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646 HELVETICA CHIMICA ACTA. 77. Struktur des Iso- 3-carbonsaureamid-N1-~-ribosido-pyridiniumchlorids von M.Viscontini, D. Hoch, M. Marti und P. Karrer. (1.111. 55.) Vor kurzem beschrieben wir die Synthese eines Iso-ribosido - nicotinsaurea8midchlorids I). Wir versuchten damals, die Struktur des Riboseringes durch Perjodsaure-Oxydation aufzuklaren. Die dabei er- haltenen Ergebnisse schienen fur ein 3-Carbonsaureamid-Nl-u-ribo- pyranosido-pyridiniumchlorid (I) zu sprechen. CoNHz p;:q 1 ' 1 \=/ H H H H I //-$N--C-&--C--CH, I Die bei diesen Versuchen aufgetretenen Schwierigkeiten veran- lassten uns, die in der vorangehenden Mitteilung2) beschriebene Me- thode zur Bestimmung der Grosse des 0-haltigen Ringes in Zuekern zu entwickeln. Da die neue Methode nach unseren Erfahrungen zu- verliiissigere Resultate liefert, wandten wir sie auch zur Konstitutions- aufklgrung des Iso-ribosido-nicotinsaureamidchlorids an. Wenn man das Iso-ribosido-nicotinsaureamidchlorid mit Perjod- saure oxydicrt, anschliessend mit Natriumborhydrid reduziert und das Reakt,ionsprodukt mit Salzsaure hyclrolysiert , so lasst sich in dem Re- aktionsgemisch durch Papierchromatogrpahie Glycerin und eine ge- ringe Menge Athylengly~ol~) nachweisen (Pig. l). Man kann daraus schliessen, dass der Riboserost in der genannten Verbindung wahr- scheinlieh in furanosider und nicht, wie wir ursprunglich annahmen, in pyvanosider Form vorliegt. Ex blieb noch festzustellen, oh die glucosidische Bindung zwischen Ribose und Nicotinsaureamid eine a- oder eine /?-Bindung ist. Die b-Form (11) muss bei der Perjodsaure-Oxydation einen Dialdehyd IV liefern, der mit dem aus /?- Glucosido-nicotinsaureamid (111) ent- stehenden Dialdehyd identisch sein sollte. Wir fiihrten deshalb die 1) M. Viscontini, M. Marti & P. Karrer, Helv. 37, 1373 (1954). z, M. Viscontini, D. Hoch & P. Kurrer, Helv. 38, 642 (1955). 3) Die sehr geringe Menge von beobachtetem dthylenglycol kann entweder davon herriihren, dass wiihrend der Oxydation die Stickstoff-Zucker-Bindung in einem ge- wissen Masse zerstort wird oder dass das (amorphe) Iso-ribosido-nicotinsiiureamid-chlorid eine geringe Beimengung der pyranosiden Form enthalt.

Struktur des Iso-3-carbonsäureamid-N1-D-ribosido-pyridiniumchlorids

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646 HELVETICA CHIMICA ACTA.

77. Struktur des Iso- 3-carbonsaureamid-N1-~-ribosido-pyridiniumchlorids

von M.Viscontini, D. Hoch, M. Marti und P. Karrer. (1.111. 5 5 . )

Vor kurzem beschrieben wir die Synthese eines Iso-ribosido - nicotinsaurea8midchlorids I). Wir versuchten damals, die Struktur des Riboseringes durch Perjodsaure-Oxydation aufzuklaren. Die dabei er- haltenen Ergebnisse schienen fur ein 3-Carbonsaureamid-Nl-u-ribo- pyranosido-pyridiniumchlorid (I) zu sprechen.

CoNHz p;:q 1 ' 1

\=/ H H H H

I //-$N--C-&--C--CH,

I

Die bei diesen Versuchen aufgetretenen Schwierigkeiten veran- lassten uns, die in der vorangehenden Mitteilung2) beschriebene Me- thode zur Bestimmung der Grosse des 0-haltigen Ringes in Zuekern zu entwickeln. Da die neue Methode nach unseren Erfahrungen zu- verliiissigere Resultate liefert, wandten wir sie auch zur Konstitutions- aufklgrung des Iso-ribosido-nicotinsaureamidchlorids an.

Wenn man das Iso-ribosido-nicotinsaureamidchlorid mit Perjod- saure oxydicrt, anschliessend mit Natriumborhydrid reduziert und das Reakt,ionsprodukt mit Salzsaure hyclrolysiert , so lasst sich in dem Re- aktionsgemisch durch Papierchromatogrpahie Glycerin und eine ge- ringe Menge Athylengly~ol~) nachweisen (Pig. l). Man kann daraus schliessen, dass der Riboserost in der genannten Verbindung wahr- scheinlieh in furanosider und nicht, wie wir ursprunglich annahmen, in pyvanosider Form vorliegt.

Ex blieb noch festzustellen, oh die glucosidische Bindung zwischen Ribose und Nicotinsaureamid eine a- oder eine /?-Bindung ist. Die b-Form (11) muss bei der Perjodsaure-Oxydation einen Dialdehyd I V liefern, der mit dem aus /?- Glucosido-nicotinsaureamid (111) ent- stehenden Dialdehyd identisch sein sollte. Wir fiihrten deshalb die

1) M . Viscontini, M . Marti & P. Karrer, Helv. 37, 1373 (1954). z , M . Viscontini, D. Hoch & P. Kurrer, Helv. 38, 642 (1955). 3) Die sehr geringe Menge von beobachtetem dthylenglycol kann entweder davon

herriihren, dass wiihrend der Oxydation die Stickstoff-Zucker-Bindung in einem ge- wissen Masse zerstort wird oder dass das (amorphe) Iso-ribosido-nicotinsiiureamid-chlorid eine geringe Beimengung der pyranosiden Form enthalt.

H-A-OH I

, I11 CH,OH

A = Abbauprodukt des Nl-D-Ri- bopyranosido-nicotinsaure- amid-bromids.

je 7 y.

bofuranosido-nicotinsaure- amid-chlorids.

B = Glycerin/Athylenglycol,

C = Abbauprodukt des h-l-D-Ri-

Experimentelle Bedingungen siehe Text.

Fig. 1. A B C

l) Diese Drehungen entsprcchen der Grossenordnung nach den friiher (Helv. 37, 1373 (1954)) gemessenen.

Volumen XXXVIII, Fasciculus 111 (1955) - No. 77. 647

Oxydation der beiden Verbindungen unter gleichen Bedingungen durch und stellten die optische Drehung der Reaktionslosung fest :

1. Abbauprodukt des Iso-ribosido-nicotinsaureamids: ,,[aJD" = - 69O l) ; 2. Abbauprodukt des @-Glucosido-nicotinsaureamids: ,,[ccJD'' = + 67O l),

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wobei bei der Berechnung von ,,[a],," die Gewichte der Ausgangs- stoffe in Rechnung gestellt wurden. Die beiden Oxydationsprodukte sind daher zweifellos nicht identisch ; daher i s t unsere Verbindung ver- mutlich das 3-Carbons~ureamid-N1-a-~-furano-ribosido-pyridinium- chlorid (VI), dessen Oxydation zum Dialdehyd V fiihrt.

Das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung stimmt mit der von verschiedenen Seiten vertretenen Auffassung iiberein, dass die Tetra- cetylribose vom Smp. 85 O I), aus welcher das Iso-3-carbonsiiureamid- N1-D-ribosido-pyridiniumchlorid hergestellt wird, furanoside Struktur besitzt.

Fur die Unterstiitzung dieser Arbeit sprechen wir der Fritz Hoffmann-La Roche- Stiftuny zur Forderung wissenschaftlicher Arbeitsgemeinschaften in der Schweiz unseren bcsten Dank aus.

Experimeiiteller Teil. Exper imente l les . Oxydation mit Perjodsuure und Reduktion. 1,5 mg Iso-ribosido-

nicotinsaureamid (5 pMol) werden mit 2,14 mg Natriummetaperjodat (10 pMol) in 0,l om3 Wasser gelost. Nach etwa 4 Std. gibt man 2 mg Natriumborhydrid, gelost in 0,l cm3 Wasser, hinzu und lasst iiber Nacht stehen. Darauf wird mit 0,2 om3 n. Salzsaure versetzt und 15 Min. auf dem siedenden WasSerbad erwlrmt. Die Losung wird auf 0,5 om3 aufgefullt und hiervon 0,Ol cm3 fur das Chromatogramm verwendet. Die Entwicklung des Cliromatogramms erfolgt nach der vorher beschriebenen Method@).

Optische Drehungen. a) Iso-ribosido-nicotinsaureamid. Zu 6,4 mg Iso-ribosido-nico- tinsaureamid gaben wir 1 em3 0,25-n. Natriiimmetaperjodat-Losung und fullten auf 2 om3 auf. Nach 4 Std. wurde die optische Drehung dcr Liisung gemessen: -0,22O. ,,[1]:'' =

b) p- Glucosido-nicotinsaureamid. 30 mg p-Glucosido-nicotinsaureamid und 38,8 mg Natriummetaperjodat losten wir in Wasser und fullten auf 4 cm3 auf. Nach 4 Std. betrug die optische Drehung der Losung + 0,540. ,,[x]%" = + 67O.

- 69'.

Z u s a mm enf a s sung. Rfit Hilfe der neuen Mikromethode zur Bestimmung der Ring-

struktur des Zuckerrestes bei Nucleosiden wird gezeigt, dass das frii- her synthetisierte Iso-ribosido-nicotinsaureamid sehr wahrscheinlich die Struktur eines a-Furano-ribosido-nicotinsaureamids besitzt.

Zurich, Chemisches Institut der Universitat.

l) G. A. Howard, B. Lythgoe & A. R. Todd, J. chem. SOC. 1947, 1052; H. Zinner,

2) M . Viscontini, D. Hoch & P. Karrer, loc. cit. Ber. deutsch. chem. Ges. 83, 153 (1950).