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Steinkohle und Koks wirtschaftlicher verbrennen Wenn man sich friiher bemiihte, den Verbrauch von Brennstoff und Energie zu rationalisieren, dann vor allem darum, um Kosten zu sparen. Durch das standige, zielbe- wuDte Verbessern der technischen Verfahren ist dies auch in erheblichem Umfang gelungen. Erwahnt sei nur, daD man heute fur die Erzeugung einer Kilowattstunde nur noch knapp 0,5 kg Kohle gegen 2 kg vor 50 Jahren braucht. Kosten zu sparen ist heute naturlich genau so wichtig wie friiher. Vielleicht sogar noch wichtiger, denn die ail- gemein steigenden Betriebskosten und der zunehmende Wettbewerb zwingen zu scharfster Kalkulation. Indessen gewinnen seit einigen Jahren auch allgemein wirtschaft- liche Argumente immer mehr an Gewicht. Die hochindustri- alisierte Wirtschaft rationalisiert und mechanisiert in im- mer gronerem Umfang. Der Einsatz menschlicher Arbeits- kraft verringert sich, der Bedarf an Energie wachst. In den 25 Jahren zwischen 1913 und 1938 wuchs der Energieverbrauch der Erde nur von l,? auf 1,8 Mrd. t Steinkohleneinheiten (SKE). In den 17 Jahren von 1938 bis 1954 hat er sich auf 3,4 Mrd. t fast verdoppelt. Sowohl in der BR als auch in anderen Landern der OEEC ist schon seit einigen Jahren der Energiebedarf nicht mehr vollig aus eigener Produktion zu decken. 1955 betrug das Energiedefizit bereits 3 Mill. t SKE. Die OEEC schatzt, daB es bis 1960 auf 15 Mill. t SKE steigen und 1975 das bedrohliche AusmaB von nahezu 70 Mill. t SKE erreichen wird. (Vgl. d. Ztschr. 29, 53 [1957]). Wahrschein- lich wird man, um die wachsende Nachfrage befriedigen zu konnen, zunachst Erdol in starkerem AusmaD heran- ziehen, in spateren Jahren vielleicht auch die Atom- energie. Die eigentliche Grundlage der Energieversorgung wird nach Meinung der OEEC aber im europaischen Wirt- schaftsgebiet, und ganz besonders in der Bundesrepublik, nach wie vor die Steinkohle bleiben. An der Energiever- sorgung der Bundesrepublik im Jahre 1957 sollen sich nach einer Schatzung von A. W i m m e l m a n n die einzelnen Energietrager wie folgt beteiligen: Mill. t SKE 'lo Steinkohle 1?0,0 63,O Braunkohle 38,5 145 Erdol, Erdgas 52,O 19,0 Wasserkraft und andere Energietrager 9,5 3s 270,o 100 Das Gebot der Stunde ware somit der Ausbau und die Produktionssteigerung der Bergwerke. Dies kann aber nur langsam geschehen. Daher stellt sich die Frage: wo und wie ist es moglich, Kohlen zu sparen, um die Dis- krepanz zwischen dem schnellen Wachstum der industriel- len Produktion und der langsamen Zunahme des Energie- angebots zu verringern. Unsere gunstige Devisenlage gestattet es zur Zeit, die bereits vorhandene Lucke durch die Einfuhr von Energie in Form von Steinkohle und Erd- ii: zu schlieBen. Ob das aber noch lange so bleiben wird? 1956 fuhrten wir Rohiil und Erdolerzeugnisse fiir rund 1,4 Mrd. DM, ferner 12 Mill. t amerikanischer Kohle fur I-iind 1,4 Mrd. DM ein. Vom Kohlenverbrauch 1956 ent- fielen auf: 1000 t 'in lndustrie und Bergbau, insgesamt ?5085,? 100 Chemische Industrie ??6?,4 10,3 Bergbau 21 509,5 28,6 Mineralolverarbeitung 1529,9 2,l Eisenshaffende Industrie 19 396,5 25,8 Industrie der Steine und Erden ? 344,l 9,8 Maschinenbau 1 029,O 1,4 Elektrotehnische Industrie 498,6 0.6 Holzschliff, Zeldstoff, Papier u. Pappe erzeugende Ind. 2 384,2 3,2 Textilindustrie 2 509,5 3,5 Nahrungs- und GenuBmittelindustrie 3 505,l 4.6 Sonstige Industriezweige 7 611,9 10,l Wo kann man sparen? Rationalisieren ist heute ein Erfordernis aller Wirt- schaftszweige. Hervorragende Kenner der einzelnen Ge- biete berichten uber den Stand, die wirtschaftliche, tech- nische und soziale Seite der industriellen Entwicklung in einem Band ,,Industrielle Rationalisierung 1957'") ; W. F r i e s , Essen, schildert die Lucke in der heutigen Energieversorgung und macht ,,Vorschlage zur wirtschaft- lichen Verbrennung von Steinkohle und Koks". Wenn man vom Bergbau selbst absieht, so ist die eisen- schaffende Industrie der wichtigste Verbraucher; sie hat in den letzten Jahren s&on so grundlich rationalisiert, daB bei den jetzigen Verfahren keine weitere Moglichkeit zum Sparen von Kohlen vorhanden zu sein scheint. Sie reduzierte den Verbrauch an Hochofenkoks z. B. von 1031 kg/t Roheisen im Jahre 1952 auf nur noch 960 kg/t im ersten Halbjahr 1957; den Verbrauch von Koksofengas je t Rohstahl von 285 m3 auf 227 m3. Auch die GieDereien haben schon viel getan. Seitdem sie in den letzten Jahren dazu ubergingen, ihren Kupobofen statt Kaltwind die auf 400 bis 500' erwarmten Abgase zuzufuhren, nutzen sie ihre Brennstoffe um 20 his 25Oio besser aus. Auch almle iibrigen Indu- striegruppen arbeiten daran, ihren spezifischen Brennstoffver- brauch zu verringern. Doch sind hier noch verschiedentlich nutzbare Reserven vorhanden. Denn bei der GroBenordnung der Verbrauchszahlen lohnen sich bereits Ersparnisse von wenigen Prozent. Da sind z. B. die Dampfkesselfeuerungen. Der Ver- brauch von Steinkohle zum Erzeugen von Dampf uber- trifft weit alle anderen Verwendungszwecke. Die rund 47 000 in der BR in Betrieb befindlichen Dampfkessel ver- brennen vorwiegend Steinkohle. Rund 38 000 Feuerungen entfallen auf kleine Kessel. Sie beanspruchen 2@/0 vom Verbrauch, werden meist von Hand beschickt und haben oft einen Wirkungsgrad von nicht mehr als 50 bis 70°/o. Durch eine Schulung des Heizers, durch eine Mindest- ausstattung mit Meageraten und vor allem durch Teil- mechanisieren der Feuerung lieRe sich der Wirkungsgrad ohne groRen Aufwand um 10 bis 1PId verbessern. Weiter gibt es heute in der BR etwa 3800 Kessel mitt- lerer Leistung, die mit Wanderrosten ausgestattet sind. Auf sie entfallen etwa 3@/0 des Verbrauchs an Kessel- kohle. Ihr Wirkungsgrad liegt zwischen 75 und 85O/o. Im Betrieb tritt aber oft nach wenigen Jahren schon eine fuhlbare Minderung der Brennstoffausnutzung ein. Eine Erhebung der Vereinigung der GroRkesselbesitzer ergab, daR die durchschnittliche Reisezeit eines Kessels nur 3000 Betriebsstunden betragt. Uberprufungen zeigten fer- ner, daD gewohnlich nur ein Drittel der Feuerungen in Ordnung ist. Die vorhandenen Mange1 setzen den Wir- kungsgrad um 5 bis 10°/o herab. Vie1 Brennstoff ware zu sparen, wenn sich Warme- und Kraftwirtschaft intensiver koppeln lieBen, denn mit dem Kiihlwasser der Kraftwerke geht sehr viel Warme verloren. Den Kalorien nach konnten hier 4@/0 eingespart werden; leider aber ist die Nutzbarmachung dieser Warme recht schwierig. Erhebliche Reserven gibt es noch bei der eisenverarbeitenden, der Glas- und der keramischen In- dustrie. Diese Industriezweige benutzen vor allem Gas. Durch das Vergasen gasarmer Brennstoffe in neuzeit- lichen Drehrostgeneratoren sollte es ihnen moglich sein, mindestens lW/o Brennstoffe einzusparen. Weitere Reserven finden sich in der Industrie der Steine und Erden. Die Zementwerke z. B. mit ihren 180 Drehrohrofen und 200 Schachtofen verbrauchen in den letzteren viel zuviel Brennstoff, namlich rund 1/3 mehr als neue Ofentypen. Ebenso sind die 300 bis 400 Ring- und Schachtofen der deutschen Kalkbrenner wenig wirtschaft- lich. Erst rund 20 Kalkschachtofen besitzen eine entschei- dend verbesserte Begichtung, die den Brennstoffverbrauch um verringert. Die Ziegeleien betreiben zur Zeit noch rund 2000 Ringofen; gegenuber dem modernen Tun- Chemie-lug.-Techn. 29. Jahrg. 1957 I Nr. 12 827

Steinkohle und Koks wirtschaftlicher verbrennen

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Page 1: Steinkohle und Koks wirtschaftlicher verbrennen

Steinkohle und Koks wirtschaftlicher verbrennen Wenn man sich friiher bemiihte, den Verbrauch von

Brennstoff und Energie zu rationalisieren, dann vor allem darum, um Kosten zu sparen. Durch das standige, zielbe- wuDte Verbessern der technischen Verfahren ist dies auch in erheblichem Umfang gelungen. Erwahnt sei nur, daD man heute fur die Erzeugung einer Kilowattstunde nur noch knapp 0,5 kg Kohle gegen 2 kg vor 50 Jahren braucht.

Kosten zu sparen ist heute naturlich genau so wichtig wie friiher. Vielleicht sogar noch wichtiger, denn die ail- gemein steigenden Betriebskosten und der zunehmende Wettbewerb zwingen zu scharfster Kalkulation. Indessen gewinnen seit einigen Jahren auch allgemein wirtschaft- liche Argumente immer mehr an Gewicht. Die hochindustri- alisierte Wirtschaft rationalisiert und mechanisiert in im- mer gronerem Umfang. Der Einsatz menschlicher Arbeits- kraft verringert sich, der Bedarf an Energie wachst. In den 25 Jahren zwischen 1913 und 1938 wuchs der Energieverbrauch der Erde nur von l,? auf 1,8 Mrd. t Steinkohleneinheiten (SKE). In den 17 Jahren von 1938 bis 1954 hat er sich auf 3,4 Mrd. t fast verdoppelt.

Sowohl in der BR als auch in anderen Landern der OEEC ist schon seit einigen Jahren der Energiebedarf nicht mehr vollig aus eigener Produktion zu decken. 1955 betrug das Energiedefizit bereits 3 Mill. t SKE. Die OEEC schatzt, daB es bis 1960 auf 15 Mill. t SKE steigen und 1975 das bedrohliche AusmaB von nahezu 70 Mill. t SKE erreichen wird. (Vgl. d. Ztschr. 29, 53 [1957]). Wahrschein- lich wird man, um die wachsende Nachfrage befriedigen zu konnen, zunachst Erdol in starkerem AusmaD heran- ziehen, in spateren Jahren vielleicht auch die Atom- energie. Die eigentliche Grundlage der Energieversorgung wird nach Meinung der OEEC aber im europaischen Wirt- schaftsgebiet, und ganz besonders in der Bundesrepublik, nach wie vor die Steinkohle bleiben. An der Energiever- sorgung der Bundesrepublik im Jahre 1957 sollen sich nach einer Schatzung von A. W i m m e l m a n n die einzelnen Energietrager wie folgt beteiligen:

Mill. t SKE ' lo Steinkohle 1?0,0 63,O Braunkohle 38,5 145 Erdol, Erdgas 52,O 19,0 Wasserkraft und andere Energietrager 9,5 3 s

270,o 100 Das Gebot der Stunde ware somit der Ausbau und die

Produktionssteigerung der Bergwerke. Dies kann aber nur langsam geschehen. Daher stellt sich die Frage: wo und wie ist es moglich, Kohlen zu sparen, um die Dis- krepanz zwischen dem schnellen Wachstum der industriel- len Produktion und der langsamen Zunahme des Energie- angebots zu verringern. Unsere gunstige Devisenlage gestattet es zur Zeit, die bereits vorhandene Lucke durch die Einfuhr von Energie in Form von Steinkohle und Erd- ii: zu schlieBen. Ob das aber noch lange so bleiben wird?

1956 fuhrten wir Rohiil und Erdolerzeugnisse fiir rund 1,4 Mrd. DM, ferner 12 Mill. t amerikanischer Kohle fur I-iind 1,4 Mrd. DM ein. Vom Kohlenverbrauch 1956 ent- fielen auf:

1000 t ' i n lndustrie und Bergbau, insgesamt ?5085,? 100 Chemische Industrie ??6?,4 10,3 Bergbau 21 509,5 28,6 Mineralolverarbeitung 1529,9 2,l Eisenshaffende Industrie 19 396,5 25,8 Industrie der Steine und Erden ? 344,l 9,8 Maschinenbau 1 029,O 1,4 Elektrotehnische Industrie 498,6 0.6 Holzschliff, Zeldstoff, Papier u. Pappe erzeugende Ind. 2 384,2 3,2 Textilindustrie 2 509,5 3,5 Nahrungs- und GenuBmittelindustrie 3 505,l 4.6 Sonstige Industriezweige 7 611,9 10,l

Wo kann man sparen? Rationalisieren ist heute ein Erfordernis aller Wirt-

schaftszweige. Hervorragende Kenner der einzelnen Ge- biete berichten uber den Stand, die wirtschaftliche, tech- nische und soziale Seite der industriellen Entwicklung in einem Band ,,Industrielle Rationalisierung 1957'") ; W. F r i e s , Essen, schildert die Lucke in der heutigen Energieversorgung und macht ,,Vorschlage zur wirtschaft- lichen Verbrennung von Steinkohle und Koks".

Wenn man vom Bergbau selbst absieht, so ist die eisen- schaffende Industrie der wichtigste Verbraucher; sie hat in den letzten Jahren s&on so grundlich rationalisiert, daB bei den jetzigen Verfahren keine weitere Moglichkeit zum Sparen von Kohlen vorhanden zu sein scheint. Sie reduzierte den Verbrauch an Hochofenkoks z. B. von 1031 kg/t Roheisen im Jahre 1952 auf nur noch 960 kg/t im ersten Halbjahr 1957; den Verbrauch von Koksofengas je t Rohstahl von 285 m3 auf 227 m3. Auch die GieDereien haben schon viel getan. Seitdem sie in den letzten Jahren dazu ubergingen, ihren Kupobofen statt Kaltwind die auf 400 bis 500' erwarmten Abgase zuzufuhren, nutzen sie ihre Brennstoffe um 20 his 25Oio besser aus. Auch almle iibrigen Indu- striegruppen arbeiten daran, ihren spezifischen Brennstoffver- brauch zu verringern. Doch sind hier noch verschiedentlich nutzbare Reserven vorhanden. Denn bei der GroBenordnung der Verbrauchszahlen lohnen sich bereits Ersparnisse von wenigen Prozent.

Da sind z. B. die Dampfkesselfeuerungen. Der Ver- brauch von Steinkohle zum Erzeugen von Dampf uber- trifft weit alle anderen Verwendungszwecke. Die rund 47 000 in der BR in Betrieb befindlichen Dampfkessel ver- brennen vorwiegend Steinkohle. Rund 38 000 Feuerungen entfallen auf kleine Kessel. Sie beanspruchen 2@/0 vom Verbrauch, werden meist von Hand beschickt und haben oft einen Wirkungsgrad von nicht mehr als 50 bis 70°/o. Durch eine Schulung des Heizers, durch eine Mindest- ausstattung mit Meageraten und vor allem durch Teil- mechanisieren der Feuerung lieRe sich der Wirkungsgrad ohne groRen Aufwand um 10 bis 1PId verbessern.

Weiter gibt es heute in der BR etwa 3800 Kessel mitt- lerer Leistung, die mit Wanderrosten ausgestattet sind. Auf sie entfallen etwa 3@/0 des Verbrauchs an Kessel- kohle. Ihr Wirkungsgrad liegt zwischen 75 und 85O/o. Im Betrieb tritt aber oft nach wenigen Jahren schon eine fuhlbare Minderung der Brennstoffausnutzung ein. Eine Erhebung der Vereinigung der GroRkesselbesitzer ergab, daR die durchschnittliche Reisezeit eines Kessels nur 3000 Betriebsstunden betragt. Uberprufungen zeigten fer- ner, daD gewohnlich nur ein Drittel der Feuerungen in Ordnung ist. Die vorhandenen Mange1 setzen den Wir- kungsgrad um 5 bis 10°/o herab.

Vie1 Brennstoff ware zu sparen, wenn sich Warme- und Kraftwirtschaft intensiver koppeln lieBen, denn mit dem Kiihlwasser der Kraftwerke geht sehr viel Warme verloren. Den Kalorien nach konnten hier 4@/0 eingespart werden; leider aber ist die Nutzbarmachung dieser Warme recht schwierig. Erhebliche Reserven gibt es noch bei der eisenverarbeitenden, der Glas- und der keramischen In- dustrie. Diese Industriezweige benutzen vor allem Gas. Durch das Vergasen gasarmer Brennstoffe in neuzeit- lichen Drehrostgeneratoren sollte es ihnen moglich sein, mindestens lW/o Brennstoffe einzusparen.

Weitere Reserven finden sich in der Industrie der Steine und Erden. Die Zementwerke z . B. mit ihren 180 Drehrohrofen und 200 Schachtofen verbrauchen in den letzteren viel zuviel Brennstoff, namlich rund 1/3 mehr als neue Ofentypen. Ebenso sind die 300 bis 400 Ring- und Schachtofen der deutschen Kalkbrenner wenig wirtschaft- lich. Erst rund 20 Kalkschachtofen besitzen eine entschei- dend verbesserte Begichtung, die den Brennstoffverbrauch um verringert. Die Ziegeleien betreiben zur Zeit noch rund 2000 Ringofen; gegenuber dem modernen Tun-

Chemie-lug.-Techn. 29. Jahrg. 1957 I Nr. 12 827

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nelofen mit Streufeuerung und Schurapparaten verbrau- &en sie um 10 bis 15O/o zuviel Brennstoffe.

Wichtige Verbrauchergruppen sind auch der Verkehr sowie die Haushalte und Kleinverbraucher. Die Bundesbahn konnte z. B. ohne weiteres den spezifischen Brennstoffverbrauch ihrer Dampflokomotiven bis um 4O/O senken. Bei den Haushalten mit ihren iiber 22 Millionen Zimmerofen, 16 MiUionen Kohlenherden und den eineinhalb Millionen Zentralheizungen, die zusammen 2O0/0 des gesamten Verbrauchs von Kohle und Koks beanspru- d e n , gibt es auch n o d zahllose Moglichkeiten zum Einsparen von Brennstoff.

Diese bereits skizzierten Moglichkeiten zum Einsparen von Brennstoff ergeben nach W. F I i e s bereits zusammen 9 Mll. t Steinkohle jahrlich, also ?5O/O der Menge, die wir 1956 zu hohem Preis aus den USA importierten. Sie setzt sich wie folgt zusam- men (in 1000 t):

70 GieOereien 150 iibrige Industrie 400 Verkehr

1500 IndustTie der Steine und Erden 2500 Dampfkesselan1,agen 4300 Hausbrand 9000 Gesamtmenge.

Die angefiihrten Wirtschaftszweige umfassen aber noch nicht alle Steinkohlenverbraucher; vor allem fehlt unter ihnen der Bergbau mit seinem betrachtlichen Eigenbedarf. Die tatsachlich

W i rtschaftsnachrichten

durch warmetechnische Verbesserungen erzielbare Kohlenerspar- nis durfte also erheblich hoher sein.

Die gleichen Energiesorgen wie wir haben auch andere europaische Lander. Mehrere von ihnen haben bereits mit prak- tischen Maanahmen begonnen, um das Energiedefizit durch Ein- sparen von Brennstoff zu verringern; so z. B. GroDbritannien und Frankreich rnit Investitionshilfen und verbilligten Krediten, besonders durch Finanzierung aus der Kohlenersparnis.

Auch in der Bundesrepublik widmen sich zahlreiche Organisa- tionen, wissenschaftliche Forschungsstatten und Industriebetriebe der gleichen Aufgabe. An der Ruhr hat der S t e i n k o h 1 e n - b e r g b a u v e r e i n langfristige Entwidclungsarbeiten begon- nen, wahrend die R u h r k o h 1 e n - B e r a t u n g G m b H. sich der Losung von warmetechnischen "Tagesfragen" widmet. Es handelt sich vornehmlich um Kleinarbeit. Ihre Ergebnisse sum- mieren sich aber; sie konnen die deutsche Energiebilanz wesent- Ilch verbessern.

Unabhangig davon strebt der deutsche Steinkohlenbergbau auch danach, seine Kapazitat zu erhohen; durch rationalisierende MaOnahmen, durch Ausbau alter Anl,agen, Wiederinbetrieb- nahme stillgelegter Schachte und schliefllich durch den Bau neuer Forderanlagen will man die Steinkohlengewinnung so erweitern. daD sie allmahlich innerhalb von 20 Jahren auf 180 Mill. t jahrlich steigt. - Wi 11 -

1) Herausgegeben von L. Brandt. Verkehrs- und Wirtschafts- Verlag GmbH., Dortmund. 180 S., DIN A 4, zahlreiche, teils farbige Bilder und eine mehrfarbige Aufklapptafel. DM 8,90.

Deutrchland Hohe Investitionen des Steinkohlenbergbaus. Prof. E r h a r d

bezifferte die Investitionen des westdeutschen Steinkohlenberg- baus in der Zeit von 1949 bis 1956 rnit fast 5 Mrd. DM. Im lau- fenden Jahr diirften no& 700 bis 800 Mill. DM dazugekommen sein. Nach dem letzten Bericht der H o h e n B e h o r d e in- vestierten die Zechen der Bundesrepublik in den fiinf Jahren von 1952 bis 1956 rund 3,7 Mrd. DM und planten fur 1957 weitere Investitionen in Hohe von 1,2 Mrd. DM.

Diese Summen verwendete man im einzelnen wie folgt (in Mill. DM):

Brikett- Kraft- Zu-

1952 29 1 167 1 198 657 1953 333 177 1 185 696 1954 405 143 4 272 824

'&achte F:z fabriken werke sammen

1955 480 106 11 197 794 1956 443 96 4 193 736

1952 689 21 1045 3707 G e p l a n t

1958 723 215 11 259 1208

Bemerkenswert ist das stetige Wachsen der fur neue Schachte, als fur den Ausbau der Forderung aufgewendeten und noch vor- gesehenen Summen. Die hohen Investitionen fur Zechenkraft- werke charakterisieren das Streben zum nutzbringenden Ver-

Die sinkende Preistendenz fur zahlreiche chemische Erzeug- nisse kam 1957 im wesentlichen zum Stillstand. Der jetzige Stand der Chemiepreise wird nach Ansicht eines fuhrenden Pro- duzenten dadurch gefahrdet, daO die Preise fur versrhiedene Rohstoffe, besonders fur Kohle, inzwischen anstiegm; auDerdem hat die Bundesbahn hohere Tarife angekiindigt. Es diirfte den Chernie-Firmen nicht ohne weiteres moglich sein, diese vermehr- ten Unkosten aufzufangen. Die hoheren Kohlepreise treffen u. a. die Erzeuger von Dungemitteln und von Carbid schwer: fur die Produktion von 1 t N benotigt man 5 t Kohle, von 1 t Carbid

Die Produktion von Chlor in der Bundesrepublik wird zur Zeit stark ausgebaut; sie diirfte nach Ansicht der F e l d m i i h l e P a p i e r - u n d Z e l l s t o f f w e r k e AG. ab 1958 etwa den inlandischen Bedarf iibersteigen. Die Feldmiihle hat ihre Chlor- produktion in den letzten Jahren auch stark erhoht; sie produ- zierte 1956 rnit iiber 37 000 t mehr als dreimal soviel wie 1949.

Im Hinblidc auf das von 1958 ab zu erwartende Uberangebot an Chlor hat sie sich nunmehr entschlossen, groOere Mengen selbst weiter zu verarbeiten; sie plant zu diesem Zweck groDere Investitionen fur petrodlemische Anlagen in Liilsdorf. Hier ent- steht zur Zeit aurh eine moderne Einschmelzanlage fur NaOH.

1957 754 169 9 267 1119

werten geringwertiger Kohle. - 2198 -

1 t Koks. - 2185 -

- 2194 -

Die Produktion von Schleifmitteln hielt sich 1956 ungefahr auf der Hohe des Vorjahres; sie entfallt zu etwa 6@/0 auf Schleif- korper aus Korund und Siliciumcarbid und zu etwa 4@/0 auf Schleifpapiere und Gewebe.

Der Inlandsabsatz von Schleifkorpern steht in engem Zusam- menhang rnit der Produktion des Maschinen- und Apparatebaus. Die verlangsamte Entwidtlung dieses Industriezweiges bewirkte, daD der Inlandsabsatz von Schleifkorpern 1956 nur no& um gut 4O/o zunahm gegeniiber 28O/o im Vorjahr. Die Ausfuhr stieg da- gegen um 14O/o und erreichte 1@/0 vom gesamten Absatz.

Produktionszunahme von Schleifpapieren und Ge- weben verlangsamte sich 1956, sie betrug nur noch knapp 7O/o gegeniiber 14u/o im Vorjahr. Die Erzeugung von Schleifgeweben fur die metallbearbeitende Industrie wachst erheblich schneller als die von Schleifpapieren fur die Holzbearbeitung. - 2196 -

Eine neue Fabrik fur Titandioxyd rnit einer taglichen Leistung von 50 t ist bei der F a r b e n f a b r i k e n B a y e r AG., Lever- kusen, angelaufen. Die mit einem Kapitalaufwand von 60 Mill. DM errichtete Anlage befindet sich im Werksteil Uerdingen; sie ist die erste Ausbaustufe der Fabrik, die zweite und dritte Aus. baustufe erfordern weitere 40 Mill. DM. Sie ist auf eine Endkapa- zitat von 50 000 t jahrlich ausgelegt. Man verarbeitet Ilmenit aub Norwegen und produziert die beiden Kristallmodifikationen Anatas und Rutil. Nach vollendetem Endausbau wird das Werk 500 Menschen beschaftigen. Man rechnet mit einem Exportanteil von 5@/0.

Der Verbrauch von Titandioxyd nimmt in der ganzen Welt unaufhorlich zu. Die Weltproduktion stieg von 440000 t in1 Jahre 1950 auf 800 000 t im laufenden Jahr. Davon entfallen 7@/0 auf die USA. Die Entwidclung diirfte aber mit dem gegenwarti- gen Stande no& nicht abgeschlossen sein, denn neue Fabriken mit einer gesamten Kapazitat von rund 300000 t befinden sich entweder in der Planung oder bereits im Bau.

Die Kapazitat der Bundesrepublik fur die Produktion volt Titandioxyd wird nach der Vollendung des Uerdinger Werkes 100 000 t jahrlich betragen. - 2186 -

Das strahlencbemiscbe Forscbungslaboratorium der Farbwerke Hoecbst AG. im Werk Griesheim kommt in seiner ersten Aus- baustufe no& in diesem Jahr in Betrieb. Die Arbeit mit ,,heiBen Substanzen" gilt besonders folgenden Themen: Reinigen von nicht ausgeniitzten Brennstoffelementen zwedcs Riickfiih- rung in den Reaktor; chemische und medizinisme Nutzung von Zerfallsprodukten der Kernspaltung; Aufbereiten der Abwasser von Atomanlagen.

Das radiochemishe Laboratorium sol1 1958 in einer zweiten

Produktion von Polytetrafluorathylen. Die F a r b w e r k e H o e c h s t A G. hat eine Lizenz der E. I. d u P o n t d e N e - m o u r s & C 0. I n c., Wilmington, Del., erworben und bereitet jetzt die Produktion von Hostaflon F (Teflon) vor.

Das Hoechster Unternehmen besitzt langjahrige Erfahrungen auf dem Gebiet der Halogenkohlenwasserstoffe. Seit 1934 wird

Chemie-Ing.-Tedn. 29. Jahrg. 1957 / Nr. 12

Auch die

Baustufe vollendet werden. - 2164 --