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Stoffwechselunterschiede zwischen dem lichenisierten und dem isolierten Mycosymbionten von Baeomyces rufus (Huds.) Rebent

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Page 1: Stoffwechselunterschiede zwischen dem lichenisierten und dem isolierten Mycosymbionten von Baeomyces rufus (Huds.) Rebent

Stoffwechse1unterschiede zwischen dem lichenisierten und dem isolierten Mycosymbionten von Baeomyces rufus (Huds.) Rebent.

Metabolic Differences Between the Lichenized and the Isolated Mycosymbiont of Baeomyces rufus (Huds.) Rebent.

BERND RENNER 1.3) und ERNST GERSTNER2)

1) Fachbereich Biologie der Universitat Marburg, Karl-von-Frisch-Str<ille, D-3550 Marburg 2) Fachbereich Chemie der Universitat Marburg, Lahnberge, D-3550 Marburg, F.R.G.

Received September 28,1981 . Accepted April 27, 1982

Summary The lichen Baeomyces rufus and its isolated mycobiont were investigated phytochemically

and biochemically. Differences in the secondary metabolism between the lichenized and isolated fungus are for the first time shown to be connected with remarkable differences in the presence of some compounds, derived from the primary metabolism as well as differences in the quantity and quality of water-extractable proteins. The isolated mycobiont was shown to lack any of the secondary products of the acetate-polymalonate-pathway found in the lichen whereas producing itself neutral constituents such as carotinoids, sterols and acetone­extractable triglycerides which reversely were proved to be absent from the lichen. These results correspond to two dissimilar patterns of proteins separated in denaturing P AA-gels and two different amounts of amino acids as products of .f,rotein hydrolysis. The phytochemical results were furthermore proved by experiments with 1 C-labeled mevalonic acid.

Key words: Baeomyces rufus-mycosymbiont, amino acids, fatty acids, sterols.

Einleitung

1m Rahmen vergleichender biochemischer Untersuchungen an Flechten und deren isolierten Bionten konnten wir ktirzlich tiber die Synthese von Anthrachinonen in Mycobiontenkulturen von Caloplaca ferruginea (Renner und Gerstner 1978 a) und tiber die Mediumabhangigkeit des synthetisierten Anthrachinonspektrums im Myco­bionten dieser Flechte berichten (Renner und Gerstner 1980). In Fortsetzung unserer Studien, deren Ergebnisse Hinweise auf die Bedeutung des Phycobionten auf den symbiotischen Stoffwechsel ermoglichen sollten, gelangten wir bei der Flechte Baeomyces rufus zu Resultaten, welche die stoffwechselphysiologischen Unterschiede zwischen dem lichenisierten und isolierten Mycobionten erstmals deutlich aufzeigen.

3) Present address: Institut fiir angewandte Botanik, Marseiller StraBe 7, D-2000 Hamburg 36.

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Material und Methode Die Flechte Baeomyces rufus (Huds.) Rebent. wurde auf Buntsandstein in einem Mischwald in

der Nahe der Ortschaft Amonau, Kreis Marburg, Deutschland, am 15. 6. und 25.11. 1976 sowie 18.4.1977 gesammelt.

Kultur des Mycobionten

Der Mycobiont wurde durch Aussaat von Ascosporen (Renner und Gerstner 1978 a) aus der Flechte isoliert und auf 17 Medien in Form statischer Dauerkulturen gehalten (Renner 1980). Als besonders geeignet erwies sich ein Medium, bestehend aus Malzextrakt (0,2%), Glucose (0,2 %), Ribit (0,2 %) und Agar (2 %), welches in seiner agarfreien Form Anwendung zur sub­mersen Anzucht in Schlittelkulturen fand.

Stojfwechseluntersuchungen mit DL{2- 14C}Mevalonsaure

Die Radioaktivitatsmessungen erfolgten mit einem Beckmann LSC 250 Scintillationszahler. Definierte Mengen von Baeomyces rufus-Isolaten (mg Frischgewicht) wurden auf das Nahrme­dium in Fernbachkolben liberimpft und bei 18°C und Dauerdunkel mit 70 Umdrehungen x min- l geschlittelt. Dem Medium von zwei Parallelkulturen wurden 94 kBq 2-l4C-Mevalonsau­re in Wasser (Fa. New England Nuclear; 1,73 mmol- l) zugesetzt. Flinf nicht beimpfte Kontrol­len dienten zur Ermittlung eventuell wahrend der Versuchsdauer auftretender Verunreinigun­gen sowie zur Bestimmung von Blindwerten bei Scintillationsmessungen. Jede Woche wurden definierte Mengen Mycel solange in aqua dest. gewaschen, bis das Waschwasser keine Radioak­tivitat mehr zeigte. Zur Aktivitatsmessung wurde das gewaschene Mycel nach Homogenisation mittels Glas-Gewebe-Morser und Ultraschall-Behandlung bei 20 kHz und -5°C erschopfend in Aceton extrahiert (0,1 ml Aceton/mg Frischgewicht) und der Aceton-Uberstand durch Zen­trifugation bei 17500 xg geklan. Von 140~ dieses Extrakts wurd.~ die Aktivitat in 10 ml Insta­gel (Fa. Packard) bestimmt. Danach erfolgte die Auftrennung des Uberstands in 140 ~ FlieBmit­tel F pro Position (FlieBmittel F: 180 ml Benzol, 10 ml Essigsaurethylester, 10 ml Eisessig) auf Kieselgel 60 Platten (20 x 5 em, Trennstrecke: 12 cm). Die Schicht der entwickelten und zwei Tage im Luftstrom von FlieBmittelriickstanden befreiten Chromatogramme wurde in 1 cm breiten Sektoren (beginnend jeweils 1 cm vor der Startlinie) abgeschabt und deren Aktivitat in 10 ml Instagel gemessen (Quenchkorrektur nach der Methode der Kanalverhaltnisse des exter­nen Standards; die A.E.S.-Werte der einzelnen Proben schwankten zwischen 0,35 und 0,65). Die Scintillationsmessung aller Versuchsansatze erfolgte unter Verwendung eines C-l4-Moduls bis zu einer Genauigkeit von 1 %, maximal jedoch 60 Minuten.

Untersuchung an Proteinen

Proteingewinnung: Die Proteingewinnung aus frisch gesammelten und 30 min in Leitungs­wasser gereinigten Flechtenthalli (Apparatur: Renner 1980) sowie aus dem kultivierten Myco­bionten erfolgte in zwei Schritten: 1. GewebeaufschluB im Glas-Gewehe-Morser (manuell) oder in einem Eppendorfrohrchen mit einem passenden Teflon-Kolben-Homogenisator. 2. Weitere Homogenisation der so vorbehandelten Proben mit einem U1traschall-Homogenisator bei 20 kHz in 200 ~ aqua bidest. Bei der Proteingewinnung aus Flechtenthalli wurde dem Extrak­tionsmedium Polyvinylpyrrolidon (Konzentration: 1 %, 5 %, 10 %, MM: 60000) zugesetzt, urn Reaktionen mit Phenolkorpern auszuschlieBen.

Qualitative Aminosaure·Analyse: Die Gewebehomogenisate wurden im Vakuum bei 105°C in 6n HCI 18 h hydrolysiert. Die qualitative Aminosaurezusammensetzung der Hydrolysate wurde dlinnschichtchromatographisch (nach Devenyi et al. 1971) an mit Natriumcitrat-Puffer (4 x 10-3 mol, ~H 3,2) aquilibrie~em Iones S~ 25 (MacheIf-Nagel, Flie~mitte!: ~atriumcitrat: Puffer, 4 x 10- mol, pH 3,3) bel 50°C ermlttelt (Detekuon: 0,2 % Ninhydrin In Aceton bel

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105 0e). Zur Kontrolle wurden diese Ergebnisse in Einzelfallen mit einem automatischen Ami­nosaureanalysator (Beckmann, Typ Multichrom M) iiberpriift; Trennbedingungen bei der automatischen Aminosaure-Analyse: SaulengroBe: 0,4 x 23 cm; Harztyp: AA-20 Li-Form (Beckmann); Saulendruck: 30-35 bar; Puffer: Lithiumcitrat-Puffer Picco AA (Beckmann, Syste­me A-E) und LiOH, 0,3 n; PufferdurchfluBrate: 16 ml h- I

; NinhydrindurchfluBrate: 12 ml h- I

; Reaktionstemperatur: 105-110 °C; Wellenlange: 440/570 nm; Trennzeit: 190 min. Diskelektrophorese: Der nach Zentrifugieren des Homogenisats (10 min bei4 °C. und

17500 xg) verbleibende proteinhaltige Uberstand wurde in einer von Kauser (1978) entwickel­ten Apparatur der Elektrophorese unterworfen, bei welcher die Gelrohrchen von Leitungswas­ser gekiihlt werden. Trennbedingungen: Trenngel 10% Acrylamid; TRIS/HCI-Puffer 3,75 x 10-1 mol, pH 8,5; 0,1% SDS; Sammelgel3% Acrylamid; TRIS/HCI-Puffer 1,25 x 10-1

mol, pH 6,8; 1% SDS; Elektrophoresepuffer: TRIS/HCI-Puffer 5 x 10-1 mol, pH 8,3; 1% SDS. Die Proteinlosung wurde vor Elektrophorese 2 h in einer Losung von 2% SDS in 2% Mercapto­ethanol (v/v) bei 21°C reduziert (Proteinlosung/Reduktionslosung: 1/1), dann mit 4 mol Sac­charoselosung im Verhaltnis 1 : 1 versetzt. Stromstarke: Sammelgel1 mA/Rohrchen; Trenngel 2 mA/Rohrchen. Farben der Gele: Farbebad Comassie Blue G250 [0,05% in Methanol (5)/Eisessig (l)/Wasser (5) v/v/v]. Die Entfarbung der Gele erfolgte in 7,5prozentiger Essigsau­re (v/v).

Densitometrie: Densitogramme der PAA-Gele wurden mit einem PMQ-II1 (Fa. Zeiss), erganzt durch einen Photometerzusatz nach Koch (1968), erstellt.

Qualitative Lipidanalyse

Die auf mechanischem Wege hergestellten Gewebehomogenisate wurden in Chloroform, Aceton oder Chloroform/Methanol (2/1, v/v) 10 h bei 21°C oderl und bei 45°C extrahiert, die erhaltenen lipidhaltigen Extrakte diinnschichtchromatographisch an Kieselgel 60 in Petrole­ther (40-60°C, 120 ml)/Diethylether (80 ml)/Eisessig (4 ml) getrennt; Detektion: Phosphor­molybdansaure (Spriihreagenz Merck) bei 110°C. Zur Cochromatographie wurden Trilino­lein, Triolein und Tripalmitin (Serva) eingesetzt. Die mittels Eluchrom (Fa. Camag) aus den Chromatogrammen eluierten Triglyceridgemische wurden massenspektrometrisch untersucht; Gerat: Varian CH7 A; Bedingungen: DirekteinlaB; EinlaB- und Source-T emperatur variabel, zwischen 150 und 250°C; Elektronenenergie: 70 eV; Ionenbeschleunigungsspannung 3 kV; Vakuum: 10-6 Torr; Eichsubstanz: Perfluorkerosin. Sekundarstoff-Analyse: Die Acet.on-Ex­trakte des lichenisierten und isolierten Mycobionten wurden in den FlieBmitteln A, B, C (nach Culberson 1972) und G (nach Culberson et al. 1981) diinnschichtchromatographisch getrennt. Elution mittels Eluchrom, Aufarbeitung der Eluate und spektroskopische Analyse (Massen­spektrometrie wie oben beschrieben) erfolgte nach der Methode von Renner und Gerstner (1978 b). Die Aufnahme von UV/VIS-Spektren erfolgte mit einem DMR-10 Spektralphotome­ter (Fa. Zeiss).

Ergebnisse und Diskussion

Die diinnschichtchromatographische Auftrennung des Aceton-Vollextrakts der Flechte Baeomyces rufus in FlieBmittel C und G {nach Culberson 1972 und Culberson et al. 1981} liefert vier Komponenten, die den Depsidonen Stictin-, Constictin-, Nor­stictin- und Cryptostictinsaure entsprechen. Die massenspektrometrischen Untersu­chungen bestatigen diesen Befund. Das Massenspektrum der Stictinsaure zeigt den Molmassenpeak bei m/e 386. Das M-(HzO}-Fragment tritt bei m/e 368 auf. Dieses fragmetiert weiter unter Abspaltung von CO zu dem Bruchstiick bei ml e 340. Die korrespondierenden Fragmente des Oxonium-Ions yom A-Teil des Depsidons finden

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sich bei m/e 193 und m/e 191; das Oxonium-Ion wiederum bildet unter Abspaltung von CO ein Fragment bei ml e 165. 1m Massenspektrum der Norstictinsaure wird der Molmassenpeak bei ml e 372 registriert, ein M-(H20)-Fragment bei ml e 354, ein M­(CO)-Fragment bei m/e 342. Das Oxonium-Ion des A-Teils entspricht den Fragmen­ten bei m/e 179 und m/e 177, das Fragment bei 151 dem Ion, das unter Abspaltung von CO aus dem Oxonium-Ion entsteht.

Die fur die Stictin- und Norstictinsaure gefundenen Fragmente stimmen bis auf die beiden zusatzlich bei m/e 151 und m/e 165 beobachteten mit den von Huneck et al. (1968) angegebenen uberein. Dieser geringfugig abweichende Befund laBt sich zwang­los damit begrunden, daB Huneck et al. bei 140°C registrierten, unsere Fragment­muster jedoch bei 240°C erhalten wurden. Die Fragmentierung von Constictinsaure (M+: m/e 402, M-(H20): m/e 384, M-(C02): m/e 358, Oxonium-Ion des A-Teils: m/e 191/193) entspricht den von Yosioka et al. (1970) publizierten Werten, die von Cryptostictinsaure (M+: m/e 388, M-(H20): m/e 370, Oxonium-Ion des A-Teils -CO: m/e 168) denen von Shimada et al. (1980).

Neutralstoffe (Sterine und Triterpene) konnten nach Extraktion der Flechte mit Hexan und Benzol nicht gefunden werden. Hinsichtlich dieser Stoffgruppe unter­scheidet sich der isolierte Mycobiont deutlich vom lichenisierten, und zwar unabhan­gig davon, auf welchem Medium er kultiviert wurde.

Nach der phytochemischen Analyse von Extrakten des isolierten Mycobionten in Aceton, Benzol und Hexan konnten typische Flechtenstoffe oder deren Vorlaufer, wie z. B. substituierte Orsellinsaure ausgeschlossen werden. Dunnschichtchromato­graphie in FlieBmittel C wies jedoch auf Spuren eines Neutralstoffs mit einem Rr Wert von 0,46 hin. Die Substanz zeigte ein massenspektrometrisches Fragmentie­rungsverhalten, das fur Sterine wie Ergosterin (= 5,7,22-Trien) typisch ist: M +: ml e 396; M-(CH3): m/e 381; M-(CH2 + H20): m/e 363; M-(Seitenkette): m/e 371; M-(Sei­tenkette + H20): m/e 253; M-(?): m/e 217; M-(Seitenkette, Ring D + H20): m/e 21l. Nach Alais et al. (1974) und Lenton et al. (1973) zeigt das mit Ergosterin bindungsiso­mere Lichesterin (= 5,8,22-Trien) identische Fragmente. Ripperger und Huneck

Fig. 1: UV IVIS-absorption spectrum of an eluate in hexane of isolated B. rufus mycobiont cultured for three months; main spectrum: ergosterol; insert: same spectrum at higher measuring sensitivity in the spectral range between 350 and 500 nm, showing (a) compound(s) with craotionid character.

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(1976) fanden jedoch eine andere Intensitatsverteilung, wobei nicht der Molmassen­peak, sondern das Fragment bei m/ e 363 die hochste relative Intensitat besitzt. Diese Intensitatsverteilung wurde von uns nicht beobachtet, so da£ der untersuchte Neu­tralstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit Ergosterin darstellt.

Dieser Befund steht auch im Einklang mit spektralphotometrischen Daten. Der Hexan-Extrakt des Mycobiont~n weist im UV /VIS-Spektrum (Abb. 1) die fUr Ergo­sterin typischen Absorptionsmaxima bei 271, 280 und 290 nm sowie eine Schulter bei 260 nm auf. Die bei hoher MeBempfindlichkeit registrierte Absorption (Abb. 1, insert) im Bereich zwischen 390 und 474 nm mit einem Maximum bei 445 nm laBt zugleich auf Carotinoid-Anteile schlieBen, wie sie von Henriksson und Pearson (1968) im Mycobionten von B. roseus nachgewiesen wurden. Eine Strukturaufklarung dieser Komponente(n) war wegen Substanzmangel nicht moglich. Ergosterin tritt bereits eine W oche nach der Sporenkeimung auf; das Carotionid(gemisch) konnte erstmals einen Monat nach Kulturbeginn nachgewiesen werden.

Aus den Chromatogrammen der Aceton- und Hexan-Extrakte konnten wir mit Chloroform/Methanol (2: 1, v/v) im Bereich der FlieBmittelfront eine weitere Kom­ponente isolieren. Ihr Fragmentionen-Muster (Abb. 2) weist auf Triglyceride hin.

Fig. 2: Top: schematic outline of trigly­ceride fragmentation in mass spectrome­try, compiled according to Barber et al. (1965), Hites (1970) and Murata and Ta­kahashi (1973); bottom: EI-mass spectrum (at 70 eV, 180°C) eluated from chromatogramms of actetone extracts of isolated B. rufus mycobiont; the fragments I-IV correspond to the structures in the she me; individual M+­peaks were not plotted due to the limita­tion of the ml e axis at ml e 600.

r.l. ~l

~, •• ~ - II

.g~Y'uu

Nach Barber et al. (1964), Hites (1970) und Murata und Takahashi (1973) werden fUr Triglyceride bei 170°-300°C und Direktionisation vier Fragment-Typen gebildet (vgl. Abb. 2, Formelschema): Durch Bruch der terminalen Fettsaure-Ester-Bindung am C-l und C-3 des Glycerolrestes (Fall al oder a3) wird je eine Acyloxy-Gruppe abgespalten. Das Restfragment kann sich dann zu Fragmenten des Typs I umlagern. Erfolgt die Abspaltung der zentralen Acyloxy-Gruppe am C-2 (Fall a2), entstehen Fragmente des Typs II. Bei Abspaltung je eines Acyloxy- (Fall al-a3) und eines Acyl­Restes (Fall b1-b3) resultiert ein Restfragment mit der Struktur vom Typ III. Die ver­schiedenen veresterten Fettsauren sind durch die Acyl-Fragmentionen des Typs IV eindeutig zu bestimmen. AIle vier beschriebenen Fragment-Typen sind im Massen­spektrum unseres triglyceridhaltigen Eluats vertreten (Abb. 2). Fur andere Fragment-

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Table 1: Analysis of the fragments I-IV obtained by mass spectrometry of aceton-extractable triglyceride mixtures of .the isolatedBrufus mycobiont; the analysis y~elds evidence for the pre-sence of triglycerides containing the fatty acids .oleic acid (0), palmitic acid (P) and linoleic acid (L); *1: the written succession of esterified fatty acids is not necessarily identical with its sequence in the molecule.

Fatty acid composition Fragmentation of T riglycerides II III IV M+

000 m/e604 m/e 603 m/e339 m/e 265 m/e 884 m/e264

LLP*l m/e 576 m/e 575 m/e 313 m/e329 m/e 839 m/e600 m/e599 m/e337 m/e263

m/e262 m/e261

OOL m/e602 m/e 601 m/e337 m/e265 m/e 867

m/e 604 m/e603 m/e 339 m/e261

aLL m/e600 m/e599 m/e 337 m/e265 m/e 855

m/e602 m/e 601 m/e339 m/e 261

OOP m/e 578 m/e577 m/e 313 m/e239 m/e 858 m/e604 m/e 603 m/e339 m/e265

m/e264

POL m/e 602 m/e601 m/e313 m/e239 m/e 841 m/e576 m/e575 m/e 337 m/e265

m/e 578 m/e577 m/e339 m/e261

lonen (als Folge des Bruchs der Bindung zwischen den C-Atomen des Glycerol-Mole­kiils in Position 1 und 2 bzw. 2 und 3, Fall Cl und C2, Budzikiewicz et al. 1964) fanden wir keine Anhaltspunkte.

Die Ergebnisse der massenspektrometrischen Analyse des Triglycerid-Eluats sind in Tabelle 1 zusammengefaBt. Dabei werden auch die Molmassen der Triglyceride beriicksichtigt, die infolge der Begrenzung der m/e-Achse in Abb. 2 auf m/e 600 nicht erscheinen. Danach enthalt der Mycobiont von B. rufus sechs unterschiedlich zusammengesetzte Triglycerid-Species, in denen die Fettsauren Palmitin-, Olein- und Linolsaure als Bausteine fungieren. Eine genaue Determinierung der Sequenz ein­zeiner Fettsauren in den verschiedenen Triglycerid-Molekiilen ist aufgrund dieser Methode nicht moglich.

Das Vorliegen von Ergosterin und Triglyceriden im isolierten Mycobionten konn­te schlieBlich durch Diinnschichtchromatographie der Aceton-Extrakte (Abb. 3) nochmals beIegt werden.

Zusatzlich wurden Markierungsversuche mit 14C-Mevalonsaure durchgeruhrt. Der im Nahrmedium mit 94 kBq (2)4C)-Mevalonsaure kultivierte Mycobiont von B. rufus wurde in einwochigen Abstanden abgeimpft und wie beschrieben aufgearbei-

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Fig. 3: Thin layer chromatographic separation of acteone extract of isolated B. rufus mycobiont (1): in petroleum benzine (120 ml)ldiethylether (80 ml)lacetic acid (4 ml) on silicagel60F254; (2): stigmasterol; (3): cholesterol; (4): {3-sito­sterol; (5): mixture of trilinolein, triolein and tripalmitin (1 : 1 : 1); TG: triglycerides; DG: diglycerides (including some fatty acids).

tet. 1 cm breite Schichtsektoren von Chromatogrammen des Aceton-Extrakts wiesen folgende Aktivitatsverteilung auf (Abb. 4): Die hochste Aktivitat wurde am Start­punkt gemessen, zwei weitere Aktivitatsgipfel treten bei ~ = 0,46 (Ergosterin) und R f = 1 (FlieBmittelfront, Gemisch markierter Triglyceride) auf. Bei der an der Startli­nie registrierten Aktivitat handelt es sich moglicherweise urn nicht aufgetrennte Riickstande des Aceton-Extrakts infolge Dberladung der Chromatogramme. Das Auftreten markierter Triglyceride bei Verwendung von 2)4C-Mevalonsaure ist nur zu verstehen, wenn man annimmt, daB Mevalonsaure mittels Mevalonat-Oxidase und Hydroxyglutaryl-Lyase enzymatisch zu Acetoacetyl- und Acetyl-CoA abgebaut wird. Damit muB gleichzeitig die Methyl-Gruppe des als Ausgangsverbindung fiir die Fettsauresynthese dienenden Acetyl-CoA markiert sein.

Die bisher aufgezeigten Stoffwechselunterschiede zwischen isoliertem und licheni­siertem Mycobionten von B. rufus lassen darauf schlieBen, daB die symbiotische Asso­ziation mit dem Phycobionten Myrmecia spec. fur den Pilz tiefgreifende Veranderun­gen im Stoffwechsel zur Folge hat. In diesen Veranderungen ist auch die Ursache fiir den morphogenetischen EinfluB der Alge zu suchen. So wird der Mycobiont, der im isolierten Zustand nur einen undifferenzierten Mycelverband darstellt, in der Flechte durch die Alge zur Ausbildung von z. T. hochdifferenzierten Thallusstrukturen ver­anlaBt. Die Basis fiir diese Veranderungen miissen gleichzeitig quali- und quantitative U nterschiede im Bereich der Enzymausstattung und Strukturproteine sein.

Diskelektrophoretische Trennungen von wasserloslichen Gesamtprotein-Extrak­ten in denaturierenden Gelen (lOprozentige SDS-Gele) zeigen fur den lichenisierten und isolierten Mycobionten erwartungsgemaB sehr unterschiedliche Bandenmuster (Abb. 5). Das fiir den isolierten Mycobionten erhaltene erwies sich als konstant (bezogen auf verschieden alte Kulturen in dem verwendeten Nahrmedium). Das Bandenmuster des lichenisierten Mycobionten wurde durch Auftrennung der Gesamtprotein-Extrakte aus Podetien der Flechte erhalten. Auch dieses Muster ist konstant, d. h. unabhangig yom Sammelzeitpunkt des untersuchten Materials. Der qualitative Vergleich der Pherogramme macht sowohl im Bereich der hochmolekula­ren Proteine (kathodennah) als auch im Bereich der niedermolekularen llroteine (anodennah) Unterschiede deutlich. Ob es sich bei Bande 8 (von der Kathode aus

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o IDF

It

Fig. 4 4------------ Fig. 5

Fig. 4: Distribution of radioactivity in the radiochromatogramm of isolated B. rufus mycobiont; 140/Ll of acetone extract of the mycobiont, cultured for 1 week with 94 kBq 2}4C-mevalonic acid was separated in benzene (180 ml)/ethyl acetate (10 ml)/acetic acid (10 ml) on silicalgel60; the measured radioactivity of individual layer areas (1 cm) was related each to the respective value of total radioactivity in 140/Ll of the acetone extract and expressed in percent of it (% cpm); average error: 1 %; ST: sterol; TG: triglycerides.

Fig. 5: Protein pherogramms of 10-percent PAA-gels containing 0.1 % SDS and corresponding densitogramms of the isolated (top) and lichenized (bottom) B. rufus mycobiont; proteins denatured prior to electrophoresis in 2-percent SDS containing 2 % mercaptoethanol for 2h; stained with Coomassie Blue G250; F: front; bandings 5 and 8 have the same Rf.

gezahlt} im Pherogramm des isolierten und Bande 5 des lichenisierten Mycobionten urn identische Proteine handelt, mussen weitere Untersuchungen zeigen. Arbeiten zur Charakterisierung dieser Proteine (Lipo-, Glyko- oder Phosphoproteine) werden z. Z. durchgefuhrt.

Dberraschend ist das Ergebnis der qualitativen Aminosaure-Analyse der Gesamt­protein-Extrakte: 1m isolierten Mycobionten k6nnen 15 Aminosauren nachgewiesen werden (Abb. 6), im lichenisierten dagegen 24 (Abb. 7). SchlieBt man in diesen Befund Ergebnisse ahnlicher/Untersuchungen an intakten Flechten (Solberg 1970)

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n

o

p

m

E 2

160 140 120 100 80 60 40 10

Fig. 6: Amino acid chromatogramm (instrument: Beckmann, Multichrom M; resin: AA-20, Li­form) of the HC1-hydrolysate of isolated B. rufus mycobiont; c: aspartic acid; d: threonine; e: serine; f: glutamic acid; g: proline; h: glycine; i: alanine; k: valine; 1: methionine; m: isoleucine; n: leucine; 0: tyrosine; p: phenylalanine; t: lysine; v: arginine.

~o

,"

140 1 0

m k

E 2

Fig. 7: Amino acid chromatogramm (instrument and resin as in Abb. 6) of the HC1-hydrolysate made up from podetia of the lichen B. rufus (lichenized mycobiont); a: taurine; b: phosphoetha­nolamine; f: glutamate, glutamic acid, asparate; j: a-amino butyric acid; q: ,},-amino butyric acid; r: hydroxyproline (?); s: ornithine; u: histidine; all other detected amino acids as in Abb. 6.

ein, so deuten die gefundenen Unterschiede in der Aminosaurezusammensetzung zwischen isoliertem und lichenisiertem Mycobionten auf Besonderheiten im Protein­stoffwechsel des nicht-lichenisierten Mycobionten hin. Zur Klarung dieser Zusam­menhange sind weitere umfangreiche Untersuchungen geplant.

Obwohl die hier vorgestellten Ergebnisse z. T. noch unvollstandig sind, wird doch deutlich, daB die verschiedenen Methoden zur Analyse des Primar- und Sekundar­stoffwechsels bei der Untersuchung lichenisierter und getrennt kultivierter Flechten­bionten die Moglichkeit eroffnen, die gegenseitige physiologische U mstimmung der Bionten in der Symbiose zu verstehen. Ftir Studien tiber dieses entwicklungsbiologi­sche Problem eignet sich die Flechte Baeomyces rufus in besonderer Weise, da sie weit

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verbreitet und leicht in die Bionten dissoziierbar ist. Unsere weiteren Untersuchun­

gen gehen dahin, aus den getrennten Bionten, wie kiirzlich von Ahmadjian et al.

(1980) fUr die Flechte Cladonia cristatella beschrieben, ein symbiotisches Assoziat zu

resynthetisieren und gleichzeitig die aufgezeigten stoffwechselphysiologischen Para­

meter zu analysieren.

Acknowledgement

Diese Untersuchungen wurden z. T. durch eine Forschungsbeihilfe an Frau Prof. Dr. A. Henssen ermoglicht. Herrn Dr. K. Steinbach danken wir fur die Aufnahme der Massenspek­tren.

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