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19. Wahlperiode Stenografischer Bericht öffentliche Anhörung (ohne Beschlussprotokoll) 19. Sitzung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses 16. Sitzung des Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung 16. April2015, 14:05 bis 16:13 Uhr Anwesend: Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss: WVA: Vors. Abg. Claudia Ravensburg (CDU) Vors. Abg. Clemens Reif (CDU) CDU CDU Abg. Lena Arnoldt Abg. Dr. Walter Arnold Abg. Sabine Bächle-Scholz Abg. Ulrich Caspar Abg. Dr. Ralf-Norbert Bartelt Abg. Heiko Kasseckert Abg. Irmgard Klaff-Isselmann Abg. Dirk Landau Abg. Michael Reul Abg. Günter Schork Abg. Ismail Tipi Abg. Peter Stephan Abg. Tobias Utter Abg. Karin Wolff Abg. Bettina Wiesmann SPD SPD Abg. Wolfgang Decker Abg. Elke Barth Abg. Corrado Di Benedetto Abg. Tobias Eckert Abg. Karin Hartmann Abg. Uwe Frankenberger Abg. Gerhard Merz Abg. Timon Gremmels Abg. Ernst-Ewald Roth Abg. Stephan Grüger Abg. Dr. Daniela Sommer Abg. Regine Müller (Schwalmstadt) Abg. Marius Weiß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abg. Marcus Bocklet Abg. Eva Goldbach Abg. Sigrid Erfurth Abg. Frank-Peter Kaufmann Abg. Kai Klose Abg. Karin Müller (Kassel) DIE LINKE LINKE Abg. Mariana Schott Abg. Hermann Schaus FDP FDP Abg. René Rock Abg. Jürgen Lenders

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19. Wahlperiode

Stenografischer Bericht – öffentliche Anhörung – (ohne Beschlussprotokoll)

19. Sitzung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses

16. Sitzung des Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

16. April2015, 14:05 bis 16:13 Uhr

Anwesend:

Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss: WVA:

Vors. Abg. Claudia Ravensburg (CDU) Vors. Abg. Clemens Reif (CDU)

CDU CDU

Abg. Lena Arnoldt Abg. Dr. Walter Arnold

Abg. Sabine Bächle-Scholz Abg. Ulrich Caspar

Abg. Dr. Ralf-Norbert Bartelt Abg. Heiko Kasseckert

Abg. Irmgard Klaff-Isselmann Abg. Dirk Landau

Abg. Michael Reul Abg. Günter Schork

Abg. Ismail Tipi Abg. Peter Stephan

Abg. Tobias Utter Abg. Karin Wolff

Abg. Bettina Wiesmann

SPD SPD

Abg. Wolfgang Decker Abg. Elke Barth

Abg. Corrado Di Benedetto Abg. Tobias Eckert

Abg. Karin Hartmann Abg. Uwe Frankenberger

Abg. Gerhard Merz Abg. Timon Gremmels

Abg. Ernst-Ewald Roth Abg. Stephan Grüger

Abg. Dr. Daniela Sommer Abg. Regine Müller (Schwalmstadt)

Abg. Marius Weiß

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Abg. Marcus Bocklet Abg. Eva Goldbach

Abg. Sigrid Erfurth Abg. Frank-Peter Kaufmann

Abg. Kai Klose

Abg. Karin Müller (Kassel)

DIE LINKE LINKE

Abg. Mariana Schott Abg. Hermann Schaus

FDP FDP

Abg. René Rock Abg. Jürgen Lenders

Sp/ms – 2 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Fraktionsassistentinnen und -assistenten:

Christian Richter-Ferenczi (Fraktion der CDU)

Hiltrud Wall (Fraktion der SPD)

Christiane Böhm (Fraktion DIE LINKE)

Tobias Kress (Fraktion der FDP)

Landesregierung, Rechnungshof, etc.:

Anwesenheitsliste der Anhörenden

Institution Name

Anwesenheit

bestätigen

Prof. Dr. Franz Segbers

Allianz für den freien Sonntag

Frankfurt am Main

Gewerkschaftssekretärin

Katja Deusser

Absage

Allianz für den freien Sonntag

Darmstadt

Gewerkschaftssekretär

Horst Gobrecht

Sp/ms – 3 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Institution Name

Anwesenheit

bestätigen

Arbeiterwohlfahrt

Hessen-Nord e. V.

Kassel

Vorsitzender

Fred Gieseler

Arbeiterwohlfahrt

Hessen-Süd e. V.

Frankfurt

Vorsitzender

Wilhelm Jost

Arbeitnehmerkirche Frankfurt und Katholische

Arbeitnehmerbewegung (KAB)

Bezirksverband Rhein-Main

Frankfurt am Main

Albert Seelbach

Arbeitsgemeinschaft der

Hessischen Handwerkskammern

Wiesbaden

Absage

Beauftragter der Evangelischen Kirchen in

Hessen am Sitz der Landesregierung

Wiesbaden

Kirchenrat

Jörn Dulige

Betriebsseelsorger für den Industriepark

Frankfurt-Höchst

Haus der Volksarbeit

Frankfurt am Main

Bernhard Czernek

City Management Kassel

Kassel

City Management Offenbach

Offenbach am Main

CityForum Pro Frankfurt

Frankfurt am Main

Dachverband Frankfurter

Gewerbevereine e. V. Franz Steul

Darmstadt Citymarketing e. V.

Darmstadt

Birgit Schäven

Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband

Landesverband Hessen e. V.

Frankfurt

Landesgeschäftsführer

Günter Woltering

Sp/ms – 4 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Institution Name

Anwesenheit

bestätigen

Deutscher Frauenring

Landesverband Hessen

Dillenburg

Absage

Deutsches Rotes Kreuz

Landesverband Hessen e. V.

Wiesbaden

Geschäftsführer

Thomas Klempp

DGB Bezirk Hessen-Thüringen

Frankfurt

Diakonisches Werk in Hessen und Nassau e. V.

Frankfurt

Herr Agim Kaptelli

(Leiter des Diakonischen

Werkes Wiesbaden)

Einzelhandelsverband Hessen-Nord e. V.

Kassel Michael Kullmann

Einzelhandelsverband Hessen-Nord e. V.

Marburg Michael Kullmann

Evangelisches Dekanat Darmstadt-Stadt

Darmstadt

Dekanin

Ulrike Schmidt-Hesse

Winfried Kändler

Evangelisches Dekanat Darmstadt-Stadt

Ober-Ramstadt Dekan

Arno Allmann

Fraport AG Frankfurt

Airport Services Worldwide

Frankfurt

Handelsverband Hessen-Süd e. V.

Geschäftsstelle Wiesbaden

Wiesbaden

Herr Kullmann

Hessen-Caritas

Geschäftsstelle Wiesbaden

Wiesbaden

Geschäftsstellenleiterin

Lisa Uphoff

Absage

(vertreten

durch

Komm. der

Katholischen

Bischöfe)

Hessischer Landkreistag

Wiesbaden

Sp/ms – 5 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Institution Name

Anwesenheit

bestätigen

Hessischer Städte- und Gemeindebund

Mühlheim Frau Siedenschnur

Hessischer Städtetag

Wiesbaden Anita Oegel

IHK Frankfurt

Standortpolitik

AG hessischer Industrie- und Handelskammern

Frankfurt

Stellv. Geschäftsführer

Hanns-Peter Laux

Innenministerium

Baden-Württemberg

Stuttgart

Absage

Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB)

Bezirksverband Rhein-Main

Frankfurt am Main

Rainer Petrak

Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB)

Bezirksverband Rhein-Main

Frankfurt am Main

Andreas Mengelkamp

Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB)

Bezirksverband Rhein-Main

Frankfurt am Main

Kolpingwerk

Landesverband Hessen

Offenbach am Main

Bernd Trost

Kommissariat der Katholischen Bischöfe im

Lande Hessen

Wiesbaden

Prof. Dr. Magdalene Kläver

LAG Frauen Rathaus

Wiesbaden Bärbel Scheid

Landesapothekerkammer Hessen

Frankfurt

LandesFrauenRat Hessen

Büro für staatsbürgerliche Frauenarbeit

Geschäftsstelle

Wiesbaden

Absage

Landessportbund Hessen e. V.

Frankfurt

Sp/ms – 6 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Institution Name

Anwesenheit

bestätigen

Liga der Freien Wohlfahrtspflege in

Hessen e.V.

Wiesbaden

Absage

Magistrat der Stadt Marburg

Marburg

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Fami-

lie, Frauen und Senioren

Baden-Württemberg

Stuttgart

Absage

Regionalstelle für Arbeitnehmer/innen und

Betriebsseelsorge Rüsselsheim/ Bergstraße

Rüsselsheim

Ingrid Reidt

Theol. Ref. f. Wirtschafts- u. Sozialethik

Zentrum Gesell. Verantwortung der

Ev. Kirche Hessen und Nassau

Mainz am Rhein

Pfarrer Dr. Ralf Stroh

ver.di

Landesbezirk Hessen

Frankfurt

ver.di – Landesbezirk Hessen

Frankfurt Landesbezirksvorsitzender

Jürgen Bothner

ver.di – Landesbezirk Hessen

FB 12 Handel

Frankfurt

Bernhard Schiederig

Vereinigung der hessischen

Unternehmerverbände e. V.

Frankfurt am Main

Michael Kullmann

VLK-Hessen e. V.

Wiesbaden

1. Stadtrat Michael Schüler

(Stellv. Landesvorsitzender)

Wiesbaden Marketing GmbH

Wiesbaden Absage

Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH

Frankfurt am Main

Protokollführung: Monika Disser

RDir Dr. Spalt

Ds – 7 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und

Kollegen, liebe Mitarbeiter der Ministerien! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen zu einer

gemeinsamen öffentlichen Anhörung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschus-

ses und des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Ich

begrüße zunächst unseren Staatsminister Stefan Grüttner sowie Herrn Abteilungsleiter

Henkel aus dem Wirtschaftsministerium, der Staatsminister Al-Wazir heute fachkundig

vertreten wird. Ebenso begrüße ich alle Damen und Herren, die heute zur Anhörung

gekommen sind und die uns als Sachverständige Rede und Antwort stehen.

Ich begrüße Sie auch im Namen des Kollegen Ausschussvorsitzenden des Wirtschafts-

ausschusses, Herrn Clemens Reif, ganz herzlich. Ich werde die heutige Anhörung leiten,

denn der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss ist in diesem Fall federführend. Wir

treten in die Tagesordnung ein.

Öffentliche Anhörung

zu dem

Gesetzentwurf

der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen

Ladenöffnungsgesetzes

– Drucks. 19/1196 –

hierzu:

Stellungnahmen der Anzuhörenden

– Ausschussvorlage SIA 19/30 –

– Ausschussvorlage WVA 19/11 –

(eingegangen im März/April 2015; verteilt: Teil 1 am 13.04.2015;

Teil 2 am 15.04.2015)

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Wie üblich beginnen wir die Anhörung mit den Beiträ-

gen des Landkreistags, des Städte- und Gemeindebunds und des Städtetags sowie

weiterer kommunaler Vertreter. Zunächst bitte ich den Städte- und Gemeindebund um

seine Stellungnahme.

Frau Siedenschnur: Sehr geehrte Frau Vorsitzende Ravensburg, sehr geehrte Damen

und Herren! Wir bedanken uns ganz herzlich dafür, zu dem Entwurf zur Änderung des

Ladenöffnungsgesetzes Stellung nehmen zu können. Aus Sicht unserer kreisangehörigen

Kommunen begrüßen wir eine Streichung des Anlassbezugs. Wir hatten in der Vergan-

genheit eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im Mitgliederbereich. Solche treten immer

wieder auf, in den letzten Jahren verstärkt. Es wird die Frage gestellt, aus welchen An-

lässen tatsächlich ein verkaufsoffener Sonntag durchgeführt werden darf.

Derzeit gibt es vier verkaufsoffene Sonntage, die durchgeführt werden können, nach

§ 6 Abs. 1 des Ladenöffnungsgesetzes jedoch anlässlich von Messen, Märkten oder

ähnlichen Veranstaltungen. Genau darum geht es. Bei den Streitigkeiten, die wir führen,

wird thematisiert: Was ist eine Veranstaltung, in welcher Gewichtung ist diese Veranstal-

Ds – 8 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

tung zu sehen? Ist sie tatsächlich geeignet, einen entsprechenden Besucherstrom aus-

zulösen?

Die Rechtsprechung, die wir dazu haben, ist zum Teil unterschiedlich, also nicht unbe-

dingt einheitlich. Unsere Kommunen würden es sehr begrüßen, wenn sie eindeutig wäre

und wenn von den vier verkaufsoffenen Sonntagen einer ohne Anlassbezug freigege-

ben werden könnte. Das würde vieles an Aufwand in den Behörden und Kommunen

erleichtern.

Wir vertreten unsere Kommunen auch vor den Gerichten. Was immer noch eine Rolle

spielt: Wir haben letztlich immer sehr viele Eilverfahren, die zwei bis drei Wochen vor der

geplanten Durchführung eines verkaufsoffenen Sonntags stattfinden. Dann sind aber

meist schon Dispositionen getroffen worden, die Mitarbeiter sind involviert, die Geschäf-

te sind betroffen, es sind Ausgaben getätigt worden, Werbemaßnahmen, Werbekam-

pagnen sind durchgeführt worden. Es fehlt einfach an Planungssicherheit. Der Veran-

stalter möchte wissen: Findet es statt oder nicht? In welchem Umfang findet es statt?

Insofern ist es für den Veranstalter und für die Kommune einfach auch sicherer, im Vor-

feld zu wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen durchgeführt werden kann.

Die Veranstalter stellen meist vier bis fünf Monate vorher einen Antrag auf einen ver-

kaufsoffenen Sonntag. Wenn dann halt erst zwei Wochen vorher ein entsprechender

Eilantrag vor Gericht eingeht, ist das natürlich kontraproduktiv und sehr ungewiss. Jüngs-

tes Beispiel war gerade Weiterstadt, die Weiterstädter Automobilausstellung. Das ist ge-

rade noch zwei Tage vor Durchführung der Veranstaltung vom Verwaltungsgerichtshof

genehmigt worden. Dies ist für alle Beteiligten eine sehr unschöne Situation und hat we-

nig mit Planungssicherheit zu tun. Deswegen würden wir es ausdrücklich begrüßen, zwar

nicht auf die maximal vier Sonntage zu verzichten, aber auf den Anlassbezug. Das be-

fürworten wir.

Nicht befürworten können wir allerdings die Ausnahme bzw. die Regelung in § 6 Abs. 2

des Entwurfs, wonach auf Ortsteile bezogen werden soll. Wir meinen schon, dass der

Feiertagsschutz ein derart hohes Gewicht genießt, dass die entsprechende Regelung

dann auch auf das gesamte Orts- oder Stadtgebiet begrenzt sein soll.

Frau Oegel: Auch der Hessische Städtetag unterstützt den Gesetzentwurf hinsichtlich

der anlassunabhängigen Freigabe von bis zu vier verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen

im Jahr. Wie meine Vorrednerin schon ausgeführt hat, bereitet das Tatbestandsmerkmal

„aus Anlass von Märkten, Messen, Ausstellungen etc.“ in der Praxis und anschließend

auch vor den Gerichten immer wieder Schwierigkeiten und führt zu unterschiedlichen

Auslegungen.

Im Hessischen Städtetag haben wir in zwei Sitzungen das Ladenöffnungsgesetz und die-

sen Anlassbezug erneut ausführlich diskutiert. Ausgangspunkt war die Gerichtsentschei-

dung zum Darmstädter Mustermarkt; das ist schon eine Zeitlang her. In Kenntnis der

Rechtsprechung wurde dieser Markt damals verboten, weil – Beispiel – 40 Aussteller ge-

werblicher Art als Beiwerk angesehen wurden und nicht als Hauptsache, die als Besu-

chermagnet Menschenströme anziehe und damit eine Öffnung der Verkaufsstellen

rechtfertige.

Es wurde auch ausgeführt, die Stadt habe es versäumt, Prognosen anzustellen, die er-

kennen ließen, dass die Marktveranstaltung als solche in Relation zur Größe der Stadt

Ds – 9 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

eine so hohe Besucherzahl erreicht, dass sie als gewichtige Veranstaltung die Öffnung

der örtlichen Verkaufsstätten erlaube.

In diesem Punkt wollen die Städte und Gemeinden Klarheit haben. Es darf nicht sein,

dass von den Gerichten Prognosen hinsichtlich der Anzahl und Größe der Beschicker

sehr unterschiedlich ausgelegt werden, was dazu führt, dass Veranstaltungen kurzfristig

abgesagt werden müssen. Bekanntlich sind – ich will noch ein Beispiel nennen – die Be-

sucherströme auch vom Wetter abhängig. Wetterprognosen, die drei Monate im Vo-

raus verlässlich gestellt werden, sind mir nicht bekannt.

Zu § 6 Abs. 2: Gerade für den Städtetag besteht natürlich das Problem, dass es größere

Stadtteile gibt, die ebenfalls gerne öffnen möchten. Allerdings schließen wir eine Ent-

wicklung nicht aus, bei der aus Gründen der Gleichbehandlung von Stadtteilen und

dem Entgegentreten innerstädtischer Wettbewerbsverzerrungen im Hinblick auf den

grundgesetzlich bestehenden Sonntagsschutz mittelfristig eine kritische Ausweitung er-

folgen könnte.

Uns ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts natürlich bekannt, wie sie

2009 zu Berlin erging. Wir wissen, dass ein bloßes wirtschaftliches Umsatzinteresse der

Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbs- oder Shoppinginteresse potenzieller

Käufer nicht genügen, um Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsschutz zu rechtfertigen.

Wir stehen auch dafür ein, dass Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar

bleiben müssen und dass eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen

Verhältnisse nicht erfolgen soll.

Die Städte und Gemeinden sehen sich ebenso in der Pflicht wie der Staat als solcher:

Man hat eine gewisse Schutzpflicht, möchte Menschen vor einer weitgehenden Öko-

nomisierung schützen. Auch da vertritt der Städtetag bei der Abwägung zwischen La-

denöffnung und dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe der Bürgerinnen und Bürger

die Haltung, dass wir unseren Kommunen, sollten Anfragen kommen, nahelegen, die-

sen gewichtigen Gesichtspunkt durchaus in die Abwägung mit einzubeziehen.

Frau Schäven: Mein Name ist Birgit Schäven, ich bin erste Vorsitzende des Darmstädter

Citymarketing-Vereins. Auch ich möchte mich recht herzlich dafür bedanken, dass ich

heute zum Änderungsentwurf des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes Stellung nehmen

darf. Wir sind ein innerstädtischer Gewerbeverein und setzen uns für den Einzelhandels-

und Dienstleistungsort Darmstadt ein. Unsere Hauptaufgabe und Vision ist es natürlich,

lebendige Innenstädte zu erhalten und aktiv zu gestalten.

Unsere Mitglieder setzen sich aus verschiedenen Branchen zusammen: Hotellerie, Gast-

ronomie, aber überwiegend natürlich aus dem Handel. Der Handel hat von jeher eine

innerstädtische Funktion übernommen und ist Ausgangspunkt und Motor für wirtschaftli-

che Prosperität in der Innenstadt. Der stationäre Handel allerdings sieht sich vor tiefgrei-

fenden Veränderungen.

Neben dem demografischen Wandel, der einhergeht, stellt der boomende Onlinehan-

del eine bislang nie dagewesene Herausforderung dar. Er verzeichnet teilweise zweistel-

lige Umsatzwachstumsraten. Man geht davon aus, dass sich das bis 2020 noch auf 20 %

steigern kann. Das setzt natürlich vor allem mittelständische Handelsunternehmen

enorm unter Druck. Wir alle im Handel sind davon massiv betroffen.

Ds – 10 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Insgesamt muss man sogar sagen, dass das gesamte Handelsvolumen in Deutschland

stagniert. Das Marktwachstum 2006 bis 2014 liegt sogar unter einem Prozent. Mit dieser

bedeutenden Entwicklung und dem Verdrängungswettbewerb haben wir natürlich

enorm zu kämpfen: Kaufkraftabfluss, Leerstände, Verödung der Innenstädte. Mit dem

Onlinehandel gehen natürlich auch massive Frequenzverluste in den Innenstädten ein-

her, die sich negativ auswirken. Daher ist es eine gemeinsame Anstrengung aller Akteu-

re in der Innenstadt, neben der Infrastruktur und dem städtebaulichen Umfeld ein akti-

ves Citymarketing zu betreiben.

Dazu zählen Landeswettbewerbe wie „Ab in die Mitte!“, gut besuchte Veranstaltungen

wie Weihnachtsmärkte oder lebendige Wochenmärkte, aber auch Kundenevents mit

Sonderöffnungen. Sie stellen eine enorme Belebung der Innenstädte dar. Verkaufsoffe-

ne Sonntage sind bei der Bevölkerung insgesamt sehr beliebt und publikumsstark und

aus unserer Sicht ein wichtiges Stadtmarketinginstrument. Sie bringen Frequenz und Um-

satz. Man darf auch nicht vergessen, dass sie das Einzugsgebiet erweitern und damit

auch der Neukundengewinnung dienen. Kombiniert mit einem Rahmenprogramm und

dem veränderten Kaufverhalten, dem Wunsch nach Erlebniseinkauf, kommt diesem

verkaufsoffenen Sonntag damit eine bedeutende Rolle zu. Gerade in kleinen und mitt-

leren Städten funktionieren verkaufsoffene Sonntage besonders gut.

Seit 2012 finden, wie auch die Kollegin eben berichtete, gerichtliche Auseinanderset-

zungen statt. Wir in Darmstadt sind davon enorm betroffen. Sie können sich vorstellen,

dass dies auch für unsere Mitarbeiter – und da spreche ich auch als Geschäftsführerin

der Galeria Kaufhof – alles andere als befriedigend ist. Das ist weder unseren Mitarbei-

tern noch unseren Kunden zuzumuten, geschweige denn dem Handel, der eine solche

Veranstaltung natürlich bereits im Vorfeld organisiert und Marketingmaßnahmen ergrif-

fen hat. Diese müssen dann entweder kurzfristig geändert werden oder die gesamte

Veranstaltung verläuft letztendlich im Sande.

Hinzu kommt, dass verkaufsoffene Sonntage – ja – als rechtswidrig eingestuft sind, wie

die Kollegin eben auch schon sagte. Man weiß nicht: Ist der Anlass stark genug? Sind 40

Stände ausreichend oder 20? Letztendlich führt das zu einem Wettbewerbsnachteil,

weil manche Anlässe, z. B. ein Ostermarkt, in manchen Kommunen durchgehen, wäh-

rend in anderen Kommunen eine Öffnung anlässlich des Ostermarkts nicht durchgeführt

werden durfte.

Wir wünschen uns generell, dass die Anlassbezogenheit aus dem Gesetz herausge-

nommen wird, deswegen begrüßen wir diesen Gesetzentwurf. Wir kämpfen in den In-

nenstädten letztendlich ums Überleben. In der jetzigen Fassung des Gesetzes sehen wir

einen erheblichen Wettbewerbsnachteil bzw. haben eben einfach keine Rechtssicher-

heit. Von daher wünschen wir uns, dass der Anlassbezug aus dem Gesetz herausge-

nommen wird. Wir wollen keine Erhöhung der Zahl verkaufsoffener Sonntage, sondern

plädieren für deren Erhalt. Doch der Anlassbezug sollte entfallen, sodass wir bei einem

entsprechenden Rahmenprogramm letztendlich frei entscheiden können.

In Darmstadt gibt es z. B. das Heinerfest und das Schlossgrabenfest, die als Anlässe si-

cherlich groß genug wären, um einen verkaufsoffenen Sonntag durchzuführen. Für den

Handel sind sie aber mehr als unattraktiv, weil die Kunden zu einem anderen Event

dorthin kommen und zu diesem Zeitpunkt nicht am Handel interessiert sind.

Ds – 11 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Herr Schüßler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kommunalen Spitzenver-

bände haben argumentativ schon sehr viel ausgeführt. In der kommunalen Praxis ist es

tatsächlich so, dass das Ganze immer einer Abwägungsentscheidung der Kommune zu

unterliegen hat. Die Kommune hat sich nicht nur, wie in diesem gesetzlichen Regelungs-

fall, mit den Interessen des Gewerbes, des lokalen Einzelhandels und oftmals auch Ver-

einsinteressen auseinanderzusetzen, da Vereine häufig als Veranstalter von Festen,

Märkten und Veranstaltungen auftreten. Die Kommunen und gerade die Ordnungsäm-

ter haben andererseits gleichwohl auch den Sonntagsschutz und das Ruhebedürfnis

der Bürgerinnen und Bürger im Auge zu halten, sodass allein aus diesem Grund schon

begrüßt wird, dass mit der Beibehaltung der vier Sonntagsöffnungsmöglichkeiten das

Regel-Ausnahme-Prinzip beibehalten wird.

Fakt bei der momentanen Regelung ist aber auch ein Entscheidungsdilemma: Den

Kommunen wird nämlich eine Abwägung, eine Prognoseentscheidung übertragen, der

sie nur ganz schwer Rechnung tragen können: die Einschätzung, ob der Zweck eben

Anlass genug ist, um eine Ladenöffnung durchzuführen. Die Kommunen stehen dabei

letztlich immer zwischen den Interessen des lokalen Einzelhandels auf der einen Seite

sowie den Fest- bzw. Marktveranstaltern auf der anderen Seite und haben eine Ent-

scheidung herbeizuführen.

Diese Entscheidung wird in ganz, ganz vielen Kommunen – das dürfte die Regel sein –

vier Mal im Jahr getroffen, allerdings immer unter dem Dogma einer großen Rechtsunsi-

cherheit, und zwar auf beiden Seiten. Der Einzelhandel trifft Dispositionen oftmals lange

Zeit im Vorlauf, mindestens ein Viertel- oder ein halbes Jahr im Voraus, und muss dann

darauf warten und hoffen, dass das Fest auch in der gegebenen Form durchgeführt

werden und stattfinden kann. Es ist auch schon vorgekommen, dass beispielsweise Früh-

lingsfeste aufgrund desolater Wetterprognosen abgesagt wurden und dass sich dann

im Nachgang für die Kommune die Frage stellt, ob man den Einzelhandel, weil er Dis-

positionen finanzieller Art getroffen hat, den verkaufsoffenen Sonntag trotzdem durch-

führen lässt – mit der Möglichkeit, dies im einstweiligen Rechtsschutz untersagt zu be-

kommen – oder ob man den lokalen Einzelhandel letzten Endes mit in Haftung für die

Wetterkapriolen nimmt.

Vor diesem Hintergrund glauben wir der kommunalen Praxis dadurch Rechnung zu tra-

gen, dass man diese Konnexität letzen Endes kappt und den Kommunen die Möglich-

keit gibt, in ihrem Entscheidungsermessen vier Sonntage gemeinsam mit dem lokalen

Einzelhandel festzusetzen. Entsprechend ist ja keiner daran gehindert, dies auch im Zu-

sammenspiel mit lokalen Fest- oder Marktereignissen zu tun. Das heißt, es gibt hier ja

keine Kappung der Möglichkeit einer Zusammenlegung von Ereignissen.

Einen weiteren Vorteil sehen wir darin, weil sich die Festaktivitäten in vielen Städten und

Gemeinden momentan doch im Wesentlichen auf die sonnenreichen Monate fokussie-

ren, das heißt irgendwann im Frühjahr oder Sommer. Damit kommt es in der Regel zu

einer Häufung verkaufsoffener Sonntage. Wenn man, wie hier vorgeschlagen, die Zu-

sammenführung von Marktereignis und verkaufsoffenem Sonntag kappen würde,

ergäbe sich auch die Möglichkeit, eine breitere Verteilung im Jahreskalender herbeizu-

führen, sodass dadurch die einzelnen Intervalle zwischen den verkaufsoffenen Sonnta-

gen letzten Endes größer werden könnten.

Eine Verknappung von Schutzinteressen sehen wir nicht, weil diese vier verkaufsoffenen

Sonntage in den allermeisten Städten und Gemeinden auch heute schon geübte Praxis

Ds – 12 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

sind, allerdings unter dem Dogma des finanziellen und wirtschaftlichen Risikos. Ich glau-

be, dafür gibt es in der Zukunft kein Regelungsbedürfnis mehr.

Zu dem letztgenannten Absatz vielleicht noch: Viele Festereignisse haben doch gerade

in kleineren Kommunen einen Stadtteilbezug, besonders wenn sie vereinsveranstaltet

werden. Vor diesem Hintergrund ist es, denke ich, auch sinnvoll, es in das Einschät-

zungsermessen der Kommunen zu stellen, ob sich in diesem Fall ein verkaufsoffener

Sonntag denn für das gesamte Stadtgebiet eignet oder ob dieser einen stadtteilbezo-

genen Geltungsbereich haben sollte.

Ich glaube, unsere Städte und Gemeinden in Hessen sind klug genug, um im Einver-

nehmen mit ihren Bürgerinnen und Bürgern eine Entscheidung herbeizuführen, ohne

dass es dieser unbedingten Kopplung auf dem Gesetzeswege bedarf. Deswegen be-

grüßen wir, die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker Hessen, den vorgelegten Ge-

setzesvorschlag ausdrücklich.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Ich eröffne nun die erste Frage- und Antwortrunde.

Abg. Jürgen Lenders: Den Anzuhörenden für ihre Stellungnahmen vielen Dank! Was

mich vor allem interessiert: Von den kommunalen Vertretern wurde die Entkopplung

von einem Anlass jetzt ja durch die Bank begrüßt. Ein bisschen Kritik kam bezüglich der

Regelung, dass mit unserem Gesetzentwurf im Grunde Stadtteilsonntage ermöglicht

werden.

An die Vertreterinnen des Städtetags und des Städte- und Gemeindebunds die Frage:

Wie haben das Städte wie Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt oder Kassel in der Vergan-

genheit gelöst? Ich nehme einmal das Beispiel Frankfurt-Höchst. Wenn Frankfurt-Höchst

die Genehmigung bekommt, seine Geschäfte zu öffnen, wenn auch die Innenstadt von

Frankfurt öffnet, dann glaube ich nicht, dass das für Höchst noch sonderlich attraktiv ist.

Für die Dortigen wäre es richtiger, einen eigenständigen verkaufsoffenen Sonntag

durchführen zu können. Wie ist das in der Vergangenheit gelaufen?

Genau in diese Richtung geht auch meine nächste Frage. Wir möchten ja eine Öff-

nung, wir wollen den Kommunen die Entscheidungsmöglichkeit zu geben, das stadtteil-

bezogen mit dem Einzelhandel abzustimmen. Glauben Sie nicht, dass diese Abstim-

mung in der kommunalen Familie, in den Städten und Gemeinden möglich ist? Es gibt

z. B. eine Stellungnahme von Frauenverbänden, die sagen, überlasst das doch einfach

mal den Tarifpartnern, die werden schon eine Einigung finden. Das ist ganz nett. Ich

glaube, dass es in der Praxis bisher doch immer Abstimmungen gab.

Des Weiteren: Hat es in der Vergangenheit Probleme bei den Städte und Gemeinden

gegeben, wenn es um Messen, Veranstaltungen, Feste ging, die in der Regel ja eine

Tradition haben? Musste man, wenn es konkurrierende Veranstaltungen gab, dann auf

kommunaler Ebene, beim Magistrat einen neuen Termin für ein traditionelles Fest festle-

gen, um nicht in einen Wettbewerb mit der Nachbargemeinde zu kommen? Würde da

nicht auch die Regelung, die wir treffen möchten – dass das eher stadtteilbezogen läuft

– Ihnen entgegenkommen?

Ds – 13 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Abg. Tobias Utter: Ich habe eine Frage an die Vertreterin des Städtetags. Sie haben in

Ihrer Begründung die zwei Teile ja unterschiedlich bewertet. Im ersten Teil, als Sie sagten,

Sie könnten sich vorstellen, den Anlassbezug zu streichen, haben Sie keine Bedenken

gesehen, was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2009 angeht, beim zweiten

Teil aber sehr wohl. Woher nehmen Sie die Sicherheit, davon auszugehen, dass unser

Gesetz durch eine Streichung des Anlassbezugs überhaupt noch vor dem Bundesver-

fassungsgericht bestehen könnte?

Das Bundesverfassungsgericht hat ja deutlich gemacht, dass die Begründung der Aus-

nahme entscheidend dafür ist, dass eine Öffnung am Sonntag überhaupt zulässig ist.

Besteht nicht die Gefahr, dass bei einer Streichung des Anlassbezugs das gesamte Ge-

setz verfassungswidrig wird?

Abg. Tobias Eckert: Ich habe eine Frage an die Vertreterinnen des Städte- und Ge-

meindebunds und des Städtetags. Sie haben jeweils beschrieben, dass es enorme Fälle

und erhebliche Unsicherheiten gebe, dass es auf der zeitlichen Schiene aufgrund der

Kurzfristigkeit teilweise Probleme gebe und dass dies eine enorme Belastung darstelle.

Könnten Sie das einmal quantifizieren? Sie haben ein Beispiel genannt, bei dem der

Antrag fünf Monate vorher gestellt wurde und bei dem es wahrscheinlich aufgrund der

späten Genehmigung zu einem Eilantrag kam. Können Sie einfach einmal sagen, wie

viele solche Fälle es in den letzten Jahren insgesamt gab?

Abg. Hermann Schaus: Ich habe eine Frage an die Vertreterin von Citymarketing Dar-

mstadt. Sie haben vorhin ausgeführt, dass es im Einzelhandel kaum Umsatzsteigerungen

gebe. Wenn Sie jetzt an bestimmten Orten sonntags öffnen, führt das Ihrer Meinung

nach zu Umsatzsteigerungen insgesamt oder nur zu einer Verlagerung des Umsatzes? Ist

das also eine Bevorteilung derjenigen, die sonntags öffnen?

Frau Siedenschnur: Zu den großen Städten werde ich nichts sagen; das überlasse ich

Frau Oegel. – Zu den Stadtteilen, den Ortsteilen: Das ist bei unseren Kommunen eher

nicht das Thema; das war auch nie groß ein Problem. Wenn ein verkaufsoffener Sonn-

tag festgesetzt wurde, dann galt er für den gesamten Ort bzw. je nachdem, welche

Einschränkung galt. Vom Verwaltungsgerichtshof in Kassel haben wir auch Einschrän-

kungen auf die Örtlichkeit der Veranstaltung vorgegeben bekommen. Das findet zum

Teil schon statt, führt aber nicht unbedingt dazu, dass vor Ort nun unbedingt ein Mehr-

bedarf gesehen würde. Das betrifft unsere Kommunen eher weniger.

Aus Sicht des Städtetages mag das vielleicht anders sein, aber bei unseren Kommunen

ist das eher nicht der Fall. Wenn es einen verkaufsoffenen Sonntag gibt, gilt er komplett

für den gesamten Ort. Deswegen sehen wir nicht das Bedürfnis, das noch auszuweiten.

Damals beim Bundesladenschlussgesetz war das durchaus möglich, da konnte man

das ortsteil- oder stadtteilbezogen auslegen. Aber auch da haben wir eigentlich nicht

die Erfahrung gemacht, dass das dermaßen ausgeufert wäre oder es zu viel mehr Ver-

anstaltungen gekommen wäre.

Das Thema Traditionsveranstaltungen oder konkurrierenden Veranstaltungen wird tat-

sächlich immer wieder problematisiert. Ist auch eine Traditionsveranstaltung, die im Ort

verankert ist, ausreichender Anlass, um einen verkaufsoffenen Sonntag durchführen zu

lassen? Beispielsweise hat die Gemeinde Sulzbach – das steht auch in unserer Stellung-

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WVA 19/16 – 16.04.2015

nahme – als relativ kleine, überschaubare Gemeinde das große Main-Taunus-Zentrum in

unmittelbarer Nachbarschaft. Wenn Sulzbach eine Kerb durchführt, wird diese Kerb

nicht als Traditionsveranstaltung oder als Veranstaltung im Sinne des § 6 Abs. 1 gesehen.

Das ist für die Kommunen zum Teil schwer nachzuvollziehen. Da wird verglichen und

festgestellt, dass diese Kerb vielleicht nicht den Besucherstrom anzieht, mit dem andere

rechnen können.

Aber da muss man dann eben auch die Größenordnung sehen: Wie groß sind die

Kommunen, was kann man erwarten? Sicherlich hat Frankfurt mit seinen Veranstaltun-

gen ein ganz anderes Gewicht. Gerade kleinere Kommunen mit örtlich verankerten

Veranstaltungen, die oftmals nur die Örtlichen oder vielleicht noch Leute aus den

Nachbarkommunen anziehen, haben natürlich ein kleineres Gewicht. Dann ist es natür-

lich immer problematisch, wenn die Verwaltungsgerichte entscheiden, ob das Anlass

genug ist und einen entsprechenden Besucherstrom auslöst. Das ist bei uns definitiv ein

Problem.

Was konkurrierende Veranstaltungen anbelangt – wenn es jetzt beispielsweise um den

Gewerbeverein und noch einen anderen Verein geht –, findet sich bei uns in den

Kommunen meistens eine Lösung.

Wie viele Fälle gibt es? Gut, es sind im Jahr vier verkaufsoffene Sonntage möglich, was

bedeutet, pro Jahr könnten pro Kommune durchaus vier Streitigkeiten aufschlagen. Es

gibt prädestinierte Kommunen, das muss man auch sagen: Das sind in der Regel die

Kommunen mit den großen Einkaufszentren, die dahinterstehen. Das betrifft in der Re-

gel nicht die kleineren Kommunen. Dort finden verkaufsoffene Sonntage unabhängig

davon statt, welcher Markt, welche Veranstaltung durchgeführt wird. Da wird eigentlich

keine Rechtsstreitigkeit vom Zaun gebrochen.

Verfahren haben wir in den letzten vier bis fünf Jahren zu verzeichnen. Letztlich ist es so:

Es sind vier oder fünf Kommunen, die es tatsächlich betrifft, aber die mit Regelmäßig-

keit, das muss man schon sagen. Dann kann es durchaus auch vier Mal im Jahr ein strei-

tiges Verfahren geben.

Das liegt nicht daran, dass das Vorhaben kurzfristig angeleiert wird, sondern die Anträ-

ge werden tatsächlich vier bis fünf Monate vorher gestellt. Es wird entschieden; dann

wird Widerspruch eingelegt. Darüber wird in der Regel eben nicht so schnell entschie-

den, weil das die nächsthöhere Behörde zu entscheiden hat, nicht die Kommune. Da-

mit kommen wir in Zugzwang und nähern uns immer mehr dem Termin des geplanten

verkaufsoffenen Sonntags. Zwei, drei Wochen vorher gibt es dann meist ein Eilverfahren,

um Rechtsklarheit zu finden. Die Zahl dieser Verfahren nimmt zu – bei uns in der Ge-

schäftsstelle und in den Kommunen.

Frau Oegel: Herr Lenders fragte, wie große Städte das organisiert haben, etwa Frankfurt

mit 43 Ortsteilen. Wenn man uns, den Hessischen Städtetag, fragt, geben wir auf der

Grundlage der richtungweisenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Auskunft. Danach darf auch Frankfurt nur vier verkaufsoffene Sonntage haben, und das

auch nur dort, wo die betreffende Veranstaltung stattfindet. Darüber, in welchem Um-

kreis das noch gilt, kann man ebenfalls streiten.

Innerstädtisch ist das ist ein Stück weit wettbewerbsverzerrend. Doch würden anderer-

seits alle 43 Stadtteile in Frankfurt an vier Sonntagen im Jahr öffnen, bestünde dort fak-

Ds – 15 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

tisch jeden Sonntag die Möglichkeit, einkaufen zu gehen. Vor dem Hintergrund der

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe ich tatsächlich Sorge, dass das

Hessische Ladenöffnungsgesetz dann kippen könnte. Vor dem Hintergrund von Arti-

kel 140 GG, dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, wäre das eine derart weite Aus-

legung, dass wir dann nicht mehr guten Gewissens sagen könnten: Dieses Gesetz fußt

auf dem Grundgesetz.

Wir müssen eine Abwägung vornehmen. Natürlich berücksichtigen wir auch die Interes-

sen des stationären, örtlichen Einzelhandels sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

nehmer. Aber eine solche Ausweitung, würde ich sagen, dürfen wir als Hessischer Städ-

tetag in Anlehnung an die bekannte Rechtsprechung nicht fordern.

Zu den Traditionsveranstaltungen: Klar ist, dass wir nicht unbedingt eine Traditionsveran-

staltung brauchen, um Ladenöffnung zu ermöglichen. Es kann auch eine neue Tradition

begründet werden, wenn sie als solche geeignet ist, ein Besuchermagnet zu sein.

Ob beim Wettbewerb mit benachbarten Kommunen eine Abstimmung stattfindet? So-

weit ich das einschätze, eher nein. In der Regel ist es der örtliche Handel, der auf die

Kommunen zukommt und die Läden öffnen möchte. Ich denke, grundsätzlich sind die

Kommunen durchaus bereit, neue Veranstaltungen mitzutragen. Aber dass man nun

besonders große Rücksicht darauf nähme, wann die Nachbarkommune ihre Läden öff-

net, scheint eher nicht der Fall zu sein.

Herrn Utters Frage habe ich zum Teil schon beantwortet. Wir wollen eine anlassunab-

hängige Freigabe. Gleichwohl wissen wir, dass der Anlass das Korrektiv ist, um Artikel 140

GG Rechnung zu tragen. Ich glaube nicht, dass ein Landes-Ladenöffnungsgesetz, das

eine Freigabe ohne ein besonderes öffentliches Interesse nur aus verkaufswirtschaftli-

chen Gründen vorsähe, vor dem Bundesverfassungsgericht standhalten würde. Wir ha-

ben schon auf Rheinland-Pfalz verwiesen. Auch die Ladenöffnungsgesetze anderer

Bundesländer enthalten durchaus Korrektive.

Wegen der Nähe zu Rheinland-Pfalz haben wir auf die dortige Regelung verwiesen.

Aber auch dort muss eine sorgfältige Abwägung erfolgen, muss mit den Betroffenen

gesprochen werden, muss ein öffentliches Interesse vorliegen. Es muss kein Anlass vor-

liegen wie in Hessen. Hier in Hessen haben wir die Möglichkeit, mit einer Allgemeinver-

fügung die Sonntagsöffnung freizugeben. In Rheinland-Pfalz ist eine Rechtsverordnung

erforderlich. Der Aufwand, der mit einer solchen verbunden ist, wäre für unsere Kom-

munen sehr, sehr hoch. Davor schrecken die hessischen Kommunen zurück, soweit uns

das mitgeteilt wurde.

Zur Quantifizierung: Ich denke, dazu konnte Frau Siedenschnur mehr sagen. Der Hessi-

sche Städtetag geht nur bei grundsätzlichen Angelegenheiten mit vor Gericht. Das ge-

hört nicht zu unseren satzungsmäßigen Aufgaben. Gleichwohl erfahren wir natürlich

von größeren Städten, wenn es bei ihren Ladenöffnungen gerichtliche Verfahren ge-

geben hat. Ich will es einmal ganz salopp ausdrücken: Wen hat es erwischt? Wo kamen

die Kirchen, wo kam ver.di? Wo wurde prozessiert? Ich glaube, zuletzt war das in Offen-

bach. Doch ansonsten kann ich eine Quantifizierung für Hessen nicht vornehmen. Wie

gesagt, wir haben nur die größeren Städte im Blick.

Frau Schäven: Sie sprachen das Thema Umsatzverlagerung an. Sicherlich sind Sonntage

dazu da, Frequenzen und Umsätze zu erzielen. Nichtsdestotrotz ist ein besonderer Anlass

Ds – 16 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

für diesen Sonntag ja auch, neue Kunden zu gewinnen. Ich glaube, gerade verkaufsof-

fene Sonntage tragen dazu bei, dass Kunden aus einem erweiterten Einzugsgebiet die

Innenstädte besuchen. Damit dienen diese Sonntage letztendlich auch der Neukun-

dengewinnung.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Herr Schüßler, Sie waren nicht direkt angesprochen.

Wollen Sie trotzdem noch etwas beitragen?

Herr Schüßler: Die Argumente sind ausgetauscht.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Gut. Nachdem es zu diesem Block keine weiteren Mel-

dungen gibt, kommen wir jetzt zu den Vertretern der Kirchen und der kirchlichen Ver-

bände.

Frau Prof. Dr. Kläver: Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Frau Ravensburg, sehr ge-

ehrte Damen und Herren! Ich danke herzlich für die Möglichkeit, zu dem Gesetzentwurf

eine Stellungnahme abgeben zu können. Die katholischen Bistümer in Hessen halten die

vorgeschlagenen Änderungen für nicht verfassungskonform und lehnen sie deshalb ab.

Der grundrechtlich abgesicherte Sonn- und Feiertagsschutz hat für die Kirchen natürlich

eine besondere Bedeutung, denn er ermöglicht ja die Ausübung der Religionsfreiheit.

Darüber hinaus dient der Sonn- und Feiertagsschutz aber auch Ehe und Familie. Fami-

lien können auf diese Art einen gemeinsamen Tag frei von allen anderen Verpflichtun-

gen verbringen. Außerdem dient der Sonn- und Feiertagsschutz der Erholung und der

Erhaltung der Gesundheit, wenn man zur Ruhe kommt, weil eben das gesamte werk-

tägliche Leben zum Erliegen kommt. Ebenso lassen sich die Vereinigungsfreiheit und

etwa die Wahrnehmung von Sportveranstaltungen erst dadurch ermöglichen, dass alle

Menschen am selben Tag frei haben. Und schließlich – ganz wichtig – dient der Sonn-

und Feiertagsschutz der Menschenwürde, weil er dem ökonomischen Denken eine

Grenze setzt und weil nur auf den Menschen selbst geschaut wird.

Aus genau diesen Gründen hat das Bundesverfassungsgericht die besondere Bedeu-

tung des Sonn- und Feiertagsschutzes hervorgehoben und betont, dass durch den

Sonn- und Feiertagsschutz ein Regel-Ausnahme-Verhältnis festgelegt wird. Der Sonntag

soll grundsätzlich ein Tag der Arbeitsruhe sein. Nur ein besonderer Anlass kann eine Öff-

nung rechtfertigen. Genau deshalb ist der Anlassbezug im Hessischen Ladenöffnungs-

gesetz unverzichtbar. Das ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,

aber ebenso auch des Bundesverwaltungsgerichts und des Hessischen Verwaltungsge-

richtshofs. Der vorliegende Gesetzentwurf missachtet nach unserer Auffassung diese

Vorgaben.

In unserer schriftlichen Stellungnahme habe ich genaue Zahlen angegeben, die bele-

gen, in welchem Ausmaß psychische Erkrankungen in den letzten Jahren in die Höhe

geschnellt sind. Besonders vor diesem Hintergrund ist der Schutz der seelischen Erhe-

bung und damit verbunden die psychische und physische Regeneration, die durch den

Sonntagsschutz gewährt werden soll, umso wichtiger. Dies entspricht sogar dem Interes-

se von Unternehmen, Fehltage von Arbeitnehmern zu verringern.

Ds – 17 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Aus diesen Gründen ist auch die im Entwurf vorgesehene Regelung abzulehnen, den

Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, Sonn- und Feiertagsöffnungen lokal zu be-

grenzen, ohne dass dies zu einem Verbrauch der maximal vier Tage im Jahr für das üb-

rige Stadtgebiet führt. Das Beispiel der Großstadt Frankfurt mit 46 Stadtteilen wurde

eben schon angeführt. Wenn wir jedem Stadtteil vier verkaufsoffene Sonntage zubilli-

gen würden, kämen wir auf 184 verkaufsoffene Sonntage. Ich finde, das ist ein eindeu-

tiger Verstoß gegen das Regel-Ausnahme-Verhältnis.

Zum Abschluss eine Anregung: Wenn das Ladenöffnungsgesetz zu ändern wäre, dann

sollte das vielmehr dahin gehen, die grundsätzlich zulässige Ladenöffnung an Werkta-

gen von 0 bis 24 Uhr zu ändern. Denn mit der Gestaltung einer Gesellschaft, in der es

möglich ist, Geschäfte den ganzen Tag über zu öffnen, respektiert man weder für die

Verbraucher noch für die Arbeitnehmer im Einzelhandel die notwendigen Phasen für

Ruhe, Erholung und Zeit für die Familie sowie auch für kulturelle Aktivitäten. Deshalb re-

gen wir an, die Ladenöffnung auf 20 Uhr, höchstens 22 Uhr zu begrenzen.

Herr Dulige: Meine Damen und Herren! Die Evangelischen Kirchen in Hessen haben eine

schriftliche Stellungnahme abgegeben. Wir haben uns schon immer sehr entschieden

für einen klaren Sonntagsschutz eingesetzt. Ich möchte in dieser Frage jetzt keine recht-

lichen Argumente ins Feld führen, sondern will uns allen nur einmal vergegenwärtigen,

was die Kirchen in dieser Frage eigentlich leitet.

Den Sonntagsschutz können Sie in einem langen Traditionsstrom sehen, beginnend im

Alten Testament bis hin zur aktuellen Situation. Damit wir uns das einmal vergegenwärti-

gen, hören wir einfach einmal, was im Alten Testament steht, im Buch Mose, Exodus 20:

Gedenke des Sabbats, halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und jede

Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An

ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und

deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohn-

recht hat. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde, Meer gemacht und al-

les, was dazugehört. Am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbat-

tag gesegnet und ihn für heilig erklärt.

Das ist im Prinzip eine formulierte Wurzel unseres langen Traditionsstroms, in dem wir bis

heute stehen. Das können Sie im Neuen Testament weiterverfolgen und, und, und.

Übrigens hat auch die wichtige soziale und kulturelle Bedeutung des Sonntags einen

langen Traditionsstrom. Im Jahr 321 verordnete Kaiser Konstantin den Sonntag als staat-

lichen Ruhetag. Im Gefolge dieses Traditionsstroms hat die Französische Revolution ver-

sucht, den Sonntag abzuschaffen. Die Oktoberrevolution in Russland hat das auch ver-

sucht. Beide hatten damit keinen Erfolg.

Wenn Sie sich diesen Traditionsstrom vergegenwärtigen – und deswegen habe ich das

einfach einmal vorgelesen, damit uns das ein bisschen aktueller in den Sinn kommt –,

stellen Sie fest, dass Art. 140 des Grundgesetzes sozusagen eine logische Folgerung ist.

Das etwas antiquiert daherkommende Stichwort „seelische Erhebung“ ist in diesem Sinn

ja nicht nur innerkirchlich oder religiös gemeint, sondern weit umfassend, es beinhaltet

soziale, kulturelle und viele andere Segmente.

Ds – 18 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Vor diesem Hintergrund finden wir alle gerichtlichen Entscheidungen – Frau Prof. Dr.

Kläver hat vorhin das Bundesverfassungsgericht genannt, Herr Utter ebenfalls – hilfreich

und stabilisierend, um diesen langen Traditionsstrom deutlich zu machen. Vor diesem

Hintergrund kommen die Evangelischen Kirchen in Hessen zu ihrer Stellungnahme, die

so zusammenzufassen ist: Eine restriktive Genehmigungspraxis führt im Prinzip zur Klarheit

für den Sonntagsschutz. Wir sind für die Beibehaltung der Kopplung des Sonderereignis-

ses und der Ladenöffnung am Sonntag. Wir sind auch für die Beibehaltung der Öff-

nungsmöglichkeit auf der Ebene der gesamten Kommune und nicht für die Freigabe in

einzelne Bezirke. Die Szenarien haben wir vorhin ja schon von anderer Seite gehört.

Herr Trost: Frau Ravensburg, meine Damen und Herren, vielen Dank, dass uns die Mög-

lichkeit eingeräumt wird, uns zu diesem Gesetzentwurf zu äußern! Dem Kolpingwerk als

katholischem Sozialverband ist der Schutz der Familie in seiner ganzen langen Tradition

ein besonderes Anliegen – Familie hier bewusst gemeint in jedweder Form, gleich, wie

wir sie in einer heutigen pluralen Gesellschaft soziologisch oder auch formaljuristisch de-

finieren.

Der Schutz der Familie ist uns besonderes Anliegen und zentrales Thema in unserer Ar-

beit in dieser Gesellschaft. Die Möglichkeit, Familie als geschützten Ort, als Lebensge-

meinschaft, als Ort der Wertevermittlung und auch als Ort der Beziehungsfähigkeitsein-

übung zu erfahren, diese Möglichkeit ist für Familien heute bereits mehr als einge-

schränkt. Ich erinnere an lange Pendlerzeiten, an Schichtarbeit der Ehepartner, die

kaum synchronisiert werden kann, und vieles andere. Eingedenk dieser Einschränkun-

gen verbleibt für Familien – wenn überhaupt – oft nur der Sonntag als gemeinsamer

Zeit- und Lebensraum.

Deshalb meinen wir: Statt über eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten am

Sonntag zu diskutieren, sollte eine gesamtgesellschaftliche Diskussion und Bewusstseins-

bildung über das dahinterliegende Konsumverhalten und noch viel mehr über die die-

ses Konsumverhalten leitenden wirtschaftlichen Interessen in Gang gesetzt werden. Ist

es denn wirklich nötig, Ladenöffnungszeiten am Sonntag immer mehr auszuweiten und

auszuhöhlen? Oder ist es nur opportun?

Wenn wir diese Diskussion führen und wenn es gesellschaftliche Mehrheiten geben soll-

te, die eine weitere Aushöhlung des Sonntagsschutzes befürworten, dann muss dabei

überlegt werden, um welchen Preis das geschieht. Um welchen Preis geschieht es im

Hinblick auf die weitere Zergliederung von Familienstrukturen und deren gesellschaftli-

che Folgen? Die Vorredner haben auf diese Themen bereits hingewiesen.

Ganz kurz zum Entwurf selbst. Der Entwurf, auch das wurde eben bereits diskutiert, sieht

– wenn auch im Umfang weiter reglementiert – eine regelhafte statt wie bisher anlass-

bezogene Ladenöffnung am Sonntag vor. Aus unserer Sicht würde eine solche Rege-

lung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung in keiner Weise standhalten.

Des Weiteren: Der Kunstgriff, eine Begrenzung der Sonntagsöffnung auf bestimmte Be-

zirke oder Stadtteile vorzusehen, ohne damit die vier Sonntage für die ganze Gemeinde

zu verbrauchen, ist aus unserer Sicht zwar ein geschickter und subtiler, aber dennoch

sehr massiver Versuch einer weiteren Aushöhlung. Damit würde es in größeren Kommu-

nen zukünftig nicht vier, sondern „vier mal x“ verkaufsoffene Sonntage geben – in Groß-

kommunen eben jeden Sonntag.

Ds – 19 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Aus dem Vorgenannten folgt: Seitens des Kolpingwerks im Land Hessen sehen wir, dass

dieser Gesetzentwurf in allen Punkten abzulehnen ist.

Herr Mengelkamp: Ich werde kurz etwas zur juristischen Seite sagen; Pfarrer Petrak wird

noch einige Punkte ergänzen. – Die juristischen Aspekte sind hier sehr deutlich benannt

worden, insbesondere mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Aus-

nahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe nur dann zulässt, wenn es um die Wahrung

höherer und gleichwertiger Rechtsgüter geht. In dem Gesetzentwurf scheint aber die

Meinung vertreten zu werden, dass die Vermeidung von juristischen Streitigkeiten ein

ähnlich hohes Rechtsgut sei wie der Sonntagsschutz selbst. Dem kann man nicht zu-

stimmen.

Des Weiteren ist das Bundesverfassungsgericht bezüglich der vier voraussetzungslosen

verkaufsoffenen Adventssonntage zu der Entscheidung gekommen, dass diese Rege-

lung verfassungswidrig sei. Umso deutlicher ist das, was hier vorgelegt wurde, genau in

dieser Richtung zu bewerten. Deswegen wäre es unklug, eine solche Regelung in das

hessische Gesetz zu bringen, das sich bis jetzt als verfassungskonform erwiesen hat.

Ich möchte einen weiteren Hinweis geben. In der Tat, das Land Rheinland-Pfalz kennt

keinen Anlassbezug. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Rheinland-Pfalz hat in

einem Urteil vom 20. Mai 2014 aber die unbedingte Notwendigkeit hervorgehoben, bei

einer Freigabeentscheidung einschränkende Voraussetzungen festzulegen. Das ist in

Rheinland-Pfalz durch ein Anhörungsverfahren geregelt, das für richtig gehalten wird.

Darüber kann man nun diskutieren, doch ist hier ja auch schon angesprochen worden,

dass so etwas aufwendiger und sicherlich nicht viel transparenter und gerichtsfester ist.

Deswegen haben wir erhebliche Bedenken, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen,

die verändert werden sollen, das Gesetz noch verfassungskonform halten. Die meisten

vorgetragenen Gründe sind eher in der Richtung zu sehen, dass es um eine wirtschaftli-

che Optimierung des Sonntagsgeschäfts geht. Aber gerade diese wirtschaftlichen Inte-

ressen sind doch offensichtlich nicht derart gewichtig, dass es, wie das Bundesverfas-

sungsgericht gefordert hat, gleichwertige Rechtsgüter wären.

Dieses hessische Gesetz ist ein Ladenöffnungsgesetz und kein Gesetz, das die Märkte

steuern soll. Ich glaube, das hat der Gesetzgeber hier zu bedenken.

Herr Petrak: Ich möchte gern zusammenfassen und ergänzen – auch aus dem, was ich

in meiner schriftlichen Stellungnahme geäußert habe und was ich den anderen Stel-

lungnahmen entnehme, die dem zustimmen. Die Begründung des Gesetzentwurfs

macht deutlich, dass die eigentliche Absicht, nämlich den Sonntagsschutz abzubauen,

verschleiert werden soll. Das geschieht durch ein Jonglieren mit Irreführungen, Phanta-

sielosigkeiten, Fehleinschätzungen, Umdeutungen – etwa in Sachen Onlinekonkurrenz,

Stadtmarketing oder im Umgang mit dem Begriff der Rechtsunsicherheit.

Nur ein Beispiel: Die Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern

geht sogar so weit, zu sagen, die Verwaltungsgerichte hätten die Anforderungen an

die Veranstaltungen jenseits der Regelungen im Hessischen Ladenöffnungsgesetz deut-

lich verschärft. Nach meinem juristischen Halbwissen wird den Gerichten damit doch

eigentlich ein Rechtsbruch vorgeworfen, denn das dürften sie ja gar nicht tun. Meines

Ds – 20 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Erachtens wird hier von den Gerichten vielmehr dem Ignorieren der Legalität ein Riegel

vorgeschoben.

Bei der IHK heißt es weiter, die Konsequenz sei, dass viele Kommunen nicht in der Lage

seien, rechtskonform verkaufsoffene Sonntage zu genehmigen, da es ihnen an geeig-

neten Veranstaltungen fehle. Na also! Wenn man das jetzt eingesehen hat, ist das doch

ein erster Lernerfolg dank der Gerichte.

Ein Zweites zu diesem Jonglieren, das nur verschleiern soll, was der Gesetzentwurf in der

politischen Realität bewirken würde. In ihrer Begründung zu Art. 1 Nr. 1 des Gesetzent-

wurfs nennt die FDP angeblich nachvollziehbare Kriterien. Das ist genauso nachvoll-

ziehbar, als wolle man – ich verwende die Sprache der FDP – aufgrund des geänderten

Sozialverhaltens der Arbeitgeber und des wirtschaftlichen Drucks am Arbeitsplatz Aus-

nahmen fordern von der üblichen Regel und deswegen mit 100 Sachen durch die Stadt

fahren dürfen – nur vier Mal im Jahr, bitte –, weil der Zeitdruck so groß geworden ist und

die Arbeitsbedingungen uns so unter Druck setzen, dass wir es einfach nötig haben,

schneller zu fahren. Wenn das doch nur vier Mal jährlich vorkommt, dann ist der Aner-

kennung der Regel, dass man nur 50 km/h fahren darf, ja kein Schaden zugefügt. –

Ebenso nachvollziehbar ist auch die Argumentation im FDP-Gesetzentwurf.

Das Gleiche wäre, wenn ich nur vier Mal im Jahr ausnahmsweise Steuern hinterziehen

dürfte. Dabei ist doch jedem völlig klar: Steuerhinterziehung ist nicht erlaubt. Aber es

gibt natürlich besondere Ausnahmen, warum man das zu versteuernde Einkommen

reduzieren darf, vor der Versteuerung. Es müssen immer ganz besondere Ausnahmen

sein.

(Zuruf von der FDP)

Nur wer hoheitliche Aufgaben erfüllt oder lebensrettende Maßnahmen vornimmt, darf

mit 100 km/h durch die Stadt rasen, nämlich mit Blaulicht und Martinshorn. – Diesen Stil

der Argumentation finde ich beschämend für eine demokratische Partei, möchte ich

nur sagen.

(Unruhe – Zuruf von der CDU: Man kann das kritisieren – aber nicht so!)

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es hier um eine pure Verschleierung – –

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Ich darf Sie bitten, ein wenig sachlicher zu werden und

keine Anwürfe gegenüber Fraktionen vorzunehmen, die hier Gesetzentwürfe vorlegen.

Bitte halten Sie sich ein bisschen an den üblichen Stil. Das wäre nett.

Herr Petrak: Okay. Dann möchte ich nur noch einen Satz anfügen: Die Absicht, den

Sonntagsschutz abzubauen, muss man als rechtswidrig anerkennen.

Ich möchte mich gern der Stellungnahme der katholischen Bischöfe anschließen, die

nahelegen, das Gesetz genau in die andere Richtung zu ändern. Wenn schon die IHK

Frankfurt sagt, es sei ein Anachronismus, dass man Läden öffnet, weil der Besucherstrom

bei einer Messe diesen Bedarf angeblich auslöse, und wenn Herr Stoll und andere aus

der IHK Frankfurt argumentieren, das stamme aus einer Zeit, in der die Veranstalter von

Messen noch gar nicht selbst für die Versorgung der Besucher gesorgt hätten, dann,

Ds – 21 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

bitte sehr, könnte es doch auf leichtem Wege möglich sein, einen Konsens in der Weise

herbeizuführen, dass man diesen Paragrafen – wenn anlassbedingte Ladenöffnung

überhaupt sinnlos ist – gänzlich streicht.

Herr Kaptelli: Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass auch wir vom Diakonischen Werk

in diesem Gesetzentwurf eine Aufweichung des Sonntagsschutzes sehen. Wie auch die

Kirchen lehnen wir von der Diakonie dies ab. Ich weise darauf hin, dass wir in unserer

Beratungsarbeit zunehmend feststellen, dass immer mehr Menschen zu uns kommen,

die aufgrund der Bedingungen, unter denen sie arbeiten, sehr gestresst sind, überfor-

dert sind. Wir sehen, dass wir diese Menschen schützen müssen.

Im Sonntag sehen wir einen besonderen Schutz. Diesen Schutz wollen wir auf jeden Fall

sichergestellt wissen, damit es im Ablauf der Woche tatsächlich einen Tag gibt, an dem

das Werken, das Wirken unterbrochen wird, damit es einen Raum der Ruhe und der

Förderung sozialer Kontakte gibt. Wir glauben, dass das für eine offene und soziale Ge-

sellschaft von allergrößter Bedeutung ist und dass man das nicht einer vollumfänglichen

Ökonomisierung preisgeben darf. Das ist die Position der Diakonie.

Herr Kändler: Der Sonntag ist für den Menschen da; der Sonntag ist nicht für den Kon-

sum da. Das ist eine kleine Abwandlung eines Spruchs aus dem Neuen Testament. Herr

Dulige hatte ja schon die lange Tradition des Sonntagsschutzes oder zuvor des Sabbat-

schutzes angesprochen, im Alten Testament begründet durch die Schöpfung. Es gibt

noch eine andere Begründung im Fünften Buch Mose, wo der freie Sabbat durch die

Freiheit begründet wird: Israel wurde durch Gott aus Ägypten geführt, wurde befreit.

Deshalb soll Israel am Sabbat ruhen – also der Sabbat als Gewährleistung für Freiheit.

Aber genauso alt ist auch der Widerstand gegen den freien Sonntag. Der Prophet

Amos regt sich über Händler auf, die am Sabbat schon ihre Kornsäcke öffnen wollen,

um Sachen verkaufen zu können. Dieser Streit hat also schon eine lange Tradition.

Das Dekanat Darmstadt-Stadt lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Es wurden

schon viele Begründungen genannt; ich möchte ähnlich wie Herr Dulige zunächst auf

etwas Grundlegendes und danach noch auf einen anderen Aspekt eingehen.

Der Sonntag hat für eine Gesellschaft eine grundsätzliche Bedeutung. Im Entwurf der

FDP ist nur von wirtschaftlichen Interessen die Rede: Interessen des Einzelhandels, insge-

samt wirtschaftliche Interessen. Ausgeblendet wird völlig, welche Bedeutung der Sonn-

tag auf vielen anderen Ebenen hat. Religiöse, kulturelle, familiäre, persönliche, gemein-

schaftsfördernde Perspektiven fehlen einfach. Es geht im Leben aber um sehr viel mehr

als nur um das Arbeiten, Wirtschaften und Verkaufen.

Der Sonntag ist für uns eine regelmäßige Erinnerung daran, dass für das Leben ganz

andere Inhalte konstitutiv sind. Für viele Menschen ist es Gott, für viele sind es aber auch

menschliche Beziehungen, Freundinnen, Freunde, Familie, freie Tätigkeiten und Besin-

nung. Der Sonntag erinnert uns immer daran, dass wir ohne verlässliche gemeinschaftli-

che Ruhezeiten dem Leben einfach nicht standhalten können, dem Leben nicht ge-

wachsen sind. Diese Verlässlichkeit, dass fast alle an einem bestimmten Tag freihaben,

ist, glaube ich, ganz wichtig.

Ds – 22 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

Gut, man kann natürlich sagen: Mit so einer Meinung ist man angesichts einer globali-

sierten Welt nicht auf der Höhe der Zeit. Ich glaube jedoch, dass gerade das Gegenteil

der Fall ist. Krankheitsbilder wurden schon angesprochen, Depressionen, Burnout. Der

Druck, das Tempo des Lebens nimmt immer mehr zu. Darum ist ein Ruhetag, sind Ruhe-

zeiten einfach überlebensnotwendig. Eine Aufweichung des Sonntagsschutzes rechtfer-

tigen diese Entwicklungen gerade nicht, sondern eher vielleicht sogar eine restriktivere

Handhabung des Sonntagsschutzes.

Als Aufgabe der Kirchen, politischer Parteien und anderer gesellschaftlicher Gruppen

und Organisationen sehen wir es eher, eine Debatte darüber zu fördern, wie wir leben

wollen, welche Bedeutung Arbeit und Konsumieren in unserem Leben haben. Es geht

dabei um ein gutes Leben, um Werte, um Leitbilder, die unser Zusammenleben fördern

und auch der Ökonomisierung entgegenwirken. Wir müssen attraktive Alternativen

entwickeln, um eine neue Sonntagskultur jenseits von Konsum und Kommerz entwickeln

zu können.

Ein zweiter Aspekt, noch ganz kurz: der Aspekt der Chancengleichheit. Im Entwurf der

Fraktion der FDP wurde gesagt, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung keine

Auswirkungen auf diesen Punkt habe. Frauen sind im Handel überdurchschnittlich häu-

fig beschäftigt, 70 % sind Frauen. Wenn der Sonntagsschutz aufgeweicht wird, hat das

natürlich auch Auswirkungen; das betrifft dann insbesondere wieder Frauen. Konse-

quenzen hat das für die gesamte Familie. Man muss die Betreuung von Kindern organi-

sieren. Besonders für Alleinerziehende – eine Gruppe, die immer größer wird – ist das

eine wichtige Sache. Eine verlässliche gemeinsame Zeit in der Familie ist nicht mehr

gewährleistet. Flexible Arbeitszeiten erschweren die Abstimmung gemeinsamer Aktivitä-

ten; das wurde schon mehrmals angesprochen.

Aus diesen Gründen und den anderen Gründen, die wir in der schriftlichen Stellung-

nahme dargelegt haben, lehnt das Dekanat Darmstadt-Stadt den Gesetzentwurf ab.

Herr Allmann: Ich schließe mich den Ausführungen von Herrn Kändler vollumfänglich an.

Herr Dr. Stroh: Mein Name ist Ralf Stroh, ich bin als Pfarrer theologischer Referent für Wirt-

schafts- und Sozialethik am Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. In mei-

ner mündlichen Stellungnahme möchte ich einen Punkt aus der schriftlichen Stellung-

nahme herausgreifen, der so bisher noch nicht beleuchtet worden ist.

Ich möchte Sie nämlich darauf aufmerksam machen, dass die Streichung des Anlass-

bezugs in vielen Fällen faktisch die Streichung der Anlässe, der gewachsenen Traditio-

nen an Festen zur Folge haben wird, die in der Nachbarschaft stattfinden. Sie werden

aufgrund der Konkurrenz durch verkaufsoffene Sonn- und Feiertage in der Nachbar-

schaft nicht mehr stattfinden und aussterben. Es wurde eben ja auch schon explizit

ausgesprochen, dass es der Wunsch ist, neue Kreise zu erschließen, andere Personen in

die Stadt hineinzuziehen. Die Nachbarschaft wird darunter natürlich leiden.

Die Ermöglichung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage ohne Anlassbezug gefährdet

unmittelbar die vom Gesetz genannten gesellschaftlichen Ereignisse: Märkte, Messen,

örtliche Feste oder ähnliche Veranstaltungen in der Nachbarschaft. Wieso und warum?

Märkte, Messen, örtliche Feste oder ähnliche Veranstaltungen geraten genau dort im-

mer stärker unter Druck oder werden sogar ganz aufgegeben, wie Beispiele beweisen,

Ds – 23 – SIA 19/19 – 16.04.2015

WVA 19/16 – 16.04.2015

wo in der Nähe verkaufsoffene Sonn- und Feiertage stattfinden. Angesichts der heuti-

gen Mobilität ist „in der Nähe“ unter Umständen ein durchaus großer Radius.

Die nachlassende Resonanz auf diese Feste aufgrund verkaufsoffener Sonn- und Feier-

tage in benachbarten Städten oder Gemeinden demotiviert die hier engagierten Per-

sonen, nicht zuletzt, weil die für diese Feste nötigen Einkünfte zur Deckung der Unkosten

gar nicht mehr generiert werden können, geschweige denn Erlöse erwirtschaftet wer-

den, die von den beteiligten Vereinen oftmals bereits fest in ihr Jahresbudget einkalku-

liert wurden und zur Aufrechterhaltung des Vereinslebens dringend benötigt werden.

Als Beauftragter des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt für die Sonntagsallianzen auf

Bundesebene bereite ich derzeit eine Erhebung vor, die diesen Befund dokumentieren

und auf die damit einhergehende Verarmung des gesellschaftlichen Lebens aufmerk-

sam machen soll.

Die Gefährdung der traditionellen Feste durch die Zulassung verkaufsoffener Sonn- und

Feiertage ohne jeglichen Anlassbezug ist aus meiner Sicht als Sozialethiker ein großer

gesellschaftlicher Schaden. Warum und inwiefern? Die traditionellen Feste, die übli-

cherweise als Anlass für die Zulassung von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen her-

angezogen werden, werden in kleinen Kommunen wesentlich durch ehrenamtliches

Engagement getragen und sind durchweg durch die intensive Kooperation verschie-

denster kommunaler Akteure – Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Kultur, Vereine und Kir-

chen – organisiert.

Weinfeste, Spargelfeste, Apfelblütenfeste, lokale Adventsmärkte, Kirchweihfeste, regio-

nale Landwirtschaftsmessen, Frühlings- oder Herbstmärkte und andere Feste sind keine

überlebten Formen hessischer Folklore, sondern Orte der Identifikation mit dem Wohnort

und oft Stätten intensiven ehrenamtlichen Engagements, aus denen sich Gemein-

schaftsgefühl und die Fähigkeit zur Integration speisen wie sonst nur noch selten in unse-

rer Gesellschaft. Das Miteinander in der Vorbereitung und Durchführung solcher Ereig-

nisse stellt eine unersetzbare Gelegenheit dar, um das kommunale Miteinander nicht

nur reduziert auf ökonomische Belange zu erleben und zu gestalten.

Im Rahmen solcher Feste finden fast immer Veranstaltungen für Senioren statt, deren

Programm durch lokale Vereine, Musikgruppen, kirchliche Gruppen, Landfrauen, Arbei-

terwohlfahrt und weitere örtliche Personengruppen bestritten werden. Es gibt fast immer

spezielle Programme für Kinder, die in gleicher Weise von den örtlichen Gruppen und

Vereinen organisiert und durchgeführt werden. Fast immer besteht für lokale Pflege-

heime die Möglichkeit, mit den in ihnen lebenden Menschen an diesen Festen teilzu-

nehmen, ebenfalls fast immer ehrenamtlich organisiert im Zusammenspiel ganz unter-

schiedlicher örtlicher Gruppen.

Kinder erleben an solchen Tagen, dass sich Erwachsene an Getränkeständen oder Im-

bissstuben ehrenamtlich engagieren, und gehören zum Teil selbst einer Gruppe an –

etwa eines Kindergartens oder eines Sportvereins, einer Musikgruppe oder einer Schul-

klasse –, die im Rahmen solcher Feste einen Auftritt hat.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Herr Dr. Stroh, ich darf kurz unterbrechen. Ich muss ein

bisschen auf die Uhr schauen und bitte daher, sich heute auf den Gesetzentwurf zu

konzentrieren.

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Herr Dr. Stroh: Ja. Doch aus genau diesem Grund, weil der Gesetzentwurf solche Soziali-

sationsmöglichkeiten und Erlebnispotenziale gefährdet und infrage stellt, sind wir aus

sozialethischer Sicht strikt dagegen, diesen Anlassbezug aufzuheben. Damit geraten

nämlich auch die Anlässe in Gefahr. Die im Anlassbezug genannten Feste bieten Parti-

zipations- und Kooperationsmöglichkeiten, die nicht aus finanziellen Möglichkeiten al-

lein erwachsen, sondern das breite Spektrum an Talenten und Fertigkeiten vor Augen

führen, die für ein gutes Zusammenleben vor Ort nötig sind.

All dies ist umso wichtiger, als die von mir in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung so her-

ausgehobenen lokalen Feste schon jetzt – ohne dass in der Nachbarschaft verkaufsof-

fene Sonn- oder Feiertage stattfinden – unter großem Druck stehen. Dieses Erlebnispo-

tenzial würde noch zusätzlich gefährdet und infrage gestellt. Das wurde ja auch zuvor

schon gesagt.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Ich muss noch einmal auf die Uhrzeit hinweisen, weil wir

ja noch mehr Anzuhörende haben. Ich glaube, Herr Dr. Stroh, Ihr Anliegen ist allen Ab-

geordneten klar geworden.

Frau Reidt: Auch ich danke, dass ich Stellung beziehen darf. Ich bin Mitarbeiterin des

Bistums Mainz in der Arbeitnehmer- und Betriebsseelsorge. Wie ich auch in meiner kur-

zen Stellungnahme geschrieben habe, schließe ich mich der Stellungnahme des Kom-

missariats der Bischöfe an und lehne diesen Gesetzentwurf ab. Mir ist es wichtig, noch

einmal aus der Perspektive meiner Tätigkeit und Funktion als Betriebsseelsorgerin einige

Aspekte zu verstärken und zu ergänzen.

Bezüglich des Gesetzentwurfs der FDP ist mir aufgefallen, dass als Problem die Anlassbe-

zogenheit benannt wurde und die daraus folgenden juristischen Prozesse. Ursprünglich

war es aber so, dass der Anlass eigentlich die Grundlage dafür war, dass überhaupt

geöffnet werden darf. Man hat gesagt: Aufgrund der Besucherströme, die durch diesen

Anlass entstehen, darf man öffnen. Es ist eine Verkehrung der Argumentation, wenn

jetzt der Anlass selbst als Problem dargestellt wird.

Ich möchte den Problemen, die im Antrag genannt sind – unter anderem das Konsum-

verhalten, der Onlinekonsum und auch die Wettbewerbsfähigkeit –, ein anderes Prob-

lem entgegenstellen. Es wurde schon mehrmals genannt. Bei meiner Tätigkeit bin ich

immer wieder in Betrieben. Die Arbeitswelt und die Gesellschaft sind geprägt von die-

sem globalen, liberalisierten Markt, von einem massiven Wettbewerbsdruck, Arbeitsver-

dichtung, Flexibilität – all den Themen, die bereits angeführt wurden. Dies führt in allen

Branchen sichtbar zu physischer und psychischer Belastung.

Zu mir als Seelsorgerin kommen immer wieder Personen, die von Erschöpfungssympto-

men betroffen sind. Auch innerhalb der Betriebe finden Bemühungen statt, werden Ge-

fährdungsanalysen bezüglich der wachsenden Krankenstände aufgrund psychischer

Belastung durchgeführt. Schlichtweg muss man branchenübergreifend sagen: Die Welt

schreit nach Ruhe, nach Entschleunigung, nach Unterbrechungen angesichts der An-

strengungen, die den Menschen in der Arbeitswelt abverlangt werden.

Gleichzeitig wird das Rad weiter angetrieben, auch durch die Aufweichung des Sonn-

tagsschutzes, die insofern ebenfalls kontraproduktiv ist, auch wenn zunächst der Ein-

druck entsteht, der Sonntag als Tag für Freizeitgestaltung und Konsum bringe Entspan-

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nung. Gerade im Hinblick auf die erforderliche Entlastung der Menschen glaube ich,

dass dieses Rad zu weit gedreht wird.

Ein Zweites, mit Blick auf die Beschäftigten im Einzelhandel: Wir alle wissen, dass die Be-

schäftigung im Einzelhandel oft prekär ist. Selbst wenn man gefragt wird, ob man freiwil-

lig am Sonntag arbeiten möchte, geht es manchmal schlichtweg darum, noch den

letzten Cent zusammenzukratzen, weil die Menschen dieses Geld brauchen. Auch da-

für stehe ich mit der Option als Betriebsseelsorgerin.

Immer wieder wird das Argument angeführt, Sonntagsöffnung sei wichtig, weil man

während der Woche keine Zeit zum Einkaufen habe. Da wird der Teufel mit dem Beel-

zebub ausgetrieben. Eigentlich muss eine Debatte darüber geführt werden, dass die

Entgrenzung der Arbeitszeiten insgesamt schon so weit fortgeschritten ist, dass es not-

wendig scheint, selbst den Sonntag mit einzubeziehen.

Ein Letztes zum Thema „Wettbewerbsfähigkeit erhalten“, da auch angeführt wurde,

dass andere Bundesländer lockerere Öffnungszeiten bzw. keinen Anlassbezug haben.

Meine Erfahrung mit dem Wettbewerbsdruck ist folgende: Wenn man nachzieht, be-

deutet das nur scheinbar eine Erleichterung, weil die nächste Gelegenheit kommt und

wieder einer nachlegt. Wir hatten das bei den Öffnungszeiten: Es begann mit einer

Ausweitung auf 20 Uhr, 22 Uhr, 0 Uhr. Der Druck des Wettbewerbs wird immer stärker.

Wenn man den Anlass jetzt herausnimmt, wird es in zwei Jahren wieder irgendetwas

geben, was es notwendig macht, das wieder neu zu diskutieren, und die Aufweichung

findet weiter statt.

Vielleicht noch ein Letztes, auch dieses Argument hatten wir noch nicht: Als Betriebs-

seelsorgerin habe ich auch mit Beschäftigten in Pflegeberufen und medizinischen Beru-

fen zu tun. Da geht es um notwendige Sonntagsarbeit, die nicht wegzudenken sind.

Nimmt man den Anlass aus dem Gesetz heraus, dann stellt man den Konsum und wirt-

schaftliches Interesse quasi gleichbedeutend neben diese Tätigkeiten, die unbedingt

erbracht werden müssen. Offensichtlich ist es überhaupt nicht mehr im Blick, dass Sonn-

tagsarbeit eigentlich für wichtige Bedarfe und Notwendigkeiten gedacht war. Man

würde diese beiden Bereiche dann gleichsetzen.

Ich glaube, dass mit einer Entscheidung, den Anlass aus dem Gesetz herauszunehmen –

was am Anfang als pragmatisch bezeichnet wurde –, nicht eine pragmatische Einzel-

entscheidung getroffen würde, sondern eine grundsätzliche Entscheidung, die den

Sonntagsschutz noch einmal ganz massiv gesellschaftlich auflöst.

Abg. Jürgen Lenders: Meine Fragen richten sich an das Kommissariat der Katholischen

Bischöfe und an die Beauftragte der Evangelischen Kirchen.

Ganz konkret: Von einigen Anzuhörenden wurde hier ja vertreten, dass man sich im

Grunde sogar für eine stärkere Regulierung der geltenden Gesetzgebung ausspreche.

Das habe ich bei Ihnen jetzt nicht so vernommen. Sprechen Sie sich also dafür aus, dass

es bei der jetzigen Gesetzesregelung bleiben soll?

Hier wurden eben sogenannte Erlebnispotenziale genannt, sprich Theater, Kino, Kirmes,

Messen usw. Würden Sie das genauso einschätzen? Auch Sportveranstaltungen wurden

angeführt. Sehen Sie in einem sonntäglichen Formel-1-Rennen am Hockenheimring die

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Gelegenheit zur seelischen Erhebung? Sehen Sie bei einem Besuch im Freizeitpark einen

Unterschied zu einem verkaufsoffenen Sonntag?

Letzte Frage: Liegen der Erhalt und die Förderung der Urbanität der hessischen Innen-

städte nicht auch im öffentlichen Interesse?

Abg. Hermann Schaus: Ich habe insgesamt vier Fragen. Zunächst würde ich Frau Prof.

Dr. Kläver von der katholischen Kirche bitten, noch einmal zu erläutern, wieso sie sich für

eine Reduzierung, eine Reglementierung der verkaufsoffenen Zeit ausspricht. Sie spra-

chen ja von 20 Uhr, maximal 22 Uhr. Wie sehen Ihre Erfahrungen dazu aus?

Meine nächste Frage richtet sich an Herrn Pfarrer Petrak von der KAB. Sie haben in Ih-

rem Beitrag die Versorgung der Bevölkerung angesprochen und erwähnten, dass es bei

Messen und Märkten historisch so war, dass deshalb geöffnet wurde, weil eine Versor-

gungssituation entstand. Ist es aus Ihrer Sicht und aus diesem historischen Grund denn

nach wie vor gerechtfertigt – nachdem die Versorgung inzwischen ja quasi direkt vor

Ort vorgenommen wird –, dass beispielsweise auch Möbelgeschäfte oder andere nicht

der Versorgung dienende Geschäfte öffnen?

Meine dritte Frage geht an Herrn Pfarrer Stroh. Sie haben die Wechselbeziehungen zwi-

schen großen und kleinen Gemeinden angesprochen und die gesellschaftliche Bedeu-

tung. Da geht es mir darum, ob Sie aufgrund Ihrer Arbeit Erfahrungen gemacht haben,

inwieweit eine Konkurrenzsituation entsteht zwischen großen Einrichtungen, die ein grö-

ßeres Interesse haben, sonntags zu öffnen, und kleinen? Ich habe das so verstanden;

deswegen meine Nachfrage. Führt das aus Ihrer Sicht dann auch zu einer Wettbe-

werbsverzerrung?

Die letzte Frage geht an Frau Reidt: Sie haben den Bezug zur Arbeitswelt hergestellt und

Ihre Erfahrung als Betriebsseelsorgerin angeführt. Gerade im Einzelhandel sind ja viele

Frauen betroffen. Ich wüsste ganz gern, wie Ihre Erfahrungen aus der Betriebsseelsorge

im Hinblick auf die Auswirkungen von Sonntagsarbeit auf Frauen aussehen, Stichwort:

Doppelbelastung, familiäre Situation.

Herr Dulige: Ich will nicht sagen, dass die Evangelischen Kirchen in Hessen mit dem vor-

liegenden Ladenöffnungsgesetz zufrieden sind, aber sie sehen keinen Novellierungsbe-

darf. Wir unterstreichen immer wieder, dass es sich um maximal vier offene Sonntage

handelt, und sind für jede Kommune dankbar, die diese Zahl unterschreitet.

Von daher sind wir mit dem derzeit geltenden Ladenöffnungsgesetz einverstanden, be-

sonders – daran habe ich gerade gedacht, deswegen will ich es noch zu Protokoll ge-

ben – seit der letzten Novellierung in der vorangegangenen Legislaturperiode, als die

Ladenöffnungszeiten am Gründonnerstag bis 20 Uhr festgesetzt wurden. Im Gegenzug

bekam die FDP zugestanden, Videotheken am Sonntag öffnen zu lassen. Mit dieser No-

vellierung des Ladenöffnungsgesetzes sind wir einverstanden und würden keine weite-

ren Regelungen vorsehen wollen.

Zweitens: Gibt es Unterschiede in der Art und Weise der Aufnahme? Ich habe vorhin ja

stark auf die Tradition abgehoben. Bei dem Verbot der Sonntagsarbeit waren, wenn Sie

auf die Tradition schauen, schon immer auch Ausnahmen mit im Spiel. Nicht unter das

Sonntagsgebot fielen immer schon die üblichen Hausarbeiten, ebenso die notwendi-

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gen Stallarbeiten. Sonntagsarbeit war erlaubt, wo immer es galt, einen akuten Notstand

zu beheben. Kranke Menschen müssen auch am Sonntag versorgt werden, Kranken-

häuser, Heime usw. Da kann man schon auch eine Traditionsreihe sehen. Nie die Rede

war allerdings von ökonomisierten Shoppingerlebnissen, die davon schon deutlich zu

trennen sind.

Drittens zur Frage von Herrn Lenders und der Ankurbelung der Urbanität: Ich glaube,

man kann da noch viel phantasievoller sein – auch mit einem restriktiv gehandhabten

Ladenöffnungsgesetz –, um Urbanität und eine Belebung der Innenstadt auch am Wo-

chenende zu kreieren. Da sind wir mit dem Latein noch lange nicht am Ende.

Frau Prof. Dr. Kläver: Ich kann mich den Ausführungen von Herrn Dulige anschließen.

Zum einen halten wir das Ladenöffnungsgesetz in seiner jetzigen Form mit vier anlassbe-

zogenen Sonntagen für hinnehmbar. Was ich zum Schluss als Anregung erwähnt habe,

ging dahin: Wenn wir es denn ändern würden, dann würde ich es für viel notwendiger

erachten, die mögliche 24-Stunden-Öffnung von Läden anzugehen, weil sich in der

Praxis, wie ich glaube, auch gezeigt hat, dass das kaum wahrgenommen wird. Grund-

sätzlich denke ich aber, dass wir gut daran tun, wenn wir das Ladenöffnungsgesetz las-

sen, wie es ist. Es hat sich im Großen und Ganzen so bewährt.

Zur Frage von Herrn Lenders zu den Sportveranstaltungen: Meine Ausführungen bezo-

gen sich auf Sportveranstaltungen, die das Vereinsleben betreffen, etwa Fußballveran-

staltungen und dergleichen. Ein Formel-1-Rennen, wie Sie es als Beispiel angeführt ha-

ben, fällt meines Wissens nicht unter das Ladenöffnungsgesetz, sondern ist eine Frage

des Feiertagsgesetzes, in dem ausdrücklich aufgeführt ist, welche Art von Veranstaltun-

gen an Sonn- und Feiertagen möglich sind.

Auch beim Stichwort Urbanität der Innenstädte möchte ich mich den Ausführungen

von Herrn Dulige anschließen. Ich glaube, es kann nicht der richtige Weg sein, Verfas-

sungsgrundsätze aufzuweichen, um die Urbanität der Innenstädte zu steigern. Dafür

müssen andere Konzepte neu gedacht werden.

Ich glaube, mit meinen Ausführungen habe ich auch schon die Frage von Herrn Schaus

beantwortet, der ja anfragte, wie ich mir eine solche Öffnung vorstelle.

(Abg. Hermann Schaus: Ja!)

Herr Petrak: Zum Versorgungsbedürfnis der Bevölkerung: Das Hessische Ladenöffnungs-

gesetz hat verschiedene Stellen, in denen von Reisebedarf oder in anderen Zusam-

menhängen von Waren des täglichen Gebrauchs die Rede ist. Auch in § 6 Abs. 2 wird

erwähnt, dass sich die Freigabe der Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handels-

zweige beschränken kann. Das Gesetz kennt also sehr wohl eine Differenzierung des

Bedarfs.

Darin steckt eine Logik, die zum Wesen eines Anlasses gehört, nämlich dass es „erhebli-

che Besucherströme mit dringenden Bedürfnissen“ gibt – in diesem Sinne formulieren es

das Bundesverwaltungsgericht und der Hessische Verwaltungsgerichtshof. Diese Be-

dürfnisse müssen sozusagen hier und jetzt befriedigt werden. Natürlich ergibt sich da-

raus die Frage: Inwieweit muss man jetzt Läden öffnen, in welchen Handelszweigen, in

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welchen Bezirken, damit diesem prognostizierten Bedürfnis des zu erwartenden Besu-

cherstroms Abhilfe geleistet werden kann?

Nach meiner Beobachtung, nach meiner Wahrnehmung berücksichtigt die Praxis diese

Fragen überhaupt nicht. Das ist ein Fehler in den Genehmigungsverfahren. Es zeigt

auch auf, dass die antragstellenden Organisationen das überhaupt nicht im Blick ha-

ben. Meine mindeste Erwartung wäre, dass das stärker berücksichtigt wird, übrigens im

Sinne der Rechtssicherheit.

Herr Dr. Stroh: Die Konkurrenzsituation gibt es tatsächlich. Es gibt ja schon immer eine

gewachsene Tradition von Konkurrenz bei Kirmesfesten oder Winzerfesten zwischen be-

nachbarten Gemeinden. Da gibt es einen gewissen sportlichen Ehrgeiz, sich gegensei-

tig doch noch irgendwie zu übertrumpfen. Durch die Streichung des Anlassbezugs und

die Möglichkeit zur Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen wird das jetzt aber unfair.

Was das bedeuten kann, kenne ich aus der rheinland-pfälzischen Gemeinde, in der ich

zehn Jahre lang Gemeindepfarrer gewesen bin. Da mussten ein Winzerfest und ein Ad-

ventsmarkt ausfallen, weil sie sich für das ehrenamtliche Engagement einfach nicht

mehr rechneten. Das ist ein großer Schaden. Wir haben das hier in der Diskussion bisher

nicht so im Blick. Es geht mehr oder weniger immer um die großen Kommunen. Aber die

Auswirkungen einer solchen Gesetzesänderung auf kleine Kommunen und Stadtteile

mit ihren Festen ist, glaube ich, wirklich nicht zu unterschätzen.

Frau Reidt: Zur Situation der Beschäftigten im Einzelhandel: Ja, mein Eindruck aus den

letzten acht Jahren ist, dass der Einzelhandel einen großen Bereich prekärer Beschäfti-

gung hat. Wir haben es längst nicht mehr nur mit „Zuverdienerinnen“ zu tun, die das

Beibrot zum Verdienst des Mannes nach Hause bringen. Viele sind von diesem Verdienst

abhängig, und die Tarifbindung im Einzelhandel schwindet zunehmend.

Häufig haben wir es mit Frauen zu tun, die Kinder und Familien zu Hause haben. Sie

werden zwar vielleicht gefragt, ob sie freiwillig sonntags arbeiten möchten, haben im

Grunde aber keine Wahlfreiheit, weil sie schlichtweg auf jeden Cent angewiesen sind.

Die Sorge um diese Frauen und Familien ist berechtigt. Ob nun Anlass oder nicht, es

läuft auf das Gleiche hinaus: Die Sonntagsarbeit trifft die Beschäftigten, die sowieso

schon unten stehen. Die prekäre Beschäftigung wird in diesem Bereich nicht besser,

sondern eher schlechter. Daher möchte ich mich für diese Gruppe einfach einmal stark

machen, auch als Betriebsseelsorgerin und auch unter dem christlichen Aspekt.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Damit ist die zweite Runde abgeschlossen. Als dritte

Gruppe sind die Gewerkschaften sowie die Handelsverbände gefragt.

Herr Bothner: Sehr geehrte Frau Vorsitzende Ravensburg, meine Damen und Herren! Die

jetzige Verfassung ist eindeutig, wurde heute hier im Raum schon gesagt. Dementspre-

chend ist Sonntagsarbeit, egal in welcher Form, die Ausnahme. Beim Ladenöffnungsge-

setz reden wir ja ohnehin schon von einer Ausnahme. Alle anderen Branchen haben,

wenn sie sonntags arbeiten wollen, dies entsprechend dem Arbeitszeitgesetz bzw. der

Bedarfsgewerbeverordnung – ein interessantes Stichwort hier in Hessen – genehmigen

zu lassen. Nur an dieser Stelle, beim Ladenöffnungsgesetz, ist es die Kommune, die da-

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rauf zu schauen hat, dass die Anlassbezogenheit, die das Gesetz ja vorsieht, dann auch

tatsächlich gewahrt bleibt.

Jetzt wissen wir – auch aus dem Urteil zur Bedarfsgewerbeverordnung hier in Hessen –,

und das kann man nicht oft genug wiederholen: Die Arbeitsruhe am Sonntag ist zu-

nächst die Regel. Ausnahmen davon brauchen einen „Sachzwang von Verfassungs-

rang“. Die Stärkung der Urbanität gehört dazu nicht. Im Urteil zur Bedarfsgewerbever-

ordnung kann man wortwörtlich nachlesen: Dabei können rein wirtschaftliche Interes-

sen von Unternehmen oder alltägliche Interessen der Kunden solche Ausnahmen nicht

rechtfertigen – nämlich sonntags zu öffnen. So das Bundesverfassungsgericht.

Von daher ist natürlich klar: Tätigkeiten, die an einem Werktag ausgeübt werden kön-

nen, sollen auch an einem Werktag getätigt werden. Einkaufen kann man an einem

Werktag. Von daher reden wir, wie gesagt, ohnehin schon von einer Ausnahme von

dieser allgemeinen Regel. Wenn dieser Ausnahme dann auch noch die Ausnahme ge-

nommen wird – nämlich die Anlassbezogenheit –, dann wird Sonntagsarbeit beliebig.

Wenn es dann nämlich ganz normal ist, dass man an vier Sonntagen ohne Anlassbezug

arbeiten kann, wird sich jede andere Branche ja ebenfalls fragen, warum das nicht

auch in ihrem Bereich möglich ist. Das kommt dann als Nächstes. Wir öffnen hier quasi

Tür und Tor und können die ganze Geschichte nicht mehr aufhalten.

Es wurde schon gesagt: In einer Stadt wie Frankfurt könnte dann in 43 Stadtteilen jeweils

vier Mal geöffnet werden, also praktisch jeden Sonntag. Das würde auch eine größere

Anforderung an die öffentliche Infrastruktur bedeuten, weil der Sonntag ja mehr oder

weniger zu einem Werktag würde. Dadurch verlöre auch in weiten anderen Bereichen

die Sonntagsruhe an Bedeutung: Der Sonntag würde zum Werktag, insbesondere in

größeren Städten.

Interessant ist auch: Eine wirtschaftliche Belebung des Einzelhandels ist durch die Sonn-

tagsöffnung ja gar nicht gegeben. Das müsste dann der Logik folgen: Wenn man sonn-

tags aufmacht, steigt zwangsläufig der Umsatz. Dem ist nicht so.

Gerade in Hessen, wo unter der Woche schon von 0 bis 24 Uhr geöffnet werden kann,

stellen wir fest, dass nicht mehr Umsatz generiert wird, sondern dass im Gegenteil viele

Einzelhändler gar nicht mehr mitkommen. Wenn sie mit Größeren konkurrieren wollen,

brauchen sie entsprechend mehr Personal und zahlen mehr Nebenkosten, Heizkosten

usw. Das funktioniert hinten und vorne nicht. Interessanterweise wird gerade in Ländern

wie Bayern oder dem Saarland, die unter der Woche etwas eingeschränktere Öff-

nungszeiten haben, mehr Umsatz generiert als hier in diesem Lande. Das sollte man ent-

sprechend berücksichtigen.

Ich möchte jetzt eingedenk der Zeit nicht mehr auf die physischen und psychischen

Belastungen der am Sonntag Arbeitenden eingehen. Sonntagsarbeit soll, wie gesagt,

nur ausnahmsweise erfolgen, so es für unsere Gesellschaft notwendig ist, weil jede Form

von Sonntagsarbeit mit physischen und psychischen Belastungen einhergeht. Dies ist zu

verhindern. Die Sonntagsruhe soll darüber hinaus der geistigen Erbauung und zum Aus-

ruhen dienen; das ist gerade angesichts einer 24-Stunden-Gesellschaft wichtig.

Von daher ist der Gesetzentwurf aus unserer Sicht vollumfänglich abzulehnen. Ich wage

einmal eine Prognose: Sollte der Gesetzentwurf in Hessen tatsächlich umgesetzt wer-

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den, na ja, dann müsste man wieder von den Gerichten klären lassen, ob der Anlass-

bezug in Hessen dann nach wie vor noch Gültigkeit hätte oder nicht.

Herr Laux: Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Zunächst noch eine kleine Er-

gänzung: Ich spreche nicht nur für die IHK Frankfurt, sondern auch für hessischen Indust-

rie- und Handelskammern. – Seit 2006, als der erste Entwurf des Hessischen Ladenöff-

nungsgesetzes auf dem Tisch lag, haben wir zwei wesentliche Anliegen.

Eines davon ist, dass der Anlassbezug gestrichen werden soll. Der Anlassbezug entbehrt

unserer Auffassung nach eines Sinns. Die Veranstaltungen, aus deren Anlass heraus ver-

kaufsoffene Sonntage durchgeführt werden dürfen, bedürfen dieser Versorgung durch

den Einzelhandel, die historisch dahintersteht, nicht mehr. Es ist heute völliger Standard,

dass bei jeder Großveranstaltung die Besucher vom Veranstalter versorgt werden, so-

dass der Einzelhandel an der Stelle nicht erforderlich ist.

Umgekehrt führt dieser Anlassbezug aber dazu – ein Beispiel ist da Frankfurt –, dass hän-

deringend nach entsprechend großen Veranstaltungen gesucht werden muss. Das ge-

lingt in einer Kommune wie Frankfurt noch, nämlich häufig eben durch Großmessen.

Doch viele kleine Kommunen finden zum Teil überhaupt keinen geeigneten Termin

mehr, weil sie gar keine entsprechend großen Veranstaltungen haben.

Oder aber wir haben das gemeinsame Problem, dass die Termine ungeeignet sind. Das

führt vielfach dazu, dass wir am Gehaltsmonatsende einen verkaufsoffenen Sonntag

durchführen müssen oder in den Ferien oder aber zu Jahreszeiten, in denen das Wetter

üblicherweise nicht mehr das beste ist, wodurch die Menschen auch nicht so gerne auf

die Straße gehen. Dies ergibt Konstellationen, die eigentlich keinem dienen.

An dieser Stelle muss man, glaube ich, auch einmal anmerken: Bei aller Kritik, die hier

geäußert worden ist, muss man doch sehen, dass verkaufsoffene Sonntage auch einen

gewissen gesellschaftlichen Konsens haben. Dafür spricht, wie viele Menschen zu die-

sen verkaufsoffenen Sonntagen gehen, wenn sie denn durchgeführt werden.

Es wurde jetzt ja viel über Kommerz usw. gesprochen. Das steht heute eigentlich gar

nicht mehr im Vordergrund, wenn der Einzelhandel über verkaufsoffene Sonntage

spricht. Es geht eigentlich um etwas ganz anderes.

Ich darf an dieser Stelle vielleicht ergänzen: Die IHK Frankfurt hat Ende letzten Jahres

eine Passantenbefragung in der Frankfurter Innenstadt durchgeführt. Eines der interes-

santen Ergebnisse war, dass etwa ein Viertel der Befragten geantwortet hat, dass sie

seltener in die Innenstadt gehen, weil sie zunehmend online einkaufen. Das spricht

schon für sich.

Ich kann Ihnen aber auch Weiteres berichten. Die Frankfurter Innenstadt gehört hes-

senweit gesehen sicher zu den attraktivsten Einkaufsbereichen, die unser Bundesland

hat. Es mehren sich aber auch auf der Zeil die Stimmen von Händlern, die über Fre-

quenzrückgänge klagen.

(Zuruf von der SPD: Geldmangel!)

Jetzt mögen Sie einwenden: Die klagen auf hohem Niveau. Damit werden Sie nicht

ganz Unrecht haben. Dennoch ist das ein Alarmsignal. Ich glaube, es hat wenig Sinn, zu

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warten, bis auch in den attraktiven Einkaufsstraßen von Mittelstädten, größeren Städten

und Großstädten erste Leerstände zu erkennen sind. Erfahrungsgemäß ist es dann,

wenn wir so weit sind, zu spät; dann drehen Sie das Rad nicht mehr zurück.

Das heißt, wir müssen uns angesichts des Strukturwandels im Einzelhandel, der uns schon

seit Jahren begleitet und der gerade in kleinen Kommunen bis hin zu mittleren Kommu-

nen sehr, sehr deutlich erkennbar ist – jetzt noch ergänzt durch die neue Komponente

des Onlinehandels –, rechtzeitig überlegen, wie wir den Einzelhandel befördern können.

Ich glaube, das ist unstrittig: Der Einzelhandel ist für die Attraktivität der Innenstädte der

Magnet. Die Attraktivität unserer europäischen Innenstädte, auf die wir zu Recht stolz

sind, macht aus, dass sie multifunktional sind. Primär gibt es natürlich Einzelhandel, das

ist klar, aber es gibt daneben viele andere Gewerbetreibende, seien es nun gastrono-

mische Betriebe, die Unterhaltungsbranche, Dienstleister, Freiberufler oder wer auch

immer. Dieser Mix macht es aus. Wenn wir an dieser Stelle zulassen, dass der Einzelhan-

del geschwächt wird, hat das bisweilen ganz fatale Folgen für den Rest der Gewerbe-

treibenden in diesen Innenstädten. In den Kleinstädten können Sie sich das Ergebnis

anschauen.

Deswegen ist unser Petitum: Wir wollen nicht, dass irgendein Händler in Hessen öfter als

vier Mal im Jahr an einem Sonn- oder Feiertag öffnen kann. Das ist ganz klar; das ist

auch Konsens. Neben mir sitzt Herr Kullmann vom Einzelhandelsverband. Da gibt es

überhaupt keine unterschiedlichen Meinungen. Mehr soll es nicht geben.

Aber wir haben einen anderen Punkt, und das ist die zweite Forderung, die wir seit 2006

immer wieder formuliert haben: Wir sehen die besonderen Probleme der Stadtteile,

auch in Frankfurt. Es wurde wiederholt hier in die Diskussion eingeführt, dass Frankfurt 43

Stadtteile hat; das ist richtig. Es wurde dann der Eindruck erweckt, dass wir plötzlich 43

und mehr verkaufsoffene Sonntage in Frankfurt haben, wenn man für die Stadtteile se-

parate Termine vorsieht. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Das ist blanke Theorie. Blanke

Theorie schon deswegen, weil in den meisten Frankfurter Stadtteilen kaum noch Einzel-

handel anzutreffen ist.

Da schließt sich der Kreis meiner Argumentation: Das müssen wir verhindern. Planungs-

wille der Stadt Frankfurt ist eine Stärkung der Nahversorgung in den Stadtteilen. Ich

glaube, es gibt hier im Raum Konsens, dass das ein gutes Ziel ist. Dann müssen wir aber

auch Grundlagen schaffen, um das zu ermöglichen. Neben mir sitzt auch Herr Steul, er

ist Vorsitzender des Dachverbands der Frankfurter Gewerbevereine. Zentrale Aufgabe

dieses Dachverbands ist, in den Stadtteilen einen verkaufsoffenen Sonntag zu organisie-

ren, der exklusiv den Frankfurter Stadtteilen vorbehalten ist. Herr Steul, wie viele Stadttei-

le machen mit?

(Herr Steul: 15!)

Sie sehen, die Zahlen, die im Raum stehen, entbehren jeglicher sachlicher Grundlage.

Wir sprechen über 15 Stadtteile. Darunter sind einige, in denen es kaum Einzelhandel

gibt. Diejenigen, die da mitmachen, sind schon wirklich tapfer. Wenn diese Stadtteile

an Sonn- oder Feiertagen öffnen, haben sie nur dann eine Chance, bei ihren Kunden

überhaupt wahrgenommen zu werden, wenn zu dieser Zeit die Innenstadt von Frankfurt

geschlossen hat. Nur dann funktioniert es; das ist völlig klar. Wenn die Frankfurter Innen-

stadt öffnet – ich erwähne jetzt immer das Beispiel Frankfurt, weil ich das am besten

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kenne; das gilt für viele andere Städte in Hessen aber auch –, brauchen die Einzelhänd-

ler in den Stadtteilen nicht mehr zu öffnen, weil dort kein Mensch sein wird.

Die Stadt Frankfurt, die das Problem natürlich erkannte, hat sich aufgrund der aktuell

geltenden Rechtslage damit beholfen, einen der vier verkaufsoffenen Sonntage den

Stadtteilen vorzubehalten. Sie können sich vorstellen, dass das nicht auf ungeteilte Lie-

be gestoßen ist, denn der Innenstadt fehlt eben ein verkaufsoffener Sonntag. Das kön-

nen Sie jetzt als Kommerz abtun. Das würde ich aber nicht empfehlen, denn von die-

sem Kommerz, der hier immer despektierlich so bezeichnet wird, leben wir nun einmal

alle.

Unser Vorschlag weicht geringfügig von dem vorliegenden Änderungsentwurf ab. Wir

glauben nicht, dass es zwingend notwendig ist, allen Stadtteilen separate Termine für

verkaufsoffene Sonntage einzuräumen, weil diese nicht in Anspruch genommen wer-

den würden. Unser Vorschlag geht dahin, dass wir einen dieser vier verkaufsoffenen

Sonntage zu zwei unterschiedlichen Terminen ermöglichen, nämlich einmal für die

Stadtteile und einen Termin als vierten Termin für die jeweiligen Innenstädte.

(Abg. Frank-Peter Kaufmann: Sie wollen also einen fünften Termin!)

Ich will kurz noch auf die verfassungsrechtlichen Bedenken eingehen. Hier wird immer

wieder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Berliner Ladenöff-

nungsgesetz zitiert. Ich glaube nicht, dass Ihre Lesart richtig ist, wenn Sie aus dieser Ent-

scheidung herauslesen, dass ein Gesetz nur dann verfassungskonform sei, wenn es die-

sen Anlassbezug beinhaltete. Sie müssen sich nur einmal vor Augen halten, dass Berlin

auch nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch zehn verkaufsof-

fene Sonntage hat. Unter diesen zehn verkaufsoffenen Sonntagen sind zwei, die jedes

einzelne Geschäft selbst wählen kann.

Ich glaube daher, dass die Argumentation, die wir heute wiederholt hier gehört haben,

nicht sehr tragfähig ist. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass es vier Bundesländer gibt,

die schon derzeit keinen Anlassbezug in ihren Gesetzen haben. Auch das spricht dafür,

dass es vielleicht auch so geht.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Vom Einzelhandelsverband ist Herr Kullmann anwe-

send. Ich darf informieren, dass heute Ihre verspätet eingetroffene schriftliche Stellung-

nahme an die Abgeordneten verteilt worden ist, sodass Sie den Inhalt nicht zu wieder-

holen brauchen, sondern Ihre zusätzlichen Aspekte mündlich einbringen können.

Herr Kullmann: Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Ich kann mich im Wesentli-

chen dem anschließen, was der Kollege Laux gesagt hat. Ich will aber unsere gemein-

same Stellungnahme für die Einzelhandelsverbände Hessen Nord und Süd sowie für die

Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände abgeben. Wir begrüßen den Ge-

setzentwurf der FDP-Fraktion, fügen aber gleich hinzu, dass es uns nicht darauf an-

kommt, das Ladenöffnungsgesetz zu erweitern. Wir wollen lediglich den Anlassbezug für

die vier verkaufsoffenen Sonntage wegfallen lassen.

Wir gehen davon aus, dass eine solche Gesetzesänderung dazu führen würde, gleiche

Wettbewerbsbedingungen für Sonntagsöffnung in allen Gemeinden zu schaffen und

Standortnachteile zu beseitigen. Verbraucher und Handel erhielten Planungssicherheit,

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damit nicht Situationen wie in diesem bzw. dem vergangenen Jahr eintreten, bei de-

nen der Verwaltungsgerichtshof die eine oder andere Entscheidung oder den einen

oder anderen verkaufsoffenen Sonntag kippte.

Weiterhin gehen wir davon aus, dass mit diesen Vorschlägen auch nicht gegen die Ent-

scheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Berliner Ladenöffnungszeiten versto-

ßen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat ja nur die Massivität der Öffnungszeiten im

Dezember beanstandet. Der Kollege Laux hat vorgetragen, dass in Berlin nach wie vor

mehr als vier verkaufsoffene Sonntage stattfinden und genehmigt werden.

Ferner ist anzumerken, dass die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an

den genehmigten Sonntagen bereits jetzt auf freiwilliger Basis erfolgt. Daran würde sich

aufgrund der von uns vorgeschlagenen Änderung nichts ändern. Der Arbeitnehmer-

schutz wird damit gewahrt.

Der Umstand, dass nur zu bestimmten Anlässen an Sonntagen geöffnet werden kann –

bis zu vier Sonntage –, hat hessenweit dazu geführt, so lauten jedenfalls die Mitteilungen

vieler Mitgliedsbetriebe, dass in einigen Gemeinden keine verkaufsoffenen Sonntage

stattfinden können, in anderen Gemeinden nicht die gewünschte Zahl oder zu unge-

eigneten Terminen. In einigen Gemeinden ist die Genehmigungspraxis sehr liberal, in

anderen sehr eng. Dies alles wurde verschärft durch einige Verwaltungsgerichtsverfah-

ren im Jahr 2012. Die Vorgaben werden inzwischen in der Tat sehr eng ausgelegt.

Für den Handel als solchen sind die vier verkaufsoffenen Sonntage ohne Anlassbezug

auch ein Stadtmarketinginstrument und dienen natürlich auch der Standortsicherung

der Innenstadt. Die Diskussion zum Onlinehandel kennen Sie alle. Wir haben im vergan-

genen Jahr eine Umfrage durchgeführt, wobei sich herausgestellt hat, dass auch in

Hessen insbesondere an den Sonntagen verstärkt im Onlinehandel eingekauft wird. In-

soweit brauchen wir im Handel dieses Standortmarketinginstrument.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass durch diese Regelung der gesetzliche Feiertag

geschützt bleibt. Das steht außer Frage. Ich weise abschließend aber darauf hin, dass

es genügend andere Dienstleister gibt, die bereits sonntags geöffnet haben, und zwar

regelmäßig. In unserem Fall stehen insgesamt nur 20 Stunden im Jahr zur Diskussion.

Herr Steul: Ich bin selbst Einzelhändler in Frankfurt und habe ein Spielwarengeschäft. Ich

bin Gewerbevereinsvorsitzender von Frankfurt-Bornheim; die Berger Straße ist vielleicht

bekannt. Zugleich bin ich seit einem Jahr Vorsitzender des Dachverbands Frankfurter

Gewerbevereine.

Ich hatte etwas vorbereitet, aber das brauche ich eigentlich nicht mehr komplett vorzu-

tragen – meine Ansprache hätte vielleicht besser am Anfang gepasst. Ich bedanke

mich aber bei Herrn Laux, der sich für die Stadtteile starkgemacht hat. Beispielsweise

die Berger Straße hat immer versucht, an den vier Sonntagen teilzunehmen, damit wir

im Umfeld noch erkannt werden.

Sie müssen sich das so vorstellen: Viele Familien sehen sich nur sonntags; das wurde hier

intensiv ausgebreitet. Dann machen sie einen Ausflug – mal ins Sportcenter, zum Fuß-

ball, oder sie gehen morgens in die Kirche – wir öffnen die Geschäfte ja auch erst um

13 Uhr. Wenn die Leute in Frankfurt-Bornheim wohnen, gehen sie unter Umständen auch

einmal in die Berger Straße. Die Struktur der Menschen, die an diesen Tagen kommen,

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ist eine ganz andere als die Woche über: Da kommen Großvater, Mutter, Großmutter,

Tante usw. Sie strömen durch die Geschäfte und kaufen eigentlich gar nicht so viel,

aber ich kann sagen: Wir brauchen das, denn wir wollen uns präsentieren: Hier sind wir!

Beispielsweise mein Geschäft ist 1876 gegründet worden, von meinem Urgroßvater.

Wir brauchen diese Sonntage. Wenn die Innenstadt aufmacht – da kann ich dem nur

beipflichten, was Herr Laux gesagt hat –, dann ist die Berger Straße tot. Aus eigener Er-

fahrung kann ich am besten von unserer Straße sprechen. Mittlerweile war es so weit,

dass ich keinen Kollegen mehr aktivieren konnte, wieder zu öffnen.

Im letzten Jahr hatten wir zum zweiten Mal eine richtig gute Organisation für diesen

Stadtteilsonntag – so nennt er sich bei uns. Natürlich haben wir auch die Vereine dabei.

Vorhin klang ja an, dass die Vereine sehr zu kämpfen haben. Wir haben das so gelöst,

dass wir die Vereine zu uns einladen. Wir haben in Bornheim 72 Vereine. Davon treten

z. B. in diesem Jahr 25 Vereine auf einem Abschnitt der Straße auf und können sich dort

präsentieren. Das ist eine Lösung, die man dann suchen muss. Jedenfalls ist an diesem

Stadtteilsonntag, den wir eigentlich Herrn Frank zu verdanken haben und an dem nicht

die Innenstadt, sondern nur die Stadtteile teilnehmen dürfen, in den Stadtteilen richtig

etwas los.

Deshalb bitte ich Sie, die Gesetzgebung möglichst so zu gestalten, dass die Rechtssi-

cherheit erhalten bleibt – das steht auch in meiner Stellungnahme. Das ist das Wichtigs-

te. Sie müssen sich vorstellen: Sie planen einen Sonntag, organisieren Hüpfburg und Ka-

russell, und dann wartet man bis zum letzten Tag. Jedenfalls in Frankfurt war das so, als

einmal ein Sonntag storniert wurde. Es kam erst drei, vier Tage vorher heraus, dass die

Sache abgeblasen war. Das gibt es jetzt zum Glück nicht mehr, weil wir im Moment na-

türlich schauen, dass wir Großveranstaltungen im Hintergrund haben.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Ich sehe jetzt keine Wortmeldungen von Abgeordne-

ten mehr. Dann frage ich die Anzuhörenden: Es gab noch eine Gruppe der Frauenver-

bände; ist noch ein Sprecher hier im Raum? Wenn das nicht der Fall ist, haben wir nun

alle Sachverständigen angehört.

(Abg. Hermann Schaus: Hier auf meiner Liste habe ich noch die Allianz für den

freien Sonntag als anzuhörenden Verband!)

– Von diesem Verband haben wir eine Absage notiert. Ist denn ein Vertreter hier? – Gut,

dann können Sie selbstverständlich noch Ihre Stellungnahme abgeben.

Herr Gobrecht: Wir hatten nicht abgesagt, sondern uns explizit angemeldet. – Die hessi-

sche Allianz für den freien Sonntag kooperiert seit 2010 mit Kirchen – der evangelischen

und der katholischen Seite –, mit Gewerkschaften und mit vielen anderen Sozialver-

bänden. Wir sind gegen jeden verkaufsoffenen Sonntag in Hessen, wie unsere Allianz

auch bundesweit gegen jeden verkaufsoffenen Sonntag auftritt.

Ich will nur einige Anmerkungen zum Gesetzentwurf machen und sehe schon heute,

dass das bestehende und gar nicht einmal so restriktiv gehandhabte Hessische Laden-

öffnungsgesetz verballhornt wird. Ich will ein aktuelles Beispiel nennen. In Weiterstadt soll

am 3. Mai ein verkaufsoffener Sonntag stattfinden. Anlass ist das „Spargel- und Grillfesti-

val“. Es wird nicht von der Stadt Weiterstadt ausgerichtet, sondern von Spargelbauer

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Lipp und der Großmetzgerei Hamm veranstaltet. Wenn diese Form, die Rechtsprechung

und auch das Ladenöffnungsgesetz zu unterlaufen und inflationär Anlassbezüge zu

schaffen, nicht gestoppt wird, wird das über kurz oder lang darauf hinauslaufen, dass

der 90. Geburtstag von Segmüller in Weiterstadt zu einem Fest genutzt wird, das man

dann als Anlassbezug für einen verkaufsoffenen Sonntag nimmt. Dagegen müssen wir

uns wehren.

Ich will auf etwas hinweisen, was Herr Sozialminister Grüttner im Sommer letzten Jahres

auf eine Anfrage des Hessischen Städtetags zum Anlassbezug gesagt hat. Er hat festge-

stellt, und das ist vom Städtetag auch entsprechend veröffentlicht worden, dass durch

den Anlassbezug die Besonderheit der Sonntagsöffnung unterstrichen werde, während

die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe die Regel sein müsse, sodass eine Aus-

nahme hiervon eines Sachgrundes bedürfe.

Dies entspricht – egal was Herr Laux vorträgt – exakt der Rechtsprechung des Bundes-

verfassungsgerichts. Ich weiß nicht, wer diese Rechtsprechung liest. Dort steht im Urteil

vom 1. Dezember 2009: Eine ausnahmsweise Öffnung an Sonntagen ist nur zulässig,

wenn dafür ein dem Sonntagsschutz gerecht werdender Sachgrund besteht. Die An-

forderungen an den Sachgrund steigen mit dem räumlichen und zeitlichen Umfang der

Öffnungsmöglichkeiten. Je umfangreicher die Öffnungsmöglichkeiten an Werktagen

sind, umso geringer ist das Bedürfnis für Sonntagsöffnungen.

Das Hessische Ladenöffnungsgesetz erlaubt Ladenöffnungen von Montag 0 Uhr bis

Samstag 24 Uhr. Wann soll da an Werktagen noch weiter geöffnet werden? Das Bun-

desverfassungsgericht hat das entsprechend unterstrichen. Sonntagsöffnung ist für Hes-

sen eigentlich völlig unnötig, weil schon sonst, unter der Woche, immer geöffnet wer-

den darf.

Diese Rechtsprechung wird auch unterstützt vom Oberverwaltungsgericht in Bautzen

mit einem Urteil von 2010 und vom Verwaltungsgerichtshof München, die eindeutig sa-

gen, dass der Anlassbezug ein Bestimmungsgrundsatz der Ladenöffnungsgesetze sein

muss.

Zu dem immer genannten Beispiel Rheinland-Pfalz, wo es im Ladenöffnungsgesetz kei-

nen Anlassbezug gibt: Auch dort spricht das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil

vom Mai 2014 davon, dass es verfassungsgemäß sei, wenn es keinen Anlassbezug im

Ladenöffnungsgesetz gebe, da sich bereits aus der Landesverfassung und dem Grund-

gesetz ergibt, dass eine Sonntagsöffnung nur beim Vorliegen eines Sachgrundes zuläs-

sig ist. Eindeutiger kann man das selbst aus Rheinland-Pfalz nicht erfahren.

Insofern halten wir, die Allianz für den freien Sonntag Hessen, den Gesetzentwurf für ver-

fassungswidrig und für rechtswidrig, so wie viele verkaufsoffene Sonntage, die in Hessen

veranstaltet werden und wozu eigens Anlässe kreiert werden.

Ein letzter Punkt, den ich noch benennen will: Wenn ständig der Verdrängungswettbe-

werb im Einzelhandel als Ursache, als Begründung für verkaufsoffene Sonntage heran-

gezogen wird, dann müssten sich diejenigen, die das immer vortragen, an die eigene

Nase packen. Denn der Verdrängungswettbewerb kommt ja nicht wie der Regen von

oben – und auch der hat Ursachen; wenn es saurer Regen ist, wissen wir auch, welche.

Der Verdrängungswettbewerb wird von denjenigen entfacht, angeheizt und weiterge-

trieben, die auch immer für verkaufsoffene Sonntage eintreten. Insofern ist er selbstge-

macht.

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Ein Zurücknehmen der Auseinandersetzung würde vielleicht dazu führen, dass die La-

denöffnungszeiten werktags auf 20 Uhr zurückgefahren werden könnten und die Um-

sätze trotzdem generiert würden – in einer geringeren Zeit, denn die Umsätze stagnie-

ren, wie Frau Schäven sagte, ja tatsächlich seit Jahren.

Was den Onlinehandel im Internet betrifft, nur eine Anmerkung. Fast alle Großen und

viele Kleine sind mittlerweile im Onlinehandel aktiv. Insofern machen sie sich selbst Kon-

kurrenz. Ich verweise als Beispiel auf eine Online-Anzeige der Galeria Kaufhof zum

1. Advent, der nicht verkaufsoffen sein darf, wie das Ladenöffnungsgesetz sagt. In die-

ser Anzeige wird geworben mit den Adventsangeboten von Kaufhof: „bis zu 37 % Ra-

batt“.

Ich kann nur sagen: Diejenigen, die hier für den verkaufsoffenen Sonntag plädieren und

vehement für die Streichung des Anlassbezugs eintreten, sind auch diejenigen, die letzt-

lich davon profitieren.

Von einer Freiwilligkeit des Einsatzes der Beschäftigten kann dabei nicht die Rede sein,

zumindest nicht flächendeckend. Viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Einzelhandel

kommen zu uns und sagen uns: Die Freiwilligkeit meines Einsatzes besteht darin, dass mir

gesagt wird, du fliegst raus, wenn du sonntags nicht arbeitest. – Das ist der Hintergrund.

Deswegen wird hier, wie Rainer Petrak schon sagte, mit Beschwichtigungen und mit

falschen Argumenten gehandelt. Das lehnen wir ab – wie den verkaufsoffenen Sonntag

grundsätzlich.

Vors. Abg. Claudia Ravensburg: Es tut mir leid, Herr Gobrecht. Mir war signalisiert wor-

den, dass der Verband abgesagt habe. Ich frage die Kollegen, ob es Nachfragen an

Herrn Gobrecht gibt? – Das ist nicht der Fall.

Dann darf ich mich bei den Anzuhörenden für ihre sach- und fachkundigen Beiträge

bedanken und Ihnen allen einen schönen Nachhauseweg wünschen. Das Gleiche gilt

für die Kollegen und den Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr. Ich

bedanke mich für die Beteiligung an unserer gemeinsamen Anhörung.

Die Mitglieder des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses bitte ich, hier im Raum

zu bleiben, damit wir im Anschluss mit unserer nächsten Sitzung fortfahren können.