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32 Steuerungsebene 2/11 . www.computer-automation.de Multi-Core im Griff Microsoft läutet jetzt auch bei Windows CE den Generationswechsel ein: Windows Embedded Compact 7 – kurz WEC7 – wird noch im ersten Quartal offiziell vorgestellt. Ein vollständiges Update von Kernel und IP-Stack sowie verbesserte Entwicklungs-Tools sind die wichtigsten Veränderungen. G enerell sind Embedded-Versionen von Windows skalierbar: OEMs können den Funktionsumfang des Be- triebssystems auf ihre Geräte abstim- men und entsprechende Images gene- rieren. Im Vergleich zu Windows Embedded Standard 7 – der kompo- nentenbasierten Embedded-Variante von Windows 7 – erzeugt Windows Embedded Compact einen deutlich kleineren Footprint: Mit einer Größe zwischen 3 MByte und 70 MByte lässt sich das seit Juni 2010 als CTP (Com- munity Technology Preview) öffentlich verfügbare Betriebssystem selbst für kleinste Embedded-Hardware optimie- ren. WES7 ist im Vergleich dazu we- sentlich größer: Unter 600 MByte geht nichts. Ein typisches WES7-Image für die Automatisierung erreicht einen Umfang von fast 2 GByte. Für die Em- bedded-Compact-Serie ist der Source- code des Betriebssystems für OEMs verfügbar und bietet bereits harte, de- terministische Echtzeit. Aufgabenteilung leicht gemacht Die wichtigste Änderung des neuen Betriebssystems betrifft den Kernel: Compact 7 ist die erste Embedded- CE-Version, die symmetrisches Mul- tiprocessing (SMP) unterstützt. Der Kernel kann gleichzeitig mehrere CPU-Cores einzeln ansprechen und jedem Prozessor verschiedene Prozes- se und Threads zuteilen. Über das Ap- plication Programming Interface (API) kann eine Anwendung die An- zahl der verfügbaren Cores ermitteln und ermöglicht die Abarbeitung und Zuweisung eines gesamten Prozesses oder einzelner Threads auf einem spe- ziell ausgewählten Core. Ein Prozes- sorkern lässt sich beispielsweise für harte Echtzeit-Aufgaben reservieren, während die Bedienapplikation oder andere Aufgaben dem oder den ande- ren Cores zugeordnet sind. Auch die Verwaltung der Cores erfolgt über diese API: Alle Prozessorkerne – der Haupt-Core ausgenommen – können zur Laufzeit ein- oder ausgeschaltet werden. Eine weitere Kernel-Änderung be- trifft das verfügbare RAM: Der Vor- gänger CE 6.0 unterstützte zwar bis zu 2 GByte virtuellen Speicher, tat- Stefan Hoppe (Bilder: Beckhoff, Microsoft) Halle Stand 11 318

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Multi-Core im GriffMicrosoft läutet jetzt auch bei Windows CE den Generationswechselein:Windows Embedded Compact 7 – kurz WEC7 – wird nochim ersten Quartal offiziell vorgestellt. Ein vollständiges Update vonKernel und IP-Stack sowie verbesserte Entwicklungs-Tools sinddie wichtigsten Veränderungen.

G enerell sind Embedded-Versionenvon Windows skalierbar: OEMs

können den Funktionsumfang des Be-triebssystems auf ihre Geräte abstim-men und entsprechende Images gene-rieren. Im Vergleich zu WindowsEmbedded Standard 7 – der kompo-nentenbasierten Embedded-Variantevon Windows 7 – erzeugt WindowsEmbedded Compact einen deutlichkleineren Footprint: Mit einer Größezwischen 3 MByte und 70 MByte lässtsich das seit Juni 2010 als CTP (Com-munity Technology Preview) öffentlichverfügbare Betriebssystem selbst für

kleinste Embedded-Hardware optimie-ren. WES7 ist im Vergleich dazu we-sentlich größer: Unter 600 MByte gehtnichts. Ein typisches WES7-Image fürdie Automatisierung erreicht einenUmfang von fast 2 GByte. Für die Em-bedded-Compact-Serie ist der Source-code des Betriebssystems für OEMsverfügbar und bietet bereits harte, de-terministische Echtzeit.

Aufgabenteilung leichtgemachtDie wichtigste Änderung des neuenBetriebssystems betrifft den Kernel:

Compact 7 ist die erste Embedded-CE-Version, die symmetrisches Mul-tiprocessing (SMP) unterstützt. DerKernel kann gleichzeitig mehrereCPU-Cores einzeln ansprechen undjedem Prozessor verschiedene Prozes-se und Threads zuteilen. Über das Ap-plication Programming Interface(API) kann eine Anwendung die An-zahl der verfügbaren Cores ermittelnund ermöglicht die Abarbeitung undZuweisung eines gesamten Prozessesoder einzelner Threads auf einem spe-ziell ausgewählten Core. Ein Prozes-sorkern lässt sich beispielsweise fürharte Echtzeit-Aufgaben reservieren,während die Bedienapplikation oderandere Aufgaben dem oder den ande-ren Cores zugeordnet sind. Auch dieVerwaltung der Cores erfolgt überdiese API: Alle Prozessorkerne – derHaupt-Core ausgenommen – könnenzur Laufzeit ein- oder ausgeschaltetwerden.Eine weitere Kernel-Änderung be-

trifft das verfügbare RAM: Der Vor-gänger CE 6.0 unterstützte zwar biszu 2 GByte virtuellen Speicher, tat-

Stefan Hoppe

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sächlich lag die physikalische Obergrenze jedoch bei512 MByte RAM. Die Ursache ist historisch bedingtund geht auf den früheren Support von MIPS- undSH3-CPUs zurück. Dieses Manko ließ sich nur miteinigen Tricks umgehen, um aus der Applikation he-raus auf den zusätzlichen Speicher zugreifen zu kön-nen; dem Betriebssystem selbst waren aber immer nur512 MB RAM bekannt. Microsoft hat diese Beschrän-kung aufgehoben, künftig stehen 3 GByte physikali-sches RAM zur Verfügung.Das Compact-7-Betriebssystem ist nun auch für die

neuesten ARM-v7-Architekturen und weiterhin für dieARMv5- und ARMv6-Plattformen verfügbar – abernicht mehr für die ARMv4-Architektur der abgekündig-ten StrongARM-Prozessoren.Auch im Bereich Netzwerk und Connectivity sind

viele Neuerungen eingeflossen: Das Betriebssystemumfasst eine performantere Version des Internet-Ex-plorers und unterstützt jetzt auch IPSec (Internet Proto-col Security), WinSocket2 und den in Windows 7 undWindows Server 2008 eingesetzten NDIS-Stack 6.1(Network Driver Interface Specification). Neben gene-rellen Updates in den Bereichen Wi-Fi, Bluetooth undSecurity ist „Windows Device Stage“ eine sichtbareNeuerung: Beim Anschluss von Embedded-Consumer-Geräten an den PC kann hier anstatt eines Default-Dia-loges nun ein bereits auf die Gerätefunktion zuge-schnittener Dialog angezeigt werden – beim Anschlusseiner Digitalkamera per USB beispielsweise deren spe-zielle Eigenschaften.

„Einlasskontrolle“ am Ethernet-PortFür Automatisierungsanwendungen dürfte die „Win-dows-Filtering-Platform“ (WFP) interessant sein, diediverse Technologien zum Filtern von IP-Paketen er-

Tool-Bibliothek erweitert: Das Tool „Resource Leak Detector“bietet eine übersichtlichere und bessere Diagnose im Ver-gleich zum bisherigen „Application Verifier“.

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setzt: Per API kann der eingehende Da-tenstrom zunächst analysiert und auchmodifiziert werden, bevor er in den ei-gentlichen IP-Stack weitergeleitet oderkomplett verworfen wird. Mit dem In-terface kann beispielsweise eineFirewall programmiert oder einzelnePorts blockiert werden. Denkbar wäreauch, wie beim Echtzeit-Treiber vonBeckhoff, die speziell gekennzeichne-ten Echtzeit-Feldbus-Daten zu priori-sieren und anders zu behandeln.UnterWindows Embedded CE 6.0 R3

wurden Bedienoberflächen mit „Silver-light for Windows Embedded“ (SWE)realisiert, das technologisch die Tren-nung vom eigentlichen Design derOberfläche und der Implementierungder Logik ermöglichte: Daher kann dasLayout der Bedienoberfläche in einemanderen Design-Style ausgeliefert wer-den, ohne den Quellcode der Bedien-logik anpassen oder nochmals testen zumüssen.Die Codierung der GUI-Logik er-

folgt in der CTP-Version von Compact7 ausschließlich mit C++ unter VisualStudio 2008. Mit Visual Studio 2010bietet sich aktuell keine Möglichkeitan, eine Bedienoberfläche in C++ oderC# für WEC 7 oder eine andere CE-Version zu erstellen. Dies verwundert,da Microsoft mit dem kostenlosen „Vi-sual Studio 2010 Express for WindowsPhone“ bereits die Möglichkeit bietet,eine C#-GUI für die auf Compact 7 ba-sierenden Windows-Phone-7-Gerätenach Registrierung und Freischaltungzu implementieren und auf die Handyszu laden.Compact 7 integriert künftig auch die

leistungsfähigere Silverlight 3 Engine

sowie Expression Blend 3 als Design-tool, mit dem sich Bedienoberflächen inXAML (Extensible Application Mark-up Language) beschreiben lassen.

XAML im Binär-FormatNeu ist das Datenformat BAML als binä-re Version der XAML: BAML ermög-licht bei anspruchsvollen Bedienoberflä-chenmit umfangreichen XAML-Dateiendie Komprimierung in ein effizienteresBinärformat. So genannte Parser könnendieses Format zur Laufzeit der GUI-An-wendung performanter interpretierenund damit schneller darstellen.Im Engineering-Bereich stehen dem

CE-Entwickler seit langem diverse „Re-mote-Tools“ zur Verfügung. Zum Bei-spiel kann mit dem „Remote RegistryEditor“ über ein Netzwerk die Registrydes Zielsystems bearbeitet werden. Mi-crosoft hat die wichtigsten Tools nun

übersichtlich in einem „Remote ToolsFramework“ zusammengefasst. DieTools wurden auf den ersten Blick in-haltlich überarbeitet und sind effizientereinsetzbar: So kann der „Remote Regis-try Editor“ nun auch Änderungen derRegistry während der Laufzeit des Em-bedded-Gerätes protokollieren.Windows-Embedded-Compact-7 bietet

gegenüber dem bisherigenWindows-Em-bedded-CE wesentliche Vorteile für denAutomatisierungsbereich: Mit Compact 7kann erstmals in der Embedded-CE-Seriedie wichtigste Eigenschaft von Multi-Core-CPUs ausgeschöpft werden – dieZuweisung einzelner Programmteile zuspezifischen Cores. Aber auch Geräte mitSingle-Core-Prozessoren profitieren beispeicherhungrigen Anwendungen durchden Support von bis zu 3 GByte physika-lischem RAM. Darüber hinaus erlaubenMulti-Touch-Funktionen neue Bedien-konzepte auch auf kleinsten Embedded-Geräten.Die Tools machen einenmodernen Ein-

druck und erleichtern das Engineering.Die Firma Beckhoff wird als Microsoft-Embedded-Gold-Partner erste Multi-Core-Geräte mit Compact 7 auf der Em-beddedWorld 2011 vorstellen. sk

Silverlight forWindows Embed-ded trennt dasDesign derBedienober-flächen von derErstellung derBedien-Logik.UmfangreicheProjekte lassensich im Binärfor-mat BAMLspeichern, dasweniger Ressour-cen benötigt.

StefanHoppe

ist ProduktmanagerTwincat, BeckhoffAutomation GmbH inVerl und Microsoft MVPEmbedded Windows.

Im Platform-Builder von Compact 7 kann für Multi-Core-Systeme der SMP-Supportaktiviert werden.

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