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Stefana Sabin - Startseite...des Kritikers wie von dem zeitgeistigen Diskurs beeinflusst, an dem er teilnimmt. Dieolgenden f Überlegungen zu Shakespeares Shylock versuchen, den historischen

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Stefana Sabin»Es ist ein Unmensch keines Mitleids fähig«

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Göttinger Sudelblätter

Herausgegeben vonHeinz Ludwig Arnold

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WALLSTEIN VERLAG

Stefana Sabin»Es ist

ein Unmensch keines Mitleids

fähig«

Shakespeares Shylock und derAntisemitismusvorwurf

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Der Vorwurf

Literarische Werke  sind von der kreativen  Intelligenz und dem ästhetischen Temperament des Dichters geprägt, aber nichtsdestoweniger  reflektieren  sie die konflikthafte Wirk-lichkeit, in der sie entstehen – jenseits der besonderen stilis-tischen Gestaltung spiegeln sie allgemeine gesellschaftliche Befindlichkeiten. Auch deshalb ist Literatur ein Instrument der Wirklichkeitsprüfung. Das gilt auch für die literarische Kritik, denn  sie  ist gleichermaßen von den  Idiosynkrasien des Kritikers wie von dem zeitgeistigen Diskurs beeinflusst, an dem er teilnimmt.

Die  folgenden  Überlegungen  zu  Shakespeares  Shylock versuchen,  den  historischen  Kontext  und  die  kulturelle Wirklichkeit, die  in das Stück eingegangen  sind,  aufzude-cken und drücken zugleich ein persönliches Unbehagen an-gesichts  des  antisemitischen  Potentials  aus,  das  im  Werk steckt. Denn auch weil es eine inhärente Begleiterscheinung jedes rassistischen Vorurteils ist, begegne ich dem Antisemi-tismus mit gesteigerter Empfindlichkeit.

Dass Shakespeares Stück »Der Kaufmann von Venedig« – ob  man  es  als  dunkle  Komödie  oder  als  helle  Tragödie  betrachtet – den Antisemitismusvorwurf rechtfertigt, wurde übersehen, so lange die antijüdischen Ressentiments, die es artikuliert,  zum  gesellschaftlichen  Konsens  gehörten,  oder verleugnet,  weil  die  Idee  von  der  dichterischen  Vollkom-menheit,  für  die  das  Shakespearesche  Werk  stand,  das  Vul gär-Böse des Antisemitismus ausschließen musste. Nicht zufällig waren  es  vor  allem  jüdische Literaten, die  sich  an der  subtilen  Ambivalenz  des  Stücks  und  seiner  Figur  deutend rieben – und dabei ihre jeweils spezifisch jüdische Erfahrung einfließen ließen.