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S-Serie Die Steinberger GS, auch genannt „Scepter“, ist das „weiße Einhorn“ unter den Steinberger- Gitarren, mythenhaft und rar. Bei insgesamt hergestellten (circa) 300 Stück begegnet man ihr selten, und viele Gitarristen wissen gar nicht, dass es jemals eine Steinberger mit Kopf gab. Wie kam es dazu? Laut Überlieferung war die GS ein Zugeständnis an den europäischen Markt oder an Gitarristen, denen auch die GM noch nicht traditionell genug aussah. Das war zumindest der Plan. Tatsächlich erfolgte die Entwicklung und Markteinführung der GS aber zu einer Zeit, als die Firma bereits mit spürbaren Schwierigkeiten im Markt kämpfte und die Newburgh-Ära zu Ende ging. Die Gi- tarre wurde (durch den Mutterkonzern) prak- tisch nicht beworben und verschwand bald wieder aus dem Angebot bzw. Katalog. Herge- stellt wurden erste Modelle in Newburgh (1991-1992), weitere in Nashville. RARE & VINTAGE 182 grand gtrs Die Steinberger-Story Stay headless! Auch im letzten Teil unserer Serie dreht sich alles um kopflose Gitarren, wenngleich dieses Mal sogar ein Modell dabei ist, das der Guillotine entrinnen konnte. Neben dieser und anderen Modellvorstellungen gehen wir auch auf die dritte und bislang letzte Ära der amerikanischen Steinberger-Gitarren ein. Von Tom Schweitzer und Bernd Meißner

Stay headless! 182_188... · Gitarrist Brett Garsed spielte die Gitarre jedoch in der sonst nirgendwo gesehenen 6er Version. Hierfür wurden die vorhandenen 7er Bodys di-

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Page 1: Stay headless! 182_188... · Gitarrist Brett Garsed spielte die Gitarre jedoch in der sonst nirgendwo gesehenen 6er Version. Hierfür wurden die vorhandenen 7er Bodys di-

S-SerieDie Steinberger GS, auch genannt „Scepter“,ist das „weiße Einhorn“ unter den Steinberger-Gitarren, mythenhaft und rar. Bei insgesamthergestellten (circa) 300 Stück begegnet manihr selten, und viele Gitarristen wissen garnicht, dass es jemals eine Steinberger mit Kopfgab. Wie kam es dazu? Laut Überlieferung wardie GS ein Zugeständnis an den europäischenMarkt oder an Gitarristen, denen auch die GMnoch nicht traditionell genug aussah. Das warzumindest der Plan. Tatsächlich erfolgte dieEntwicklung und Markteinführung der GS

aber zu einer Zeit, als die Firma bereits mitspürbaren Schwierigkeiten im Markt kämpfteund die Newburgh-Ära zu Ende ging. Die Gi-tarre wurde (durch den Mutterkonzern) prak-tisch nicht beworben und verschwand baldwieder aus dem Angebot bzw. Katalog. Herge-stellt wurden erste Modelle in Newburgh(1991-1992), weitere in Nashville.

RARE & VINTAGE

182 grand gtrs

Die Steinberger-Story

Stay headless!Auch im letzten Teil unserer Serie dreht sich alles um kopflose Gitarren,wenngleich dieses Mal sogar ein Modell dabei ist, das der Guillotine entrinnenkonnte. Neben dieser und anderen Modellvorstellungen gehen wir auch aufdie dritte und bislang letzte Ära der amerikanischen Steinberger-Gitarren ein.Von Tom Schweitzer und Bernd Meißner

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Von den Eigenschaften her hätte die GS einRenner werden können. Angelehnt an die op-tisch wie haptisch angenehme Form der GMwurde der Body nach hinten verlängert (Aus-sparung für Tuner waren unnötig), und sowohlHals wie Kopf wiesen Steinberger-typische Be-sonderheiten auf. Ned entwickelte hierfür die„Gearless Tuner“, welche auch heute noch aufdem Markt sind. Ein großartiges System, ähn-lich anderweitig bekannten „Locking Tunern“(bei denen die Saiten im Tuner eingeklemmtwerden), allerdings mit gerader Saitenführungin das Gehäuse des Tuners hinein, anstatt dieSaiten aufzuwickeln. Diese Konstruktion er-laubt maximale Stimmstabilität (keine nach-rutschenden Wicklungen) in der Anwendungmit den Tremolos (TransTrem, JamTrem und

Z-Trem). Ebenfalls neu und speziell für die GSentwickelt: die sogenannte „K-Nut“, welche dieSaiten fast reibungsfrei vom Hals über messer-kantengelagerte Blöcke zum Kopf führt. Hier-durch war es nicht nötig, die Saiten wie beianderen Tremolos mittels Locking Nut einzu-klemmen. Der Hals besteht – wie bei allenSteinberger-Gitarren dieser Zeit – vollständigaus Composite-Material, ohne Truss Rod. DieHalsform jedoch unterscheidet sich von denanderen Hälsen, wurde „shredder-optimiert“minimal flacher und breiter. Produziert wurdedie GS offiziell nur als GS-7 (HSH-Bestückung),größtenteils in der Kombination EMG 89 - SA -89R. Nur einige wenige Exemplare wurden abWerk mit passiven Pickups bestückt („High Im-pedance“-Version). Der bekannte australischeGitarrist Brett Garsed spielte die Gitarre jedochin der sonst nirgendwo gesehenen 6er Version.Hierfür wurden die vorhandenen 7er Bodys di-rekt von Steinberger modifiziert, indem über-

flüssige Pickup-Fräsungen vor dem Lackierenteilweise mit Holzfüller geschlossen wurden.Andere populäre Gitarristen, die mit einer GSgesehen (und abgelichtet) wurden, waren z. B.Steve Miller (GS-7TA) und Buckethead (GS-7Z).Es gab eine einfachere Version der GS, die GSX,etwa zum halben Preis einer GS-7T. Ausgestat-tet war sie mit passiven Pickups (in der 2er- und4er-Konfiguration) und Jam Trem oder FixedBridge. Sie wies eine andere Korpusform ohneEinbuchtung am hinteren Ende auf. Diese Gi-tarre ist aber nur kurz in den Preislisten (z. B.1994) aufgetaucht und wurde selten verkauft.Es existieren auch – zumindest nach Kenntnisder Autoren – keine bekannten bzw. im Internetpublizierten Katalogfotos von dieser Gitarre,nur vereinzelte Fotos von Besitzern.Heute erzielen gut erhaltene GS mit TT2 ähn-lich hohe Preise wie die GL, tauchen allerdingsnoch seltener auf. Leider scheint gerade die GSdie Erstbesitzer zum Modifizieren eingeladenzu haben, sodass nur noch wenige völlig origi-nale Exemplare existieren.

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Von links nach rechts:Steinberger GS-7TH (1991),modifizierte und bemalte Steinberger GS-2TA (1992),Steinberger GS-7TA (2010, Custom Body vom Gitarrenbauer), Steinberger GS-7TA (1991), restaurierte und neu lackierte Steinberger GS-7TA (1995)

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Music YoIn Teil 2 erwähnten wir, dass Steinberger wäh-rend des Umzugs nach Nashville, TN für wenigeMonate in Huntington Beach, CA (zusammenmit anderen von Gibson gekauften Marken, z.B. Kramer, Tobias, Oberheim), „zwischenge-parkt“ wurde. Diese kurze Station stellt dieKeimzelle von Music Yo dar, einer 2000 gegrün-deten Firma zum Vertrieb dieser Instrumentevia Internet. Trotz der Tatsache, dass die Fir-mengründung mitten im Informationszeitaltererfolgte, ist nichts Offizielles über die Beziehungzu Gibson veröffentlicht worden. Die Vermu-tung liegt nahe, dass Gibson den Internetmarktüber eine solche Auslagerung risikolos testenkonnte, Belege dazu existieren aber nicht.

Music Yo verkaufte zunächst die schon seit 1994erhältliche „Spirit by Steinberger“-Linie. Beiden (teilweise noch erhältlichen) „Spirits“ han-delt es sich um von Cort (Korea) hergestellteLow-Budget-Versionen von GM/GL- und GP-Gi-tarren, gänzlich aus Holz, alle mit R-Trem, pas-siven Pickups und passiver Klangregelungausgestattet. Der Internet-Vertrieb ermöglichteeine äußerst attraktive Preisgestaltung für dieseInstrumente im Bereich von ca. 250 bis 400Euro. Den Steinberger-Sound können sie zwarnicht liefern, aber in diesem Segment stellen siesolide Gitarren mit den wesentlichen Steinber-ger-Designelementen dar.Ab Februar 2002 wurde schrittweise die Stein-berger USA-Linie (produziert in Nashville)

wieder eingeführt, mit der GM, der GR undeinem GL-Nachfolger. Eine der ersten Aktio-nen war übrigens ein schlagartiger Abverkaufvon Tremolos und Bass-Brücken, die in einemder Steinberger Umzugs-Trailer gefundenwurden. Die ersten „neuen“ GMs wurden nochaus übrigen Nashville-Teilen montiert. Erstspäter warteten die „richtigen“ Music-Yo-Mo-delle (mit Bodys aus der bekannten Terada-Fa-brik in Japan, weitere dann aus derGibson-Fertigung in USA) nun meist mitschön gemaserten Ahorndecken auf (nur einModell kam mit deckender Lackierung) undwaren mit HSS/HSH-Konfiguration, S-/Trans-Trem und aktivem EQ bestückt. Ab 2003 kameine Neuauflage der „Newburgh“-GM mit zweiHumbuckern und Binding am Korpus hinzu.2004 erschien der GL-Nachfolger GLB auf demMarkt. Der letzte Buchstabe verrät, dass es sichnun um ein Bolt-On-Modell handelt. Die Hälseder GR/GM/GLB waren nach wie vor aus Com-posite-Material hergestellt, kamen aber nunvom Zulieferer Moses. Sie besitzen einen ande-ren Materialmix und sind einfach am Truss-Rod-Zugang am Halsende erkennbar. Dieletzten Modelle ab 2007 wurden mit einem „Fi-bersonixx“-Hals geliefert, der auf der Rückseiteein deutlich sichtbares Geflecht aufweist.Der Weltmarkt sollte über zwei Music-Yo-Lager (in USA und Holland) versorgt werden.Sollte – da die Instrumente zwar nett auf derHomepage anzusehen, aber zumeist „out ofstock“ waren. Das europäische Lager wurde be-

reits Ende 2001 wieder geschlossen. Über dievon Music Yo verkauften Stückzahlen lässt sichnur mutmaßen: Bis zur Auflassung von MusicYo wurden in etwa 2000 GM-/GR-/GLB-Mo-delle gebaut. Höhere Seriennummern (MusterN00xxxx) sind derzeit nicht bekannt.

Aktuelle Steinberger-Modelle (Synapse, Demon, ZT3)Angelehnt an das Design der legendären GLwurde die (in Korea gefertigte) Steinberger Sy-napse erstmals angekündigt im Juli 2004, undeinige Prototypen wurden auch auf der damali-gen NAMM Show in Nashville vorgestellt. Diedauernde Ungewissheit der Fangemeinde be-züglich weiterer Entwicklungen hatte somit einvorläufiges Ende gefunden. Die Synapse war(und ist) ein interessantes Instrument. Der auf-fälligste Unterschied zu allen Vorgängern: keinComposite-Body, auch kein Composite-Hals.Stattdessen ein Hybrid-Instrument mit MapleBody und durchgehendem Maple-Hals, diesermit einer U-förmigen Composite-Schiene imInneren. Die Schiene trägt die wesentliche Lastam Hals, und das mit hervorragenden Eigen-schaften. Ein auf der Steinberger-Webseite ge-zeigtes Video („DontTryThisAtHome“) unter-mauert dies wie schon bei der GL eindrucksvoll:Ned Steinberger belastet eine zwischen zweiStühlen platzierte Synapse mit seinem gesam-ten Körpergewicht, um im Anschluss zu zeigen,dass sie noch immer korrekt gestimmt ist. DasGriffbrett ist wieder aus „Phenolic Resin“ her-

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Drei Steinberger GM aus der Music Yo Ära

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gestellt, wie schon bei den alten Instrumenten.Die Elektronik wurde speziell von EMG fürdiese Instrumente entwickelt, die in der einfa-chen Version (Synapse SS-2F) mit passivem EQund einer EMG 81/85-Kombination ausgestat-tet sind. Die in jeder Hinsicht größere „Schwes-ter“ der SS-2F ist die Synapse ST-2FPA, eineBariton-Gitarre mit aktivem EQ und Piezo-Pi-ckup in der Brücke. Zusätzlich besitzt Letztereeinen eingebauten „Roller Capo“, mit dem je-derzeit von Bariton- auf Normalstimmung(und andere Stimmungen) gewechselt werdenkann. Beide Varianten gibt es mit einer einfa-chen weißen oder schwarzen Lackierung oderals Custom-Modell mit Flamed Maple Tops (die-ses Mal keine massive Decke, sondern ein Fur-nier) in verschiedenen Farben. Das dünnereFurnier tut der Optik keinen Abbruch, kannaber bei Beschädigungen (gerade an Kanten, z.B. an Pickups und Brücke) leichter absplittern.Diese Änderung wie auch technische Ein-schränkungen (z. B. kein separater Piezo-Aus-gang, keine anderen Pickup-Bestückungen)sind auf jeden Fall dem Konzept geschuldet, dieneuen Instrumente preislich zwischen derUSA- und der Spirit-Linie anzusiedeln.

Ein „Sonderling“ im Steinberger-Portfolio istdie Demon, die technisch der Synapse ST-2FPA ähnelt, aber optisch in Richtung „Za-ckenbarsch“ für die Metal-Kundschaft geht.Die Gitarre wurde 2008 (zeitgleich mit derZT3) auf der Winter-NAMM vorgestellt. Dienaturgemäß tiefer gestimmte Bariton-Gitarremit EMG-Ausstattung passt konzeptionell gutin die Nu-Metal-Schiene. Ob allerdings dasHeadless-Konzept dort gut angenommenwird, bleibt noch abzuwarten.Die am intensivsten herbeigesehnte und den-noch überraschende Neuerscheinung war dieZT3 mit dem TransTrem 3 (siehe TechTalk).Die Vorstellung der ZT3 in 2008 fiel mehroder weniger zusammen mit dem Ende vonMusic Yo. Seitdem läuft der Vertrieb wiederüber Gibson bzw. deren große Händler.Die ZT3 wartete mit einer neuen Formgebungauf, die zwar entfernt an das Strat-Shaping einerGM erinnert, aber in ihrer Asymmetrie und derkantigeren Form doch wieder ganz anderswirkt. Auch ungewöhnlich, dass das Tremolonicht mehr am Ende der Gitarre sitzt und dasStimmen von oben statt von hinten erfolgt. Op-tisch ist das Tremolo z. B. einem Kahler-Tre-molo ähnlicher als seinen eigenen Vorgängern.Die Form wie auch das TT3 wurden ab demZeitpunkt der Erstvorstellung durchaus kontro-

vers diskutiert. Es gibt auch konservative Stein-berger-Fans, für die eine GL das traditionelleMaß der Dinge ist. Es gelingt Ned Steinbergeralso mit großem Erfolg, sein Publikum immerwieder mit ungewohnten Formen und Ent-scheidungen zu überraschen. Sehr angenehmfür sitzendes Spiel ist die Beinstütze, die auchdie ZT3 trotz der halbwegs traditionellen Form

mitbekommen hat. Etwas flacher und breiterals die gewohnten Composite-Hälse ist der ZT3-Hals, ein Flitzefinger-Spielplatz mit Begeiste-rungspotenzial, sehr angenehm in allen Lagen.Die Pickups jedoch werden allgemein eherdurchschnittlich beurteilt. Ein Gibson USA 90Ram Hals und ein 90T an der Brücke, beide perPush-Pull-Potis seriell/parallel schaltbar. Im

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Links: Steinberger ZT3Rechts: SteinbergerSynapse SS-2F

Prinzip ein schöner und klarer Klang, fast per-lend im Parallel-Modus, jedoch weit entferntvon dem, was frühere EMG-Konfigurationenbieten konnten. Wie auch die Synapse gibt esdie ZT3 nur mit einer einzigen Pickup-Bestü-ckung. Übrigens: Der oft angefragte Ver-gleich zwischen ZT3 und GM entfällt wegenmangelnder Vergleichbarkeit. Beides sind ei-genständige und hochwertige Instrumente,die nebeneinander bestehen, ohne sich ge-genseitig überflüssig zu machen.

Tech Talk Part IIIn den ersten Teilen dieser Artikelserie habenwir die bekanntesten Brücken von Steinber-ger vorgestellt, das seltene „Hardtail“ aus denAnfangsjahren, außerdem die Tremolos(TransTrem, S-Trem und R-Trem). In diesemTeil folgt nun die ausgesprochen seltene Brü-cke für 12-saitige Gitarren sowie eine Bilder-sammlung der Brücken der Anfangszeit bishin zu den aktuellen Modellen.

12-String TracTunerAlle Brücken von Steinberger besitzen sechssehr knapp beieinanderliegende Tuner-Knöpfe.Die Frage, wie man eine zwölfsaitige Brückekonstruieren könnte, erforderte mal wiedereine noch nie da gewesene Lösung: eine Brü-cke, an der 12 Saiten mit nur einem einzigenKnopf gestimmt werden können. Die Brückebesitzt zwar (wie alle anderen) für jede Saiteeinen einzelnen Block (Jaw), an welchem dieSaite eingehängt und zum Stimmen mittelsTuner ge- und entspannt wird. Allerdings be-sitzen die Schrauben dieser 12er-Brücke keineKnöpfe, sondern nur einen kleinen Innen-sechskant am Ende. In diesen greift dann eingroßer, horizontal verschiebbarer Mastertunermit vorgegebenen Einrastpositionen und kannso jede einzelne Saite gezielt stimmen. Auchdie Sättel wurden auf die benötigte Funktiona-lität hin angepasst. Optisch dem Standardsattelähnlich, besteht jeder Saitenreiter aus zwei un-abhängigen Hälften, mit denen für jede Saitedie Saitenlage und Intonation separat einstell-bar ist. Insgesamt wurden nur ca. 100 dieserTracTuner hergestellt und auf GLs und GMs(auch auf doppelhalsigen GMs) installiert. AlsMusic Yo die USA-Linie wieder auflegte, wurdeauch diese Brücke neu diskutiert, eine überar-beitete Variante ging aber nie in Serie.

TransTrem 3Im Gegensatz zum TT1 und 2, die auf verschie-denen Steinberger-Modellen zu finden sind, gibt

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es das aktuelle TransTrem 3 nur auf der ZT3,dem derzeitigen Topmodell. Es handelt sich beidiesem Tremolo nicht direkt um eine Weiter-entwicklung der Vorgängermodelle, es bestehenerhebliche konstruktive Unterschiede. Warendas TT1 und 2 noch kugelgelagert, so besitzt dasTT3 ein Messerkanten-System. Gestimmt wirdvon oben (statt von hinten) und auch die Ver-riegelung erfolgt nach einem neuen Prinzip. DieTransponier-Schritte wurden geändert (+/- zweiHalbtonschritte), das TT3 kann in insgesamt 5Stellungen einrasten. Vorteil: Nun kann manauch schnell nach Eb wechseln. Langzeiterfah-rungen gibt es mit diesem Tremolo noch nicht,es wurde erst 2008 mit der ZT3 eingeführt. Mitkalibrierten Saiten funktioniert es genauso gutwie seine Vorgänger. Einzige Kritikpunkte sinddas mangelnde visuelle Feedback über die ge-rade eingerastete Position sowie die teilweise lü-ckenhafte Anleitung.

ResümeeNed Steinberger teilt ein Schicksal mit LeoFender: Beide stiegen fachfremd in den Instru-mentenbau ein und stellten mit bahnbrechen-den Neuerungen vermeintlich unabänderlicheGesetze auf den Kopf. Beide waren bzw. sindTüftler und wollten lieber entwickeln, als einenBetrieb führen. Nach dem Verkauf ihrer Firmenan große Konzerne verloren beide die Namens-rechte. Zwar wurden beide eine Zeitlang als Be-rater verpflichtet, verloren aber zunehmendEinfluss und zogen sich aus den Unternehmenzurück. Und beide begannen, eigenständig wei-ter zu tüfteln und neue Lösungen zu entwi-ckeln. Heute beschäftigt sich Ned Steinbergergrößtenteils mit Streichinstrumenten, ist abermit einem neuen Bassmodell, das gerade aufder NAMM vorgestellt wurde, wieder zu seinenWurzeln zurückgekehrt. Die Gerüchtekücheweiß auch von einer neuen Headless-Gitarre,die sich erneut grundlegend von den Vorgän-gern unterscheiden wird.

Wir hoffen, mit unserem Steinberger-Featurenicht nur Informationen zu diesen außerge-wöhnlichen Instrumenten vermittelt, son-dern vor allem Interesse geweckt zu haben.Trotz (oder wegen) „Plastik“ und 80er Flair:Es handelt sich um hochwertigste Sammler-instrumente, die ihr Potenzial noch langenicht ausgeschöpft haben und zudem fantas-tische und verlässliche Player sind. Somit:Become/Stay Headless! �

Weitere Infos unter http://www.headless-europe.eu

RARE & VINTAGE

188 grand gtrs

1: Hardtail (GL, 1982) 2: 12-String TracTuner 3: R-Trem 4: S-Trem5: TransTrem 1 (1984) 6: TransTrem 2 (1986) 7: TransTrem 3 (2008) 8: Hardtail (Synapse, 2004)