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Otto-von-Guericke Universit¨ at Magdeburg Fakult¨ at f¨ ur Naturwissenschaften Institut f¨ ur Theoretische Physik Theoretische Physik IV Vorlesungsskript zur Statistik Vorlesender: Prof. Dr. K. Kassner Gesetzt in L A T E X: Tobias Leutritz - unrevidierte Version -

Statistik - urzwase.urz.uni-magdeburg.de/kassner/itp2/thermoscript_orig.pdf1.2 Gegen¨uberstellung Thermodynamik - Statistik Thermodynamik Statistik Theorie der W¨arme •makroskopisch,

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Otto-von-Guericke Universitat Magdeburg

Fakultat fur NaturwissenschaftenInstitut fur Theoretische Physik

Theoretische Physik IV

Vorlesungsskript zur

Statistik

Vorlesender: Prof. Dr. K. Kassner

Gesetzt in LATEX: Tobias Leutritz

- unrevidierte Version -

Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkungen 1

1.1 Kurzer geschichtlicher Abriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.2 Gegenuberstellung Thermodynamik - Statistik . . . . . . . . 3

1.3 Gegenstand und Ansatzpunkt der Statistik . . . . . . . . . . 3

1.4 Elemente der Wahrscheinlichkeitsrechnung . . . . . . . . . . . 4

1.4.1 Wahrscheinlichkeitsraum und Wahrscheinlichkeit . . . 4

1.4.2 Satze uber Wahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . 6

1.4.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.4.4 Unabhangige Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.4.5 Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.4.6 Erwartungswerte und Momente einer Zufallsvariablen 8

1.4.7 Charakteristische Funktion . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.4.8 Umrechnung von Wahrscheinlichkeitsdichten . . . . . 11

1.4.9 Bertrand’sches Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.5 Wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . 14

1.5.1 Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.5.2 Poisson-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.5.3 Gesetze der großen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2 Grundprinzipien der Statistik 18

2.1 Phasenraum, Mikro- und Makrozustande . . . . . . . . . . . 18

2.2 Zeit- und Ensemblemittelwerte. Die statistische Verteilung . . 21

2.3 Die statistische Unabhangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.4 Der Liouville’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

2.5 Die Rolle der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.6 Mikrokanonische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2.6.1 Detaillierte Ableitung der mikrokanonischen Verteilung 28

2.6.2 Irrelevanz von Ergodizitat und Mischen . . . . . . . . 31

2.7 Die Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.7.1 Volumina und Oberflachen in hochdim. Raumen . . . 34

2.7.2 Eigenschaften der Entropie . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.7.3 Entropiesatz, Nichtgleichgewichtsentropie . . . . . . . 41

2.7.4 Philosoph. Probleme mit dem Anwachsen der Entropie 42

2.7.4.1 Reversible und irreversible Prozesse . . . . . 44

2.7.5 Andere Entropiedef. in der mikrokanon. Gesamtheit . 45

3 Die thermodynamischen Großen 47

3.1 Grundbegriffe: Systeme, Phasen, Zustandsgroßen . . . . . . . 47

3.2 Die Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.3 Makroskopische Bewegung, Positivitat der Temperatur . . . . 49

3.4 Adiabatische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3.5 Der Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

i

3.6 Arbeit und Warmemenge, innere Energie, Enthalpie . . . . . 55

4 Anwendungen der mikrokanonischen Gesamtheit 57

4.1 Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

4.2 Das ideale Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4.3 Gibbs’ Paradoxon und korrekte Boltzmann-Abzahlung . . . . 63

5 Die kanonische Gesamtheit 66

5.1 Ableitung der Verteilungsdichte im kanonischen Ensemble . . 66

5.2 Zustandssumme und freie Energie . . . . . . . . . . . . . . . . 68

6 Anwendungen der kanonischen Verteilung 72

6.1 Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

6.2 Zustandssumme des idealen Gases . . . . . . . . . . . . . . . 72

6.2.1 Maxwell-Verteilung und barometrische Hohenformel . 73

6.3 Reales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.4 Energieschwankungen in der kanonischen Gesamtheit . . . . . 79

6.5 Energieverteilung in der kanonischen Gesamtheit . . . . . . . 80

7 Die großkanonische Gesamtheit 82

7.1 Mittelwerte in der großkanonischen Verteilung . . . . . . . . . 84

7.2 Ideales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

7.3 Dichteschwankungen in der großkanonischen Gesamtheit . . . 88

8 Grundlagen der phanomenologischen Thermodynamik 91

8.1 Thermodynamisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . 91

8.2 Temperatur, Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.3 Der erste Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

8.3.1 Anwendung: Ausdehnung eines idealen Gases in einVakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.4 Der zweite Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

8.4.1 Reversible und irreversible Vorgange . . . . . . . . . . 98

8.4.2 Formulierungen des zweiten Hauptsatzes . . . . . . . . 100

8.4.3 Die Carnot-Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

8.4.4 Die absolute Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . 105

8.4.4.1 Zusammenhang mit Temperaturdefinition ausStatistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

8.4.5 Endoreversible Warmekraftmaschinen . . . . . . . . . 109

8.4.6 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

8.4.6.1 Clausius’scher Satz . . . . . . . . . . . . . . 112

8.4.6.2 Eigenschaften der Entropie . . . . . . . . . . 113

8.4.6.3 Beispiele zur Entropieberechnung . . . . . . 114

8.4.6.4 Abgeschlossene Systeme . . . . . . . . . . . . 116

8.4.6.5 Fließgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . 117

ii

8.4.6.6 Thermodynamik irreversibler Prozesse undEntropieproduktion . . . . . . . . . . . . . . 117

8.4.7 Unmittelbare Folgerungen aus dem zweiten Hauptsatz 1208.5 Der dritte Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

8.5.1 Nernst’sche Regel (3. Hauptsatz) . . . . . . . . . . . . 1248.5.2 Folgerungen aus dem 3. Hauptsatz . . . . . . . . . . . 124

iii

1 Vorbemerkungen

Theorie der Warme unter Betrachtung ihrer

• Erscheinungsformen und

• Wirkungen.

Theorie makroskopischer Systeme (> 1023 Teilchen)Theorie irreversibler Vorgange

1.1 Kurzer geschichtlicher Abriss

bis ins 19. Jahrhundert: Warme = unwagbarer Stoff (Phlogiston, Caloricum)

Francis Bacon (1561-1626) Vermutung: Warme beruht auf Bewegung von Molekulen

Temperaturbegriff und seine Quantifizierung - eng verknupft mit Thermometerherstellung

Gasthermometer: Galileo Galilei (1564-1642)Evangelista Torricelli (1608-1647)Otto von Guericke (1602-1686)

Problem: nicht reproduzierbare Anzeige (Luftdruck, Konstruktion)Flussigkeitsthermometer: Daniel Fahrenheit (1686-1736)

Durchbruch!

begriffliche Unterscheidung von Temperatur (Intensitat)

und Warmemenge (Quantitat)durch Joseph Black (1728-1793)1760: 1 Kalorie = Warmemenge, die 1 g Wasser um 1C erwarmt

Warme

spezifische latente

GasgesetzeVoraussetzung Kolbenluftpumpe (Guericke)1654 Regensburg: HalbkugelversuchBoyle 1661, Townley 1669, Mariotte 1676Boyle-Mariottsches Gesetz p · V = const(T )Gay-Lussac ≈ 1800Gay-Lussac’sches Gesetz:

V = V0(1 + αT )(p = const.)

α = const. ∀ Gase

1

Avogadro 1811 - Satz von Avogadro:

gleiche Volumina verschiedener Gase enthalten bei gleichemDruck und gleicher Temperatur gleich viele Teilchen

; Zustandsgleichung idealer Gase:

p · V = N · k · T

Natur der WarmeJoseph B. Fourier:

Theorie der Warmeleitung, 1811-1822Warmeleitungsgleichung, stutzt Stoffhypothese

Sadi Carnot: reversible Kreisprozesse, Wirkungsgrad 1824Julius Robert Mayer (1814-1879):

Warme ist eine Energieform1. Hauptsatz der Thermodynamik

James Clerk Maxwell 1860, Ludwig Boltzmann 1860-1877:mechanische Warmetheorie

Warme: kinetische Molekularenergie, Energie des ungeordneten Anteils derMolekularbewegung

Temperatur: Eigenschaft eines Korpers, aber auch: Eigenschaft der Warme

Verteilung derselben Warmemenge auf weniger Molekule→ hohere Temperatur

Rudolf Clausius 1850, William Thomson (=Kelvin) 1892, Max Planck (1858-1947):

2. Hauptsatz der ThermodynamikEntropie (Clausius 1854) τρoπoσ (Wendung)

bis 1900: Entwicklung der Grundlagen der statistischen Mechanikdurch L. Boltzmann, J. C. Maxwell, Josiah Willard Gibbs(Vereinheitlichung)

nach 1900: Einstein, Smoluchowski, Onsager u.v.a.m.irreversible Thermodynamik

heute: Nichtgleichgewichtsphanomene, Strukturbildung usw.

2

1.2 Gegenuberstellung Thermodynamik - Statistik

Thermodynamik Statistik

Theorie der Warme• makroskopisch,

phanomenologisch(bottom-up)

• wenige Variable (Temperatur,Druck, Volumen, Magnetisise-rung)

• Anzahl Variablen ≫ AnzahlSystemteilchen

• allgemein→ Beschrankung: kann spe-zielle Materialeigenschaftennicht erklaren

• mikroskopisch (top-down)

• begrundet und umfasst Th.

• a priori: viele Variable, aberReduktion der Beschreibung,Auffinden makroskopisch rela-vanter Großen→ wenige Variable→ Ableitung makroskopischerGesetze aus Grundgesetzender klassischen Mechanik undQuantenmechanik

• allgemein und speziell- umfasst Thermodynamik- Voraussetzungen uber Eigen-schaften spezieller Systeme

1.3 Gegenstand und Ansatzpunkt der Statistik

Gegenstand:

• Verhalten und Eigenschaften makroskopischer Korper

• allgemeiner Charakter der resultierenden Gesetzmaßigkeiten weitge-hend unabhangig davon, ob

– klassische Mechanik oder

– Quantenmechanik

klassische Mechanik: vollstandige Information uber ein System:Orte und Impulse fur einen Zeitpunkt und Bewegungsgleichungen→ praktisch unmoglich:

• Spezifikation der Anfangsbedingungen

• Integration

je mehr Teilchen, desto komplexer!?

Uberraschung: neue einfache Gesetzmaßigkeiten auf Grund der großen Teil-chenzahl← Wahrscheinlichkeitsrechnung; neue nichtmechanische Großen

3

1.4 Elemente der Wahrscheinlichkeitsrechnung

Untersuchung der Gesetzmaßigkeiten zufalliger Ereignisse

zufallige Ereignisse Ereignisse von beschrankter Vorhersagbarkeit ; Zu-fall ist Ausdruck mangelnden Wissens

Zufallsexperiment Beobachtung eines zufalligen Ereignisses, Messung ei-ner Zufallsvariablen; Zufallsexperiment muss im Prinzip beliebig oftwiederholbar sein, relative Haufigkeit des Messergebnisses erlaubt Ruck-schlusse auf die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens

Zufallsvariable in der Physik: Beobachtungsgroße, die eindeutige Werteaus der Grundmenge annehmen muss

• diskrete oder

• kontinuierliche Werte

diskrete Zufallsvariable xi, i = 1, . . ., eN Versuche, Ni mal trete xi auf

; HN(xi) =Ni

N: relative Haufigkeit

∑ei=1HN (xi) = 1

Zufallsexperiment: HN(xi)N→∞→ P(xi) mit

∑ei=1 P (xi) = 1

P(xi): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses xi

Symmetrieuberlegungen helfen oft, a-priori-Wahrscheinlichkeiten zu bestim-men

⋆ Beispiel: Munzwurf P(Kopf) = P(Zahl) = 12

Wurfel P(xi) = 16 , xi ∈ 1, 2, 3, 4, 5, 6

1.4.1 Wahrscheinlichkeitsraum und Wahrscheinlichkeit

Sei Ω eine beliebige Menge von Elementen ω, ω ein Elementarereignis.Teilmenge A von Ω

Menge B von Untermengen der Menge Ω heißt Borelkorper oder σ-Algebra, wenn gilt:

i) B enthalt Ω und ∅

ii) gehort zu B eine endliche oder abzahlbare Folge von UntermengenA1, A2, ... so auch die Vereinigung

⋃∞k=1Ak und der Durchschnitt

⋂∞k=1Ak

iii) A1 ∈ B, A2 ∈ B⇒ A2\A1 ∈ B

Elemente von B: Zufallsereignisse oder EreignisseSprechweisen:

4

• C = A1 ∩A2 ∩ . . . ∩An

C tritt ein, wenn A1, A2, . . . , An alle eintreten

• C = A1 ∪A2 ∪ . . . ∪An

C tritt ein, wenn wenigstens eines der Ereignisse Ai eintritt

• C = Ω\A1 = A zu A komplementares Ereignis

• A = ∅ unmogliches Ereignis

• A = Ω sicheres Ereignis

• A ∩B = ∅ disjunkte Ereignisse

• A ⊂ B A impliziert B

• vollstandiges System von Ereignissen A1, A2, . . . , Al, . . .Aj ∩Ak = ∅ fur j 6= k und

⋃∞k=1Ak = Ω

• Paar (Ω,B): messbarer RaumA ∈ B⇔ A bezuglich B messbar, A ist B-messbar

Sei P(.) eine auf dem Korper B definierte Funktion P: B 7→ R (d. h. furjedes A ∈ B existiert P (A)) mit

i) P (A) ≥ 0 (Nichtnegativitat)

ii) P (Ω) = 1 (Normiertheit)

iii) Fur A1, A2, . . . ∈ B eine endliche oder aabzahlbare Folge disjunkterEreignisse, d. h. Ai∩Aj = ∅ fur i 6= j, gilt: P (

⋃∞k=1Ak) =

∑∞k=1 P (Ak)

(Additivitat)

P(A): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A(Ω,B,P): Wahrscheinlichkeitsraum

Ω - Menge aller ElementarereignisseB - Borelkorper der Untermengen von ΩP - nicht negatives, normiertes, additives, abzahlbares Maß

⋆ Beispiel:Wurfel, Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 auf dessen Flachen, Ω = 1, 2, 3, 4, 5, 6zufallige Ereignisse:unmogliches Ereignis: ∅ (A 6= ∅)

Anzahl:(60

)= 1

Ereignisse mit einem Element (Elementarereignis):Anzahl:

(61

)= 6

Ereignis mit zwei Elementen (einmal gewurfelt, d. h. 1 oder 2 ...): 1, 2, 1, 3, . . . 5, 6Anzahl:

(62

)= 15

5

Ereignis mit drei Elementen: 1, 2, 3, . . . 4, 5, 6Anzahl: · · ·

(63

)= 20,

(64

)= 15,

(65

)= 6,

(66

)= 1

Ereignis mit sechs Elementen: ΩGesamtmachtigkeit der Menge aller zufalligen Ereignisse:∑6

k=0

(6k

)= 26 = 64

1.4.2 Satze uber Wahrscheinlichkeiten

Seien A,B ∈ B

P (A ∪B) = P (A) + P (B)− P (A ∩B) (3)

A,B diskjunkt ⇒ P (A ∪B) = P (A) + P (B) (4)

A ∈ B ; A = Ω\A ∈ B A ∪ A = Ω A ∩ A = ∅

P (A) = 1− P (A) (5)

1.4.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit

Seien A,B ∈ B, dann bezeichnet man mitP (A|B)

die Wahrscheinlichkeit fur das Auftreten von A unter der Bedingung, dassB eingetreten ist.

Definierende Gleichung:

P (A ∩B) = P (A) · P (A|B) (6)

;P (A|B) =P (A ∩BP (B)

falls P (B) 6= 0

P (A1 ∩A2 ∩A3 ∩ . . . An) = P (A1) · P (A2) · P (A2|A1) · P (A3|A1 ∩A2)·. . . P (An|A1 ∩A2 ∩ . . . An−1) (7)

Sei A1, A2, . . . Ak ein vollstandiges System von Ereignissen, so folgtB = B ∩ Ω

= B ∩ (A1 ∪A2 ∪ . . . Ak ∪ . . .)= (B ∩A1) ∪ (B ∩A2) ∪ . . .

; P (B) = P (A1)P (B|A1) + P (A2)P (B|A2) + · · ·+ P (Ak)P (B|Ak) + · · ·(Satz von der vollstandigen Wahrscheinlichkeit)

1.4.4 Unabhangige Ereignisse

• A,B ∈ B unabhangig, wenn gilt:

P (A ∩B) = P (A) · P (B) (9)

; P (A|B) = P (A) , P (B|A) = P (B)

6

• A1, A2, . . . An ∈ B sind en bloc unabhangig, wenn fur jede Folgenaturlicher Zahlen 1 ≤ α1 ≤ α2 ≤ · · · ≤ n gilt

P (Aα1 ∩Aα2 ∩ . . . Aαk) = P (Aα1) · P (Aα2) · · · · · P (Aαk

) (10)

1.4.5 Zufallsvariablen

Gegeben: (Ω,B, P )

Eine reelle Funktion ξ : Ω 7→ R, die auf der Menge der Elementarereignis-se definiert ist und bezuglich B messbar ist, d. h. dass fur jedes reelle xω : ξ(ω) < x ∈ B gilt, heißt Zufallsvariable.Konvention: statt ω : ξ(ω) < x ∈ A schreibt man oft: ξ ∈ A

Die Funktion

F(x) = P(ω : ξ(ω) < x) = P(ξ < x)) x ∈ R (11)

heißt Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen ξ.

Eigenschaften: F (−∞) = 0 F (x)ր, linksseitig stetigF (∞) = 1 P (a ≤ ξ < b) = F (b)− F (b) fur a < b

mehrdimensionale ZufallsvariablenVektorfunktion ~ξ(ω) = (ξ1(ω), ξ2(ω), . . . ξn(ω)) (ω ∈ Ω) definiert auf Ω undB messbar, d. h. fur ~x = (x1, x2 . . . xn) ist

ω : ξ1(ω) < x1, ξ2(ω) < x2, . . . ξn(ω) < xn ∈ B

heißt mehrdimensionale Zufallsvariable,

F(x)= P(ω : ξ1(ω) < x1, ξ2(ω) < x2, . . . ξn(ω) < xn)= P(ξ1 < x1, ξ2 < x2, . . . ξn < xn) Verteilungsfunktion. (12)

⋆ Beispiel: Wahrscheinlichkeit, dass ~ξ im Quader ak ≤ xk ≤ bk k = 1, . . . n(fur ak ≤ bk, k = 1, . . . n)

P (ak ≤ ξk < bk, k = 1, . . . n) =

F (b1, b2, . . . bn)− F (a1, b1, . . . bn)− F (b1, a2, . . . bn)− . . .− F (b1, b2, . . . an)

+ F (a1, a2, . . . bn) + · · ·+ (−1)nF (a1, a2, . . . an) (13)

7

F (b1, b2)

F (a1, b2)

F (b1, a2)

F (a1, a2)

b2

a2

a1 b1

Funktionen von Zufallsvariablen sind wieder Zufallsvariablen~y = ~Φ(~ξ)

Verteilung

σ(~y) = σ(y1, y2, . . . yn)

= P (ω : Φ1(~ξ) < y1,Φ2(~ξ) < y2, . . .Φn(~ξ) < yn) (14)

Unabhangigkeit zweier Zufallvariablen ξ1, ξ2:

P (ξ1 < x1, ξ2 < x2) = P (ξ1 < x1)P (ξ2 < x2) ∀x1, x2 ∈ R (15)

F (x1, x2) =

∫ x1

−∞dx′1

∫ x2

−∞dx′2f(x′1, x

′2) kontinuierliche Zufallsvariable

Unabhangigkeit:

f(x1, x2) = f(x1) · f(x2) ∀x1, x2 ∈ R (16a)

Fur diskrete Zufallsvariablen:

P (ξ1 = x1, ξ2 = x2) = P (ξ1 = x1)P (ξ2 = x2) ∀x1, x2 ∈Wb (16b)

1.4.6 Erwartungswerte und Momente einer Zufallsvariablen

Sei (Ω,B, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, ξ : Ω 7→ R eine Zufallsvariable.Dann: Erwartungswert:

E[ξ] =

Ω

ξ(ω)dP (17)

Schreibweise: 〈ξ〉 , ξ

Ist F (x) die Verteilungsfunktion von ξ, so lasst sich (17) schreiben als

〈ξ〉 =

∫ ∞

−∞xdF (x) (18)

8

Ist ξ absolut stetige Zufallsvariable, so gilt

〈ξ〉 =

∫ ∞

−∞xf(x)dx (19)

fur diskrete Zufallsvariable ξ gilt entsprechend

〈ξ〉 =

∞(N)∑

k=1

xkpk (20)

Fur unabhangige Zufallsvariablen gilt

〈ξ1, ξ2〉 = 〈ξ1〉 〈ξ2〉 (21)

Momentemr = 〈ξr〉 r = 0, 1, 2, . . . (22)

heißt Moment r-ter Ordnung der Zufallsvariable ξ.Existiert das Moment r-ter Ordnung, so existieren alle Momente derOrdnungen 0 bis r-1.Zentrales Moment r-ter Ordnung

µr = 〈(ξ − 〈ξ〉)n〉 = 〈(ξ −m1)n〉 (23)

Varianz: µ2 =⟨(ξ − 〈ξ〉)2

⟩(24)

Standardabweichung: σ = (⟨(ξ − 〈ξ〉)2

⟩)1/2 =

⟨∆ξ2

⟩1/2(25)

Quantile Sei xp eine Zahl

P (ξ ≤ xp) ≥ p P (ξ ≤ xp) ≥ 1− p p ∈ [0, 1] (26)

⇒ xp ist Quantil p-ter OrdnungQuantil der Ordnung 1/2: Median

⋆ Beispiel:

−1, 0, 1, pi =1

3⇒ 0 ist Median

0 ist Quantil der Ordnung1

3oder

2

3

mehrdimensionale Zufallsvariable:Kovarianz einer zweidimensionalen Zufallsvariablen: zweites gemisch-tes zentrales Moment

σv(ξ1, ξ2) = µ11 = 〈(ξ1 − 〈ξ1〉)(ξ2 − 〈ξ2〉)〉 (27)

Korrelationskoeffizient:

=µ11

σ1σ2=

〈(ξ1 − 〈ξ1〉)(ξ2 − 〈ξ2〉)〉〈(ξ1 − 〈ξ1〉)2〉1/2 〈(ξ2 − 〈ξ2〉)2〉1/2

(28)

9

1.4.7 Charakteristische Funktion

Zufallsvariable ξ

ϕ(t) =⟨eitξ⟩

=∫∞−∞ eitxdF (x) (29)

Die charakteristische Funktion (29) von ξ ist fur jede Zufallsvariable t ∈ R

definiert, ist stetig und es gilt:

ϕ(0) = 1

|ϕ(t)| ≤ 1

ϕ((−1) · t) = ϕ(t)∗

ϕ(t) bestimmt eindeutig die Verteilung F (x)

a) kontinuierliche Zufallsvariable

ϕ(t) =

∫ ∞

−∞eitxf(x)dx (30)

f(x) =1

∫ ∞

−∞e−itxϕ(t)dt Fouriertransformation

b) diskrete Zufallsvariable

ϕ(t) =∞∑

k=1

eitxkpk (31)

∞∑

k=1

pkδ(x− xk) =1

∫ ∞

−∞e−itxϕ(t)dt

Nimmt xk nur die ganzzahligen Werte . . . ,−2,−1, 0, 1, 2, . . . an; Neudefinition (via Fourierreihen)

ϕ(t) =∞∑

k=−∞eiktpk (32)

pk =1

∫ ∞

−∞e−iktϕ(t)dt

Charakteristische Funktion einer Summe von unabhangigen Zufallsva-riablen:

ϕξ1+ξ2(t) = ϕξ1(t) · ϕξ2(t) (33)

Berechnung von Momenten (wenn existent) aus charakteristischer Funktion:

ξk⟩

= (−i)k dkϕ(t)

dtk|t=0 = (−i)kϕ(k)(0) (34)

10

mehrdimensionale Zufallsvariable:

ϕ(t) =⟨

ei~t~x⟩

(35)

ξ1k1ξ2

k2 · · · ξnkn

= (−i)k1+k2+···+kn∂k1+k2+···+kn

∂t1k1∂t2k2 · · · ∂tnknϕ(t)|t=0 (36)

1.4.8 Umrechnung von Wahrscheinlichkeitsdichten

Gegeben sei f(x), die Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen ξ.Sei η = Φ(ξ). Was ist die Wahrscheinlichkeitsdichte g(y) von η?

f(x)dx = ±g(y)dy

; g(y) = f(x)

∣∣∣∣

dx

dy

∣∣∣∣

y = Φ(x) (37)

gilt nur, wenn dxdy nicht das Vorzeichen wechselt (also Φ monoton ist)

⋆ Beispiel: f(x) = 12 x ∈ [−1, 1] y = x2,

gesucht: g(y). Offenbar gilt: y ∈ [0, 1]

g(y)?= f(x)

1

| dydx |

= f(x)1

|2x| =1

4√y

∫ 1

0g(y)dy =

1

4

∫ 1

0

1√ydy =

1

2

√y|10 =

1

26= 1

Da jeder y-Wert zweimal vorkommt, gilt:

g(y) =1

2√y

Verallgemeinerung auf mehrere Dimensionen:

~y = ~Φ(~ξ)

f(x) = g(~y)

∣∣∣∣det

(∂yi

∂xk

)∣∣∣∣

(38)

funktioniert nur fur dim ~y = dim ~ξ

f(x) = 〈δ(ξ − x)〉 (39)

diskrete Zufallsvariable: f(x) =∑

k

δ(xk − x)pk (40)

kontinuierliche Zufallsvariable: f(x) =

∫ ∞

−∞δ(x− y)f(y)dy (41)

11

η = Φ(ξ) ; g(y) = 〈δ(η − y)〉 = 〈δ(Φ(ξ)− y)〉

=

∫ ∞

−∞δ(Φ(x)− y)f(x)dx (42)

δ(Φ(x)− y) =∑

Nullstellenvon Φ(x)− y

1

|Φ′(xν)|δ(xν − x) (43)

liefert: g(y) =∑

1∣∣∣∣

dx

∣∣∣∣x=xν

f(xν) xν = φ−1(y) (44)

g(~y) = 〈δ(~η − ~y)〉 =⟨

δ(~Φ(ξ)− ~y)⟩ ∫∞

−∞ · · ·∫∞−∞ δ(~Φ(~x)− ~y)f(~x)dx1 · · · dxn

(45)

1.4.9 Bertrand’sches Paradoxon

Notwendigkeit klarer Konzepte (wie z. B. Elementarereignis, Borel-Messbarkeit)zeigt sich am Scheitern naiver Uberlegungen fur gewisse wahrscheinlichkeits-theoretische Probleme.

Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufallig in einen Kreiseingezeichnete Sehne langer ist, als die Seite eines dem Kreis einbe-schriebenen gleichseitigen Dreiecks?(zufallig = Richtung der Sehne zufallig, ein beliebiger Punkt der Sehnezufallig ausgewahlt)

Antwort 1: Offensichtlich sind alle Richtungen gleichwertig, d. h. wir konnenuns auf die Betrachtung von Sehnen vorgegebener Richtung beschranken.

Sehnen senkrecht zu gegebenem Durchmesser:

x

-1 0 1−12

12

12

Messen wir Langen in Einheiten des Kreisradius R, so schneidet eineSeite eines wie gezeichnet liegenden gleichseitigen dem Kreis einbe-schriebenen Dreiecks den Durchmesser bei der Koordinate x = 1

2 .Liegt die zufallig gewahlte Seite zwischen der gestrichelten Sehne beix = −1

2 und der bei x = 12 , so ist sie langer als die Seite des Dreiecks.

Die Wahrscheinlichkeit dafur, dass die Sehne in diesem Bereich liegt,entspricht dem Verhaltnis der Langen der Strecke von −1

2 bis +12 zum

Gesamtdurchmesser.Sie betragt also:

p1 =R

2R=

1

2

Antwort 2: Offensichtlich sind alle Punkte auf dem Kreisumfang gleich-wertig als Endpunkte der Sehne. Wir konnen uns also auf die Betrach-tung von Sehnen beschranken, die denselben Endpunkt haben:

α

β

β

P

Langer als die Seite eines gleichseitigen Dreiecks sind alle Sehnen imWinkelbereich α; in dem Bereich β liegende sind kurzer. Nun ist α =β = 60. Daraus folgt, dass die gesuchte Wahrscheinlichkeit gegebenist durch

p2 =α

α+ 2β=

1

3

Was ist schiefgegangen? Wir haben unterschiedliche Vorstellungen zu Grun-de gelegt, was

”gleich wahrscheinlich“ ist. Im einen Fall sind es

”parallele

Streifen“, im anderen”Winkelbereiche“ (aber alles unendlich dunn).

Wir haben keine Elementarereignisse ω mit a-priori-Wahrscheinlichkeitendefiniert, aus denen sich die Gesamtmenge Ω durch abzahlbare Vereinigun-gen ergabe. Eine einzelne Richtung oder Lange einer Sehne hat das Maß Null,die Vereinigung abzahlbar vieler Sehnen hat immer noch das Maß Null. Diegesamte Kreisflache ergibt sich erst aus einer uberabzahlbaren Vereinigung.

13

1.5 Wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen

1.5.1 Binomialverteilung

Munzwurfexperiment mit a-priori-Wahrscheinlichkeiten

p fur x1 = Kopf (Wappen), 1− p fur x2 = Zahl

aufeinanderfolgende Wurfe statistisch unabhangigWahrscheinlichkeit, mit N Wurfen die Folge WZZWZWW. . . zu erhhalten:

p(1− p)2p(1− p)p2

︸ ︷︷ ︸

N Faktoren

· · ·

Wahrscheinlichkeit, k-mal Wappen und (N-k)-mal Zahl zu erhalten ; mul-tipliziere pk(1 − p)N−k mit Anzahl der moglichen Sequenzen zu k Wappenund (N-k) Zahlen

(Nk

)

W(N,k,p) =

(N

k

)

pk(1− p)N−k Binomialverteilung (46)

maximale Wahrscheinlichkeit?

W (N, k + 1, p) =N !

(k + 1)!(N − (k + 1))!pk+1(1− p)N−k−1

=p

1− pN − kk + 1

︸ ︷︷ ︸

αk

N !

(N − k)!k!pk(1− p)N−k

︸ ︷︷ ︸

W (N,k,p)

W ր, solange αk > 1W ց, solange αk < 1⇒ Postition des Maximums, wenn αk = 1

αk ⇔ pN − pk/// = k − kp/// + 1− p

⇔ k = k = 1− p(N + 1) (48)

14

Mittelwert:

〈k〉 =N∑

k=0

kN !

k!(N − k)!pk(1− p)N−k

=N∑

k=0

N !

(k − 1)!(N − k)!pk(1− p)N−k

=N∑

k=0

Np

(N − 1

k − 1

)

pk−1(1− p)N−1−(k−1)

= NpN∑

k=1

(N − 1

k − 1

)

pk−1(1− p)N−1−(k−1)

= NpN−1∑

k=0

(N − 1

k

)

pk(1− p)N−1−k

︸ ︷︷ ︸

=1

⇒ k = 〈k〉 = Np (49)

k = Np = (n+ 1)p− 1 + 1− p = −(k + 1− p)

N ≫ 1, k ≫ 1, k ≫ 1

; lnW (k) ≈ ln(W (k)) +d

dklnW (k)|k=k

+1

2

d2

dk2lnW (k)|k=k − (k − k)2 + · · ·

analytische Berechnung mit Hilfe der Stirlingschen Formel

n! = nne−n√

2πn · eϑ/12n (50)

wobei ϑ ∈ R mit 0 ≤ ϑ ≤ 1

lnn! = (n+ 12) lnn− n+ ln

√2π +O( 1

n) (51)

⇒ d

dklnW (k)|k=k ≈ 0

; Naherungsformel von Laplace W (k) ≈ W (k)

W (k) =1

2πNp(1− p)exp − (k −Np)2

2Np(1− p) (52)

15

1.5.2 Poisson-Verteilung

k = NpLaplace-Naherung fur Binomialverteilung wird schlecht, wenn p≪ 1, Np =O(1) (also p→ 0, Np endlich).

p =k

N

W (k) =

(N

k

)

pk(1− p)N−k

=N(N − 1) · · · (N − k + 1)

k!(k

N)2

(1− kN )N

(1− kN )k

=kk

k!(1− k

N)N 1(1− 1

N ) · · · (1− k−1N )

(1− kN )k

︸ ︷︷ ︸

N ≫ 1, kN

= p ≪ 1, kN

≪ 1

−→ 1

≈ kk

k!(1− k

N)N lim

N→∞(1− k

N)N = e−k

⇒ W(k) =kk

k!· e−k Poisson-Verteilung (53)

1.5.3 Gesetze der großen Zahlen

Markov’sches Gesetz der großen Zahlenξ1, ξ2, . . . , ξn . . . Folge unabhangiger Zufallsvariablen mit endlichen erstenund zweiten Momenten

〈ξk〉 = mk

⟨∆ξ2k

⟩= σ2

k

und limn→∞

1

n2

n∑

k=1

σ2k = 0 Markov’sche Bedingung (54)

dann gilt fur beliebiges ε > 0:

limn→∞

P

(∣∣∣∣

1

n

∑nk=1 ξk −

1

n

∑nk=1mk

∣∣∣∣> ε

)

= 0 (55)

Spezialfall: Chinchin’sches Gesetz der großen Zahlen

Die ξk sollen alle dieselbe Verteilung haben ⇒ (54) ist automatisch erfullt.

limn→∞

P

(∣∣∣∣

1

n

∑nk=1 ξk −m

∣∣∣∣> ε

)

= 0 (56)

16

Starkes Gesetz der großen Zahlen

ξ1, ξ2, . . . , ξn . . . unabhangige Zufallsvariablen mit identischer Verteilung

〈ξk〉 = m⟨∆ξ2k

⟩= σ2

P

(

limn→∞

1

n

∑nk=1 = m

)

= 1 (57)

Lindenberg-Levy’scher Satz:

ξ1, ξ2, . . . , ξn . . . Folge unabhangiger Zufallsvariablen mit gleichen Verteilun-gem und existierenden ersten und zweiten Momenten

〈ξk〉 = m⟨∆ξ2k

⟩= σ2

P

(∑nk=1 ξk − n ·m

σ√n

< x

)

=1√2π

∫ x−∞ e−y2/2dy (58)

Die Summe der ξk wird normalverteilt mit Mittelwert n ·m und Standard-abweichung

√n · σ!

Lagapunov’scher SatzVerallgemeinerung fur Zufallsvariablen mit verschiedenen Verteilungen

〈ξk〉 = mk

⟨∆ξ2k

⟩= σ2

k

⟨|ξk −mk|3

⟩= bk

Setze Bn = (∑n

k=1 bk)1/3, Cn =

(∑nk=1 σ

2k

)1/2,

gilt: limn→∞

Bn

Cn= 0, so gilt ∀x ∈ R

limn→∞

P

(∑nk=1 (ξk −mk)(∑n

k=1 σ2k

)1/2< x

)

=1√2π

∫ x−∞ e−y2/2dy (59)

17

2 Grundprinzipien der Statistik

2.1 Phasenraum, Mikro- und Makrozustande

ein System mit s Freiheitsgraden.⋆ Beispiel: N Teilchen in einem Kasten mit ideal reflektierenden Wanden⇒ s = 3N

Mikrozustand beschrieben durch 6N Variable

3N Ortskoordinaten

3N ImpulskoordinatenPraktische Messung eines Mikrozustandes:

• nicht moglich

• nicht sinnvoll

Mikrozustand: Punkt (Phasenvektor) im 2s-dimensionalen (Gibbs’schen)Phasenraum (Zustands-, P-Raum)

X = (q1,q2, . . . ,qs,p1,p2, . . .ps)

Karrikatur:p1 · · · ps

q1 · · · qs

Bahn im Phasenraum ; qi = qi(t), pi = pi(t)p1 · · · p3N

q1 · · · q3N

Phasenraum eines Teilchens:”µ-Raum“ (6D)px, py, pz

qx, qy, qz

18

Einteilung in Zellen ∆p3∆q3 (klein, aber makroskopisch)

Makrozustand: Verteilung der N-Teilchen auf Phasenraumzellen des µ-Raumes, ⋆ z. B. n1 Teilchen in Zelle ∆q31∆p

31, n2 Teilchen in Zelle

∆q32∆p32, usw.

Bezeichnung:

Γ(X) - der Makrozustand, der zum Mikrozustand X gehort

Makrozsutand ≡ Volumen im Phasenraum (Γ-Raum), komplexe Form

2D-Veranschaulichung:

qx

qx

1 2

2 1

∆q(a)x ∆q

(b)x

∆q(a)∆q(b)

X = (q1, q2) = (q(a), q(b))

X = (q1, q2) = (q(a), q(b))

qx1

qx2

∆q(a)x

∆q(b)x

∆q(b)x

∆q(a)x

q(a)

q(a)

q(b)

q(b)

Ziel der Statistik: Aussagen uber Makrozustande

Phasenraumzelle des Γ-Raumes:

∆q∆p = ∆q∆p = qi, pi|qi0 ≤ qi < qi0 + ∆qi,

pi0 ≤ pi < pi0 + ∆pi,

i = 1, . . . 3N

q = (q1, q2, . . . q3N )

p = (p1, p2, . . . p3N )

19

Sei ∆t die Zeit, die sich ein System in ∆q∆p befindet, t die gesamte Zeitdes Experimentes.Fur t→∞ wird der Grenzwert

W = limt→∞

∆t

t(1)

existieren. ; Interpretation als Wahrscheinlichkeit, das System in der Zelle∆q∆p zu finden.Trajektorie des Systems durchlauft einen oder mehrere Makrozustande.

W ∼ |∆q∆p|

| · | Phasenraumvolumen von ·

Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Makrozustand

v ∝ |Γ(X)|

⋆ Beispiel:Gas in einem Behalter mit einer teilchendurchlassigen Wand, V = V1 + V2,N = N1 +N2, V1, V2 fest, N fest.

V1, N1 V2, N2

Makrozustand gekennzeichnet durch Angabe von N1

Wahrscheinlichkeit fur ein Teilchen, sich in einem Volumen ∆V (= ∆q3) zubefinden, sei dessen Volumen proportional; Wahrscheinlichkeit, in V1 zu sein, ist p1 = V1/V; Wahrscheinlichkeit, in V2 zu sein, ist p2 = V2/V; Wahrscheinlichkeit des Makrozustandes N1

W (N1) =

(N

N1

)

pN11 (1− p1)

N−N1

;(1.52)

W (N1) =1

2πNp1(1− p1)exp− (N1 −Np1)

2

2Np1(1− p1) (3)

wahrscheinlichster Makrozustand

N1 = N1 = Np1 =N

VV1 (4)

(⇒ N2 =N

VV2)

Breite der Verteilung

σ =√

Np1(1− p1) (5)

20

p1(1− p1) ≤1

4, N = 2 · 1023 ⇒ σ < 2 · 1011

Normalverteilung: ca. 68% der Wahrscheinlichkeit liegen im Bereich Mittel-wert ±σ, ca. 97% im Bereich Mittelwert ±2σ

N1 − 2σ = 1023 − 4 · 1011

N1 + 2σ = 1023 + 4 · 1011

relative Abweichung vom Mittelwert ist mit 97%iger Wahrscheinlichkeit klei-

ner, als2σ

N1= 4 · 10−12

; Maximum der Verteilung ist extrem scharfGroße der Phasenraumzelle

∆N ≈ 1√N

Zahlenfaktor a & 10

⇒ |Γ(N1)| ≫ |Γ(restliche Makrozustande)|statistisches Gleichgewicht: Γ(N1) = Γ(N1)

2.2 Zeit- und Ensemblemittelwerte. Die statistische Vertei-

lung

schwierig W = limt→∞

∆t

tdirekt zu berechnen

→ infinitesimale (aber makroskopische!) Phasenraumzellen ; dw schreibbar

dw = (q, p)dq3Ndp3N (6)

(q, p) = (q1, . . . , q3N , p1 . . . p3N )

Normierung auf 1:∫

erreichbarerPhasenraum

(q, p)dq3Ndp3N = 1 (7)

→t→∞

eq ; statistisches Gleichgewicht

Grundproblem der Statistik: Bestimmung der statistischen Verteilung eq

[Bestimmung von (t) bei gegebenem (0)]

Einfuhrung von entspricht Ubergang zur Scharbeschreibung

q

p ∼ Anzahldichte von Systemen, die einem Makrozustandentsprechen

; Ersetzung des Systems durch ein Ensemble

21

Gibb’sches Ensemble: große Anzahl von Systemen, die den gleichen Ma-krozustand besitzen, aber sich im Mikrozustand unterscheiden

Interpretation:

a) Kurzzeittrajektorien eines Ensembles

q

p

b) Abschnitte der Trajektorie eines Systems bei mehrmaligem Besuch desPhasenraumelements

Bewegungsgleichungen im Fall eines abgeschlossenen Systems:Hamilton’sche Gleichungen

qi =∂H

∂pipi = −∂H

∂qi

Ist (q, p) bekannt, so sind die Mittelwerte beliebiger dynamischer Großenberechenbar:

ξ = ξ(q, p)

ξ = 〈ξ(q, p)〉 =

ξ(q, p)(q, p)dq3Ndp3N (8)

Zeitmittelwert

ξt = 〈ξ(q, p, t)〉t = limt→∞

1

t

∫ t

0ξ(q(t′), p(t′), t′)dt′ (9)

Identifikation ξt = ξ

2.3 Die statistische Unabhangigkeit

abgeschlossenes makroskopisches System

abgeschlossen = isoliert: weder Energie- noch Teilchenaustausch mit derUmgebung, global erhalten:

N Teilchenzahl

V Volumen

E Energie

22

zerlege es (raumlich!) in makroskopische Untersysteme: nicht abgeschlossenaber makroskopisch; Wechselwirkung durch Oberflache gering; fur nicht zu lange Zeiten quasiabgeschlossenCharakterisierung eines Untersystems:

Nk, Vk = ∆q3, Ek

Makrozustand charakterisiert durch Angabe aller Nk, Vk, Ek.Vorteil: statt Phasenraumvolumen einfach raumliches Teilvolumen (; leich-tere Messbarkeit des Makrozustandes)Quasiabgeschlossenheit desto besser verwirklicht, je großer Untersysteme:

Vk ∝ Nk, Oberflache ∝ N2/3k

relative Starke der Wechselwirkung:N

2/3k

Nk∼ N−1/3

k

Zeitspannen, in denen Quasiabgeschlossenheit angenommen werden darf,nehmen (exponentiell) mit der Untersystemgroße zu. Untersysteme solltennicht zu groß sein, sonst werden verschiedene Realisierungen eines Makro-zustandes unterscheidbar. (Nk, Vk, Ek reichen nicht mehr zur Charakteri-sierung eines Untersystems)schwache Wechselwirkung der Untersysteme ⇒ statistische Unabhangigkeit

beliebige Untersysteme mit Phasenraumelementen (des Γ-Raumes)dq(1)dp(1) und dq(2)dp(2) ; Phasenraumelement beider zusammen:

dq(12)dp(12) = dq(1)dp(1)dq(2)dp(2)

(statistische Unabhangigkeit)

⇒ 12dq(12)dp(12) = 1dq(1)dp(1)2dq(2)dp(2)

also: 12 = 12 (10)

〈ξ1ξ2〉 = 〈ξ1〉 〈ξ2〉 (11)

Fluktuationen:

∆ξ = ξ − ξ ; 〈∆ξ〉 = 0

mittlere Abweichung:⟨∆ξ2

⟩=⟨ξ2⟩− 〈ξ〉2 = ξ2 − ξ2

(ubliche Schreibweise: ∆ξ =

〈ξ2〉 − 〈ξ〉2)

relative Fluktuation:⟨∆ξ2

⟩1/2/ξ

extensive Große ξ:

extensive Großen sind proportional zur Stoffmenge, ⋆ Bsp.: Volumen,Energie

23

; bei gleichartigen Untersystemen

ξ =n∑

i=1

ξi ∝ n ∝ N (Gesamtteilchenzahl) (12)

⟨ξ2⟩

=

⟨∑

i

∆ξi∑

j

∆ξj

=∑

i,j

〈∆ξi∆ξj〉

=∑

i6=j

〈∆ξi〉 〈∆ξj〉︸ ︷︷ ︸

=0 wegen Unabhangigkeit

+∑

i

⟨∆ξ2I

⟨ξ2⟩

=n∑

i=1

⟨∆ξ2i

⟩∝ n ∝ N (13)

⟨∆ξ2

⟩1/2

ξ∝ 1√

n∝ 1√

N(14)

relative Fluktuationen werden mit zunehmender Teilchenzahl immer kleinerTeilchenzahlen sind bei makroskopischen Systemen so groß, dass relativeFluktuationen vernachlassigt werden konnen ; makroskopische Großen sindihren Erwartungswerten gleich (Determinismus)(gilt auch fur intensive Großen, d. h. Großen, die unabhangig von der Stoff-menge sind, bspw. Druck, Temperatur)

2.4 Der Liouville’sche Satz

Ensemble von Phasenraumpunkten (Γ-Raum), die eine Anzahl gleich-artiger quasiabgeschlossener Untersysteme beschrieben (oder eines zu ver-schiedenen Zeiten).Phasenraumpunkte bewegen sich ⇒ Verteilung (q, p, t) andert sichgrundsatzlichQuasiabgeschlossenheit ⇒ Energieerhaltung (fur betrachtete Zeit); Hamilton’sches System

qi =∂H

∂pipi = −∂H

∂qi

Anzahl der Phasenraumpunkte in einem Volumenelement andert sich nurdurch Zu- und Abfluss ; Bilanzgleichung:

~R = (q1, . . . , q3N , p1, . . . , p3N ) Ortsvektor im Γ-Raum

~v = (q1, . . . , ˙q3N , p1, . . . , ˙p3N )

− d

dt

τ

dq3Ndp3N

︸ ︷︷ ︸

d6N τ

=

∂τ

~vd~f

24

τ sei zeitunabhangig; Gauß’scher Satz

τ

∂td6Nτ +

τ

div (~v)d6Nτ = 0

Fur beliebige Volumina τ :

∂t+ div ~v = 0 (15)

Kontinuitatsgleichung

div ~v = div ~v + ~vgrad

explizit:

∂t+

3N∑

i=1

qi∂

∂qi+ pi

∂pi︸ ︷︷ ︸

~v·grad

+(∂qi∂qi

+∂pi

∂pi︸ ︷︷ ︸

∂∂qi

∂H∂pi

− ∂∂pi

∂H∂qi

=0

) = 0

;∂

∂t+∑3N

i=1

(∂

∂qi

∂H

∂pi− ∂

∂pi

∂H

∂qi

)

= 0 (16)

Liouville’scher SatzAnmerkungen:

1) div ~v =∑3N

i=1

(∂qi∂qi

+∂pi

∂pi

)

= 0

; Phasenraumpunkte bewegen sich, wie Punkte einer inkompressiblenFlussigkeit

2) Alternativ-Formulierung:

∂t=∂

∂t+∇∂

~R

∂tsubstantielle/materielle Ableitung

(Wie verhalt sich zeitlich, wenn ich mich mit einem Volumenelementmitbewege?)∂

∂t

∑3Ni=1

(∂p

∂qiqi +

∂q

∂pipi

)

= 0

∂t= 0

3) Schreibweise mit Poisson-KlammernDefinition:

A,B =3N∑

i=1

∂A

∂qi

∂B

∂pi

− ∂A

∂pi

∂B

∂qi

(17)

∂t+ ,H = 0 (18)

25

Ubergang zur Quantenmechanik:

→ ˆ Dichteoperator

H → H Hamiltonoperator

·, · → − i~[·, ·] Kommutator

;∂ ˆ

∂t− i

~

[

ˆ, H]

= 0

4) fur quasiabgeschlossene Systeme gilt der Liouville’sche Satz in der Re-gel nur uber einen begrenzten Zeitraum

5) Folgerung: Hangt die statistische Verteilung (q, p) nur implizit uberH(q, p) von den Orten und Impulsen ab, d. h. ist = (H, t) , so ist konstant.Beweis:∂

∂t+∑3N

i=1(∂

∂qi︸︷︷︸

H

H

qi

∂H

∂pi− ∂

∂pi︸︷︷︸

H

H

pi︸ ︷︷ ︸

∂H

(∂H

∂qi

∂H

∂pi−∂H

∂pi

∂H

∂qi

)=0

∂H

∂qi) = 0

;∂

∂t= 0 ⇒ = (H)

6) Erhaltung des PhasenraumvolumensSei G0 ein Gebiet des Phasenraums, das zur Zeit t0 = 0 von Systemeneines statistischen Ensembles besetzt ist, und Gt sei das Gebiet, dassie zur Zeit t besetzen.Fur die Phasenraumvolumina von G0 und Gt

Γ0 =

G0

dq3N0 dp3N

0

Γt =

Gt

dq3Ndp3N q = q(t), p = p(t)

gilt Γ0 = Γt, d. h. das Phasenraumvolumen, das ein Ensemble besetzt,bleibt zeitlich konstant.andere Form:

dq3Ndp3N =

∣∣∣∣

∂(q, p)

∂(q0, p0)

∣∣∣∣dq3N

0 dp3N0 = dq3N

0 dp3N0

wobei∂(q, p)

∂(q0, p0)die Jacobi-Determinante der Transformation q0 → q,

p0 → p ist.Liouville’sches Theorem

26

2.5 Die Rolle der Energie

Statistisches Gleichgewicht besteht, wenn zeitunabhangig ist.

∂t= 0 =⇒

Liouville,H = 0

ist eine Invariante der Bewegung oder ein Integral der Bewegung

zwei statistisch unabhangige Untersysteme (quasiabgeschlossen)

; 12 = 1 · 2

ln 12 = ln 1 + ln 2

Aus der Mechanik ist bekannt:∃ sieben unabhangige additive allgemeine Integrale der Bewegung:Energie (1), Impuls (3), Drehimpuls (3) (nicht additiv: Schwerpunkt)

Bezeichnungen fur Untersystem u:

• Energie Eu

• Impuls ~Pu

• Drehimpuls ~Lu

Einzige additive Kombination:

ln u = αu + βEu(qu, pu) + ~γ ~Lu(qu, pu) + ~δ ~Pu(qu, pu) (19)

wobei β, ~γ und ~δ nicht von u abhangen

αu: Normierungskonstante folgt aus

ud3Nuqud

3Nupu = 1

β, ~γ und ~δ folgen aus Energie, Impuls und Drehimpuls des Gesamtsystems

E = 〈E〉 =∑

u

Eu3Nuu qud

3Nupu

; sieben (statt ≈ 1023) Großen bestimmen im statistischen Gleichgewichtdie statistischen Eigenschaften eines abgeschlossenen Systems

nun ein abgeschlossenes System mit E = E0, ~P = ~P0 und ~L = ~L0.

; =

const. fur E = E0, ~L = ~L0, ~P = ~P0

0 sonst

27

= const. · δ(E − E0) · δ(~L− ~L0) · δ(~P − ~P0) (20)

mikrokanonische Verteilung

ein System im Koordinatensystem, das relativ zu seinem Schwerpunktruht und die gleichformige Rotation mitmacht

; ln u = αu + βEu(qu, pu) (21)

= const. · δ(E − E0) (22)

mikrokanonische Verteilung

Relaxationszeit eines Systems wachst stark mit der Systemgroße an ; inder Praxis betrachten wir oft Systeme zu Zeiten, die klein im Vergleich zurGesamtrelaxationszeit sind.

lokales Gleichgewicht: statistische Verteilung hat die Form (19), aberβ = βu, ~γ = ~γu, ~δ = ~δu, d. h. diese Großen sind fur verschiedeneSysteme verschiedenunvollstandiges Gleichgewicht fur das Gesamtsystem

Dynamik: (langsame Annaherung) von β, ~γ, ~δ an die globalen Gleich-gewichtswerteExistenz verschiedener unvollstandiger Gleichgewichte ⇒Existenz verschiedener Makrozustande eines SystemsMakrozustande definierbar uber Vorgabe der Mittelwertephysikalischer Großen, die ein unvollstandiges Gleichgewichtbestimmen

2.6 Mikrokanonische Verteilung

2.6.1 Detaillierte Ableitung der mikrokanonischen Verteilung

Messungen an einem System, die endliche Zeit dauern (Messdauer); man misst zeitlichen Mittelwert

〈ξ〉∆t =1

∆t

∫ t+∆t

tξ(q(t′), p(t′))dt′ (23)

Ruckblick: t→∞ W = limt→∞

∆tt mit ∆t als Aufenthaltsdauer im Phasenrau-

melement ∆q3N∆p3N um (q1, . . . , q3N , p1, . . . , p3N ) herum; (falls W existiert)

W =W (q, p, ∆q, ∆p)= (q, p)∆q3N∆p3N

(Quasi)abgeschlossenes System: Energie konstant (Wert: E) ; (q(t), p(t))

28

bewegt sich auf der Hyperflache

H(q, p) = E (24)

q

p

(6N − 1)-dimensionalWie erfolgt Bewegung auf Hyperflache?

Annahme: Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jedem”Flachenelement“ der

Hyperflache H = E ist dieselbe; die Aufenthaltsdauer in einem Flachenelement ist umgekehrt pro-portional der Geschwindigkeit des Systempunktsalso:

dt′ ∝ dfH

|~v| (25)

dfH : Flachenelement der Hyperflache (24)~v: Geschwindigkeit des Systempunkts,

~v = (q1, . . . , ˙q3N , p1, . . . , ˙p3N )

Ziel: Zeitmittelwert (23) ersetzen durch Scharmittelwert:

〈ξ〉S =

ξ(q, p)(q, p)dq3Ndp3N (26)

d. h. (q, p) zu finden

〈ξ〉∆t =

H=E ξ(q, p)dfH

|~v|∫

H=EdfH

|~v|(27)

Sei x eine Koordinate im Phasenraum, die⊥ zur HyperflacheH = E verlauftund x(H)|E = 0p

q

x~R

H = E~R0

29

Volumenelement dq3Ndp3N = dfHdx

H=E

. . .dfH

|~v| =

V(V enthalt H=E)

. . . δ(|~v|x)dfHdx =

V

. . . δ(|~v|x)dq3Ndp3N

|~v| = (q12 + · · ·+ ˙q3N

2 + p12 + · · ·+ ˙p3N

2)1/2

=

((∂H

∂p1

)2

+ · · ·+(∂H

∂p3N

)2

+

(∂H

∂q1

)2

+ · · ·+(∂H

∂q3N

)2)1/2

= |grad H|H(~R) = H( ~R0) + grad H(~R− ~R0) + · · ·

= E + |grad H|x|~v|x = H − E

⇒ 〈ξ〉∆t =

∫ξ(q, p)δ(H(q, p)− E)dq3Ndp3N

∫δ(H(q, p)− E)dq3Ndp3N

(28)

(H) = c0δ(H − E)

c0 =1

∫δ(H − E)dq3Ndp3N

〈ξ〉∆t = 〈ξ〉t =

ξ(q, p)(q, p)dq3Ndp3N

(29)

: mikrokanonische Verteilungoft unnormierte Form:

= δ(H − E) (30)

makroskopisch isoliert/abgeschlossen 6= mikroskopisch isoliert ; Energie-unscharfe zugelassen

δ(x)→ δε(x)

30

(H) =

1 fur E ≤ H(q, p) < E + ∆

0 sonst(31)

unnormierte Form mit ∆≪ E

q

p

H=E

H = E + ∆

Anmerkung: (29) gilt erst, wenn das System genugend Zeithatte, ins Gleichgewicht zu relaxieren (sonst〈ξ〉∆t zeitabhangig)

2.6.2 Irrelevanz von Ergodizitat und Mischen

Begrundung der mikrokanonischen Verteilung durch die (Quasi-)Ergodenhypothese?

(Quasi-)Ergodenhypothese:

Im Laufe der Zeit kommt der Phasenpunkt eines Systemsjedem Ort auf seiner Hyperflache H(q, p) = E beliebig nahe.

aber: Menge der nichtergodischen (Systeme) Anfangsbedingungen vom MaßNull

V1 V2 V1 = 110V2

1023 Teilchen in V1 - Poincare’sche Wiederkehrzeit (Zeit, nach der alle Teil-chen nach entfernen der Wand wieder in V1 sind) ist von der Großenordnung101020

Irrelevanz der Ergodizitat:

a) großes Phasenraumvolumen des Makrozustands des statistischen Gleich-gewichts

b) Gleichheit makroskopischer Großen mit ihren Erwartungswerten indiesem Zustand ; Mittelung reproduziert sie auf jeden Fall

c) Zeitskala, auf der sich Ergodizitat bemerkbar macht (Poincare’scheWiederkehrzeit) ist viel großer, als Zeiten in denen makroskopische

Systeme das Gleichgewicht erreichen

31

Fazit: Eine Begrundung der mikrokanonischen Verteilung alsGleichgewichtsverteilung auf der Grundlage der Ergodizitatist fehlgeleitet.

Mischen: (starkere Eigenschaft als Ergodizitat)

Dynamik heißt mischend, wenn die Punkte eines beliebigkleinen zusammenhangenden Gebietes G0 sich so bewegen,dass nach hinreichend langer Zeit t das aus G0 entstande-ne Gebiet Gt praktisch homogen uber den gesamten Pha-senraum verteilt ist, d. h. Wenn in jeder kleinen Umgebungeines beliebigen Phasenraumpunkts ein Punkt aus Gt zu fin-den ist.

Mischen ⇒ Entwicklung einer Nichtgleichgewichtsverteilung im Γ-Raum ⇒mikrokanonische Verteilung (im µ-Raum vernunftig)Mischen im Γ-Raum bedeutet nur, dass Volumina die uberwiegend aus Pha-senraumpunkten zusammengesetzt sind, die schon Teil des MakrozustandsGleichgewicht sind, sich unter der Dynamik uber den gesamten Phasenraumfester Energie (= Hyperflache) verteilen.; irrelevant fur Begrundung der Annaherung ans Gleichgewicht

2.7 Die Entropie

ein abgeschlossenes System im statistischen Gleichgewicht, teile es inmakroskopische Untersysteme.Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit W (E), dass die Energie eines Untersy-stems zwischen E und E + ∆ liegt (∆≪ E)?Wahrscheinlichkeit, dass Untersystem im Phasenraumelement dq3Ndp3N liegtund Energie E hat ∝ (H(q, p))|H=Edq

3Ndp3N

; W (E) ∼ (E)ΓN (E) (∗)

ΓN (E) =

E≤H(q,p)≤E+∆

dq3Ndp3N

ΓN (E) ist ein Maß fur die Anzahl der Zustande, die dem Untersystem inder gegebenen Energieschale zuganglich sind.

ΓN (E, V ) =∫

E≤H(q,p)≤E+∆

dq3Ndp3N (32)

statistisches Gewicht des makroskopischen Zustands eines Untersystems

Definition der (dimensionslosen) Entropie:

S(E,V,N) = lnΓN(E,V) (33)

32

Problem: ΓN (E, V ) ist dimensionsbehaftet

[dq3Ndp3N ] =

[(

LML

T

)3N]

=

[(ML2

T

)3N]

= [(Energie · Zeit)3N ] = [(Wirkung)3N ]

ln ΓN = lnΓN

[ΓN ]︸ ︷︷ ︸

Zahl

+ ln[ΓN ]︸ ︷︷ ︸

?

Saubere Definition erfordert Division von ΓN durch ein Phasenraumvolu-

men: S = lnΓN

∆ΓVergleich von Entropie-Definitionen mit verschiedenen Wahlen von ∆Γ:

S1(E, V,N)− S2(E, V,N) = lnΓN (E, V )

∆Γ1− ln

ΓN (E, V )

∆Γ2

= ln∆Γ2

∆Γ1

klassisch ist die Entropie nur bis auf eine additive Konstante definierbarQuantenmechanik: diskrete Zustande abzahlbar, naturliche Einheit fur dieWirkung: h

S(E, V,N) = lnΓN (E, V )

h3N(34)

h: Planck’sches Wirkungsquantum, h = 6, 6252 · 10−34Js; Absolutwert der Entropie festgelegt Makroskopische Systeme: relativeFluktuationen von E um Mittelwert E sehr klein ; W (E) hat scharfesMaximum bei E ; W (E) ·∆ ≈ 1

W (E) =

(q, p)δ(E −H(q, p))dq3Ndp3N = (E)ΓN (E, V )

(E)ΓN (E, V ) ≈ 1 ⇒ (E) =1

ΓN (E, V )

(Normierung der mikrokanonischen Verteilung)

ln (Eu) = αu + βEu

ln (E) = αu + βE = 〈ln (Eu)〉 (35)

SE,V = lnΓN (E, V ) = ln1

(E)= − ln (E) = −〈ln (E)〉

S(E,V,N) = −〈ln (E)〉 = −∫(q,p) ln (q,p)dq3Ndp3N (36)

Gibbs

33

2.7.1 Volumina und Oberflachen in hochdimenionalen Raumen –die n-dimensionale Kugel

Vn(R) - Volumen der n-dimensionalen Kugel mit Radius R

Vn(R) =

∫ ∫

· · ·∫

x21+x2

2+···+x2n≤R2

dx1dx2 · · · dxn

Reskalierung: x1 = Rx1(0), x2 = Rx2

(0), . . ., xn = Rxn(0)

; Vn(R) =

∫ ∫

· · ·∫

x1(0)2+x2

(0)2+···+xn(0)2≤1

dx1(0)Rndx2

(0) · · · dxn(0)

= RnVn(1) (∗)

On(R) = lim∆→0

Vn(R+ ∆)− Vn(R)

∆=dVn(R)

dR

= nRn−1Vn(1)

On(R) = Rn−1On(1) (∗∗)On(1)= nVn(1) (37)

div ~r =

(∂

∂x1,∂

∂x2, . . . ,

∂xn

)

· (x1, x2, . . . , xn) = n

∫ ∫

· · ·∫

x21+x2

2+···+x2n≤R2

div dx1dx2 · · · dxn = nVn(R)

⇒Gauß

∫ ∫

· · ·∫

x21+x2

2+···+x2n=R2

~N · ~r dxn−1︸ ︷︷ ︸

df

=

∫ ∫

· · ·∫

x21+x2

2+···+x2n=R2

Rdxn−1 = ROn(R)

On(R) =n

RVn(R) (38)

Vn(R) =

∫ R

0

dVn

rdr =

∫ R

0On(R′)dR′

f(~r) = f(r)∫

· · ·∫

x21+···+x2

n=R2

dx1 · · · dxnf(r) =Polarkoord.

∫ R

0drf(r)

· · ·∫

x21+···+x2

n=r2

dxn−1

=

∫ R

0f(r)On(r)dr =

(∗∗)ON (1)

∫ R

0f(r)rn−1dr

34

f(r) = e−r2= e−x2

1−x22−···−x2

n

I =

∫ ∞

−∞dx1

∫ ∞

−∞dx2 · · ·

∫ ∞

−∞dxne

−x21−x2

2−···−x2n

=

∫ ∞

−∞e−x2

dx

︸ ︷︷ ︸√π

n

= πn/2

andererseits:

I = On(1)

∫ ∞

0e−r2

rn−1dr =r2 = u

2rdr = du

1

2On(1)

∫ ∞

0e−uun/2−1du

︸ ︷︷ ︸

Γ(n2 )

Γ(z) = (z − 1)! =

∫ ∞

0dxe−xxz−1

1

2On(1)

(n

2− 1)

! = πn/2

On(1) =2πn/2

(n2 − 1

)!

Vn(1) =On(1)

n=πn/2

(n2

)!

On(R) =2πn/2

(n2 − 1

)!Rn−1 (39)

VN (R) =πn/2

(n2

)!Rn (40)

(andere Methoden, das Integral zu berechnen:∫∞0 e−ar2

dr, wenn n− 1 gerade und∫∞0 e−ar2

rdr, wenn n− 1 ungeradeleite im ersten Fall (n− 1)/2 mal nach a ab, (n− 2)/2 mal im zweiten Fall,das liefert jeweils

∫∞0 e−ar2

rn−1dr;

wegen

∫ ∞

0e−ar2

dr =

√π

a

oder

∫ ∞

0re−ar2

dr =1

2a

∫ ∞

0e−udu =

1

2a

erhalten wir

∫ ∞

0e−r2

rn−1dr =

(∂∂a

)(n−1)/2√πa |a=1 n− 1 gerade

(∂∂a

)(n−2)/2 12a |a=1 n− 1 ungerade

35

oder: fuhre erst die Substitution r2 = u aus∫ ∞

0rn−1e−r2

dr =

∫ ∞

0e−uu

n2−1du

und fuhre das Integral durch([

n2

]− 1)-fache partielle Integration auf

∫∞0 e−udu

bzw.∫∞0 e−u√udu zuruck)

Vn+2(R)

Vn(R)=

πn/2+1

(n2 + 1

)!

(n2

)!

πn/2R2 =

πn2 + 1

R2 =2πR2

n+ 2

Vn+2(R) = 2πR2

n+2 Vn(R)

On+2(R)

On(R)=

2πR2

n

On+2(R) = 2πR2

n On(R)

Rekursionsanfang: V1(R), V2(R) (O1(R), O2(R))

V1(R) = 2R

O1(R) =(38)

2 (O1(R) =1

RV1(R))

V2(R) = πR2

O2(R) =2

RV2(R) = 2πR

n Vn(R) On(R)

1 2R 22 πR2 2πR3 4π

3 R3 4πR2

4 π2

2 R4 2π2R3

5 8π2

15 R5 8π2

3 R4

Γ(

12

)=√π Γ(z + 1) = z! = zΓ(z)

(12

)! = Γ

(32

)= 1

2Γ(

12

)= 1

2

(π)

große n:

z! = Γ(z + 1) ∼z→∞

zze−z√

2πz

ln z! = z ln z − z +O(ln z)

lnVn(R) =n

2lnπ + n lnR− ln

(1

2

)

!

= n lnR+n

2lnπ − n

2lnn

2+n

2+O(ln

n

2) (∗)

lnOn(R)− lnVn(R) = lnOn(R)

Vn(R)= ln

n

R= lnn− lnR (∗∗)

36

lnOn(R)− lnVn(R)

lnVn(R)=

lnn− lnRn(lnR+ 1

2 lnπ − 12 lnn+ 1

2) +O(lnn)= O

(1

n

)

Volumen einer n-dimensionalen Kugel fur n≫ 1sitzt fast ganz in ihrer Oberflache

Probe: Vergleiche zwei Kugeln mit leicht verschiedenen Radien

R ≈ R R = (1− ε)RVn(R)− Vn(R)

Vn(R)=Rn − Rn

Rn= 1− (1− ε)n

=1− en ln(1−ε)

≈1− en(−ε)

=1− e−nε →n→∞

1oll

2.7.2 Eigenschaften der Entropie

a) Extensivitat, Definition der Temperatur

zwei makroskopische isolierte Systeme (keine Wechselwirkung)

E1 ≤ H1(q(1), p(1)) < E1 + ∆1

E2 ≤ H2(q(2), p(2)) < E2 + ∆2

S1(E1, V1, N1) = lnΓN1(E1, V1)

S2(E2, V2, N2) = lnΓN2(E2, V2)

Phasenraumvolumen des Gesamtsystems:

E = E1 + E2 ≤ H(q, p) = H1(q(1), p(1)) +H2(q

(2), p(2)) < E + ∆ (∗∗)N = N1 +N2, V = V1 + V2, ∆ = ∆1 + ∆2

; ΓN (E, V ) =

E ≤ H(q, p) < E + ∆

E1 ≤ H1(q(1), p(1)) < E1 + ∆1

E2 ≤ H2(q(2), p(2)) < E2 + ∆2

d3Nqd3Np

=

d3Nq(1)d3Np(1)

E1≤H1(q(1),p(1))<E1+∆1

d3Nq(2)d3Np(2)

E2≤H2(q(2),p(2))<E2+∆2

= ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2) (+)

; Entropie des Gesamtsystems:

S(E, V,N) = ln ΓN (E, V ) = lnΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

= ln ΓN1(E1, V1) + lnΓN2(E2, V2)

= S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

37

Jetzt: thermischer Kontakt ; Energieaustausch (kein Teilchen- /Volumen-austausch)schwache Wechselwirkung (Wandeffekte klein, ∼ N2/3)

; H(q, p) = H1(q(1), p(1)) +H2(q

(2), p(2))

E1 = E(n) = E0 + n ·∆E2 = E–E(n)

ΓN (E, V ) =∑

n

ΓN1(E(n), V1)ΓN2(E − E(n), V2) (++)

q(1)

p(1)

E1

E2

E3

Fur feste Ni, Vi nimmt ΓNi(Ei, Vi) mit der Energie zu ; erster Faktor in(++) wachst mit E(n) ր, zweite nimmt ab.; Es existiert maximaler Summand ≡ wahrscheinlichster EnergiezustandΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2).Es gilt:

ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2) ≤ n0 · ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

wobei n0= Anzahl der Summanden

E≈ 1√

N⇒ n0 ≈

√N ≪ N1, N2

S1(E1, V1,N1) + S2(E2, V2, N2) ≤ S(E, V,N)

≤ lnn0 + S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

lnn0 ≤ min(lnN1, lnN2) ≪↑ da

S1 ∝ N1 ln E1

S2 ∝ N2 ln E2

(S ∝ E3N )

S1 + S2

lnNi ≪ Ni fur Ni ≥ 1023

; S(E, V,N) = S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2) (41)

Deutung von Gleichung (41):

38

a) die Entropie ist extensiv

b) der Makrozustand der Untersysteme 1 und 2 ist durch die EnergienE1 und E2 gegeben

E1, E2: wahrscheinlichste Energien der beiden MakrosystemeEnsemblemittelwerte der Energien der beiden Systeme

Berechnung von E1, E2:

d(ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)) = 0

Nebenbedingung: dE2 = −dE1

∂ΓN1

∂E1ΓN2dE1 +

∂ΓN2

∂E2ΓN1 dE2

︸︷︷︸

−dE1

= 0

1

ΓN1

∂ΓN1

∂E1=

1

ΓN2

∂ΓN2

∂E2

∂ ln ΓN1

∂E1=∂ ln ΓN2

∂E2

∂S1(E1, V1, N1)

∂E1=∂S2(E2, V2, N2)

∂E2(42)

(Bedingung fur statistisches Gleichgewicht)

; Definition der Temperatur

1

T=∂S(E, V,N)

∂E(43a)

; statistisches Gleichgewicht ≡ Gleichheit der Temperatur in allen Unter-systemen

S(E, V,N) = kB ln ΓN (E, V ) (43b)

kB= Boltzmann-Konstante, kB = 1, 3802 · 10−23 J

K; Einheit der Temperatur: K

b) Maximumseigenschaft der Entropie (eines abgeschlossenen System)

ein abgeschlossenes System mit zwei (zunachst in sich abgeschlossenen)Teilsystemen; E = E1 + E2, V = V11 + V2, N = N1 +N2

1 2E1

V1

N1

N2

V2

E2

39

ΓN = ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

S = S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

i) Energieaustausch

; ΓN =∑

∆E

ΓN1(E1 + ∆E, V1)ΓN2(E2 −∆E, V2)

S = ln∑

∆E

ΓN1(E1 + ∆E, V1)ΓN2(E2 −∆E, V2)

≈ ln(ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

)

= ln ΓN1(E1, V1) + lnΓN2(E2, V2)

= S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

≥ S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

; durch Energieaustausch kann die Entropie nur zunehmen

ii) ohne Energieaustausch: Teilchenaustausch

˜ΓN =∑

∆N

ΓN1+∆N (E1, V1)ΓN2−∆N (E2, V2)

˜S = ln(ΓN1

(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

)

= S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

≥ S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

iii) analog Volumenaustausch

˜ΓN =

∆V

ΓN1(E1, V1 + ∆V )ΓN2(E2, V2 −∆V )

˜S = lnΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

= S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

≥ S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

Austausch aller drei Großen (System ohne Wand!) ; im Gleichgewicht giltfur die Entropie des Gesamtsystems:

S = S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

≥ S1(E1, V1, N1) + S2(E2, V2, N2)

im Gesamtsystem weniger einschrankende Bedingungen als im Untersystem

40

ohne Energieaustausch mit Energieaustausch

E1 ≤ H1 ≤ E1 + ∆1

E2 ≤ H2 ≤ E2 + ∆2

E ≤ H1 +H2 ≤ E + ∆

ohne Volumenaustausch mit Volumenaustausch

V1, V2 fest, V = V1 + V2 nur V = V1 + V2 fest

ohne Teilchenaustausch mit Teilchenaustausch

V1, N2 fest, N = N1 +N2 nur N = N1 +N2 fest

Summe fur ΓN enthalt immer ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2); Entropie immer ≥ ln ΓN1(E1, V1)ΓN2(E2, V2)

2.7.3 Entropiesatz, Nichtgleichgewichtsentropie

Bisher: Entropie definiert fur Systeme im Gleichgewicht, im Gleichgewichtist sie additiv ; Moglichkeit der Verallgemeinerung der Entropie-Definition auf beliebige Makrozustande = unvollstandige Gleichge-wichte

Entropie des Gesamtsystems = Summe der Entropien seiner Untersysteme,die lokal im statistischen Gleichgewicht sind; Entropie im Allgemeinen zeitabhangigRolle der Zeit: Die so definierte Nichtgleichgewichtsentropie kann ein

System nicht fur beliebig viele Zeiten charakterisieren.

Bedingung an ∆t: ∆t≫ τk (Relaxationszeit der Untersysteme)(; bestimmt obere Schranke fur deren Große)aber: Untersysteme mussen makroskopisch sein ⇒ untere Schranke fur ihreGroße∆t . τ - Relaxationszeit des Gesamtsystems

Der Begriff der Entropie verliert fur zu kleine Zeitintervalle ∆t seinen Sinn.

dS

dt= lim

∆t→0

∆S

∆tgrundsatzlich problematisch (wegen Zeiten, in denen S nicht

definiert ist)

Beschreibung des Makrozustandes:Verteilung der Energie auf Untersysteme

E ≡∑

u

Eu = E0 (Eu = Eu)

41

statistische Verteilung der Energie:

W (Eu)∏

u

dEu =∏

u

(q(u), p(u))

Eu≤H(q(u),p(u))≤Eu+dEu

d3Nuq(u)d3Nup(u)

= const. · δ(∑

u

Eu − E0)∏

u

u(Eu)dΓu

= const. · δ(∑

u

Eu − E0)∏

u

dΓu

dEudEu

=Su=ln dΓu

const. · δ(E − E0)∏

u

eSu(Eu)S′u(Eu)dEu

=S=P

u Su

const. · δ(E − E0)eSu(Eu)

u

S′u(Eu)︸ ︷︷ ︸

1T u

︸ ︷︷ ︸

˜const.

u

dEu

W (Eu) = const. · δ(E − E0)eS(Eu) (44)

starkes (exponentielles) Anwachsen der Warscheinlichkeitsdichte mit Ande-rung der Energieverteilung ⇒ makroskopisch deterministischer Charakterder SystementwicklungEntwicklung von Zustanden kleiner Entropie zu solchen großer Entropie

;

Befindet sich ein makroskopisches System in einem Nichtgleichge-wichtszustand, so ist die wahrscheinlichste Veranderung eine mo-notone Zunahme der Entropie des Systems.

(Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik, R. Clausius, 1865, BegrundungL. Boltzmann, 1865)

Zweiter Hauptsatz: Ist zu irgendeinem Zeitpunkt die Entropieeines abgeschlossenen Systems von ihrem Maximalwert verschie-den, so nimmt sie in den folgenden Zeitpunkten nicht ab.

2.7.4 Philosophische Probleme mit dem Anwachsen der Entropie

i) Anwendung der Statistik auf das Universum als Ganzesabgeschlossenes System!(?)sehr große Lebensdauer; Sollte das Universum sich nicht im statistischen Gleichgewicht be-finden?

”Warmetod“ (Clausius)

Ist der Warmetod noch zu erwarten?Allgemeine Relativitats-Theorie:

a) Globaler Energiesatz (Erhaltung der Energie) nicht formulierbar(Problem: Gravitation)

42

b) Sonderrolle der Gravitationsfelder:Metrik der Raumzeit; zeitabhangige

”außere Bedingungen“

keine Abgeschlossenheit im Sinn des Entropiesatzes

ii) Symmetrie der klassischen Mechanik unter ZeitumkehrVerletzt der Entropiesatz diese Symmetrie?

Zeitumkehrsymmetrie: Die Moglichkeit eines Prozesses, der die Entro-pie anwachsen lasst, impliziert die Moglichkeit des umgekehrtenProzesses, der sie abnehmen lasst.

Dies allein verletzt nicht den Entropiesatz!Der macht nur eine Aussage uber Wahrscheinlichkeiten:

Von allen mikroskopischen Zustanden, die einen Makrozu-stand verwirklichen, fuhrt die Mehrzahl zu einem Ansteigender Entropie (wenn das System noch nicht im statistischenGleichgewicht ist).

Mikrozustand mitdS

dt≥ 0

zeitinvertierter Mikrozustand ;dS

dt< 0

beide gehoren zum selben Makrozustand; Widerspruch zum Entropiesatz?

Nein:dS

dtexistiert streng genommen nicht, nur

∆S

∆tund damit funktioniert das Argument nicht.

große Fluktuation, die von Smax wegfuhrtEntropiesatz:S

Smax

Sfluk1 2

die Fluktuation fuhrt mit großererWahrscheinlichkeit zu einem Punktvom Typ 1 (d. h. Die Entropie hatbereits ein Minimum) als zu einemPunkt vom Typ 2.

Zeitintervall [t1, t2], S1 < S2

Umkehr aller Impulse in t2 ; Entropieabnahme (bis t1) fur einenMikrozustand S2 → S1

leicht modifizierte umgekehrte Impulse: S2 → S2′ ≥ S2

allgemeines Bild:

Gleichgewichtszustand – zeitumkehrinvariante Fluktuationen

43

Nichtgleichgewichtszustand – kleines Phasenraumvolumen⇒ Ent-wicklung zu Makrozustanden mit großerem Phasenraumvolumen,vorwarts und ruckwarts in der Zeit

Warum gibt es Nichtgleichgewichtszustande?

a) experimentelle Praparation

b) Nichtgleichgewichtszustand einer Umgebung, in der biologischeOrganismen florieren konnen (anthropische Sichtweise)

c) Nichtgleichgewichtszustand”am Anfang“ des Universums – Warum?

1) Unser Universum hatte einen unwahrscheinlichen Anfangs-zustand (?)

2) Gravitation ; Ausdehnung des Universums (?)

Problem ii) teilweise zuruckgefuhrt auf Problem i)klassische Mechanik: Allgemeines Anwachsen der Entropie eines ab-geschlossenen Systems ist Folge eines unwahrscheinlichen Anfangszu-stands

iii) Quantenmechanik: Symmetrie der Bewegungsgleichungen (Schrodin-gergleichung) unter Zeitumkehr (t→ t− t, ϕ→ ϕ∗)Aber: Messprozess impliziert Nichtaquivalenz von ZeitrichtungenKonnte der Entropiesatz eine Folge dieser Asymmetrie der Zeitrich-tungen in der Quantenmechanik sein?Eher nicht, es fehlt eine ~ enthaltende Ungleichung, die den Entropie-satz begrunden (und ihn fur ~ = 0 ungultig machen) wurde.

2.7.4.1 Reversible und irreversible Prozesse

reversible Prozesse: Entropie des abgeschlossenen Gesamtsystems bleibtkonstantsind umkehrbar

irreversible Prozesse: Entropie des Gesamtsystems nimmt zusind nicht umkehrbar (der Normalfall)

⋆ Beispiel:Film ruckwarts abgespielt: deutlich sichtbarTischtennisspiel ruckwarts betrachtet: kaum bemerkbar, weil 1-Teilchen-System

Die Entropie einzelner Untersysteme kann in beiden Arten von Prozessendurchaus abnehmen.

T1 T2

T1 > T2

Gleichgewicht: Einstellen einer mittleren Temperatur Tm,T2 < Tm < T1

; Entropie im Teilsystem T1 nimmt ab (aber die im Teil-system T2 nimmt um einen großeren Betrag zu)

44

2.7.5 Andere Entropiedefinitionen in der mikrokanonischen Ge-samtheit

ΣN (E, V ) =

H(q,p)≤E

dq3Ndp3N =

ganzerPhasenraum

Θ(E −H)dq3Ndp3N (45)

ΓN (E, V ) = ΣN (E + ∆, V )− ΣN (E, V ) ≈ ∂ΣN (E, V )

∂E∆ (∗)

ωN ≡∂ΣN (E, V )

∂E(46)

”Oberflache“ der Hyperflache H = E

ωN (E, V ) =∂

∂E

Θ(E −H)dq3Ndp3N =

δ(E −H)dq3Ndp3N

=Kap. 2.6

H=E(q,p)

dfH

|~v| ≡∫

H=EdfH

dE = dx|~v| ⇒ dEdfH = dq3Ndp3N

a) S(E, V,N) = lnΓN (E, V ) (47)

b) S(E, V,N) = lnΣN (E, V ) (48)

c) S(E, V,N) = lnωN (E, V ) (49)

45

Kurze WiederholungBeschreibung im Phasenraum (Γ-, µ-Raum)

Mikrozustande

↓Makrozustande

Dann: experimentelle Messungen an Gleichgewichts-zustanden ≡ Zeitmittelwertenexplizite Berechnung wegen Komplexitat derBewegung unmoglich ; Ersetzung durch En-semblemittelwerte angebrachtEinfuhrung der statistischen Verteilung (q, p)

Grundannahme: Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Makrozustand Γ(X) ∝Phasenraumvolumen |Γ(X)|

makroskopische Untersystemestatistische Unabhangigkeit ; Kleinheit der relativen Fluktuationenvon extensiven Großen→ makroskopische Große = Erwartungswertquasiabgeschlossene Systeme – Liouville’scher Satz → statistischeVerteilung im Gleichgewicht nur von additiven Erhaltungsgroßenabhangig (E, ~P , ~L)

; Rolle der Energie → Mikrokanonische Verteilung

Einfuhrung der Entropie (Logarithmus:

• Additivitat

• Unabhangigkeit von der Dicke ∆ der Energieschale)

Volumen der n-dimensionalen Kugel und deren Oberflache

Eigenschaften der Entropie:

• Extensivitat

• Maximumseigenschaft im Gleichgewicht

Temperatur

Entropiesatz

46

3 Die thermodynamischen Großen

Thermodynamische Großen charakterisieren einen Makrozustand.∃ zwei Arten:

a) Großen, die neben den thermodynamischen auch einen rein mechani-schen Sinn haben: Energie, Volumen

b) Großen, die das Resultat statistischer Gesetzmaßigkeiten sind und kei-nen mikroskopischen Sinn haben: Entropie, Temperatur

3.1 Grundbegriffe: Systeme, Phasen, Zustandsgroßen

Thermodynamisches System: Makroskopische Menge von Materie (und/oderStrahlung), die in geeigneter Weise (bspw. Durch Wande) von ihrerUmgebung abgegrenzt ist und durch die Angabe bestimmter makro-skopischer Variablen vollstandig beschreibbar ist.

a) isolierte oder abgeschlossene Systeme→ Wande fur Energie und Materie undurchlassig; Gesamtenergie erhaltenMakrozustand im Gleichgewicht beschrieben durch:

N - Teilchenzahl

V - Volumen

E - Energie

b) geschlossenes System→ Energieaustausch aber kein Teilchenaustausch mit UmgebungMakrozustand im Gleichgewicht charakterisiert durch N , V , undT - Temperatur

c) offene Systeme→ Energie- und Materialaustausch mit UmgebungMakrozustand im Gleichgewicht beschrieben durch V , T , µ - che-misches Potenial

homogenes System: gleiche Eigenschaften in allen seinen, an verschiede-nen Orten befindlichen, Teilchen

heterogenes System: nicht homogenes System, hier: enthalt mindestenseine Phasengrenzflache (alternativ: variiert kontinuierlich in seinen Ei-genschaften)

Phase: homogener Teil eines heterogenen Systems⋆ Beispiel: geschlossener Topf mit Wasser, Wasserdampf und Luft2 Phasen: flussige (Wasser) und gasformige (Wasserdampf und Luft)mehrere Komponenten (chemische Bestandteile): H2O, O2, N2, CO2,. . .

47

Zustandsgroße: messbare makroskopische Eigenschaften des Systems, un-abhangig von dessen Vorgeschichte⋆ Beispiel: Energie, Volumen, Temperaturkeine Zustandsgroßen: Position und Impulse der Teilchen (nicht ma-kroskopisch)↔ wohl aber: Schwerpunkt, Gesamtimpuls

geschichtsabhangige Großen: Prozessgroße

Kategorien von Zustandsgroßen:

a) extensiv = additiv ∝ Stoffmengenotwendig zur vollstandigen Charakterisierung⋆ beispielsweise Energie, Entropie

b) intensiv – unabhangig von der Stoffmenge⋆ beispielsweise Temperatur, Druck, Energiedichte

Thermodynamischer Zustand: Festgelegt durch den Satz aller thermo-dynamischer Variablen, die fur die eindeutige Beschreibung des Sy-stems erforderlich sind;

”geschichtsunabghangig“.

3.2 Die Temperatur

Definition:1

T=∂S(E,V,N)

∂E(1)

Frage: In welche Richtung fließt die Energie, wenn zwischen zwei ursprung-lich abgeschlossenen Systemen Energieaustausch zugelassen wird? (Vi,Ni fest)

0 <dS

dt=∂S1

∂E1

dE1

dt+∂S2

∂E2

dE2

dt

=E1+E2=const.

(∂S1

∂E1− ∂S2

∂E2

)dE1

dt

=

(1

T1− 1

T2

)

︸ ︷︷ ︸

>0

dE1

dt

Also:

T1 > T2 ⇒1

T1− 1

T2< 0 ⇒ dE1

dt< 0

T1 < T2 ⇒1

T1− 1

T2> 0 ⇒ dE1

dt> 0

Die Energie fließt vom Korper mit hoherer Temperatur zum Korper mitniedriger Temperatur.

48

3.3 Makroskopische Bewegung, Positivitat der Temperatur

Makroskopische Bewegung: Bewegung der makroskopischen Untersyste-me eines Korpers als Ganzes ( 6= mikroskopische Bewegung der Mo-lekule)

Frage: Ist im Zustand des statistischen (= thermodynamischen) Gleichge-wichts eine makroskopische Bewegung moglich?

Teilsysteme: Entropie Su, Impuls ~Pu

Energie Eu, Masse Mu

Su = Su(Eu, ~Pu,Mu) = Su

(

Eu −~Pu

2

2Mu

)

︸ ︷︷ ︸

Energie im lokalen Ruhesystem

(Schwerpunktsystem)

; GalileiinvarianzGesamtentropie: S =

u Su(Eu − ~Pu2

2Mu)

Abgeschlossenes System ; Erhaltungsgroßen

E =∑

u

Eu

~P =∑

u

~Pu

~L =∑

u

~ru × ~Pu

Gleichgewicht: Entropie maximal unter den Nebenbedingungen

E = const., ~P = const., ~L = const.

; Methode der Lagrange-MultiplikatorenMaximiere S = S + λE + ~A · ~P + ~B · ~L (λ Lagrange-Parameter);

∂∂Eu

(S + λE + ~A · ~P + ~B · ~L) = 0

∂S

∂Eu︸︷︷︸

∂Su∂Eu

+λ∂E

∂Eu︸ ︷︷ ︸

1

= 0

⇒ ∂S∂Eu

= 1T u

= −λ, alle Tu gleich Tu = T

∂Pui

(S + λE + ~A · ~P + ~B · ~L) = 0

∇Pu

v

[S + λE + ~A · ~P + ~B · (~r × ~Pv)] = 0 (∗)

49

∇PuSv = δuv∇PuSu

(

Eu −~Pu

2

2Mu

)

= δuvSu

(

Eu −~Pu

2

2Mu

)(

−~Pu

Mu

)

= δuv

(∂Su

∂Eu

)(

−~Pu

Mu

)

= −δuv1

T

~Pu

Mu

= −δuv1

T~vu ~vu Geschwindigkeit des Systems

(∇Pu~A · ~Pv)i = δuv

∂Pui

AkPuk(Einstein’sche Summenkonvention)

= δuvδikAk = δuvAi

∇Pu~A · ~Pv = ~A

∇Pu~B · (~r · ~Pv) = δuv∇Pu [( ~B × ~ru) · ~Pu]

= δuv( ~B × ~ru)

in (∗) − ~vu

T+ ~A+ ~B × ~ru = 0

~vu = ~ω + ~Ω× ~ru

~ω = T · ~A~Ω = T · ~B

(∗∗)

; konstante Translation und konstante Rotation im Gleichgewicht (sonstnichts!); Gleichgewicht nur moglich, wenn alle Untersysteme eine Geschwindigkeithaben, die durch (∗∗) gegeben ist.≡ Translation des Gesamtsystems mit Geschwindigkeit ~ω und Rotation mirWinkelgeschwindigkeit ~Ω; innere makroskopische Bewegungen im Gleichgewicht unmoglich(∗∗) notwendige Bedingung fur Maximierung der Entropie

abgeschlossenen Korper in Ruhe (~P = ~L = 0)

Gesamtentropie: S =∑

u Su(Eu − ~Pu2/(2Mu))

Annahme: Die Temperatur T sei negativ.

⇒ 1

T= Su

′(

Eu −~Pu

2

2Mu

)

< 0

50

; Entropie wachst mit Zunahme von | ~Pu|; spontane Explosion (Nebenbedingung:

u~Pu = 0) wird normalerweise

nicht beobachtet, also T > 0

weniger spektakulare Ableitung:

∇2PuSu = −∇Pu

(

∂Su

∂Eu

~Pu

Mu

)

= − 3

Mu

∂Su

∂Eu+∂2Su

∂E2u

~Pu2

M2u

= − 3

MuT+

∂Eu

(1

T

) ~Pu2

M2u

= − 3

MuT− 1

T 2

∂T

∂Eu

~Pu2

M2u

sicher negativ, wenn T > 0 und∂T

∂Eu> 0

3.4 Adiabatische Prozesse

adiabatisch: zwei Bedingungen:

• hinreichend langsam, dass thermodynamisches Gleichgewicht er-halten bleibt

• hinreichend schnell, dass kein Warmeaustausch mit Umgebungstattfindet

außere Bedingungen – außere Felder

thermisch isoliertes System – keine Einflusse außer Anderungen der auße-ren FelderUnterschied zum abgeschlossenen System: Hamiltonfunktion zeitabhangigH = H(q, p, t) Entropiesatz gilt auch fur thermisch isolierte Systeme!

; Feld = mechanisches, nicht statistisches ObjektEntropie des Feldes ist Null

adiabatischer Prozess: hinreichend langsame Anderung der außeren Be-dingungen eines thermisch isolierten Systems

Behauptung: adiabatische Prozesse sind reversibel

Beweis: charakterisiere außere Bedingungen durch (eventuell vektorwerti-ge) Parameter λ, mit ∂λ

∂t ≪ 1

51

Ausgangszustand: statistisches Gleichgewicht

;dS

dt= A0 +A1

dt+A2

(dλ

dt

)2

+ · · · (Taylor)

A0 = 0 da beidλ

dt= 0 auch

dS

dt= 0

A1 = 0 da beidS

dt= 0 in thermisch isolierten Systemen

unabhangig vom Vorzeichen vondλ

dt

dS

dt= A

(dλ

dt

)2

+ · · ·

dS

dλ=dS

dt

dt

dλ= A

dt−→dλdt

→0

;dS

dλ= 0

Anmerkung: adiabatisch ⇒ reversibelreversibel ; adiabatisch

Anwendung: Das Konzept der adiabatischen Prozesse erlaubt die Berechnung vonMittelwerten, die die Veranderung der Entropie des Systems als Funk-tion eines Parameters beschreiben, auf rein thermodynamischen Wege.

Mechanik:dH(q, p, λ)

dt=∂H(q, p, λ)

∂E=∂H

∂λ

∂λ

∂t

Thermodynamische Energie:

E = E(q, p, λ) = H(q, p, λ)

dE

dt=dE(q, p, λ)

dt=dE(q, p, λ)

dt=∂E(q, p, λ)

∂λ

∂λ

∂t(+)

Wunsch: E = E(S, λ)dE

dt

(∂E

∂λ

)

S

∂λ

∂t(++)

;∂E(q,p,λ)

∂λ =(

∂E∂λ

)

S(2)

• Berechnung von Kraften (λ ≡ Koord./Vol.)

• Berechnung von el./magn. Momenten von Korpern (λ ≡ Feldstarke)

52

3.5 Der Druck

Additivitat von Energie und Entropie

; Im Gleichgewicht hangt die Entropie (Energie ) eines Korpers bei gege-bener Energie (Entropie) nicht von seiner Form ab, sondern berechnetsich einfach aus der Summe der Entropien (Energien) seiner Teilvolu-mina.

Voraussetzung: Abwesenheit außerer Felder, die die Energie ortsabhangig machen (Ho-mogenitat)

Anwendbarkeit: Flussigkeiten und Gase (Festkorper nur bedingt:Energieanderung und bei volumenerhaltenden Deformationen (Elasti-zitat)deformierte Festkorper befidnen sich in einem unvollstandigen Gleich-gewicht (Relaxationszeit sehr groß)

; makroskopische Zustande im Gleichgewicht vollstandig bestimmt durchE, V (und N)Kraft auf Volumen begrenzende Wand?

~F = −∇rE(q, p;~r) ~r Ortsvektor der Wand

Wandelement makroskopisch ⇒ mitteln!

; ~F = −∇rE(q, p;~r) = −∂E(q, p;~r)

∂~r

=(2)−(∂E

∂V

)

S

∂V

∂~r

dV = ∆ ~A~r → ∂V

∂~r= ∆ ~A

mit ~A = orientiertes makroskopisches Flachenelement der Wand

~F =

(

−∂E∂V

)

S

·∆ ~A

~F : ⊥ zur Wand, ∝ zur Flache

Definition des Drucks:

p =

(∂E

∂V

)

S

(3)

1

T=

(∂S

∂E

)

V

⇒ T =

(∂E

∂S

)

V; totales Differential

dE =

(∂E

∂V

)

S

dV +

(∂E

∂S

)

V

dS = −pdV + TdS (4)

53

abgeschlossenes System aus zwei Untersystemen mit frei verschiebbarerWand, V1 + V2 = V = const.Gleichgewichtsbedingung:

∂S

∂V1=∂S1

∂V1+∂S2

∂V2

∂V2

∂V1︸︷︷︸

−1

!= 0

⇒ ∂S1

∂V1=∂S2

∂V2

wegen dS =1

T+p

TdV

⇒(∂S

∂V

)

E

=p

T

alsop1

T1=p2

T2(+)

und mit T1 = T2

; p1 = p2

Weitere Gleichgewichtsbedingung: p > 0dann:

p > 0 → ∂S∂V |E > 0

; System tendiert spontan zur Ausdehnung, kompensiert durch Wande

p < 0 → ∂S∂V |E < 0

; System tendiert spontan zum Kollaps, nicht ohne Weiteres durchWande kompensierbar

Unterschied zur Bedinung T > 0:

• Korper mit T < 0 waren vollig instabil, konnten in der Natur nichtexistieren

• Zustande mit negativem Druck als metastabile Zustande moglichAblosen von Behalterwanden, Bildung von Hohlraumen im Inneren ;

Entstehung von Oberflachen, die in der Energiebilanz berucksichtigtwerden mussen (Oberflachen-, Kohasionsenergie)

Kapillare:

1 at

ϕ

∆p =2γ

R=

rcosϕ h =

2γ cosϕ

rρg

R: Radius des Miniskus, r: Radius der Kapillarebis 10 m, wenn p > 0, bis 30 m moglich wegen negati-vem Druck

54

3.6 Arbeit und Warmemenge, innere Energie, Enthalpie

Arbeitsleistung am Korper: Krafte → Verschiebungenhier meistens: Volumenanderung am Korper

Vereinbarung: von außeren Kraften an einem System geleistete Arbeit,die seine Energie erhoht, wird positiv gerechnetArbeit, die das System leistet: negativ

Volumenanderung bei raumlich konstantem Druck fuhrt zur Arbeitsleistung

dA

dt= −pdV

dt

thermisch isoliertes SystemdE

dt=dA

dt

nicht thermisch isoliertes System ; Energieanderung auch durch Warme-zufuhr

dE

dt=dA

dt+dQ

dt(5)

ruhender Korper, nur Volumenanderung (E = innere Energie U):

dU

dt=dA

dt+dQ

dt

mit (4):dU

dt=dE

dt= T

dS

dt−pdV

dt︸ ︷︷ ︸

dAdt

(6)

⇒ dQ

dt= T

dS

dt(7)

Anmerkung: dA, dQ sind keine vollstandigen Differentiale (auch δA, δQ)

∫ 2

1δA,

∫ 2

1δQ sind wegabhangig (d. i. prozessabhangig)

∫ 2

1dU =

∫ 2

1δA+ δQ =

wegunabh.U2 − U1

dU ist ein vollstandiges Differential (dS ebenso)

Warme und Arbeit sind ineinander umwandelbareingeschrankt:

Arbeit → Warme geht vollstandig

Warme → Arbeit geht nicht vollstandig, ohne bleibende Anderung (des Sy-stems oder der Umgebung)

55

Erster Hauptsatz: Energieerhaltung

Es gibt eine Zustandsgroße innere Energie, deren Differential (furgeschlossene Systeme) durch

dU = δQ+ δA

gegeben ist.

Zweiter Hauptsatz: Entropiesatz

U = U(S, V )

dU= TdS− pdV (8)

T=

(∂U

∂S

)

V

, p = −(∂U

∂V

)

S

(9)

Warmekapazitat CV bei konstantem Volumen

CV =

(∂Q

∂T

)

V

= T

(∂S

∂T

)

V

(10)

Warmekapazitat Cp bei konstantem Druck

Cp =

(∂Q

∂T

)

p

= T

(∂S

∂T

)

p

(11)

Erster Hauptsatz: δQ = dU + pdVU = U(V, T ) ; δQ =

(∂U∂T

)

VdT +

[(∂U∂V

)

T+ p]dV

⇒ CV =(

∂U∂T

)

V(12)

fur Cp: U = U(p, T ), V = V (p, T )

dU =

(∂U

∂T

)

p

dT +

(∂U

∂p

)

T

dp

dV =

(∂V

∂T

)

p

+

(∂V

∂p

)

T

dp

δQ =

[(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

]

dT +

[(∂U

∂p

)

T

+

(∂V

∂p

)

T

]

dp

⇒ Cp =

(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

=

(∂H

∂T

)

p

(13)

H = U + p ·V Enthalpie (14)

56

4 Anwendungen der mikrokanonischen Gesamtheit

4.1 Gleichverteilungssatz

ΓN (E, V )→ Γ(E)Wir interessieren uns fur statistische Mittelwerte der Form

qi∂H

∂qj

,

pi∂H

∂pj

,

qi∂H

∂pj

,

pi∂H

∂pj

allgemein ⟨

xi∂H

∂xj

xi ∈ q1, . . . , q3N , p1, . . . , p3N

〈xixj〉 , 〈xixj〉statistische Verteilung der mikrokanonischen Gesamtheit:

=

1 E ≤ H ≤ E + ∆

0 sonst(1)

;

xi∂H

∂xj

=

E≤H≤E+∆

xi∂H∂xj

dq3Ndp3N

E≤H≤E+∆

dq3Ndp3N

︸ ︷︷ ︸

Γ(E)

(2)

E≤H≤E+∆

. . . dq3Ndp3N =

H≤E+∆

. . . dq3Ndp3N −∫

E≤H

. . . dq3Ndp3N

= ∆∂

∂E

H≤E

. . . dq3Ndp3N +O(∆2)

;

xi∂H

∂xj

=∆

Γ(E)

∂E

H≤E

xi∂

∂xj(H − E

↑)dq3Ndp3N (3)

∂E∂xj

= 0 subtrahiert

xi∂

∂xj(H − E) =

∂xj[xi(H − E)]− (H − E)

∂xi

∂xj︸︷︷︸

δij

H≤E

xi∂

∂xj(H − E)dq3Ndp3N =

H≤E

∂xj(xi(H − E))dq3Ndp3N − δij

H≤E

(H − E)dq3Ndp3N

=Gauß

H=E

njxi(H − E)

︸ ︷︷ ︸

0, weil H = E a. d. Oberflache

dq3Ndp3N − δij∫

H≤E

(H − E)dq3Ndp3N (∗)

57

ω(E) =Γ(E)

∆⟨

xi∂H

∂xj

=1

ω(E)δij

∂E

H≤E

(H − E)dq3Ndp3N (4)

xi∂H

∂xj

=δijω(E)

∂E

gesamterPhasenraum

Θ(E −H)(H − E)dq3Ndp3N

=δijω(E)

∫∂

∂EΘ(E −H)(H − E)

︸ ︷︷ ︸

δ(E −H)(H − E)︸ ︷︷ ︸

0

+Θ(E−H)

dq3Ndp3N

xi∂H

∂xj

=δijω(E)

Θ(E −H)dq3Ndp3N

︸ ︷︷ ︸RH≤E

dq3Ndp3N=Σ(E)

= δijΣ(E)

ω(E)(5)

xi∂H

∂xj

= δijΣ(E)∂Σ(E)

∂E

= δij1

∂ ln Σ(E)∂E

=S=kB ln Σ

δij1

1kB

∂S∂E

= δij1

1kB

1T

= δijkBT

xi

∂H

∂xj

= δijkBT (6)

verallgemeinerter Gleichverteilungssatz

speziell:

pi∂H

∂pj

= δijkBT (6a)

qi∂H

∂qj

= δijkBT (6b)

im Allgemeinen: H quadratisch in den pi

pi∂H

∂pj

=1

mj〈pipj〉

⟨1

2mip2

i

=1

2kBT (Gleichverteilungssatz)

58

mittlere kinetische Energie pro Teilchen:

⟨1

2mi(p2

ix + p2iy + p2

iz)

=3

2kBT

∂H

∂qi= −pi

⟨∑3N

i=1 qipi

= −3NkBT (7)

Virialtheorem, Virial einer Kraft ~F : ~x~F

kleine Schwingungen um Ruhelage, Ensemble harmonischer Oszillatoren ;

Hauptachsentransformation

H =∑

i

AiQi +∑

i

BiP2i (8)

(gleichzeitig kanonische Transformation)Euler’sche Differentialgleichung (H homogene Funktion vom Grad 2):

i

Qi∂H

∂Qi+∑

i

Pi∂H

∂Pi= 2H

Seien f der KonstantenAi,Bi ungleich Null (normalerweise f = 2s, sAnzahlder Freiheitsgrade); Mittelwertbildung

2 〈H〉 =∑

i

Qi∂H

∂Qi︸ ︷︷ ︸

kBT

+∑

i

Pi∂H

∂Pi︸ ︷︷ ︸

kBT

= fkBT

〈H〉= 1

2fkBT f = fA + fB (9)

U = 〈H〉

CV=∂

∂T〈H〉 =

f

2kB = skB (10)

Anmerkungen:

1) Die Formel (10) fur die Warmekapazitat gilt bei Festkorpern fur nichtzu niedrige Temperaturen mit s = 3N (Dulong-Petit-Regel, 1819); atomare Warmekapazitat von 26 J/K fur alle Materialien (Menge:1 gat = 1 Grammatom)experimentell bestatigt mit einigen Ausnahmen (B, Si, C) gilt relativgut fur Metalle

59

Sofortiger Widerspruch mit Theorie, wenn man innere Freiheitsgra-de in gleicher Weise berucksichtigt (innere Molekulschwingungen beihochmolekularen Verbindungen, Elektronenbewegung).Erklarung: Nach der Quantenstatistik frieren Freiheitsgrade bei

tiefen Temperaturen aus - der Gleichverteilungssatzgilt nicht mehr (e−-Anregung erfolgt bei hoherer, alsZimmertemperatur)

2) Formel (9) fur die mittlere Energie gilt nur, wenn q und p in H qua-dratisch vorkommen.Sei etwa

H =∑

iHi Hi =p2

i

2m+ aq2n

i⟨

qi∂H∂qi

= 2na⟨q2ni

⟩= kBT

⇒ a⟨q2ni

⟩=kBT

2n⟨

pi∂H∂pi

=1

m

⟨p2

i

⟩= kBT

⇒ 1

m

⟨p2

i

⟩=kBT

2

〈H〉 =∑

i

〈Hi〉 =∑

i

1

2kBT (1 +

1

n) =

s

2kBT (1 +

2

n)

⋆ Beispiel: Teilchen im Kasten

Φ

-L L

Φ = limn→∞

( qL

)n

; q gibt keinen Beitrag

〈H〉 =s

2kBT

4.2 Das ideale Gas

N Teilchen, keine Wechselwirkung

H =3N∑

i=1

p2i

2m

alle Einzelimpulse sind erhalten

Annahme: beliebig kleine Wechselwirkung

HW =∑

i,j

Φ(qi, qj)

60

Starke der Wechselwirkung beeinflusst (solange sie genugend klein ist)die Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts, nicht aber den Gleich-gewichtszustand selbst; wahle HW

so klein, dass es bei Berechnung des Phasenraumvolumens vernachlassig-bar ist

so groß, dass System in experimentellen Zeiten ins Gleichgewicht einlauft(d. h. dass der Zeitmittelwert durch einen Scharmittelwert ersetz-bar ist)

Berechnung der Entropie nach Definition b), Gleichung (2.48)

S = kB lnΣ(E, V )

Σ(E, V ) =1

h3N

H≤E

dq1dq2 · · · dq3Ndp1dp2 · · · dp3N

Teilchen seien auf Behalter mit Volumen V beschrankt; H =∞ an Behalterrand und jenseits H unabhangig von q im Behalter

⇒ Σ(E, V ) =

H≤E

dq3N

H≤E−E0

dp3N mit E0 = H(q, p = 0) = 0

;

H≤E

dq1 · · · dq3N =

H≤E

(dq1dq2dq3)N = V N

Σ(E, V ) =V N

h3N

12m

P3Ni=1 P 2

i ≤E

dp1 · · · dp3N

=V N

h3NV3N↑

(√

2mE)

Volumen einer 3N -dimensionalen Kugel mit Radius√

2mE

Σ(E, V ) =V N

h3N

[

π3N/2

(3N/2)!(2mE)3N/2

]

Σ(E, V ) =π3N/2

(3N/2)!

[V

h3(2mE)3/2

]N

(11)

N ≫ 1 → Stirlingformel anwendbar

n! ∼ nne−n√

2πn (n→∞)

61

Σ(E, V ) =

(V

h3

)N

(2πmE)3N/2 1

(3N/2)3N/2

e3N/2

2π3N/2

Σ(E, V ) =1√

3πN

(

4πmEV 2/3e

3Nh2

)3N/2

; S(E, V ) = kB ln Σ(E, V )

=3

2NkB

[

ln4πmEV 2/3

3Nh2+ 1

]

−kB

2ln 3πN

︸ ︷︷ ︸

wird vernachlassigt

E = U

S(U, V ) =3

2NkB

[

ln4πmEV 2/3

3Nh2+ 1

]

(12)

Auflosen nach U:

U(S, V ) =3h2N

4πmV 2/3e2/3 S/kBN −1 (13)

Ziel: Zustandsgleichung

f(p, V, T ) = 0

allgemeiner Weg in der mikrokanonischen Gesamtheit:

1

T=

(∂S

∂U

)

V

(Definition der Temperatur)

p

T=

(∂S

∂V

)

U

wegen S =1

TdU +

p

TdV

und eliminiere aus diesen beiden Gleichungen die innere Energie U ; p(T, V )und eliminiere S

T =

(∂U

∂S

)

V

=2

3NkBU(S, V )

U =3

2NkBT (14)

(innere) kalorische Zustandsgleichung

p = −(∂U

∂V

)

S

=2

3

U(S, V )

V=

(14)

NkBT

V

p ·V = NkBT (15)

CV =

(∂U

∂T

)

V

=3

2NkB (16)

62

4.3 Das Gibbs’sche Paradoxon und die korrekte Boltzmann-

Abzahlung

Entropie eines idealen Gases

S =NkB ln(V u3/2) +Ns0

u =U

N=

3

2kBT (17)

s0 =3kb

2(1 + ln

4πm

3h2)

↑Entropiekonstante pro Teilchen

nicht extensiv! Konsequenzen?Mischung zweier Gase mit N1 Teilchen in V1 und N2 Teilchen in V2

Temperatur T , Druck p, Teilchenmasse mNach dem Mischen:

S = (N1 +N2)kB ln[(V1 + V2)u3/2] + (N1 +N2)s0

Einzelentropien vor dem Mischen:

S1 = N1kB lnV1u3/2 +N1s0

S2 = N2kB lnV2u3/2 +N2s0

∆S

kB=S − S1 − S2

kB= N1 ln(1 +

V2

V1)

︸ ︷︷ ︸

>0

+N2 ln(1 +V1

V2)

︸ ︷︷ ︸

>0

> 0

[ware fur verschiedene Gase okay, aber nicht fur gleiches Gas (wie hier be-trachtet!)]Ergebnis nicht sinnvoll bei gleichen Gasen, wurde zur Abhangigkeit derEntropie von der Prozessfuhrung, also der Geschichte des Gases fuhren ;

Widerspruch zur Eigenschaft einer Zustandsgroße

Empirische Losung:”korrekte Boltzmann-Abzahlung“

statt S = kB lnΣ(U, V )

definiere S = kB ln Σ(U,V)N1!N2!···Nm! (18)

wenn N1 Teilchen der Sorte 1N2 Teilchen der Sorte 2...Nm Teilchen der Sorte m vorliegen

Fur eine einzige Teilchensorte gilt die Sackur-Tetrude-Gleichung

S= kB lnΣ(U,V)− kB lnN!

= kB lnΣ(U, V )− kBN lnN + kBN

63

;

S =NkB ln(V

Nu3/2 +Ns0)

u =U

N=

3

2kBT

s0 =1

2kB(5 + 3 ln

4πm

3h2) = s0 + kB

(19)

normiert, extensiv!

Teilchensorten 1 und 2 identisch

;∆S

kB= N ln

V

N−N1 ln

V1

N1−N2 ln

V2

N2

p1 = p2 = p und T1 = T2 = T

⇒V

N=V1

N1=V2

N2

[

= kBT

p

]

∆S

kB= (N −N1 −N2) lnV N = 0

zwei verschiedene Teilchensorten:

S =(18)

NkB ln(V u3/2) +Ns0 −N1kB lnN1 + kBN1 −N2kB lnN2 + kBN2

S = N1kB lnV

N1u3/2 +N2kB ln

V

N2u3/2 +Ns0

S1,2 = N1,2kB lnV1,2

N1,2u3/2 +N1,2s0

∆S

kB= N1 ln

V

V1+N2 ln

V

V2

= N1 ln(1 +V2

V1) +N2 ln(1 +

V1

V2) > 0

Begrundung der korrekten Boltzmann-Abzahlung:Sommerfeld’sche Quantisierungsbedingung fur ein Teilchen (1D)

q

p

64

pdq = nh

H=E

=

∫ ∫

H≤E

dqdp

; n =1

h

∫ ∫

dqdp

Anzahl der Zustande mit Energie H ≤ Eu

N unterscheidbare Teilchen (3D)

n = n1 · n2 · · ·nN =1

h3N

H≤E

dq1dq2 · · · dq3Ndp1 · · · dp3N

ununterscheidbare Teilchendividiere durch Anzahl der Moglichkeiten N Teilchen auf die gegebenenZustande (bzw. den gegebenen N-Teilchen-Zustand) zu verteilen

n =1

N !h3N

H≤E

dq3Ndp3N

; Volumenelement im Γ-Raum:dq3Ndp3N

N !h3N

65

5 Die kanonische Gesamtheit

(quasi)abgeschlossenes System: mikrokanonische Gesamtheit

=

1

ΓN (E, V )E ≤ H(q, p) ≤ E + ∆

0 sonst(1)

ΓN (E, V ) =1

h3NN !

E≤H(q,p)≤E+∆

dq3Ndp3N (2)

5.1 Ableitung der Verteilungsdichte im kanonischen Ensem-

ble

Haufig: nicht Systemenergie vorgegeben, sondern SystemtemperaturForm der Verteilung aus Kapitel 2.5, Gleichung (21)

ln u = αu + βEu(qu, pu)

d. h u = 0ueβEu (3)

1 2

System 1, System 2 beide makroskopisch, System 1 ≪ System 2; Eigenschaften von System 2 durch System 1 praktisch nicht beeinflusstGesamtsystem abgeschlossenWechselwirkungsenergie schwach ; H = H1 +H2

Verteilung des Teilsystems 1 erhalt man aus der des Gesamtsystems durchIntegration uber die Variablen des Systems 2.

(q1, p1, q2, p2) =

1

Γfur E ≤ H1 +H2 ≤ E + ∆

0 sonst(4)

Γ(E) =1

h3N1N1!h3N2N2!︸ ︷︷ ︸

kein Teilchenaustausch

E≤H1+H2≤E+∆dq3N

1 dp3N1 dq3N

2 dp3N2 (5)

⇒ Rechnung so, als ob Teilchen in System 1 und System 2 verschieden waren

(q, p) =

(q1, p1, q2, p2)dq3N2

2 dp3N22

h3N2N2!

=1

Γ(E)

E−H1≤H2≤E−H1+∆

=Γ2(E −H1)

Γ(E)(6)

66

(Indizes 1, 2 kennzeichnen System)H1 ≪ E → kann man entwickeln?

(1 + x)n =n≫ 1n > 1

x

1 + nx+ · · ·

schlechte Naherung, falls x >1

n

hier: notig, dass x≪ 1

n

(1 + x)n = eln(1+x)n = e(x+··· )n = exn

fur x≪ 1 ausreichend

; nicht direkt entwickelbar!

Entropie:

S2(E −H1) = kB[ln Γ2(E −H1) +O(√

N2)]

; Γ2(E −H1) = c2eS2(E−H1)/kB

c2 ist ein unbekannter Vorfaktor

(q1, p1) = c2/Γ(E) expS(E −H1)/kBH1 ≪ E ; entwickle S2(E −H1), Abbruch nach 1. Ordnung

S2(E −H1) = S2(E)− ∂S2(E)

∂EH1 + · · ·

= S2(E)− H1

T2(E)

≈ S(E)− H1

T2(E2)(E ≫ E2)

thermisches Gleichgewicht: T1 = T2 = T

(q1, p1) =c2e

S2(E)/kB

Γ(E)e−H1(q1,p1)/kBT

Unterdrucke Index 1(q, p) = τe−H(q,p)/kBT

kanonische Verteilung

;

(q, p) =e−H(q,p)/kBT

ZN (V, T )

ZN (V, T ) =

∫dq3Ndp3N

h3NN !e−H(q,p)/kBT

(7)

67

ZN : Zustandsintegral/-summe (englisch: partition-function)

Anmerkung zur Entwicklung nach H1:

=↑f

Γ2(E)− ∂Γ2∂E H1

Γ=

Γ2(E)

Γ(E)

(

1− ∂ ln Γ2

∂EH1

)

≈ 1− H1

kBT≈↑f

eH1/kBT

dasselbe Ergebnis, aber: falsche Ableitung!

⋆ Beispiel:

Γ2(E) = cE3/2 N

Γ2(E −H1) = c(E −H1)3/2 N = ce3/2 N

(

1− H1

E

)3/2 N

?≈ cE3/2 N

(

1− 3

2NH1

E

)

Voraussetzung ware 32N

H1

E≪ 1

nach Gleichung (4.14)

H1 ≈3

2N1kBT

E ≈ 3

2(N1 +N2)kBT

3

2NH1

E≈ 3

2(N1 +N2)

N1kBT

(N1 +N2)kBT=

3

2N1 ≫ 1

kanonische Verteilung: hangt nur uber H(q, p) von Impulsen und Koordina-ten ab ⇒ sie ist stationar

5.2 Zustandssumme und freie Energie

Abkurzung: β =1

kBT

;

(q, p) =1

ZN (V, T )e−βH(q,p)

ZN (V, T ) =

∫dq3Ndp3N

h3NN !e−βH(q,p)

(9)

68

Zusammenhang mit der Thermodynamik:

U = 〈H〉 =1

h3NN !

(q, p)H(q, p)dq3Ndp3N

=1

ZN

1

h3NN !

H(q, p)e−βH(q,p)

︸ ︷︷ ︸

− ∂∂β

e−βH

dq3Ndp3N

=1

ZN

∂β(−ZN ) = −∂ lnZN

∂β

U= −∂ lnZN

∂β= kBT2∂ lnZN

∂T(10)

mit∂T

∂β=

1∂β∂T

=1−1

kBT 2

= −kBT2

Druck:

p = −(∂U

∂V

)

S

=3.2

∂H(q, p)

∂V= −

⟨∂H

∂V

p = − 1

h3NN !

(q, p)∂H

∂Vdq3Ndp3N

= − 1

ZN

1

h3NN !

∫∂H

∂Ve−βH

︸ ︷︷ ︸

− 1β

∂∂V

e−βH

dq3Ndp3N

= − 1

βZN

1

h3NN !

∂V

e−βHq3Ndp3N

︸ ︷︷ ︸

ZN

= − 1

βZN

∂VZN = − 1

β

∂VlnZN

p= −1

β

∂VlnZN = kBT

∂VlnZN (11)

d lnZN (V, T ) =∂ lnZN

∂TdT +

∂ lnZN

∂VdV

=U

kBT 2dT +

β

kBTdV

1

kB

[

−dUT

+dU

T+p

TdV

]

=dU=TdS−pdV

− 1

kBdU

T+

1

kBdS

d

(U

t− S

)

= −kBd lnZN (12)

69

legt nahe: eine neue energieartige Funktion, ein thermodynamisches Poten-tial, einzufuhren

F = U−TS (13)

F heißt freie Energiemit (12):

dF

T= −kBd lnZN (V, T )

F = −kBT lnZN (V, T ) + const. · T

Nullpunkt der Entropie frei wahlbar, setze const. = 0

F = −kBT lnZN (V, T ) (14)

ZN (V, T ) = e−βF (15)

dF = dU − TdS − SdT = −pdV − SdT

dF = −SdT − pdV (16)

S =

(∂F

∂T

)

V

(17)

; S = kB∂

∂TT lnZN

= kB lnZN + kBT∂ lnZN

∂T

=(10)

kB lnZN −1

T

∂ lnZN

∂β

S = kB

(

lnZN +1

kBT〈U〉)

= −kB

lne−H/kBT

ZN

= −kB 〈ln 〉

S = −kB 〈ln 〉 (18)

S = −kB

∫ ln dq3Ndp3N/h3NN ! (19)

(vgl. (2.36)) : normierte Verteilung = 0 ⇒ setze ln = 0 (lim

x→0x lnx = 0)

70

(mikrokanonische Verteilung: = 1/Γ(E) in Energieschale, 0 außerhalb

S =− kB

ln dq3Ndp3N

h3NN != −kB

E≤H≤E+∆

− ln Γ

Γ

dq3Ndp3N

h3NN !

= kB(ln Γ)1

Γ

E≤H≤E+∆

dq3Ndp3N

h3NN !

︸ ︷︷ ︸

Γ

= kB ln Γ

(19) → (14):

S = −kB

ln dq3Ndp3N

h3NN !

= −kB

(

− H

kBT− lnZN

)dq3Ndp3N

h3NN !

=〈H〉T

+ kB lnZN =U

T+ kBlnZN

; U − TS︸ ︷︷ ︸

F

= −kBT lnZN )

71

6 Anwendungen der kanonischen Verteilung

6.1 Gleichverteilungssatz

xi∂H

∂xj

=1

ZN

xi∂H

∂xje−H/kBT

︸ ︷︷ ︸

−kBT ∂∂xj

e−H/kBT

dq3Ndp3N

h3NN !(∗)

xi∂

∂xje−H/kBT =

∂xj

(

xie−H/kBT

)

− δije−H/kBT (∗∗)

(∗∗) in (∗):⟨

xi∂H

∂xj

= kBTδij1

ZN

e−H/kBT dq3Ndp3N

h3NN !︸ ︷︷ ︸

ZN

xi∂H

∂xj

= kBTδij (1)

fur nichtzyklische Koordinaten xj

xj zyklisch ⇒ ∂H

∂xj= 0 ⇒

xi∂H

∂xj

= 0

6.2 Zustandssumme des idealen Gases

H =3N∑

i=1

p2i

2m+ ΦW (2)

Wandpotential ΦW :

ΦW =

0 im Kasten

∞ außerhalb

ZN (V, T ) =

exp

−3N∑

i=1

p2i

2mkBT− ΦW

kBT

dq3Ndp3N

h3NN !

=1

h3NN !

e−ΦW /kBTdq3N

︸ ︷︷ ︸

V N

e−P3N

i=1

p2i

2mkBT dp3N

︸ ︷︷ ︸(∫ ∞

−∞e− p2

2mkBT dp

)3N

︸ ︷︷ ︸

(√

2mkBTπ)3N

72

ZN (V, T ) =V N

h3NN !(2πmkBT )3/2 N

=V N

λ3NN !(3)

λ =h√

2πmkBTthermische de Broglie-Wellenlange

(4)

Freie Energie

F (V, T ) = −kBT lnZN

=Stirling

−NkBT (lnV + 3 ln

√2πmkBT

h− lnN + 1)

F (V, T ) = −NkBT (ln VN + 3 ln

√2πmkBT

h + 1 (5)

Zustandsgleichung: p = −(

∂F∂V

)

T= NkBT

V

pV = NkBT (6)

6.2.1 Maxwell-Verteilung und barometrische Hohenformel

ideales Gas im außeren konservativen Kraftfeld

H =N∑

i=1

p2ix + p2

iy + p2iz

2m+ Φ(xi, yi, zi)

+ ΦW (7)

; Verteilung fur ein Molekul?Integration uber alle anderen

(x, y, z, px, py, pz) =

ce−p2x+p2

y+p2z/2mkBte−Φ(x,y,z)/kBT im Kasten

0 außerhalb

raumliche Verteilung?

(x, y, z) = 0e−Φ(x,y,z)/kBT

barometrische Hohenformel: Φ = mgz, Gasdichte m = m

m = m(x, y, z) = m0e−mgz/kBT

73

6.3 Reales Gas

Molekule besitzen Wechselwirkung (außer Stoßen, die das Gas ins Gleichge-wicht bringen!)

H =

N∑

i=1

p2i

2m+

N∑

i, ji < j

Φ(|qi − qj |) + ΦW (8)

Zustandssumme:

ZN =1

h3NN !

e−PN

i=1 p2i /2mkBTdq3N

︸ ︷︷ ︸

bekannt aus ZidealN

e−(PN

i,j∧i<j Φ(|qi−qj |)+ΦW )/kBTdp3N

λ =h√

2πmkBT

ZN =V N

λ3NN !Z(V, T ) = Z id

N Z(V, T )︸ ︷︷ ︸

Konfigurationsintegral

(9)

Z(V, T ) =1

V N

q∈V

e−P

i<jΦ(|qi−qj |)/kBT

dq3N (10)

Z(V, T ) =

e−P

i<jΦ(|qi−qj |)/kBT

q

=

⟨∏

i,j

e−Φ(|qi−qj |)/kBT

q

Mittelwert uber Ortsanteil des Γ-RaumesGestalt des Potentials: fur kleine Abstande: Abstoßung

fur große Abstande: Anziehung

74

Modellierung der Abstoßung durch Potential einer harten Kugel mit Ra-dius r0

Φ(r)

Φmin

I II

r2 r0

in I: e−Φ/kBT = 0 (r < 2r0)fur hohe Temperaturen bzw. (aquiv.)schwache Anziehung gilt

in II: e−Φ/kBT = 1−φ/kBT︸ ︷︷ ︸

>0

(r > 2r0)

Fuhre ein: f(r) = e−Φ/kBT − 1 ;

in I: f(r) = −1

in II: f(r) = −φ/kBT ≪ 1

fij = f(|qi − qj |)

; Z(V, T ) =

⟨∏

i<j

(1 + fij)

=1

V N

∫∏

i<j

(1 + fij)dq3N (∗(?))

Naherungen?verdunntes Gas:; Bereich I ist kleiner Teil des gesamten Integrationsvolumens ⇒ fij ≪ 1im großten Teil des Integrationsvolumens

i<j

(1 + fij) = 1 +∏

i<j

fij +∏

i < jk < l

(i, j) 6= (k, l)

fijfkl + · · · (∗∗)

Faktorisierungsnaherung: Terme niedriger Ordnung ⇒ Paare gleicherIndizes sind selten

75

; 〈fijfkl〉 = 〈fij〉 〈fkl〉

〈fijfkl〉 =1

V N

· · ·∫

fijfkl d3q1d

3q2 · · · d3qN︸ ︷︷ ︸

dq3N

=i 6= k 6= ji 6= l 6= j

1

V 4

· · ·∫

fijfkld3qid

3qjd3qkd

3ql

=

(1

V 2

∫ ∫

fijd3qid

3qj

)(1

V 2

∫ ∫

fkld3qkd

3ql

)

=

(1

V 2

fijdq3N

)(1

V 2

fkldq3N

)

= 〈fij〉 〈fkl〉

Anzahl der Terme insgesamt?

i<j

(1 + fij) = (1 + f12)(1 + f13) · · · (1 + f1N ) N − 1

×(1 + f23) · · · (1 + f2N ) N − 2

×(1 + f34) · · · (1 + f3N ) N − 3

...

×(1 + fN−1,N ) 1

Σ = N(N − 1)/2

; Gesamtzahl der Produkte fij ≪ 1(?) in (∗)

N(N − 1)/2 [N(N − 1)/2 − 1]1

2≈ 1

8N2(N − 1)2 ≈ N4

Anzahl von Parametern mit gleichen Indizes?Form fijfik oder fijfjk oder fijfkj

N Moglichkeiten zur Auswahl des doppelt vokommenden Indexes, N −1 furzweiten, N − 2 fur drittenfijfik und fikfij ; jedes Produkt zweimal gezahlt;

12N(N − 1)(N − 2) ≈ 1

2N3 ist Faktor N/4 kleiner

Gesamtzahl der Dreierprodukte fijfklfmn in (∗):

N(N − 1)/2 [N(N − 1)/2 − 1][N(N − 1)/2 − 2]/6 ≈ 1

48N6

Gesamtzahl der Dreierprodukte mit einem Paar gleicher Indizes (fijfikfmn

usw.):1

2N(N − 1)(N − 2)(N − 3) ≈ 1

4N5

76

Also: die Anzahl der Terme, fur die die Faktorisierung (∗∗) nicht gilt, weilIndizes gleich werden, ist pro Paar gleicher Indizes um einen Faktor derGroßenordnung N kleiner, als die Anzahl der Terme, fur das sie gilt.Offensichtlich nicht mehr richtig fur große Anzahlen von Faktoren (wenn einProdukt mindestens einen mehr als N/2 fij enthalt, ist es gar nicht mehrmoglich, alle Indizes verschieden zu wahlen). Aber diese Produkte hoherOrdnung haben wegen fij ≪ 1 ein so geringes Gewicht, dass man keinengroßen Fehler macht, wenn man sie auch faktorisiert.

Wir setzen also:

Z(V, T ) =

⟨∏

i<j

(1 + fij)

=↑

Naherung

i<j

〈1 + fij〉

= (1 + 〈fij〉)N(N−1)/2

Anmerkung: Die Faktorisierungsnaherung ist noch etwas besser, denn auchfur Zweierprodukte mit einem Paar gleicher Indizes gilt:

〈fijfik〉 = 〈fij〉 〈fik〉

graphische Darstellung in Clusterform: fur jedes fij ein Kreis und zwei Kreisedurch Strich verbunden, wenn Paar gleiche Indizes hat, dann gilt:

• = 〈f〉2

• = 〈f〉3

• 6= 〈f〉3

dichtere Gase mit starkeren Wechselwirkungen ; Clusterentwicklung (Mayer,1937)Berechnung des Mittelwerts von f12:

〈f12〉 =1

V N

f(|q1 − q2|)d3q1 · · · d3qN

=1

V 2

f(|q1 − q2|)d3q1d3q2

=Substitution

d3qs︸ ︷︷ ︸

V

d3∆qf(|∆q|)

77

Schwerpunkt-Koodinaten: qs =1

2(q1 + q2)

∆ = q1 − q2 ;∂(qs,∆q)

∂(q1, q2)= 1

=1

V

f(q)d3q =V ≫ λ3

r = |q|

V

∫ ∞

0f(r)r2dr

=4π

V∫ 2r0

0(−r2)dr↑f=−1

︸ ︷︷ ︸

− 8r30

3

+

∫ infty

2r0

↑ f = −Φ/kBT− Φ(r)

kBTr2dr

=2

V−4

4πr3o3

︸ ︷︷ ︸

V0: Volumen einer Kugelmit Radius r0

+1

kBT2π

∫ ∞

2r0

−Φ(r)r2dr

︸ ︷︷ ︸

α>0

; Z(V, T ) = [1 + 2V ( α

kBT − 4V0)]N(N−1)/2 (12)

ZN = Z idZ, F (T, V ) = −kBT lnZN = −kBT lnZ id − kBT ln Z

F (T, V ) = Fid(T, V )− N(N − 1)

2︸ ︷︷ ︸

N2

2

kBT ln1 +2

V

kBT− 4V0

)

︸ ︷︷ ︸

≪1

︸ ︷︷ ︸

2V

α

kBT−4V0

F (T, V ) = Fid(T, V )− αN2

V + N2

V 4V0kBT (13)

p =

(∂F

∂V

)

T

=NkBT

V− αN

2

V 2+N2

V 24V0kBT

; Zustandsgleichung

p = NkBTV

(1 + 4NV0

V

)− αN2

V 2 (14)

ahnlich van-der-Waals

van-der-Waals’sche Zustandsgleichung:

p+an2

V 2=NkBT

V − nb n = Zahl der Mode =N

NL

≈V0(?)≪V

NkBT

V

(

1 +nb

V

)

NL = Loschmidt-Zahl ≈ 6 · 1023 (+)

78

Identifizierung von (+) und (14):

; b = 4NV0n = 4NLV0 vierfaches Volumen eines Mols Gas

a = α(

Nn

)2= αN2

L = N2L2π

∫∞2r0−Φ(r)r2dr Maß fur molekulare Anziehung

also: Wir haben eine mikroskopische Begrundung fur van-der-Waals-Gleichung fur verdunnte reale Gase.

van-der-Waals-Gleichung: 1873kinetische Gastheorie (Boltzmann): 1860-1877

Statistik: ≈ 1870-1900

6.4 Energieschwankungen in der kanonischen Gesamtheit

Mittlere Energie: U = 〈H〉Entropieschwankung:

∆H2 =⟨(H − 〈H〉)2

=⟨H2⟩− 〈2H 〈H〉〉︸ ︷︷ ︸

2〈H〉2

+ 〈H〉2

=⟨H2⟩− 〈H〉2 =

⟨H2⟩−H2

U = 〈H〉 =

∫He−βHdq3Ndp3N

∫e−βHdq3Ndp3N

(∆H)2 =

∫H2e−βHdq3Ndp3N

∫e−βHdq3Ndp3N

− U2

H2e−βHdq3Ndp3N = − ∂

∂β

He−βHdq3Ndp3N

︸ ︷︷ ︸

〈H〉·Z

∂H

∂β= −

∫H2e−βHdq3Ndp3N

∫e−βHdq3Ndp3N

+

He−βHdq3Ndp3N −(−∫He−βHdq3Ndp3N

)

(∫e−βHdq3Ndp3N

)2

= −⟨H2⟩

+

(∫He−βHdq3Ndp3N

∫e−βHdq3Ndp3N

)2

︸ ︷︷ ︸

〈H〉2

also:

−∂H∂β

=⟨H2⟩− 〈H〉2 = (∆H)2

CV =

(∂U

∂T

)

V

=

(∂U

∂β

)

V

· ∂β∂T

= − 1

kBT 2

∂U

∂β

79

(∆H)2 =⟨H2⟩−H2 = −∂U

∂β= kBT

2CV (15)

(∆H)2 ≥ 0 ⇒ CV ≥ 0

Relative Schwankung:

|∆H|〈H〉 =

CV kBT 2

〈H〉︸ ︷︷ ︸

CV ∝ N〈H〉 ∝ N

∝ 1√N

−→fur N→∞

0

6.5 Energieverteilung in der kanonischen Gesamtheit

(E) =

δ( E↑

Wert

− H↑

Große

)

=

∫δ(E −H)e−βHdq3Ndp3N/h3NN !∫e−βHdq3Ndp3N/h3NN !

verwende:∫

1

h3NN !H≤H(q,p)≤H+dH

dq3Ndp3N = ω(H) · dH

· · · dq3Ndp3N 1

h3NN !=

· · ·ω(H)dH

ω(H) ≡ Inhalt der Hyperflache H(q, p) = H (2.7.5)

; (E) =

∫δ(E −H)e−βHω(H)dH∫e−βHω(H)dH

(E) =e−βEω(E)

∫∞Emin

e−βEω(E)dE(16)

ZN (V, T ) =

ωN (E)e−βEdE (17)

ωN (E) ist als Zustandsdichte zu interpretieren

Maximum von (E)?〈H〉 = U , relative Schwankungen von U klein ; E(max) = 〈H〉 = U

80

andererseits ist Maximum definiert durch:

0 = ∂∂Eω(E)e−βE =

∂Eeln ω(E)−βE

= eln ω(E)−βE

∂ lnω(E)

∂E︸ ︷︷ ︸

−β

∂E

1

kBSmik(E) =

1

kBTmik

=(

1kBTmik(E) − β

)

|E=U =1

kBTmik(U)− 1

kBTkan

; Tkan = Tmik(U); Die Temperaturdefinitionen von mikrokanonischer und kanoni-

scher Gesamtheit stimmen uberein, wenn die Energie E der mi-krokanonischen Gesamtheit gleich der mittleren Energie U der ka-nonischen Gesamtheit gewahlt wird.

lnω(E)− βE = lnω(U)− βU +∂2

∂E2(lnω(E)− βE)|E=U

1

2(E − U)2 + · · ·

= lnω(U)− βU +∂2

∂E2

Smik

kB︸ ︷︷ ︸

∂∂E

1Tmik(E) =

− 1kBT 2

mik

∂Tmik∂E

1

2(E − U)2 + · · ·

=Tmik=Tkan=T

lnω(U)− βU − 1

kBT

1∂E∂T

|E=U1

2(E − U)2

1∂E∂T

|E=U =1

∂U∂T

=1

CV

ln(ω(E)e−βE) = ln(ω(U)e−βU )− 1

2(E − U)2

1

kBT 2CV

ω(E)e−βE = ω(U)e−βUe−12(E−U)2/kBT 2CV (x)

ZN (T, V ) = ω(U)e−βU

∫ ∞

−∞dEe−

12(E−U)2/kBT 2CV

ZN (T, V ) = ω(U)e−βU√

2πkBT 2CV Gauß-Funktion (18)

;(16),(x),(18)

(E) =e−

12(E−U)2/kBT 2CV

2πkBT 2CV

(11)

Gauß-Verteilung

81

Freie Energie:

F = −kBT lnZN = U∝U− kBT lnω(U)

∝N

− 1

2kBT ln 2πkBT

2CV

∝ln N

; U − TSmik(E)|E=U = U − TSkan(U)

; und Entropiedefinitionen in mikrokanonischem und kanonischem Ensem-ble sind gleich, wenn E = U

7 Die großkanonische Gesamtheit

mikrokanonische Gesamtheit: abgeschlossenes Systemgegeben: E, V , N

kanonische Gesamtheit: geschlossenes System, kein Teilchenaustausch (aberWarmeaustausch)gegeben: V , N , T

großkanonische Gesamtheit: offenes System, Teilchen- und Warmeaus-tauschgegeben: V , T , ?

R

S

System S ≪ System R (Reservoir); Wechselwirkung so klein, dass ver-nachlassigbar, groß genug fur Einstellen des Gleichgewichts; Gesamtsystemsei abgeschlossen; Hges = HS +HR = H +HR

N (qS , pS ; qR, pR) =

1

Γ(E, V )fur E ≤ HS +HR ≤ E + ∆

0 sonst

(qS , pS , NS↑

variabel; Argument

) =

(qS , pS , qR, pR)

E−HS≤HR≤E−HS+∆

dq3NRdp3NR

h3NRNR!

=ΓR(E −HS , VR, N −NS)

Γ(E, V,N)︸ ︷︷ ︸

ΓN (E,V )

(1)

82

Setzen wir SR = kB(ln ΓR +O(√NR))

(qS , pS , NS) = c exp

1

kBSR(E −HS , VR, N −NS)

= c exp

1

kB

(

−HS

(∂SR

∂E

)

|VR,N −NS

(∂SR

∂N

)

|E,VR

)

c = ceSR(E,VR,N)/kB

∂SR

∂E|VR,N =

1

T (E,N)≈

System R≫ System S

1

T (ER, NR)T : Temperatur des Reservoirs

Bedeutung von∂SR

∂N|E,VR

?

dS =dU

T+p

TdV +

(∂S

∂N

)

|U,V dN

; dU = TdS − pdV − T(∂S

∂N

)

︸ ︷︷ ︸

( ∂U∂N )

S,V

|U,V dN

dU= TdS− pdV + µdN (2)

µ = −T(∂S

∂N

)

U,V

=

(∂U

∂N

)

S,V

U - homogene Funktion 1. Grades von S, V , N ; mit Eulerscher Differen-tialgleichung:

U =

(∂U

∂S

)

V,N

· S +

(∂U

∂V

)

S,N

· V +

(∂U

∂N

)

S,V

·N

U = TS− pV + µN (3)

0 = U − TS + pV = µN (4)

Einfuhrung der freien Enthalpie G

µ =G

Nfreie Enthalpie pro Teilchen (5)

chemisches Potential

dG = dU − TdS − SdT + pdV + V dp

=(2)−SdT + V dp+ µdN

83

µ =

(∂G

∂N

)

T,p

(5’)

Anderung der freien Enthalphie bei Hinzufugen eines Teilchens

G = µN ⇒(∂G

∂N

)

T,p

= µ+

(∂µ

∂N

)

T,p

N

⇒(∂µ

∂N

)

T,p

= 0

(es gilt auch: µ =(

∂F∂N

)

V,T)

(∂SR

∂NR

)

E,VR

= −µT, µ : chemisches Potential der Reservoirteilchen

(q, p,N) =exp−(H(q, p)−NV )/kBT

Z(V, T, µ)(6)

Normierungsbedingung:

∞∑

N=0

(q, p,N)dq3Ndp3N

h3NN != 1

große (großkanonische) Zustandssumme:

Z(V, T, µ) =∞∑

N=0

e−H−µN

kBTdq3Ndp3N

h3NN !

=∞∑

N=0

zNZN (V, T )

zN =eµ/kBT = eβµ Fugazitat

ZN (V, T ) =

e−βH dq3Ndp3N

h3NN !

(7)

7.1 Mittelwerte in der großkanonischen Verteilung

Definition des Mittelwerts von f(q, p,N)

〈f〉 =∞∑

N=0

f(q, pN)(q, p,N)dq3Ndp3N

h3NN !

84

〈f〉 =1

Z(V, β, z)

∞∑

N=0

zN

f(q, pN)e−βH(q,p,N) dq3Ndp3N

h3NN !

Z(V, β, z) =∞∑

N=0

zN

f(q, pN)e−βH dq3Ndp3N

h3NN !=

∞∑

N=0

zNZN (V, β)

(8)

β =1

kBTz = eµ/kBT

U = 〈H〉 =1

Z(V, β, z)

∞∑

N=0

zN

He−βH︸ ︷︷ ︸

− ∂∂β

e−βH

dq3Ndp3N

h3NN !

=1

Z(V, β, z)

(

− ∂

∂β

)

Z(V, β, z)

U= − ∂

∂βlnZ(V, β, z) (9)

p = −⟨∂H

∂V

=−1

Z(V, β, z)

∞∑

N=0

zN

∫∂H

∂Ve−βH

︸ ︷︷ ︸

− 1β

∂∂V

e−βH

dq3Ndp3N

h3NN !

=1

β

1

Z(V, β, z)

∂VZ(V, β, z)

p=1

β

∂VlnZ(V, β, z) = kBT

∂VlnZ(V, β, z) (10)

〈N〉 =1

Z(V, β, z)

∞∑

N=0

NzN

e−βH dq3Ndp3N

h3NN !︸ ︷︷ ︸

ZN (V,β)

=

∑∞N=0Nz

NZN∑∞

N=0 zNZN

NzN = z∂

∂zzN

〈N〉= z ∂∂z

Z(V, β, z)

Z(V, β, z)= z

∂zlnZ(V, β, z) (11)

85

alternativ:

〈N〉 =1

β

∂µlnZ(V, β, z)

z∂

∂z= eβµ ∂

∂eβµ= eβµ 1

∂eβµ

∂µ︸ ︷︷ ︸

βeβµ

∂µ

=1

β

∂µ

d lnZ(V, β, z) =N=〈N〉

∂ lnZ

∂VdV +

∂ lnZ

∂βdβ +

∂ lnZ

∂zdz

=(10),(9),(11)

βpdV − Udβ +N

2dz

=↑

1

kB

(p

TdV +

U

T 2dT

)

+N

2

(

βdµ eβµ︸︷︷︸

z

+µdβ eβµ︸︷︷︸

z

)

dβ=d 1kBT

=− 1kB

1T2 dT

dz=deβµdµ+µdβeβµ

=1

kB

(p

TdV − dU

T+dU

T

)

+N

kBTdµ+ µN

−1

kBT 2dT

N → N (thermodynamische Bezeichnung)

dU = TdS − pdV + µdN

; lnZ =1

kB

p

TdV − dU

T+ dS − p

TdV +

p

TdN +

N

Tdµ− Nµ

T 2dT

︸ ︷︷ ︸

d NµT

=1

kBd

(U

T− S − Nµ

T

)

d

(U − TS −Nµ

T

)

= −kBd lnZ(V, T, µ) (12)

neues thermodynamisches Potential:

Ω(V,T, µ) = U−TS− µN =(3)−pV (13)

p = −Ω

V(Dichte einer extensiven Große)

Ω

T= −kB lnZ(V, T, µ) + const.

Ω = −kBT lnZ(V, T, µ) + const. · T

86

(Wahl des Nullpunkts der Entropie eliminiert const.)

Ω(V, T, µ) = −kBT lnZ(V, T, µ) (14)

S =U

T− µ

TN − Ω

T

=〈U〉T− µ

T〈N〉+ kB lnZ

= −kB(−β| 〈H〉 − µ 〈N〉 | − lnZ)

= −kB

lne−β(H−µN)

Z

= −kB 〈ln 〉

S = −kB

∞∑

N=0

(q,p,N) ln (q,p,N)dq3Ndp3N

h3NN !(15)

Zustandsgleichung: Aus pV = kBT lnZ(V, T, z) und N = 2 ∂∂z lnZ(V, T, z)

eliminiere z: ; f(p, V, T ) = 0.

7.2 Ideales Gas

ZN = 1N !

(Vλ3

)Nmit λ =

h√2πmkBT

⇒ Z(V, T, z) =∞∑

N=0

zNZN (V, T )

=∞∑

N=0

1

N !

(zV

λ3

)N

= ezV/λ3

lnZ(V, T, z) =zV

λ3= (2πmkBT )3/2 zV

h3(16)

Zustandsgleichung:

pV = kBT lnZ = kBTzV

λ3

N = z∂

∂zlnZ =

zV

λ3

⇒ pV = NkBT (17)

87

7.3 Dichteschwankungen in der großkanonischen Gesamtheit

Wahrscheinliichkeit ω(N ′), dass ein System in der großkanonischen Gesamt-heit die Teilchenzahl N ′ hat

ω(N ′) = 〈δN ′M 〉 =∑

M

δN ′NzMzM/Z =

zN ′

ZN ′

Z(+)

=1

Ze

µN′

kBT e−Fkan(T,V,N ′)/kBT

=1

Zexp

1

kBT

(µN ′ − Fkan(T, V,N ′)

)

Erwartung: ω(N ′) hat scharfes Maximum bei mittlerer Teilchenzahl N

µN ′ − F (T, V,N ′) = µN − F (T, V,N) +

[

µ− ∂F (T, V,N ′)∂N

]

︸ ︷︷ ︸

0, da Maximum

(N ′ −N)

− 1

2

∂2F

∂N2(N ′ −N)2 + · · ·

Maximum: µ = ∂F/∂N = µkan - chemisches Potential der großkanonischenund kanonischen Verteilung identisch, wenn furNgk die mittlere Teilchenzahleingesetzt wird

Bedeutung von γ =∂2F

∂N2?

F extensiv ; F (T, V,N) = Nf(T, v) mit v = V/N intensiv [F (T, λV, λN) =λF (T, V,N), setze λ = 1/N ⇒ F (T, V/N, 1) = f(T, v) = 1/N F (T, V,N)]

∂F

∂N|T,V = f +N

∂f

∂v

∂v

∂N︸︷︷︸

− VN2 =− v

N

⇒ ∂F

∂N= f − v∂f

∂v∂2F

∂N2=∂f

∂v

∂v

∂N− ∂v

∂N

∂f

∂v− v∂

2f

∂v2

∂v

∂N︸︷︷︸

− vN

∂2F

∂N2=v2

N

∂2f

∂v2∼ O(

1

N)

p = −∂F∂V|T,N = −∂(Nf)

∂(Nv)= −∂f

∂v

γ =∂2F

∂N2= −v

2

N

∂p

∂v(18)

ω(N)= ce− γ

2kBT(N′−N)2

Gauß-Verteilung (19)

88

γ > 0, d. h.∂p

∂V< 0 ist Stabilitatsbedingung!

isotherme Kompressibilitat

κT= − 1

V

(∂V

∂p

)

T,N

= − 1

V(

∂p∂V

)

T,N

⇒(∂p

∂V

)

T,N

= − 1

VκT

∂p

∂v= −N ∂v

∂V= − N

V κT= − 1

vκT

γ = −v2

N

(

− 1

vκT

)

=v

NκT= − V

N2κT

[N. B.: γ = (∂2F/∂N2)V,T = (∂µ/∂N)V,T > 0, (∂µ/∂N)p,T = 0]

∆N =⟨(N −N ′)2

⟩1/2=

kBT

γ

=(18)

√√√√

kBTN

v2(

−∂p∂v

) =

kBTNκT

v(++)

∆N2

N2=kBTκT

Nv=kBTκT

V=κT

βV

relative Schwankung:

∆N

N∝ 1√

N

(∂p

∂v6= 0

)

→ fur N →∞

[∆H2 = kBT2CV = kBT

2∂U

∂T

∆N2 =kBT

γ= kBT

∂ 〈N〉∂µ

]

Bei mit Volumenanderung verbundenen Phasenubergangen 1. Ordnung ist∂p

∂v= 0 am Ubergangspunkt! Beim Phasenubergang 2. Ordnung im Allgmei-

nen auch (Fluktuationen divergieren). ; ω(N ′) hat kein starkes Maximummehr, Teilchen konnen aus einer Phase frei in die andere Wechseln

Dichteschwankungen beim idealen Gas:

pV = NkBT

pv = kBT

∂p

∂v=−kBT

v26= 0 fur T > 0

89

; klassisches ideales Gas hat keinen Phasenubergang

∆N =(18)(++)

kBTN

v2 kBTv2

=√N

∆N

N=

1√N

=

kBT

pv

Nachtrag:

F = −kBT lnZN + cFT (a)

Ω = −kBT lnZ + cΩT (b)

F = U − TS= U − T (S − S0)− S0T S0 = −cF

; dies entspricht einer”Umeichung“ auf cF = 0, Sneu = S − S0

Aquivalenz kanonischer und großkanonischer Verteilung:ω(N ′) hat scharfes Maxiumum bei N ′ = N = N ′ und Teilchenzahl derkanonischen ist gleich N ′(= N)

ω(N ′) ≈ zNZN

Z(ein Term der Summe)

lnZ ∼ ln zNZN N = NΩ = F − µN (c)

⇒ −kBT lnZ + cΩT = −kBT lnZN + cFT − µN

cΩ − cFkB

= ln

z︷ ︸︸ ︷

zNZN

ZN− βµN

= N ln z − βµN = N ln z −N ln z = 0 2

90

8 Grundlagen der phanomenologischen Thermo-

dynamik

Statistik mikroskop. Gleichungen−−−−−−−−−−−−−−−−−→ Definition makroskopischer Gleichungen

→ makroskopische Zustande, Beschreibung

Großen:

S, T , p, µ rein makroskopisch, nicht definierbar fur mikroskopische Syste-me

E, V , N mikroskopisch und makroskopisch

; thermodynamische Potentiale: U , H, F , G, Ω

τρoπoσ Wendung, Richtung

Thermodynamik → Phanomenologische Beziehung zwischen makroskopi-schen Großen

Grundlage der Phanomenologie: Hauptsatze (Axiome)

Begriffsbildungen

Statistik

(S, T , µ)

Thermodynamik

Identitat?1

T=

(∂S

∂E

)

V,N

8.1 Thermodynamisches Gleichgewicht

Gleichgewicht: Zustand, der sich in einem abgeschlossenen System nachhinreichend langer Zeit von selbst einstellt und in dem sich die makro-skopischen Zustandsgroßen zeitlich nicht mehr andern

Gleichgewicht

statistisches(statistische Verteilungsdichtezeitlich konstant)

thermodynamisches(Makrozustand zeitlich kon-stant ; Mittelwerte ma-kroskopsicher Großen zeitlichkonstant)

91

Aquivalenz? Unter gewissen Zusatzannahmen, die bei asymptotischgroßen Systemen erfullt sind!

Mikroskopisch ist das thermodynamische Gleichgewicht kein statischerZustand (Brownsche Bewegung)

Metastabiler Zustand: scheinbarer Gleichgewichtszustandkann nicht durch beliebig kleine Storungen zum Ubergang ins gleich-gewicht veranlasst werden⋆ Beispiele: Mischung aus H2 und O2 (Knallgas), Glaser

Gleichgewichtseinstellung: eingeschranktes GleichgewichtAufheben der Einschrankung; Veranderung der Zsutandsgroße; neuer GleichgewichtszustandV1, p1, T1 und V2, p2, T2 Energieaustausch−−−−−−−−−−−−→ V1, p1, T und V2, p2, T

V1

p1

T1

V2

p2

T2Energieaustausch

V1 V2

p1 p2

T T

Erfahrungssatz: Alle Systeme, die sich mit einem gegebenen System imthermischen Gleichgewicht befinden, sind auch untereinander im ther-modynamischen Gleichgewicht.

Nullter Hauptsatz: Transitivitat der Gleichgewichtsrelation ; Moglich-keit der Definition der Temperatur

thermodynamische Grundgroße: Temperatur

statistische Grundgroße: Entropie

8.2 Temperatur, Zustandsgleichungen

Messverfahren fur die Temperatur: Man bringe ein System, dessen ther-misches Gleichgewicht eindeutig mit einer leicht zu beobachtenden Zu-standsgroße zusammenhangt (=Thermometer) mit dem zu messendenSystem ins Gleichgewicht.

Temperaturskalen:

• Fahrenheit (1717-1736)

• Celsius (1741)

Basis: Warmeausdehnung einer Quecksilbermenge, ϑ = ϑ(V ) (linearangenommen)

92

Fixpunkte:• schmelzendes Eis bei 1 atϑF = 32F ϑC = 0C

• Siedepunkt des WassersϑF = 212F ϑC = 100C

Umrechnung: ϑF /[F ] = ϑC/[

C] · 95 + 32

Damit entspricht eine Temperatur von ϑF = 100F leichtem Fie-ber.

Nachteil dieser Skalen: Stoffabhangigkeit (Hg, Alkohol)

Homogenes System (keine chemischen Reaktionen)Volumen V , Druck p, Temperatur ϑ

f(p, V, ϑ) = 0

; nur zwei unabhangige Zustandsvariablen (Gibbs’sche Phasenregel)

⋆ Beispiel fur Zustandsgleichungen:ideales Gas

• allgemeine Zustandsgleichung:

pV = nRT

T = (273, 15 + ϑC/[C])

• kalorische Zustandsgleichung:

dU = CV dT

n = Anzahl der Mole

R = 8, 315J

mol K= 1, 986

cal

mol KR = NL · kB

8.3 Der erste Hauptsatz

wesentliche Erkenntnis: Warme ist eine Energieform

experimentelle Grundlage: Joule’scher Versuch

Quirl

H2O

mh

~g

93

potentielle Energie → Erwarmung des Wassers

Formulierung I des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik

Es gibt eine Zustandsgroße U , die innere Energie genant wird undderen Differential fur geschlossene Systeme durch

dU = δQ+ δA (1)

gegeben ist.

δQ ist die dem System zugefuhrte differentielle WarmeδA ist die am System geleistete differentielle Arbeit

Joule’scher Versuch:

• Gesamtsystem: dU = 0⇒ δQ = δA = 0

• Teilsysteme:

– Gewicht:

dU = −mg|dh|δA = −mg|dh|δQ = 0

– Wasser:

dU = mg|dh|δA = 0

δQ = mg|dh|

⋆ Beispiel: homogenes Gas

U = U(p, V )⇒ dU =

(∂U

∂p

)

V

dp+

(∂U

∂V

)

p

dV

U(2)− U(1) =

∫ 2

1dU wegunabghangig, da dU vollstandiges Differential

V

p

1

2

b

a

94

δA ist kein volstandiges Differential, δA = −pdV∫ 2

1(a)

δA−∫ 2

1(b)

δA =

δA = −∮

pdV

; δQ ist auch nicht vollstandig

offene Systeme:

dU = δQ+ δQ+ δUN

δUN : Energieanderung auf Grund der Anderung der Stoffmenge

Formulierung II des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik

Es gibt kein perpetuum mobile 1. Art.Ein perpetuum mobile 1. Art ist eine (periodische) Maschine, dienichts tut, als Arbeit zu verrichten.

Beweis der Aquvalenz der beiden Formulierungen des ersten Hauptsatzes

I → II: Prozess zwischen Zustand 1 und Zustand 2, der nichts anderestut, als Arbeit zu leisten

;

∫ 2

1δQ = 0 und U1 = U2

also:

A =

∫ 2

1δA =

∫ 2

1(dU − δQ) = U2 − U1 −

∫ 2

1δQ = 0

(periodische Maschine:∮δQ = 0

∮dU = 0 →

∮δA = 0)

d. h. die verrichtete Arbeit ist Null, es wird also keine Arbeit verrichtet( )

II → I: zwei Systeme, die umkehrbare Kreisprozesse durchlaufen konnen

System 1:

K1 ; Q1, A1

A1 = −∮

pdV =

δA

Q1 =

δQ

bestimme Faktor j1, so dass

A1 + j1Q1 = 0 (∗)es werde Arbeit geleistet ;

IIQ1 6= 0 → j1 6= 0

95

System 2: K2 ; Q2 = −Q2, A2

(System 2 nimmt die von System 1 produzierte Warme auf odergibt die von System 1 benotigte Warme ab)bestimme Faktor j2, so dass

A2 + j2Q2 = A2 − j2Q1 = 0 (∗∗)

(∗), (∗∗) ⇒ A2 +j2j1A1 = 0

Gesamtsystem: A = A1 +A2, Q = Q1 +Q2 = 0

Annahme: j2 6= j1 ⇒ Ages = A1 +A2 = A1(1− j2/j1) 6= 0

Gesamtsystem ist periodische Maschine

Ages <0 zu II

Ages >0 zu II fur ruckwarts laufende Maschine!

Also: II (+ Existenz umkehrbarer Kreisprozesse) ⇒ j1 = j2 = jj ist eine Naturkonstante, da sie fur alle Arten umkehrbarerKreisprozesse gilt

mechanisches Warmeaquivalent:

j = 427 kpmkcal = 4, 1868 J

cal universell (2)

; man kann Warme und Arbeit in den selben Einheiten messen, d. h.j = 1setzen; A+Q =

∮δA+

∮δQ =

∮δQδQ = 0 fur beliebige umkehrbare Prozesse

;

∫ 21 δA+ δQ ist wegunabhangig

; ∃ Stammfunktion U , U(p, V ) = U(p1, V1) +∫ (p,V )1 (δQ + δA) und U ist

eine Zustandsfunktion ⇒ dU = δQ+ δA ist ein totales Differential

V

p

1

96

8.3.1 Anwendung: Ausdehnung eines idealen Gases in ein Vaku-um

Versuch von Guy-Lussac

Gas Vakuum

Ti

Experiment: Offnen eines Hahns, Abwarten bis Gleichgewicht sich eingestellthat

Tinitial → Tf inal

Folgerungen:

• da keine Arbeit geleistet wird ∆A =∫ fi δA = 0

• da Temperatur des Bades unverandert ∆Q =∫ fi δQ = 0

Erster Hauptsatz: ∆U = 0 ; U volumen- und druckunabhangigBei einem idealen Gas ist U nur eine Funktion der Temperatur

U = U(T )

p · V = n ·R · T → V = V (p) fur jedes T

auch fur Enthalpie gilt

H = H(T ) = U(T ) + n ·R · T (3)

Cp − CV =

(∂H

∂T

)

p

−(∂U

∂T

)

V

=dH

dT− dU

dT= n ·R (4)

van-der-Waals-Gas: leistet beim Ausdehnen ins Vakuum keine Arbeit→ ∆A = 0[fur den Moment sei das Gas thermisch isoliert → ∆U = 0,∆Q = 0Ausdehnung: Wechselwirkungspotential großer ; mittlere kinetische Ener-gie nimmt ab ; T nimmt ab]

(Abschnitt 6.3)=⇒ F (T, V ) = F id(T, V )− an

2

V+ b

n2

VRT (5)

(Gleichung 6.5):

F id(T, V ) = −NkBT (lnV

N− 7 lnλ+ 1)

= −nRT (lnV

N− 3 lnλ+ 1)

λ =h√

2πmkBT

97

F = U − TS U = F + TS

S = −(∂F

∂T

)

V

= −(∂F id

∂T

)

V

− bn2

VR

dT= −1

2

λ

T(∂F id

∂T

)

V

= −nR(lnV

N− 3 lnλ+ 1) + nRT

3

λ

dT︸ ︷︷ ︸

− 32nR

⇒ S = −Fid

T+

3

2nR− bn

2

VR

U = F id//// − an2

V+ b

n2

VRT − F id//// +

3

2nRT − bn

2

VRT

U=3

2nRT− a

n2

V= Uid − a

n2

V(6)

a > 0 ⇒ U nimmt mit zunehmendem Volumen bei T = const. zu; U = const.V ր impliziert T ց

8.4 Der zweite Hauptsatz

Erfahrungstatsache: Warme und Arbeit teretn in dern Naturgesetzen nichtvollig symmetrisch auf(Joulescher Versuch lauft von selbst nur in eine Richtung ab)

8.4.1 Reversible und irreversible Vorgange

Eine Zustandsanderung, die hochstens um den Preis einer bleibendenVeranderung in der Umgebung des Systems wieder ruckgangig gemacht wer-den kann, heißt irreversibel.

Ein Vorgang in einem System heißt reversibel, wenn es moglich ist, ihn der-art in umgekehrter Richtung ablaufen zu lassen, dass der Ausgangszustanddes Systems wiederhergestellt wird, ohne dass Anderungen in der Umgebungdes Systems zuruckbleiben.

Anmerkung: Die Umkehrung lasst sich bei reversiblen Vorgangen durch eineunendlich kleine Anderung am System einleiten.

Ubereinstimmung mit der statistischen Definition von reversibel und irre-versibel:

98

• statistisch irreversibel ⇒ Entropie eines abgeschlossenen Gesamtsy-stems, das das betrachtete System enthalt, nimmt zu (nach dem Entro-piesatz nicht ruckgangig zu machen)⇒ thermodynamisch irreversibel

• thermodynamisch reversibel → Ruckkehr zum Ausgangszustand vonSystem und Umgebung⇒ im abgeschlossenen Gesamtsystem muss Entropie erhalten bleiben⇒ statistisch reversibel

• statistisch reversibel ⇒ Prozess umkehrbar, Entropie = const.⇒ im abgeschlossenen Gesamtsystem keine Anderung von Zustands-großen nach Ruckkehr des Systems in seinen Ursprungszustand⇒ thermodynamisch reversibel

⋆ Beispiel A: quasistatische Veranderung

T

Gas: Druck p, Temperatur T , Volumen V

p∓ dp

p−dp: Gas expandiert unter Warmeaufnahme undArbeitsleistung bis p−dperreichtunendliche Anzahl solcher Schritte ; Expansion um endliches Volumen ∆Vp → p+ dp: umgekehrter Ablauf des Prozesses

⋆ Beispiel B: irreversible (isotherme) ExpansionHerausziehen einer Trennwand

T

V, p ∆V

Gas kann nur durch Leistung einer endlichen Arbeit unter Warmeabgabe andas Bad auf sein ursprungliches Volumen komprimiert werden ; im Ver-gleich zu A ist dem Bad nach Wiederherstellung des alten Volumens Warmezugefuhrt wordenEntropie ր ; irreversibel

99

⋆ Beispiel C: Temperaturausgleich

zwei gleiche Korper mit verschiedenen Temperaturen

1 2

T1 < T2

direkter Kontakt ; Warmefluss von 2 nach 1

→ irreversibler Temperaturausgleich

Reversible Einzelprozesse sind nutzlich zur Berechnung von Entropieande-rungen:

1) bringe Korper 2 mit einem idealen Gas der Temperatur T2−dT (großesVolumen) in Kontakt ; Abkuhlung um dT

T2 → T ′2 = T2 − dT

2) trenne Gasvolumen von Korper 2

3) expandiere Gas adiabatisch (δQ = 0), d. h. reversibel, bis es eineTemperatur T1 + dT hat

4) bringe Korper 1 in Kontakt mit dem Gas ; Erwarmung um dT

T1 → T ′1 = T1 + dT

5) trenne Gasvolumen von Korper 1

6) komprimiere Gas adiabatisch auf T ′2 − dT

7) gehe zu 1), wiederhole bis T ′2 = T ′

1

Dabei wird Arbeit vom Gas geleistet - die Kompression, die auf jedeExpansion folgt, fuhrt nur zu einer um dT niedrigeren Temperatur.Durch Umkehrung des Verfahrens kann man, unter Verbrauch der gewonne-nen mechanischen Energie, den Ausgangszustand wiederherstellen.

8.4.2 Formulierungen des zweiten Hauptsatzes

Clausius CEs gibt keine thermodynamische Zustandsanderung, deren

:::::::

einzige Wirkungdarin besteht, dass eine Warmemenge einem kalteren Warmespeicher ent-zogen und dan einen warmeren abgegeben wird.

Kelvin (Thomson) KEs gibt keine thermoynamisch Zustandsanderung, deren

:::::::

einzige Wirkungdarin besteht, dass eine Warmemenge einem Warmespeicher entzogen undvollstandig in Arbeit umgewandelt wird.

100

Planck PEs gibt kein perpetuum mobile zweiter Art.Ein perpetuum mobile zweiter Art ist eine

:::::::::::

periodisch arbeitende Maschine,die Warme aufnimmt und vollstandig in mechanische Arbeit umwandelt.

Aquivalenz der Formulierungen? Wir beweisen

(1) wenn K falsch ist, muss auch C falsch sein

(¬K → ¬C) ⇔ C → K

(2) wenn C falsch ist, muss auch K falsch sein

(¬C → ¬K) ⇔ K → C

Behauptung: C ⇔ KBeweis C → K:

:::::::::::

Annahme: ¬K;Man entnehme Warme aus Speicher der Temperatur T1, wandele

sie in Arbeit um.Arbeit lasst sich ohne Weiteres (etwa durch Reibung) bei einerTemperatur T2 > T1 in Warme verwandeln und an den Tempera-turspeicher mit T2 abgeben.

;Endergebnis dieses Zweistufenprozesses: Warmeubertragung vonT1 nach T2, ohne weitere Wirkungen.⇒ ¬C (q. e. d.)Beweis K → C: gewohnliche Warmekraftmaschine, die zwischen zweiTemperaturen T1, T2 mit T2 > T1 arbeitet:

T2

T1

W

Q2

Q1

Q1(Q2)

entzieht mit T2 Reservoir Warmemenge Q2, leistet Arbeit W > 0, gibtan Reservoir bei T1 Warmemenge Q1 abgeleistete Arbeit: W = Q2 −Q1

:::::::::::

Annahme: ¬CDann ist es moglich, die Warmemenge Q1 (Q2) aus T1 zu entnehmen undnach T2 zu transportieren, ohne sonst etwas zu verandern.Nettoeffekt: dem oberen (unteren) Reservoir ist die Warmemenge Q2 −Q1

entzogen und sie ist vollstandig in die Arbeit W umgewandelt, ohne dasssonst etwas geschieht.⇒ ¬K (q. e. d.)

101

Behauptung: K ⇔ PBeweis K → P :

:::::::::::

Annahme: ¬P;∃ Maschine, die uber eine Periode Warme (aus einem einzigen

Warmereservoir) aufnimmt und vollstandig in mechanische Arbeitumwandelt.Die Maschine ist wegen ihrer Periodizitat nach diesem Prozess imAusgangszustand.;Man hat Warme vollstandig in Arbeit umgewandelt, ohne

etwas zu tun.⇒ ¬K¬P → ¬K, also K → P (q. e. d.)

Beweis P → K::::::::::::

Annahme: ¬K;∃ Zustandsanderung, deren einzige Wirkung in der Entnahme von

warme aus einem Warmespeicher und vollstandiger Umwandlungin Arbeit besteht.Man baue eine Maschine, die diese verwirklicht.;Nach der Zustandsanderung muss die Maschine im selben

Zustand sein, wie davor.;Man kann den Vorgang durch Wiederholen periodisch ma-

chen.⇒ ¬P¬K → ¬P , also P → K (q. e. d.)

C ⇔ K und K ⇔ P ; C ⇔ P

8.4.3 Die Carnot-Maschine

Die Carnot-Maschine ist ein System, das reversibel folgende zyklische Zu-standsanderungen (d. h. einen Kreisprozess) durchlaufen kann:

pV-Diagramm: z. B. ideales Gas als Arbeitssubstanz der Maschine

XY-Diagramm: allgemeine Arbeitssbstanz, allgemeine Zustandsvariablenmit dA = −Y dX

P(Y)

V(X)

Q2

Q1

T2

T1

a

b

c

d

a → b: isotherme Warmeaufnahme bei T2, dabei wird Warmemenge Q2 zu-gefuhrt

b → c: adiabatische Abkuhlung auf T1 < T2 (Q = 0)

102

c → d: isotherme Warmeabgabe bei T1, dabei wird Warmemenge Q1 abgege-ben

d → a: adiabatische Erwarmung auf den Ausgangszustand

Carnot’scher Kreisprozess

”ubliche“Carnot-Maschine (ideales Gas): isotherme Expansion, adiabatische

Expansion, isotherme Kompression, adiabatische Kompression

”unublich“ beispielsweise isothermer Prozess am Ubergang Eis → Wasser,

adiabatischer Prozess durch MAgnetisierung - Entmagnetisierung

Energiefluss-Diagramm:

W = −A

Warmespeicher: Temperatur T2

Warmespeicher: Temperatur T1

Q2

Q1

Fur alle Kreisprozesse gilt: ∆U = 01. Hauptsatz: Ages +Qges = A+Q1 −Q2 = 0gleiestete Arbeit: W = −A = Q2 − Q1 (W =vom System gleistete Arbeit,A =am System geleistete Arbeit)

WirkungsgradDer Wirkungsgrad einer Warmekraftmaschine ist der Quotient aus der vomSystem geleisteten (hier positiv gerechneten) Arbeit und der ihm zugefuhr-ten Warmemenge.Dabei werden nur positive Warmemengen in die Rechnung einbezogen, d. h.abgegebene Warmemengen werden nicht von der zugefuhrten Warme abge-zogen.

Carnot’scher Kreisprozess:

η =vom System gleistete Arbeit

dem System bei der hoheren Temperatur zugefuhrte Warme

η =W

Q2=Q2 −Q1

Q2= 1− Q1

Q2

103

Behauptung: W > 0Q1 6=0⇐K

=⇒ Q1 > 0, Q2 > 0Beweis: Annahme: Q1 < 0⇒ W = Q2−Q1 = Q2 + |Q1|

Wandele W (> 0, nach Voraussetzung)vollstandig bei T2 in warme um (Reibung!); Bilanz des Prozesses: Aufnahme der Warme-

menge |Q1| bei T1, Abgabe bei T2:W −Q2 = |Q1|C

Also gilt: Q1 > 0 → Q2 = W +Q1 > 0 q. e. d.Folgerung: W > 0, 0 < η < 1

Anmerkung: Bei W < 0 ist Q1

(>)< 0, Q2 < 0 moglich.

Eine umgekehrt laufende Carnot-Maschine ist moglich (Warmepumpe).

Heizeffizienz: ηHC = −Q2/A = 1/η

Kuhleffizienz: ηKC = |Q1|/A

Carnot’scher Satz

Keine Maschine, die zwischen zwei vorgegebenen Temperaturen arbeitet, hateinen hoheren Wirkungsgrad, als die Carnot-Maschine.

Beweis:beliebige Maschine X und Carnot-Maschine C, die beide zwischen den

selben Warmespeichern 1 und 2 arbeiten (T1 < T2)

Q2 Q′2

Q1 Q′1

C XW W’

T2

T1

1. Hauptsatz: W = Q2 −Q1 W ′ = Q′2 −Q′

1

Q2/Q′2 ist beliebig genau approximierbar durch N ′/N :

Q2

Q′2

=N ′

N

Q2 > 0, Q′2 > 0 ⇒ N, N ′ > 0 wahlbar

Maschine X druchlaufe N ′ Zyklen

104

Carnot-Maschine durchlaufe N Zyklen ruckwarts

Q2, ges = N ′Q′2 −NQ2 = 0

Wges = N ′W ′ −NWQ1, ges = N ′Q′

1 −NQ1

1. Hauptsatz: Wges = N ′(Q′2 −Q′

1)−N(Q2 −Q1)

= Q2, ges −Q1, ges = −Q1, ges

2. Hauptsatz (K): Wges ≤ 0 ⇒ Q1, ges ≥ 0

also: N ′Q′1 −NQ1 ≥ 0

N ′

N Q′1 −Q1 ≥ 0

Q2

Q′2Q′

1 −Q1 ≥ 0

Q′1

Q′2− Q1

Q2≥ 0

1− Q1

Q2≥ 1− Q′

1Q′

2

ηC ≥ ηX

X reversibel, X ↔ C ; ηX ≥ ηC

fur reversible Maschinen ist der Wirkungsgrad universell und gleich dem derCarnot-Maschine

η = ηC

8.4.4 Die absolute Temperatur

Seien ϑ1, ϑ2 die Temperaturen, zwischen denen eine Carnot-Maschine ar-beitet, dann muss offenbar gelten

η = η(ϑ2, ϑ1) = 1− ψ(ϑ2, ϑ1)

drei Carnot-Maschinen wie folgt:

I

II

III

ϑ1

ϑ2

ϑ3 ϑ3

ϑ1

Q3

Q2

Q2

Q1

Q3

Q1

Q1 = Q1

105

(Wirkungsgrad von III muss gleich der Hintereinanderschaltung von I + IIsein)

ψ(ϑ3, ϑ1) = 1− ηIII =Q1

Q3=Q2

Q3

Q1

Q2

= (1− ηI)(1− ηII)

= ψ(ϑ3, ϑ2)ψ(ϑ2, ϑ1) (∗)Funktionalgleichung fur ψ

ψ(ϑ3, ϑ1) = f(ϑ3)g(ϑ1) mit f(ϑ) =1

g(ϑ)

Beweis:(∗) gilt fur beliebige ϑ2 mit ϑ3 > ϑ2 > ϑ1

setze ϑ2 = ϑ(0)2

f(ϑ) = ψ(ϑ, ϑ(0)2 )

g(ϑ) = ψ(ϑ(0)2 , ϑ)

⇒ ψ(ϑ3, ϑ1) = f(ϑ3)g(ϑ1)

; f(ϑ3)g(ϑ1) = f(ϑ3)g(ϑ2)f(ϑ2)g(ϑ1) ∀ϑ2 ∈ ϑ1 < ϑ2 < ϑ3

1 = g(ϑ2)f(ϑ2) ⇒ f(ϑ2) =1

g(ϑ2)

1− η(ϑ2, ϑ1)= ψ(ϑ2, ϑ1) =g(ϑ1)

g(ϑ2)(7)

ϑ1 < ϑ2 ⇒ Q1 < Q2 ; g(ϑ) kann monoton wachsend gewahlt werden; es ist moglich, als Temperaturskala T = g(ϑ) zu wahlen

; η = 1− T1

T2

(8)

; Definition der Temperaturskala bis auf konstanten FaktorFestlegung etwa durch

T = 273, 16K ≡ Temperatur des Tripelpunktes von Wasser

oder: Temperaturdifferenz zwischen zwei Fixpunkten

TSW − TSE = 100K

TSW : Siedepunkt von Wasser bei 1atTSE : Schmelzpunkt des Eises bei 1at

Alternativ (Vorschlag von Thomson) Temperaturskala Θ durch

eΘ = g(ϑ)

T → 0 ; Θ→ −∞

106

8.4.4.1 Zusammenhang mit Temperaturdefinition aus StatistikCarnot-Maschine, deren Arbeitsmedium ein ideales Gas ist

; pV = nRT id (+)

dU = CV dTid CV = CV (T id) (++)

wobei1

T id=

(∂Sid

∂E

)

V

Carnot-Prozess mit idealem Gas

1

2

43

T id2

T id1

V

p

1 → 2:

dU = 0 (da dT id = 0)

δQ = −δA = pdV = nRT id2

dV

V

∆Q= −∆A = nRTid2 ln

V2

V1

2 → 3:

δQ = 0 (adiabatisch)

dU = δAQ = CV dTid = −pdV = −nRT iddV

V

∆U =

∫ 3

2dU =

∫ Tid

1

Tid

2

CV(Tid)dTid = ∆A

CVdT id

T id= −nRdV

V⇒∫ T id

1

T id2

CVdT id

T id= −nR ln

V3

V2(x)

107

3 → 4:

dU = 0

δQ = −δA = pdV = nRT id1

dV

V

∆Q= −∆A = nRTid1 ln

V4

V3

4 → 1:

δQ = 0

∆U= ∆A =

∫ 1

4

dU =

∫ Tid

2

Tid

1

CV(Tid)dTid

∫ T id2

T id1

CVdT id

T id= −nR ln

V1

V4;(x)

lnV3

V2= − lnV1V4 (xx)

WirkungsgradAufgenommene Warmemenge:

∆Q = ∆Q12 = nRT id2 ln

V2

V1

Geleistete Arbeit

W = −(∆A12 + ∆A23 + ∆A34 + ∆A41)

= nRT id2 ln

V2

V1−∫ T id

1

T id2

CV dTid + nRT id

1 lnV4

V3−∫ T id

2

T id1

CV dTid

(xx) ; lnV3

V2= ln

V4

V1

V3

V2=V4

V1

V4

V3=V1

V2

; W = nR(T id2 − T id

1 ) lnV2

V1

η =W

∆Q12=T id

2 − T id1

T id2

= 1− T id1

T id2

!= 1− T1

T2

;T id

1

T1=T id

2

T2

; thermodynamische und statistsische Temperatur unterscheiden sich hochstensum einen konstanten Faktor; T id = T (durch Wahl der Einheit von R)

108

Anmerkung: ideales Gas ; CV konstant

mit (+): CV lnT1

T2= −nR ln

V3

V2

lnT1

T2= −nR

CVlnV3

V2

κ =nR

CV

T1

T2=

(V2

V3

T1Vκ3 = T2V

κ2

; entlang einer Adiabate its TV κ konstant

einatomiges Gas: CV = 32nR ⇒ κ =

2

3

zweiatomiges Gas: CV = 52nR ⇒ κ =

2

5

T ∝ pV ⇒ pV κ = const.

κ = 1 + κ = 1 +nR

CV=Cp

CV

κ =Cp

CV

Adiabatenexponent (9)

einatomiges Gas: κ =5

3

zweiatomiges Gas: κ =7

5

8.4.5 Endoreversible Warmekraftmaschinen

Ziel:Konstruktion einere Warmekraftmaschine, die zwischen zwei Warmere-servoiren mit Temperaturen Th (heiß) und Tk (kalt) arbeitet und maxi-male Leistung abgibt

maximaler Wirkungsgrad: ηC = 1− Tk

ThLeistungsabgabe? Arbeit pro Zeit, infinitesimal wegen Periodizitat; endliche Leistungsabgabe erfordert irreversible Warmeentnahme und -abgabeendoreversible Maschine: alle Arbeitsschritte mit Ausnahme der Warmeent-nahme und -abgabe sind reversibelEnergieflussdiagramm:

109

Q2 Q1W

Th Tw Tl Tk(lauwarm)(warm)

Warmestrom von heiß nach warm:

Q2

th= σh(Th − Tw)

th: Zeit des Warmeaustausches,

σh: Warmeleitwert=Warmeleitfahigkeit· Flache

Wanddickeanalog

Q1

tk= σk(Tl − Tk)

Annahme: Zeit fur die adiabatischen Prozesse ist vernachlassigbar gegenubert = th + tk

Maschine reversibel zwischen Tw und Tl ; η = 1− Q1

Q2= 1− Tl

Tw

W = ηQ2 ; Q2 =W

η= W

Tw

Tw − Tl(+)

Q1 = Q2Tl

Tw= W

Tl

Tw − Tl(++)

mittlere Leistung je Zyklus (W/t)

t = th + tw =Q2

σh(Th − Tw)+

Q1

σk(Tl − Tk)

=(+,++)

W

Tw

σh(Th − Tw)(Tw − Tl)+

Tl

σk(Tl − Tk)(Tw − Tl)

; P =W

t=

1Tw

σl(Th−Tw)(Tw−Tl)+ Tl

σk(Tl−Tk)(Tw−Tl)

(10)

Tw → Th oder Tl → Tk ⇒ P → 0 (Carnot-Maschine)Suche Minimum von 1

P

1

P=

1

(Tw − Tl)

Tw

σh(Th − Tw)+

Tl

σk(Tl − Tk)

=1

Tw − Tl

− 1

σh

Th

σh(Th − Tw)+

1

σk+

Tw

σk(Tl − Tk)

110

0!=

∂Tw

1

P= − 1

(Tw − Tl)2

Tw

σh(Th − Tw)+

Tl

σk(Tl − Tk)+

1

Tw − Tl

Th

σh(Th − Tw)2

Th

σh(Th − Tw)2=

1

Tw − Tl

Tw

σh(Th − Tw)+

Tl

σk(Tl − Tk)

(a)

0!=

∂Tw

1

P⇒ Tl

σk(Tl − Tk)2=

1

P(b)

(a),(b) → σh(Th − Tw)2

Th=σk(Tl − Tk)

2

Tk= P (c)

Multipliziere (a) mit σh(Th − Tw)2/Th und ersetze den Faktor im zweitenSummanden gemaß (4)

1 =1

Tw − Tl

Tw

Th(Th − Tw) +

Tl

Tk(Tl − Tk)

Tw − Tl = TW (1− Tw

Th) + Tl(

Tl

Tk− 1)

0 = −T2w

Th+T 2

l

Tk

;Tl√Tk

=Tw√Th

also Tl = c√Tk, Tw = c

√Th (aus (c) folgt c =

√σhTk +

√σkTk√

σh +√σk

)

Wirkungsgrad:

η = 1− Tl

Tw

= 1−√

Tk

Th

(11)

Kraftwerk Tk(C) Th(C) ηC ηer η (gemessen)

West Turvak (U.K.) ≈ 25 565 0, 64 0, 4 0, 36Dampfkraftwerk

CANDU (Kanada) ≈ 25 300 0, 48 0, 28 0, 30Kernkraftwerk

Landrello (Italien) 80 250 0, 32 0, 175 0, 16geothermischesDampfkraftwerk

aus: F. L. Curzon, B. Ahlborn, Am. J. Phys. 43 22 (1975)

8.4.6 Entropie

1. Hauptsatz ermoglichte Einfuhrung einer Zustandsfunktion, namlich derinnerene Energie

U = U0 +

∫ (1)

0(δQ+ δA)

2. Hauptsatz ermoglicht ebenfalls die Einfuhrung einer Zustandsfunktion,namlich der Entropie S

111

8.4.6.1 Clausius’scher SatzFur einen beliebigen Kreisprozess, bei dessen Ablauf die Temperatur dau-ernd defiiniert ist, gilt:

∮δQ

T≤ 0 (12)

reversible Kreisprozesse:∮δQ(rev)

T= 0 (12’)

; S = S0 +

0

δQ(rev)

T(13)

ist eine Zustandsfunktion

Beweis des Clausius’schen SatzesApproximation des Kreisprozesses durch isotherme und adiabatische Teilstucke

# der Carnot-Maschinen

= # der isothermen Teilstucke Ti

≡ n

T

p

T0

Adiabate(∆Q = 0)

Isotherme Ti

(didaktisch besser: pV -Diagramm → Flache ≡ Warmemenge)die i-te Maschine arbeite zwischen T0 und Ti (T0 > sup

iTi)

gebe bei Ti Warmemenge ∆Q1 ab

; Warmeaufnahme bei T0: ∆Q(0)i = ∆Qi

T0

Ti

(

ηi = 1− Ti

T0=

∆Q(1)i −∆Qi

∆Q(0)i

)

Die Carnot-Maschinen sollen so arbeiten, dass ihr Durchlaufsinn lokal demdes Kreisprozesses entgegengesetzt ist.(∆Qi < 0 Warmeaufnahme, Ruckwartslaufen, ist der Fall bei den Maschi-nen, die den unteren Teil des Kreisprozesses approximieren); ∆Qi des Kreisprozesses und der Carnot-Maschinen kompensieren sich

Bilanz: Warmemenge Q0 =∑n

i=0 ∆Q(0)i wird bei T0 entnommen und

vollstandig in Arbeit umgewandelt, sonst passiert nichts

; die Annahme Q0 > 0 ⇒1. HS

A < 0 fuhrt zum Widerspruch mit 2.

112

Hauptsatz (K)

Q0 =n∑

i=0

∆QiT0

Ti≤ 0

n→∞, ∆T = Ti − Ti+1 → 0

;

∮δQ

T≤ 0 (14)

reversibler Kreisprozess ; Umkehrung des Kreisprozesses; Umkehrung aller Carnot-Maschinen; δQ→ −δQ

;

∮δQ

T≥ 0 =⇒

mit (14)

∮δQ(rev)

T= 0 (15)

(Anmerkung: die Flache des Kreisprozesses kann auf diese Weise beliebiggenau angenahert werden, die Lange seiner Randkurve nicht:

a

a

a/n

Treppenlange:

2a, unabhangig von n

Lange der Diagonale eines Quadrates wird nicht durch die Teilstucke ‖ zuseinen Seiten approximiert; die Flache unter der Diagonale lasst sich mitHilfe des eingezeichneten Streckenzuges abschatzen und es trifft Konvergenzgegen ihren Wert ein, wenn man die Treppenstufen immer weiter verfeinert.Beim Kreisprozess behalten die Isothermen im pT -Diagramm ihre Richtungbei, schmiegen sich nicht tangential an die Kurve an⇒ Lange ebenfalls nichtapproximiert!)

8.4.6.2 Eigenschaften der Entropiebeliebige Zustandsanderung (T immer definiert)

Behauptung:∫ B

A

δQ

T≤ S(B)− S(A) (16)

Beweis:y

x

A

B

I

R

I: A → B nicht notwendig reversibel

R: A → B reversibler Weg

113

;

∫ B

AI

δQ

T−∫ B

AR

δQ(rev)

T=

∮δQ

T≤ 0

;

∫ B

A

δQ

T≤∫ B

A

δQ(rev)

T= S(B)− S(A)

abgeschlossenes System:Die Entropie in einem abgeschlossenen System nimmt niemals ab.Beweis: abgeschlossen ; δQ = 0

0 ≤ S(B)− S(A)

↑ ↑Ende Anfang

S(Ende) ≥ S(Anfang)

alternative Formulierung des 2. Hauptsatzes:

Es gibt eine Zustandsfunktion, Entropie genannt, deren volstandi-

ges Differential bei reversibler Prozessfuhrung lautet dS =δQ

Tund die in einem abgeschlossenen System niemals abnimmt (bei

reversiblen Prozessen dS >δQ

T).

8.4.6.3 Beispiele zur Entropieberechnung (s. 8.4.1)

A) Reversible isotherme Expansion eines idealen Gases

T

p

VV1 V2

ideales Gas: U = U(T ) ⇒ ∆U = 0, ∆Q = −∆A

dW = pdV = nRTdV

V

W = nRT lnV2

V1

114

Entropieanderung des Gases:

S2 − S1 = ∆S =

∫ 2

1

δQ(rev)

T=

∆Q(rev)

T= −∆A

T=W

T

∆SGas = nR lnV2

V1> 0

Entropieanderung des Bades:

SB1 − SB2 =

∫ 2

1

δQ(rev)Bad

T=

∫ 2

1−δQ

(rev)

T

∆SBad = −δSGas < 0

∆Sges = ∆SBad + ∆SGas = 0

B) Freie Energie eines idealen Gases

V1

∆V =

T

Anfangs- und Endzustand seien die-selben, wie bei der isothermen Ex-pansion

V2 − V1

⇒ ∆SGas = nR lnV2

V1, ∆SBad = 0

∆Sges = ∆SBad + ∆SGas = nR lnV2

V1> 0

Entropieerzeugung ⇒ Irreversibilitat

C) Warmeleitung

T2 T1

T2 > T1

beide Systeme gleich groß,

Warmekapazitat c sei konstant

System 1: T1 → Tt =T1 + T2

2

∆S1 =

∫ Tt

T1

δQ(rev)

T=

∫ Tt

T1

cdT

T= c ln

Tt

T1

= c lnT1 + T2

2T1> 0

115

System 2: T2 → Tt =T1 + T2

2

∆S2 = c lnTt

T2= c ln

T1 + T2

2T2< 0

∆Sges = ∆S1 + ∆S2 = c ln(T1 + T2)

2

4T1T2> 0

(arithmetisches Mittel > geometrisches Mittel)

Fazit:reversibler Prozess: ∆Sges = 0irreversibler Prozess: ∆Sges > 0

8.4.6.4 Abgeschlossene SystemeIm Gleichgewicht ist die Entropie eines abgeschlossenen Systems maximal.⋆ Beispiel:

dU = δQ(rev) + δA = TdS − pdV⇒ T =

(∂U

∂S

)

V

1

T=

(∂S

∂U

)

V

Entropie: Maß fur die Nichtverfugbarkeit von Warmemenge. Dieselbe Warme-menge

”hat“ bei einer tieferen Temperatur eine hohere Entropie, als

bei einer hoheren.

η =W

Q= 1− T1

T2

η′ =W ′

Q= 1− T1

T3

W −W ′

Q=T1

T3− T1

T2< 0 fur T2 < T3

”Warmetod“: Hat ein abgeschlossenes System seine maximale Entropie

erreicht, so sind die Temperaturen in allen (Energie austauschenden)Untersystemen gleich.

Warmetod der Erde?→ Kein abgeschlossenes System; befindet sich in einemFließgleichgewicht.

116

8.4.6.5 Fließgleichgewicht

System

Q

Q

Th

Tk

T2

T1

Sonne

Temperatur der Erde

Nachttemperatur der Erde

Weltraum

4 Prozesse:

• Warmeabgabe heißes Reservoir: ∆S2 = − QTh

• System: Warmeaufnahme bei T2: ∆S =Q

T2− Q

T1< 0

• System: Warmeabgabe bei T2 > T1

• Warmeaufnahme kaltes Reservoir: ∆Sk =Q

Tk

∆Sges = − QTh

+Q

T2︸ ︷︷ ︸

>0

− Q

T2+Q

Tk︸ ︷︷ ︸

>0

> 0

Entropieanderung des Systems auf Grund dieses Prozesses allein: negativ.Fließgleichgewicht: Zustandsvariablen des Systems bleiben unverandert; im System mussen entropievergroßernde Prozesse ablaufen

8.4.6.6 Thermodynamik irreversibler Prozesse und Entropiepro-duktion

Thermodynamik irreversibler ProzesseIrreversible Prozesse laufen ab, weil sie mit einem Anwachsen derEntropie verbunden sind.

; Ablauf spontan in Rchtung großerer Entropie, wegen Vergroßerung derEntropie

117

⋆ Beispiel Warmeleitungu: innere Energie pro Volumen, j: WarmestromδA = 0 ⇒

1. HS ”Erhaltung der Warme“ ⇒ ∆Q = 0

∂u

∂t+ div j = 0 (17)

Herleitung wie LiouvilleEntropiedichte: s(u), Tds = du lokal gultige Gleichgewichtsbedingung

∂s

∂t=ds

du

∂u

∂t=

1

T

∂u

∂t= − 1

Tdiv j

j

T: Entropiestromdichte

divj

T=

1

Tdiv j + j grad

1

T

∂s

∂t+ div

j

T= j grad

1

T= σ (18)

σ = j grad1

TEntropieerzeugung pro Volumen und Sekunde

Forderung: σ ≥ 0

Positivitat von σ garantiert, wenn j = λ′ grad1

T, λ′ > 0

j = − λ′

T 2grad T = −λ grad T (19)

λ: Warmeleitfahigkeit

[λ] =

[Q

t

AT

]

Fourier’scher Ansatz:

∂u

∂t+ div j =

∂u

∂t− div λ grad T = 0

λ ortsunabhangig:∂u

∂t= λ∇2T

u = u0(T0) + u1(T − T0) + . . .

∂T

∂t= λ∇2T Warmeleitungsgleichung (20)

mit λ =λ

u0Frage: Fur welche Temperaturverteilung wird die Entropieproduktion bei

118

am Systemrand vorgegebener Temperatur stationar?

Σ =∫σdV Entropieproduktion, σ = j grad

1

T= λ′

(

grad1

T

)2

0!= δΣ = δ

Vλ′(

∇ 1

T

)2

= 2

λ′∇ 1

(

∇ 1

T

)

dV

= 2

dV

[

∇(

λ′∇ 1

1

T

)

−∇(

λ′∇ 1

T

)

δ1

T

]

= 2

∫ V

∂Vλ′∇ 1

1

T︸︷︷︸

0

d~f −∫

V∇(

λ′1

T

)

δ1

TdV

; 0 =

V∇(

λ′1

T

)

δ1

TdV fur beliebige Variation δ

1

T

; ∇(

λ′1

T

)

= 0

(∇2 1

T= 0 falls λ′ ortsunabhangig)

; ∇j = ∇λ′∇ 1

T= 0 ;

∂u

∂t= 0

∂u

∂t=CV

V

∂T

∂t⇒ ∂T

∂t= 0 stationarer Zustand

Gleichgewichtszustand? scheinbar nicht, wenn T und ∂V raumlich variiert; j ≤ 0 j zeitlich konstantStabilitat?

dt=

V

∂tλ′(

∇ 1

T

)2

dV

= 2

Vλ′∇

(1

T

)∂

∂t∇(

1

T

)

dV

︸ ︷︷ ︸

∇(λ′∇ 1T

∂∂t)−∇(λ′∇ 1

T ) ∂∂t

1T

= 2

∂Vλ′(

∇ 1

T

)∂

∂t

1

Td~f

︸ ︷︷ ︸

=0, da ∂∂t

1T

<0 auf ∂V

−2

V∇(

λ′∇ 1

T

)

︸ ︷︷ ︸

∇j

∂t

1

TdV

= −2

V

(∂

∂t

1

T

)(

−∂u∂t

)

dV = 2

V

(∂

∂t

1

T

)CV

V

∂T

∂tdV

= −2

∫CV

V

1

T 2

(∂T

∂t

)2

dV

119

dt≤ 0 ; Stabilitat des stationaren Zustandes, wenn die Entropieproduk-

tion minimal ist

8.4.7 Unmittelbare Folgerungen aus dem zweiten Hauptsatz

a) 1. Hauptsatz (Kapitel 3.6, vor Gl. (8), (9))

δQ =

(∂U

∂T

)

V

dT +

[(∂U

∂V

)

T

+ p

]

dV (21)

δQ =

[(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

]

dT +

[(∂U

∂p

)

T

+

(∂V

∂p

)

T

]

dp (22)

δQ = δQ(rev)

(21) ⇒ dS =1

T

(∂U

∂T

)

V

dT +1

T

[(∂U

∂V

)

T

+ p

]

dV

= f(V, T )dT + g(V, T )dV

vollstandiges Differential ;∂f

∂V=∂g

∂T

∂V

1

T

(∂U

∂T

)

V

=∂

∂T

1

T

[(∂U

∂V

)

T

+ p

]

1

T

∂2U

∂V ∂T= − 1

T 2

[(∂U

∂V

)

T

+ p

]

+1

T

∂2U

∂T∂V+

1

T

(∂p

∂T

)

V

(∂U

∂V

)

T

= T

(∂p

∂T

)

V

− p (23)

(22) ; dS =1

T

[(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

]

dT+1

T

[(∂U

∂p

)

T

+ p

(∂V

∂p

)

T

]

dp

∂p

1

T

[(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

]

=∂

∂p

1

T

[(∂U

∂p

)

T

+ p

(∂V

∂p

)

T

]

; −T(∂V

∂T

)

p

− p(∂V

∂p

)

T

(24)

f(T, V, p) = 0⋆ Beispiel ideales Gas:

p =nRT

V⇒(∂p

∂T

)

V

=nR

V=p

T⇒(∂U

∂V

)

T

= 0

120

V =nRT

p⇒(∂V

∂T

)

p

=nR

p=V

T(∂V

∂p

)

T

= −nRTp2

= −Vp

⇒(∂U

∂p

)

T

= −T VT

+ pV

p= 0

U(p, V, T ) = U(T )

b) Verknupfung von Warmekapazitaten mit Warmeausdehnungskoeffizi-ent und Kompressibilitaten

CV = T

(∂S

∂T

)

V

=

(∂U

∂T

)

V

Cp = T

(∂S

∂T

)

p

=

(∂H

∂T

)

p

=

(∂U

∂T

)

p

+ p

(∂V

∂T

)

p

;(21)

δQ = CV dT +

[(∂U

∂V

)

T

+ p

]

dV

=(23)

CV dT + T

(∂p

∂T

)

V

dV (x)

;(21)

δQ = CpdT +

[(∂U

∂p

)

T

+ p

(∂V

∂p

)

T

]

= CpdT − T(∂V

∂T

)

p

dp (xx)

dT =

(∂T

∂V

)

p

dV +

(∂T

∂p

)

V

dp in (x) und (xx)

; δQ = CV

(∂T

∂p

)

V

dp+

[

CV

(∂T

∂V

)

p

+ T

(∂p

∂T

)

V

]

dV

=

[

Cp

(∂T

∂p

)

V

− T(∂V

∂T

)

p

]

dp+ Cp

(∂T

∂V

)

p

dV

121

(Cp − CV )

(∂T

∂p

)

V

= T

(∂V

∂T

)

p

(Cp − CV )

(∂T

∂V

)

p

= T

(∂p

∂T

)

V

Cp − CV = T

(∂V

∂T

)

p

(∂p

∂T

)

V

(25)

f(V, p, T ) = 0 ;

(∂T

∂V

)

p

(∂V

∂p

)

T

(∂p

∂T

)

V

= −1 (26)

Beweis: 0 = df =∂f

∂VdV +

∂f

∂pdp+

∂f

∂TdT

setze dp = 0 ⇒(∂T

∂V

)

p

= − ∂f∂V

/∂f

∂T

setze dT = 0 ⇒(∂V

∂p

)

T

= −∂f∂p/∂f

∂V

setze dV = 0 ⇒(∂p

∂T

)

V

= − ∂f∂T

/∂f

∂p

also:

(∂T

∂V

)

p

(∂V

∂p

)

T

(∂p

∂T

)

V

= −∂f

∂V∂f

∂T

∂f

∂p∂f

∂V

∂f

∂T∂f

∂p

= −1 2

;

(∂p

∂T

)

V

= −(∂V

∂T

)

p

(∂p

∂V

)

T

,

(∂V

∂T

)

p

= 1 ∂T

∂V

!p

⇒ Cp − CV = −T(∂V

∂T

)2

p

(∂p

∂V

)

T

(27)

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

α =1

V

(∂V

∂T

)

p

thermischer Expansionskoeffizient

κT = − 1

V

(∂V

∂p

)

T

isotherme Kompressibilitat

κS = − 1

V

(∂V

∂p

)

S

adiabatische Kompressibilitat

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

(28)

122

; Cp − CV =TV α2

κT> 0 (29)

gilt fur alle Systeme

adiabatische Anderungen (δQ = 0)

;(x)

CV = −T(∂p

∂T

)

V

(∂V

∂T

)

S

;(xx)

Cp = T

(∂V

∂T

)

p

(∂p

∂T

)

S

κ =Cp

CV= −

(∂V

∂T

)

p

(∂p

∂T

)

S(∂p

∂T

)

V

(∂V

∂T

)

S

= −

(∂V

∂T

)

p

(∂T

∂p

)

V(∂V

∂p

)

S

=

(∂V

∂p

)

T(∂V

∂p

)

S

Cp

CV=κT

κS(30)

Cp = CVκT

κSCp − CV = CV

(κT

κS− 1

)

!=TV α2

κT

CV =TV α2κS

(κS − κT )κT

Cp =TV α2

κT − κS

(31)

8.5 Der dritte Hauptsatz

2. Hauptsatz ; Entropie ist bis auf eine willkurliche additive Konstantebestimmt

S(a) =

∫ a

0

δQ(rev)

T+ S0

S0 nicht bestimmbar (experimentell ist nur Entropiedifferenz messbar)

123

8.5.1 Nernst’sche Regel (3. Hauptsatz)

∣∣∣∣∣∣

∣∣∣∣∣∣

Die Entropie eines (im thermodynamischen Gleichgewicht befind-lichen) Systems am absoluten Nullpunkt der Temperatur ist eineuniverselle Konstante, die man als Null annehmen darf.

∣∣∣∣∣∣

∣∣∣∣∣∣

T → 0 ⇒ S → 0 bei ungeanderten Bedingungen (V oder p konstant)Andere Formulierung: Die Isotherme T = 0 eines sich im Gleich-

gewicht befindlichen Systems fallt mit sei-ner Adiabaten S = 0 zusammen.

ideales Gas, klassische Statistik verletzt 3. Hauptsatz:

S = NkB lnV

Nu3/2 +NS0 u =

3

2kBT

⇒ S → NkBT3/2 →∞ fur T → 0, N/V fest

; Problem fur klassische Statistik

8.5.2 Folgerungen aus dem 3. Hauptsatz

1) Der thermische Expansionskoeffizient verschwindet am absoluten Null-punkt.

eine Druckanderung bei T = 0 (d. h. entlang der Isotherme T = 0)

dS =

(∂S

∂T

)

p

dT

(∂S

∂p

)

T

dp

mit dS → 0, dT → 0, dp 6= 0 folgt unmittelbar

(∂S

∂p

)

T

→ 0 fur T → 0

freie Enthalpie bei N(?) = 0

dG = −SdT + V dp

; −(∂S

∂p

)

T

=

(∂V

∂T

)

p

⇒(∂V

∂T

)

p

→ 0 fur T = 0

⇒ (falls V endlich bleibt, ist erfahrungsgemaß der Fall):

α =1

V

(∂V

∂T

)

p

→ 0 fur T → 0

limT→0

α(T ) = 0 (32)

124

Betrachtung einer Volumenanderung bei T = 0 und dF = −SdT−pdV

⇒(∂S

∂V

)

T

→ 0 fur T → 0

und

(∂p

∂T

)

V

→ 0 fur T → 0

2) Warmekapazitaten verschwinden am absoluten Nullpunkt

CV = T

(∂S

∂T

)

V

(∂S

∂T

)

V

=CV

T

S(T, V ) = S(T, V )− S(0, V ) =

∫ T

0

CV (T ′)T ′ dT ′ (33)

Annahme: CV ist an T = 0 stetigIst CV 6= 0, so konnen wir fur jedes S > 0 ein Intervall δ > 0finden, sodass |CV − CV (0)| < ε in diesem Intervall.Ist insbesondere (?)≪ |CV (0)|, so andert CV sein Vorzeichennicht im Intervall [0, δ].Wahle T < δ

; S(T, V ) =

∫ T

0

CV

T ′ dT′ + S0

=+

(−)

∫ T

0

|CV |T ′ dT

CV (0) > 0

(CV (0) < 0)

aber:∫ T0

|CV |T ′ dT

′ > min[0,T ]

(|CV | ln T0 ) =∞

also: limT→0

CV(T) = 0 (34)

analog limT→0

Cp(T) = 0 (35)

Warmekapazitat eines klassischen idealen Gases:

CV =3

2nR (atomar)

CV =5

2nR (2 Atome pro Molekul)

CV = 3nR (≥3 Atome/Molekul, Vibrationsfreiheitsgrade nicht angeregt)

(34), (35) ⇒ limT→0

(Cp(T )− CV (T )) = 0

ideales Gas: Cp − CV = nR

125

αV =

(∂V

∂T

)

p

=(x)−(∂S

∂p

)

T

Maxwellrelation

= − ∂

∂p

∫ T

0

∂S(T ′, p)∂T ′ dT ′

= − ∂

∂p

∫ T

0

Cp(T′, p)

T ′ dT ′

= −∫ T

0

1

T ′∂Cp(T

′, p)∂p

dT ′

Experimentell: Cp = T x(a + bT + . . .) mit x: positive Konstante und a, b:Funktionen des Drucks

;

(∂Cp

∂p

)

T

= T x(a′ + b′T + . . .)

; αV = −∫ T

0(a′T ′x−1 + b′T x + . . .)dT ′

= −T x(a′

x+ b′

T

x+ 1+ . . .)

also: limT→0

αV

Cp= − a

ax= γ endlich fur T → 0 (a′ < 0)

Genauere Formulierung des 3. Hauptsatzes:

limT→0

S

N= 0

S = kB ln g0 (bei T = 0)

g0 : Entartungsgrad des Grundzustands

S

N→ 0 (N →∞) falls g0 = 1

oder g0 = O(N)

126