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STOFFWECHSEL DIABETES MELLITUS 2

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Therapieziele und empfohlene Kontrollhäufigkeit Für alle genannten Parameter müssen mit dem Patienten individuelle Zielvorgaben getroffen werden. Von aufgeführten Zielwerten kann im Einzelfall entsprechend der Gesamtprognose unter Berücksichtigung des Alters und eventueller Folgeschäden bzw. Komorbiditäten abgewichen werden. Generell sollte jeder Diabetiker mindestens einmal jährlich (bei Komplikationen häufiger) auf diabetische Spätschäden hin untersucht werden. Ob eine Selbstmessung des Patienten von Blutzucker und Blutdruck erfolgen sollte, muss individuell entschieden werden. Die Lipide sollten in jedem Fall nüchtern bestimmt werden. Das augenärztliche Screening sollte die Untersuchung der Sehschärfe, des vorderen Augenabschnitts, des Augendrucks und des Augenhintergrunds umfassen. Bei der Untersuchung auf diabetische Nephropathie reicht eine alleinige Kreatininmessung nicht aus, zur Erfassung der frühen Nephropathiestadien muss eine Urinuntersuchung auf Albumin erfolgen; (bei erstmals pathologischem Befund Wiederholungsuntersuchung in 2-4 Wochen), bei Nachweis einer Mikro- oder Makroalbuminurie sollte eine Messung der Kreatininclearance angeschlossen werden. Zur Erfassung der Polyneuropathie reicht im allgemeinen eine Untersuchung des Reflexstatus und des Vibrationsempfindens aus, ggf. zusätzlich Warm-Kalt- und Spitz-Stumpf-Diskrimierungsvermögen, in der Regel ist das Hinzuziehen eines Neurologen nicht erforderlich. Literatur: - Göke B, Parhofer KG, Otto C (Hrsg.): Diabetes mellitus. Urban und Fischer, München Jena 2002 - Nationale Versorgungsleitlinie Diabetes mellitus Typ2. Diabetes und Stoffwechsel 2002;11:185-205. - American Diabetes Association: Clinical practice recommendations 2005 Diabetes Care 2005 (28) suppl. 1

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Therapieziele und empfohlene Kontrollhäufigkeit

Parameter Therapieziel Empfohlene Kontrollhäufigkeit

Blutglucose (kapillär) nüchtern bzw. präprandial

postprandial vor dem Schlafengehen

90-120 mg/dl 130-160 mg/dl 110-140 mg/dl

individuell (ev. Selbstmessung*)

HbA1c

<6,5% 3-monatlich

Blutdruck ohne Nephropathie

mit Nephropathie

<140/85 (besser <130/80) mmHg <130/80 (besser <120/80) mmHg

individuell (ev. Selbstmessung)

Gesamtcholesterin <200 mg/dl ** mind. jährlich LDL-Cholesterin <100 mg/dl *** mind. jährlich HDL-Cholesterin >40 mg/dl mind. jährlich Triglyceride <150 mg/dl mind. jährlich Body-mass-Index <25 kg/m² individuell Augenhintergrunduntersuchung mit binokularer-bimikroskopischer Fundoskopie in Mydriasis

keine diabetische Retinopathie mind. jährlich

Testung auf Albumin im Urin (morgendlicher Spontanurin oder 12-h-Nachturin oder 24-h-Urin) Serumkreatinin

<20 mg Albumin / l Urin oder <20 mg Albumin / g Kreatinin oder

<30 mg Albumin / Tag ****

normal

jährlich

jährlich Testung auf Polyneuropathie Vibrationsempfinden ≥ 6/8

(Messung mit 128 Hz-Stimmgabel) normaler Reflexstatus (ASR, PSR)

jährlich

Gefäße EKG (ggf. Ergometrie), Gefäßstatus jährlich Fußinspektion keine Wunden, keine Druckstellen individuell * Selbstmessungsnotwendigkeit und –häufigkeit individuell unterschiedlich, folgende generelle Empfehlungen lassen sich formulieren:

Typ-1-Diabetes Selbstmessung (mind. 4x tgl.) z.B. nüchtern, 2h postprandial, vor dem Abendessen und vor dem Schlafen gehen

Intensivierte Insulintherapie Selbstmessung (mind. 3-4x tgl.) z.B. nüchtern, 2h postprandial, vor dem Abendessen und vor dem Schlafen gehen

Konventionelle Insulintherapie Verzicht auf Selbstmessung möglich, (ansonsten Selbstmessung 1-3x täglich, z.B. nüchtern und 2h postprandial)

Orale Antidiabetika Häufig keine Selbstmessung erforderlich, (ansonsten Selbstmessung 1-2x täglich z.B. nüchtern und 2h postprandial)

** wichtiger als das Gesamtcholesterin ist das Erreichen der Zielwerte für LDL-C, HDL-C und Triglyceride *** bei Patienten ohne mikro- oder makrovaskuläre Risikofaktoren oder Manifestationen wird von einigen Fachgesellschaften auch ein LDL-Cholesterin-Zielwert von < 130 mg/dl empfohlen. Nachdem <130 mg/dl empfohlen; bei progredienter KHK oder sehr hohem Risiko evtl. LDL-Cholesterin <70 mg/dl. **** bei erhöhter Albuminausscheidung im Urin ist auch unabhängig vom arteriellen Blutdruck die Therapie mit einem ACE-Hemmer oder AT-2-Blocker indiziert

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STOFFWECHSEL DIABETES MELLITUS 2

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Therapie des Diabetes mellitus 2

Hyperglykämie

Basistherapie: Ernährung, Gewichtsreduktion, Schulung,

Bewegung Zielwert: HbA1≤ 6,5%, Intervention

ab ≥ 7,0%

Bei HbA1c >7,0% nach 3 Monaten

Bei Übergewicht Monotherapie mit Metformin,

wenn Kontraindikation: SH

Bei Normalgewicht Monotherapie mit

Glibenclamid

Weitere Optionen: •Acarbose •Insulin •Glitazone •Nateglinid/Rapaglinid •andere Sulfonylharnstoffe

Bei HbA1c >7,0% nach 3 Monaten

Zweites orales Antidiabetikum

Bei Metformintherapie •Acarbose oder •Glinide oder •Glitazone oder •Sulfonylharnstoffe

Bei SH-Therapie •Glitazone oder •Acarbose oder •Metformin

Bei HbA1c >7,0% nach 3 Monaten

Insulintherapie •Zusätzlich Verzögerungs-Insulin zur Nacht •Präprandial kurzwirkendes Insulin, abends Metformin oder morgens SH • Insulintherapie CT/ICT/Insulinpumpe

Weitere Optionen: Insulintherapie •Zusätzlich Verzögerungs-Insulin zur Nacht •Präprandial kurzwirkendes Insulin, abends Metformin oder morgens SH •Insulintherapie CT/ICT/Insulinpumpe

Grundzüge der Behandlung eines Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und Therapieempfehlungen der deutschen Ärzteschaft)

B

C D E

FG

Patient mit Diabetes mellitus Typ 2

Hyper- lipoprotein-

ämie Arterielle

Hypertonie Rauchen Adipositas

Nichtmedikamentöse Therapie

Pharmakotherapie

Individuelle Therapieziele A

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Therapie des Diabetes mellitus 2

A Die allgemeinen Zielwerte sind in den jeweiligen Kapiteln dargestellt. B Lebensstilumstellung mit Steigerung der körperlichen Aktivität und Gewichts-reduktion stellt nicht nur die Basistherapie bei Diabetes mellitus Typ 2 dar, sondern kann auch den Übergang von gestörter Glukosetoleranz zu Diabetes mellitus Typ 2 verhindern/verzögern; die Empfehlung, daß erst ab einem HbA1c von >7,0% eine medikamentöse Therapie notwendig ist, ist willkürlich; eine frühere medikamentöse Therapie scheint sinnvoll; für eine adäquate Umsetzung der Basistherapie sollte der Patient an einer strukturierten Schulung teilnehmen. C Bei Übergewicht mit erhöhten postprandialen Werten stellt die Primärtherapie mit Acarbose eine sinnvolle Alternative dar. D Alternativ kann auch Glimepirid (Einmaldosis, weniger Hypoglykämien) eingesetzt werden; bei normalgewichtigen Patienten mit im Vordergrund stehender postpran-dialer Hyperglykämie können auch Glinide eingesetzt werden. E Primäre Insulintherapie ist bei Diabetes mellitus Typ 2 selten indiziert. F Endpunktstudien zur oralen Kombinationstherapie liegen nicht vor. Eine Reihe von Kombinationen ist möglich und pathophysiologisch sinnvoll. G Für die Kombinationstherapie mit Insulin liegen ebenfalls keine Endpunktstudien vor. Der Trend geht allerdings in Richtung frühzeitige Insulintherapie um möglichst langfristig eine „einfache“ Diabetestherapie durchführen zu können; der Übergang zur Kombinationstherapie mit Insulin oder Insulin-Monotherapie sollte individuell festgelegt werden. Tab. Antidiabetische Therapie bei Lebererkrankungen (zu berücksichtigen ist das erhöhte Hypoglykämierisiko, der veränderte Stoffwechsel der Medikamente und potentielle Hepatotoxizität)

Lebererkrankungen Acarbose Metformin Sulfonylharnstoff Glinide Glitazone Insulin Chron. Hepatopathie (nicht NAFLD)

+ - (+) (+) - +

NAFLD

+ + - (+) + +

Leberzirrhose

+ - - (+) - +

Akute Hepatopathien

- - - - - +

NAFLD: non alcoholic fatty liver disease; - nicht indiziert; (+) eingeschränkt indiziert; + mögliche Therapie

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STOFFWECHSEL DIABETES MELLITUS 2

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Therapie des Diabetes mellitus 2 Orale Antidiabetika Gruppe Substanz Dosierung Kontraindikation Nebenwirkungen

Glibenclamid (Euglucon)

1,75-10,5 mg/Tag; verteilt 1-2 x tgl.

Glimepirid (Amaryl)

1-6 mg/Tag; 1 x tgl.

Gliclazcid (Diamicron)

40-240 mg/Tag; 1-3 x tgl.

Sulfonyl-harnstoffe

Gliquidon (Glurenorm)

15-120 mg/Tag; 1-2 x tgl.

alle Sulfonylharnstoffe: • Niereninsuffizienz • Leberinsuffizienz • Diabetes Typ 1 aber: Gliquidon kann bei Niereninsuffizienz gegeben werden

• Hypoglykämie, • Gewichtszunahme, • kardiale Nebenwirkungen (?)

Nateglinid (Starlix)

120-360 mg/Tag; zu jed. Hauptmahlzeit

Glinide

Repaglinid (Novonorm)

0,5-6 mg/Tag; zu jed. Hauptmahlzeit

• Niereninsuffizienz • Leberinsuffizienz • Diabetes Typ 1

• Hypoglykämie • Gewichtszunahme

Acarbose (Glucobay)

50-300 mg/Tag; zu jed. Hauptmahlzeit

α-Glucosidase-Inhibitoren

Miglitol (Diastabol)

50-300 mg/Tag; zu jed. Hauptmahlzeit

• Chronisch- entzündliche Darmerkrankungen

• schwere Niereninsuffizienz

• Blähungen • Durchfälle

Biguanide Metformin (Glucophage)

500-2550 mg/Tag; verteilt 1-2 x tgl.

• Nierenfunktionstörung • schwere Lebererkrankung • Alkoholismus • hypoxische Zustände

• Gastrointestinale Nebenwirkung • Lactatacidose

Glitazone Pioglitazon (Actos)

15-45 mg/Tag; 1 x tgl.

Rosiglitazon (Avandia)

2-8 mg/Tag; verteilt 1-2 x tgl.

• Leberfunktionsstörungen • Herzinsuffizienz

• Gewichtszunahme • Ödeme

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