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von neuen, kreativen Flammenef- fekten, Licht und Nebel passend be- gleitet. So sprühten Funken und Flammen nicht nur aus der Gitarre, sondern gerne auch mittels Spezialkonstruktionen – aus Hän- den und Mund von Frontmann Heli Reißenweber, der Rammstein-Sän- ger Till Lindemann nicht nur vom Gesang, sondern auch vom Ausse- hen her zum Verwechseln ähnlich ist. Spätestens nach vier Liedern wa- ren auch Besucher zu sehen, die zu- vor ihre Skepsis bekundeten, da sie eigentlich nur Metal hören, jetzt aber bei „Sehnsucht“, „Mein Teil“ und „Mein Herz brennt“, völlig in der Musik angekommen, durch die Menge tanzten. Auch die Frau, die sich zuvor um ihre Ohren gesorgt hatte, brüllte, hüpfend und jubelnd, auf Nachfrage, wie es denn dem Ge- hör ginge: „Das ist mir so egal!“ Ganz nah dran am Original Stahlzeit bediente in über zwei Stunden nicht nur alle Geschmä- cker, indem sie eine bunte Mi- schung aus den Rammstein-Alben „Mutter“, „Liebe ist für alle da“, „Sehnsucht“, „Rosenrot“, „Herze- leid“ und „Reise, Reise“ spielten, sondern sorgten mit ihrem Bühnen- auftritt für ein unvergessliches und empfehlenswertes Konzerterlebnis. Selbst eingefleischte Rammstein- Fans konnten hier kaum einen Un- terschied zum Original ausmachen. War dieser Abend mit White Sparrows und Stahlzeit allein aus musikalischer Sicht überaus gelun- gen, so lässt sich ein Trend leider nicht verleugnen, der die Atmo- sphäre bei Konzerten etwas trübt und verständlich macht, warum vie- le große Bands mittlerweile darum bitten, auf den Gebrauch von Handys zum Filmen zu verzichten. Filmen statt tanzen Dies rührt weniger aus der Befürch- tung, Konzertmitschnitte könnten viral gehen, sondern liegt vielmehr in dem Fakt begründet, dass die fil- menden Besucher zugunsten eines wackelfreien Videos gleich Stein- säulen in der Menge stehen und das gerade live vor ihren Augen stattfin- dende Konzert nur durch ihren Handybildschirm beobachten, an- statt sich zu amüsieren und mitzu- tanzen. Sicherlich sind Stahlzeit hierfür mit ihrer atemberaubenden Show prädestiniert, jedoch sollte auch der Eindruck für eine spielende Band nicht vergessen werden, die von der Bühne herab in eine filmende, sich nicht bewegende Menge schaut. sst Weiterer Bericht auf dieser Seite ihren Mann, der die Ohrstöpsel im Auto hatte liegen lassen. Sie bekam als Antwort eines völlig Fremden: „Tempos tun es auch – und in der größten Not auch Zigarettenfilter“, während er ihr in Ermangelung von Taschentüchern ganz hilfsbereit seine Schachtel Zigaretten entge- genstreckte. Schon war das Lachen groß und einer gemeinsamen Feier der Festi- valgemeinde, in der sich überall ähnliche Dinge abspielten, stand nichts mehr im Weg, denn Hilfsbe- reitschaft – sei sie auch mehr oder weniger zielführend – wird von den Festivalbesuchern immer ganz groß geschrieben. 27 Songs in zwei Stunden Die kurze Wartezeit wurde schon vom ersten Takt des Liedes „Sonne“ an belohnt, verschlug die imposante Pyro-Show, gepaart mit einem lau- ten Knall und perfekt abgestimmter Lightshow, schon nach wenigen Se- kunden den Besuchern die Sprache. Die Hitze der Flammen war noch bis an den hinteren Rand des Geländes deutlich spürbar und nötigte allen Respekt für die Künstler ab, die di- rekt neben den heißen Effekten über zwei Stunden lang alles gaben. Über ganze 27 Lieder hinweg glich visuell kein Song dem anderen, wurde jedes Stück immer wieder Steinachwiesen Open Air: Stahlzeit überzeugen mit ihrer spektakulären Tribute-Show selbst eingefleischte Fans der deutschen Brachial-Rocker / White Sparrows glänzen im Vorprogramm Ein feuriger Ritt durch die Rammstein-Ära FÜRTH. Drei Tage lang wurde in Fürth zum dritten Mal das Stein- bachwiesen Open Air gefeiert; das Wetter spielte mit – ebenso wie die unterschiedlichen Bands aus allen Musikrichtungen. So brachte am Samstag zunächst die südhessische Punkrockband White Sparrows das gefüllte Gelände schon nach dem ersten Lied zum Feiern und Tanzen. Ihr Musikstil ist geprägt von di- versen Künstlern, unter anderem Johnny Cash, den Stray Cats oder Social Distortion, und verpackt mit rockigen Tönen manche ernsthafte Gesellschaftskritik. So spielten sie unter anderem aus ihren beiden Al- ben „Sound der Generation“ und „Helden uns’rer Zeit“ auch die be- liebten Titelsongs, bei denen sofort viele – oft headbangend – mitsan- gen. Mit neuem, frischen Punkrock, der sich inhaltlich für Freiheit und Toleranz einsetzt, bereiteten die White Sparrows stimmungsvoll die Bühne für Stahlzeit. In der Umbauphase waren viele begeisterte Stimmen – nicht nur von eingefleischten Fans – zu hören, die allesamt ganz angetan waren von ei- nem modernen Punkrock, der viele verschiedene Stilelemente zu einem eigenen Sound verarbeitet und da- bei noch eine ganz klare Botschaft transportiert. Jetzt warteten aber alle gespannt auf den Auftritt von Stahlzeit, der nicht nur für deutschlandweiten Be- such auf dem Steinbachwiesen Open Air sorgte, „denn ich bin für diesen Abend extra aus der Schweiz angereist“, erzählte eine Besucherin schon ganz aufgeregt. Immerhin wird Stahlzeit als eine der besten Tribute-Bands von Rammstein ge- handelt und tourt im Jahr mit 80 Konzerten zumeist in großen Are- nen, die immerzu komplett ausver- kauft sind. „Wir sind auch wirklich ganz stolz, dass wir die Zusage für unser Festival von ihnen bekom- men haben, denn im Verhältnis sind wir ja ein recht kleines Festival“, freut sich der Hauptorganisator des veranstaltenden FC Fürth, Kurt Schmitt. Die Pause überbrückten die vie- len Besucher mit den zahlreichen und gut organisierten Angeboten von Bratwurst über kühle Getränke bis hin zu exotischen Cocktails. Auch hier waren Szenen zu erleben, wie sie sich so wohl nur auf einem Festival ereignen, fürchtete sich eine Frau um ihr Gehör und tadelte Feuer, Rauch und Nebel begleiteten die Band Stahlzeit am Samstag rund zwei Stunden lang durch 27 Songs von Rammstein. Neben einer quasi originalgetreuen musikalischen Interpretation ließ auch die spektakuläre Show das Publikum in den Steinbachwiesen staunen. BILDER: FRITZ KOPETZKY Nicht nur die Stimme ist dem Original nah: Stahlzeit-Sänger Heli Reißenweber. Das Open-Air-Gelände war am Samstag prall gefüllt mit Musikfreunden aus vielen Teilen Deutschlands und auch aus Nachbarländern. Feurige Gitarre: Kaum ein Teil, aus dem bei Stahlzeit keine Flammen schlagen.

Steinachwiesen Open Air: Stahlzeit überzeugen mit ihrer ......„Sehnsucht“, „Rosenrot“, „Herze-leid“ und „Reise, Reise“ spielten, sondern sorgten mit ihrem Bühnen-auftritt

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Page 1: Steinachwiesen Open Air: Stahlzeit überzeugen mit ihrer ......„Sehnsucht“, „Rosenrot“, „Herze-leid“ und „Reise, Reise“ spielten, sondern sorgten mit ihrem Bühnen-auftritt

von neuen, kreativen Flammenef-fekten, Licht und Nebel passend be-gleitet. So sprühten Funken undFlammen nicht nur aus der Gitarre,sondern gerne auch – mittelsSpezialkonstruktionen – aus Hän-den und Mund von Frontmann HeliReißenweber, der Rammstein-Sän-ger Till Lindemann nicht nur vomGesang, sondern auch vom Ausse-hen her zum Verwechseln ähnlichist.

Spätestens nach vier Liedern wa-ren auch Besucher zu sehen, die zu-vor ihre Skepsis bekundeten, da sieeigentlich nur Metal hören, jetztaber bei „Sehnsucht“, „Mein Teil“und „Mein Herz brennt“, völlig inder Musik angekommen, durch dieMenge tanzten. Auch die Frau, diesich zuvor um ihre Ohren gesorgthatte, brüllte, hüpfend und jubelnd,auf Nachfrage, wie es denn dem Ge-hör ginge: „Das ist mir so egal!“

Ganz nah dran am OriginalStahlzeit bediente in über zweiStunden nicht nur alle Geschmä-cker, indem sie eine bunte Mi-schung aus den Rammstein-Alben„Mutter“, „Liebe ist für alle da“,„Sehnsucht“, „Rosenrot“, „Herze-leid“ und „Reise, Reise“ spielten,sondern sorgten mit ihrem Bühnen-auftritt für ein unvergessliches undempfehlenswertes Konzerterlebnis.

Selbst eingefleischte Rammstein-Fans konnten hier kaum einen Un-terschied zum Original ausmachen.

War dieser Abend mit WhiteSparrows und Stahlzeit allein ausmusikalischer Sicht überaus gelun-gen, so lässt sich ein Trend leidernicht verleugnen, der die Atmo-sphäre bei Konzerten etwas trübtund verständlich macht, warum vie-le große Bands mittlerweile darumbitten, auf den Gebrauch vonHandys zum Filmen zu verzichten.

Filmen statt tanzenDies rührt weniger aus der Befürch-tung, Konzertmitschnitte könntenviral gehen, sondern liegt vielmehrin dem Fakt begründet, dass die fil-menden Besucher zugunsten eineswackelfreien Videos gleich Stein-säulen in der Menge stehen und dasgerade live vor ihren Augen stattfin-dende Konzert nur durch ihrenHandybildschirm beobachten, an-statt sich zu amüsieren und mitzu-tanzen.

Sicherlich sind Stahlzeit hierfürmit ihrer atemberaubenden Showprädestiniert, jedoch sollte auch derEindruck für eine spielende Bandnicht vergessen werden, die von derBühne herab in eine filmende, sichnicht bewegende Menge schaut. sst

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ihren Mann, der die Ohrstöpsel imAuto hatte liegen lassen. Sie bekamals Antwort eines völlig Fremden:„Tempos tun es auch – und in dergrößten Not auch Zigarettenfilter“,während er ihr in Ermangelung vonTaschentüchern ganz hilfsbereitseine Schachtel Zigaretten entge-genstreckte.

Schon war das Lachen groß undeiner gemeinsamen Feier der Festi-valgemeinde, in der sich überallähnliche Dinge abspielten, standnichts mehr im Weg, denn Hilfsbe-reitschaft – sei sie auch mehr oderweniger zielführend – wird von denFestivalbesuchern immer ganz großgeschrieben.

27 Songs in zwei StundenDie kurze Wartezeit wurde schonvom ersten Takt des Liedes „Sonne“an belohnt, verschlug die imposantePyro-Show, gepaart mit einem lau-ten Knall und perfekt abgestimmterLightshow, schon nach wenigen Se-kunden den Besuchern die Sprache.Die Hitze der Flammen war noch bisan den hinteren Rand des Geländesdeutlich spürbar und nötigte allenRespekt für die Künstler ab, die di-rekt neben den heißen Effekten überzwei Stunden lang alles gaben.

Über ganze 27 Lieder hinwegglich visuell kein Song dem anderen,wurde jedes Stück immer wieder

Steinachwiesen Open Air: Stahlzeit überzeugen mit ihrer spektakulären Tribute-Show selbst eingefleischte Fans der deutschen Brachial-Rocker / White Sparrows glänzen im Vorprogramm

Ein feurigerRitt durch dieRammstein-ÄraFÜRTH. Drei Tage lang wurde inFürth zum dritten Mal das Stein-bachwiesen Open Air gefeiert; dasWetter spielte mit – ebenso wie dieunterschiedlichen Bands aus allenMusikrichtungen. So brachte amSamstag zunächst die südhessischePunkrockband White Sparrows dasgefüllte Gelände schon nach demersten Lied zum Feiern und Tanzen.

Ihr Musikstil ist geprägt von di-versen Künstlern, unter anderemJohnny Cash, den Stray Cats oderSocial Distortion, und verpackt mitrockigen Tönen manche ernsthafte

Gesellschaftskritik. So spielten sieunter anderem aus ihren beiden Al-ben „Sound der Generation“ und„Helden uns’rer Zeit“ auch die be-liebten Titelsongs, bei denen sofortviele – oft headbangend – mitsan-gen. Mit neuem, frischen Punkrock,der sich inhaltlich für Freiheit undToleranz einsetzt, bereiteten dieWhite Sparrows stimmungsvoll dieBühne für Stahlzeit.

In der Umbauphase waren vielebegeisterte Stimmen – nicht nur voneingefleischten Fans – zu hören, dieallesamt ganz angetan waren von ei-nem modernen Punkrock, der vieleverschiedene Stilelemente zu einemeigenen Sound verarbeitet und da-bei noch eine ganz klare Botschafttransportiert.

Jetzt warteten aber alle gespanntauf den Auftritt von Stahlzeit, dernicht nur für deutschlandweiten Be-such auf dem SteinbachwiesenOpen Air sorgte, „denn ich bin fürdiesen Abend extra aus der Schweizangereist“, erzählte eine Besucherinschon ganz aufgeregt. Immerhinwird Stahlzeit als eine der bestenTribute-Bands von Rammstein ge-handelt und tourt im Jahr mit 80Konzerten zumeist in großen Are-nen, die immerzu komplett ausver-kauft sind. „Wir sind auch wirklichganz stolz, dass wir die Zusage fürunser Festival von ihnen bekom-men haben, denn im Verhältnis sind

wir ja ein recht kleines Festival“,freut sich der Hauptorganisator desveranstaltenden FC Fürth, KurtSchmitt.

Die Pause überbrückten die vie-len Besucher mit den zahlreichenund gut organisierten Angebotenvon Bratwurst über kühle Getränkebis hin zu exotischen Cocktails.Auch hier waren Szenen zu erleben,wie sie sich so wohl nur auf einemFestival ereignen, fürchtete sicheine Frau um ihr Gehör und tadelte

Feuer, Rauch und Nebel begleiteten die Band Stahlzeit am Samstag rund zwei Stunden lang durch 27 Songs von Rammstein. Neben einer quasi originalgetreuen musikalischen Interpretationließ auch die spektakuläre Show das Publikum in den Steinbachwiesen staunen. BILDER: FRITZ KOPETZKY

Nicht nur die Stimme ist dem Original nah:Stahlzeit-Sänger Heli Reißenweber.

Das Open-Air-Gelände war am Samstag prall gefüllt mit Musikfreunden aus vielen TeilenDeutschlands und auch aus Nachbarländern.

Feurige Gitarre: Kaum ein Teil, aus dem beiStahlzeit keine Flammen schlagen.