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Stellungnahme zu Art 1 des LSD-BG Entwurfes Zu § 19 Abs 3 und 4 erster Satz: Es wird vorgeschlagen, anstelle des Wortes unverzüglich“ eine konkrete Frist für Änderungsmeldungen vorzusehen zb binnen drei Tagen, um nachfolgenden Auslegungsproblemen im Strafverfahren gem § 26 Abs1 Z1 (wann ist eine Änderungsmeldung „nicht rechtzeitig“?) vorzubeugen Zu § 22 Abs1 : der Begriff „Lohnaufzeichnungen“ erscheint zu unbestimmt und führte in der Praxis bereits zu Auslegungsproblemen. Diesbezüglich wird auf die angeschlossene Entscheidung LVwG 33.15-2564/2015 verwiesen welche vom VwGH auch jüngst zu Zl Ra 2016/11/0028 bestätigt wurde Zu § 12 Abs1 Z3, §14 Abs2 und § 15 Abs2: Die jeweils vorgesehene Verpflichtung , dass fehlende Unterlagen „bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages“ abzusenden sind erweist sich in der Praxis für die betroffenen Unternehmer als nahezu unerfüllbar, da Unterlagen oft erst von dritter Seite beigeschafft werden müssen (va Unterlagen hinsichtlich der Berufsausbildung) und vor allem die häufig fehlenden Übersetzungen binnen dieser Frist nicht hergestellt werden können. Die Folge ist nahezu unvermeidlich ein zweites Strafverfahren wegen verspätet oder unvollständig nachgereichter Unterlagen, was von den Betroffenen, obwohl formal gesondert strafbar, materiell als „Doppelbestrafung“ empfunden wird. Es wird daher angeregt, eine längere Frist, zB binnen sieben Werktagen“ vorzusehen. Zu § 27 Abs1: Aus dem Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig ersichtlich, ob für den Fall, dass hinsichtlich eines Arbeitnehmers verschiedene Unterlagen nicht übermittelt werden (zB ZKO Meldungen und A1 Bescheinigungen) vom Vorliegen einer oder mehrerer Übertretungen auszugehen ist Zu §29 Abs3: Zu der im Entwurf vorgesehenen obligatorischen Aussetzung des Verfahrens durch die Bezirksverwaltungsbehörde bei anhängigem Gerichtsverfahren wird nachstehendes ausgeführt: Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu § 38 AVG ist der erste Satzteil („sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen“) dahingehend auszulegen, dass dann, wenn der Materiengesetzgeber wie im vorliegenden Entwurf eine verpflichtende Aussetzung des Verfahrens vorsieht, die Behörde an das Ergebnis dieses Verfahrens spätestens ab Rechtskraft gebunden ist. Somit trifft es nicht zu, dass die Bezirksverwaltungsbehörde – wie in den Erläuterungen ausgeführt- die Gerichtsentscheidung ihrem Verfahren zugrunde legen kann, sie muss dies tun. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Verfahren bei den Arbeits-und Sozialgerichten sehr häufig mit einem Vergleich enden, der den Arbeitgeber nur zur Nachzahlung eines Teils des ausstehenden Entgelts verpflichtet. Da auch ein solcher Vergleich bindend wäre reduziert sich dadurch naturgemäß auch das für die Strafbemessung durchaus relevante Ausmaß der Unterentlohnung. Generell ist auszuführen, dass sowohl der Streitgegenstand als auch der weitere Verlauf des Verfahrens in einem zivilgerichtlichen Verfahren- zum Unterschied von dem dem Grundsatz der materiellen Wahrheit verpflichteten Verwaltungsstrafverfahren - der Parteiendisposition unterliegt. Wenn daher der betroffene Arbeitnehmer etwa aus prozesstaktischen Gründen nur einen Teil des ausstehenden Lohns beim Arbeits-und Sozialgericht einklagt bildet nur dies den Streitgegenstand und würde schon allein dadurch auf Grund der Bindungswirkung auch das strafrechtlich relevante Ausmaß der Unterentlohnung reduziert. Es erscheint fraglich, ob diese Konsequenz im Hinblick auf den Schutzweck des LSD-BG tatsächlich gewünscht ist. 12/SN-189/ME XXV. GP - Stellungnahme zu Entwurf (elektr. übermittelte Version) 1 von 28 www.parlament.gv.at

Stellungnahme zu Art 1 des LSD-BG Entwurfes · die Beschwerde des Herrn J B, geb. xx, vertreten durch und K SRechtsanwälte GmbH, Sgasse, G, ... BHHF-15.1-20712/2015, z u R e c h

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Stellungnahme zu Art 1 des LSD-BG Entwurfes Zu § 19 Abs 3 und 4 erster Satz: Es wird vorgeschlagen, anstelle des Wortes „unverzüglich“ eine konkrete Frist für Änderungsmeldungen vorzusehen zb binnen drei Tagen, um nachfolgenden Auslegungsproblemen im Strafverfahren gem § 26 Abs1 Z1 (wann ist eine Änderungsmeldung „nicht rechtzeitig“?) vorzubeugen Zu § 22 Abs1 : der Begriff „Lohnaufzeichnungen“ erscheint zu unbestimmt und führte in der Praxis bereits zu Auslegungsproblemen. Diesbezüglich wird auf die angeschlossene Entscheidung LVwG 33.15-2564/2015 verwiesen welche vom VwGH auch jüngst zu Zl Ra 2016/11/0028 bestätigt wurde Zu § 12 Abs1 Z3, §14 Abs2 und § 15 Abs2: Die jeweils vorgesehene Verpflichtung , dass fehlende Unterlagen „bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages“ abzusenden sind erweist sich in der Praxis für die betroffenen Unternehmer als nahezu unerfüllbar, da Unterlagen oft erst von dritter Seite beigeschafft werden müssen (va Unterlagen hinsichtlich der Berufsausbildung) und vor allem die häufig fehlenden Übersetzungen binnen dieser Frist nicht hergestellt werden können. Die Folge ist nahezu unvermeidlich ein zweites Strafverfahren wegen verspätet oder unvollständig nachgereichter Unterlagen, was von den Betroffenen, obwohl formal gesondert strafbar, materiell als „Doppelbestrafung“ empfunden wird. Es wird daher angeregt, eine längere Frist, zB binnen sieben Werktagen“ vorzusehen. Zu § 27 Abs1: Aus dem Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig ersichtlich, ob für den Fall, dass hinsichtlich eines Arbeitnehmers verschiedene Unterlagen nicht übermittelt werden (zB ZKO Meldungen und A1 Bescheinigungen) vom Vorliegen einer oder mehrerer Übertretungen auszugehen ist Zu §29 Abs3: Zu der im Entwurf vorgesehenen obligatorischen Aussetzung des Verfahrens durch die Bezirksverwaltungsbehörde bei anhängigem Gerichtsverfahren wird nachstehendes ausgeführt: Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu § 38 AVG ist der erste Satzteil („sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen“) dahingehend auszulegen, dass dann, wenn der Materiengesetzgeber wie im vorliegenden Entwurf eine verpflichtende Aussetzung des Verfahrens vorsieht, die Behörde an das Ergebnis dieses Verfahrens spätestens ab Rechtskraft gebunden ist. Somit trifft es nicht zu, dass die Bezirksverwaltungsbehörde – wie in den Erläuterungen ausgeführt- die Gerichtsentscheidung ihrem Verfahren zugrunde legen kann, sie muss dies tun. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Verfahren bei den Arbeits-und Sozialgerichten sehr häufig mit einem Vergleich enden, der den Arbeitgeber nur zur Nachzahlung eines Teils des ausstehenden Entgelts verpflichtet. Da auch ein solcher Vergleich bindend wäre reduziert sich dadurch naturgemäß auch das für die Strafbemessung durchaus relevante Ausmaß der Unterentlohnung. Generell ist auszuführen, dass sowohl der Streitgegenstand als auch der weitere Verlauf des Verfahrens in einem zivilgerichtlichen Verfahren- zum Unterschied von dem dem Grundsatz der materiellen Wahrheit verpflichteten Verwaltungsstrafverfahren - der Parteiendisposition unterliegt. Wenn daher der betroffene Arbeitnehmer etwa aus prozesstaktischen Gründen nur einen Teil des ausstehenden Lohns beim Arbeits-und Sozialgericht einklagt bildet nur dies den Streitgegenstand und würde schon allein dadurch auf Grund der Bindungswirkung auch das strafrechtlich relevante Ausmaß der Unterentlohnung reduziert. Es erscheint fraglich, ob diese Konsequenz im Hinblick auf den Schutzweck des LSD-BG tatsächlich gewünscht ist.

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Unklar erscheint im Übrigen auch, welche Konsequenzen ein durch Aussetzung des Verfahrens in das behördliche Verwaltungsstrafverfahren eingeflossenes Urteil für die Verwaltungsgerichte in einem allfälligen Beschwerdeverfahren hätte, da der Entwurf die verpflichtende Aussetzung des Verfahrens ja ausdrücklich nur für die Bezirksverwaltungsbehörden vorsieht. Es wird daher angeregt, diese Regelung entfallen zu lassen, da die geltende Bestimmung des § 38 AVG den Bezirksverwaltungsbehörden ohnedies die Möglichkeit bietet, das Verfahren auszusetzen, wenn dies im Hinblick auf die Komplexität des Falls sinnvoll erscheint Zu § 32 Abs1: die vorgeschlagene Regelung könnte –ebenso wie der bisherige §7i Abs8 AVRAG- auch so verstanden werden, dass es in ein und demselben Verfahren zB nach §29 Abs1 mehrere mitbeteiligte Parteien gibt. Es wird daher angeregt, zumindest in den Erläuterungen klarzustellen, dass diese Regelung so zu lesen ist, dass Parteistellung nur der jeweils anzeigenlegenden Behörde zukommt Abs2: da das Verfahren gemäß § 31 ein von der Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen einzuleitendes Verfahren ist, kann die zu Abs1 vorgeschlagene Auslegung hier nicht zum Tragen kommen. Es wird daher dringend angeregt zu überprüfen, ob es wirklich erforderlich ist, dass in ein und demselben Verfahren drei (!) verschiedene Behörden Parteistellung haben, was für die Vollziehung höchst unpraktikabel ist und auch systemfremd wäre, da vergleichbare Bestimmungen in der Regel pro Verfahren immer nur eine Amtspartei zur Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit vorsehen. Zu § 42 ff: Es wird vorgeschlagen- sofern die Durchsetzungsrichtlinie dies zulässt- die vorgesehenen Erleichterungen für die Zustellung im Ausland mittels IMI nicht bloß für die das Verfahren abschließende Entscheidung vorzusehen sondern auch für bestimmte Ermittlungsschritte während des Verwaltungsstrafverfahrens bei denen eine rasche und nachweisliche Zustellung wesentlich ist. Im behördlichen Verfahren gilt dies vor allem für die Verfolgungshandlung, im Verfahren vor dem LVwG für die Ladung zur mündlichen Verhandlung. Zu § 46 Abs Z1 Zu der im Entwurf vorgesehenen zwingenden Übersetzung der Entscheidung wird in den Erläuterungen ausführt, dass dies in der Durchsetzungsrichtlinie nicht verbindlich vorgesehen ist. Es wird angeregt, von dieser überschießenden Maßnahme Abstand zu nehmen zumal daraus erhebliche Übersetzungskosten für die Länder resultieren, welche soweit ersichtlich in der dem Entwurf angeschlossenen Kostenschätzung bis dato nicht berücksichtigt wurden.

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Landesverwaltungsgericht Steiermark 8010 Graz, Salzamtsgasse 3 DVR 0752916 - UID ATU37001007

GZ: LVwG 33.15-2564/2015-44 Ggst.: B J; Übertretungen des AVRAG – Beschwerde

Gerichtsabteilung 15 Tel.: 0316 8029-7234 Fax: 0316 8029-7215 E-Mail: [email protected] Amtsstunden und Parteienverkehr: Montag – Freitag: 8:30 – 12:00 Uhr Graz, 18. Dezember 2015

I.

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Merl über die Beschwerde des Herrn J B, geb. xx, vertreten durch S und K Rechtsanwälte GmbH, Sgasse, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 04.08.2015, GZ: BHHF-15.1-20712/2015,

z u R e c h t e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde hinsichtlich der Punkte 6. und 11. des Straferkenntnisses als unbegründet

a b g e w i e s e n.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt € 400,00 hinsichtlich Punkt 6. zu leisten. (Zum Entfall des Verfahrenskostenbeitrages für Spruchpunkt 11. vgl. Seite 22 der Begründung)

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II. Hinsichtlich der Punkte 5., 7., 8., 9. und 10. wird die Beschwerde dem Grunde nach

a b g e w i e s e n. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Beschwerde in diesen Punkten Folge gegeben und gemäß § 19 iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von je € 1.000,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit eineinhalb Tage Ersatzfreiheitsstrafe) je Spruchpunkt verhängt. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde hinsichtlich dieser Punkte auf den Betrag von insgesamt € 500,00. Dem Beschwerdeführer wird aufgetragen die Geldstrafen und den Kostenbeitrag binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu bezahlen. III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig. Hinsichtlich der Spruchpunkte 5. bis 10. wird der Tatvorwurf dahingehend konkretisiert, dass der Beschwerdeführer die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V E Kft. zu verantworten hat und der jeweils betroffene Arbeitnehmer zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurde. Hinsichtlich des Spruchpunktes 11. wird der Tatvorwurf wie folgt gänzlich neu gefasst: Sie haben in ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V E Kft. in Ba utca, S, zu verantworten, dass hinsichtlich des in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmers Z B, geb. xx, welcher ab dem 28.05.2015 zur Erbringung einer Arbeitsleistung beim Bauvorhaben in J/H entsandt wurde, die mit Mail der Abgabenbehörde vom 02.07.2015 angeforderten Unterlagen betreffend die Lohneinstufung binnen der gesetzten Frist bis 06.07.2015 nicht übermittelt wurden.

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II.

Hinsichtlich der Punkte 1. bis 4. und 12. bis 16. des Straferkenntnisses wird der

B E S C H L U S S gefasst: I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

s t a t t g e g e b e n,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e I. Beschwerdevorbringen, Sachverhalt: Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V E Kft., Ba utca , S, zur Last gelegt, er habe hinsichtlich der in seinem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer 1.) K Be, geb. xx 2.) M B geb. xx 3.) A C, geb. xx 4.) S T, geb. xx 5.) Z B, geb. xx 6.) P B, geb. xx welche im Zeitraum Mai bis zumindest 02.07.2015 (Kontrolltag) beim Bauvorhaben J/H beschäftigt wurden, nachstehende Übertretungen des AVRAG begangen:

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Punkt 1. bis 4.: Verspätete ZKO-Meldungen hinsichtlich der Arbeitnehmer Be, B, C und T entgegen § 7b Abs 3 iVm § 7b Abs 8 AVRAG, da die Genannten trotz eines Arbeitsbeginns am 27.05. bzw. 28.05.2015 erst am 25.05.2015 der Zentralen Koordinationsstelle gemeldet worden waren. Es wurden fünf Geldstrafen von € 500,00 je Spruchpunkt verhängt. Punkt 5. bis 10.: Fehlende Lohnunterlagen hinsichtlich aller sechs obgenannten Arbeitnehmer entgegen § 7d Abs 1 AVRAG, da bei der Kontrolle vom 02.07.2015 keine Lohnzettel und keine Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für Mai 2015 vor Ort aufgelegen seien. Es wurden Geldstrafen von € 2.000,00 je Spruchpunkt verhängt. Punkt 11. bis 16.: Übertretungen jeweils des § 7f Abs 1 Z 3 iVm § 7i Abs 1 AVRAG, da hinsichtlich aller sechs obgenannter Arbeitnehmer, da die mit E-Mail vom 02.07.2015 ergangene Aufforderung, die vollständigen Unterlagen bis 06.07.2015 vorzulegen, nicht eingehalten worden sei, da keine Arbeitszeitaufzeichnungen, keine Lohnaufzeichnungen und keine Unterlagen betreffend der Lohneinstufung übermittelt wurden. Es wurden Geldstrafen von € 500,00 je Spruchpunkt verhängt. In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der zunächst noch unvertretene Beschwerdeführer hinsichtlich der Punkte 1. bis 4. ein, beim gegenständlichen Bauvorhaben habe Gefahr in Verzug bestanden, da die völlig veralteten Stromleitungen teilweise unter Wasser gestanden seien und daher Lebensgefahr bestanden habe. Auf dringenden Wunsch der Bauherrin hätten daher die Mitarbeiter aus Gründen der Gefahrenabwehr bereits am 27.05.2015 mit den Arbeiten vor Ort begonnen, obwohl die ZKO-Meldungen erst am 25.05.2015 erstattet worden seien. Dies könne auch jederzeit von der Auftraggeberin bestätigt werden. Hinsichtlich der Spruchpunkte 5. bis 10. wurde eingewendet, es seien ohnedies alle gemäß § 7d AVRAG erforderlichen Lohnunterlagen im Ordner vor Ort aufgelegen und den Finanzbeamten auch gezeigt worden. Die Finanzpolizisten hätten jedoch diese Unterlagen bloß durchgeblättert und nichts davon herausgenommen und gelesen. Die Lohnabrechnungen für Juni und Juli 2015 seien zum Kontrollzeitpunkt noch gar nicht erstellt gewesen und hätten daher auch nicht auf der Baustelle

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aufliegen können. Möglicher Weise sei es auch zu Missverständnissen auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse der vor Ort tätigen Partie gekommen, zumal die Finanzpolizisten den Vorschlag der Arbeiter mit einem sprachkundigen Mitarbeiter des Unternehmens zu telefonieren abgelehnt hätten. Hinsichtlich der Punkte 11. bis 16. wurde vorgebracht, es seien ohnedies alle nachgeforderten Unterlagen innerhalb der von der Finanzpolizei gesetzten Fristen nachgereicht worden. Zu Beginn der Verhandlung vom 01.12.2015 wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers noch eingewendet, die gegenständliche Baustelle sei auch bereits am 16.06.2015 vom Finanzpolizeiteam x überprüft worden und auch damals bereits die Lohnunterlagen für Mai 2015 angefordert worden. Somit hätten diese Unterlagen der Finanzpolizei bei der neuerlichen Kontrolle vom 02.07.2015 ohnedies bereits bekannt sein müssen. Hinsichtlich der Spruchpunkte 11. bis 16. des Straferkenntnisses sei weiters nicht ersichtlich, worin der strafbare Tatbestand bestehen solle, weil der Beschwerdeführer die Lohnunterlagen für Mai 2015 und auch die Arbeitszeitaufzeichnungen für dieses Monat ohnedies fristgerecht übermittelt habe, was auch von der Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme im Verfahren vor dem LVwG eingeräumt worden sei und der Spruch des Straferkenntnisses in diesen Punkten nur auf die fehlenden Lohnzettel und Lohnnachzahlungsnachweise für Mai Bezug nehme. Nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Verhandlungen am 11.12. und am 14.12.2015 wird nach Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen P K, H P, T R, M H, G M, Z B und W J in Verbindung mit den in der Verhandlung vorgekommenen Urkunden, insbesondere den drei zugrundeliegenden Anzeigen der Finanzpolizei und dem diesen angeschlossenen umfangreichen Urkundenkonvolut (u.a. Personenblätter, ZKO-Meldungen, A1-Bescheinigungen, Stundenauf-zeichnungen, Lohnabrechnungen, Arbeitsverträge, Entsendungsverträge, Fotos, etc.), den im Verfahren vor dem LVwG durchgeführten Erhebungen, insbesondere der Anfrage an die Finanzpolizei und dem dortigen Antwortschreiben vom 17.11.2015, den von Frau M H vorgelegten Verträgen und den Beilagen zur Verhandlungsschrift vom 01.12.2015 und vom 14.12.2015 sowie den seitens des LVwG getätigten Erhebungen hinsichtlich der Kontrolle vom 16.06.2015 nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen angenommen: Der Beschwerdeführer ist seit Mai 2010 handelsrechtlicher Geschäftsführer der V E Kft., deren Unternehmensgegenstand die Durchführung von Elektroinstallationsarbeiten ist. Im Frühjahr 2015 wurden zehn Mitarbeiter beschäftigt, darunter auch der Sohn des Beschwerdeführers Z B, dessen Aufgabe im Betrieb vornehmlich darin besteht, die auf auswärtigen Arbeitsstellen des Unternehmens tätigen Arbeiter zu koordinieren und zu beaufsichtigen und welcher auch der

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Vorarbeiter der verfahrensgegenständlichen Partie auf der Baustelle in Österreich gewesen ist. Z B hat in Ungarn eine Handelsschule besucht und betreibt nebenberuflich einen Einzelhandel mit Elektroartikeln. Im Frühjahr 2015 führte Frau M H bei dem in ihrem Eigentum stehenden mehrstöckigen Gebäude in J/H, in welchem sie zuvor ein Seniorenpflegeheim betrieben hatte, einen Generalumbau durch, im Zuge dessen in dem Gebäude 40 Mietwohnungen errichtet werden sollten. Im Zuge dieses Umbaus waren auch umfangreiche Baumaßnahmen, unter anderem der Abbruch und das Versetzen von Mauern erforderlich, sowie eine komplette Demontage der ca. 40 Jahre alten Elektroinstallation des ehemaligen Pflegeheims und die komplette Elektroneuinstallation. Auf Vermittlung von Bekannten von Frau H kam der Kontakt zur V E Kft. zustande und fanden bereits im März 2015 erste Besprechungen und Besichtigungen des gegenständlichen Bauprojektes vor Ort statt. An diesen Besprechungen nahmen der Beschwerdeführer, sein Sohn und ein Freund des Beschwerdeführers namens P K teil, wobei letzterer als Dolmetscher fungierte, da der Beschwerdeführer und sein Sohn kaum Deutsch sprechen. Im Hinblick auf den in Aussicht genommenen Auftrag beantragte der Beschwerdeführer schon am 27.04.2015 in Ungarn die A1-Bescheinigungen für die für den verfahrensgegenständlichen Arbeitseinsatz vorgesehene Partie, die aus seinem Sohn und den übrigen fünf spruchgegenständlichen Arbeitern bestehen sollte. Ein erster Vertrag wurde bereits am 11.05.2015 vor Ort unterfertigt, wobei ein von Herrn K erstelltes Vertragsmuster in deutscher und ungarischer Sprache verwendet wurde. Der Auftrag umfasste den Abbruch der bestehenden Elektroinstallation und die gesamten neuen Elektroinstallationen zu einem Pauschalpreis von € 4.000,00 pro Woche, wobei das Unternehmen des Beschwerdeführers auch das gesamte Material beizustellen hatte. Der geplante Ausführungsbeginn verzögerte sich zunächst und nützte der Beschwerdeführer die Zeit, um inzwischen in Ungarn für seine Arbeitnehmer die erforderlichen Dokumente beizuschaffen (Entsendungsverträge, etc.), wobei wiederum Herr K behilflich war, welcher auf der Homepage des österreichischen Finanzministeriums recherchierte, welche Unterlagen für eine grenzüberschreitende Entsendung nach Österreich erforderlich sind bzw. vor Ort aufliegen müssen. Herr K stellte im Auftrag des Beschwerdeführers auch einen Ordner zusammen, in dem sämtliche Unterlagen, welche gemäß AVRAG auf der Baustelle in Österreich vor Ort aufliegen müssen, übersichtlich geordnet abgeheftet sind, dies jeweils in deutscher und ungarischer Sprache. Hiebei wurde so vorgegangen, dass für jeden Arbeitnehmer die jeweils erforderlichen personenbezogenen Unterlagen (ZKO-Meldungen, A1-Bescheinigungen, Arbeitsverträge, Entsendevereinbarungen, etc.) gesammelt und mit Klarsichtfolien getrennt abgeheftet wurden, zusätzlich ebenfalls wieder gesammelt in einer eigenen

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Klarsichtfolie jene Formulare, in denen die vor Ort tätige Partie ihre Arbeitstage und Arbeitsstunden vor Ort einträgt. Ende Mai 2015 drängte die Bauherrin auf einen sofortigen Arbeitsbeginn, da die Baufirma bereits begonnen hatte Wände abzureißen bzw. die hölzernen Wandvertäfelungen zu entfernen und die dort vorhandenen Elektroleitungen ungesichert herumhingen, weshalb sich die Mitarbeiter der Baufirma weigerten wegen Gefahr in Verzug weiterzuarbeiten. Um eine vorübergehende Baueinstellung zu vermeiden, sollte daher die V E Kft. so rasch wie möglich mit der Demontage der alten Elektroinstallation beginnen. Aus diesem Grund begab sich der Beschwerdeführer mit einem Teil der vorgesehenen Partie am Mittwoch, den 27.05.2015 vor Ort und wurde ein neuer Vertrag abgeschlossen, welcher mit inhaltlich gleichlautendem Text nunmehr einen Ausführungsbeginn per 27.05.2015 vorsieht. Obwohl der Beschwerdeführer eigentlich beabsichtigt hatte, dass die gesamte Partie ihre Arbeit vor Ort erst am Montag, den 02.06.2015, aufnehmen solle, unter anderem wegen der erst am 25.07.2015 erstatteten ZKO-Meldungen, erklärte er sich letztlich auf Drängen der Auftraggeberin damit einverstanden, dass ein Teil der Arbeitnehmer bereits in der 22. Kalenderwoche seine Arbeit aufnimmt und zwar die Arbeitnehmer BE und B bereits am 27.05.2015 und die Arbeitnehmer C und T am 28.05.2015. Der Beschwerdeführer selbst war während der Ausführungsphase nicht vor Ort. In den folgenden Wochen reiste die verfahrensgegenständliche Partie täglich mit dem Firmenbus von Ungarn aus zur Baustelle an, wobei der Sohn des Beschwerdeführers als Anweisungsbefugter vor Ort fungierte. Am 16.06.2015 fand ebenfalls in Abwesenheit des Beschwerdeführers bereits eine Kontrolle der gegenständlichen Baustelle durch Mitarbeiter des Finanzpolizei- Team x des Finanzamtes D statt, bei welcher die gleichen Arbeiter angetroffen wurden, ausgenommen P B, welcher damals nicht vor Ort war. Auch anlässlich dieser Kontrolle wurden die vor Ort aufliegenden Lohnunterlagen überprüft, wobei diese identisch waren mit den anlässlich der verfahrensgegenständlichen Kontrolle aufliegenden Unterlagen. Die damalige Leiterin der Amtshandlung Frau S Si übergab den vor Ort tätigen Mitarbeitern des Beschwerdeführers das Formular FinPol20 (Information über durchgeführte Kontrollhandlung), in welchem von ihr durch Durchstreichen bzw. Unterstreichen ersichtlich gemacht wurde, welche Unterlagen vorhanden waren und welche nachzureichen sind. Nachgefordert wurden jeweils mit Frist 18.06.2015 zum einen die Lohnzettel und Lohnnachzahlungsnachweise, konkretisiert durch den handschriftlichen Vermerk „für Mai 2015 alle!“, weiters die Lohnaufzeichnungen (ohne nähere Konkretisierung) und die Unterlagen betreffend die Lohneinstufung, wobei hinsichtlich dieser handschriftlich konkretisiert wurde, dass diese nur hinsichtlich des Herrn B Z gefehlt hätten. Alle angeforderten Unterlagen wurden fristgerecht nachgereicht und von der Meldungslegerin in das Dokumentationssystem der Finanzpolizei FinPol Online eingegeben. Ein Strafantrag

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wegen Übertretung des § 7f Abs 1 Z 3 AVRAG wurde anlässlich dieser Kontrolle nicht gestellt, wohl aber wegen Übertretung des § 7d AVRAG. Die bezughabende Anzeige wurde vom zuständigen Strafreferenten der belangten Behörde mit der zwischenzeitig bereits vorliegenden Anzeige im gegenständlichen Verfahren zu einem gemeinsamen Verfahren verbunden. Am 02.07.2015 wurde die verfahrensgegenständliche Baustelle neuerlich, diesmal von Mitarbeitern der Finanzpolizei Team x des Finanzamtes Oststeiermark unter Leitung von W J, überprüft. An diesem Tag waren lediglich die Arbeitnehmer BE, C, B und T vor Ort tätig, welche alle kaum Deutsch sprechen. Jeder der Arbeiter erhielt zunächst einen in ungarischer Sprache abgefassten Erhebungsbogen zum Ausfüllen, in weiterer Folge verlangten die Meldungsleger die Einsichtnahme in die vor Ort aufliegenden Unterlagen und nahmen Einsicht in dem von den Arbeitern ausgehändigten Ordner. Darin befanden sich neben anderen für die verfahrensgegenständlichen Tatbestände nicht relevanten Urkunden nachstehende Unterlagen, welche von den Meldungslegern vor Ort im Dienstbus kopiert und den gegenständlichen Anzeigen angeschlossen wurden: Ausweiskopien, A1-Formulare, ZKO-Meldungen, Entsendungsverträge (deutsch und ungarisch), Arbeitsverträge (deutsch und ungarisch), Lohnerhöhung (deutsch und ungarisch), Stundenlisten für 07/2015 sowie für alle Arbeitnehmer, ausgenommen Z B, auch Unterlagen über die Berufsausbildung (Bescheinigung Fachausbildung bzw. Facharbeiterbrief). Die unmittelbar in der Nähe wohnhafte Bauherrin wurde von der Kontrolle nicht verständigt, ebenso wenig das Unternehmen des Beschwerdeführers. Ein Protokoll über die Kontrolle wurde nicht verfasst. Die Arbeitnehmer erhielten lediglich einen Vordruck ausgehändigt, in welchem wortartig ohne Bezugnahme auf die konkret vorhanden gewesenen bzw. vor Ort fehlenden Unterlagen, die gemäß § 7d AVRAG erforderlichen Lohnunterlagen schlagwortartig aufgelistet sind (Vordruck Beilage ./1 zur Verhandlung vom 14.12.2015). Vor Ort niederschriftlich befragt wurde lediglich der zufällig anwesende Hausmeister der Bauherrin G M, dies jedoch nicht zu den vor Ort vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Unterlagen. Noch am Nachmittag des Kontrolltages erging nachstehendes E-Mail an das Unternehmen des Beschwerdeführers, mit dem Unterlagen nachgefordert wurden: Sehr geehrte Damen und Herren! Seitens der Finanzpolizei- Team x (Oststeiermark) wurde am 2.7.2015 um 09.00 Uhr, beim Bauvorhaben J/H (Umbau des Pflegeheimes F in Wohnungen), eine Kontrolle betreffend die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechtsan-

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passungsgesetzes, des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes durchgeführt. Auf der Baustelle wurde der ungarische Staatsangehörige K Be, geb. xx, der ungarische Staatsangehörige A C, geb. xx, der ungarische Staatsangehörige M B, geb. xx und der ungarische Staatsangehörige S T, geb. xx angetroffen. Die angeführten ungarischen Staatsangehörigen waren auf der Baustelle für die ungarische Firma V E Kft, Ba u., S tätig. Um dem Erhebungsauftrag gem. § 7f Abs. 1 Z 3 2. Fall AVRAG nachzukommen, ist es zur Ermittlung des ihren Arbeitnehmern zustehenden Entgeltes notwendig, folgende Unterlagen für jeden ab 01.01.2015 am Kontrollort tätig gewesenen Arbeitnehmer, der Finanzpolizei-Team x, per E-Mail bis Montag den 06.07.2015 zu übermitteln:

o Arbeitsvertrag oder Dienstzettel o Lohnzettel o Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege o Lohnaufzeichnungen o Arbeitszeitaufzeichnungen o Unterlagen betreffend die Lohneinstufung

Laut der Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7b Abs 3 und 4 AVRAG sind die oben genannten Unterlagen für folgende Arbeitnehmer zu übermitteln: K Be (wurde auf der Baustelle angetroffen) A C (wurde auf der Baustelle angetroffen) M B (wurde auf der Baustelle angetroffen) S T (wurde auf der Baustelle angetroffen) J B Z B P B L P Die Lohnabrechnungen für den Monat Mai sind bis zum 06.07.2015 zu übermitteln. Die Lohnabrechnungen für den Monat Juni sind bis zum 20.07.2015 zu übermitteln. Die Lohnabrechnungen für den Monat Juli sind bis zum 20.08.2015 zu übermitteln.

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Lohnabrechnung = Lohnzettel + Nachweis der Zahlung (Auszahlungsbeleg bzw. Banküberweisungsbeleg) Es wird auch um Übermittlung eines Handelsregisterauszuges gebeten aus welchem ersichtlich ist wer der Chef der Firma ist. (Bekanntgabe von Namen, Geburtsdatum und Adresse des Chefs der Firma) Weiters werden sie gebeten die Verträge für die Baustelle J/H (Umbau des Pflegeheimes F in Wohnungen) zu übermitteln. Mit der Bearbeitung dieses Schreibens und der Zusammenstellung der nachgeforderten Unterlagen wurde wiederum auf Grund seiner guten Deutschkenntnisse Herr K befasst, welcher am 06.07.2015 namens der V E Kft. mit mehreren E-Mails hinsichtlich der sechs spruchgegenständlichen Arbeitnehmer nachstehende Unterlagen übermittelte: Die bereits bei der Kontrolle aufgelegenen ZKO 3-Meldungen, Entsendungsverträge, Arbeitsverträge, Unterlagen betreffend Lohnerhöhung sowie nunmehr zusätzlich die Arbeitszeitaufzeichnungen für Mai sowie die Lohnzettel und Lohnauszahlungsbelege für Mai 2015. In weiterer Folge wurden alle drei verfahrensgegenständlichen Strafanträge bereits am 15.07.2015 erstattet, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Nachfristen für die Lohnabrechnungen für Juni und Juli laut Mail vom 02.07.2015 (20.07.2015 bzw. 20.08.2015) noch nicht abgelaufen waren. Die Lohnzettel und Lohnauszahlungsbelege für Juni 2015 wurden vom Beschwerdeführer als Anlage zu einem Mail vom 21.07.2015 übermittelt, mit weiterem Mail vom 23.08.2015 wurden noch Stundenaufzeichnungen für Juli 2015 sowie eine Bestätigung der Arbeitnehmer über das in diesem Monat bezogene Entgelt nachgereicht, wobei die im August übermittelten Unterlagen vom Bearbeiter der Anzeigen W J erst nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub im September eingesehen wurden. Sämtliche vor Ort vorhanden gewesene und alle nachgereichten Unterlagen wurden vom Anzeigenleger ohne weitere inhaltliche Prüfung an das Kompetenzzentrum LSDB der Wiener Gebietskrankenkasse zwecks allfälliger Anzeigenlegung wegen des Verdachts der Unterentlohnung weitergeleitet. Ein Strafverfahren wegen des Verdachtes der Übertretung des § 7i Abs 5 AVRAG wurde bis dato nicht eingeleitet. II. Beweiswürdigung:

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Die Feststellungen zur vorangegangenen Kontrolle vom 16.06.2015 beruhen zum einen aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen über die damalige Kontrollhandlung und zum anderen aus der Anfragebeantwortung vom 15.12.2015 durch den Teamreferenten PO des FinPol-Team x und den von diesem vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem von der zuständigen Sachbearbeiterin Frau Si verfassten Protokoll. Die Feststellungen, welche Unterlagen am 02.07.2015 vor Ort tatsächlich aufgelegen sind und welche zu welchen Terminen nachgereicht wurde, gründen sich zum einen auf die Aussagen des Anzeigenlegers J und zum anderen auf die von ihm bereits im Verfahren abgegebene schriftliche Stellungnahme vom 17.09.2015, welche sich ausgenommen die strittige Frage, ob die Lohnabrechnungen für Mai 2015 vor Ort aufgelegen sind oder nicht, im Wesentlichen auch mit den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Mitarbeiter decken (vgl. dazu im Folgenden). Zu den Spruchpunkten 1. bis 4. des Straferkenntnisses: Hier war auf Grund der vollkommen übereinstimmenden Aussagen aller befragten Personen, insbesondere jener der Zeugen H und M, denen mangels persönlicher Nahebeziehung zum Beschwerdeführer eine Gefälligkeitsaussage zugunsten des Beschuldigten nicht unterstellt werden kann, letztlich als erwiesen anzunehmen, dass es sich bei dem vorgezogenen Arbeitsbeginn 27.05.2015 hinsichtlich der damals durchgeführten Arbeiten, tatsächlich um unaufschiebbare bzw. kurzfristig zu erledigende Aufträge gehandelt hat. Zu den Spruchpunkten 5. bis 10. des Straferkenntnisses: Hier gestalteten sich die Ermittlungen, ob die nach dem Wortlaut des Spruches allein entscheidungswesentlichen Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Bank-überweisungsbelege für Mai 2015 (vgl. dazu im Folgenden die rechtliche Beurteilung) am Arbeitsort aufgelegen sind oder nicht insoferne äußerst schwierig, als die mitbeteiligte Partei den Ablauf der gegenständlichen Anzeige bedauerlicher Weise schlecht dokumentiert hat und somit Aussage gegen Aussage steht. So wurde entgegen den üblichen Gepflogenheiten kein Ablaufprotokoll erstellt und auch das vorgesehene Formular FinPol 20 nicht übergeben. Der den Arbeitern ausgehändigte Vordruck, Beilage ./1 zur Verhandlungsschrift vom 14.12.2015, vermag zur Aufklärung nichts beizutragen, weil daraus nicht ersichtlich ist, welche Unterlagen vor Ort vorhanden waren und welche gefehlt haben. Der Beschwerdeführer hat durchaus nicht unplausibel damit argumentiert, dass es gerade widersinnig wäre, wenn gerade er, welcher sich im Zusammenwirken mit Herrn K ganz besonders um die Einhaltung aller Formvorschriften gemäß AVRAG

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bemüht hat, genau jene Unterlagen nicht vor Ort bereitgehalten hätte, welche bereits zuvor anlässlich der Kontrolle vom Juni 2015 Gegenstand einer Beanstandung durch die Finanzpolizei gewesen sind. Denkmöglich wäre allerdings auch die gegenteilige Annahme, nämlich dass der Beschwerdeführer und seine Mitarbeiter der Meinung waren, gerade diese Lohnzahlungsnachweise für Mai 2015 nicht mehr am Arbeitsort in Österreich bereithalten zu müssen, weil diese Unterlagen ja bereits der „Finanz“ übermittelt wurden und aus Anlass der Kontrolle vom 16.06.2015 ja keine Anzeige wegen unterlassener oder unvollständiger Nachreichung von Unterlagen erfolgt ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Meldungsleger vor Ort nachweislich ein sehr umfangreiches Urkundenkonvolut gesichtet und teilweise kopiert haben, erscheint es prinzipiell auch möglich, dass einzelne Urkunden hiebei übersehen wurden bzw. bereits kopierte Seiten, wie auch immer, in Verstoß geraten sind. Glaubt man allerdings dem Beschwerdeführer, dass in dem gegenständlichen Baustellenordner alle personenbezogenen Dokumentenkopien seiner Mitarbeiter, zu denen jedenfalls auch die Lohnzettel und die Lohnauszahlungsbelege gehörten, für jeden Mitarbeiter gesondert in einer eigenen Klarsichtfolie abgelegt waren – dies wurde auch vom Zeugen J bestätigt – so hätten die Meldungsleger sechsmal den gleichen Fehler machen müssen, nämlich immer genau die gleiche Unterlage zu übersehen bzw. nicht zu kopieren, was nach allgemeiner Lebenserfahrung sehr unwahrscheinlich erscheint. Nach sorgfältiger Abwägung aller für und wider die jeweiligen Standpunkte sprechenden Argumente, war daher letztlich als erwiesen anzunehmen, dass die Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise für Mai 2015 tatsächlich nicht vor Ort aufgelegen sind. Zu den Spruchpunkten 11. bis 16. des Straferkenntnisses: Hier ist aus rechtlichen Gründen – vgl. wiederum im Folgenden die rechtliche Beurteilung – nach dem Wortlaut des Spruches allein entscheidungswesentlich, ob die laut E-Mail vom 02.07.2015 mit Frist 06.07.2015 vorzulegenden Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung fristgerecht übermittelt wurden oder nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die im Sachverhalt bewusst im vollen Wortlaut wiedergegebene Aufforderung der mitbeteiligten Partei vom 02.07.2015 – bei welcher es sich zumindest hinsichtlich der dort schlagwortartig aufgelisteten Unterlagen um einen der zustehenden Richterin auch schon aus anderen Verfahren bekannten Standardtext handelt – bezogen auf den gegenständlichen Fall in mehrfacher Hinsicht missverständlich bzw. unklar ist, da im vorliegenden Fall die „Lohnunterlagen“ im Sinne des § 7d AVRAG vor Ort ja nicht gänzlich gefehlt haben,

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sondern im Gegenteil zu ca. 90 % vorhanden waren. So wurden nochmals pauschal Arbeitsverträge und Dienstzettel angefordert, obwohl diese nachweislich hinsichtlich aller betroffenen Arbeitnehmer vor Ort aufgelegen sind. Ebenso wurden pauschal „Arbeitszeitaufzeichnungen“ nachgefordert, obwohl diese – wenn auch nur zu einem kleinen Teil – vor Ort ebenfalls aufgelegen sind. Weshalb der Meldungsleger nochmals „Unterlagen betreffend die Lohneinstufung“ angefordert hat, obwohl bei fünf der gegenständlichen Arbeitnehmer Ausbildungsunterlagen vor Ort aufgelegen sind, ist auch nicht ersichtlich. Hätte die mitbeteiligte Partei mit dieser Anforderung nur die eine für Herrn Z B nachweislich fehlende Ausbildungsunterlage gemeint oder sollte sie der Meinung gewesen sein, dass die für die anderen fünf Arbeiter vorhandenen Unterlagen für die Lohneinstufung nicht ausreichend sind, wie im Nachhinein in der Verhandlung vom Zeugen J ausgeführt, hätte sie dies jedenfalls im Mail vom 02.07.2015 entsprechend konkretisieren müssen. Was im gegebenen Zusammenhang unter „Lohnaufzeichnungen“ gemeint sein soll, ist ohne nähere Konkretisierung völlig unerfindlich (vgl. dazu auch im Folgenden die rechtliche Beurteilung). Ein durchschnittlicher Betrachter ohne Insiderkenntnisse der Finanzorganisation bzw. Finanzprüfung könnte durchaus geneigt sein zu glauben, dass mit „Lohnaufzeichnung“ letztlich ohnedies die „Lohnzettel“ gemeint sind, da ja auch im Lohnzettel der Lohn dokumentiert und somit „aufgezeichnet“ wird. Somit erscheint es nicht verwunderlich, wenn der Beschwerdeführer bzw. der von ihm mit der Bearbeitung der nachgeforderten Unterlagen beauftragte Herr K zum einen teilweise Unterlagen noch einmal vorgelegt hat, die ohnedies vor Ort aufgelegen sind und die angeforderten „Lohnaufzeichnungen“ offensichtlich dahingehend verstanden hat, dass damit die mit im weiteren Text dieses Mails mit drei verschiedenen Fristen angeforderten „Lohnabrechnungen“ gemeint sind. Letztlich hat der Meldungsleger auf Nachfrage durch die Richterin in der Verhandlung vom 14.12.2015 eingeräumt, dass es sich bei den im ersten Teil des Aufforderungsmails vom 02.06.2015 schlagwortartig in Großbuchstaben aufgelisteten Unterlagen bloß um einen Standardtext handelt, der von ihm damals nicht dahingehend konkretisiert wurde, welche Unterlagen nun tatsächlich nachzureichen sind. Ob die nach dem 06.07.2015 vom Beschwerdeführer noch übermittelten Unterlagen fristgerecht waren und inhaltlich dem Auftrag der mitbeteiligten Partei entsprochen haben, war letztlich nicht mehr zu prüfen, da diese Unterlagen – wie auch vom Meldungsleger bestätigt wurde – weder von der Anzeige der mitbeteiligten Partei, noch vom Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses umfasst sind (vgl. im Folgenden die rechtliche Beurteilung).

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Rechtliche Beurteilung: Zu den Spruchpunkten 1. bis 4.: § 7b Abs 3 AVRAG lautet in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt: „(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. …“ Obwohl der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall unstrittig schon mehrere Wochen vor dem 27.05.2015 in Vertragsverhandlungen mit der Bauherrin stand, ist aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen letztlich als erwiesen anzunehmen, dass er von dem konkreten Arbeitsbeginn sehr kurzfristig erfahren hat und der Grund für die außerplanmäßige Vorverlegung des Arbeitsbeginns um mehrere Tage in unaufschiebbaren Arbeiten gelegen war, welche damals wegen Gefahr in Verzug bzw. zwecks Vermeidung einer drohenden Baueinstellung sofort erledigt werden mussten. Somit kann sich der Beschwerdeführer mit Erfolg in diesen Spruchpunkten auf die obgenannte Ausnahmeregelung berufen, welche gerade für derartige Sachverhalte geschaffen wurde, zumal in allen vier Fällen die am 25.05.2015 erstattete Meldung immerhin noch vor Arbeitsaufnahme erstattet wurde. Da somit im Ergebnis keine verspätete ZKO-Meldung vorlag, war das Verfahren hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 4. mangels Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen. Zu den Spruchpunkten 5. bis 10.: § 7d Abs 1 AVRAG lautet in der zur Tatzeit geltenden Fassung wie folgt:

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„(1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.“ Die mit BGBl. I Nr. 94/2014 eingeführte Fassung dieser Bestimmung ist seit 01.01.2015 in Kraft (§ 19 Abs 1 Z 31 AVRAG). Nach der bis dahin geltenden Vorgängerbestimmung war der Arbeitgeber bloß verpflichtet „Lohnunterlagen“ (ohne nähere Konkretisierung) am Arbeits- bzw. Einsatzort im Inland bereitzuhalten. Aus den Erläuternden Bemerkungen der Neuregelung folgt, dass der Gesetzgeber sich deshalb zu einer Konkretisierung des Begriffs „Lohnunterlagen“ veranlasst sah, weil Zweifel dahingehend bestanden, ob die bisherige Formulierung dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG bzw. des § 44a VStG entspricht, da für den Normunterworfenen nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar sei, was unter „Lohnunterlagen“ zu verstehen ist (in diesem Sinne unter anderem auch die Entscheidung des LVwG Steiermark, LVwG 33.15-1308/2014). Im vorliegenden Fall wurde seitens der mitbeteiligten Partei mit Anzeige vom 13.07.2015 neben der Wiedergabe des Gesetzestextes ausgeführt, dass die Unterlagen vor Ort nicht vollständig vorgelegt werden konnten, da hinsichtlich der sechs Arbeitnehmer keine Lohnzettel, keine Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für Mai 2015 vorgelegt wurden und weiters keine Lohnaufzeichnungen, keine Arbeitszeitaufzeichnungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes und keine Unterlagen betreffend die Lohneinstufung vorgelegt werden konnten. In der als erste Verfolgungshandlung anzusehenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.07.2015 wurde diese Tatumschreibung von der belangten Behörde in allen betroffenen Spruchpunkten durch den pauschalen Vorwurf ersetzt, dass die „Lohnunterlagen (ohne nähere Konkretisierung)“ nicht bereitgehalten

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wurden. Diese Tatumschreibung ist im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Zweck der Neuregelung in Verbindung mit dem Umstand, dass gegenständlich ja keineswegs alle Lohnunterlagen gefehlt haben, sondern ein Großteil davon tatsächlich vor Ort aufgelegen ist, sicherlich nicht ausreichend konkret im Sinne des Art. 18 B-VG und des Art. 44a VStG. Dies war offenbar auch der belangten Behörde bewusst, in dem sie den Tatvorwurf nunmehr im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses konkretisierte und gleichzeitig dahingehend einschränkte, dass dem Beschwerdeführer nunmehr lediglich vorgeworfen wird, es seien am 02.07.2015 am Kontrollort „keine Lohnzettel, keine Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für Mai 2015 vorgelegt worden“. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beinhaltet das Verbot der reformatio in peius (nunmehr § 42 VwGVG) nicht bloß das Verbot der Verhängung einer höheren Strafe durch die Rechtsmittelinstanz bzw. nunmehr das Verwaltungsgericht, sondern verbietet auch eine Ausdehnung des Tatvorwurfs zum Nachteil des Beschuldigten zum Beispiel durch eine Erstreckung des Tatzeitraums (u.a. VwGH 23.06.1975, Slg. 8855A; 22.01.2002, Zl.: 99/09/0050 u.a.). „Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist demnach unabhängig vom Eintritt oder Nichteintritt der Verfolgungsverjährung maximal jener Tatvorwurf, der sich aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt, welcher vom LVwG bloß eingeschränkt, nicht jedoch ausgedehnt werden darf. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass entscheidungsrelevant hinsichtlich dieser Spruchpunkte nur ist, ob die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses namentlich angeführten Teile der Lohnunterlagen, somit also die Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise für Mai, am 02.07.2015 am Kontrollort aufgelegen sind oder nicht. Aus den in der Beweiswürdigung bereits ausgeführten Gründen war im Ergebnis als erwiesen anzunehmen, dass dies nicht der Fall war. Dass der Beschwerdeführer eben diese Unterlagen – mit Ausnahme jener für den Arbeitnehmer P B – bereits aus Anlass der vorangegangenen Kontrolle vom Juni 2015 nachgereicht hat und die Finanzpolizei nachweislich vor der verfahrensgegenständlichen Kontrolle im Besitz dieser Unterlagen war, ändert nichts an der Tatbestandsmäßigkeit, da aus dem Wortlaut des § 7d AVRAG klar hervorgeht, dass die Lohnunterlagen während des gesamten Zeitraums der Entsendung aufliegen müssen, sogar dann, wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat, was gegenständlich zumindest bis zum 02.07.2015 ohnedies nicht der Fall war. Wohl aber kann der Umstand, dass die Abgabenbehörden bereits im Besitz dieser Unterlagen waren, ausgenommen jene des Herrn B, im Rahmen der Strafbemessung Berücksichtigung finden (vgl. dazu im Folgenden). Ob anlässlich der Kontrolle vom 02.07.2015 weitere „Lohnunterlagen“ im Sinne des § 7d AVRAG vor Ort nicht

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aufgelegen sind, insbesondere die hinsichtlich der Auslegung des Begriffs strittigen „Lohnaufzeichnungen“, ist somit hinsichtlich dieser Spruchpunkte mangels Tatbestandsmäßigkeit nicht relevant. Zu den Spruchpunkten 11. bis 16.: Die einschlägigen Bestimmungen des AVRAG lauten in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt: § 7f Abs 1 Z 3 AVRAG: „(1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und …

3. in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.“

§ 7i Abs 1 AVRAG: „(1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.“ Hinsichtlich dieser Spruchpunkte hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer – zum Unterschied von den Spruchpunkten 5. bis 10. – mit wörtlich gleichlautendem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung und im nunmehr angefochtenen

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Straferkenntnis zur Last gelegt, er habe hinsichtlich aller sechs spruchgegenständlichen Arbeitnehmer trotz Aufforderung mit Mail vom 02.07.2015 bis zum 06.07.2015 die „Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung“ nicht übermittelt. Aus den oben bereits ausgeführten Gründen ist auch hier im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius davon auszugehen, dass die Sache des Beschwerdeverfahrens durch diesen Tatvorwurf beschränkt wird und somit nicht mehr entscheidungsrelevant ist, ob die mit weiteren Fristen vom 20.07.2015 sowie 20.08.2015 nachgeforderten Unterlagen a) fristgerecht und b) vollständig übermittelt wurden, da diese Unterlagen zum einen schon aus chronologischen Gründen gar nicht den Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Anzeige gebildet haben können, da diese vor Fristablauf erstattet wurde und zum anderen nicht vom Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses umfasst sind. Im Einzelnen ist zu den spruchgemäß nicht fristgerecht nachgereichten Unterlagen Nachstehendes auszuführen: Zu den Arbeitszeitaufzeichnungen: Vom Meldungsleger wurde in der Verhandlung vor dem LVwG ausgeführt, dass das Mail vom 02.07.2015 dahingehend zu verstehen sei, dass alle von ihm nachgeforderten Unterlagen, ausgenommen die Lohnabrechnungsunterlagen, für welche drei verschiedene Fristen gesetzt wurden, somit auch die Arbeitszeitaufzeichnungen bis zum 06.07.2015 vorgelegt werden müssen. Dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer bzw. dem von diesem beauftragten Mitarbeiter Herrn K auf Grund der unklaren Gestaltung des Aufforderungsschreibens dahingehend missverstanden, dass er – durchaus nicht unlogisch – die Arbeitszeitaufzeichnungen für das betreffende Monat jeweils gemeinsam mit den Lohnabrechnungen für das jeweilige Monat vorgelegt hat, was in weiterer Folge zu den anderen beiden Terminen auch nachweislich geschehen ist. Somit ist davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden trifft, wenn die Arbeitszeitaufzeichnungen für das Monat Juni am 06.07.2015 nachweislich nicht vorgelegt wurden. Zu den Unterlagen betreffend die Lohneinstufung: Vom Meldungsleger wurde dazu in der Verhandlung vom 14.12.2015 ausgeführt, dass darunter seines Erachtens neben den vor Ort bereits aufgelegenen Unterlagen über die Berufsausbildung der Arbeitnehmer, noch „Unterlagen über Vordienstzeiten, Versicherungsdatenauszüge, aus denen man ersehen kann, wie lange die Leute im

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Herkunftsland schon beschäftigt waren und dergleichen“ zu verstehen seien. Dies alles ergibt sich freilich nicht aus dem Aufforderungsmail vom 02.07.2015. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass dieser Begriff in der Praxis durchaus unterschiedlich ausgelegt wird. So hat doch immerhin die Meldungslegerin Si vom Finanzpolizei-Team x anlässlich der vorangegangenen Kontrolle vom Juni die genau gleichen Unterlagen überprüft und laut ihren dortigen Eintragungen im Formular FinPol 20 nur die Unterlagen über die Berufsausbildung des Herrn Z B nachgefordert, woraus im Umkehrschluss zu schließen ist, dass sie die vorhanden gewesenen Facharbeiterbriefe bzw. Bescheinigungen über die Fachausbildung der übrigen Arbeiter offensichtlich als ausreichend angesehen hat. Weiters wurden von ihr die hinsichtlich des Z B damals offensichtlich fristgerecht nachgereichten Ausbildungsunterlagen im Erhebungsprotokoll mit dem Vermerk „Angeforderte Unterlagen vollständig nachgereicht“ quittiert und daher in weiterer Folge auch keine Anzeige wegen unterlassener Nachreichung dieser Unterlagen erstattet. Vor diesem Hintergrund kann dem Beschwerdeführer beim besten Willen kein Vorwurf gemacht werden, wenn er nunmehr angesichts der völlig unbestimmten Aufforderung durch Herrn J wiederum „Unterlagen betreffend Lohneinstufung“ vorzulegen, der Meinung war, es sei ausreichend, genau die gleichen Unterlagen vorzulegen, wie bei der vorangegangenen Kontrolle. Auch hinsichtlich dieses Teils des Tatvorwurfs trifft daher den Beschwerdeführer hinsichtlich alle spruchgegenständlichen Arbeitnehmer ausgenommen seines Sohnes, Z B, kein Verschulden. Im Falle des Z B hätte dem Beschwerdeführer nämlich gerade auf Grund der vorangegangenen Kontrolle vom Juni 2015 im Hinblick auf den Umstand, dass damals konkret die Unterlagen betreffend die Berufsausbildung seines Sohnes nachgefordert wurden, bewusst sein müssen, dass zumindest diese Unterlagen jedenfalls unter „Unterlagen betreffend die Lohneinstufung“ zu verstehen sind. Wenn daher im vorliegenden Fall diese Unterlagen dennoch nicht nachgereicht wurden, kann sich der Beschwerdeführer diesbezüglich nicht auf einen schuldbefreienden Irrtum berufen, weshalb die Beschwerde in Spruchpunkt 11. abzuweisen war. Zu den „Lohnaufzeichnungen“: Wie bereits zu den Spruchpunkten 5. bis 10. ausgeführt, hat sich der Gesetzgeber mit BGBl. I Nr. 94/2014 bemüht, den bis dahin völlig unbestimmten Begriff „Lohnunterlagen“ in § 7d AVRAG zu konkretisieren. Allerdings findet sich in der nunmehr geltenden Fassung mit dem Begriff „Lohnaufzeichnungen“ wiederum ein unbestimmter Begriff, welcher nach Auffassung der zuständigen Richterin keineswegs „selbsterklärend“ ist. Da sich auch in den Erläuternden Bemerkungen zur nunmehr geltenden Textfassung keine Ausführungen des Gesetzgebers finden, was

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gegenständlich unter „Lohnaufzeichnungen“ zu verstehen ist, wurde im gegenständlichen Verfahren von der zuständigen Richterin eine schriftliche Anfrage an die mit dem ASRÄG 2015 befassten zuständigen Legistiker des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Mag. W N und Mag. E R gerichtet. Die dortige Anfragebeantwortung lautet auszugsweise wie folgt: „Richtig ist, dass die Rechtsanwendung durch das Fehlen näherer Erläuterungen zum Begriff „Lohnaufzeichnungen“ erschwert wird. Es darf angemerkt werden, dass der Terminus „Lohnaufzeichnungen“ der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd ist. So hat der/die Arbeitgeber/in dem/der Lohnsteuerprüfer/in im Rahmen der GPLA Einsicht in Lohnkonten, Lohnaufzeichnungen und andere Geschäftsbücher und Unterlagen nach § 87 EStG zu gewähren. Nach dem Wortlaut des § 7d Abs 1 AVRAG sind neben den für den jeweiligen AN auszustellenden Lohnzettel und den Lohnzahlungsbelegen/Banküberweisungsbelegen auch die durch den AG insgesamt zu führenden Lohnaufzeichnungen bereitzuhalten. Erstere belegen die tatsächlich erfolgte Auszahlung des Lohnes an den/die einzelne/n Arbeitnehmer/in in bestimmter Höhe und werden durch den/die Arbeitgeber/in geführt. Zweitere dokumentieren näher, wie der/die Arbeitgeber/in zu diesen Entgelten „kommt“ bzw. wie/auf welcher Grundlage diese Entgelte berechnet werden bzw. wie sich die Entgelte zusammensetzen. Lohnaufzeichnungen sind etwa Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung, Zulagen- und Zuschlagsverrechnungslisten, Überstunden-, Provisions-, Akkord- und sonstige leistungsabhängige Lohnaufzeichnungen und dergleichen. Zu den Lohnaufzeichnungen gehören aber auch Nachweise für Arbeiten, für welche die Begünstigung für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (s § 68 Abs 5) in Anspruch genommen wurde. Siehe dazu auch Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 78 (Stand: 1.9.2014, rdb.at). Unter den Begriff Lohnaufzeichnungen sind aber auch durch den/die Arbeitnehmer/in geführte Aufzeichnungen über erhaltene Lohnauszahlungen zu subsumieren, die dieser über Anweisung des/der Arbeitgeber/in zu führen hat.“ Wie aus dieser Anfragebeantwortung ersichtlich, können darunter offensichtlich eine Vielzahl verschiedenster Unterlagen verstanden werden, wobei im gegebenen Zusammenhang weiters zu beachten ist, dass die Normadressaten des § 7d AVRAG ausschließlich ausländische Unternehmer sind, welcher mit österreichischen Lohnverrechnungsvorschriften und den bezughabenden Sonderbestimmungen und Fachausdrücken naturgemäß nicht vertraut sind, ganz abgesehen davon, dass es Teile der im Antwortschreiben von Mag. R erwähnten Lohnbestandteile, wie etwa Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen oder dergleichen im jeweiligen Ausland teilweise vermutlich gar nicht bekannt sind und daher naturgemäß darüber auch keine Unterlagen vorgelegt werden könnten. Auch hier fällt auf, dass

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hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Lohnaufzeichnungen“ offenbar innerhalb der Finanzpolizei Auffassungsunterschiede bestehen, immerhin hat das Finanzpolizei-Team x anlässlich der Kontrolle vom Juni 2015 die nachgereichten Unterlagen offensichtlich als ausreichend angesehen, weshalb dem Beschwerdeführer bzw. seinen Mitarbeitern kein Vorwurf zu machen ist, wenn sie nunmehr der Meinung waren, es sei ausreichend, die gleichen Unterlagen wie damals nachzureichen. Der Verwaltungsgerichtshof tritt in ständiger Judikatur zum Legalitätsprinzip unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nachstehende Auffassung: „Das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs 1 B-VG verlangt für Strafbestimmungen – aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses – eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens (vgl. hiezu VfSlg. 13785/1994“ (Zl: 2004/02/0284). Diesen Anforderungen wird der Begriff „Lohnaufzeichnungen“ im § 7d AVRAG nicht gerecht und ist daher im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen Interpretation zu fordern, dass zumindest durch die Vollziehung – im vorliegenden Fall somit durch die zuständigen Abgabenbehörden – durch eine entsprechende Konkretisierung im Aufforderungsschreiben für den jeweiligen Normadressaten ersichtlich gemacht wird, was konkret vorzulegen ist und hat sich eine Bestrafung dann auch auf jene Unterlagen zu beschränken, welche trotz entsprechend konkreter Aufforderung nicht übermittelt wurden (vgl. dazu auch bereits die von der gleichen Richterin zu GZ: LVwG 33.15-1308/2014 erlassene Entscheidung vom 23.01.2014 zur sinngemäß gleichen Problematik des unbestimmten Begriffs „Lohnunterlagen“, in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 7d AVRAG). Zusammenfassend folgt daraus, dass das Verfahren hinsichtlich der unterlassenen Nachreichung von Unterlagen – ausgenommen der Unterlagen betreffend die Berufsausbildung von Z B gemäß Punkt 11.) des Straferkenntnisses –mangels Verschulden einzustellen war, da zum einen der Begriff „Lohnaufzeichnungen“ im § 7d AVRAG ohne nähere Konkretisierung zu unbestimmt ist, um die Grundlage für eine Bestrafung bilden zu können und zum anderen den Beschwerdeführer auf Grund des unklaren und teilweise widersprüchlichen Textes des Aufforderungsmails vom 02.07.2015 in Verbindung mit den Vorgängern rund um die vorangegangene Kontrolle vom Juni 2015 insgesamt kein Verschulden trifft, wenn er der Auffassung war, mit den bis zum 06.07.2015 nachgereichten Unterlagen der behördlichen Aufforderung entsprochen zu haben.

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Im hinsichtlich dieses Tatbestandes einzig verbleibenden Spruchpunkt 11. war der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses vollständig neu zu fassen, da zum einen weder die unterlassene Auflage von Lohnunterlagen am Kontrollort, noch die unterlassene Nachreichung von Unterlagen eine „Behinderung“ der Kontrollorgane darstellt und im Übrigen der Tatvorwurf auch einzuschränken war, weil dem Beschwerdeführer auch hinsichtlich seines Sohnes abweichend vom ursprünglichen Spruch des Straferkenntnisses nunmehr lediglich vorzuwerfen ist, dass er keine Unterlagen für die Lohneinstufung seines Sohnes nachgereicht hat. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch eine Einschränkung des Tatvorwurfes ein teilweises Obsiegen darstellt, entfällt aus diesem Grund auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrags für das Beschwerdeverfahren hinsichtlich dieses Spruchpunktes. IV. Strafbemessung: Die hinsichtlich der verbleibenden Spruchpunkte einschlägigen Strafbestimmungen des AVRAG lauten in ihrer zur Tatzeit maßgeblichen Fassung wie folgt: § 7i Abs 1 und 4 AVRAG in der Fassung vom 02.07.2015: „(1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt. (4) Wer als 1. Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen

§ 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder 2. Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung

nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3. Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.“

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Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Ein Wiederholungsfall liegt nicht vor, da der Beschwerdeführer laut der vom LVwG eingeholten Auskunft aus der Zentralen Verwaltungsstrafevidenz gemäß § 7n Abs 4 AVRAG keine einschlägigen Vorstrafen wegen früherer Übertretung des AVRAG aufweist. Der Beschwerdeführer ist darüber hinaus absolut unbescholten. Die von der belangten Behörde jeweils bemessenen Strafen entsprechen im Hinblick auf den Umstand, dass in den Spruchpunkten 5. bis 10. mehr als drei Arbeitnehmer betroffen sein, jeweils den gesetzlichen Mindeststrafen. Eine Unterschreitung dieser Strafen kommt somit von vorn herein nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 20 VStG erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung kann die gesetzliche Mindeststrafe um bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

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Zu den Spruchpunkten 5. bis 10.: Die unterlassene Bereithaltung von Lohnunterlagen am Arbeitsort im Inland entgegen § 7d AVRAG unterlag in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung des AVRAG im damaligen § 7i Abs 2 AVRAG lediglich einer Strafdrohung von € 500,00 bis € 5.000,00, im Wiederholungsfall von € 1.000,00 bis € 10.000,00, wobei diese Strafe in Verbindung mit der dazu ergangenen einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch im Falle mehrerer Arbeitnehmer nur einmal zu verhängen war. In den Erläuternden Bemerkungen zum ASRÄG 2015 finden sich zu den nunmehr geltenden, umseitig wiedergegebenen deutlich verschärften Strafsätzen nachstehende Ausführungen: „Dabei werden die Strafrahmen an jene des § 7i Abs 5 AVRAG betreffend Unterentlohnung angeglichen. In der Praxis hat sich nämlich gezeigt, dass Arbeitgeber/innen oftmals eine Anzeige wegen des mit einer wesentlich geringeren Strafe bedrohten Tatbestands des Nicht-Bereithaltens von Lohnunterlagen in Kauf genommen haben, um Unterentlohnungen zu „verschleiern“, weil ohne diese Lohnunterlagen eine erfolgversprechende Anzeige wegen Lohndumping de facto regelmäßig nicht möglich ist. Mit der Anhebung des Strafrahmens entfällt die Möglichkeit eines solchen „günstigen Freikaufens“. Konsequenterweise wird für die Strafdrohung – wie bei der Unterentlohnung – auf jeden Arbeitnehmer/in abgestellt“. Der Schutzzweck der nunmehr erhöhten Strafrahmen besteht somit erkennbar darin, primär jene ausländischen Arbeitgeber zu treffen, welche Lohnunterlagen ihrer nach Österreich entsandten Arbeitnehmer vor Ort gar nicht erst bereithalten, um auf diese Weise eine Kontrolle der Entlohnung von Vornherein zu verunmöglichen, zumal dieser Personenkreis nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Rechtslage mit einer deutlich geringeren Strafe rechnen konnte, wie jene Unternehmer, welche die sie möglicher Weise belastenden Lohnunterlagen den gesetzlichen Vorschriften entsprechend bereitgehalten haben. Diese rechtspolitischen Überlegungen erscheinen durchaus sinnvoll, allerdings differenziert die geltende Strafbestimmung des § 7i Abs 4 AVRAG nicht dahingehend, ob die Lohnunterlagen hinsichtlich des jeweils betroffenen Arbeitnehmers gänzlich gefehlt haben, oder – wie im vorliegenden Fall – zum Großteil ohnedies vor Ort aufgelegen sind. Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer in diesen Spruchpunkten auf Grund der von der belangten Behörde vorgenommenen Einschränkung des Tatvorwurfs letztlich nur vorzuwerfen, dass die Lohnabrechnungsunterlagen für Mai 2015 für die spruchgegenständlichen Arbeitnehmer am Kontrollort nicht aufgelegen sind. Alle

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übrigen „Lohnunterlagen“ im Sinne des § 7d AVRAG waren entweder ohnedies am Kontrollort vorhanden, oder sind vom spruchgegenständlichen Tatvorwurf nicht umfasst. Schon vor diesem Hintergrund erscheint die dafür vorgesehene Mindeststrafe von € 2.000,00 pro Arbeitnehmer unangemessen hoch, da der Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm doch deutlich geringer ist, wie bei einem Unternehmer, welcher die Bestimmung des § 7d AVRAG gänzlich ignoriert. Hinzu kommt im vorliegenden Fall noch, dass – ausgenommen den Arbeitnehmer P B – die Finanzpolizei bereits vor der verfahrensgegenständlichen Kontrolle im Besitz genau jener Unterlagen war, weil diese bereits anlässlich der zuvor stattgefundenen Kontrolle vom Juni 2015 nachgereicht wurden und bereits im FinPol-Onlinesystem erfasst waren. Wenn daher genau die gleichen Unterlagen anlässlich der Kontrolle vom 02.07.2015 nicht – wieder – am Arbeitsort im Inland aufgelegen sind, ist zwar wie bereits in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt, formal der Tatbestand des § 7d AVRAG erfüllt, der Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm jedoch minimal. Der Beschwerdeführer und seine Mitarbeiter waren nicht bloß im Verfahren vor dem LVwG, sondern auch davor im Umgang mit den Abgabenbehörden äußerst kooperativ und erkennbar bemüht alles richtig zu machen und den behördlichen Aufträgen zu entsprechen. Das Verfahren hat – wie auch der Meldungsleger in der Verhandlung vom 14.12.2015 eingeräumt hat (Seite 7 der Verhandlungsschrift) – nicht den geringsten Hinweis dahingehend ergeben, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einer allfälligen Unterentlohnung im Sinne der Erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers etwas „verschleiern“ wollte bzw. sich „freikaufen“ wollte. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass bis dato noch nicht einmal eine Anzeige wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 7i Abs 5 AVRAG erfolgt ist. Auf Grund dieser besonderen Begleitumstände der Tat konnte daher in Verbindung mit dem Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit von der Bestimmung des § 20 VStG Gebrauch gemacht werden. Lediglich in Spruchpunkt 5. (P B) war die von der belangten Behörde verhängte Mindeststrafe im vollen Umfang zu betätigen, da hinsichtlich dieses Arbeitnehmers auf Grund der Kontrolle vom 16.06.2015 im FinPol-Onlinesystem noch keine Lohnabrechnungen für Mai eingegeben waren. Zu Punkt 11.: Hier erscheint die ohnedies moderat bemessene Geldstrafe von € 500,00 für die nachweislich nicht nachgereichten Unterlagen betreffend die Berufsausbildung des Z B durchaus tat- und schuldangemessen, dies auch im Hinblick auf den Umstand, dass dem Beschwerdeführer und seinen Mitarbeitern auf Grund der vorangegangenen Beanstandung vom 16.06.2015, wo die auch damals schon

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fehlenden Ausbildungsunterlagen von Z B ausdrücklich nachgefordert wurden, hätte bewusst sein müssen, dass die Unterlagen im Baustellenordner in diesem Punkt unvollständig sind. Somit ist hier von grober Fahrlässigkeit auszugehen und findet sich kein Anlass, die ohnedies nur im Ausmaß der Mindeststrafe bemessene Geldstrafe herabzusetzen. Auf Grund der Einschränkung des Tatvorwurfs entfällt allerdings die Vorschreibung eines Kostenbeitrags für das Beschwerdeverfahren. Die in der Verhandlung bekanntgegebenen, gemessen am ungarischen Lohnniveau als durchschnittlich zu bezeichnenden Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers, wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt. Sollte der Beschwerdeführer Probleme haben, trotz der nunmehr ohnedies deutlich reduzierten Geldstrafen die verbleibenden Strafen und Verfahrenskosten in einem zu bezahlen, wird er auf die Möglichkeit hingewiesen, gemäß § 54b Abs 3 VStG bei der belangten Behörde die Bewilligung einer Ratenzahlung bzw. eines Zahlungsaufschubes zu beantragen. Gemäß § 7n Abs 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung des Beschuldigten und jenes Unternehmens dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz über Verwaltungsstrafverfahren verbunden ist. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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