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Stimmstörungen zentral erworbene Sprachstörungen Schluckstörungen Dr. med S. Bohne Institut für Phoniatrie & Pädaudiologie Universitätsklinikum Jena

Stimmstörungen zentral erworbene Sprachstörungen...Prinzip der Stroboskopie Belichtung unterschiedlicher Phasen einer Schwingung infolge der Differenz zwischen Schwingungsfrequenz

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Stimmstörungen

zentral erworbene

Sprachstörungen

Schluckstörungen

Dr. med S. Bohne Institut für Phoniatrie & Pädaudiologie

Universitätsklinikum Jena

Übersicht: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Sprech- & Kommunikationsberufe Lehrer, Erzieherin, Schauspieler, Sänger, Callcenter-Mitarbeiter, Fitnesstrainer, Verkäuferin, Berater, Coach u.v.m.

konstitutionelle und organische Faktoren

Stimm- und Sprechtechnik

Psychovegetative Faktoren

Ungünstige Raum-

verhältnisse

Beispiel: gesunde Stimmen: Sopran Mezzosopran Alt Contra-Alt Tenor Bariton Bass-Bariton Bass

1.1 Diagnostik: Direkte und indirekte Laryngoskopie

Diagnostik

Respirationsstellung

1) Epiglottis = Kehldeckel 2) Plica vocalis = Stimmband 3) Plica vestibularis = Taschenband 4) präepiglottischer Fettkörper 5) Vallecula 6) Tuberculum corniculatum 7) Incisura interarytaenoidea 8) Recessus piriformis

Phonationsstellung

1) Epiglottis 2) Stimmband 3) Sinus Morgagni = Ventriculus laryngis 4) Taschenfalte 5) Plica aryepiglottica 6) Tuberculum corniculatum (Arytaenoidgelenk) 7) Incisura interarytaenoidea

Prinzip der Stroboskopie

Belichtung unterschiedlicher Phasen einer Schwingung infolge der Differenz zwischen Schwingungsfrequenz und Blitz- bzw. Shutterfrequenz – das menschliche Auge sieht das Bild nur in dem Moment wo es blitzt und das Gehirn setzt automatisch die Einzelbilder zusammen: Feinschwingung in Zeitlupe

Die Frequenz der Stimmlippenschwingungen liegt bei Männern zwischen 65 und 500 Hz, bei Frauen zwischen 130 und 1000 Hz – dies kann mit bloßem Auge nicht aufgelöst werden Bei den Stimmlippenschwingungen handelt es sich (im Normalfall) um periodische Schwingungen

Schwingungs ablauf der

Stimmlippen Die phonatorische Beweglichkeit (auch phonatorische Feinschwingungen) beruht auf einer Verschiebung des Epithels über dem M. vocalis auf der Schicht des Reinke-Raumes (=Lamina propria)

Stroboskopischer Normalbefund

Heiserkeit - Definition

= pathologische Klangveränderung der Stimme Ursachen: • anatomische Veränderungen der Stimmlippen • Ungleichmäßigkeiten der Stimmlippenränder • Irregularität der Stimmbandschwingungen • Insuffizienz des Stimmlippenschlusses akustisches Bild: • Aperiodizität der Grundfrequenz und der

harmonischen Obertöne • Turbulenzgeräusche

>> Stimmstörungen / Diagnostik von Stimmstörungen

Spezielle Untersuchungsmethoden

◦ Art der Stimmgebung (mühelos, nicht mühelos)

◦ Stimmklang/-qualität:

normal, dicht, klar, klangvoll

pathologisch: belegt, aphon, rau, behaucht, kratzig

RHB-System: Rauigkeit, Behauchtheit u. Heiserkeit werden auf einer 4-stufigen Skala (0-3) bewertet, normale Stimme: R0 B0 H0

GRBAS-Skala: Grad der Heiserkeit, Rauigkeit, Behauchtheit,

Asthenie, Spannung

◦ Vokaleinsätze ◦ Stimmstärke

◦ Artikulation

◦ Kieferöffnungsweite

◦ Respirations- u. Phonationsdauer

Subjektive Verfahren (Auditive Beurteilung der Stimme)

Diagnostik

Stimmstörung (=Dysphonie), Übersicht

organisch

Raumforderungen der Stimmbänder - gutartig - bösartig

Entzündungen

Fehlbildungen

Lähmungen

Verletzungsfolgen

Nach operativen Eingriffen am Kehlkopf

funktionell

hypofunktionell

hyperfunktionell

gemischte Form

andere

psychogen

endokrin (hormonell) bedingt

als Medikamentennebenwirkung

Mutationsstörungen

Seltene Ursachen Je nach Einteilung werden psychogene Dysphonien und Mutationsstörungen den funktionellen Stimmstörungen zugeordnet

Organische Stimmstörungen

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Ursachen Beispiele

Organische

Stimmstörungen

Fehlbildungen Innere u. äußere Laryngozele,

Hämangiome, Laryngomalazie,

kongenitale Membranen, Larynxstenose,

Sulcus glottidis

Posttraumatisch Intubationsgranulome, Synechien,

iatrogen (nach Operation)

Entzündungen Akute Laryngitis, chronisch unspezifische

Laryngitis, Epiglottitis, Larynxödem,

Pseudokrupp

Neubildungen Stimmüberlastungsknötchen, Reinke-

Ödem, Zysten, laryngeale Papillome,

Kontaktgranulome, Stimmlippenpolypen,

Karzinome

Neurogene

Störungen

Stimmlippenparese

Klassifikation von organischen

Stimmstörungen

Organische Stimmstörungen

= Stimmstörungen, die durch Vorliegen eines organpathologischen Befundes bedingt sind

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen – 1.1 Diagnostik – 1.2 organische Stimmstörungen:

• Fehlbildungen: – Laryngomalazie – Diaphragma laryngis – kongenitale Zysten – innere & äußere Laryngozelen

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen – 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die

Stimme – 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Fehlbildungen

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Fehlbildungen I

◦ kongenitale Membranen:

Segelbildung (Diaphragma) in

der vorderen Kommissur

inspiratorischer Stridor

◦ Laryngomalazie: abnorme

Weichheit, inspiratorischer Stridor

Abb. 8: Diaphragma laryngis Abb. 9: Laryngomalazie

Abb. 11: Innere Laryngozele links (innerhalb der Membrana

quadrangularis) äußere Laryngozele rechts (oberhalb des Schildknorpels)

Abb. 10: Innere Laryngozele

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

◦ kongenitale Zysten: Epiglottis,

Taschenfalte, aryepiglottische Falte ◦ Laryngozele:

Ausweitungen des Sinus Morgagni

(angeboren oder erworben)

Fehlbildungen II

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Abb. 12: Äußere Laryngozele

Abb. 13: Äußere Laryngozele im MRT

*

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen – 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen: • Verletzungen:

– Intubationstrauma

– Verletzung

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Verletzungen

Mögliche Sofortfolgen nach endotrachealer Intubation

Stimmlippenrötung mit Fibrinbelag,

Stimmlippenödem, subglottische Schleimhautödeme, kleine Schleimhauteinrisse, Stimmlippenhämatom

• Ursache: Reizung der Schleimhaut durch den Tubus

• Symptom: postoperative Dysphonie (Beeinträchtigung der phonatorischen Schwingungsfähigkeit nach Mikrotrauma)

• Therapie: Stimmruhe oder Stimmschonung für einige Tage

Tubus in situ, kleines Larynxpapillom

Mögliche Spätfolgen nach endotrachealer Intubation

• Intubationsgranulome

• Ulzera

• Knorpelarrosion

• Arthritis des Krikoarytaenoidgelenkes

• Kehlkopfperichondritis

• vordere Synechie (narbige Verwachsung in der vorderen Kommissur)

• Unvollständiger Stimmlippenschluss (Seitwärtsdrängen der Stimmlippen durch den Tubus und Vernarbung des Epithels)

• Trachealstenose (Schädigung der Trachealschleimhaut infolge Scheuerbewegungen des Tubus, druckbedingte Minderdurchblutung durch den Cuff)

tritt üblicherweise nur nach Langzeit-intubation auf

Traumata

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

◦ Arygelenkluxationen nach Intubationen

◦ posttraumatische Larynxstenosen

◦ Intubationsgranulome:

Prädilektionsstelle Proc. vocalis des Aryknorpels

erreichen erst mehrere Wochen nach Extubation ihre störende

Größe

spontane Rückbildung nach 2- 3 Monaten möglich, bei

Persistenz mikrolaryngoskopische Abtragung

Abb. 15: Beidseitige Intubationsgranulome an der typischen Prädilektionsstelle im hinteren Stimmlippenanteil

Vordere Synechie

Narbensegel-anteil, typischer- weise zwischen den membranösen Stimmlippen-anteilen

Contusio laryngis (Z. n. Verkehrsunfall)

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

• Entzündungen: – Akute & chronische Laryngitis

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Entzündungen

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Entzündungen

Abb. 16: Laryngitis acuta (oft virale Genese) Abb. 17: Chronische Laryngitis

Tonbeispiel: Chronische Laryngitis

Laryngitis acuta

• Ursache: Virusinfektionen, seltener bakterielle Infektionen

• Symptome: – Heiserkeit mit tief klingender Stimme, bis Aphonie

– Räusperzwang

– Hustenreiz

– Schmerzen beim Sprechen und Schlucken

• Befund: Rötung der Stimmlippen und unterschiedlich starke Schwellung. Stroboskopisch verminderte oder aufgehobene Randkantenverschiebung, ggf mit fibrinösen Auflagerungen

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Chronische Laryngitis

Chronisch-katarrhalische Laryngitis Chronisch-hyperplastische Laryngitis

Entstehung aus einer akuten Laryngitis plus Reizung der Larynxschleimhaut

Entstehung aus einer chronisch katarrhalischen Laryngitis Hyperplastische Veränderungen = Zunahme des Bindegewebes in der Submukosa und subepitheliales Ödem

Chronisch-atrophische Laryngitis

Trockene Entzündung infolge Gewebsschwundes und Untergang von Schleimdrüsen (Urs.: konstitutionell, Diabetis, Leber-, Niereninsuffizienz)

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durch Persistenz des Entzündungsreizes hervorgerufen oder durch Noxen, die von Beginn an zu einer chronischen Infektion führen

Entwicklung zur Leukoplakie möglich

Nikotin ungünstiges Raumklima

Staub Dämpfe/Reizgase chron. Stimmüberlastung: Sprechen gegen Lärm

rezidivierende Infekte

Allergie + + +

+

+

Chronisch hyperplastische Laryngitis

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen – 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen: • Neubildungen:

– gutartig: Reinkeödem, Stimmlippenknötchen, Kontaktgranulom, Stimmlippenzyste

– bösartig: Larynxkarzinom

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Neubildungen

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Neubildungen I

Abb. 18: Reinke-Ödem. Lappige Verdickung beider Stimmlippen.

Abb. 20: Kontaktgranulom („Hammer-Amboss-Effekt“)

Abb. 21: Stimmlippenpolyp des freien Randes der vorderen zwei Stimmlippendrittel

Abb. 19: Stimmüberlastungsknötchen

Stimmbandknötchen

Reinke-Ödem

Ausgeprägtes Reinke-Ödem li>re

Neubildungen II

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Abb. 22: Larynxpapillomatose

Abb. 23: Larynxkarzinome: a) Glottiskarzinom (T1a), b) Glottisch-supraglottisches Karzinom (T3), c) Supraglottisches Karzinom ausgehend von der Epiglottis

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

• Neurogene Störung: – Stimmlippenparese

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Stimmlippenparese

Zentrale Stimmlippen-

lähmungen = durch

Schädigungen des ZNS bedingt

Zerebrovaskuläre Erkrankungen • Zerebrale Ischämie • Intrazerebrale Blutungen

Schädelhirntrauma Degenerative Erkrankungen des Kleinhirns • Zerebelläre Atrophien • Spinozerebelläre Erkrankungen • Olivo-ponto-zerebelläre Atrophie

Infektions- und Entzündungskrankheiten • Multiple Sklerose • Enzephalitis

Ursachen:

Organische Stimmstörung: Stimmlippenparese

peripheren Stimmlippenlähmungen • nukleär = (im Bereich der

Hirnnervenkerne) synonym = bulbär, Ursachen: pathologische Prozesse im Hirnstamm

• infranukleär (= kaudal oder peripher des Hirnnervenkerngebietes) = Lähmung des N. vagus und seiner Äste

Hinweis: der Hirnstamm gehört zum ZNS, die nukleäre Lähmung wird zu den peripheren Lähmungen gerechnet

Organische Stimmstörungen: Stimmlippenparese

Fixation der rechten Stimmlippe in Intermediärstellung, Exkavation bei nach vorn gekipptem Aryknorpel

Fixation der rechten Stimmlippe in Medianstellung

Fixation der rechten Stimmlippen in Paramedianstellung

Faustregel: Je weiter die Glottis, desto schlechter die Stimme aber desto besser die Atemfunktion

Beschreibung der Position der gelähmten Stimmlippe

Organische Stimmstörung: Stimmlippenparese

Stimmlippenparese: Symptome

• leichte Heiserkeit bis Aphonie

• Atemnot (bei doppelseitiger Lähmung)

• Einschränkung des Stimmumfanges unter 1 Oktave, insbesondere die hohe Lage bricht weg

• ggf. phonatorische Dyspnoe (Luft entweicht durch die

nicht geschlossene Glottis)

Organische Dysphonie: Stimmlippenparese

Stimmbandlähmung links

Z. n. glottiserweiterender OP bei beidseitiger Stimmlippenparese

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen – 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen: • Therapie:

– Konservative Stimmtherapie

– operativ

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Therapie

Kernprinzipien

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Grundlagen der Stimmtherapie

◦ Abbau ungünstiger u. schädigender Stimmgewohnheiten

◦ Ziel: Entfaltung des ursprünglichen Stimmpotentials

◦ durch Logopädinnen, Stimmtherapeuten

Inhaltlicher Aufbau der Stimmtherapie

◦ Tonus, Haltung, Bewegung

◦ Atmung

◦ Artikulation

◦ Phonation

◦ Person

Therapie

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Funktionelle Stimmtherapie

Übungstherapie (Auswahl)

◦ Sprach- u. Stimmtherapie nach Schalffhorst-Andersen

◦ Kaumethode nach Fröschels ◦ Stoßübungen nach Fröschels

◦ Atemwurfübungen nach Fernau-Horn

◦ Lockerungsübungen

◦ Summ- u. Resonanzübungen ◦ Nasalierungsmethode nach Pahn und Pahn

◦ Akzentmethode nach Smith

◦ Atemübungen

◦ Biofeedback ◦ progressive Muskelrelaxation, Yoga

◦ Psychotherapie

Therapie

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Chirurgische Stimmtherapie

Ziele

◦ Erhalt der Mukosawelle der Stimmlippen durch minimale

Gewebeentfernung, minimale Unterbrechung der Lamina propria

u. Erhaltung von intaktem Epithel der Randkanten

◦ Verengung oder Erweiterung der Glottis

Methoden

◦ Abtragung organischer Veränderungen (mittels

Mikroinstrumentarien oder CO2-Laser)

◦ Augmentation der Stimmlippe mit Kollagen, körpereigenem Fett

oder Polydimethylsiloxan zur Verbesserung des Glottisschluss u.

der Stimmbelastbarkeit

◦ Thyreoplastik

◦ Glottiserweiterung: Laserteilchordektomie

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Abb. 29: Resorbierbare und nicht-resorbierbare Materialien stehen zur Verfügung

Stimmlippenaugmentation – Injection laryngoplasty

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Kehlkopfgerüstchirurgie I

◦ Thyreoplastik nach Isshiki:

- Typ I: Medialisierung einer

Stimmlippe durch Einsatz eines Titanimplantats nach Friedrich

oder Silikonsblocks über ein

Schildknorpelfenster von lateral

der Glottisverengung

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

• Definition

• hyper- & hypofunktionelle Dysphonie

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Stimmlippenparese

Definition: funktionelle Stimmstörung (funktionelle Dysphonie)

Krankheiten der Stimme mit einer Störung der stimmlichen Leistungsfähigkeit ohne krankhafte, primäre entstandene organische Veränderungen am Stimmapparat

– sekundäre organische Veränderungen können entstehen

– organische Störungen können mit sekundären funktionellen Störungen überlagert werden

– funktionelle Störungen sind häufig von psychogenen Einflüssen überlagert

Funktionelle Stimmstörungen

funktionell

organisch

psychogen

Gliederung funktionelle Dysphonien

• hyperfunktionell (zuviel, Überfunktion)

• hypofunktionell (zuwenig, Unterfunktion)

• Primär (zugrundeliegend) ≠ sekundär (als Folge von)

Primäre hypofunktionelle Dysphonie

Primäre hyperfunktionelle Dysphonie

Sekundäre hypofunktionelle Dysphonie

Sekundäre hyperfunktionelle Dysphonie

Funktionelle Stimmstörungen

>> Stimmstörungen / Klassifikation von Stimmstörungen

Funktionelle Stimmstörungen

Ätiopathogenese ◦ multifaktoriell bedingt

Äußere Ursachen

- Allgemeine Belastungen (Lebenskonflikte, Lebensrhythmus, Noxen (Rauchen, Alkohol), Klima)

- Überlastung (z.B. Lehrer)

- Redesituation (Umgebungslärm, Raumverhältnisse, Zuhörerschaft, Arbeitsklima)

- Freizeit (z.B. intensiver Hobbygesang ohne Ausbildung, Nachahmung)

Innere Ursachen

-Allgemeine körperliche Konstitution (Geschlecht, endokrine Situation, Lebensalter)

- Lokale Konstitution (Stimmapparat, Gehör, Kinästhesie)

- Psychische Konstitution

- Befindlichkeitsstörungen u. Erkrankungen

(Erschöpfung, Überlastung, Nervosität, Krankheiten der oberen Luftwege,

schwere allgemeine Erkrankungen)

Funktionelle Stimmstörungen

Kindliche hyperfunktionelle Dysphonie

häufigste Stimmstörung bei Kindern, Jungs>Mädchen: 3:1

Ursachen: • fehlerhafte Stimmgewohnheiten der

Umgebung/Familie • übermäßiger Gebrauch der Stimme (aggressives

Spielverhalten, extrovertierter Charakter) • rezidivierende Infekte der oberen Luftwege wirken

begünstigend Befund:

– spindelförmige Auftreibung der Stimmlippen ggf. Stimmlippenknötchen

– fehlender dorsaler Glottisschluss – verkürzte Feinschwingungen

Funktionelle Stimmstörungen

Beispiel für Mutationsstörung:

Mutationsfistelstimme ( funktionell/ psychogen)

• Stimmbildung im Falsett (Kopfregister)

• mittlere Sprechstimmlage teils höher als Kinderstimme (a – c1 und höher)

Befund: Stimmlippen stark gespannt, Hyperfunktion

Ursache Zu starke Kontraktion des M. cricothyroideus gegenüber dem M. vocalis

Funktionelle Stimmstörungen

Stimmenwicklung in verschiedenen Lebensaltern

Männer

Taschenfaltenstimme

• Habituelle Taschenfaltenstimme = Extremstform der hyperfunktionellen Dysphonie

• Erzwingen der Stimmgebung bei schlechter werden der Stimme

Funktionelle Stimmstörungen

Supraglottische Ersatzphonation = „beabsichtigte Taschenfaltenstimme“: bewusstes Herbeiführen einer hyperfunktionellen Stimmgebung

• Ersatzphonation durch Aneinanderlegen der Taschenfalten bei organischen Veränderungen der Glottis (z. B. Kehlkopfteilresektion)

versus

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

• psychogene Dysphonie & Aphonie

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Organische Stimmstörung: Stimmlippenparese

Psychogene Dysphonie = psychogene Heiserkeit, die mit Über- oder Unterfunktion der Larynxmuskulatur einhergeht

• Normaler (oder annähernd normaler) Kehlkopfbefund bei massiver Stimmstörung

Psychogene Stimmstörungen

Psychogene Aphonie

= Tonlosigkeit der Stimme • überwiegend Frauen betroffen • Ursachen: Schreckerlebnisse, Stressreaktion, untragbar

scheinende Konflikte, Depressionen, Neurosen

Psychogene Aphonie Hypofunktionelle Form Hyperfunktionelle Form

Stimme tonlos, gepresst, krächzend

maximal behauchte Stimme („Flüsterstimme“)

Die Stimmlippen werden zusammengepresst, erst extrem hoher Anblasdruck sprengt die Glottis

bei Phonation klaffende Stimmritze im Sinne einer Adduktionshemmung („Pseudolähmung“)

reflektorische Beweglichkeit der Stimmlippen erhalten Emotionale und reflektorische Stimmgebung tonal möglich (Hustenstoß, lachen, weinen)

Psychogene Stimmstörungen

Therapie

Sofortige Stimmtherapie mit „Zurückholen“ der Stimme, da mit jedem Tag eine stärkere Fixierung eintritt !!

Psychotherapie des Grundkonfliktes (insbesondere bei rezidivierender Störung)

Psychogene Stimmstörung

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Medikamenten-UAW

Wirkung von Medikamenten auf die Stimme

Grundsätzlich mögliche NW

Austrocknung der Schleimhaut, Sekretionsstörung Zunahme des Gewebsvolumens von Schleimhaut und Muskulatur = Schwellung Entzündung Sensibilitätsstörungen Sehr selten: Koordinationsstörungen, Lähmungen, Fehlbewegungen, Laryngospasmus

Antihypertensiva

• ACE-Hemmer (Ramipril, Enalapril): Reizhusten verursacht Gewebsschäden der Stimmlippen mit Heiserkeit

• trockene Schleimhaut

• selten Angioödeme im Rachen (noch seltener im Larynx)

• Beta-Blocker (Metoprolol, Bisoprolol): Mundtrockenheit Gewebsreizung

Laryngitis

Medikamenten-UAW

Diuretika

• Furosemid, Triamteren, Hydrochlorothiazid

• Verstärkte Wasserausscheidung

Austrocknung der Schleimhaut

Heiserkeit

Zumeist verursacht erst die Kombination mehrerer Präparate stimmliche NW (z.B. Blutdrucksenker plus Diuretikum)

Medikamenten-UAW

Asthmamittel/COPD (chronisch obstruktive

Lungenerkrankung)

Als Dosieraerosole inhalativ angewandt • Glukokortikoide: Beclomethason, Budesonid

(Pulmicort), Fluticason (Flutide) :

–Muskelschwund des M. vocalis • Parasympathikomimetika: Ipratropiumbromid und

Derivate (Atrovent, Spiriva):

–Schleimhauttrockenheit • Durch das Treibgas:

–Laryngitisähnliche Veränderungen mit Rötung und weißlich-fibrinösen Belägen der Stimmlippen (hier sind Spacer ohne Treibgas besser)

Med.-UAW

Viani

Nach Absetzen

Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmer, NSAR

• Marcoumar, Falithrom, Clopidogrel, ASS, Diclofenac, Ibuprofen u.a.

• Einblutung in die Stimmlippen bei Überdosierung und/ oder unter (erheblicher) Stimmbelastung

Medikamenten-UAW

Antidepressiva

• Citalopram, Amitriptylin, Prozac

• Austrocknender Effekt:

– Mundtrockenheit, Schleimhauttrockenheit, Halsschmerzen, Heiserkeit, Laryngitis

Medikamenten-UAW

Meist nur bei hoher Dosierung oder Kombination mehrerer Präparate

Männliche Sexualhormone

• Testosteron und Abkömmlinge, eingesetzt bei Frauen z.B. bei Brustkrebs, Osteoporose, Doping

• Stimmvertiefung – ein Wachstum des Kehlkopfes findet (nach der

Pubertät) nicht statt

– ödematöse Auflockerungen der Stimmlippen

– Zunahme der Muskulatur Therapie/Prognose

• nach Absetzen ist eine Rückbildung möglich

• Rehabilitation der Sprechstimme möglich (bleibt aber meist tiefer)

• Rehabilitation der Singstimme meist nicht möglich Medikamenten-UAW

Weibliche Sexualhormone

Ovulationshemmer („Pille“)

• Bei modernen Präparaten Beeinträchtigung der Stimmleistung nur sehr selten

- Auflockerung und Trockenheit des Stimmlippengewebes, hierdurch rauer, schriller Stimmklang, Schwierigkeiten beim Singen hoher Töne

• Veränderungen sind nach Absetzen reversibel

Medikamenten-UAW

Übersicht Teil 1: Stimmstörungen: (Dysphonie)

Stimmstörungen

– 1.1 Diagnostik

– 1.2 organische Stimmstörungen:

– 1.3 funktionelle & psychogene Stimmstörungen

– 1.4 unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen auf die Stimme

– 1.5 Sprechrehabilitation nach Laryngektomie

Sprechrehabilitation

Stimmrehabilitation nach Laryngektomie = Komplettentfernung des

Kehlkopfes mit Tracheotomie

Larynxkarzinom

direkt postoperativ

Plastisches Tracheostoma nach Einheilung (mit Provox-Stimmprothese)

Normalbefund Tracheotomie mit Larynx in

situ nach Laryngektomie

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Pseudoflüstern

◦ Erzeugung stimmloser Reibe- u.

Explosivlaute mit Mundluft u.

Wangenmuskulatur

◦ Vokale können nur andeutungsweise gebildet werden

◦ Vorgehen: Demonstration der

Vorgehensweise, Artikulationstherapie,

ggf. Therapie der orofazialen Muskulatur

Stimmbildung nach Laryngektomie

Abb 32: Trennung von Luft- und Speiseweg nach Laryngektomie

Sprechrehabilitation

Tracheoösophageales Shunt-Ventil („Ventilprothese“)

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

◦ operativ angelegte Verbindung

zwischen Trachea u. Ösophagus

◦ Verhinderung des Übertritts von

Nahrung in die Trachea während

des Schluckvorgangs

◦ Nutzung der Lungenluft zur Phonation

bei Tracheostomaverschluss

◦ Vorteil: Nutzung der pulmonalen Luft,

längere Sprechphasen möglich,

kürzere Therapiezeiten

◦ Nachteil: Verschlucken oder

Aspiration des Ventils,

mögliche Keimbesiedlung, Undichtigkeit,

verstopfte Prothese, inkorrekter Sitz

Abb 35: Stimmventilprothese am Beispiel

einer Provox®-Prothese gezeigt

Abb 34: Provox®-Stimmprothese

Sprechrehabilitation

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Ösophagusersatzstimme (Ruktusstimme)

◦ etwa 50% der Laryngektomierten erlernen diese

◦ Prinzip: kontrolliertes Einbringen

von Luft in die Speiseröhre mit

anschließender impulshafter Abgabe

◦ mit der Zeit bilden sich

Schleimhautwülste =„Pseudoglottis“

◦ Vorteil: Unabhängigkeit von technischen Hilfsmitteln

◦ Nachteil: Lernprozess dauert

mehrere Monate, muss intensiv

logopädisch betreut werden

Sprechrehabilitation

>> Stimmstörungen / Stimmtherapie

Elektrolarynx

◦ elektronische Sprechhilfe bringt

Schwingungen von außen in

den Rachen

◦ die entstehenden Töne können

im Mund moduliert werden

◦ Mund, Lippen u. Zunge werden,

wie zuvor, bewegt

◦ saubere Artikulation ist unabdingbar

für eine verständliche Sprache

◦ Vorteil: Bedienung leicht zu erlernen

◦ Nachteil: es wird immer eine freie

Hand benötigt, viele Patienten empfinden den elektronischen

Klang als störend

Abb 33: Anwendung der elektronischen Sprechhilfe

Sprechrehabilitation

◦ Probst, R., Grevers, G., Iro, H., Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, 3.Auflage, Georg Thieme Verlag

2008, Stuttgart: Inhaltliche Ausführungen

Abb. 5-7, 18-24, 26-28, 30-31, 35

Tonbeispiele

◦ Reiß, M., Facharztwissen HNO-Heilkunde – Differenzierte Diagnostik und Therapie,1. Auflage,

Springer Verlag 2009, Berlin: Inhaltliche Ausführungen

◦ Boenninghaus, H.-G., Lenarz, T., HNO, 13. Auflage, Springer Verlag 2007, Heidelberg: Inhaltliche

Ausführungen und folgende Abb.:

Abb. 10, 11, 15

◦ Universitätsklinikum Jena, Klinik für Hals-, Nasen- u. Ohrenheilkunde: folgende Abb.:

Abb. 8, 9, 12-14, 16, 17, 25, 29, 34

Tonbeispiele

Videos

◦ Wendler, J., Seidner, W., Eysholdt, U., Lehrbuch der Phoniatrie und Pädaudiologie, 4. Auflage,

Georg Thieme Verlag 2005, Stuttgart: Inhaltliche Ausführungen

◦ Speer, C. P., Gahr, M., Pädiatrie, 3. Auflage, Springer Medizin Verlag 2009, Heidelberg:

Inhaltliche Ausführungen

◦ Schünke, M., Schulte, E., Schumacher, U., Voll, M., Wesker, K., Prometheus, Lernatlas der Anatomie,

Hals und Innere Organe, Georg Thieme Verlag 2005, Stuttgart: Inhaltliche Ausführungen &

folgende Abb.:

Abb. 1-4

Quellen

>> Stimmstörungen