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1 Stellungnahme zu Institut für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Methodik für die Bewertung von Verhältnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung von AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) PD Dr. Christian Krauth (Sprecher) Medizinische Hochschule Hannover Dr. Jürgen John Helmholtz Zentrum München Dr. Pamela Aidelsburger Universität Duisburg-Essen und Carem, München Dr. Bernd Brüggenjürgen Charité Universitätsmedizin Berlin und Alphacare, Celle Dr. Thomas Hansmeier Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin Dr. Franz Hessel Sanofi-Aventis, Berlin Prof. Dr. Thomas Kohlmann Universität Greifswald Dipl.-Soz. Jörn Moock Universität Greifswald Prof. Dr. Heinz Rothgang Universität Bremen Dipl.-Volksw. Bernd Schweikert Helmholtz Zentrum München Dr. Robert Seitz BKK Landesverband Bayern, München Prof. Dr. Jürgen Wasem Universität Duisburg-Essen Die vorliegende Stellungnahme gibt die Auffassung der Mitglieder der AG MEG wieder. Sie steht nicht für die Institutionen und Unternehmen, aus denen die Autoren stammen. Die AG MEG ist eine Arbeitsgruppe der DGSMP und ist 2005 aus der AG Reha-Ökonomie entstanden. Die AG Reha-Ökonomie war 1998 im Rahmen der von BMBF und Deutsche Rentenversicherung geförderten Reha-Forschungsverbünde gegründet worden.

Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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Page 1: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

1

Stellungnahme

zu

Institut fuumlr Qualitaumltssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Methodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen gesetzlichen

Krankenversicherung

von

AG Methoden der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation (AG MEG)

in der

Deutschen Gesellschaft fuumlr Sozialmedizin und Praumlvention (DGSMP)

PD Dr Christian Krauth (Sprecher) Medizinische Hochschule Hannover

Dr Juumlrgen John Helmholtz Zentrum Muumlnchen

Dr Pamela Aidelsburger Universitaumlt Duisburg-Essen und Carem Muumlnchen

Dr Bernd Bruumlggenjuumlrgen Chariteacute Universitaumltsmedizin Berlin und Alphacare Celle

Dr Thomas Hansmeier Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin

Dr Franz Hessel Sanofi-Aventis Berlin

Prof Dr Thomas Kohlmann Universitaumlt Greifswald

Dipl-Soz Joumlrn Moock Universitaumlt Greifswald

Prof Dr Heinz Rothgang Universitaumlt Bremen

Dipl-Volksw Bernd Schweikert Helmholtz Zentrum Muumlnchen

Dr Robert Seitz BKK Landesverband Bayern Muumlnchen

Prof Dr Juumlrgen Wasem Universitaumlt Duisburg-Essen

Die vorliegende Stellungnahme gibt die Auffassung der Mitglieder der AG MEG wieder Sie steht nicht fuumlr die Institutionen und Unternehmen aus denen die Autoren stammen

Die AG MEG ist eine Arbeitsgruppe der DGSMP und ist 2005 aus der AG Reha-Oumlkonomie entstanden Die AG Reha-Oumlkonomie war 1998 im Rahmen der von BMBF und Deutsche Rentenversicherung gefoumlrderten Reha-Forschungsverbuumlnde gegruumlndet worden

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Executive Summary

Die AG Methoden der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft fuumlr Sozialmedizin und Praumlvention (DGSMP) hat den Entwurf des Methodenpa-pieres zu Kosten-Nutzen-Bewertungen des IQWiG umfassend analysiert Sie nimmt dazu ausfuumlhrlich Stellung Dabei kommt sie zu folgenden zentralen Schlussfolgerungen die im Hauptteil der Stellungnahme ausgefuumlhrt werden

1 Der Entwurf des Papiers des IQWiG zu Methoden fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnis-sen zwischen Kosten und Nutzen befasst sich in seinem uumlberwiegenden Teil nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Vielmehr geht er hauptsaumlchlich der Frage nach wie bei bereits bekannter () Kosten-Nutzen-Relation ein Erstattungshoumlchstbetrag fuumlr Arzneimittel festgesetzt werden kann ndash eine Aufgabe die eher dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen als dem IQWiG ob-liegt Demgegenuumlber werden zentrale methodische Fragen einer Kosten-Nutzen-Bewertung nicht oder zumindest nicht mit dem fuumlr die Durchfuumlhrung solcher Analysen durch das IQWiG notwendigen Tiefgang bearbeitet

2 Das Konzept der bdquoEffizienzgrenzeldquo kann eine Informationsgrundlage fuumlr die Entschei-dungstraumlger bei der Festsetzung der Erstattungshoumlchstbetraumlge sein Die dabei vor-geschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden vom IQWiG nicht begruumlndet Das IQWiG geht davon aus dass bei neuen Medikamenten kein schlechteres Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis als bei den bereits in der Indikation zugelas-senen Arzneimitteln akzeptiert werden sollte Dies waumlre eine sehr weit reichende Entscheidung die in einem breiten gesellschaftlichen Kontext transparent diskutiert werden muss

3 Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Un-ternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard ermittelt die Zahlungsbereit-schaft fuumlr medizinischen Fortschritt aus gutem Grund unabhaumlngig vom jeweils in ei-ner Indikation herrschenden Preisniveau

4 Das IQWiG leitet unzutreffend aus dem Gesetz ab dass es nur indikationsspezifische Vergleiche durchfuumlhren koumlnne Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird aber kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unterschiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er wird dabei faktisch auch jeweils die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten muumlssen Die AG MEG empfiehlt daher bei der Kosten-Nutzen-Bewertung immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig zu beruumlcksichtigen (zum Bei-spiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Das IQWiG will bei der Kosten-Nutzen-Bewertung die GKV-Perspektive einnehmen ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten Dies erscheint zu eng und nicht durch das Gesetz geboten GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte daher aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden Diese muss konsistent umgesetzt werden was im gegenwaumlrtigen Entwurf nicht der Fall ist

6 Das IQWiG beabsichtigt fuumlr Kosten und Nutzen unter Umstaumlnden unterschiedlich lange Zeitraumlume bei der Analyse zugrunde zu legen Eine nachvollziehbare Begruumln-dung fuumlr diesen die internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie ebenso wie

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elementare Postulate intellektueller Redlichkeit zentral verletzenden Ansatz fehlt Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kostenmes-sung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Der Zeithorizont ei-ner gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung ist im Uumlbrigen grundsaumltz-lich so zu waumlhlen dass alle relevanten Unterschiede zwischen den gesundheitlichen undoder wirtschaftlichen Auswirkungen der verglichenen Interventionen erfasst wer-den

7 Da das IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren beabsichtigt bei dem es nur dann zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung kommt wenn zuvor in einer Nutzenbewer-tung ein Zusatznutzen festgestellt wurde ist es zwingend dass alle Nutzenaspekte die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten bereits in die Nutzenbewertung eingeschlossen werden muumlssen Es ist unklar ob das IQWiG dies beabsichtigt

8 Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Das IQWiG steht offenbar dem international am haumlufigsten verwendeten kardinalen Nutzenindex dem Konzept qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) kritisch gegenuumlber und be-absichtigt stattdessen die Entwicklung eines eigenen Nutzenscores Dies wird jedoch nicht konkretisiert Ein ganz zentraler Punkt der Kosten-Nutzen-Bewertung wie naumlm-lich multiple Endpunkte aggregiert werden sollen wird damit im Methodenpapier nur sehr unzureichend bearbeitet Die AG MEG empfiehlt die praumlferenzbasierte Lebens-qualitaumltsmessung und die darauf basierenden Berechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) staumlrker zu beruumlcksichtigen Internationalen Empfehlungen fol-gend sollte bei Bewertung des Nutzens mindestens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexinstrument und ein indikationsspezifi-sches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

9 In dem vom IQWiG vorgelegten Entwurf des Methodenpapiers ist die Kostenbestim-mung nicht kongruent zur beabsichtigten Bewertungsperspektive Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten) In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen demgegenuumlber alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden Dies geht im IQWiG-Entwurf durcheinander und muss systematisch konsistent aufgearbeitet werden Die AG MEG empfiehlt zudem dass die Kostenbestimmung einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizierung und Bewertung folgen sollte Wir empfehlen die Ent-wicklung eines verbindlichen Kostenkatalogs

10 Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationalen metho-dischen Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen insbe-sondere um einen fuumlr eine oumlkonomische Bewertung ausreichend langen Zeitraum abbilden zu koumlnnen Aussagen zur Durchfuumlhrung einer entscheidungsanalytischen Modellierung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur unzureichend es wird auf die ndash nicht vorliegenden ndash technischen Anhaumlnge verwiesen Offenbar be-absichtigt das IQWiG in einer Modellierung lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention darzustellen Dies ist theoretisch nicht begruumlndbar Die vom IQWiG ausgesprochene Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fragestellung gerechtfertigt Das IQWiG sollte fuumlr das Methodenpa-pier eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von entscheidungs-analytischen Modellen angewendet wird

11 Hinsichtlich der Notwendigkeit Kostenwerte aus der Vergangenheit zu inflationieren bleibt der IQWiG-Entwurf zu unpraumlzise Wir empfehlen zur Inflationierung die ge-samtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden In jedem Falle ist eine ein-

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heitliche Handhabung in den verschiedenen Kosten-Nutzen-Bewertungen anzuraten damit die Ergebnisse vergleichbar bleiben

12 Das Methodenpapier behandelt die Frage der Diskontierung nur mit Blick auf die Kos-ten Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen aber einhellig auch die kuumlnftigen Outcomes zu diskontieren und zwar mit der gleichen Rate wie die Kosten Wir empfehlen neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) Sensitivitaumltsana-lysen auf deutlich geringere Diskontierungsraten zu konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

13 Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Ana-lysen typischerweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Prob-lem der Unsicherheit demgegenuumlber lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten Anhaumlnge verwiesen Die Ergebnisse der intensiven internationalen Forschungen werden nicht reflektiert Ein angemessener Umgang mit Unsicherheit ist dann besonders anspruchsvoll wenn das IQWiG sein Vorhaben umsetzt Nutzen und Kosten in einem zweistufigen getrennten Verfahren zu ermitteln Hierzu muss sich die finale Fassung des Methodenpapiers angemessen aumluszligern

14 Kosten-Nutzen-Bewertungen durch das IQWiG werden haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen the-matisiert wurden Das IQWIG spricht die Thematik jedoch nur kursorisch an und ist in seinem Entwurf weit davon entfernt einen umsetzungstauglichen Ansatz zu praumlsen-tieren Es sind dringlich hinreichend detaillierte Empfehlungen zu formulieren wie mit den verschiedenen Aspekten dieser Problematik auf der Nutzen und Kostenseite umgegangen werden soll

15 Das IQWiG befasst sich vergleichsweise ausfuumlhrlich mit der bdquoBudget-Impact-Analyseldquo obwohl diese streng genommen nicht Bestandteil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr dieses Instrument methodische Vorgaben wichtig waumlren Die AG MEG empfiehlt Budget-Impact-Analysen mit angemessenem Zeithorizont und zusaumltzlich zu oumlkonomischen Evaluationsstudien durchzufuumlhren Aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht vorrangig fuumlr die gesetzlich geforderte Kosten-Nutzen-Bewertung ist aber die Evaluation bzw die daraus gewonnene Relation zwi-schen Kosten und Effekten

Insgesamt ist festzustellen dass der vorliegende Entwurf als Basis fuumlr die Durchfuumlhrung von Kosten-Nutzen-Bewertungen noch nicht geeignet ist

Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers ein Stellungnahmever-fahren vorzusehen Dies erscheint schon deswegen notwendig weil an zahlreichen zentra-len Stellen auf die so genannten technischen Anhaumlnge verwiesen wird die aber noch nicht veroumlffentlicht sind

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1 Einleitung

Mit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstaumlrkungsgesetzes ist sect 35b SGB V neu gefasst worden Die Vorschrift ermaumlchtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Institut fuumlr Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach sect 139b Abs 1 SGB V nicht nur wie bisher mit einer Nutzenbewertung sondern daruumlber hinaus auch mit einer Kos-ten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln zu beauftragen Solche Bewertungen koumlnnen fuumlr jedes erstmals verordnungsfaumlhige Arzneimittel mit patentgeschuumltzten Wirkstoffen sowie fuumlr andere Arzneimittel die von Bedeutung sind erstellt werden

Die vom Gesetz vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln steht in zwei ver-schiedenen Verwendungszusammenhaumlngen

(a) Kosten-Nutzen-Bewertungen bilden die Grundlage fuumlr die Festsetzung von Houmlchstbet-raumlgen fuumlr Arzneimittel zu der die Spitzenverbaumlnde der Krankenkassen (kuumlnftig der Spitzenverband Bund) nunmehr nach sect 31 Abs 2a SGB V im Falle nicht festbetragsfauml-higer Arzneimittel verpflichtet sind es sei denn deren Kosteneffektivitaumlt ist erwiesen oder es fehlt eine Therapiealternative In diesem Falle sind Adressaten der Kosten-Nutzen-Bewertung die Spitzenverbaumlnde Krankenkassen

(b) Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen daruumlber hinaus nach sect 35b Abs 2 SGB V dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung fuumlr die Arzneimittelrichtlinien nach sect 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V dienen In diesem Zusammenhang ist Adressat der Kosten-Nutzen-Bewertung also der G-BA

Das IQWiG bestimmt nach sect 35b Abs 1 SGB V die Methoden und Kriterien der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses von Arzneimitteln selbst ist dabei allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers an die bdquoin den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsoumlkonomieldquo gebunden Diese Vorschrift wird sinngemaumlszlig in sect 139a Abs 4 SGB V wieder aufgegriffen der das Institut ver-pflichtet bdquozu gewaumlhrleisten dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den inter-national anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die oumlkonomische Bewer-tung nach den hierfuumlr maszliggeblichen international anerkannten Standards insbesondere der Gesundheitsoumlkonomie erfolgtldquo

Das IQWiG hat die genannten Vorgaben des Gesetzgebers aufgegriffen und mit Unterstuumlt-zung eines internationalen Expertengremiums einen ersten Entwurf einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherungldquo (im Folgenden kurz bdquoMethodenpapierldquo genannt) entwickelt und diesen am 24 Januar 2008 der Oumlffentlichkeit zur Kenntnis gebracht Die AG MEG macht mit dem vorliegenden Papier von der Aufforderung des IQWiG zu dem Entwurf bis zum 31 Maumlrz 2008 Stellung zu beziehen Gebrauch Es werden zunaumlchst einige grundsaumltzliche As-pekte angesprochen und daran anschlieszligend einige einzelne Punkte des Entwurfs kommen-tiert

In der Praumlambel zum Entwurf des Methodenpapiers spricht das IQWiG einige einschraumlnken-de Vorgaben an die das Expertenpanel bei der Erstellung des Methodenvorschlags auf-tragsgemaumlszlig zu beruumlcksichtigen hatte Am staumlrksten gepraumlgt wird der Entwurf von der Vorga-be dass eine indikationsuumlbergreifende Nutzenbewertung nicht vonnoumlten sei da die deutsche gesetzliche Krankenversicherung keiner nationalen Budgetierung unterliege und die gesund-heitsoumlkonomische Bewertung demzufolge weder eine Festlegung von Prioritaumlten fuumlr die Mit-telverwendung uumlber das gesamte Gesundheitssystem hinweg beinhalte noch die damit ver-bundenen Trade-offs bezuumlglich des Ressourcenverbrauchs und der Effektivitaumlt beruumlcksichti-gen muumlsse (Methodenpapier S V f) Daher koumlnne auf eine indikationsuumlbergreifenden Mes-sung und Bewertung von Gesundheitseffekten verzichtet werden die bdquounweigerlich Wertur-teile uumlber den Stellenwert der Krankheiten untereinander sowie uumlber den relativen Nutzenldquo (Methodenpapier S VI) beinhalte und fuumlr die ohnehin noch keine allgemein akzeptierte Me-thode gefunden worden sei Diese Argumentation leidet unter zwei Trugschluumlssen Zum ei-

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 2: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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Executive Summary

Die AG Methoden der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft fuumlr Sozialmedizin und Praumlvention (DGSMP) hat den Entwurf des Methodenpa-pieres zu Kosten-Nutzen-Bewertungen des IQWiG umfassend analysiert Sie nimmt dazu ausfuumlhrlich Stellung Dabei kommt sie zu folgenden zentralen Schlussfolgerungen die im Hauptteil der Stellungnahme ausgefuumlhrt werden

1 Der Entwurf des Papiers des IQWiG zu Methoden fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnis-sen zwischen Kosten und Nutzen befasst sich in seinem uumlberwiegenden Teil nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Vielmehr geht er hauptsaumlchlich der Frage nach wie bei bereits bekannter () Kosten-Nutzen-Relation ein Erstattungshoumlchstbetrag fuumlr Arzneimittel festgesetzt werden kann ndash eine Aufgabe die eher dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen als dem IQWiG ob-liegt Demgegenuumlber werden zentrale methodische Fragen einer Kosten-Nutzen-Bewertung nicht oder zumindest nicht mit dem fuumlr die Durchfuumlhrung solcher Analysen durch das IQWiG notwendigen Tiefgang bearbeitet

2 Das Konzept der bdquoEffizienzgrenzeldquo kann eine Informationsgrundlage fuumlr die Entschei-dungstraumlger bei der Festsetzung der Erstattungshoumlchstbetraumlge sein Die dabei vor-geschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden vom IQWiG nicht begruumlndet Das IQWiG geht davon aus dass bei neuen Medikamenten kein schlechteres Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis als bei den bereits in der Indikation zugelas-senen Arzneimitteln akzeptiert werden sollte Dies waumlre eine sehr weit reichende Entscheidung die in einem breiten gesellschaftlichen Kontext transparent diskutiert werden muss

3 Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Un-ternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard ermittelt die Zahlungsbereit-schaft fuumlr medizinischen Fortschritt aus gutem Grund unabhaumlngig vom jeweils in ei-ner Indikation herrschenden Preisniveau

4 Das IQWiG leitet unzutreffend aus dem Gesetz ab dass es nur indikationsspezifische Vergleiche durchfuumlhren koumlnne Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird aber kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unterschiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er wird dabei faktisch auch jeweils die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten muumlssen Die AG MEG empfiehlt daher bei der Kosten-Nutzen-Bewertung immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig zu beruumlcksichtigen (zum Bei-spiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Das IQWiG will bei der Kosten-Nutzen-Bewertung die GKV-Perspektive einnehmen ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten Dies erscheint zu eng und nicht durch das Gesetz geboten GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte daher aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden Diese muss konsistent umgesetzt werden was im gegenwaumlrtigen Entwurf nicht der Fall ist

6 Das IQWiG beabsichtigt fuumlr Kosten und Nutzen unter Umstaumlnden unterschiedlich lange Zeitraumlume bei der Analyse zugrunde zu legen Eine nachvollziehbare Begruumln-dung fuumlr diesen die internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie ebenso wie

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elementare Postulate intellektueller Redlichkeit zentral verletzenden Ansatz fehlt Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kostenmes-sung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Der Zeithorizont ei-ner gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung ist im Uumlbrigen grundsaumltz-lich so zu waumlhlen dass alle relevanten Unterschiede zwischen den gesundheitlichen undoder wirtschaftlichen Auswirkungen der verglichenen Interventionen erfasst wer-den

7 Da das IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren beabsichtigt bei dem es nur dann zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung kommt wenn zuvor in einer Nutzenbewer-tung ein Zusatznutzen festgestellt wurde ist es zwingend dass alle Nutzenaspekte die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten bereits in die Nutzenbewertung eingeschlossen werden muumlssen Es ist unklar ob das IQWiG dies beabsichtigt

8 Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Das IQWiG steht offenbar dem international am haumlufigsten verwendeten kardinalen Nutzenindex dem Konzept qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) kritisch gegenuumlber und be-absichtigt stattdessen die Entwicklung eines eigenen Nutzenscores Dies wird jedoch nicht konkretisiert Ein ganz zentraler Punkt der Kosten-Nutzen-Bewertung wie naumlm-lich multiple Endpunkte aggregiert werden sollen wird damit im Methodenpapier nur sehr unzureichend bearbeitet Die AG MEG empfiehlt die praumlferenzbasierte Lebens-qualitaumltsmessung und die darauf basierenden Berechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) staumlrker zu beruumlcksichtigen Internationalen Empfehlungen fol-gend sollte bei Bewertung des Nutzens mindestens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexinstrument und ein indikationsspezifi-sches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

9 In dem vom IQWiG vorgelegten Entwurf des Methodenpapiers ist die Kostenbestim-mung nicht kongruent zur beabsichtigten Bewertungsperspektive Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten) In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen demgegenuumlber alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden Dies geht im IQWiG-Entwurf durcheinander und muss systematisch konsistent aufgearbeitet werden Die AG MEG empfiehlt zudem dass die Kostenbestimmung einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizierung und Bewertung folgen sollte Wir empfehlen die Ent-wicklung eines verbindlichen Kostenkatalogs

10 Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationalen metho-dischen Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen insbe-sondere um einen fuumlr eine oumlkonomische Bewertung ausreichend langen Zeitraum abbilden zu koumlnnen Aussagen zur Durchfuumlhrung einer entscheidungsanalytischen Modellierung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur unzureichend es wird auf die ndash nicht vorliegenden ndash technischen Anhaumlnge verwiesen Offenbar be-absichtigt das IQWiG in einer Modellierung lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention darzustellen Dies ist theoretisch nicht begruumlndbar Die vom IQWiG ausgesprochene Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fragestellung gerechtfertigt Das IQWiG sollte fuumlr das Methodenpa-pier eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von entscheidungs-analytischen Modellen angewendet wird

11 Hinsichtlich der Notwendigkeit Kostenwerte aus der Vergangenheit zu inflationieren bleibt der IQWiG-Entwurf zu unpraumlzise Wir empfehlen zur Inflationierung die ge-samtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden In jedem Falle ist eine ein-

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heitliche Handhabung in den verschiedenen Kosten-Nutzen-Bewertungen anzuraten damit die Ergebnisse vergleichbar bleiben

12 Das Methodenpapier behandelt die Frage der Diskontierung nur mit Blick auf die Kos-ten Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen aber einhellig auch die kuumlnftigen Outcomes zu diskontieren und zwar mit der gleichen Rate wie die Kosten Wir empfehlen neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) Sensitivitaumltsana-lysen auf deutlich geringere Diskontierungsraten zu konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

13 Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Ana-lysen typischerweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Prob-lem der Unsicherheit demgegenuumlber lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten Anhaumlnge verwiesen Die Ergebnisse der intensiven internationalen Forschungen werden nicht reflektiert Ein angemessener Umgang mit Unsicherheit ist dann besonders anspruchsvoll wenn das IQWiG sein Vorhaben umsetzt Nutzen und Kosten in einem zweistufigen getrennten Verfahren zu ermitteln Hierzu muss sich die finale Fassung des Methodenpapiers angemessen aumluszligern

14 Kosten-Nutzen-Bewertungen durch das IQWiG werden haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen the-matisiert wurden Das IQWIG spricht die Thematik jedoch nur kursorisch an und ist in seinem Entwurf weit davon entfernt einen umsetzungstauglichen Ansatz zu praumlsen-tieren Es sind dringlich hinreichend detaillierte Empfehlungen zu formulieren wie mit den verschiedenen Aspekten dieser Problematik auf der Nutzen und Kostenseite umgegangen werden soll

15 Das IQWiG befasst sich vergleichsweise ausfuumlhrlich mit der bdquoBudget-Impact-Analyseldquo obwohl diese streng genommen nicht Bestandteil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr dieses Instrument methodische Vorgaben wichtig waumlren Die AG MEG empfiehlt Budget-Impact-Analysen mit angemessenem Zeithorizont und zusaumltzlich zu oumlkonomischen Evaluationsstudien durchzufuumlhren Aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht vorrangig fuumlr die gesetzlich geforderte Kosten-Nutzen-Bewertung ist aber die Evaluation bzw die daraus gewonnene Relation zwi-schen Kosten und Effekten

Insgesamt ist festzustellen dass der vorliegende Entwurf als Basis fuumlr die Durchfuumlhrung von Kosten-Nutzen-Bewertungen noch nicht geeignet ist

Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers ein Stellungnahmever-fahren vorzusehen Dies erscheint schon deswegen notwendig weil an zahlreichen zentra-len Stellen auf die so genannten technischen Anhaumlnge verwiesen wird die aber noch nicht veroumlffentlicht sind

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1 Einleitung

Mit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstaumlrkungsgesetzes ist sect 35b SGB V neu gefasst worden Die Vorschrift ermaumlchtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Institut fuumlr Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach sect 139b Abs 1 SGB V nicht nur wie bisher mit einer Nutzenbewertung sondern daruumlber hinaus auch mit einer Kos-ten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln zu beauftragen Solche Bewertungen koumlnnen fuumlr jedes erstmals verordnungsfaumlhige Arzneimittel mit patentgeschuumltzten Wirkstoffen sowie fuumlr andere Arzneimittel die von Bedeutung sind erstellt werden

Die vom Gesetz vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln steht in zwei ver-schiedenen Verwendungszusammenhaumlngen

(a) Kosten-Nutzen-Bewertungen bilden die Grundlage fuumlr die Festsetzung von Houmlchstbet-raumlgen fuumlr Arzneimittel zu der die Spitzenverbaumlnde der Krankenkassen (kuumlnftig der Spitzenverband Bund) nunmehr nach sect 31 Abs 2a SGB V im Falle nicht festbetragsfauml-higer Arzneimittel verpflichtet sind es sei denn deren Kosteneffektivitaumlt ist erwiesen oder es fehlt eine Therapiealternative In diesem Falle sind Adressaten der Kosten-Nutzen-Bewertung die Spitzenverbaumlnde Krankenkassen

(b) Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen daruumlber hinaus nach sect 35b Abs 2 SGB V dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung fuumlr die Arzneimittelrichtlinien nach sect 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V dienen In diesem Zusammenhang ist Adressat der Kosten-Nutzen-Bewertung also der G-BA

Das IQWiG bestimmt nach sect 35b Abs 1 SGB V die Methoden und Kriterien der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses von Arzneimitteln selbst ist dabei allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers an die bdquoin den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsoumlkonomieldquo gebunden Diese Vorschrift wird sinngemaumlszlig in sect 139a Abs 4 SGB V wieder aufgegriffen der das Institut ver-pflichtet bdquozu gewaumlhrleisten dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den inter-national anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die oumlkonomische Bewer-tung nach den hierfuumlr maszliggeblichen international anerkannten Standards insbesondere der Gesundheitsoumlkonomie erfolgtldquo

Das IQWiG hat die genannten Vorgaben des Gesetzgebers aufgegriffen und mit Unterstuumlt-zung eines internationalen Expertengremiums einen ersten Entwurf einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherungldquo (im Folgenden kurz bdquoMethodenpapierldquo genannt) entwickelt und diesen am 24 Januar 2008 der Oumlffentlichkeit zur Kenntnis gebracht Die AG MEG macht mit dem vorliegenden Papier von der Aufforderung des IQWiG zu dem Entwurf bis zum 31 Maumlrz 2008 Stellung zu beziehen Gebrauch Es werden zunaumlchst einige grundsaumltzliche As-pekte angesprochen und daran anschlieszligend einige einzelne Punkte des Entwurfs kommen-tiert

In der Praumlambel zum Entwurf des Methodenpapiers spricht das IQWiG einige einschraumlnken-de Vorgaben an die das Expertenpanel bei der Erstellung des Methodenvorschlags auf-tragsgemaumlszlig zu beruumlcksichtigen hatte Am staumlrksten gepraumlgt wird der Entwurf von der Vorga-be dass eine indikationsuumlbergreifende Nutzenbewertung nicht vonnoumlten sei da die deutsche gesetzliche Krankenversicherung keiner nationalen Budgetierung unterliege und die gesund-heitsoumlkonomische Bewertung demzufolge weder eine Festlegung von Prioritaumlten fuumlr die Mit-telverwendung uumlber das gesamte Gesundheitssystem hinweg beinhalte noch die damit ver-bundenen Trade-offs bezuumlglich des Ressourcenverbrauchs und der Effektivitaumlt beruumlcksichti-gen muumlsse (Methodenpapier S V f) Daher koumlnne auf eine indikationsuumlbergreifenden Mes-sung und Bewertung von Gesundheitseffekten verzichtet werden die bdquounweigerlich Wertur-teile uumlber den Stellenwert der Krankheiten untereinander sowie uumlber den relativen Nutzenldquo (Methodenpapier S VI) beinhalte und fuumlr die ohnehin noch keine allgemein akzeptierte Me-thode gefunden worden sei Diese Argumentation leidet unter zwei Trugschluumlssen Zum ei-

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 3: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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elementare Postulate intellektueller Redlichkeit zentral verletzenden Ansatz fehlt Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kostenmes-sung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Der Zeithorizont ei-ner gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung ist im Uumlbrigen grundsaumltz-lich so zu waumlhlen dass alle relevanten Unterschiede zwischen den gesundheitlichen undoder wirtschaftlichen Auswirkungen der verglichenen Interventionen erfasst wer-den

7 Da das IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren beabsichtigt bei dem es nur dann zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung kommt wenn zuvor in einer Nutzenbewer-tung ein Zusatznutzen festgestellt wurde ist es zwingend dass alle Nutzenaspekte die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten bereits in die Nutzenbewertung eingeschlossen werden muumlssen Es ist unklar ob das IQWiG dies beabsichtigt

8 Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Das IQWiG steht offenbar dem international am haumlufigsten verwendeten kardinalen Nutzenindex dem Konzept qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) kritisch gegenuumlber und be-absichtigt stattdessen die Entwicklung eines eigenen Nutzenscores Dies wird jedoch nicht konkretisiert Ein ganz zentraler Punkt der Kosten-Nutzen-Bewertung wie naumlm-lich multiple Endpunkte aggregiert werden sollen wird damit im Methodenpapier nur sehr unzureichend bearbeitet Die AG MEG empfiehlt die praumlferenzbasierte Lebens-qualitaumltsmessung und die darauf basierenden Berechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) staumlrker zu beruumlcksichtigen Internationalen Empfehlungen fol-gend sollte bei Bewertung des Nutzens mindestens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexinstrument und ein indikationsspezifi-sches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

9 In dem vom IQWiG vorgelegten Entwurf des Methodenpapiers ist die Kostenbestim-mung nicht kongruent zur beabsichtigten Bewertungsperspektive Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten) In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen demgegenuumlber alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden Dies geht im IQWiG-Entwurf durcheinander und muss systematisch konsistent aufgearbeitet werden Die AG MEG empfiehlt zudem dass die Kostenbestimmung einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizierung und Bewertung folgen sollte Wir empfehlen die Ent-wicklung eines verbindlichen Kostenkatalogs

10 Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationalen metho-dischen Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen insbe-sondere um einen fuumlr eine oumlkonomische Bewertung ausreichend langen Zeitraum abbilden zu koumlnnen Aussagen zur Durchfuumlhrung einer entscheidungsanalytischen Modellierung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur unzureichend es wird auf die ndash nicht vorliegenden ndash technischen Anhaumlnge verwiesen Offenbar be-absichtigt das IQWiG in einer Modellierung lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention darzustellen Dies ist theoretisch nicht begruumlndbar Die vom IQWiG ausgesprochene Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fragestellung gerechtfertigt Das IQWiG sollte fuumlr das Methodenpa-pier eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von entscheidungs-analytischen Modellen angewendet wird

11 Hinsichtlich der Notwendigkeit Kostenwerte aus der Vergangenheit zu inflationieren bleibt der IQWiG-Entwurf zu unpraumlzise Wir empfehlen zur Inflationierung die ge-samtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden In jedem Falle ist eine ein-

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heitliche Handhabung in den verschiedenen Kosten-Nutzen-Bewertungen anzuraten damit die Ergebnisse vergleichbar bleiben

12 Das Methodenpapier behandelt die Frage der Diskontierung nur mit Blick auf die Kos-ten Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen aber einhellig auch die kuumlnftigen Outcomes zu diskontieren und zwar mit der gleichen Rate wie die Kosten Wir empfehlen neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) Sensitivitaumltsana-lysen auf deutlich geringere Diskontierungsraten zu konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

13 Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Ana-lysen typischerweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Prob-lem der Unsicherheit demgegenuumlber lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten Anhaumlnge verwiesen Die Ergebnisse der intensiven internationalen Forschungen werden nicht reflektiert Ein angemessener Umgang mit Unsicherheit ist dann besonders anspruchsvoll wenn das IQWiG sein Vorhaben umsetzt Nutzen und Kosten in einem zweistufigen getrennten Verfahren zu ermitteln Hierzu muss sich die finale Fassung des Methodenpapiers angemessen aumluszligern

14 Kosten-Nutzen-Bewertungen durch das IQWiG werden haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen the-matisiert wurden Das IQWIG spricht die Thematik jedoch nur kursorisch an und ist in seinem Entwurf weit davon entfernt einen umsetzungstauglichen Ansatz zu praumlsen-tieren Es sind dringlich hinreichend detaillierte Empfehlungen zu formulieren wie mit den verschiedenen Aspekten dieser Problematik auf der Nutzen und Kostenseite umgegangen werden soll

15 Das IQWiG befasst sich vergleichsweise ausfuumlhrlich mit der bdquoBudget-Impact-Analyseldquo obwohl diese streng genommen nicht Bestandteil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr dieses Instrument methodische Vorgaben wichtig waumlren Die AG MEG empfiehlt Budget-Impact-Analysen mit angemessenem Zeithorizont und zusaumltzlich zu oumlkonomischen Evaluationsstudien durchzufuumlhren Aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht vorrangig fuumlr die gesetzlich geforderte Kosten-Nutzen-Bewertung ist aber die Evaluation bzw die daraus gewonnene Relation zwi-schen Kosten und Effekten

Insgesamt ist festzustellen dass der vorliegende Entwurf als Basis fuumlr die Durchfuumlhrung von Kosten-Nutzen-Bewertungen noch nicht geeignet ist

Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers ein Stellungnahmever-fahren vorzusehen Dies erscheint schon deswegen notwendig weil an zahlreichen zentra-len Stellen auf die so genannten technischen Anhaumlnge verwiesen wird die aber noch nicht veroumlffentlicht sind

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1 Einleitung

Mit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstaumlrkungsgesetzes ist sect 35b SGB V neu gefasst worden Die Vorschrift ermaumlchtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Institut fuumlr Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach sect 139b Abs 1 SGB V nicht nur wie bisher mit einer Nutzenbewertung sondern daruumlber hinaus auch mit einer Kos-ten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln zu beauftragen Solche Bewertungen koumlnnen fuumlr jedes erstmals verordnungsfaumlhige Arzneimittel mit patentgeschuumltzten Wirkstoffen sowie fuumlr andere Arzneimittel die von Bedeutung sind erstellt werden

Die vom Gesetz vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln steht in zwei ver-schiedenen Verwendungszusammenhaumlngen

(a) Kosten-Nutzen-Bewertungen bilden die Grundlage fuumlr die Festsetzung von Houmlchstbet-raumlgen fuumlr Arzneimittel zu der die Spitzenverbaumlnde der Krankenkassen (kuumlnftig der Spitzenverband Bund) nunmehr nach sect 31 Abs 2a SGB V im Falle nicht festbetragsfauml-higer Arzneimittel verpflichtet sind es sei denn deren Kosteneffektivitaumlt ist erwiesen oder es fehlt eine Therapiealternative In diesem Falle sind Adressaten der Kosten-Nutzen-Bewertung die Spitzenverbaumlnde Krankenkassen

(b) Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen daruumlber hinaus nach sect 35b Abs 2 SGB V dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung fuumlr die Arzneimittelrichtlinien nach sect 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V dienen In diesem Zusammenhang ist Adressat der Kosten-Nutzen-Bewertung also der G-BA

Das IQWiG bestimmt nach sect 35b Abs 1 SGB V die Methoden und Kriterien der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses von Arzneimitteln selbst ist dabei allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers an die bdquoin den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsoumlkonomieldquo gebunden Diese Vorschrift wird sinngemaumlszlig in sect 139a Abs 4 SGB V wieder aufgegriffen der das Institut ver-pflichtet bdquozu gewaumlhrleisten dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den inter-national anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die oumlkonomische Bewer-tung nach den hierfuumlr maszliggeblichen international anerkannten Standards insbesondere der Gesundheitsoumlkonomie erfolgtldquo

Das IQWiG hat die genannten Vorgaben des Gesetzgebers aufgegriffen und mit Unterstuumlt-zung eines internationalen Expertengremiums einen ersten Entwurf einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherungldquo (im Folgenden kurz bdquoMethodenpapierldquo genannt) entwickelt und diesen am 24 Januar 2008 der Oumlffentlichkeit zur Kenntnis gebracht Die AG MEG macht mit dem vorliegenden Papier von der Aufforderung des IQWiG zu dem Entwurf bis zum 31 Maumlrz 2008 Stellung zu beziehen Gebrauch Es werden zunaumlchst einige grundsaumltzliche As-pekte angesprochen und daran anschlieszligend einige einzelne Punkte des Entwurfs kommen-tiert

In der Praumlambel zum Entwurf des Methodenpapiers spricht das IQWiG einige einschraumlnken-de Vorgaben an die das Expertenpanel bei der Erstellung des Methodenvorschlags auf-tragsgemaumlszlig zu beruumlcksichtigen hatte Am staumlrksten gepraumlgt wird der Entwurf von der Vorga-be dass eine indikationsuumlbergreifende Nutzenbewertung nicht vonnoumlten sei da die deutsche gesetzliche Krankenversicherung keiner nationalen Budgetierung unterliege und die gesund-heitsoumlkonomische Bewertung demzufolge weder eine Festlegung von Prioritaumlten fuumlr die Mit-telverwendung uumlber das gesamte Gesundheitssystem hinweg beinhalte noch die damit ver-bundenen Trade-offs bezuumlglich des Ressourcenverbrauchs und der Effektivitaumlt beruumlcksichti-gen muumlsse (Methodenpapier S V f) Daher koumlnne auf eine indikationsuumlbergreifenden Mes-sung und Bewertung von Gesundheitseffekten verzichtet werden die bdquounweigerlich Wertur-teile uumlber den Stellenwert der Krankheiten untereinander sowie uumlber den relativen Nutzenldquo (Methodenpapier S VI) beinhalte und fuumlr die ohnehin noch keine allgemein akzeptierte Me-thode gefunden worden sei Diese Argumentation leidet unter zwei Trugschluumlssen Zum ei-

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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heitliche Handhabung in den verschiedenen Kosten-Nutzen-Bewertungen anzuraten damit die Ergebnisse vergleichbar bleiben

12 Das Methodenpapier behandelt die Frage der Diskontierung nur mit Blick auf die Kos-ten Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen aber einhellig auch die kuumlnftigen Outcomes zu diskontieren und zwar mit der gleichen Rate wie die Kosten Wir empfehlen neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) Sensitivitaumltsana-lysen auf deutlich geringere Diskontierungsraten zu konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

13 Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Ana-lysen typischerweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Prob-lem der Unsicherheit demgegenuumlber lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten Anhaumlnge verwiesen Die Ergebnisse der intensiven internationalen Forschungen werden nicht reflektiert Ein angemessener Umgang mit Unsicherheit ist dann besonders anspruchsvoll wenn das IQWiG sein Vorhaben umsetzt Nutzen und Kosten in einem zweistufigen getrennten Verfahren zu ermitteln Hierzu muss sich die finale Fassung des Methodenpapiers angemessen aumluszligern

14 Kosten-Nutzen-Bewertungen durch das IQWiG werden haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen the-matisiert wurden Das IQWIG spricht die Thematik jedoch nur kursorisch an und ist in seinem Entwurf weit davon entfernt einen umsetzungstauglichen Ansatz zu praumlsen-tieren Es sind dringlich hinreichend detaillierte Empfehlungen zu formulieren wie mit den verschiedenen Aspekten dieser Problematik auf der Nutzen und Kostenseite umgegangen werden soll

15 Das IQWiG befasst sich vergleichsweise ausfuumlhrlich mit der bdquoBudget-Impact-Analyseldquo obwohl diese streng genommen nicht Bestandteil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr dieses Instrument methodische Vorgaben wichtig waumlren Die AG MEG empfiehlt Budget-Impact-Analysen mit angemessenem Zeithorizont und zusaumltzlich zu oumlkonomischen Evaluationsstudien durchzufuumlhren Aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht vorrangig fuumlr die gesetzlich geforderte Kosten-Nutzen-Bewertung ist aber die Evaluation bzw die daraus gewonnene Relation zwi-schen Kosten und Effekten

Insgesamt ist festzustellen dass der vorliegende Entwurf als Basis fuumlr die Durchfuumlhrung von Kosten-Nutzen-Bewertungen noch nicht geeignet ist

Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers ein Stellungnahmever-fahren vorzusehen Dies erscheint schon deswegen notwendig weil an zahlreichen zentra-len Stellen auf die so genannten technischen Anhaumlnge verwiesen wird die aber noch nicht veroumlffentlicht sind

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1 Einleitung

Mit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstaumlrkungsgesetzes ist sect 35b SGB V neu gefasst worden Die Vorschrift ermaumlchtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Institut fuumlr Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach sect 139b Abs 1 SGB V nicht nur wie bisher mit einer Nutzenbewertung sondern daruumlber hinaus auch mit einer Kos-ten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln zu beauftragen Solche Bewertungen koumlnnen fuumlr jedes erstmals verordnungsfaumlhige Arzneimittel mit patentgeschuumltzten Wirkstoffen sowie fuumlr andere Arzneimittel die von Bedeutung sind erstellt werden

Die vom Gesetz vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln steht in zwei ver-schiedenen Verwendungszusammenhaumlngen

(a) Kosten-Nutzen-Bewertungen bilden die Grundlage fuumlr die Festsetzung von Houmlchstbet-raumlgen fuumlr Arzneimittel zu der die Spitzenverbaumlnde der Krankenkassen (kuumlnftig der Spitzenverband Bund) nunmehr nach sect 31 Abs 2a SGB V im Falle nicht festbetragsfauml-higer Arzneimittel verpflichtet sind es sei denn deren Kosteneffektivitaumlt ist erwiesen oder es fehlt eine Therapiealternative In diesem Falle sind Adressaten der Kosten-Nutzen-Bewertung die Spitzenverbaumlnde Krankenkassen

(b) Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen daruumlber hinaus nach sect 35b Abs 2 SGB V dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung fuumlr die Arzneimittelrichtlinien nach sect 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V dienen In diesem Zusammenhang ist Adressat der Kosten-Nutzen-Bewertung also der G-BA

Das IQWiG bestimmt nach sect 35b Abs 1 SGB V die Methoden und Kriterien der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses von Arzneimitteln selbst ist dabei allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers an die bdquoin den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsoumlkonomieldquo gebunden Diese Vorschrift wird sinngemaumlszlig in sect 139a Abs 4 SGB V wieder aufgegriffen der das Institut ver-pflichtet bdquozu gewaumlhrleisten dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den inter-national anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die oumlkonomische Bewer-tung nach den hierfuumlr maszliggeblichen international anerkannten Standards insbesondere der Gesundheitsoumlkonomie erfolgtldquo

Das IQWiG hat die genannten Vorgaben des Gesetzgebers aufgegriffen und mit Unterstuumlt-zung eines internationalen Expertengremiums einen ersten Entwurf einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherungldquo (im Folgenden kurz bdquoMethodenpapierldquo genannt) entwickelt und diesen am 24 Januar 2008 der Oumlffentlichkeit zur Kenntnis gebracht Die AG MEG macht mit dem vorliegenden Papier von der Aufforderung des IQWiG zu dem Entwurf bis zum 31 Maumlrz 2008 Stellung zu beziehen Gebrauch Es werden zunaumlchst einige grundsaumltzliche As-pekte angesprochen und daran anschlieszligend einige einzelne Punkte des Entwurfs kommen-tiert

In der Praumlambel zum Entwurf des Methodenpapiers spricht das IQWiG einige einschraumlnken-de Vorgaben an die das Expertenpanel bei der Erstellung des Methodenvorschlags auf-tragsgemaumlszlig zu beruumlcksichtigen hatte Am staumlrksten gepraumlgt wird der Entwurf von der Vorga-be dass eine indikationsuumlbergreifende Nutzenbewertung nicht vonnoumlten sei da die deutsche gesetzliche Krankenversicherung keiner nationalen Budgetierung unterliege und die gesund-heitsoumlkonomische Bewertung demzufolge weder eine Festlegung von Prioritaumlten fuumlr die Mit-telverwendung uumlber das gesamte Gesundheitssystem hinweg beinhalte noch die damit ver-bundenen Trade-offs bezuumlglich des Ressourcenverbrauchs und der Effektivitaumlt beruumlcksichti-gen muumlsse (Methodenpapier S V f) Daher koumlnne auf eine indikationsuumlbergreifenden Mes-sung und Bewertung von Gesundheitseffekten verzichtet werden die bdquounweigerlich Wertur-teile uumlber den Stellenwert der Krankheiten untereinander sowie uumlber den relativen Nutzenldquo (Methodenpapier S VI) beinhalte und fuumlr die ohnehin noch keine allgemein akzeptierte Me-thode gefunden worden sei Diese Argumentation leidet unter zwei Trugschluumlssen Zum ei-

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 5: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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1 Einleitung

Mit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstaumlrkungsgesetzes ist sect 35b SGB V neu gefasst worden Die Vorschrift ermaumlchtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Institut fuumlr Qualitaumlt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach sect 139b Abs 1 SGB V nicht nur wie bisher mit einer Nutzenbewertung sondern daruumlber hinaus auch mit einer Kos-ten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln zu beauftragen Solche Bewertungen koumlnnen fuumlr jedes erstmals verordnungsfaumlhige Arzneimittel mit patentgeschuumltzten Wirkstoffen sowie fuumlr andere Arzneimittel die von Bedeutung sind erstellt werden

Die vom Gesetz vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln steht in zwei ver-schiedenen Verwendungszusammenhaumlngen

(a) Kosten-Nutzen-Bewertungen bilden die Grundlage fuumlr die Festsetzung von Houmlchstbet-raumlgen fuumlr Arzneimittel zu der die Spitzenverbaumlnde der Krankenkassen (kuumlnftig der Spitzenverband Bund) nunmehr nach sect 31 Abs 2a SGB V im Falle nicht festbetragsfauml-higer Arzneimittel verpflichtet sind es sei denn deren Kosteneffektivitaumlt ist erwiesen oder es fehlt eine Therapiealternative In diesem Falle sind Adressaten der Kosten-Nutzen-Bewertung die Spitzenverbaumlnde Krankenkassen

(b) Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen daruumlber hinaus nach sect 35b Abs 2 SGB V dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung fuumlr die Arzneimittelrichtlinien nach sect 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V dienen In diesem Zusammenhang ist Adressat der Kosten-Nutzen-Bewertung also der G-BA

Das IQWiG bestimmt nach sect 35b Abs 1 SGB V die Methoden und Kriterien der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses von Arzneimitteln selbst ist dabei allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers an die bdquoin den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsoumlkonomieldquo gebunden Diese Vorschrift wird sinngemaumlszlig in sect 139a Abs 4 SGB V wieder aufgegriffen der das Institut ver-pflichtet bdquozu gewaumlhrleisten dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den inter-national anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die oumlkonomische Bewer-tung nach den hierfuumlr maszliggeblichen international anerkannten Standards insbesondere der Gesundheitsoumlkonomie erfolgtldquo

Das IQWiG hat die genannten Vorgaben des Gesetzgebers aufgegriffen und mit Unterstuumlt-zung eines internationalen Expertengremiums einen ersten Entwurf einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kosten im System der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherungldquo (im Folgenden kurz bdquoMethodenpapierldquo genannt) entwickelt und diesen am 24 Januar 2008 der Oumlffentlichkeit zur Kenntnis gebracht Die AG MEG macht mit dem vorliegenden Papier von der Aufforderung des IQWiG zu dem Entwurf bis zum 31 Maumlrz 2008 Stellung zu beziehen Gebrauch Es werden zunaumlchst einige grundsaumltzliche As-pekte angesprochen und daran anschlieszligend einige einzelne Punkte des Entwurfs kommen-tiert

In der Praumlambel zum Entwurf des Methodenpapiers spricht das IQWiG einige einschraumlnken-de Vorgaben an die das Expertenpanel bei der Erstellung des Methodenvorschlags auf-tragsgemaumlszlig zu beruumlcksichtigen hatte Am staumlrksten gepraumlgt wird der Entwurf von der Vorga-be dass eine indikationsuumlbergreifende Nutzenbewertung nicht vonnoumlten sei da die deutsche gesetzliche Krankenversicherung keiner nationalen Budgetierung unterliege und die gesund-heitsoumlkonomische Bewertung demzufolge weder eine Festlegung von Prioritaumlten fuumlr die Mit-telverwendung uumlber das gesamte Gesundheitssystem hinweg beinhalte noch die damit ver-bundenen Trade-offs bezuumlglich des Ressourcenverbrauchs und der Effektivitaumlt beruumlcksichti-gen muumlsse (Methodenpapier S V f) Daher koumlnne auf eine indikationsuumlbergreifenden Mes-sung und Bewertung von Gesundheitseffekten verzichtet werden die bdquounweigerlich Wertur-teile uumlber den Stellenwert der Krankheiten untereinander sowie uumlber den relativen Nutzenldquo (Methodenpapier S VI) beinhalte und fuumlr die ohnehin noch keine allgemein akzeptierte Me-thode gefunden worden sei Diese Argumentation leidet unter zwei Trugschluumlssen Zum ei-

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 6: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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nen beinhaltet auch der Einsatz indikationsspezifischer Messinstrumente Werturteile uumlber den relativen Nutzen des Einsatzes knapper Ressourcen bei der Behandlung unterschiedli-cher Krankheiten wenn auch in impliziter und schwer durchschaubarer Form Zum anderen aumlndert auch die wenngleich nicht rechtlich so doch empirisch fragwuumlrdige Annahme dass die GKV keiner nationalen Budgetierung ihrer Ausgaben unterliege nichts daran dass auch eine Erhoumlhung der Gesundheitsausgaben unvermeidlich mit Opportunitaumltskosten verbunden ist die ndash so der Sinn der Festsetzung von Houmlchstbetraumlgen ndash nicht in beliebiger Houmlhe in Kauf genommen werden sollen Auch wenn nicht in Abrede gestellt werden kann dass die gesetz-lichen Rahmenbedingungen eine indikationsuumlbergreifende Nutzenmessung und -bewertung nicht erforderlich machen ist eine solche indikationsuumlbergreifende Bewertung keineswegs gesetzlich ausgeschlossen Es ist daher mehr als bedauerlich dass auf das Transparenz erzeugende und Entscheidungskonsistenz foumlrdernde QALY-Konzept ndash ein wissenschaftlich fundiertes validiertes und international verbreitetes Nutzwertkonzept ndash ungepruumlft verzichtet und stattdessen fuumlr den Einsatz bisher unbekannter moumlglicherweise erst noch zu entwi-ckelnder indikationsspezifischer Scoring-Systeme zur integrierten Bewertung multipler End-punkte plaumldiert wird

Die zweite folgenreiche Vorgabe besteht darin dass das IQWiG offenbar nach wie vor an der Position festhaumllt dass ein zweistufiges Verfahren der vorausgehenden Nutzenbewertung und der sich daran anschlieszligenden Kosten-Nutzen-Bewertung impliziere dass das in der ersten Stufe ermittelte Resultat der Nutzenbewertung unveraumlndert in die Kosten-Nutzen-Bewertung zu uumlbernehmen sei Damit wird weiterhin ndash jedenfalls so lange keine entspre-chenden pragmatischen Studien im erforderlichen Umfang durchgefuumlhrt werden ndash die aus gesundheitsoumlkonomischer Sicht notwendige Annaumlherung an das Versorgungsgeschehen unter Alltagsbedingungen auch im Bereich der Nutzenmessung auszligerordentlich erschwert Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie dass diese Position das IQWiG letztlich dazu veran-lasst einen wohlbegruumlndeten Methodenstandard gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen dessen Existenz selbst das IQWiG nicht leugnen koumlnnen wird in Frage zu stellen naumlmlich die Zugrundelegung gleich langer Untersuchungszeitraumlume auf der Kosten- und der Effekt-seite

Betrachtet man den vorliegenden Entwurf des Methodenpapiers als Versuch des IQWiG darzulegen wie dem Auftrag des Gesetzgebers Rechnung getragen werden soll Methoden und Kriterien der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln so zu waumlhlen dass sie den in Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechen so muss das Ergebnis dieser Bemuumlhungen schon deshalb uumlberraschen weil sich der Ent-wurf in seinem groumlszligeren Teil uumlberhaupt nicht mit Methodenfragen der Bestimmung des Kos-ten-Nutzen-Verhaumlltnisses befasst Der Entwurf geht stattdessen uumlberwiegend der Frage nach wie ermittelte Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisse genutzt werden koumlnnen um Entscheidun-gen daruumlber herbeizufuumlhren ob ein neues Arzneimittel zum geltenden Preis als kosteneffek-tiv zu betrachten sei und ndash fuumlr den Fall dass diese Frage verneint wird ndash wie die Entschei-dungsfindung beim Setzen eines Houmlchstbetrags durch die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung unterstuumltzt werden kann Diese nicht auf Analyse- sondern auf Entscheidungs-probleme zielenden Eroumlrterungen die rund zwei Drittel des gesamten Textes ausmachen waumlren besser in einem eigenen von der Diskussion von Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung getrennten Papier aufgehoben gewesen Auf diese Weise waumlre auch eine klare Trennlinie zwischen den analytischen Aufgaben die das IQWiG als wissenschaftliches Institut zu bearbeiten hat und den unvermeidlich werturteilsbasierten Entscheidungen der involvierten Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung gezogen worden

Die ungluumlckliche Verquickung von Analyse- und Entscheidungsproblemen setzt sich in den Ausfuumlhrungen zur Budget-Impact-Analyse fort Grundsaumltzlich ist den Autoren zwar zuzus-timmen dass eine Budget-Impact-Analyse eine fuumlr die Entscheidungstraumlger nuumltzliche Ergaumln-zung zur Kosten-Nutzen-Bewertung sein und die Informationsgrundlagen fuumlr Entscheidungen im Gesundheitswesen verbessern kann Dies aumlndert gleichwohl nichts an der Tatsache dass

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 7: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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eine Budget-Impact-Analyse nicht Teil einer Kosten-Nutzen-Bewertung ist und Ausfuumlhrungen zu dieser Analysetechnik im Rahmen einer bdquoMethodik fuumlr die Bewertung von Verhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo deplatziert sind Um so gravierender faumlllt auf dass auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Entscheidungskontext und der Budget-Impact-Analyse nicht explizit reflektiert wird wenn man von der in ihrem Sinn unklaren da nicht wei-ter ausgefuumlhrten Bemerkung absieht dass bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgung (gestaltet)ldquo (Methodenpapier S 55) sofern diese Technologien mit zusaumltzlichen Kosten verbunden sind Es bleibt letztlich voumlllig unklar ob und wie die Ergebnisse einer Budget-Impact-Analyse systematisch in die Entscheidungsfindung uumlber die Kosteneffektivitaumlt undoder den Houmlchstbetrag eines Arzneimittels Eingang finden sollen

Angesichts der kaum zwei Dutzend von insgesamt rund 70 Seiten die der Entwurf Metho-denfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung widmet verwundert es wenig dass essentielle Themen nicht oder nur voumlllig unzureichend behandelt werden Hierzu zaumlhlen zB die Frage welche Formen der oumlkonomischen Evaluation im Rahmen eines gesundheitsoumlkonomischen Health Technology Assessment beruumlcksichtigt werden koumlnnen ebenso wie die Frage wel-che Studientypen und Datenquellen insbesondere im Kontext mit Modellierungsansaumltzen verwendbar erscheinen Dringliche Methodenfragen einer angemessenen Systematisierung und Vereinheitlichung der Kostenmessung werden ebenso wenig behandelt wie der metho-disch adaumlquate Umgang mit dem Problem der Unsicherheit Die fuumlr die Nutzenmessung zentrale Frage der Aggregation multidimensionaler Nutzeffekte zu einer skalaren Zielgroumlszlige wird mit dem Verweis auf die der Kosten-Nutzen-Bewertung vorausgehende Nutzenbewer-tung und die hierbei vom IQWiG eingesetzte Methodik ausgeklammert ein Vorgehen das sich nach Lektuumlre der einschlaumlgigen Ausfuumlhrungen zu diesem Thema im IQWiG-Methodenpapier 20 und im Entwurf zum Methodenpapier 30 als bloszlige Finte erweist In bei-den Texten erschoumlpft sich die Behandlung des Aggregationsproblems multipler Endpunkte in der Aussage dass diese bdquosoweit moumlglich hellip in einem bewertenden Fazit hellip zusammenge-fasst (werden)ldquo (IQWiG Methoden Version 20 S 44 IQWiG Allgemeine Methoden Ent-wurf Version 30 S 38) Besonders aumlrgerlich sind schlieszliglich Luumlcken in der Methodendis-kussion dort wo die pauschale Feststellung des IQWiG es gebe keine in Fachkreisen aner-kannten internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie punktuell durchaus nicht un-zutreffend ist da gerade in diesen Faumlllen klare methodologische Festlegungen ndash zumindest im Sinne eines bdquoreference caseldquo ndash wuumlnschenswert waumlren dies gilt beispielsweise fuumlr die Fra-ge der Einbeziehung der waumlhrend gewonnener Lebenszeit anfallenden Behandlungskosten fuumlr unverbundene Krankheiten oder die Frage ob und wie Gesundheitseffekte zu diskontie-ren sind

Es bleibt zu hoffen dass die eine oder andere Auslassung oder oberflaumlchliche Diskussion relevanter Methodenfragen der Kosten-Nutzen-Bewertung mit der Vorlage der noch ausste-henden technischen Anhaumlnge zum Methodenpapier korrigiert wird Moumlglicherweise erweisen sich diese Anhaumlnge auch als wertvolle Hilfe fuumlr ein praumlziseres Verstaumlndnis zahlreicher Text-stellen des Papiers die wegen sprachlich sehr im Ungefaumlhren verbleibender Formulierungen keine eindeutige inhaltliche Interpretation zulassen und fuumlr die infolge aumluszligerst sparsamer Literaturhinweise haumlufig nicht moumlgliche Identifikation der wissenschaftlichen Grundlagen fuumlr die vom IQWiG eingenommenen Positionen Umso wichtiger waumlre es gewesen die techni-schen Anhaumlnge rechtzeitig vor dem Ende der fuumlr Stellungnahmen zum Methodenpapier ge-setzten Frist zu veroumlffentlichen Hiermit waumlren die Voraussetzungen fuumlr eine fundierte kriti-sche Analyse des Methodenpapiers deutlich verbessert worden Die Terminierung des Stel-lungnahmeverfahrens und der Veroumlffentlichung der technischen Anhaumlnge lassen vermuten dass dies bei der Organisation der fachlichen Debatte uumlber das Methodenpapier nicht unbe-dingt das handlungsleitende Interesse des IQWiQ gewesen ist Es ist dringend anzuraten auch fuumlr die naumlchste Fassung des Papiers (inklusive der technischen Anhaumlnge) ein Stellung-nahmeverfahren vorzusehen

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 8: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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2 Assessment versus Appraisal

Bei der Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses gesundheitsbezogener Guumlter und Leis-tungen sind zwei Schritte analytisch zu unterscheiden Zunaumlchst ist die Beweislage zu erhe-ben und zusammenzutragen Dieser Schritt wird als Assessment bezeichnet In einem lo-gisch nachgeordneten Schritt sind die so zusammengetragenen Fakten zu bewerten Dies ist das Appraisal Waumlhrend fuumlr das Assessment methodische und methodologische Regeln festgelegt werden muumlssen sind fuumlr das Appraisal die normativen Grundlagen der Bewertung offen zu legen Schlieszliglich ist zu klaumlren wer fuumlr Assessment und Appraisal zustaumlndig ist

Der Titel des Methodenpapiers des IQWiG legt nahe dass sich das Papier mit Fragen des Assessments beschaumlftigt Tatsaumlchlich werden Fragen des Assessments aber nur in Kapitel 3 und partiell in Kapitel 2 dh auf 24 Seiten des insgesamt 70seitigen Papiers behandelt Das zentrale Kapitel 2 beschaumlftigt sich uumlberwiegend mit der Frage wie bei bekannten () Kosten und Nutzen einer neuen Therapie unter Beruumlcksichtigung bekannter () Kosten-Nutzen-Relationen alternativer Therapien auf einen angemessenen Houmlchstpreis geschlossen wer-den kann also mit einer Frage die dem Appraisal zugeordnet werden kann Diese Schwer-punktsetzung fuumlhrt dazu dass zentrale Fragen des Assessments wie zB die Frage nach der einzuschlagenden Perspektive dem Zeithorizont oder der Diskontierung nicht angemessen behandelt werden Die entsprechenden Defizite werden in den folgenden Abschnitten im Einzelnen dargelegt

Gleichzeitig bleibt der Status des fuumlr das Appraisal gewaumlhlten Ansatzes der Effizienzgrenze ambivalent Fuumlr ein wissenschaftliches Institut dessen Kernkompetenz das Assessment sein muss sind die aus der Effizienzgrenze abgeleiteten normativen Implikationen schon zu weit-reichend da sie den Spielraum des Entscheidungstraumlgers durch implizite eigene Werturteile die sich am Status quo in der jeweiligen Indikation orientieren einzuschraumlnken scheinen Fuumlr ein Appraisal sind sie nicht weitgehend genug da sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen fuumlh-ren Je nachdem ob einer bdquoeinfachen Extrapolation der theoretischen Effizienzgrenzeldquo einer bdquostrikteren Handlungsempfehlungldquo oder der bdquostriktesten Handlungsempfehlungldquo gefolgt wird ergeben sich jeweils andere Folgerungen fuumlr die Houmlhe der festzusetzenden Houmlchstbetraumlge Selbst fuumlr die bdquoschlechtere Effizienzldquo kann dabei kein eindeutiger Houmlchstbetrag festgelegt werden (Methodenpapier S 51-54)

Aus demokratietheoretischer Sicht muss das Appraisal an andere Akteure uumlberwiesen wer-den Die Frage welche Houmlchstpreise fuumlr neue wirksame Arzneimittel noch gezahlt werden sollen impliziert ein Werturteil das ein wissenschaftliches Institut nicht faumlllen kann Wertur-teile sollten von demokratisch legitimierten Akteuren also Bundestag und Bundesregierung oder dem bdquokleinen Gesetzgeberldquo G-BA oder den Selbstverwaltungsorganen der GKV gefaumlllt werden Dieser Auffassung scheint das IQWiG grundsaumltzlich beizupflichten Wenn die Auf-gabe des IQWiG aber auf das Assessment beschraumlnkt und nicht auf das Appraisal ausge-dehnt wird sollte es sein Hauptaugenmerk auf die mit dem Assessment verbundenen me-thodischen und methodologischen Fragen richten und seine Energie nicht auf eine Darstel-lung konzentrieren die uumlber die Bereitstellung nuumltzlicher Informationen fuumlr die Entschei-dungstraumlger deutlich hinaus geht

Empfehlungen

1 Assessment und Appraisal sollten getrennt und die damit jeweils verbundenen Fra-gen in getrennten Papieren dargestellt werden

2 Die zentrale Aufgabe des IQWiG liegt im Assessment und nicht im Appraisal Fuumlr das Assessment zentrale Fragen muumlssen deshalb ausfuumlhrlich und angemessen behan-delt werden Dazu gehoumlren zB die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung der Zeithorizont der Analyse die Bestimmung von Kosten und Nutzen (inklusive indikati-

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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onsuumlbergreifende Nutzenmaszlige) die Beruumlcksichtigung von Unsicherheit und die Mo-dellierung Diese Fragen werden im Methodenvorschlag des IQWiG nicht angemes-sen thematisiert

3 Die im Assessment erhobenen Informationen muumlssen fuumlr die Akteure die mit dem Appraisal beauftragt sind angemessen aufgearbeitet und praumlsentiert werden Hierfuumlr ist vor allem auf die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der jeweils behandelten Methode in Relation zur werthoumlchsten Methode abzustellen ndash wie dies gesundheits-oumlkonomischer Standard ist (siehe den nachfolgenden Abschnitt 3 der Stellungnah-me) Wenn dies vom Auftraggeber gewuumlnscht wird koumlnnen auch Angaben uumlber die Effizienzgrenze als Information bereitgestellt werden Keineswegs sollte dies aber die Standardmethode zur Bereitstellung handlungsrelevanter Informationen sein

3 Effizienzgrenze

Das Konzept der Effizienzgrenze

Die Effizienzgrenze verbindet die effizienten Alternativen bei einer definierten Indikation zu einer im IQWiG-Koordinatensystem streng steigenden konkaven Kurve (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Alle einfach oder erweitert dominierten Alternativen sind ineffizient und liegen (im IQWiG-Koordinatensystem) unterhalb der Effizienzgrenze In der Gesundheits-oumlkonomie wird die Effizienzgrenze genutzt um (a) dominierte Alternativen auszuschlieszligen und (b) die inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen (IKER) der nicht-dominierten Al-ternativen ndash grundsaumltzlich auch indikationsuumlbergreifend ndash zu listen (Karlsson und Johannes-son 1996 Siegel et al 1996 Drummond et al 2005) Dies kann eine Informationsgrundlage fuumlr Entscheidungstraumlger sein wenn uumlber Erstattungshoumlchstbetraumlge bei neuen Technologien zu entscheiden ist

Neue Technologien sind dem Konzept entsprechend effizient wenn sie oberhalb der Effi-zienzgrenze liegen (Methodenpapier S 18 Abbildung 2-1) Der IQWiG-Methodenvorschlag weicht von dem Konzept der Effizienzgrenze ab indem zusaumltzlich gefordert wird dass neue Technologien einen groumlszligeren Nutzen als die bisher werthoumlchste Technologie aufweisen muumlssen um erstattungsfaumlhig zu sein (Methodenpapier S 44)

Ableitung eines Erstattungshoumlchstpreises

Fuumlr neue Technologien mit Zusatznutzen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Alternative unterbreitet das IQWiG Vorschlaumlge wie ein Erstattungshoumlchstbetrag abzuleiten ist Drei un-terschiedlich bdquostrikteldquo Vergleichspunkte werden genannt (Methodenpapier S 51-55) (a) die schlechteste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der bisher werthoumlchsten Technologie) (b) die durchschnittliche Kosten-Effektivitaumlt bis zu der werthoumlchsten Alternative (mittlerer Vergleichspunkt) und (c) die beste inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Relation auf der Effizienzgrenze (IKER der wertniedrigsten Alternative)

Problematisch an dem Vorschlag des IQWiG ist dass er wissenschaftlich nicht ableitbar ist ndashweder durch oumlkonomische Theorie noch durch ethische Prinzipien Wertentscheidungen muumlssen von den Entscheidungstraumlgern (G-BA respektive Spitzenverband Bund) formuliert werden und nicht von einem wissenschaftlichen Institut was vom IQWiG grundsaumltzlich aner-kannt wird (Methodenpapier S 50) Die Bandbreite zulaumlssiger Vergleichspunkte ist aber deutlich umfangreicher als vom IQWiG angegeben

(a) Die vom IQWiG vorgeschlagenen Vergleichspunkte fuumlr Bewertungsentscheidungen werden nicht begruumlndet Es ist nicht ersichtlich warum die IKER der bisher werthoumlch-sten Entscheidungsalternative (Vergleichspunkt a) die Zahlungsbereitschaft der Ent-

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Zentner A Busse R Internationale Standards der Kosten-Nutzen-Bewertung Gesundheits-oumlkonomie amp Qualitaumltsmanagement 11 365-367 (2006)

Page 10: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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scheidungstraumlger fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien limitieren sollte (ge-schweige denn die Vergleichspunkte (b) und (c) mit einer geringeren Zahlungsbereit-schaft als bisher bereits im Markt akzeptiert wurde) Umso weniger ist zu erwarten dass die maximale Zahlungsbereitschaft fuumlr den Zusatznutzen von neuen Technologien dann auch bereits auf allen Maumlrkten realisiert wurde

Dass zukuumlnftig schlechtere IKER nicht mehr akzeptiert werden ist zwar grundsaumltzlich zulaumlssig Diese Entscheidung muumlsste aber durch die Entscheidungstraumlger erfolgen ndash und wegen der weit reichenden Folgen muumlsste sie vermutlich in einem breiten gesell-schaftlichen Kontext transparent diskutiert werden (siehe Abschnitt 2 der Stellungnah-me)

(b) Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen sollten auch mittels generischer (indi-kationsuumlbergreifender) Nutzenparameter (wie zum Beispiel QALYs) dargestellt werden Dies verbessert die Transparenz fuumlr Entscheidungstraumlger bei Festlegung von Wert-grenzen (zum Beispiel zusaumltzliche Kosten je zusaumltzliches QALY) und erleichtert es die Konsistenz von Bewertungsentscheidungen zu uumlberpruumlfen Dabei ist unstrittig dass die Wertgrenzen zwischen Indikationen aber auch zwischen Patientensubgruppen variie-ren koumlnnen So zeigen empirische Untersuchungen dass die Zahlungsbereitschaft je QALY bei lebensverlaumlngernden Interventionen im Allgemeinen houmlher als bei aus-schlieszliglich lebensqualitaumltssteigernden Interventionen ist (Sassi et al 2001) Dies sollte von den Entscheidungstraumlgern bei der Festlegung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen be-ruumlcksichtigt werden Zudem sind grundsaumltzlich weitere (ethische verteilungspolitische rechtliche etc) Kriterien von den Entscheidungstraumlgern zu beruumlcksichtigen

(c) Das IQWiG schlaumlgt vor den Erstattungshoumlchstbetrag auf Basis der Relation des Zu-satznutzens zum jeweils geltenden Preisniveau in der Indikation festzusetzen Dies er-gibt sich daraus dass die Effizienzgrenze als Ausgangspunkt gewaumlhlt wird Ein gege-bener Zusatznutzen ermoumlglicht in einer Hochpreis-Indikation damit ceteris paribus ei-nen deutlich houmlheren absoluten Zusatzpreis als in einer Tiefpreis-Indikation Ein Bei-spiel soll dies verdeutlichen In einer Indikation A sei Medikament x1 die bisher einzige Behandlungsform Sie ermoumlgliche im Durchschnitt gegenuumlber Nicht-Behandlung einen Zusatznutzen von 10 qualitaumltsadjustierten Lebensjahren (QALYs) und ginge mit zusaumltz-lichen Behandlungskosten gegenuumlber Nicht-Behandlung von 60 Euro pro Tag einher Nun wuumlrde Medikament x2 zugelassen dass 11 QALYs generiert also einen Zusatz-nutzen von 10 Die Verlaumlngerung der Effizienzgrenze fuumlhrt damit zu einem Aus-gangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstattungshoumlchstbetrages 10 oberhalb der bis-herigen Behandlungskosten also 66 Euro Nun sei eine Indikation B betrachtet bei der Medikament y1 ebenfalls einzige Behandlungsoption ist und ebenfalls 10 QALYs Zu-satznutzen generiert bei der allerdings aufgrund generischen Wettbewerbs die Be-handlungskosten nur bei 1 Euro pro Tag liegen Wuumlrde nun Medikament y2 zugelassen das ebenfalls 11 QALYs generiert ist Ausgangspunkt fuumlr die Festsetzung des Erstat-tungshoumlchstbetrags 10 oberhalb 1 Euro also 110 Euro Es ist unmittelbar evident dass dieser Ansatz keine Anreize fuumlr die pharmazeutischen Unternehmen gibt dort in die Forschung zu investieren wo das Preisniveau niedrig ist

Der internationale gesundheitsoumlkonomische Standard geht demgegenuumlber nicht vom jeweils vorherrschenden Preisniveau sondern davon aus dass die Zahlungsbereit-schaft der Gesellschaft (der Entscheidungstraumlger) fuumlr zusaumltzliche Outcomes unabhaumln-gig davon festgestellt wird Im konkreten Beispiel Die Bereitschaft zusaumltzliche Kosten fuumlr 1 QALY mehr zu zahlen waumlre in beiden Indikationen A und B gleich Der Erstat-tungshoumlchstbetrag laumlge in beiden Faumlllen absolut gleich oberhalb der bisherigen Preise

(d) Bei der Bestimmung von inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Relationen ist die Unsi-cherheit in den gesundheitsoumlkonomischen Analysen adaumlquat zu beruumlcksichtigen Dies wird im IQWiG-Methodenvorschlag auch erwaumlhnt (Methodenpapier S 43) es wird aber nicht beschrieben wie Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenze eingebaut wer-

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Welte R Feenstra T Jager H Leidl R A decision chart for assessing and improving the transferability of economic evaluation results between countries Pharmacoeconomics 22 (13) 857-876 (2004)

Zentner A Busse R Internationale Standards der Kosten-Nutzen-Bewertung Gesundheits-oumlkonomie amp Qualitaumltsmanagement 11 365-367 (2006)

Page 11: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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den soll (zur Beruumlcksichtigung von Unsicherheit siehe Abschnitt 11 der Stellungnah-me)

Empfehlungen

1 Zentraler Vergleichspunkt der neuen Technologie ist die bisher werthoumlchste Alternative Es sollte die inkrementelle Kosten-Nutzen-Relation der neuen gegenuumlber der bisher werthoumlchsten Technologie bestimmt werden

2 Bei der Bestimmung der IKER sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nut-zenmaszlig beruumlcksichtigt werden (zum Beispiel QALYs)

3 In Sensitivitaumltsanalysen sollten weitere Vergleichspunkte beruumlcksichtigt werden Insbe-sondere sollte die IKER gegenuumlber einem (mit den Marktanteilen gewichteten) Mix der existierenden Technologien gebildet werden wenn unterstellt werden kann dass die bisherigen Alternativen annaumlhernd proportional durch die neue Technologie substituiert werden

4 Indikationsspezifische versus indikationsuumlbergreifende Vergleiche

Das Methodenpapier des IQWiG legt einen Ansatz vor bdquoder auf einen Vergleich der Effizienz von Behandlungsmethoden in einem gegebenen Therapiebereich abzielt ohne die umfas-sende Frage einer Priorisierung innerhalb des gesamten Gesundheitssystems zu beantwor-tenldquo (Methodenpapier S vi) Entsprechend wird vorgeschlagen ausschlieszliglich indikations-spezifische Nutzenmaszlige (vgl zu diesen auch Abschnitt 7 der Stellungnahme) zu verwenden und den Kosten gegenuumlber zu stellen Begruumlndet wird dies damit dass der gesetzliche Rahmen fuumlr das deutsche Gesundheitssystem eine entsprechende Priorisierung nicht vorse-he

Zutreffend daran ist zunaumlchst dass die Durchfuumlhrung rein indikationsspezifischer Vergleiche von den gesetzlichen Regelungen gedeckt ist Es stellt sich aber die Frage ob die Anwen-dung ausschlieszliglich eines solchen Ansatzes sinnvoll ist Dies ist zu bezweifeln wie im Fol-genden am Anwendungskontext der Festsetzung von Erstattungshoumlchstbetraumlgen fuumlr Arz-neimittel verdeutlicht werden soll

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird kuumlnftig fuumlr Arzneimittel mit sehr unter-schiedlichen Indikationen Houmlchstbetraumlge festsetzen muumlssen Er muss heute uumlber den Houmlchstbetrag fuumlr ein Praumlparat zur Verringerung der Schlaganfallhaumlufigkeit morgen fuumlr ein Praumlparat das den Eintritt von Schwerhoumlrigkeit hinausschiebt uumlbermorgen fuumlr ein Praumlparat das Tumoren bekaumlmpft entscheiden Will der Spitzenverband hierbei konsistent sein wird er die einzelnen Entscheidungen zueinander in Beziehung setzen muumlssen ndash hierfuumlr ist es aber notwendig zusaumltzlich zu indikationsspezifischen Outcome-Maszligen auch indikationsuumlbergrei-fende wie insbesondere QALYs zu verwenden Faktisch trifft es auch nicht zu dass der Spitzenverband bei den Entscheidung fuumlr ein Praumlparat einen sehr hohen Erstattungs-houmlchstbetrag festzusetzen nicht die Auswirkungen auf die Ausgaben insgesamt und damit andere Entscheidungen die er noch treffen muss beachten wird Sofern Arzneimittelherstel-ler ihre Preise oberhalb des Niveaus der Erstattungshoumlchstbetraumlge festsetzen entstehen mit Zuzahlungen verbundene Verteilungswirkungen es erscheint aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll diese Verteilungswirkungen indikationsuumlbergreifend vergleichen zu koumlnnen

Die Ergaumlnzung indikationsspezifischer Vergleiche durch indikationsuumlbergreifende Vergleiche ist auch nicht durch den gesetzlichen Rahmen ausgeschlossen Die in sect 35b SGB V genann-ten Kriterien sind sogar in besonderer Weise bei Anwendung indikationsuumlbergreifender Ver-gleiche ndash zB mittels QALYs ndash erfuumlllt Wir halten es daher fuumlr sinnvoll neben indikationsspe-

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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zifischen soweit moumlglich regelhaft auch indikationsuumlbergreifende generische Effektparame-ter zu verwenden

Empfehlung

1 In der Kosten-Nutzen-Bewertung sollte immer auch ein indikationsuumlbergreifendes Nutzenmaszlig verwendet werden (zum Beispiel QALYs) um indikationsuumlbergreifende Vergleiche zu ermoumlglichen

5 Perspektive

In sect 35b Abs 1 SGB V wird die Perspektive der Kosten-Nutzen-Bewertung festgelegt Es soll demnach die bdquoAngemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenuumlbernahme durch die Versi-chertengemeinschaftldquo uumlberpruumlft werden Wie die Versichertengemeinschaft abzugrenzen ist bleibt zunaumlchst offen Das IQWiG interpretiert die Versichertengemeinschaft als GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten (Methodenpapier S 34)

Diese Abgrenzung erscheint zu eng und die Verbindung von GKV-Perspektive und Versi-chertenperspektive arbitraumlr GKV-Versicherte sind in ihrer uumlberwiegenden Mehrheit nicht nur krankenversichert sondern auch pflege- und rentenversichert und sie zahlen Steuern (in-sbesondere Lohn- und Mehrwertsteuern) Medizinische Behandlungen induzieren Kosten und Kosteneinsparungen bei anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel Rentenversiche-rung bei Rehabilitationsleistungen und Pflegeversicherung bei Pflegeleistungen) und sie fuumlh-ren zu steigenden Steuereinnahmen (wenn die Arbeitsfaumlhigkeit wieder hergestellt wird) Au-szligerdem ist zu bedenken dass GKV-Versicherte zur gesundheitlichen Versorgung erkrankter Familienangehoumlriger durch selbst erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen in erhebli-chem Umfang beitragen Letztendlich wird die Versichertengemeinschaft nach Ansicht der AG MEG am besten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert

Schlieszliglich kann es auch nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen wenn bei Ent-scheidungen uumlber die Erstattung von Technologien ausschlieszliglich die Ausgaben der GKV beruumlcksichtigt werden Ein Beispiel soll dies erlaumlutern Eine Technologie x induziere eine Ausgabensteigerung in der GKV um 01 Beitragssatzpunkte fuumlhre aber gleichzeitig zu Aus-gabensenkungen in der Pflege- und Rentenversicherung um jeweils 01 Beitragssatzpunkte Wenn ausschlieszliglich die GKV-Ausgaben (GKV-Perspektive) beruumlcksichtigt werden sei die Kosten-Nutzen-Relation zu schlecht um eine Erstattung (bei gegebenen Preisen) zu rech-tfertigen und die Technologie wird vom Anbieter zuruumlckgezogen Anders bei zusaumltzlicher Beruumlcksichtigung der Renten- und Pflegeversicherungsleistungen (Sozialversicherungspers-pektive) ndash es werden Kosteneinsparungen realisiert und der Preis der Technologie wird ers-tattet Wir vermuten dass der Gesetzgeber an einer breiteren Abgrenzung der Versicherten-gemeinschaft interessiert ist Dementsprechend sollte zumindest eine Sozialversicherungs-perspektive letztendlich aber eine gesellschaftliche Perspektive untersucht werden In einer Sensitivitaumltsanalyse kann auch die GKV-Perspektive eingenommen werden Die Auswirkun-gen auf die GKV sind in der Budget-Impact-Analyse darzustellen (siehe Abschnitt 13 der Stellungnahme)

Empfehlungen

1 Die Kosten-Nutzen-Bewertung sollte aus gesellschaftlicher Perspektive durchgefuumlhrt werden

2 In Sensitivitaumltsanalysen kann die Perspektive der GKV eingenommen werden

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 13: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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6 Zeithorizont

Wie die einschlaumlgigen Empfehlungen in zahlreichen methodischen Richtlinien zur Durchfuumlh-rung gesundheitsoumlkonomischer Evaluationen zeigen ist unter Fachleuten unstrittig dass der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den relevanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Handlungsoptionen erfasst werden koumlnnen (siehe zB Drummond et al S 280ff Gold et al S 68 NICE S 22 Schulenburg et al S 288) Dies kann einen Analysezeitraum erfordern der uU die gesamte Restle-bensdauer der Patienten umfasst insbesondere bei chronischen Krankheiten wird dies re-gelhaft der Fall sein Da in klinischen Studien medizinische und oumlkonomische Ergebnisse uumlblicherweise nur uumlber eher kurze Zeitraumlume erfasst werden sind fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen Modellierungen haumlufig allein schon in Hinblick auf den aus gesundheitsoumlkono-mischer Perspektive angemessenen Zeithorizont unabweisbar

Diesem internationalen Standards der Gesundheitsoumlkonomie entsprechenden Standpunkt schlieszligen sich die Autoren des Methodenpapiers vorbehaltlos nur fuumlr den Zeithorizont der Kostenerfassung nicht aber fuumlr den Zeithorizont der Nutzenbewertung an Die Autoren ver-treten vielmehr die Auffassung dass zwar bdquoder Zeithorizont fuumlr die Kosteneinschaumltzung auf Basis der Notwendigkeit bestimmt werden (muss) die Kosten realistisch und vollstaumlndig zu beruumlcksichtigen und Verzerrungen infolge einer unangemessenen Kuumlrzung des Zeitraums zu vermeidenldquo (Methodenpapier S 35) dass es aber andererseits gute Gruumlnde dafuumlr geben koumlnne die Nutzenbewertung auf den Zeitraum zu beschraumlnken fuumlr den der Nutzen der Technologie durch klinische Studien belegt ist Die Autoren verweisen in diesem Zusam-menhang beispielhaft auf klinische Studien zur Thrombolysebehandlung von Schlaganfallpa-tienten mit Untersuchungszeiten von drei Monaten fuumlr die Endpunkte bdquoUumlberlebenldquo und bdquoschwere Behinderungldquo und auf Krankheitskostenstudien die zeigen dass der Hauptanteil der Versorgungskosten der Patienten erst nach diesem Zeitraum anfaumlllt Eine systematisch entwickelte Argumentation warum in solchen Faumlllen die Berechnung von Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnissen auf Basis unterschiedlich langer Zeithorizonte fuumlr Kosten und Nut-zen erfolgen sollte ist dem Methodenpapier allerdings nicht zu entnehmen

Wir halten die von den Autoren des Methodenpapiers ins Auge gefasste Option eines uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehenden Zeitraums der Kostenmessung fuumlr wirtschaftswissenschaftlich nicht begruumlndbar Mit dem inkrementellen Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis zweier Behandlungsalternativen wird zum Ausdruck gebracht welcher kostenmauml-szligige Mehr- oder Minderaufwand erforderlich ist um den bei Wahl der effektiveren Behand-lungsalternative erzielbaren Gesundheitsgewinn kostenminimal zu realisieren Folglich ist bei Verwendung eines zeitabhaumlngigen Ergebnismaszliges fuumlr die Nutzenmessung mit der Festle-gung des Zeithorizonts der Nutzenmessung auch der (maximale) Zeithorizont der Kosten-messung fixiert Wuumlrde man daruumlber hinaus auch Kosten(aumlnderungen) einbeziehen die bei der Gesundheitsversorgung der betroffenen Patienten jenseits dieses Zeithorizonts moumlgli-cherweise auftreten wuumlrde dies die der oumlkonomischen Theorie der Produktion ebenso wie dem gesunden Menschenverstand fremde Behauptung involvieren dass zur Realisierung von Outputaumlnderungen zeitlich nachgelagerte Aumlnderungen von Produktionsaktivitaumlten not-wendig sind Dieses Argument gilt gleichermaszligen wenn zur Nutzenbewertung klinische Endpunkte ohne Zeitbezug herangezogen werden wie sie vor allem in Form initialer Er-folgsmaszlige (zB Heilungs- Letalitaumlts- oder Komplikationsraten bei operativen Eingriffen) durchaus nicht selten verwendet werden Bei Verwendung solcher aus gesundheitsoumlkonomi-scher Sicht fuumlr Kosten-Nutzen-Bewertungen wenig geeigneter Maszlige ist eine uumlber das initiale Versorgungsgeschehen hinausgehende Kostenanalyse zur Bestimmung eines inkrementel-len Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnisses nicht zweckmaumlszligig

Es ist verstaumlndlich dass sich bei Einsatz sehr kurzfristiger Ergebnismaszlige und mehr noch bei Ergebnismaszligen ohne Zeitbezug der Eindruck aufdraumlngt dass die Vernachlaumlssigung laumlngerf-ristiger Kostenwirkungen zu verzerrten Einschaumltzungen der Wirtschaftlichkeit der zu evaluie-renden Technologien fuumlhren kann Es muss indessen betont werden dass solche Verzer-

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 14: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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rungen nur dann auftreten koumlnnen wenn Kostenunterschiede zwischen den Behandlungsal-ternativen auch jenseits des bei der Nutzenmessung betrachteten Zeithorizonts auftreten was gleichzeitig impliziert dass die Alternativen auch danach noch mit Ergebnisunterschie-den verbunden sind Die Wahl eines mit Bezug auf die relevanten oumlkonomischen Folgen zu kurzen Zeithorizonts zieht also nicht per se eine verzerrte Beurteilung der Effizienzunter-schiede der miteinander verglichenen Technologien nach sich Ebenso wenig genuumlgt es aber zur Vermeidung solcher Verzerrungen lediglich kostenseitig eine vollstaumlndige Erfassung aller wesentlichen wirtschaftlichen Konsequenzen sicherzustellen Hierfuumlr sind der Einsatz zeitabhaumlngiger Ergebnismaszlige sowie die Zugrundelegung eines ergebnis- und kostenseitig gleich langen Zeithorizonts erforderlich

Empfehlungen

1 Der Zeithorizont einer gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Bewertung sollte grundsaumltzlich so gewaumlhlt werden sollte dass alle Unterschiede zwischen den rele-vanten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zu evaluierenden Interventionen Beruumlcksichtigung finden koumlnnen Dieser Grundsatz schlieszligt ein dass von der Verwendung zeitunabhaumlngiger Ergebnismaszlige abgesehen werden sollte

2 Ein uumlber den Zeithorizont der Nutzenmessung hinausgehender Zeitraum der Kos-tenmessung laumlsst sich weder theoretisch noch methodisch rechtfertigen Legen Da-tendefizite Kuumlrzungen des konzeptionell angemessen erscheinenden Zeithorizonts nahe so sind diese Kuumlrzungen ergebnis- und kostenseitig in gleichem Umfang vor-zunehmen

3 Wenn die Datenlage zu gesundheitlichen und oumlkonomischen Ergebnissen der zu evaluierenden Technologie in ihrer zeitlichen Dimension durch deutliche Abstufungen im Evidenzgrad gekennzeichnet ist wird empfohlen den Einfluss der Wahl alternati-ver Zeithorizonte auf das inkrementelle Kosten-Effektivitaumlts-Verhaumlltnis im Rahmen ei-ner entsprechenden Sensitivitaumltsanalyse zu untersuchen

7 Nutzen

Nutzenbewertung im zweistufigen Bewertungsverfahren

Fuumlr die Bewertung von bdquoVerhaumlltnissen zwischen Nutzen und Kostenldquo sieht der Vorschlag des IQWiG ein zweistufiges Bewertungsverfahren vor In einem ersten Schritt wird bewertet ob ein Zusatznutzen im Vergleich zu bestehenden Therapiealternativen vorliegt Ist dies der Fall wird in einem zweiten Schritt eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchgefuumlhrt (Methoden-papier S vi) Vereinfacht ausgedruumlckt erfolgt die Nutzenbewertung einer medizinischen Technologie zunaumlchst auf Basis der in dem Allgemeinen Methodenpapier 20 eingefuumlhrten Konventionen Zeigt sich hier ein Zusatznutzen bdquowird falls dies in Auftrag gegeben wird die Abwaumlgung zwischen Kosten und Nutzen vorgenommenldquo (Methodenpapier S vi)

Die Beschraumlnkung der Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Fall einer fuumlr die zu bewertende Alternative positiven Nutzenbewertung kann den Aufwand verringern da nur die Technolo-gien einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterzogen werden muumlssen deren Nutzen in der vor-gaumlngigen Nutzenbewertung belegt werden konnte Folgerichtig koumlnnen in der Kosten-Nutzen-Bewertung nur solche Nutzenaspekte betrachtet werden die auch Gegenstand der Nutzenbewertung waren Dies impliziert aber dass bereits in die Nutzenbewertung alle Nut-zenaspekte eingeschlossen werden muumlssen die in der spaumlteren Kosten-Nutzen-Bewertung von Bedeutung sein koumlnnten da letztere sonst verfaumllscht wuumlrde Dieser Sachverhalt wird besonders in der englischen Fassung des Methodenpapiers deutlich bdquoThey [die Arbeits-schritte in der Nutzenbewertung] must take place however bearing in mind that they may be

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

17

Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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used for the economic assessmentldquo (Methodenpapier S 22) Es ist moumlglich dass durch den dadurch erweiterten Aufwand bei der Nutzenbewertung der Gewinn durch die Trennung von Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung verringert wird

Eine Unschaumlrfe findet sich im Methodenpapier im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe bdquoNutzenldquo und bdquoWertldquo (bzw bdquobenefitldquo und bdquovalueldquo in der englischen Fassung) Obwohl ein Ver-such unternommen wird beide Begriffe in der Einfuumlhrung (Methodenpapier S 15) zu definie-ren werden diese nicht stringent verwandt Waumlhrend zB in der englischen Version die Or-dinatenachsen in den kartesischen Koordinatensystemen durchgaumlngig mit den Begriff bdquovalueldquo versehen sind sind die Graphen in der deutschen Version mit bdquoNutzenldquo beschriftet Die dar-aus resultierenden Inkonsistenzen werden in der Anmerkung des Uumlbersetzers der eng-lischsprachigen Fassung auf S 15 explizit angesprochen

Nutzenbewertung bei multiplen Endpunkten

Kernproblem der Operationalisierung des Nutzens ist die Bestimmung eines Scores der die relevanten Nutzenaspekte in einem kardinalen Index aggregiert Als moumlgliche Methoden zur Bestimmung eines derartigen Indexscores werden im Methodenpapier explizit die aus der Nutzwertmessung bekannten Verfahren des Standard Gamble und der Time- bzw Person-Trade-Off-Befragung (Green et al 2000) sowie praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsinstrumen-te genannt (Moock amp Kohlmann 2008) Hierzu ist anzumerken dass es sich bei diesen Erhe-bungsverfahren nicht nur um moumlgliche Techniken sondern um wichtige Repraumlsentanten einer sehr kleinen Gruppe von Methoden handelt die zu diesem Zweck nutzbar und (mit Ausnahme der Person-Trade-Off-Methode) in gesundheitsoumlkonomischen Analysen interna-tional gebraumluchlich sind

Uumlber diese Aussagen (und einige Bemerkungen uumlber klinische Maszlige und Respondermaszlige) hinaus bleiben die Empfehlungen zum methodischen Vorgehen bei der Operationalisierung des Nutzens im vorliegenden Entwurf weitgehend unspezifisch Der Nutzen soll bdquoanhand von klinischen Effektmaszligen parametrisiert werden (welche auch Lebensqualitaumltsscores enthalten koumlnnen) oder anhand der Wahrscheinlichkeit einen Nutzen zu erfahren bzw unter Anwen-dung eines integrativen Scores fuumlr den Gesundheitszustandldquo (Methodenpapier S 26) Wie verschiedene Nutzenaspekte konkret zu einem kardinalen Nutzenkriterium aggregiert wer-den koumlnnen wird nicht weiter ausgefuumlhrt Da es vermutlich nahezu ausgeschlossen ist ein universell anwendbares Konstruktionsprinzip fuumlr eine solche kombinierte Nutzengroumlszlige zu entwickeln bleibt im vorliegenden Entwurf eine zentrale Position offen

Es uumlberrascht dass im Methodenpapier die international am haumlufigsten verwendeten kardi-nalen Nutzenmaszlige nur am Rande erwaumlhnt werden Die in der praumlferenzbasierten Lebens-qualitaumltsmessung erhobenen bdquoNutzwerteldquo und die auf ihnen basierenden Berechnungen qua-litaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) sollten im Konzept der Kosten-Nutzen-Bewertung staumlrker beruumlcksichtigt werden Die verfuumlgbaren und in zahlreichen Studien validierten Mess-instrumente bilden nicht nur die Basis fuumlr die gesundheitsoumlkonomische Evaluation im Sinne der Kosten-Nutzwert-Analyse sie koumlnnen auch unabhaumlngig davon wichtige Daten zur ge-sundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt verfuumlgbar machen Die methodischen Eigenschaften dieser Instrumente (Validitaumlt Reliabilitaumlt und Aumlnderungssensitivitaumlt) unterscheiden sich nur unwesentlich von vergleichbaren psychometrischen Messverfahren

Die Methoden zur praumlferenzbasierten Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt und das QALY-Konzept sind international fuumlr die kardinale Messung der Nutzendimensionen Lebensqualitaumlt und Lebensdauer weit verbreitet und etabliert (vgl Drummond et al 2005 Zentner amp Busse 2006) Vorteil dieser Konzepte ist die Bildung eines eindimensionalen kar-dinalen Nutzenmaszliges Bei der Anwendung dieses Nutzenmaszliges ist es unerheblich ob indi-kationsspezifische oder indikationsuumlbergreifende Vergleiche durchgefuumlhrt werden

Mit der Anwendung praumlferenzbasierter Instrumente zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualitaumlt mit der Betrachtung qualitaumltsadjustierter Lebensjahre und mit der Interpreta-

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 16: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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tion und Bewertung entsprechender Ergebnisse ist noch immer eine Reihe von methodi-schen und konzeptionellen Problemen verbundenen (vgl Tsuchiya amp Dolan 2005) Hierzu gehoumlren zB Fragen der Vergleichbarkeit von Ergebnissen die mit unterschiedlichen Instru-menten erzielt wurden der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen aus anderen Laumlndern und der Notwendigkeit kontextabhaumlngige Gewichte in der Nutzwert- und QALY-Berechnung zu beruumlcksichtigen Es handelt sich dabei jedoch nicht um prinzipielle Probleme sondern um offene Fragen die empirisch beantwortet werden koumlnnen oder fuumlr die erste Antworten bereits vorliegen

Empfehlungen

1 Die praumlferenzbasierte Lebensqualitaumltsmessung und die auf ihnen basierenden Be-rechnungen qualitaumltsadjustierter Lebensjahre (QALYs) muumlssen staumlrker beruumlcksichtigt werden

2 Zur Generierung von Indexwerten respektive QALYs sollten standardisierte und vali-dierte Messverfahren zur praumlferenzbasierten Lebensqualitaumltsmessung (zB EQ-5D HUI SF-6D) eingesetzt werden

3 Die Anforderung der gesundheitsoumlkonomischen Kosten-Nutzen-Analyse muss bereits bei der Nutzenbewertung beruumlcksichtigt werden

4 Internationalen Empfehlungen folgend sollten bei Bewertung des Nutzens mindes-tens ein indikationsuumlbergreifendes Profilinstrument ein praumlferenzbasiertes Indexin-strument und ein indikationsspezifisches Messverfahren in die Evaluation einbezogen werden

8 Kosten

Wie Kosten definiert und bewertet werden wird wesentlich durch die Perspektive bestimmt Wie in Abschnitt 5 der Stellungnahme dargestellt wurde geht der IQWiG-Methodenvorschlag von der GKV-Perspektive ergaumlnzt um Eigenleistungen der Versicherten aus Demgegenuuml-ber stellt die AG MEG fest dass die Versichertengemeinschaft (aus sect 35b SGB V) am bes-ten durch die gesellschaftliche Perspektive approximiert wird Dementsprechend wird in dem vorliegenden Abschnitt zunaumlchst diskutiert inwieweit der IQWiG-Methodenvorschlag die GKV-Perspektive bei der bdquoKostenabschaumltzungldquo (Methodenpapier S 57-70) adaumlquat abbildet anschlieszligend sollen einige Hinweise gegeben werden wie die Kostenanalyse aus gesell-schaftlicher Perspektive erfolgen sollte

Kostenbestimmung in der GKV-Perspektive

Bei der Darstellung der bdquoKostenabschaumltzungldquo gehen die Perspektiven im IQWiG-Methoden-vorschlag durcheinander Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird sollten

(a) alle ausgabenwirksamen (respektive erstattungsfaumlhigen) Leistungen beruumlcksichtigt werden (Kostenidentifikation) Analog sollten uumlbrigens die Auswirkungen auf die Ein-nahmepositionen der Krankenkassen beruumlcksichtigt werden da Einnahmeverluste sinnvollerweise nicht anders als Mehrausgaben behandelt werden koumlnnen

(b) Bei der Quantifizierung sollten die Leistungen nur in dem Umfang eingehen wie sie von der GKV getragen werden

(c) Bei der Bewertung sollten die aus Kassenperspektive relevanten bdquoPreiseldquo angewendet werden

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 17: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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Zunaumlchst bildet der Methodenvorschlag bei der Identifikation der relevanten Kosten grund-saumltzlich die GKV-Perspektive ab indem er auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten abstellt Aus-geschlossen werden aber Krankengeldleistungen die aus GKV-Perspektive ausgabenwirk-sam sind und damit in Kosten-Nutzen-Bewertungen eingehen sollten

Bei der Quantifizierung und Bewertung der Gesundheitsleistungen faumlllt auf dass der Metho-denvorschlag die Perspektive gegenuumlber der Identifikation aumlndert und tendenziell auf die gesellschaftlichen Opportunitaumltskosten (also die gesellschaftliche Perspektive) abstellt Dies zeigt sich bei der Bewertung stationaumlrer Leistungen (Methodenpapier S 65 und 69) und der Behandlung indirekter Kosten (Methodenpapier S 60)

(a) Der IQWiG-Methodenvorschlag diskutiert am Beispiel stationaumlrer Leistungen ob admi-nistrierte Preise wie DRGs den Ressourcenverbrauch adaumlquat widerspiegeln (was vom IQWiG bezweifelt wird) und wie die Relation von Preisen (Gebuumlhren) und Kosten ist Diese Argumentation verliert die selbst deklarierte Perspektive (also die GKV-Perspektive) aus den Augen denn fuumlr Krankenkassen sind nur die administrierten Preise entscheidungsrelevant da sie die Ausgabenstroumlme determinieren Der Res-sourcenkonsum des Leistungserbringers ist demgegenuumlber mit der gesellschaftlichen Perspektive kompatibel aus Kassenperspektive aber unerheblich

(b) Das IQWiG empfiehlt indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) nicht in die Kostenab-schaumltzung einzubeziehen Diese Vorgehensweise in Form einer Empfehlung vorzu-schlagen ist irrefuumlhrend Tatsaumlchlich sind volkswirtschaftliche Produktivitaumltsverluste aus Kassenperspektive per se irrelevant da sie keine vom GKV-System zu tragenden Kosten darstellen Die vom IQWiG angefuumlhrten Begruumlndungen fuumlr die Nichtberuumlcksich-tigung der indirekten Kosten ndash der lapidare Verweis auf den bdquoZweck ndash der Kosten-Nutzen-Bewertungenldquo (Methodenpapier S 60) der Hinweis auf bdquodie von der Regierung von Australien ausgegebenen Leitlinienldquo (Methodenpapier S 58) und auf deutsche Studien in denen indirekte Kosten nicht in die Analyse einbezogen werden (Methoden-papier S 58) sind verfehlt und offenbaren einen Mangel an analytischer Stringenz Gleichzeitig ignoriert der Methodenvorschlag ndash wie oben erwaumlhnt ndash den Sachverhalt dass krankheitsbedingter Arbeitsausfall aufgrund der in Deutschland geltenden institu-tionellen Regelungen in Form von Krankengeld ausgabenwirksame Leistungen der Krankenkassen nach sich ziehen kann

Die Perspektive sollte unbedingt konsistent uumlber Identifikation Quantifizierung und Bewer-tung der Kosten eingehalten werden (zu einer detaillierten Analyse der GKV-Perspektive vgl Krauth et al 2005)

Kostenbestimmung in der gesellschaftlichen Perspektive

Aus gesellschaftlicher Perspektive sind saumlmtliche (direkten und indirekten) Kosten zu be-ruumlcksichtigen unabhaumlngig davon bei wem sie anfallen und von wem sie getragen werden Zu der Kostenkalkulation aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es eine umfangreiche inter-nationale Literatur (zB Gold et al 1996 Drummond et al 2005 Brouwer et al 2001) und es liegen internationale (CADTH 2006 Oostenbrink 2004) wie nationale (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a AG MEG 2005 Schulenburg et al 2007) Empfehlungen bzw Guidelines vor

Da der IQWiG-Methodenvorschlag sich auf die bdquoerstattungsfaumlhigenldquo Kosten beschraumlnkt wer-den je nach Indikation zentrale Kostenkomponenten in der Evaluation vernachlaumlssigt wie zum Beispiel Rehabilitationsleistungen (soweit von der Rentenversicherung getragen) und Pflegeleistungen (Pflegeversicherung) Zudem sollen ndash wie erwaumlhnt ndash indirekte Kosten grundsaumltzlich nicht beruumlcksichtigt werden bei erheblichem Einfluss einer Technologie auf die Produktivitaumltskosten koumlnnen sie aber auf der Nutzenseite abgebildet werden (Methodenpa-pier S 60) Die Empfehlung ist ndash wie das IQWiG konzediert ndash umstritten Sie folgt einem Vorschlag des Panel on Cost-Effectiveness (Garber et al 1996 Luce et al 1996) das un-

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 18: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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terstellt dass Produktivitaumltsveraumlnderungen in Lebensqualitaumltsveraumlnderungen (und damit in die QALYs) eingehen (Ob das IQWiG dem Panel so weit folgt laumlsst sich zumindest anzwei-feln Wie Produktivitaumltskosten in einen Nutzenscore eingehen wird jedenfalls nicht erwaumlhnt) Weit uumlberwiegend wird demgegenuumlber empfohlen Produktivitaumltskosten auf der Kostenseite zu beruumlcksichtigen (Johannesson 1997 Brouwer et al 1997 und 1997a Drummond et al 2005 CADTH 2006) und alternativ mit dem Humankapital- oder dem Friktionskostenansatz zu bewerten

In dem Prozess der Kostenkalkulation bestehen bei der Identifikation Quantifizierung und Bewertung von Gesundheitsleistungen und Ressourcen einige methodische Spielraumlume Um zu gewaumlhrleisten dass Kosten-Nutzen-Bewertungen bei unterschiedlichen Indikationen ver-gleichbar sind und damit Informationsgrundlagen fuumlr rationale Entscheidungen liefern sind Standardisierungen bei der Kostenbestimmung erforderlich Sie beinhalten Prinzipien der Identifikation Quantifizierung und Bewertung und sollten auch feste Vorgaben (zum Beispiel fuumlr die Diskontierung oder die Bewertung von Ressourcen und Gesundheitsleistungen) um-fassen Das IQWiG anerkennt in seinem Methodenvorschlag die Bedeutung einer Standardi-sierung Die Vorgaben muumlssen aber noch staumlrker konkretisiert werden So laumlsst sich zum Beispiel bei der Quantifizierung relativ gut abgrenzen wann ein Bottom-up- und wann ein Top-down-Ansatz genutzt werden sollte und wie die Bestimmung des Ressourcenkonsums erfolgen sollte (AG Reha-Oumlkonomie 1999 und 1999a) Im Bewertungsprozess lassen sich teilweise konkrete Bewertungen HTA-uumlbergreifend vorgeben (AG MEG 2005) Wegen der stetigen Veraumlnderungen im Systemkontext (Preisaumlnderungen bei den Vergleichsalternativen durch Generifizierung Festbetraumlge und Rabatte Preisaumlnderungen bei Ressourcen und Ge-sundheitsleistungen sowie Aumlnderungen in der Organisation der Versorgung zB Einfuumlhrung integrierter Versorgung) ist ein analog dem niederlaumlndischen Vorgehen aufzustellender ver-bindlicher deutscher Kostenkatalog zu fordern (Oostenbrink et al 2004) Grundlage koumlnnen die Arbeiten der AG MEG sein (AG MEG 2005) Zudem sind Sensitivitaumltsanalysen der zent-ralen Einflussfaktoren erforderlich um abzuschaumltzen wie sich Aumlnderungen im Systemkon-text auf die IKER auswirken Die verfuumlgbaren Datenquellen haben schlieszliglich einen erhebli-chen Einfluss auf die Praumlzision der Kostenkalkulation

Empfehlungen

1 Die Kostenbestimmung muss einheitlichen Standards der Identifikation Quantifizie-rung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs folgen

2 Perspektive und Kostenbestimmung muumlssen kongruent sein Wenn eine GKV-Perspektive eingenommen wird muumlssen die Ausgaben- und Einnahmenwirkungen von Technologien bei den Krankenkassen bestimmt werden (und nicht die gesell-schaftlichen Opportunitaumltskosten)

3 In der gesellschaftlichen Perspektive muumlssen alle relevanten Kosten beruumlcksichtigt werden unabhaumlngig davon wer sie zu tragen hat

4 Indirekte Kosten (Produktivitaumltskosten) sollten aus gesellschaftlicher Perspektive be-ruumlcksichtigt werden und sie sollten auf der Kosten- und nicht auf der Nutzenseite eingehen

5 Es sollte ein verbindlicher Kostenkatalog entwickelt werden

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 19: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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9 Modellierung

Entscheidungsanalytische Modellierungen sind entsprechend internationaler methodischer Empfehlungen fester Bestandteil von Kosten-Nutzen-Bewertungen (z B NICE 2004 CADTH 2006) Ein entscheidungsanalytisches Modell dient dazu die Realitaumlt eines Krank-heitsverlaufs bzw die Effekte und Kosten der Behandlung dieser Krankheit abstrahiert abzu-bilden

Ein wesentlicher Vorteil eines entscheidungsanalytischen Modells ist dabei dass der Zeitho-rizont der oumlkonomischen Betrachtung nicht durch die Studiendauer ndash wie dies in klinischen Studien der Fall ist ndash beschraumlnkt ist sondern dass auch ein laumlngerer Zeithorizont betrachtet werden kann Wie in Abschnitt 6 der Stellungnahme ausgefuumlhrt muss der Zeithorizont einer oumlkonomischen Bewertung ausreichend lang gewaumlhlt werden so dass alle Unterschiede zwi-schen den relevanten Effekten und Kosten in der Bewertung eingeschlossen sind Bei der uumlberwiegenden Mehrzahl von chronischen Erkrankungen werden solche Unterschiede auch nach Ende der Beobachtungszeit einer randomisierten klinischen Studie anfallen

Bei einer langfristigen Betrachtungsweise finden dann Daten aus Quellen unterschiedlicher aber der besten verfuumlgbaren Evidenz (z B randomisierte klinische Studien Beobachtungs-studien Registerdaten bis hin zu Expertenschaumltzungen) Verwendung Auch wenn unbestrit-ten die alleinige Verwendung von Daten aus randomisierten klinischen Studien wuumlnschens-wert waumlre ist an vielen Stellen eines entscheidungsanalytischen Modells die Verwendung von Daten mit geringerer Evidenz bei Betrachtung eines langfristigen Zeithorizontes notwen-dig Moumlgliche Unsicherheiten muumlssen dargestellt und ihr Einfluss auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Bewertung abgebildet werden (siehe Abschnitt 11 der Stellungnahme)

Neben der Verwendung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlicher Evidenz ist zudem in Abhaumlngigkeit von der Fragestellung zu klaumlren ob die oumlkonomische Be-urteilung die klinische Studiensituation oder den Einsatz unter Alltagsbedingungen (commu-nity effectiveness) abbilden soll Diese Entscheidung muss entsprechend konsistent auf der Effektseite (z B unter Beruumlcksichtigung von Nebenwirkungen) und der Kostenseite (z B tatsaumlchlicher Ressourcenverbrauch versus bdquoprotocol driven costsldquo) umgesetzt werden Auch dies spricht dafuumlr neben randomisierten klinischen Studien mit ihrer unbestritten hohen Vali-ditaumlt auch andere Studienformen mit haumlufig groumlszligerer externer Validitaumlt als Datengrundlage fuumlr Modellierungen zu verwenden

Je nach Fragestellung koumlnnen unterschiedliche Modelltypen (z B Entscheidungsbaum Markov-Modell Simulationsmodell auf Patientenebene oder Kohortensimulation) Einsatz finden Eine Anzahl von Studien hat sich mit der Durchfuumlhrung von entscheidungsanalyti-schen Modellierungen und der Formulierung von Qualitaumltskriterien fuumlr solche Modelle befasst (z B Weinstein 2003 Philips 2004)

Aussagen zur Durchfuumlhrung einer modellbasierten Kosten-Nutzen-Bewertung finden sich in der vorgestellten Methodik des IQWiG nur in sehr begrenzten Umfang Lediglich in Unter-punkt 324 bdquoKostenkalkulationldquo (Methodenpapier S 65) finden sich einige Hinweise die sich in erster Linie auf die Qualitaumlt von Modellen beziehen Im Wesentlichen wird auf die noch ausstehenden technischen Anhaumlnge verwiesen

Mit der Subsumption der Aussagen zur Modellierung unter den Punkt bdquoKostenkalkulationldquo und der Zugrundelegung verschieden langer Zeithorizonte bei Effekten und Kosten entsteht der Eindruck dass Modellierungen lediglich fuumlr bdquodie Berechnung der Gesamt-Nettokosten jeder Gesundheitstechnologieldquo (Methodenpapier S 65) nicht jedoch fuumlr die Modellierung von Effekten vorgesehen sind Aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht nachvollziehbar warum in einem entscheidungsanalytischen Modell lediglich die Kosten und nicht die Effekte einer Intervention modelliert werden sollen Auch an dieser Stelle wird die bereits angespro-chene Inkonsistenz eines unterschiedlich langen Zeithorizonts fuumlr Effekte und Kosten sich-tbar Die vom IQWiG formulierten Forderungen nach Transparenz Tiefe Flexibilitaumlt ua ent-sprechen den Qualitaumltskriterien an Modelle die auch von anderen Arbeitsgruppen formuliert

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 20: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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wurden Allerdings beziehen sich die angefuumlhrten Punkte auf Kosten die Krankheit und die bdquozur Debatte stehenden Behandlungsoptionenldquo Aus der Formulierung wird nicht hinrei-chend klar ob unter dem letztgenannten Punkt auch die Effekte der Behandlung verstanden werden Eine Forderung zB nach Abschaumltzung der Unsicherheiten auf der Kostenseite jedoch nicht der Unsicherheiten auf der Effektseite ist nicht konsistent

Die Empfehlung von Simulationsmodellen auf Patientenebene ist nicht per se fuumlr jede Fra-gestellung gerechtfertigt Simulationsmodelle auf Patientenebene moumlgen fuumlr die Mehrzahl der Fragestellungen ein adaumlquates Instrument sein jedoch bedeutet dies nicht im Umkehr-schluss dass andere Modelltypen z B Entscheidungsbaumlume oder Markov-Modelle keine adaumlquaten Instrumente der Modellierung sind Die Aussage bdquoEin Simulationsmodell auf Pa-tientenebene ist hier die bevorzugte Technikldquo (Methodenpapier S 65) kann ohne weitere Begruumlndung oder Angabe einer entsprechenden Aufarbeitung der Problematik in der Litera-tur nicht bestehen bleiben

Insgesamt sind die methodischen Vorgaben im Methodenpapier des IQWiG derzeit zu wenig aussagekraumlftig und lassen an zahlreichen Stellen wesentliche Problemstellungen unbeant-wortet Eine umfassende Stellungnahme zu Modellierungen ist ohne Vorliegen der techni-schen Anhaumlnge nicht moumlglich

Empfehlungen

1 In entscheidungsanalytische Modelle sollten Effektdaten (a) unter Beruumlcksichtigung eines gleich langen Zeithorizontes auf Effekt- und Kostenseite und (b) unter Verwen-dung von Effektdaten der besten verfuumlgbaren Evidenz eingehen

2 Eine systematische Aufarbeitung der Vor- und Nachteile verschiedener Modelltypen und eine Empfehlung bei welcher Fragestellung welcher Modelltyp eingesetzt wer-den soll muumlssen entwickelt werden

3 Das IQWiG sollte eine detaillierte Checkliste erstellen die bei der Bewertung von Modellen angewendet wird

10 Inflation und Diskontierung

Das Methodenpapier des IQWiG weist zutreffend darauf hin dass Kostenwerte aus der Ver-gangenheit auf ein gemeinsames Basisjahr zu inflationieren sind Hierzu sei bdquoeine angemes-sene Preissteigerungsrate fuumlr die betreffende medizinische Dienstleistungldquo (Methodenpapier S 67) anzusetzen Es ist darauf hinzuweisen dass adaumlquate Preissteigerungsraten fuumlr ein-zelne medizinische Dienstleistungen fuumlr viele Bereiche nicht verfuumlgbar sind die vom Statisti-schen Bundesamt publizierten Preisindizes fuumlr Teilbereiche und das Gesundheitswesen in-sgesamt beruumlcksichtigen die von den Patienten zu tragenden Ausgaben spiegeln daher in keiner Weise den hier in Rede stehenden Gesamtbereich der (von den Krankenkassen zu tragenden) medizinischen Ausgaben wider Die AG Reha-Oumlkonomie hat daher vorgeschla-gen die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate zu verwenden Wir empfehlen dringend einen einheitlichen Analyserahmen zu verwenden damit die Ergebnisse vergleichbar blei-ben

Das Methodenpapier behandelt die Diskontierung nur mit Blick auf die Kosten Demgegenuuml-ber wird im Kontext des Nutzens die Frage der Diskontierung vom IQWiG nicht thematisiert Es ist aber darauf hinzuweisen dass auch kuumlnftige Ertraumlge zu diskontieren sind (zB CADTH 2006) Die internationalen wie nationalen Guidelines empfehlen einhellig Kosten und Outcomes mit der gleichen Rate zu diskutieren Die internationale Diskontierungspraxis und zahlreiche empirische Befunde zB zur Realverzinsung fuumlr risikoarme langfristige Staatsanleihen (Barro amp Martin 1990 Desroches amp Francis 2007) die als Ausdruck der so-

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 21: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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zialen Zeitpraumlferenzrate interpretiert werden kann legen es nahe sich in Sensitivitaumltsanalysen auf Diskontierungsraten zu beschraumlnken die deutlich unter-halb des vom Hannoveraner Konsens vorgeschlagenen Werts von 5 liegt Wir schlagen Diskontierungsraten von 0 und 3 wie bei CADTH vor (CADTH 2006)

Empfehlungen

1 Bei Inflation und Diskontierung muss ein einheitlicher Analyserahmen vorgegeben werden

2 Die Inflationierung von Gesundheitsleistungen sollte mit der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate erfolgen

3 Neben dem Referenzwert fuumlr die Diskontierung (5) sollten sich Sensitivitaumltsanaly-sen auf deutlich geringere Diskontierungsraten konzentrieren (zum Beispiel 0 und 3)

11 Methoden der Unsicherheitsanalyse

Zu den internationalen Standards der gesundheitsoumlkonomischen Evaluation gehoumlrt eine adaumlquate Behandlung der Unsicherheit mit der gesundheitsoumlkonomische Analysen typi-scherweise verbunden sind Im IQWiG-Methodenvorschlag wird das Problem der Unsicher-heit lediglich kursorisch erwaumlhnt oder auf die bisher unveroumlffentlichten technischen Anhaumlnge verwiesen Eine kurze Erwaumlhnung findet die Unsicherheit zumindest bei der Darstellung des Konzepts der Effizienzgrenze (Methodenpapier S 43) sowie bei den Anforderungen an die praktische Durchfuumlhrung von Kostenschaumltzungen (Methodenpapier S65) Wie allerdings Unsicherheit in das Konzept der Effizienzgrenzen eingebettet werden soll wird im IQWiG-Methodenvorschlag nicht erlaumlutert Dies gilt ebenso fuumlr den methodischen Umgang mit Unsi-cherheit bei der Schaumltzung von Kosten-Nutzen-Relationen

In der gesundheitsoumlkonomischen Literatur der letzten 15 Jahre findet sich eine umfangreiche Diskussion uumlber die Behandlung und Darstellung von Unsicherheit in gesundheitsoumlkonomi-schen Evaluationsstudien Resultat dieser Diskussion sind wesentliche Weiterentwicklungen der fuumlr Unsicherheitsanalysen adaumlquaten methodischen Konzepte und Instrumente Dies betrifft die Konzepte zur stochastischen Analyse von studienbasierten Kosten-Effektivitaumlts- undoder Kosten-Nutzwert-Relationen (OBrien et al 1994 Briggs amp Gray 1999 Drummond amp McGuire 2001 Ramsey et al 2005) ebenso wie moderne multivariate Verfahren der Sensi-tivitaumltsanalyse bei Modellierungsstudien (Briggs et al 2006 Philips et al 2006) Weder wird diese Diskussion aber in dem Methodenpapier hinreichend reflektiert noch werden Ergeb-nisse aus dieser Forschung in nachvollziehbarer Weise in den Vorschlag aufgenommen

Eine besondere Problematik ergibt sich im Methodenvorschlag des IQWIG aus der getrenn-ten und in unterschiedlichen Verfahren (EbM und Modellierung) erfolgenden Ermittlung von Nutzen und Kosten Dieses Vorgehen erschwert die Anwendung effizienter Methoden der Unsicherheitsanalyse die die Korrelation von Zaumlhler und Nenner adaumlquat beruumlcksichtigen wodurch die Unsicherheit im Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis sowohl uumlber- als auch unterschaumltzt werden kann

Ein grundlegendes Methodenpapier sollte die internationalen Standards einhalten Zumin-dest muumlssen die Probleme bei Abweichungen umfassend diskutiert werden Und es muumlssen nach Auffassung der AG MEG dann zumindest auf den internationalen Standards basieren-de Mindestanforderungen fuumlr die Behandlung von Unsicherheiten in der isolierten Kostener-mittlung formuliert werden Dies betrifft sowohl modellbasierte Untersuchungen die nach den bisherigen Ausfuumlhrungen die Regel sein sollen als auch studienbasierte Analysen die nach Einschaumltzung der AG MEG nicht ausgeschlossen werden koumlnnen In den erwaumlhnten Verfah-

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 22: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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ren von bdquoSimulationsmodellen auf Patientenebeneldquo (Methodenpapier S 65) sollten die unter-schiedlichen Quellen der Unsicherheit adaumlquat analysiert dargestellt und diskutiert werden Hierzu gehoumlren die Variabilitaumlt bzw Heterogenitaumlt innerhalb des untersuchten Patientenkol-lektivs (Unsicherheit 1 Ordnung) ebenso wie die Unsicherheit der in das Modell eingehen-den Parameter auf der Kosten- und der (implizit mitmodellierten) Effektseite sowie der Mo-dellstruktur (Unsicherheit 2 Ordnung)

Ferner findet sich im Methodenpapier keine Aumluszligerung uumlber die praumlferierte Art der Darstel-lung von Unsicherheit Fuumlr die Vergleichbarkeit von Ergebnissen waumlre eine konsistente Form der Darstellung etwa in Konfidenzintervallen oder Kosten-Effektivitaumlts-Akzeptanzkurven (Fenwick et al 2004) aber wuumlnschenswert

Empfehlungen

1 Der Methodenvorschlag sollte den aus der getrennten Ermittlung von Kosten und Nutzen entstehenden Problemen in der Unsicherheitsanalyse des Kosten-Nutzen-Verhaumlltnisses Rechnung tragen Es sollte geeignete die Korrelation beruumlcksichtigen-de Methoden entweder vorschlagen oder deren Entwicklung veranlassen

2 Fuumlr die Analyse der Unsicherheit bei der Modellierung der Kosten sollten methodi-sche Mindeststandards definiert werden die sich am internationalen Stand der Me-thodendiskussion orientieren Dies gilt insbesondere fuumlr die Art und Weise der durch-zufuumlhrenden Sensitivitaumltsanalysen

3 Das Methodenpapier sollte sich klar uumlber die praumlferierte Form der Darstellung der Unsicherheit aumluszligern

12 Uumlbertragbarkeit

Es ist absehbar dass vom G-BA in Auftrag gegebene gesundheitsoumlkonomische Evaluatio-nen haumlufig auf auslaumlndische oder internationale Studien zuruumlckgreifen werden muumlssen Dies wirft erhebliche Probleme der Uumlbertragbarkeit der Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewer-tungen zwischen einzelnen Laumlndern auf die in der einschlaumlgigen Fachliteratur in zahlreichen Publikationen thematisiert wurden (zB Sculpher 2006 Welte et al 2004 Drummond et al 2005a) Ein zentraler Punkt ist dabei die Frage der Uumlbertragbarkeit der einer Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde liegenden Abbildung der klinischen Praxis Diese umfasst ua neben der Wahl der Vergleichsalternative auch die Vergleichbarkeit der Studienpopulation und des Zugangs zu Leistungen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen Weiterhin ist zu uumlberle-gen inwieweit bei in der Regel unterschiedlichen Preisen fuumlr einzelne Leistungen erhobene Daten zu Mengen und Kosten der verbrauchten Ressourcen zwischen Laumlndern uumlbertragbar sind Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Frage wie Effekte einer medizinischen Interven-tion uumlber Laumlnder hinweg vergleichbar sind Besonders kritisch ist in dieser Hinsicht der Sachverhalt dass sich finanzielle Zugangsbarrieren vermittelt uumlber deren Einfluss auf die Arzneimittelcompliance auf die Effektivitaumlt der zu bewertenden Pharmakotherapie auswirken koumlnnen Daher ist insbesondere bei der Nutzung von Ergebnissen aus pragmatischen Stu-dien oder aus Beobachtungsstudien der Frage nachzugehen ob von gleichen Bedingungen bezuumlglich der Zugaumlnglichkeit der bewerteten Gesundheitstechnologie ausgegangen werden kann Die Pruumlfung dieser Frage setzt methodisch komplizierend ggf auch die Antizipation der Auswirkungen der mit der Setzung eines Houmlchstbetrags moumlglicherweise verbundenen Eigenbeteiligung der Patienten auf deren Therapietreue voraus Ein wichtiger Aspekt der Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen ist schlieszliglich der Umstand dass zahlreiche ran-domisierte klinische Studien internationale Studien sind und die Fallzahl fuumlr eine laumlnderspezi-fische Subgruppenanalyse in aller Regel nicht ausreichend sein wird

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Das IQWiG geht auf Fragen der Uumlbertragbarkeit nicht naumlher ein In der Praumlambel zum Me-thodenvorschlag wird die Thematik bzgl klinischer Praxis und Kosten erwaumlhnt aber nicht weiter ausgefuumlhrt (Methodenpapier S viii) Es gibt auch keinen Hinweis dass Fragen der Uumlbertragbarkeit in den technischen Anhaumlngen angemessen aufgegriffen werden Zur Uumlber-tragbarkeit von Effekten gibt der Entwurf der Version 30 des IQWiG-Dokuments bdquoAllgemeine Methodenldquo auf den Seiten 43 und 46 einige wenige Hinweise Nicht anwendbar sind Stu-dienergebnisse demnach bezogen auf den Zulassungsstatus wenn die behandelte Alters-gruppe auszligerhalb der Zulassung liegt nicht zugelassene Kombinationen mit einem anderen Wirkstoff eingesetzt werden Patienten mit einem auszligerhalb der Zulassung liegenden Schweregrad der Erkrankung behandelt werden oder Studien bei Patienten mit einer Kont-raindikation gegen die untersuchte Intervention durchgefuumlhrt werden Daruumlber hinaus findet sich der Hinweis dass die Uumlbertragbarkeit von Studienergebnissen in einem gesonderten Prozess uumlberpruumlft werden muss ohne diesen naumlher zu spezifizieren Auch die Aussagen im Dokument bdquoAllgemeine Methodenldquo sind nicht hinreichend differenziert um eine Vergleichbar-keit auf der Effektseite zu gewaumlhrleisten Offen bleibt auch wie die Uumlbertragbarkeit der Kos-tenseite oder der Kosten-Nutzen-Relation bestimmt werden soll Ebenso fehlen Angaben wie im Fall einer eingeschraumlnkten Uumlbertragbarkeit auf Effekt- und Kostenseite in der Folge vorgegangen werden soll

Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

13 Budget-Impact-Analyse

Im vierten Abschnitt des Methodenpapiers befasst sich das IQWiG mit der Budget-Impact-Analyse die dem Zweck einer bdquoBewertung der direkten finanziellen Konsequenzen die mit der Erstattung einer Gesundheitstechnologie [] in Zusammenhang stehenldquo (Methodenpa-pier S 71) dient Ergebnis der Analyse ist nicht ein einzelner Wert sondern ein unter Zu-grundelegung alternativer Diffusionsszenarien abgeleiteter Wertebereich Dabei definiert das IQWiG die Budget-Impact-Analyse als bdquokomplementaumlr zu vergleichenden gesundheitsoumlko-nomischen Analysen die das Nutzen-Kosten-Verhaumlltnis von Gesundheitstechnologien unter-suchenldquo (Methodenpapier S 71) Die knappen Ausfuumlhrungen zur Vorgehensweise greifen im Wesentlichen auf Empfehlungen der ISPOR Task Force zur guten Forschungspraxis bei Budget-Impact-Analysen zuruumlck (Mauskopf et al 2007)

Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

die mangelnde Festlegung von Ausgaben- und Einnahmenarten

die Auswirkungen auf andere Patientengruppen

die Vernachlaumlssigung von Verteilungsaspekten

Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Literatur

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Empfehlung

1 Es muumlssen detaillierte Empfehlungen zur Uumlbertragbarkeit formuliert werden

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Problematisch an dem Vorschlag des IWiG ist vor allem dass die Bedeutung der Budget-Impact-Analyse weder fuumlr die Beurteilung der Kosteneffektivitaumlt eines Arzneimittels noch fuumlr die Festlegung seines Houmlchstpreises offen gelegt wird und daruumlber hinaus dass auch die methodischen Rahmenbedingungen der Budget-Impact-Analyse nicht herausgearbeitet und erlaumlutert werden Dazu gehoumlren

die nicht definierte Zielgroumlszlige Ausgaben oder Beitragssatz

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Das IQWiG praumlzisiert die Zielgroumlszlige der Budget-Impact-Analyse nicht Aus Sicht der AG MEG sollten die Auswirkungen auf den Beitragssatz untersucht werden Unklar ist auch ob die Budgetanalyse retrospektiv oder prospektiv erfolgen soll Die retrospektive Analyse unter-sucht die Budgetwirkungen eines Medikaments beispielsweise vom Zeitpunkt der Einfuumlh-rung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung uumlber den Houmlchstbetrag (also dem aktuellen Zeit-

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Page 24: Stellungnahme der AG MEG zum IQWIG-Methodenpapier · PDF file2 Executive Summary Die AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG) in der Deutschen Gesellschaft für

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punkt) Die prospektive Analyse hat die zu erwartenden Wirkungen einer Preisaumlnderung des Medikamentes (vom bisher herstellerdefinierten Preis zum vom Spitzenverband Bund feste-gelegten Houmlchstpreis) zum Gegenstand (wozu auch auf die Methodik der Modellierung zu-ruumlckgegriffen wird)

Die problematische Einschaumltzung des Methodenpapiers dass bei Gesundheitstechnologien die mit Zusatzkosten verbunden sind bdquosich die Bewertung der Gesundheitstechnologien [hellip] primaumlr als Budget-Impact-Abwaumlgungldquo gestaltet (Methodenpapier S 55) entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag bdquodas Kosten-Nutzen-Verhaumlltnis von Arzneimitteln zu bewertenldquo (sect 35b SGB V) Noch weniger laumlsst sich die Vermischung von Kosten-Effektivitaumlts- und Budget-Impact-Gesichtspunkten zum Zwecke der Effizienzbewertung einer Gesundheitstechnologie oumlkonomisch rechtfertigen Sogar die empirische Basis dieser Einschaumltzung erscheint zwei-felhaft denn sie trifft selbst auf budgetierte Gesundheitssysteme in denen die Budget-Impact-Analyse einen hohen Stellenwert hat nicht generell zu So schlieszligen zB die im briti-schen National Health Service vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Auftrag gegebenen Health Technology Assessments neben einer Kosten-Nutzen-Bewertung zwar immer auch eine Budget-Impact-Analyse mit ein Gleichwohl flieszligen die Ergebnisse der Budget-Impact-Analyse nicht in die Entscheidungen des NICE uumlber den Ein-satz neuer Technologien ein sie dienen vielmehr lediglich dem Zweck die budgetaumlren Kon-sequenzen von Entscheidungen zugunsten der neuen Technologien zu beleuchten

Der Zeithorizont wird im Methodenvorschlag des IQWiG als bdquonormalerweise kurzfristigldquo (Me-thodenpapier S 74) bestimmt Begruumlndet wird der kurzfristige Zeithorizont mit der houmlchsten Relevanz fuumlr den Budgetierungsprozess der Ausgabentraumlger (also insbesondere der Kran-kenkassen) Die Annahme eines kurzfristigen Zeithorizonts ist inhaltlich fragwuumlrdig Bei-spielsweise zielen Praumlventionsangebote in erster Linie auf mittel- und langfristige Einsparun-gen ab und bauen auf eine langjaumlhrige Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse Sie ist auch rechtlich fragwuumlrdig da fuumlr die GKV keine generelle Budgetierung gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilitaumlt ist auf Vertraumlge bezogen (sect 71 SGB V) und sieht einschraumlnkend als Ausnahmetatbestand ausdruumlcklich den Fall vor dass die notwendige medizinische Versor-gung auch nach Ausschoumlpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhoumlhun-gen nicht zu gewaumlhrleisten ist

Zur technischen Umsetzung der Budget-Impact-Analyse macht das IQWiG kaum Aussagen obwohl auch fuumlr diese Analysetechnik ndash aumlhnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Bewertung ndash me-thodische Vorgaben wichtig waumlren Diese beziehen sich ua auf Datenquellen (z B Routi-nedaten der GKV undoder Primaumlrerhebungen) und die zu beruumlcksichtigenden Ausgaben- und Einnahmenarten (sollen alle assoziierten Leistungsbereiche also auch Lohnersatz ein-bezogen werden und sollen auch Veraumlnderungen bei den Beitragseinnahmen beruumlcksichtigt werden) Zudem waumlre festzulegen inwieweit auch untersucht werden muss ob Leistungs-aumlnderungen bei den Zielpatienten sich auf die Versorgung (und die zugehoumlrigen Ausgaben) bei anderen Patientengruppen auswirken

Empfehlungen

1 Die Budget-Impact-Analysen sollten auf die Zielgroumlszlige bdquoBeitragssatzldquo abstellen die Auswirkungen auf andere Patientengruppen beruumlcksichtigen und mit angemessenem Zeithorizont durchgefuumlhrt werden

2 Das eigentliche Entscheidungskriterium fuumlr die Festlegung von Houmlchstbetraumlgen ergibt sich aus der Kosten-Nutzen-Bewertung Das Ergebnis der Budget-Impact-Analyse dient nur der Information des Entscheidungstraumlgers uumlber die finanziellen Konsequen-zen des gesetzten Houmlchstbetrags

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Literatur

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Ramsey S Willke R Briggs A Brown R Buxton M Chawla A Cook J Glick H Liljas B Pe-titti D Reed S Good research practices for cost-effectiveness analysis alongside clinical trials the ISPOR RCT-CEA Task Force report Value in Health 8 521-533 (2005)

Schulenburg JM Graf von der Greiner W Jost F et al Deutsche Empfehlungen zur gesund-heitsoumlkonomischen Evaluation ndash dritte und aktualisierte Fassung des Hannoveraner Kon-sens Gesundheitsoumlkonomie amp Qualitaumltsmanagement 12 285-290 (2007)

Sculpher MJ Drummond MF Analyses sans frontiers can we ever make economic evalua-tions generalisable across jurisdictions Pharmacoeconomics 24 (11) 1087-1099 (2006)

Siegel JE Weinstein MC Torrance GW Reporting cost-effectiveness studies and results In Gold MR Siegel JE Russell LB Weinstein MC (eds) Cost-effectiveness in health and medi-cine New York Oxford University Press 276-303 (1996)

Tsuchiya A Dolan P The QALY model and individual preferences for health states and health profiles over time a systematic review of the literature Medical Decision Making 25 460-467 (2005)

Weinstein MC OBrien B Hornberger J Jackson J Johannesson M McCabe C et al Prin-ciples of good practice for decision analytic modeling in health-care evaluation Report of the ISPOR Task Force on good research practices - modeling studies Value in Health 6(1) 9-17 (2003)

Welte R Feenstra T Jager H Leidl R A decision chart for assessing and improving the transferability of economic evaluation results between countries Pharmacoeconomics 22 (13) 857-876 (2004)

Zentner A Busse R Internationale Standards der Kosten-Nutzen-Bewertung Gesundheits-oumlkonomie amp Qualitaumltsmanagement 11 365-367 (2006)

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