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9 Der Autor dieses Lehrbuches ist seit mehr als 30 Jahren in der Lehre der Biomechanik sportlicher Bewegungen an verschiedenen Universitäten und Hochschulen in der Sport- lehrer- und Diplomsportwissenschaftleraus- bildung sowie in jüngerer Vergangenheit auch in der Biophysik- und Biomechanikausbil- dung von Physiotherapeuten sowie in der Traineraus- und -fortbildung verschiedener Sportarten tätig. In diesen Bereichen zeigt sich eine zum Nachdenken anregende Ent- wicklung. Das naturwissenschaftliche Vor- wissen der Bewerber für ein Sportstudium wie auch der Schüler der Physiotherapieaus- bildung hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Diese Beobachtung steht im krassen Widerspruch zur nationalen und in- ternationalen Entwicklung der Biomechanik im Allgemeinen und in der Sportwissenschaft im Besonderen. Ohne Zweifel hat sich die Biomechanik als eine anerkannte Lehr- und Wissenschaftsdis- ziplin etabliert. Mit der fortschreitenden wis- senschaftlich-technischen Entwicklung haben sich die Untersuchungsmethoden einerseits vervollkommnet, andererseits sind sie für breite Anwendungsfelder nutzbar. Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei Fernseh- übertragungen von sportlichen Ereignissen, wie den Olympischen Spielen oder Weltmeis- terschaften. In vielen Reportagen werden heute Informationen aus biomechanischen Untersuchungen genutzt und während der Übertragungen werden biomechanische Ob- jektivierungsmethoden eingesetzt. Unter an- derem werden die Absprunggeschwindigkei- ten beim Skispringen, die Wurfparabeln beim Speerwerfen, die Aufschlaggeschwindigkeit beim Tennis oder zwei Videoaufzeichnungen synchron eingeblendet. Diese Aspekte berühren die Allgemeinheit insgesamt. Für die Studenten der Sportwis- senschaft wie auch für Physiotherapieschüler und Personen, die als Übungsleiter und Trai- ner in den Verbänden ausgebildet werden, sind die von Bäumler und Schneider (1981) zu ihrer »Sportmechanik« geäußerten Bemer- kungen so aktuell wie vor 20 Jahren. »Das Wissen um Gesetze der Mechanik sollte zum Rüstzeug der Sportwissenschaftler, Sportlehrer und Trainer gehören. Kenntnisse dieser Art können den sportwissenschaftlich und sportpraktisch Interessierten in die Lage versetzen, sportliche Bewegungen selbständig zu analysieren und unter Umständen auch konstruktiv zu verbessern.« (Bäumler und Schneider 1981, S. 7) Die grundlegende Literatur der Sportstuden- ten der neuen Bundesländer bildeten die Lehrbücher von Donskoi »Grundlagen der Biomechanik« und Hochmuth »Biomechanik sportlicher Bewegungen«. Ergänzt wurden diese Standardwerke durch Studienbriefe der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig. In den alten Bundesländern standen den Studenten die Werke von Bäumler und Schneider »Sportmechanik«, Grosser et al. »Die sportliche Bewegung«, Ballreich und Kuhlow sowie Willimczik »Biomechanik der Sportarten« zur Verfügung. Alle diese Veröffentlichungen stammen aus den 1980er Jahren. In den 90ern und nachfol- 1 Einführung

Sportverletzungen 1. Auflage 2009 - spitta.de · gend sind mit Ausnahme der »Biomechanik für Nichtbiomechaniker« von Kassat (1993) insbesondere biomechanische Lehrbücher für

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Der Autor dieses Lehrbuches ist seit mehr als30 Jahren in der Lehre der Biomechaniksportlicher Bewegungen an verschiedenenUniversitäten und Hochschulen in der Sport-lehrer- und Diplomsportwissenschaftleraus-bildung sowie in jüngerer Vergangenheit auchin der Biophysik- und Biomechanikausbil-dung von Physiotherapeuten sowie in derTraineraus- und -fortbildung verschiedenerSportarten tätig. In diesen Bereichen zeigtsich eine zum Nachdenken anregende Ent-wicklung. Das naturwissenschaftliche Vor-wissen der Bewerber für ein Sportstudiumwie auch der Schüler der Physiotherapieaus-bildung hat sich in den letzten Jahren deutlichverschlechtert. Diese Beobachtung steht imkrassen Widerspruch zur nationalen und in-ternationalen Entwicklung der Biomechanikim Allgemeinen und in der Sportwissenschaftim Besonderen.Ohne Zweifel hat sich die Biomechanik alseine anerkannte Lehr- und Wissenschaftsdis-ziplin etabliert. Mit der fortschreitenden wis-senschaftlich-technischen Entwicklung habensich die Untersuchungsmethoden einerseitsvervollkommnet, andererseits sind sie fürbreite Anwendungsfelder nutzbar. Besondersdeutlich wird diese Entwick lung bei Fernseh-übertragungen von sportlichen Ereignissen,wie den Olympischen Spielen oder Weltmeis-terschaften. In vielen Reportagen werdenheute Informationen aus biomechanischenUntersuchungen genutzt und während derÜbertragungen werden biomechanische Ob-jektivierungsme tho den eingesetzt. Unter an-derem werden die Absprunggeschwindigkei-

ten beim Skispringen, die Wurfparabeln beimSpeerwerfen, die Aufschlaggeschwindigkeitbeim Tennis oder zwei Videoaufzeichnungensynchron eingeblendet.Diese Aspekte berühren die Allgemeinheitinsgesamt. Für die Studenten der Sportwis-senschaft wie auch für Physiotherapieschülerund Personen, die als Übungsleiter und Trai-ner in den Verbänden ausgebildet werden,sind die von Bäumler und Schneider (1981)zu ihrer »Sportmechanik« geäußerten Bemer-kungen so aktuell wie vor 20 Jahren.»Das Wissen um Gesetze der Mechanik solltezum Rüstzeug der Sportwissenschaftler,Sport lehrer und Trainer gehören. Kenntnissedieser Art können den sportwissenschaftlichund sportpraktisch Interessierten in die Lageversetzen, sportliche Bewegungen selbständigzu analysieren und unter Umständen auchkonstruktiv zu verbessern.« (Bäumler undSchneider 1981, S. 7)Die grundlegende Literatur der Sportstuden-ten der neuen Bundesländer bildeten dieLehrbücher von Donskoi »Grundlagen derBiomechanik« und Hochmuth »Biomechaniksportlicher Bewegungen«. Ergänzt wurdendiese Standardwerke durch Studienbriefe derDeutschen Hochschule für Körperkultur inLeipzig. In den alten Bundesländern standenden Studenten die Werke von Bäumler undSchneider »Sportmechanik«, Grosser et al.»Die sportliche Bewegung«, Ballreich undKuhlow sowie Willimczik »Biomechanik derSportarten« zur Verfügung.Alle diese Veröffentlichungen stammen ausden 1980er Jahren. In den 90ern und nachfol-

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gend sind mit Ausnahme der »Biomechanikfür Nichtbiomechaniker« von Kassat (1993)insbesondere biomechanische Lehrbücher fürdie Physiotherapie wie Hüter-Becker et al.»Biomechanik, Arbeitsmedizin, Ergonomie«,Schewe »Biomechanik – wie geht das?« undDobner und Perry »Biomechanik für Physio-therapeuten« erschienen.Biomechanische Wissensinhalte für das Anwendungsfeld Sport werden aktuell in vie-len Publikationen als Exkurs stark vereinfachtund verkürzt dargestellt, u.a. in Loosch »All-gemeine Bewegungslehre« (2000), in denKursbüchern Sport 3 »Bewegungslehre« vonScheid und Prohl (2001) oder in den »Grund-lagen der Bewegungswissenschaft und -leh-re« von Olivier und Rockmann (2003). Mit der vorliegenden Publikation soll das be-stehende Defizit in der Ausbildung vonSportlehrern, Sportwissenschaftlern, Trainernund Physiotherapeuten abgebaut werden.Hierbei ist sich der Autor durchaus im Klaren, dass eine notwendige Reduktion undteilweise Vereinfachung der tatsächlichenSachverhalte bei den Biomechanikern kri-tisch vermerkt werden könnte. Für eine Ba-sisausbildung unter den gegebenen Bedin-gungen sieht er jedoch keine andere Möglich-keit.Das Lehrbuch informiert über grundsätzlichemechanische und biomechanische Gesetzeund Erkenntnisse, die innerhalb der Abschnit-te als Merksätze zusammengefasst hervorge-hoben werden. Zu den einzelnen Abschnittensind relevante Fragen formuliert. Diese habenüberwiegend den Charakter einer praxisorien-tierten Prüfung. Im Kapitel 7 werden die bio-mechanischen Grundlagen auf ausgewählteSportarten exemplarisch übertragen und an-gewandt. Für diese Aufgabe haben sich fach-kompetente Kollegen eingebracht, denen ichan dieser Stelle herzlich danken möchte.

Die Grundlagen der Biomechanik desSchwimmens bearbeitete Dr. Wolfgang Thiel-scher. Er war bis 2003 Leiter der Fachausbil-dung Schwimmer an der Universität Potsdamund ist Lehrwart des Landesschwimmverban-des Brandenburg und erster Vizepräsident desLandesruderverbandes Brandenburg verant-wortlich für den Leistungsbereich..Dr. Henning Ohlert verfasste den Abschnitt»Muskelkraftfähigkeiten«. Er kann auf einelangjährige Lehre in der Trainingswissen-schaft und auf eigene Trainingserfahrungen(u.a. Junioren-Europameister über 800 m inder Leichtathletik) zurückgreifen. Er besitztmehrere Trainerlizenzen (u.a. in der Leicht-athletik, Trainer A im Kanu sowie Rudern).Gegenwärtig ist er Lehrwart und erster Vize-präsident des Landesruderverbandes Bran-denburg verantwortlich für den Leistungsbe-reich.Für den Abschnitt zur Leichtathletik zeichnetDr. Tom Krüger verantwortlich. Selbst lang-jährig in der Leichtathletik trainierend undzum Trainer B qualifiziert, leitet und unter-richtet er an der Universität Potsdam in derLeichtathletik.Ein herzlicher Dank geht an Herrn Dr. Sieg-fried Ellwanger, der Fotos zu den Zwei-kampfsportarten Judo und Boxen aus seinemPrivatarchiv zur Verfügung stellte.Nicht zuletzt möchte sich der Autor bei denFirmen SIMI Motion und BIOVISION fürdie Unterstützung dieser Publikation bedan-ken. Beide Firmen sind auf dem Gebiet derObjektivierung von Bewegungen tätig. Sieentwickeln Soft- und Hardware für die bio-mechanische, trainingswissenschaftliche undsportmedizinische Forschung und Diagnostik.Erfreulich ist dabei ihr Engagement für einebreitensportlich und schulsportliche Anwen-dung entsprechender Systeme.

Potsdam 2013 Ditmar Wick

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