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Stahlgeschossbau – Grundlagen – Dokumentation 612

Stahl Hochbau

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Hochbau

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Stahlgeschossbau– Grundlagen –

Dokumentation 612

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BAUEN MIT STAHL

Impressum

Dokumentation 612Stahlgeschossbau– Grundlagen –

Herausgeber:BAUEN MIT STAHL e. V.Sohnstraße 65 40237 DüsseldorfPostfach 10 48 4240039 DüsseldorfTelefon (02 11) 67 07-828Telefax (02 11) 67 [email protected]

Ein Nachdruck dieser Publikation –auch auszugsweise – ist nur mitschriftlicher Genehmigung des Heraus-gebers bei deutlicher Quellenangabegestattet.

Titelbilderlinks oben:NorCon Haus in Hannoverlinks unten:Stahlverbundbau – Skelettrechts oben:Dreigurtbinder im Atriumdachrechts unten:Post-Tower in Bonn (©Spannverbund)

2. Auflage, Juni 2007

InhaltSeite

1 Grundlagen 4

2 Stützen 42.1 Stützenstellung 42.2 Stützenausbildung 62.3 Platzbedarf 62.4 Stützenprofile,

Stützenquerschnitte 62.5 Verbundstützen 7

3 Anschlüsse 73.1 Fußpunkte 73.2 Stützenstöße 83.3 Trägeranschlüsse 8

4 Aussteifungssysteme 94.1 Rahmen 94.2 Fachwerke 94.3 Scheiben 9 4.4 Kerne 10

5 Geschossdecke 105.1 Deckentragwerk –

Vollwandträger 105.2 Deckentragwerk –

Fachwerkträger 115.3 Verbundträgerdecken 115.4 Verbunddecken 125.5 Ortbetondecke 125.6 Fertigteilplattendecke 125.7 Stahl-Flachdecken 135.8 Brandschutz der Geschossdecke 135.9 Installationsführung 14

6 Brandschutz 15

7 Trends und Entwicklungen 15

Literaturverzeichnis 17

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1 Grundlagen

Beim Entwerfen eines Gebäudes sindgestalterische, funktionale und statischkonstruktive Aspekte miteinander in Ein-klang zu bringen. In der Regel bestimmenDesign und Funktion maßgeblich dasTragwerkskonzept. Entsprechend dem fürdie Tragstruktur vorherrschend eingesetz-ten Material sprechen wir üblicherweisevon einer Stahl-, Stahlbeton- oder Holz-bauweise. Werden verschiedene Bau-stoffe kombiniert, liegt eine Mischbau-weise vor. Im Stahl-Verbundbau bildendie Baustoffe Stahl und Beton gemein-sam die Tragelemente. Das Tragkonzept istder Stahlbauweise zuzuordnen. Außerdemkommen die konstruktiven Lösungen wieAnschlüsse, Verbände, Lagerungen undderen technologische Umsetzung ausdem Stahlbau.

Eine andere Charakterisierung des Trag-werkskonzeptes ist die Definition nach derArt der Haupttragglieder und der Lastab-tragung. Besteht das Bauwerk überwie-gend aus tragenden und stabilisierendenWänden und Deckenscheiben, so sprechenwir von einer Wandbauweise, die in ihrerstatischen Wirkungsweise einem Faltwerkentspricht. Ist das Tragwerk überwiegendin Stützen, Riegel und Deckenscheibenauflösbar, spricht man von der Skelett-bauweise (Bild 1). Derartige Strukturen

werden statisch in der Regel als Stabwerkbehandelt. Die Skelettbauweise selbst um-fasst eine Vielzahl von Untergruppen, diesich nach der Art der Gebäudestabilisie-rung unterscheiden. Dazu gehören insbe-sondere die Rahmenbauweise, die Fach-werkbauweise, die Kernbauweise, dieTube-Bauweise sowie deren Kombina-tionen.

Bei Hochhäusern über 100 m Höhe ist seiteinigen Jahren ein Trend zu sogenanntenMegastrukturen erkennbar. Dabei gibt eszwei unterschiedliche Vorgehensweisen.Ein Konzept basiert auf der Kopplung sta-tisch und häufig auch funktional getrenn-ter (autarker) Gebäudeteile (Bild 3), so-dass Makrostrukturen mit entsprechenderTragwirkung entstehen. Eine Alternativeist, die Gebäudestruktur so zu gestalten,dass sich das Haupttragsystem aus weni-gen überdimensionalen Elementen (Bild2) zusammensetzt. So werden Superstruk-turen (Megastützen, Outrigger) in Formvon Rahmen und/oder Fachwerken ge-bildet, die die gesamte Gebäudestabili-sierung übernehmen.

2 Stützen

2.1 Stützenstellung

Der Stahlbau ist eine weitgehend elemen-tierte Bauweise und führt in der Regel zueiner deutlichen Rasterung der Gebäude-struktur. Bestimmend für eine funktionaleund trotzdem effektive Grundrissgestal-tung ist in erster Linie das Deckensystem.Die daraus resultierenden Stützweitenführen zu einer entsprechenden Anord-nung von Haupt- und Nebenträgern(Bild 4).

Stahlgeschossbau – Grundlagen

Bild 1: Typischer Stahlskelettbau

Bild 2: Commerzbank in Frankfurt am Main mitaußenliegender Mega-Verbundstütze

Bild 3: Post-Tower in Bonn

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BAUEN MIT STAHL

Die Anordnung der Außenstützen ergibtsich bei einem Haupt-/Nebenträgersystemdurch die Lage des Hauptträgers. DieStützen können praktisch entlang dessenAchse beliebig angeordnet werden. Wähltman die Stützenabstände enger (1,5 –3,0 m), können die Nebenträger entfallen.Die deckentragenden Riegel schließendann direkt an den Außenstützen an. ImStahlgeschossbau können Riegelspann-weiten über 12 m wirtschaftlich sein. DieLage der Innenstützen hängt wiederumvom Verlauf der Hauptträger sowie vonder funktionalen Raumaufteilung ab.

Innen- wie Außenstützen sollten generelleinen geradlinigen und kürzesten Lastab-trag bis zum Fundament gewährleisten.Dementsprechend sollten Stützensträngeim Geschossbau vom obersten Geschossbis zum Fundament axial durchgeführtwerden.

Anmerkung: Als Außenstützen werden alle Stützenim Decken-Randbereich bezeichnet,unabhängig davon, ob diese innerhalboder außerhalb der Gebäudehülle lie-gen. Innenstützen liegen innerhalb desGebäudequerschnitts, zwischen denAußenstützen.Aus funktionaler und konstruktiverSicht ist die Stellung der Außenstützenzur Gebäudehülle von besonderer Bedeu-tung. Drei Varianten sind hier näher zubetrachten: Außenstützen können inner-halb oder außerhalb der Gebäudehüllestehen oder direkt in die Gebäudehülleintegriert werden. Welche Variante ge-wählt wird, entscheidet sich vorrangignach ästhetischen Gesichtspunkten.Gleichwohl sind Vor- und Nachteile derunterschiedlichen Stützenstellungen imEntwurf zu berücksichtigen. Sie lassensich wie in der untenstehenden Tabelle 1zusammenfassen.

Stützenstellung

Außerhalb

Innerhalb

Integriert

Vorteile

– gestalterisch sehr dominantes Element der Gebäudeansicht

– Brandschutzmaßnahmen können manchmal entfallen

– Trennung von Fassade und Tragstruktur– Stützen stören nicht den Innenraum

– einheitliches Temperaturniveau– dadurch keine Wärmebrücken– Trennung von Fassade und Tragstruktur– keine Korrosionsbeanspruchung

– Stützen beanspruchen keinen Innenraum– geringe Brandschutzaufwendungen, da meist

nur der Innenflansch geschützt werden muss– raumnutzungseffektivste Lösung

Nachteile

– unterschiedliche temperaturbedingte Verformungen zwischen Innen- und Außenkonstruktion

– Wärmebrücken– besondere Isolierungs- und Dichtungs-

maßnahmen im Durchbruch der Fassade

– die Stütze beansprucht viel Innenraum– meist sind passive Brandschutzmaßnahmen

bis F90 erforderlich– eventuell Einschränkungen in der

Trennwandführung

– ungleichförmige Temperaturbeanspruchungen (innen-außen) der Stützen führt zur Biegebeanspruchung der Stützen

– Dichtungsprobleme im Anschlussbereich der Fassade

– aufwendige Isolierungsmaßnahmen

Bild 4: Deckenelemente, Haupt-und Nebenträger, Stützen

Bild 5: Mögliche Stützenraster

Tabelle 1: Vor- und Nachteile unterschiedlicher Stützenstellungen

Deren Spannweiten werden sowohlvon nutzungstechnischen Überlegungen(möglichst große, stützenfreie Räume) alsauch von wirtschaftlichen Erwägungenbeeinflusst. In der Regel führen großeSpannweiten zu vergleichbar höherenKosten.

Deckenplatten werden entweder monoli-thisch hergestellt oder als Fertigteile ausStahl-, Leicht- oder Spannbeton trockenverlegt. Die immer öfter eingesetztenSpannbetonhohldielen erreichen Spann-weiten bis 12 m. Durch die Art der Last-ableitung vom Deckenfeld über Unterzügezur Stütze ergibt sich ein überwiegendklar strukturiertes, meist rechteckigesStützenraster (Bild 5). Unter dem Kosten-aspekt gilt die Aussage, je geringer dieAnzahl der an der Lastabtragung beteilig-ten Bauglieder und je kürzer die dafür er-forderlichen Wege sind, desto wirtschaft-licher lässt sich ein Tragwerk realisieren.

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2.2 Stützenausbildung

Die Stützen im Skelettbau haben dieAufgabe, ständige und kurzzeitige Ein-wirkungen möglichst vertikal in den Bo-den abzuleiten. In der Regel treten dieBeanspruchungen als Kombination ausDruck und Biegung auf. Über die Quer-schnittswahl und Materialgüte lassen sichStahlstützen sehr gut an die Beanspru-chungen der einzelnen Geschossebenenanpassen.

Eher selten sind so genannte Hängehäuser(Bild 6), bei denen ein zentraler Kern ausStahlbeton oder Stahlstützen vollständigdie Lastabtragung und Gebäudestabilisie-rung übernimmt. Die Geschosse werdenüber Hängestangen an eine sehr steifeKragkonstruktion angeschlossen, dieihrerseits über Stützen oder/und Kernefixiert wird (Bild 7). Der Aufbau der ein-zelnen Geschossebenen gleicht dem übli-chen Skelettbau. In der Literatur werdenHängestäbe deshalb auch als Hängestüt-zen bezeichnet. Da es sich dabei um reineZugstäbe handelt, brauchen Stabilitäts-fälle bei der Bemessung nicht berücksich-tigt werden. Als Folge erhalten wir sehrschlanke Stäbe mit kompaktem Quer-schnitt.

2.3 Platzbedarf

Aufgrund des sehr viel höheren Elastizi-tätsmoduls und der größeren Festigkeitvon Stahl gegenüber Beton, beanspru-chen Stahlstützen bei gleicher Steifig-keit wesentlich weniger Fläche als Stahl-

betonstützen (Bild 8). Anpassungen andie sich geschossweise ändernden Bean-spruchungen sind über Querschnitts-abstufungen und/ oder Änderungen derMaterialqualität problemlos möglich.

2.4 Stützenprofile, Stützenquerschnitte

Die Profilwahl wird von mehreren Fakto-ren beeinflusst. Eine wesentliche Rollespielen gestalterische Gesichtspunkte. Sta-tisch gesehen, führen die Art und Größeder Beanspruchung zu Vorzugslösungen,die dann hinsichtlich ihrer Wirtschaftlich-keit weitere Modifizierungen erfahrenkönnen (Bild 9). Typische Querschnittsfor-

men für Stahlstützen sind I-Profile, Kas-ten- und Rohrprofile sowie Vollprofile.Häufiger werden auch geschweißte Pro-file als I-Querschnitt, als gekreuzte I-Querschnitte aus Walzprofilen oder alsKastenquerschnitte verwendet (Bild 10).

Typische Stützenprofile sind die Walzpro-file der HE-Reihe. Sie besitzen verhältnis-mäßig breite Flansche und weisen deshalbeine große Knickstabilität in beiden Rich-tungen auf. Unterschiedliche Dicken- undFlächenverhältnisse von Steg und Flan-schen bei gleicher Profilhöhe kennzeich-nen die zugehörigen Profilreihen HE-A,HE-B und HE-M.

Demgegenüber sind IPE-Profile als Stüt-zen nur bedingt einsetzbar. Aufgrundihrer geringen Flanschbreite haben dieseProfile eine wesentlich geringere Steifig-

Bild 6: System eines Hängehauses

Bild 7: NorCon Haus in Hannover

Bild 8: Vergleich Stahlbeton-Stahlquerschnitt Bild 9: Stützenquerschnitt - Commerzbank Frankfurt a.M.

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keit um die schwache Achse. Deshalb er-fordert ihre Anwendung besondere Sorg-falt in der konstruktiven Umsetzung dermodellmäßig angenommenen Randbe-dingungen (Auflager, Anschlüsse). Ihregeringere Tragfähigkeit bedingt kleinereStützenraster und führt in der Regel zuhöheren Kosten.

Hohlprofile und Vollprofile mit Rechteck-oder Kreisquerschnitt zeichnen sich durchdie günstigsten statischen Eigenschaftenaus. Die höchste Tragfähigkeit bei mini-malem Stützenquerschnitt haben Vollpro-file. Allerdings sind Anschlüsse meist nurdurch aufwendige Schweißkonstruktionenmöglich.

Bei Anschlüssen und Knoten von Hohl-profilen ist im Skelettbau insbesonderedie örtliche Stabilität des Hohlquerschnittszu gewährleisten. Hier werden in den Nor-men entsprechende Anwendungskriterienfestgelegt.

Eine andere große Gruppe von Stützen-profilen bilden die zusammengesetztenoder geschweißten Querschnitte. Sie wer-den aus Blechen oder gewalzten Profilengefertigt. Dies ermöglicht zum einen eineOptimierung hinsichtlich der Beanspru-chung, zum anderen sind dem Architektenhinsichtlich der Gestaltungsmöglichkei-ten kaum Grenzen gesetzt. Gekreuzte I-,Kasten- bzw. Wabenquerschnitte stellentypische Querschnittsformen geschweiß-ter Profile dar. Der höhere Fertigungsauf-wand spricht aus wirtschaftlichen Grün-den gegen einen Einsatz im allgemeinenGeschossbau.

2.5 Verbundstützen

Die für den Stahlskelettbau bedeu-tendste Gruppe an Stützen stellen dieVerbundstützen (Bilder 9, 11) dar. Sie ver-einen in sich die wesentlichen Vorzüge desStahls (hohe Festigkeit) und des Betons(hohe Brandsicherheit). Die äußeren Quer-schnittsabmessungen liegen meist unterdenen reiner Stahlstützen, da die größereSteifigkeit von Verbundstützen zu einererhöhten Knickstabilität führt. Anschlüssekönnen stahlbaumäßig ausgeführt wer-den. Damit werden bei der Montage dieToleranzen des Stahlbaus erreicht.

Verbundstützen bestehen überwiegendaus betongefüllten Hohlprofilen oderkammerbetonierten I-Profilen. Die Ver-bundsicherung zwischen Beton und Stahlkann bei offenen Profilen entweder überKopfbolzendübel oder/und über mit demSteg verschweißter Bügelbewehrung rea-lisiert werden. Betongefüllte Hohlprofileerfordern im Lasteinleitungsbereich unterbestimmten Bedingungen keine Verbund-mittel. Eine zusätzliche Längsbewehrungist hier erst ab Feuerwiderstandsklasse30 (F 30) vorzusehen.

Für kammerbetonierte I-Profile ist ohnegenaueren Nachweis eine Mindestbe-wehrung nach DIN 1045-1 einzubauen.Der Betonierprozess kann entweder inder Vorfertigung oder auf der Baustellevor oder nach dem Einbau der Stützenerfolgen.

3 Anschlüsse

3.1 Fußpunkte

Die Vertikallasten von Stützen im Stahl-skelettbau werden in der Regel über last-verteilende massive Fußplatten in dieGründungskonstruktion eingeleitet. Wäh-rend bei gelenkigen Anschlüssen lediglichausreichende Querkraftschub- und Lage-sicherung gewährleistet sein müssen, er-fordern biegesteife Fußpunkte eine erheb-lich aufwendigere Lasteinleitungskons-truktion. Biegemomente können überKöcherfundamente, über einbetonierte

Bild 10: Ausgewählte Stützenquerschnitte Bild 11: Ausgewählte Verbundstützenquerschnitte

Bild 12: Exemplarische Stützenfußausbildungen

Biegesteife Stützenfußausbildung

Gelenkiger Stützenfußanschluss – die Fuge wird nach der Montage mit Vergussmörtel geschlossen

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Anschlusskonstruktionen aus Stahl oderüber Hammerkopfschrauben, die sichgegen tief einbetonierte Ankerbarrenabstützen, übertragen werden (Bild 12). Die höhenmäßige und lotrechte Justie-rung wird in der Regel mit Futterblechenoder Keilen vorgenommen.

3.2 Stützenstöße

Stützen werden geschossweise oder vor-zugsweise über mehrere Geschosse durch-laufend montiert. Stützenstöße werdenmeist nicht sichtbar in die Deckenebenegelegt. Stirnplattenverbindungen oderdie nur noch in Ausnahmefällen verwen-deten Laschenverbindungen kommendabei zur Anwendung. Sichtbar durch-laufende Außenstützen werden üblicher-weise stumpf gestoßen und verschweißt.Bei nicht kontinuierlich durchgehendenStützensträngen werden Stahlstützen aufden Rohdecken verdübelt. Der vorgese-hene Fußbodenaufbau sollte Schallbrü-cken verhindern und die Fußplatte voll-ständig überdecken. Um den Montageauf-wand gering zu halten, sollten bereits imZuge des Einbringens der Deckenbeweh-rung entsprechende Ankerbolzen für denStützenanschluss berücksichtigt werden.

3.3 Trägeranschlüsse

Der Anschluss von Trägern ist entspre-chend den Bemessungsschnittkräftenauszubilden. Hauptsächlich wird zwischen biegesteifen(Momente können übertragen werden)und gelenkigen Anschlüssen unterschie-den. Mit der Einführung des Eurocodes 3wird ein Bemessungsverfahren für Verbin-dungen bereitgestellt, das es erlaubt, dieTeiltragfähigkeit einer „biegeweichen“Verbindung unter Momentenbeanspru-chung zu berücksichtigen (Bild 13).

Biegesteife Anschlüsse können auf unter-schiedliche Weise ausgeführt werden. Inder Regel werden diese Verbindungen imGeschossbau über Kopfplatten realisiert.Eher selten sind vollständig geschweißteRiegelanschlüsse, um eine Momententrag-fähigkeit zu erhalten. Die Herstellungbiegesteifer Anschlüsse ist sehr aufwendigund mit einem großen Anteil an manu-eller Arbeit verbunden. Sie sind deshalbsehr kostenintensiv. Bild 13: Anschlussvarianten

Anschluss über Knaggen Direkte Auflagerung

Eingehängter IFB-Träger Kopfplattenanschluss mit nachträglicher Verbundwirkung

Biegesteifer Anschluss mit Zuglasche Nachgiebiger Kopfplattenanschluss

Querkraftanschluss über Fahnenblech (gelenkig)

Querkraftanschluss über Winkelprofile (gelenkig)

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Gelenkige Trägeranschlüsse machen denüberwiegenden Anteil im Geschossbauaus. Sie können über Knoten- oder Fah-nenbleche, über Winkelprofile oder Knag-gen mit zusätzlicher Lagesicherung rea-lisiert werden. Ihre Herstellung ist relativunproblematisch und mit geringen Kostenverbunden.

4 Aussteifungssysteme

Das tragende System eines Skelettbausbesteht aus einer Riegel-Stützen-Kons-truktion und einer Deckenscheibe, diemiteinander verbunden und ausgesteiftsind. Mögliche Aussteifungsprinzipiensind: Rahmen, Fachwerke, schubsteifeScheiben oder stabile Kerne.

Im Stahl-Geschossbau erfüllt die Decken-scheibe zwei Funktionen:1. Abtragung vertikaler Lasten 2. Horizontale Stabilisierung und Vertei-

lung horizontal angreifender Lasten ausWind und Stützenschiefstellung aufdie vertikal stabilisierenden Bauteile.

4.1 Rahmen

Rahmen werden durch biegesteife Verbin-dungen zwischen Stützen und Riegelngebildet. Die erzielte horizontale Steifig-keit wird Rahmenwirkung genannt undist wichtiger Bestandteil stabilisierenderMaßnahmen im Geschossbau. Ein Vorteildieser Konstruktion ist die flexible Anord-nung von Wänden bzw. Wandöffnungen.Die Ausbildung der biegesteifen Rahmen-ecken ist mit einem hohen konstruktiven

Bild 15: Ausgewählte Fachwerkverbände

Bild 14: Stockwerkrahmensysteme

Fachwerke sind in der Regel leichter alsRahmen, besitzen eine größere Steifigkeitund sind dadurch weniger verformbar.Druckschlaffe Diagonalstäbe (z. B. dünneRundstähle) lassen sich problemlos in dieWandverkleidung integrieren.

Fachwerkverbände werden normaler-weise in den Treppenhauswänden, Auf-zugsschächten oder öffnungslosenAußenwänden angeordnet. Sie könnenaber auch als gestalterisches Stilelement(System Rodan, Detan u.ä.) sichtbar blei-ben. Eine Anordnung in den Trennwändenund Fluren ist sinnvoll, allerdings nur,wenn mit einer Umnutzung nicht zurechnen ist.

4.3 Scheiben

Scheiben sind Stabilisierungselemente, dieaufgrund ihrer großen Schubsteifigkeit inihrer Ebene wirkende Horizontalkräfte ab-tragen (Bild 16). Eine kraftschlüssige Last-einleitung muss gewährleistet werden.Scheiben im Geschossbau können aus

Aufwand verbunden und entsprechendkostenintensiv. Außerdem erhalten dieStützen planmäßige Biegung, was gegen-über reinen Pendelstützen eine größereDimensionierung erfordert. Der Grün-dungsaufwand ist daher höher.

Mit übereinander gestapelten Rahmen,bekannt unter dem Namen „Portal Frame“,wurden Hochhäuser bis zu 100 Geschos-sen errichtet, wie z. B. das Empire StateBuilding in New York (Bild 14).

4.2 Fachwerke

Fachwerke stellen eine weitere Varianteder Gebäudestabilisierung dar (Bild 15).Sie basieren auf stabilen Dreiecken, diesich aus Stützen, Riegeln und diagonalenVerbandsstäben zusammensetzen.

Die Stützen können viel schlanker alsdie Rahmenstützen ausgeführt werden,da sie hauptsächlich durch Normalkräftebeansprucht werden. Die Riegel werdenhäufig über Verbunddübel (z. B. Kopfbol-zen) mit der Deckenscheibe verbunden.Damit entsteht ein relativ steifer Ver-bundträger ohne oder mit nur geringerBiegedrillknickneigung.

Anschlüsse sind als Gelenke konstruktivsehr einfach auszubilden. Die einfachstenAusfachungen sind gekreuzte Diagonalen,die nur auf Zug beansprucht werden unddadurch sehr schlank ausgeführt wer-den können. Andere Formen wie z. B. derK-Verband müssen drucksteif ausgeführtwerden.

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teilen (kürzere Bauzeiten) hergestellt. BeiGeschosszahlen >50 werden auch Kerneaus Stahlfachwerken bzw. Stahlrahmenoder deren Kombination wirtschaftlichund sinnvoll. Der Anschluss des angren-zenden Stahlskeletts muss statisch-kons-truktiv den Stabilisierungskräften an-gepasst werden (Bild 18).

Kerne bieten sich als funktionelle Nut-zung besonders für Treppenhäuser, Auf-zugsschächte, Installationsschächte oderSanitärtrakte an.

5 Geschossdecke

Deckenplatten bilden den horizontalenRaumabschluss der Geschossebenen. Dieaus horizontalen und vertikalen Einwir-kungen resultierenden Beanspruchungender Deckenplatten werden punkt- oderlinienförmig mittelbar über Deckenträgeroder direkt über Stützen abgetragen. Ge-schossdecken können in Ortbeton, ausFertigteilen oder aus Stahlblechen bzw.

Filigranplatten mit Aufbeton ausgeführtwerden. Werden bei linienförmiger Auf-lagerung Deckenplatten und Deckenträ-ger über entsprechende Verbundmittelzusammengefügt, sprechen wir von einerVerbundträgerdecke. Immer häufiger wer-den Stahl-Flachdeckensysteme mit undohne Verbundwirkung eingesetzt.

5.1 Deckentragwerk – Vollwandträger

Der typische Deckenträger im Stahlge-schossbau ist ein Vollwandträger. Dabeierweist sich in der Regel das Walzprofilals kostengünstigste Trägerwahl. Schweiß-profile lassen sich zwar besser an die kons-truktiven Anforderungen anpassen, habenaber einen entsprechend höheren Ferti-gungsaufwand. Die I-Profile der HE- bzw.IPE-Reihen erweisen sich als die effek-tivsten Profilformen für Deckenträger.

Relativ neu im Geschossbau sind die ein-fachsymmetrischen I-Profile. Ihr breitererUntergurt ermöglicht eine einfache Auf-lagerung von profilierten Stahlblechen,Filigrandecken oder Spannbetonhohl-platten.

Bild 17: Prinzipskizze zur Kernstabilisierung

Bild 18: Beispiele der Kernanordnung

beulsteifen Stahlblechen, vorgefertigtenStahlbetonplatten oder aus Ortbeton her-gestellt werden. Die Anschlusskonstruk-tionen (Kopfplatten, Zuganker) für dasStahlskelett müssen in der Scheibe ent-sprechend rückverankert werden.

4.4 Kerne

Als Kerne werden im Skelettbau röhren-artige, schlanke, räumliche Strukturen be-zeichnet, die aufgrund ihrer hohen Biege-,Schub- und Torsionssteifigkeit teilweiseoder vollständig an der Gebäudestabili-sierung beteiligt werden (Bild 17). IhreAnordnung innerhalb des Gebäudegrun-drisses wird üblicherweise von funktio-nalen Aspekten bestimmt. Aber auch dasGesamttragwerkskonzept kann zu ent-sprechenden Lösungen zwingen (z. B.Kern- und Scheibenstabilisierung o.ä.).

Im Stahlgeschossbau in Deutschland wer-den Stabilisierungskerne in der Regel ausOrtbeton, seltener aus Stahlbetonfertig-

Bild 16: Prinzipskizze zur Scheibenstabilisierung Beispiele zur Scheibenanordnung

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BAUEN MIT STAHL

Geometrie und Profilwahl der Fachwerk-stäbe werden den statisch-konstruktivenAnforderungen angepasst. Das ebeneFachwerk besteht aus Ober- und Unter-gurt und dazwischen liegenden Pfostenund/ oder Diagonalen. Nach der Fach-werktheorie müssen Knoten als Gelenkeausgebildet und äußere Lasten dürfen nurin Knotenpunkte eingeleitet werden. Dadie Praxis für gewöhnlich anders aussieht,treten bei Fachwerken häufig Nebenspan-nungen auf, die durchaus die Bemessungvon Stabanschlüssen beeinflussen können.Eine Zwischenbiegung des Ober- bzw.

Untergurts infolge vertikal angreifenderStablasten muss ebenfalls berücksichtigtwerden. Um größere Spannweiten stüt-zenfrei zu überbrücken, sind Drei- oderauch Viergurtbinder (Bild 21) wirtschaft-lich. Vorgefertigte „Standard-Fachwerke“helfen Montagezeiten um ein Vielfacheszu reduzieren.

5.3 Verbundträgerdecken

Wird die Stahlbetondeckenplatte schub-steif an den Stahlträger angeschlossen,

Bild 19: Lochstegträger

Bild 20: Fachwerkträger

Bild 21: Dreigurtbinder imAtriumdach

Vor allem bei hochinstallierten Gebäudenbietet sich der Einsatz von Lochsteg-trägern (Waben- bzw. Kreisöffnungen)an (Bild 19).

5.2 Deckentragwerk – Fachwerkträger

Durch ihre filigrane und transparenteForm haben Fachwerke im Vergleich zuVollwandträgern im Geschossbau einigeVorteile. Das in der Regel geringere Bin-dergewicht wirkt sich insgesamt günstigauf die Ausführung der Unterkonstruk-tion bis hin zu den Fundamenten aus.Die Fachwerkgeometrie lässt bei Decken-trägern im Geschossbau eine komplexereInstallationsdurchführung zu. Trotzdemspielen Fachwerk-Deckenträger im Stahl-geschossbau in Deutschland eine eheruntergeordnete Rolle (Bild 20). Nachteiligsind die relativ hohen Fertigungs- undUnterhaltskosten.

Bild 22: Verbundträgervarianten – mit und ohneKammerbeton

erhält man einen Verbundträger. DessenNebeneinanderreihung unter Ausnutzungder Plattenspannweite führt zu einer Ver-bundträgerdecke (Bild 22). Die Realisie-rung der Verbundwirkung erfolgt im Ge-schossbau meistens mit Kopfbolzendü-beln. Diese werden entweder in der Werk-statt oder direkt auf der Baustelle aufden Stahlträger geschweißt. Eine weitereMöglichkeit, wie in den angloamerikani-schen Ländern üblich, ist die Anwendungder Durchschweißtechnik. Dabei werdendie Kopfbolzendübel durch das Profil-blech indirekt mit dem Stahlträgergurtverschweißt.

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Stahlgeschossbau – Grundlagen

Durch die Verbundwirkung wird erreicht,dass sich für positive Momentenbean-spruchung eine effektivere Spannungs-verteilung zwischen Beton (überwiegendDruck) und Stahl (überwiegend Zug)einstellt.

Abhängig von dem Stützenraster und da-mit der Verbundträgerspannweite werdenWalzprofile der IPE- oder der HE-Reihein S355 bevorzugt eingesetzt. Als rand-abschließende Träger werden Profile derU- bzw. UPE-Reihen oder Winkelprofilebevorzugt.

Die Trägeranschlüsse werden stahlbau-typisch, entweder als reine Querkraftver-bindungen oder biegesteif ausgebildet.

5.4 Verbunddecken

Sie werden im Sinne des Stahlverbund-baus aus tragenden Stahlblechen undschubfest aufgebrachtem Ortbeton ge-bildet. Typische Vertreter sind die Holorib-,Hoesch-, Haircol- sowie Cofrastra-Ver-bunddecken.

Kleine eingewalzte Noppen, Sicken undPerforierungen bzw. eine bestimmte Geo-metrie des Bleches erzeugen einen zu-verlässigen Haftverbund zwischen Stahl-blech und Aufbeton. Die Tragfähigkeitsowie der Feuerwiderstand wird über dieDeckenpaketdicke und eine gegebenen-

falls erforderliche Zulagebewehrung be-stimmt. Das Blech wird während der Mon-tage als Schalung genutzt und übernimmtnach dem Abbinden des Betons die Funk-tion einer Biegezugbewehrung. Da dieProfilbleche relativ leicht und bis 18 mlieferbar sind, können sie als Durchlauf-träger über mehrere Felder auch ohneKraneinsatz verlegt werden. Je nachDeckenspannweite werden dabei zusätz-liche Hilfsstützen eingesetzt. Bei bestimm-ten Profilen (z. B. Holorib) können leichte,abgehängte Installationen oder Deckenin den Blechen verankert werden.

Eine andere Art der Verbunddecke wirdmit Filigranplatten und Ortbeton gebildet.Die Filigranplatte (Bild 23) besteht auseiner 4 bis 5 cm dünnen Stahlbetonschalemit eingebauter unterer Biegebewehrung.Für den Schubverbund zwischen vorge-fertigten und nachträglich betoniertenSchichten sorgt ein Gitterträger, der au-ßerdem als Abstandshalter für die obereBewehrungslage dient. Im Unterschiedzum Stahlverbund handelt es sich hierum einen Betonverbund. Die Wirkungs-weise ist ähnlich. Die Filigranplatte wirdgleichzeitig als Schalung genutzt. Nachdem Abbinden des Betons trägt das ge-samte Deckenpaket als Verbunddecke dieLasten ab.

5.5 Ortbetondecke

Die Ortbetondecke im Verbund mitDeckenträgern wird nur noch wenig ein-gesetzt, da die Schalungskosten sehr hochsind und der Bauvorgang witterungsab-hängig ist. Dagegen ist ihre Anwendungals Stahlbetonflachdecke mit direkterStützenauflagerung in Deutschland weitverbreitet. Abhängig von der Belastung,dem Stützenraster und der Feuerwider-standsdauer können die Deckenpaket-höhen sehr gering ausfallen.

5.6 Fertigteilplattendecke

Eine Fertigteilplattendecke verkürzt dieBauzeit und bringt weniger Feuchte inden Bauvorgang. Typische Vertreter die-ser Deckenplatten sind Stahlbeton- häu-figer Spannbetonhohlplatten (Bild 24).Sie zeichnen sich durch eine relativ hoheTragfähigkeit bei großen Spannweiten(bis 12 m) aus. Um die Deckenpakethöhegering zu halten, werden für die Aufla-gerung der Spannbetonhohlplatten ein-fachsymmetrische I-Profile mit breiteremUnterflansch angeboten. Eine Verbund-wirkung zwischen Stahlträger und Spann-betonhohlplatte darf nicht in Rechnunggestellt werden, da eine daraus resultie-rende Querbeanspruchung nicht zulässigist. Für die sachgemäße Anwendung vonSpannbetonhohlplatten gibt es die Richt-linie N° 103 der Europäischen Konventionfür Stahlbau. Die Wirtschaftlichkeit diesesDeckensystems wird am erforderlichenund möglichen Kraneinsatz gemessen. Bild 23: Filigranplatte

vs. Holoribblech

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BAUEN MIT STAHL

5.7 Stahl-Flachdecken

Unter Stahl-Flachdecken versteht manDecken-Trägersysteme, deren Decken-träger weitestgehend in die Deckenebeneintegriert werden. Wie der Name bereitssagt, werden damit sehr geringe Decken-pakethöhen erzielt. Es gibt Varianten mitund ohne Trägerverbund.

Im Parkhausbau bereits weit verbreitet,ist die Hoesch Additiv Decke (Bild 25).Sie ist auch für den Stahlgeschossbaueine interessante Deckenalternative. Siebesteht aus Tiefsickenblechen, die aufI-Deckenträgern mittels Stahlknaggenaufgelagert werden. Zusätzlich auf demDeckenträger angeordnete Kopfbolzen-dübel gewährleisten einen entsprechen-den Trägerverbund. Die Tragfähigkeit derDecke ergibt sich aus der Addition derEinzeltragfähigkeiten von Stahlblechund Betonrippendecke.

Beim britischen Slimdek-System (Bild 26)werden speziell perforierte Tiefsicken-bleche auf die breiteren Untergurte ein-fachsymmetrischer I-Deckenträger gelegt,die danach bewehrt und mit Beton ver-gossen werden. Dabei erzielt man zwi-schen Blech und Beton einen Decken-verbund. Werden außerdem die Decken-träger mit Kopfbolzendübeln versehen,erhält man einen zusätzlichen Tragfähig-keitsgewinn, durch den rechnerisch an-setzbaren Trägerverbund.

Zu den Flachdeckensystemen zählen auchKombinationen dieser einfachsymmetri-schen I-Träger mit Spannbetonhohlplat-ten oder Filigranplatten.

5.8 Brandschutz der Geschossdecke

Decken in Geschossbauten müssen in derRegel eine Feuerwiderstandsdauer von30 bis 90 Minuten aufweisen. In Abhän-gigkeit von der Feuerwiderstandsklassewerden bei Stahlbetonplatten entspre-chende Forderungen an Plattendicke undBetondeckung gestellt.

Bei Deckenplatten mit tragendem Stahl-blech wird für die Heißbemessung dasStahlblech ausgespart und der Restquer-schnitt mit entsprechender Zulagebeweh-rung unter Einhaltung der Betondeckungzur Bestimmung der Tragfähigkeit unterBrandeinwirkung herangezogen. Eine abgehängte Unterdecke stellt einerelativ kostenintensive Brandschutzmaß-

nahme dar, mit der allerdings die gesamteDeckenkonstruktion (Stahlblech derDeckenplatte und der Stahlträger) gleich-zeitig die erforderliche Feuerwiderstands-klasse erfüllt. Wirtschaftlich wird dieseLösung, wenn ohnehin eine Unterdeckezum Einsatz kommt. Zu beachten ist diefeuersichere Ausführung aller Unter-deckeneinbauten und Durchbrüche (z. B.Lampen, Ventilationen).

Um die Brandschutzanforderungen anDeckenträger zu erfüllen, bieten sich ins-besondere folgende Maßnahmen an: – Putzummantelung aus Vermiculite oder

Mineralfasern, die auf den Stahlträgeraufgespritzt wird;

– Kastenförmige Plattenverkleidung ausGipskarton, Perlite- oder Vermiculite-Platten, die durch Schrauben, Nägeloder Klammern verbunden wird.Die Plattendicke richtet sich nach dergeforderten Feuerwiderstandsklasseund dem Profilfaktor (U/A);

– Bewehrter Kammerbeton.Bild 24: Stahl-Flachdecke mit Spannbetonhohlplatten

Bild 25: Hoesch Additiv Decke

Bild 26: Slimdek-Flachdeckensystem

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Stahlgeschossbau – Grundlagen

5.9 Installationsführung

Die Installationen sollten bereits beimEntwurf des Tragwerkskonzeptes berück-sichtigt werden. Neben der Planung vonAnschlussräumen und eventuell erforder-lichen Technikgeschossen sind die verti-kale und horizontale Leitungsführung indas Tragwerkskonzept einzubeziehen. Da-bei sind medienführende (Wasser, Gas)Leitungen sowie Stark- und Schwach-stromleitungen zu berücksichtigen.

Für die vertikale Leitungsführung eignensich beispielsweise tragende Schächte,Kerne oder Wandscheiben. Aber auchStützenkammern (Bild 27) können dafürherangezogen werden. Zu beachten istdie entsprechende brand- und schall-chutztechnische Verkleidung der Lei-tungsbahnen.

Die horizontale Leitungsführung erfolgtdirekt unterhalb oder oberhalb (bei Dop-pelböden) der Geschossdecke. Man unter-scheidet zwischen axialer, bei der paralleleHauptleitungen zu den Bedarfsstellen ver-zweigen, und radialer Leitungsführung,die eine direkte Leitungsführung vonden Bedarfsstellen zum Vertikalschachtimpliziert.

Bereits in der Planungsphase sollten ent-sprechende Durchbrüche bei der Wahl derDeckenträger berücksichtigt werden. DerEinsatz von Lochsteg- oder Fachwerkträ-gern kann bei hochinstallierten Gebäudenvon Vorteil sein (Bild 28). Müssen auf-grund der Leitungsführung Stegdurch-brüche in Stahlträgern vorgesehen wer-den, so sollten diese prinzipiell in Berei-chen geringer Querkräfte angeordnet

werden. Kleinere rechteckige oder rundeStegöffnungen (dÖffnung < hSteg/2) könnenohne Randversteifung ausgeführt werden(Bild 29).

Eine abgehängte Unterdecke sorgt füreine ebene Untersicht. Bei entsprechendbrandsicherer Ausführung entfallen dieAnforderungen an Träger.

Häufig anzutreffen ist auch die horizon-tale Leitungsführung oberhalb der Roh-decke. Ein höhenjustierbarer, aufgestelzterFußboden sorgt für eine normale Begeh-barkeit. Vorteilhaft wirkt sich die guteZugänglichkeit aus. Im Sinne einer opti-malen Deckenpakethöhe ist diese Variantevornehmlich bei Flachdeckensystemenüberlegenswert.

Die Leitungsführung über Kanäle in derDeckenebene wird ebenfalls angewendet,erfordert aber eine sehr restriktive Pla-nung, die wenig Spielraum für Modifika-tionen während der Ausführung zulässt.Hinzu kommt die sehr aufwendige In-standsetzung.

Bild 28: Stegdurchbrüche fürdie Installation

Bild 29: Installationsführungbei Lochstegträgern

Bild 27: Installationsführung in den Stützenkammern

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BAUEN MIT STAHL

6 Brandschutz

Besondere Aufmerksamkeit ist im Ge-schossbau dem Brandschutz bzw. demBrandschutzkonzept zu widmen. Einschlüssiges Brandschutzkonzept bein-haltet alle Maßnahmen, die die Entste-hung und Ausbreitung eines Feuers ver-hindern bzw. verzögern, um damit eineGefahr für Leib und Leben von Menschund Tier abzuwenden bzw. eine eventuellnotwendige Rettungsmaßnahme in kür-zester Zeit durchführen zu können.

Diese Maßnahmen erstrecken sich sowohlauf den abwehrenden (betrieblichen oderaktiven) Brandschutz (Brandbekämpfung)als auch auf den vorbeugenden (baulichenoder passiven) Brandschutz. Letztlich er-gibt sich die Brandsicherheit aus der Sum-me der aktiven und passiven Maßnahmen.Eine Verminderung einer der Maßnahmenerfordert die Erhöhung der anderen, umauf dem gleichen Sicherheitsniveau zubleiben.

Der abwehrende Brandschutz ist in denFeuerwehrverordnungen festgelegt. Denbaulichen Brandschutz regeln die Landes-bauordnungen.

Zu den aktiven Brandschutzmaßnahmenzählen u. a. mit Rauch- und Feuermelderngekoppelte Alarmanlagen sowie Feuer-löschanlagen (Sprinkler).Passive Maßnahmen sind an Mindest-anforderungen gebunden, wie:– die Feuerwiderstandsfähigkeit der

Bauteile – die Brennbarkeit von Baustoffen

– die Größe der Brandabschnitte – sowie Lage, Anordnung und Länge

der Rettungswege.

Diese Anforderungen, unterteilt für tra-gende, aussteifende und raumabschlie-ßende Bauteile, werden nach Feuerwider-standsklassen definiert. Einen Überblickgibt der Auszug aus der neuen Muster-bauordnung (MBO Hessen) in der unten-stehenden Tabelle 2.

Weiterhin werden aufgrund des Brand-verhaltens die Baustoffe in Baustoff-klassen A und B aufgeteilt. A steht fürnichtbrennbare, B für brennbare Stoffe.Sowohl der Werkstoff Stahl als auchBeton sind in die Klasse A eingestuft.Damit ist klar: Stahl brennt nicht, ver-liert aber mit zunehmender Erwärmung(Branddauer) an Festigkeit.

Unter ansteigender Temperatur nehmender Elastizitätsmodul und die Streckgrenzedes Stahls ab. Die Verformungen und dieVerformungsgeschwindigkeit steigen biszum Versagen progressiv an. Die kritischeTemperatur von Stahl liegt bei 500 °C,d. h. dass ungeschützte Stahlkonstruk-tionen, die über 500 °C erwärmt werden,nicht mehr planmäßig zur Abtragung vonLasten herangezogen werden können.

Insgesamt wird das Bauteilverhalten an-hand der Tragfähigkeit des nicht entfes-tigten Restquerschnitts beurteilt. Gene-rell verhalten sich größere Querschnittebei Brand günstiger. Außerdem spielt dieWahl des statischen Systems eine großeRolle, da eine Umlagerung der Schnitt-

kräfte unter Ausnutzung plastischerTragreserven bei statisch unbestimmtenSystemen die Feuerwiderstandsdauerverlängert.

Die Nachweisverfahren basieren auf derFestlegung der erforderlichen Feuerwider-standsklasse. Dazu stehen folgende, nachGenauigkeitsstufen unterteilte, Möglich-keiten zur Verfügung:

Stufe 1: Nachweis mit Hilfe von Tabellen (z. B. DIN 4102 Teil 4)

Stufe 2: Nachweis mit Hilfe verein-fachter Rechenverfahren (z. B. DIN V ENV 1994-1-2)

Stufe 3: Nachweis mit Hilfe allgemeinerRechenverfahren (z. B. FEM durch Brandschutzspezialisten)

Außerdem seien noch Brandversucheals weitere Möglichkeit erwähnt, um dieErmittlung der Feuerwiderstandsdauernachzuweisen.

7 Trends und Entwicklungen

1. Die Einführung neuer TM-QST-Fein-kornbaustähle trägt der Forderung nachimmer höherwertigeren Stählen Rech-nung. Diese nach dem sogenannten„Thermomechanischen Walzverfahren“hergestellten hochfesten Stähle zeich-nen sich gegenüber den massiv legier-ten Feinkornbaustählen durch verbes-serte Zähigkeit und Schweißeignungaus. So können selbst Bleche mit Dicken

Feuerwider-standsdauer

min.

≥ 30

≥ 60

≥ 90

≥ 120

≥ 180

Feuerwiderstands-

klasse

F 30

F 60

F 90

F 120

F 180

gültig für

tragende Bauteile

nichttragendeBauteile

Brandwände

raumabschl.Bauteile

gültig für

nicht-tragendeAußen-wände

Bezeich-nung

feuer-beständig

hochfeuer-hemmend

feuer-hemmend

Feuerwiderstands-

klasse

W 30

W 60

W 90

gültig für

Feuer-schutz-

abschlüsse

Feuerwiderstands-

klasse

T 30

T 60

T 90

T 120

T 180

Tabelle 2: Feuerwiderstandsanforderung an Bauteile nach Musterbauordnung Hessen

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von 30 mm und Streckgrenzen von355 N/mm2 und 460 N/mm2 problem-los und kostengünstig ohne Vorwärmenverschweißt werden.

2. Die Anforderungen an den BaustoffStahl werden zunehmend komplexer.Architektonische und wirtschaftlicheGründe führten zur Entwicklung einesBaustahls der ungeschützt die F30-Anforderung erfüllt (FR 30-Stahl).Damit wird es – unter bestimmtenBedingungen und für einen begrenz-ten Einsatz – erstmals möglich, denStahl trotz einer Brandschutzanforde-rung in seiner ursprünglichen Ober-flächenstruktur sichtbar zu belassen.Entsprechende Beschichtungsmaß-nahmen, die den bisher erforderlichenpassiven Brandschutz gewährleistensollten, können entfallen.

3. Um eine noch höhere Feuerwider-standsdauer zu erzielen, werden gegen-wärtig Untersuchungen durchgeführtmit dem Ziel, den feuerresistenten Stahlmit einem kostengünstigen Dämm-schichtbildner zu kombinieren. Nebenden wirtschaftlichen Vorteilen bietensich mit Stahl neue Gestaltungsmög-lichkeiten in der Architektur.

4. Auch die strikten Reglementierungender Landesbauordnungen (LBO) trugensicherlich ihren Teil dazu bei, das En-gagement bei der Erarbeitung neuerMethoden für eine angemessene Beur-teilung des Brandschutzes im Stahlge-schossbau voranzutreiben. Die darausentstandene DASt-Richtlinie 019könnte – unter der Voraussetzung einerbauaufsichtlichen Zulassung – Archi-tekten und Tragwerksplanern jetzt einbrandschutztechnisches Bemessungs-verfahren zur Verfügung stellen, wel-ches bei überschaubarem Aufwand dieMöglichkeit bietet, bei Stahlgeschoss-bauten Erleichterungen gegenüber denBrandschutzanforderungen der LBO zuerhalten.

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Stahlgeschossbau – Grundlagen

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BAUEN MIT STAHL

Literaturverzeichnis

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Dokumentation 603: Stahlverbundträger mit großen Stegausschnitten, BAUEN MIT STAHL e. V., 1998

Dokumentation 605: Geschossbau in Stahl – Flachdecken-Systeme, BAUEN MIT STAHL e. V., 1998

Dokumentation 608: Brandsicher bauen mit sichtbarem Stahl,BAUEN MIT STAHL e. V., 2000

ECCS No. 84, Geschossbau in Stahl – Parkhäuser, ECCS – European Convention for Constructional Steelwork, 1998

Kindmann, R., Krahwinkel, M.: Stahl und Verbundkonstruktionen, B. G.Teubner Stuttgart; Leipzig, 1999

Rüter E.: Bauen mit Stahl, Kreative Lösungen praktisch umgesetzt,Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 1997

Petersen, C.: Stahlbau, Grundlagen der Berechnung und bau-lichen Ausbildung von Stahlbauten, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage,Vieweg Verlag 1993

Hart, F., Henn, W., Sonntag, H.: Stahlbauatlas, Geschossbauten, zweite neubearbeitete Auflage, Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, München, 1982

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DASt Richtlinie 019: Brandsicherheit für Stahl- und Stahl-verbundbauteile (für Büro- und Ver-waltungsgebäude), Entwurf September 2001

DIN 4102: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, T1 bis T4, Mai 1981

DIN V 18 230: Baulicher Brandschutz im Industriebau,Teil 1

Muster-Richtlinie über den baulichenBrandschutz im Industriebau, Fachkom-mission Bauaufsicht der ARGEBAU, Fassung März 2000

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