 11.1Frauen (%) 71Konfession (%)katholisch 45protestantisch 21andere 4ohne  30SpR Selbst‐Kategorisierung (%)R+S+ 28R+S‐ 12R‐S+ 7R‐S‐ 53Berufsgruppe (%)Medizin 27Pflege 73

Quantitativer Studienteil in verschiedenen Kliniken der LMU

(Hvidt et al., submitted)

• Tätigkeit auf Stationen mit Spendern (26 %), Empfängern (46 %), beiden (20 %), weder noch (8 %)

• Entwicklung des Erhebungsinstruments auf der Basis der Experten-Interviews

• Kooperation mit der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (Bayern)

• Testphase mit Interviews

• Berechnung der internen Reliabilität(Cronbachs α)

• Explorative Faktorenanalyse

16 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Einstellungen der Gesundheitsberufe zu Organspende und Transplantation: Eine qualitative und quantitative Studie

Quantitativer Studienteil: Erschwerende / förderliche Faktoren im Hinblick auf Organspende / Transplantation

• Die Umstände der pflegerischen / medizinischen Betreuung des Organspenders werden nicht als Transplantations-Hindernisseangesehen (bei den Pflegenden und bei Frauen ist dieseEinschätzung stärker als bei Ärzten / Männern, p<.0001).

• Die Annahme “transzendenter Vorbehalte” bei den Angehörigen(Schutz der Seele, Wunsch, ganz begraben zu warden / ganzaufzuerstehen usw.) wird eher von R-S- Personen als von SpR+ angenommen SpR+ sind eher nicht der Meinung, dassArgumente im Zusammenhang mit dem Schutz der Seele gegenOrganspende / Transplantation sprechen.

17 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe…

4. Spiritualität kann Teil des Problems oder Teil der Lösung sein (Ken Pargament): Beispiel Palliative Care

19 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

BindungGeborgenheit

ExplorationKompetenz-erleben

AmbivalenteBindung

ÜberstarkesBedürfnis nach

Bindung/Sozialer

Geborgenheit

VermeidungÜberstarkes

Bedürfnis nachExploration/

Kompetenzerleben

SicherheitGleichgewicht

beiderGrundbedürfnisse

Bindung und spirituelle Krankheitsverarbeitung

20 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Fragebogen zur Erfassung der spirituellen und religiösen Einstellung und des Umgangs mit Krankheit (SpREUK, Büssing 2004)

SUCHE VERTRAUEN REFLEXION

Meine Krankheit hat mich dazu gebracht, mich wieder intensiv mit spirituellen oder religiösen Fragen zu beschäftigen.

Ich suche einen Zugang zu Spiritualität/ Religiosität

Ich habe Vertrauen in eine geistige Führung in meinem Leben.

Ich fühle mich mit einer „höheren Quelle“ verbunden.

Ich bin davon überzeugt, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist.

Ich bin überzeugt, dass meine Krankheit einen Sinn hat.

Durch meine Erkrankung komme ich dazu, darüber nachzudenken, was mir in meinem Leben wirklich wichtig ist

21 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Hinsichtlich der spirituellen Krankheitsverarbeitung verhalten sich sicher und unsicher-distanziert gebundene Palliativpatienten ähnlich.

• Vertrauen: Erhöhter Anteil sicher+distanziert vs. verstrickt (t=-1,660; p=,104)

• Reflexion: Niedrigerer Anteil verstrickter (t=2,389; p=,019)

• Unerledigtes: Erhöhter Anteil sicherer (t= -1,790; p=,092)

*

N=80

22 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Hinsichtlich der spirituellen Krankheitsverarbeitung verhalten sich sicher und unsicher-distanziert gebundene Palliativpatienten ähnlich.

• Vertrauen: Erhöhter Anteil sicher+distanziert vs. verstrickt (t=-1,660; p=,104)

• Reflexion: Niedrigerer Anteil verstrickter (t=2,389; p=,019)

*

N=80

23 | Abschiedsvorlesung | 20.11.2015

Was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe…

5. Spiritual Care hat gerade erst begonnen, ein Thema für die Gesundheitsberufe zu werden…

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Zahl der Publikationen mit "spirituality" oder "spiritual" (MEDLINE)• Professur für Spiritual Care LMU München 2010 –

• Professur für Spiritual Care Universität Zürich 2015 –

• Masterstudiengang Spiritual Care Universität Basel 2015 –

• CAS-Studiengang Universität Bern 2015 –

• Plateforme Spiritualité et Médecine CHUV Lausanne

• Modulstudiengang Spiritual Care HfPh München 2015 –

• Forschungsstelle Spiritual Care: Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München 2015 –

Akademische Präsenz

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Stiftungsprofessur für Spiritual Care an der

Ludwig-Maximilians-Universität 2010-2015