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  Börsen-Zeitung, 27.4.2012 Der Zusammenbruch der amerikani- schen Investment ban k Lehman Bro ther s im Sep temb er 200 8 hat den Zertif ikatemarkt in Mitleide n- schaft gezogen. Durch die Insolvenz  waren insbesondere auch Zertifikate in Deutschland betroffen und vielen  Anlegern wurden somit erst die Risi- ken der strukturierten Derivate be-  wusst. Der Ausfall des Emittenten hat in der Folge auch zu Vorwürfen  von weiten Teilen der Öffentlichkeit geführt, dass strukturierte Produkte  wie Zertifikate und Hebelprodukte intransparent und zu teuer seien. Guter Ansatz, mehr nicht Tatsäc hlich existie rt dieser Vor-  wurf, seit es Derivate gibt. Erst in den siebziger Jahren des vergan ge- nen Jahrhu nderts beruhigten sich die Gemüter etwas, da Fischer Black und Myron Scholes mit ihrer Formel zur Berechnung von Optionspreisen die Preisbildun g von komplex en Fi- nanzprodukten verständlicher mach- ten. Die Black- Scholes- Formel war schnel l akzepti ert, weil sie sugge- riert e, dass es einen fairen Preis für Derivate gibt. Mit der Entwicklung komp lizi ert ere r Pro duk te wur de allerdings klar, dass auch die Black- Scholes-Formel an ihre Gre nze n stößt. Sie berück sichtig t beispi els-  weise nicht die Kosten der Produkte und unterstellt in ihrer Grundform  vereinfachend, dass künftige Rendi- ten einer Normalverteilung unterlie- gen, was in der Praxis einfach nicht der Fall ist. Nach dem Ausfa ll der Produk te  von Lehman Brothers ist nicht zu- letzt von den Regul ationsb ehörden eine höhere Transpar enz bei den strukturierten Produkten gefordert  worden. Die Diskussion konzentriert sich vor allem auf einen Punkt: Der „faire Wert“ eines Produktes und da- mit die Marge der Bank (nicht nur die des Vertri ebs) soll offeng elegt  werden. Am Ende des Tages muss ge- fragt werden, ob es wirklich einen Mehrwer t für den Anleg er bring t.  Aufgrund der Krise ist der Druck je- doch so groß geworden, dass sich die Branche diesemThema nichtent- ziehen kann. Die Suche nach dem Heiligen Gral des „fairen Preises“ stößt aber sehr schnell an ihre Grenzen. Das zeigt das Beispiel eines Call Warrant bzw. Kauf-Optionsscheins, der von einem  Anleger gekauft wird. Der Kunde pro fitiert , wen n der War ran t am Ende der Laufzeit „im Geld“ landet . Doch wie verdient die Bank an die- sem Geschäft? Die Bank kann natür- lich eine ungesicherte Gegenposi- tion zum Kunden einne hmen und hoffen, dass dieser falsch liegt. Das lässt einerseits das Risikoma nage- ment einer Bank nicht zu. Anderer- seits ist das natürlich kein skalierba- res Geschäftsmodell, denn der Emit- tent muss seine Risiken neutralisie- renkönnen. Das Absichernüber eine ande re Bank(„BackHedging“ ) ist da- bei für ein einzelnes Institut durch- aus ein e Altern ati ve, ni cht jed och für di e Branche als Ganzes. Das  Verschieben der Risiken  von einer Bilanz in eine an der e b ri ng t d i es e nicht zum Versch win- den. Der Schlüssel zur Skalie rbarke it liegt da- rin,die entste hendenRi- siken im Handelsbuch zu neutralisieren, indem die Bank beispielsweis e eine Gegenpositi on im Bas iswert ein nimmt. Ent scheiden d ist nun , dass dur ch die Abs iche run gsg e- sch äfte im Bas iswert Han delsge-  winne oder -verluste entstehen. DieGewinneund Verlu ste im Absi- cherungsgeschäft werden durch ent- sprech ende Gewinne und Verlu ste im ausste henden Warrant tenden- ziell ausgeglichen. So kommt in der Summe eine (annähernd) risikoneu- tra le Posi tion des Emi ttenten zu- stande – und damit ein skalierbarer Derivatemarkt. Die voraussichtliche Intensität der  Absicherungsgeschäf te und die resul- tiere ndePrognosefür dasHandelser- gebnis sind dabei in der impliziten  Volatilität zusammengefasst, also der über die Lau fze it erwart eten Schwankungsbreite des Basiswertes. Um es deutlic h zu formul ieren: Der fair e Wertzu einembestimmte n Zeit- punkt hängt jeweils von Erwartun- gen über die zukünftigen Bewegun- gen im Basiswert ab. Es besteht zwar die Möglichkeit, durch die Betrachtung aller an der Börse gelisteten Warrants und deren Preise auf einen Basiswert über Aus- übung spreis e und Laufze iten hin-  weg eine Volatilitätso berfläche(„Vola Surface“) zu berechnen. Doch auch dieses Vorgehen führt nicht zu dem gewünschten Ergebnis des faire n Wertes. Denn die hierdurch ermit- telte implizite Volatilität gibt nur die erwartete Volatilität des Basiswertes über einen bestimmten Zeitraum an. Die Erwartung en an die Entwick- lung des Basiswertes können im Ein- zelnen jedoch stark differ ieren, die  Vola Surface des Gesamtmarktes zeigt aber nur deren Durchschnitt. Es spielen aber noch weitere Fak- toren eine zentrale Rolle, die wenig direkten Bezug zum Basiswert ha- ben , wie etwa der Firmen sitz des Emi tten ten , der die Höhe der Be- steuerung der Dividenden des Basis-  wertes bestimmt, dessen Risikoappe- tit oder dessen Rechenmodell. Starker Wettbewerb Die Finanzindu strie ist aber ge- nauso wie die Automob ilindu strie oder die Unterh altung selektro nik- branche einem starken Wettbewerb ausge setzt, was preisr egulie rend sein kann. Bei gleiche n Produk ten konkur rieren auch die Emitten ten  von Finanzprodukten untereinan- der, was auch Auswirkungen auf den Preis haben kann. Das erlaubt es dem Anle ger,bei deri vative n Prod uk- ten mit gleichen Ausstattungsmerk- malen das Papier auszusu chen, das denfürihn gün stig stenPreis hat . Da- bei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dieser Wettbewerb nur bei den typisch en Flow-P rodukte n funkti o- niert, die einheitliche Ausstattungs- mer kma le hab en und somi t ver- gleichbar sind. Mit anderen Worten: Je komplexer das Produkt, also je mehr Annahmen getroffen werden müs sen, desto weit er gehen die Preise auseinander. Funding wird nun eingepreist Wurde der Anleger vor der Insol-  venz von Lehman Brothers im Jahr 2008nicht fürein erhöhtes Ausfa llri- siko des Emittenten belohnt, so ist das heute anders. Immer mehr Ban- ken preisen ihr Funding mit in die Kurse ein. Damit sind die Produkte  von Emittenten mit schlech ter Boni- tät häufig preiswerter oder bieten bessere Konditionen als die Papiere  von Emitt enten mit besserer Kredit -  würdigkeit. Diese grundsätzlich posi- tive Entwick lung erschwert zusätz- lich die Bestimmu ng eines fairen Wertes eines Produktes. Preisbeeinflussend ist auch noch das sogenannte Gap-Risiko, gegen das sich Emittenten nur schwer absi- chern können . Das Gap-Risiko be- schreib t die Gefahr, dass außerh alb der Handelszeiten des Basiswe rtes publizierte Neuigkeiten dazu führen können, dass der Basiswert bei der nächsten Handelseröffnung deutlich oberhalb oder unterhal b des vorheri- gen Han dels schl uss es gehand elt  wird. Da solche Ereignisse schwer  vorhersehbar sind, ist eine Abs iche- rung entsprechen d schwier ig. Die Emittenten sichern sich unterschied- lich gegensolch unvor herseh bareEr- eig nis se ab. Letz tlic h fli eßt aber auch der Preis für diese Absicherung zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Preisbildung mit ein. Der Verdienst der Bank aus dem Geschäft mit strukturierten Produk- ten lässt sich nicht so einfach errech- nen wie gedach t. Die potenz ielle Rendite steht erst am Ende der Lauf- zeit fest, nämlich wenn das Ergebnis der Absiche rung sgeschä fte, das Han- dels erg ebnis aus dem Mar keti ng und die Settlementzahlung für ein aussteh endes Produkt festste hen, und ist keineswegs garantiert. Selbst ein gute r Emitte nt kannim insti tutio- nellen Geschäft meist nur etwa 50% bis 60% ei ner so ein gepr ei s t en Marge auch tatsächlich realisieren. Zwar kan n sic h einEmittent beiak- tiv gehandelten Derivaten auch über die Geld-Brief-Sp anne finan zieren .  Allerdings gilt auch hier, dass die Profitabilität von strukturierten Pro- dukten, dem oben erwähnten War- rant oder au ch Knock-out-Produkten erstnach Verf all der Optionabschlie - ßend ausgewertet werden kann. Die Margedes Emitten ten ist dem- nach bei Auflegung des Produktes nur schwer oder gar nicht prognosti- zierbar. Zudem kann aufgr und von Erwa rtun genund der Prei s- sowieRi- sikomodelle der Wert eines Warrant oder einer Struktur von Emittent zu Emittent variieren. Bei der Bewertung von Produkten muss allerdings auch die Vertr iebs- provisi on berück sichtig t werden . Wird ein Produk t im Primärmarkt  vertrieben, kann es üblich sein, dass eine Vertriebsprovision für die Bera- tungsleistung gezahlt wird. Diese Provision wird dann meist im Pro- duktpr eis berücks ichtigt . Um nun aber zu verhindern, dass ein Produkt mit einer Vertriebsprovision in Höhe  von 1 % bei der Eröffnung am ersten Handel stag im Sekundärmarkt nur noc h mit 99% geprei st wird und  Anleger quasi über Nacht einen Ver- lust von 1% erleiden, wird die Ver- triebsp rovision häufi g über einen längeren Zeitraum sukzessive amor- tisiert . Daher gibt es auch Unter - schiede bei den Produkten mit Ver- triebsprovision und Papieren ohne  Vertriebspr ovision wie beispielsweise bei den sogenan nten Flow-Pro dukten. Zusammenfassend ist zu sagen, dass es „den einen“ fairen Preis für ein stru kturierte s Produ kt überalle Emit- tentenhinwegnicht gibt. Es gibtviel- mehr eine Spanne fairer Preise, die den unterschiedlichen Modellen, Er-  wartungen und Voraussetzungen, unter denen die Erwar tunge n ge- formt werden, Rechnung trägt. Zu- sammengehalten wird diese Spanne durch den Wettbewerb im Markt – unddieser kannsehr schar f sein.Mit- unter sind im deutschen Markt die Optionsscheine enger gestellt als der Basiswert! Sehr transparentes Produkt Insges amt gehören strukt urier te Wertpapiere schon heute dank der Initiativen von Verband, Banken und Börsen wohl zu den transparentesten Finan zprodu kten in Deutsch land. Daran ändert die fehlende Möglich- keit, Margen anzugeben, nichts. Bei der Diskuss ion über Tran sparen z und Produktkosten sollten die Regu- latoren den Mehrwert, den struktu- rierte Produkte dem Anleger liefern, nicht aus den Augen verlieren. Die- ser ist zweifelsohne gegeben – sonst  wären in strukturierten Produkten  weltweit nicht bis zu 1 Bill. Euro investiert. Stru kt urierte An lag epr odu kte Von Christian Reuss CEO von Scoach Den „einen fairen Preis“ gibt es nicht Marge der Emitte nten nur schwe r prognosti zierba r – Optio nssc heine sind im deutsc hen Markt mitu nter enger geste llt als die Basis werte Den „einen fairen Preis“ gibt es nicht Von Christian Reuss B1 Credit Linked Notes sind Alternative bei niedrigen Zinsen Von Torsten Bischoff  B 2 Finanzierungskosten sind das Zünglein an der Waage Von Heiko Weyand  B 2 DerivateXXL – eine Revolution im Stammdatenbereich Von Oliver Hans B3 Risiken begrenzen und aktiv steuern Von Stefan Räuschel und Frank Haak B4 Das tatsächliche Kreditrisiko entscheidet, nicht die rechtliche Struktur Von Townsend Lansing B 4 Mit Rohstoffen der Inflation und niedrigen Zinsen trotzen Von Stefano Angioni  B5 Das Anlagerisiko fest im Griff: Indizes halten Volatilität konstant Von Konrad Sippel  B5 In Faktor-Zertifikaten steckt viel Energie Von Nicolai Tietze B6 AUS DEM INHALT Freitag, 27. April 2012  Sonderbeilage  Börsen-Zeitung Nr. 82  B 1

Strukturierte Anlageprodukte

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Freitag, 27. April 2012SonderbeilageBörsen-Zeitung Nr. 82B1Strukturierte AnlageprodukteDen „einen fairen Preis“ gibt es nichtMarge der Emittenten nur schwer prognostizierbar – Optionsscheine sind im deutschen Markt mitunter enger gestellt als die Basiswertelässt einerseits das Risikomanagement einer Bank nicht zu. Andererseits ist das natürlich kein skalierbares Geschäftsmodell, denn der Emittent muss seine Risiken neutralisieren können. Das Absichern über eine andere Bank („Back Hedg

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  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Der Zusammenbruch der amerikani-schen Investmentbank LehmanBrothers im September 2008 hatden Zertifikatemarkt in Mitleiden-schaft gezogen. Durch die Insolvenz

 waren insbesondere auch Zert ifikatein Deutschland betroffen und vielen

 Anlegern wurden somit erst di e Risi-ken der strukturierten Derivate be-

 wusst. Der Ausfall des Emittentenhat in der Folge auch zu Vorwürfen

 von weiten Teilen der Öffentlichkeitgeführt, dass strukturierte Produkte

 wie Zertifikate und Hebelprodukteintransparent und zu teuer seien.

Guter Ansatz, mehr nicht

Tatsächlich existiert dieser Vor- wurf, seit es Derivate gibt. Erst inden siebziger Jahren des vergange-nen Jahrhunderts beruhigten sichdie Gemüter etwas, da Fischer Black und Myron Scholes mit ihrer Formelzur Berechnung von Optionspreisendie Preisbildung von komplexen Fi-nanzprodukten verständlicher mach-ten. Die Black-Scholes-Formel war

schnell akzeptiert, weil sie sugge-rierte, dass es einen fairen Preis fürDerivate gibt. Mit der Entwicklungkomplizierterer Produkte wurdeallerdings klar, dass auch die Black-Scholes-Formel an ihre Grenzenstößt. Sie berücksichtigt beispiels-

 weise nicht die Kosten der Prod ukteund unterstellt in ihrer Grundform

 vereinfachend, d ass künftige Rendi-ten einer Normalverteilung unterlie-gen, was in der Praxis einfach nichtder Fall ist.

Nach dem Ausfall der Produkte von Lehman Brothers ist nicht zu-letzt von den Regulationsbehördeneine höhere Transparenz bei denstrukturierten Produkten gefordert

 worden. Die Diskussion konzentriertsich vor allem auf einen Punkt: Der„faire Wert“ eines Produktes und da-mit die Marge der Bank (nicht nurdie des Vertriebs) soll offengelegt

 werden. Am Ende des Tages muss ge-

fragt werden, ob es wirklich einenMehrwert für den Anleger bringt.

 Aufgrund der Krise ist der Druck je-doch so groß geworden, dass sichdieBranchediesem Thema nicht ent-ziehen kann.

Die Suche nach dem Heiligen Graldes „fairen Preises“ stößt aber sehrschnell an ihre Grenzen. Das zeigtdas Beispiel eines Call Warrant bzw.Kauf-Optionsscheins, der von einem

 Anleger gekauft wird. Der Kundeprofitiert, wenn der Warrant amEnde der Laufzeit „im Geld“ landet.Doch wie verdient die Bank an die-sem Geschäft? Die Bank kann natür-lich eine ungesicherte Gegenposi-tion zum Kunden einnehmen undhoffen, dass dieser falsch liegt. Das

lässt einerseits das Risikomanage-ment einer Bank nicht zu. Anderer-seits ist das natürlich kein skalierba-res Geschäftsmodell, denn der Emit-tent muss seine Risiken neutralisie-ren können. Das Absichernüber eineandere Bank(„BackHedging“) ist da-bei für ein einzelnes Institut durch-

aus eine Alternative,nicht jedoch für dieBranche als Ganzes. Das

 Verschieben der Risiken von einer Bilanz in eineandere bringt diesenicht zum Verschwin-den. Der Schlüssel zurSkalierbarkeit liegt da-rin,die entstehendenRi-siken im Handelsbuchzu neutralisieren, indemdie Bank beispielsweise

eine Gegenposition imBasiswert einnimmt.Entscheidend ist nun,

dass durch die Absicherungsge-schäfte im Basiswert Handelsge-

 winne oder -verluste entsteh en.DieGewinneund Verluste im Absi-

cherungsgeschäft werden durch ent-sprechende Gewinne und Verlusteim ausstehenden Warrant tenden-ziell ausgeglichen. So kommt in derSumme eine (annähernd) risikoneu-trale Position des Emittenten zu-stande – und damit ein skalierbarerDerivatemarkt.

Die voraussichtliche Intensität der Absicherungsgeschäfteund die resul-tierende Prognose für dasHandelser-gebnis sind dabei in der impliziten

 Volatilität zusammengefasst, alsoder über die Laufzeit erwartetenSchwankungsbreite des Basiswertes.Um es deutlich zu formulieren: DerfaireWert zu einembestimmten Zeit-

punkt hängt jeweils von Erwartun-gen über die zukünftigen Bewegun-gen im Basiswert ab.

Es besteht zwar die Möglichkeit,durch die Betrachtung aller an derBörse gelisteten Warrants und derenPreise auf einen Basiswert über Aus-übungspreise und Laufzeiten hin-

 weg eine Volatilitätsoberfläche („VolaSurface“) zu berechnen. Doch auchdieses Vorgehen führt nicht zu demgewünschten Ergebnis des fairenWertes. Denn die hierdurch ermit-telte implizite Volatilität gibt nur dieerwartete Volatilität des Basiswertesüber einen bestimmten Zeitraum an.Die Erwartungen an die Entwick-lung des Basiswertes können im Ein-zelnen jedoch stark differieren, die

 Vola Surface des Gesamtmarkteszeigt aber nur deren Durchschnitt.

Es spielen aber noch weitere Fak-toren eine zentrale Rolle, die wenigdirekten Bezug zum Basiswert ha-

ben, wie etwa der Firmensitz desEmittenten, der die Höhe der Be-steuerung der Dividenden des Basis-

 wertes bestimmt, dessen Risikoappe-tit oder dessen Rechenmodell.

Starker Wettbewerb

Die Finanzindustrie ist aber ge-nauso wie die Automobilindustrieoder die Unterhaltungselektronik-branche einem starken Wettbewerbausgesetzt, was preisregulierendsein kann. Bei gleichen Produktenkonkurrieren auch die Emittenten

 von Finanzprodukten untereinan-der, was auch Auswirkungen auf den Preis haben kann. Das erlaubt esdem Anleger,bei derivativenProduk-

ten mit gleichen Ausstattungsmerk-malen das Papier auszusuchen, dasdenfürihn günstigstenPreis hat. Da-bei ist allerdings zu berücksichtigen,dass dieser Wettbewerb nur bei dentypischen Flow-Produkten funktio-niert, die einheitliche Ausstattungs-merkmale haben und somit ver-gleichbar sind. Mit anderen Worten:Je komplexer das Produkt, also jemehr Annahmen getroffen werdenmüssen, desto weiter gehen diePreise auseinander.

Funding wird nun eingepreist

Wurde der Anleger vor der Insol- venz von Lehman Brothers im Jahr2008nicht für ein erhöhtesAusfallri-siko des Emittenten belohnt, so istdas heute anders. Immer mehr Ban-

ken preisen ihr Funding mit in dieKurse ein. Damit sind die Produkte

 von Emittenten mit schlech ter Boni-tät häufig preiswerter oder bietenbessere Konditionen als die Papiere

 von Emitt enten mit besserer Kredit- würdigkeit. Diese grundsätzlich posi-tive Entwicklung erschwert zusätz-lich die Bestimmung eines fairenWertes eines Produktes.

Preisbeeinflussend ist auch nochdas sogenannte Gap-Risiko, gegendas sich Emittenten nur schwer absi-chern können. Das Gap-Risiko be-

schreibt die Gefahr, dass außerhalbder Handelszeiten des Basiswertespublizierte Neuigkeiten dazu führenkönnen, dass der Basiswert bei dernächsten Handelseröffnung deutlichoberhalboder unterhalb desvorheri-gen Handelsschlusses gehandelt

 wird. Da solche Ereignisse schwer vorhersehbar sind, ist eine Abs iche-rung entsprechend schwierig. DieEmittenten sichern sich unterschied-lich gegensolch unvorhersehbare Er-eignisse ab. Letztlich fließt aberauch der Preis für diese Absicherungzu unterschiedlichen Zeitpunkten indie Preisbildung mit ein.

Der Verdienst der Bank aus demGeschäft mit strukturierten Produk-ten lässt sich nicht so einfach errech-nen wie gedacht. Die potenzielleRendite steht erst am Ende der Lauf-

zeit fest, nämlich wenn das Ergebnisder Absicherungsgeschäfte, das Han-delsergebnis aus dem Marketingund die Settlementzahlung für einausstehendes Produkt feststehen,und ist keineswegs garantiert. Selbstein guter Emittent kannim institutio-nellen Geschäft meist nur etwa 50 %bis 60% einer so eingepreistenMarge auch tatsächlich realisieren.

Zwar kann sich einEmittent beiak-tiv gehandelten Derivaten auch überdie Geld-Brief-Spanne finanzieren.

 Allerdings gilt auch hier, dass die

Profitabilität von strukturierten Pro-dukten, dem oben erwähnten War-rant oder auch Knock-out-Produktenerst nach Verfall der Optionabschlie-ßend ausgewertet werden kann.

Die Margedes Emittenten ist dem-nach bei Auflegung des Produktesnur schwer oder gar nicht prognosti-zierbar. Zudem kann aufgrund vonErwartungen undder Preis- sowieRi-sikomodelle der Wert eines Warrantoder einer Struktur von Emittent zuEmittent variieren.

Bei der Bewertung von Produktenmuss allerdings auch die Vertriebs-provision berücksichtigt werden.Wird ein Produkt im Primärmarkt

 vertrieben, kann es üblich sein, dasseine Vertriebsprovision für die Bera-tungsleistung gezahlt wird. DieseProvision wird dann meist im Pro-

duktpreis berücksichtigt. Um nunaber zu verhindern, dass ein Produktmit einer Vertriebsprovision in Höhe

 von 1 % bei der Eröffnung am er stenHandelstag im Sekundärmarkt nurnoch mit 99 % gepreist wird und

 Anleger quasi über Nacht einen Ver-lust von 1% erleiden, wird die Ver-triebsprovision häufig über einenlängeren Zeitraum sukzessive amor-tisiert. Daher gibt es auch Unter-schiede bei den Produkten mit Ver-triebsprovision und Papieren ohne

 Vertriebsprovision wie beispielsweise

bei den sogenannten Flow-Produkten.Zusammenfassend ist zu sagen, dasses „den einen“ fairen Preis für einstrukturiertesProdukt überalle Emit-tentenhinwegnicht gibt. Es gibtviel-mehr eine Spanne fairer Preise, dieden unterschiedlichen Modellen, Er-

 wartungen und Voraussetzungen,unter denen die Erwartungen ge-formt werden, Rechnung trägt. Zu-sammengehalten wird diese Spannedurch den Wettbewerb im Markt –und dieserkannsehrscharf sein.Mit-unter sind im deutschen Markt dieOptionsscheine enger gestellt als derBasiswert!

Sehr transparentes Produkt

Insgesamt gehören strukturierteWertpapiere schon heute dank der

Initiativen von Verband, Banken undBörsen wohl zu den transparentestenFinanzprodukten in Deutschland.Daran ändert die fehlende Möglich-keit, Margen anzugeben, nichts. Beider Diskussion über Transparenzund Produktkosten sollten die Regu-latoren den Mehrwert, den struktu-rierte Produkte dem Anleger liefern,nicht aus den Augen verlieren. Die-ser ist zweifelsohne gegeben – sonst

 wären in strukturierten Produkten weltweit nicht bis zu 1 Bill. Euroinvestiert.

Strukturierte Anlageprodukte

VonChristian Reuss

CEO von Scoach

Den „einen fairen Preis“ gibt es nichtMarge der Emittenten nur schwer prognostizierbar – Optionsscheine sind im deutschen Markt mitunter enger gestellt als die Basiswerte

Den „einen fairen Preis“gibt es nichtVon Christian Reuss B1

Credit Linked Notes sindAlternative bei niedrigen ZinsenVon Torsten Bischoff  B 2

Finanzierungskostensind das Zünglein an der WaageVon Heiko Weyand B 2

DerivateXXL – eine Revolutionim StammdatenbereichVon Oliver Hans B3

Risiken begrenzen und aktiv steuernVon Stefan Räuschelund Frank Haak B4

Das tatsächliche Kreditrisikoentscheidet, nicht die rechtlicheStrukturVon Townsend Lansing B 4

Mit Rohstoffen der Inflationund niedrigen Zinsen trotzenVon Stefano Angioni B5

Das Anlagerisiko fest im Griff:Indizes halten Volatilität konstantVon Konrad Sippel B5

In Faktor-Zertifikatensteckt viel EnergieVon Nicolai Tietze B6

AUS DEM INHALT

Freitag, 27. April 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 82 B1

Page 2: Strukturierte Anlageprodukte

5/17/2018 Strukturierte Anlageprodukte - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/strukturierte-anlageprodukte-55ab5a5912eda 2/6

 

  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Hebelprodukteermöglichen,dass miteinem geringen Kapitaleinsatz einehohe Rendite erzielt werden kann.Da die Hebelwirkungdurch eineTeil-finanzierung, man könnte sagen:durcheinen implizitenKredit ermög-licht wird, entstehen aktiven Anle-

gern Finanzierungskosten. Diese fal-len umso stärker ins Gewicht, je län-ger Hebelprodukte gehalten werden.

Genauer Vergleich lohnt sich

 Viele Konsumenten und Bauher-ren vergleichen sehrpenibeldie Zins-sätze, wenn sie einen Kredit aufneh-men, um so wenig Zinsen wie mög-lich zu zahlen. Aber auch für neue

 Autos und andere Konsumgüter neh-men die Deutschen gerne Finanzie-rungsangebote von Banken in An-spruch. Das Ziel dabei ist klar: Es

 wird versucht, so viel Auto wie mög-lich für so wenig Geld wie nötig zubekommen. Dabei sollen gleichzei-tig möglichst wenig Zinsen anfallen.

 Analog dazu lohnt sich auch b ei He-belprodukten ein Vergleich der inden maßgeblichen Emissionsbedin-gungen festgelegten Finanzierungs-

kosten.Dennmit demKaufeines He-belprodukts erhalten Anleger impli-zit einen Kredit des jeweiligen Emit-tenten, mitdem dieHebelwirkungfi-nanziert wird. Genau wie bei Kon-sumkrediten fallen auch bei Hebel-produkten Zinsen an. Bei Knock-out-Produkten mit einer begrenztenLaufzeit wie beispielsweise bei soge-nannten „Turbo-Optionsscheinen“finden diese in Form eines AufgeldsBerücksichtigung im Kurs. Bei die-sen Produkten steht die Laufzeitfest. Folglich kann der Emittent im

 Vorhinein die für diesen Zeitraumanfallenden Kreditkosten berechnenund als Teil des Aufgelds auf denPreis des Wertpapiers anrechnen.

 Anders dagegen verhält es sich beiProdukten ohne Laufzeitbegrenzung

 wie zum Beispiel bei Mini-Future-Zertifikaten. Da hier bei Emission

 weder klar ist, wie lange das Pro-dukt existieren wird, noch wie langeder Anleger investiert seinwird, wer-den die anfallenden Zinskosten täg-

lich verrechnet. Zu dentatsächlicham Marktan-fallenden Zinskosten er-heben die Zertifikate-An-bieter noch eine Finan-zierungsmarge. Dieses

 Vorgehen entspricht derüblichen Praxis bei derKreditvergabe: DieBank verleiht das Geldzu einem höheren Zins-satz, als sie es selbst be-ziehen kann. Die Diffe-renz entspricht derMarge des Anbieters.

Die oben beschrie-bene tägliche Verrechnung der Fi-nanzierungskosten erfolgt über die

 Anpassung des Basispreises des jeweiligen Wertpapiers. Dadurcherhöht sich bei Call- bzw. Long-Pro-dukten der Basispreis täglich. Unterder Annahme, der zugrunde lie-gende Basiswert bewege sich nicht,nimmt so gleichzeitig der innereWert bei Call-Produkten beispiels-

 weise sukzessive ab, was sich für Anleger stets negativ auswirkt.Hinzu kommt, dass mit der Anpas-sung des Basispreises üblicherweiseeine Anpassung der Knock-out-Bar-riere einhergeht. Diese steigt eben-falls von Tag zu Tag an, wodurchsich das Risiko eines Knock-out-Er-eignisses und damit eines möglichenTotalverlusts des eingesetzten Kapi-tals erhöht.

Anpassung in jede Richtung

Während sich bei Call-Scheinenalso der innere Wert verringert, weilsich der Basispreis erhöht, wirkt derEffekt bei Put- bzw. Short-Produk-ten umgekehrt: Prinzipiell leihenKäufer von Put- bzw. Short-Produk-ten dem Emittenten Kapital, womitsie grundsätzlich Finanzierungser-träge erzielen. Im Umfeld sehr nied-riger Kapitalmarktzinsen könnendiese jedoch geringer sein als die

 von der Emittentin erho bene Finan-zierungsmarge. Daher entstehenauch Put-Anlegern im aktuellenNiedrigzinsumfeld Finanzierungs-kosten. Das bedeutet, dass auch bei

Fortsetzung Seite B 3

  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Immer noch niedrige Geldmarktzin-sen und tiefe Anleiherenditen ver-meintlich sicherer Staatstitel – zur-zeit sind diese Investments wenigerattraktiv. Am Aktienmarkt war

 jüngst zwar eine leichte Erh olung zubeobachten. Manch ein Anleger hataber auch hier schlechte Erfahrun-

gen gemacht. Daher sind Alternati- ven bei der Kapitalanlage gesucht.Credit Linked Notes (CLN), auch Bo-nitätsanleihen genannt, können hiereinen Mehrwert zum klassischenCorporate Bond bieten.

Unternehmen haben mehrereMöglichkeiten, ihre Investitionenüber Fremdkapital zu finanzieren.Nach wie vor gehört der Bankkreditzu den Klassikern. Daneben nutzen

 viele Unternehmen den Kapital-markt. Die Emission einer Unterneh-mensanleihe ist zumBeispieleine Va-riante, Fremdkapital langfristig beiinstitutionellen undprivatenInvesto-ren aufzunehmen. Der Anleger trittdabei durch den Erwerb der Anleiheals Gläubiger gegenüber dem Unter-nehmen auf. Im Gegenzug zahlt die-ses für das überlassene Kapital eineperiodische, fixe oder auch variable

 Verzinsung – sofern es seinen Zah-lungsverpflichtungen nachkommen

kann. Bei Fälligkeitwird das Wertpa-pier zum Nennbetrag getilgt.

Bonität ist entscheidend

Diese Unsicherheit bezüglich derZinszahlungen und insbesondereder Rückzahlung des eingesetztenKapitals bei Fälligkeit wird bei Anlei-hen als Kredit- oder Ausfallrisiko desEmittenten bezeichnet.Für die Über-nahme dieses Risikos verlangen dieGläubiger eine Kompensation in

Form eines Zinsaufschlages (CreditSpread). Entsprechend setzt sich dieRendite von Anleihen normaler-

 weise aus einer Konsumverzichts-und Inflationsprämie zusammen so-

 wie dem Credit Spread – einer Ri-siko- und Liquiditätsprämie im Ver-gleich zu einer „sichereren“ Anleihe

zum Beispiel einesStaates besterBo-nität. Die Kreditwürdigkeit des emit-tierenden Unternehmens entschei-det im Wesentlichen über die Höhedes Zinsaufschlages. Grundsätzlichistder Credit Spreadumso größer, jehöher das Risiko eines Ausfalls desEmittenten und – dazu gleichbedeu-tend – je geringer seine Bonität ist.

Ratings von Agenturen wie Moody’s,S& P oder Fitch können Orientie-rungshilfen für die Zahlungsfähig-keit eines Schuldners liefern. Es istüberdies möglich, dass die Auswei-tung des Credit Spread bereits einenHinweis auf eine Verschlechterungder Bonität des Emittenten gibt –und zwar bevor eine Agentur ihr Ra-ting ändert.

Unddennoch: Nicht jede Verände-rung eines Credit Spread bedeutetein unmittelbar höheres oder niedri-

geres Ausfallrisiko des Emittenten.Denn die generelle Risikobereit-schaft der Akteure an den Kapital-märkten kann sich im Laufe der Zeitdurchausändern:Mit Konjunkturein-trübungen geht meist eine stärkereRisikoaversion einher. In der Folgesind oft allgemein höhere Credit

Spreads zu beobachten.

Denn in konjunkturel-len Abschwungphasenist insgesamt auch miteiner steigenden Anzahl

 von Zahlungsausfällenzu rechnen. Vom stei-genden Niveau der Cre-dit Spreads sind dannebenfalls Emittenten be-troffen, deren Bonitätnahezu unverändert ge-blieben ist.

In der Praxis werdenals Credit Spreads häu-fig die Spreads von Cre-

dit Default Swaps (CDS) herangezo-gen. Credit Default Swaps sind Deri-

 vate, die das Ausfallrisiko eines Emit-tenten, also eines Schuldners, absi-chern. Der Credit Spread entsprichtsomit einer „Versicherungsprämie“.Sie gibt wieder, was eine derartige

 Absicherung aktuell am Kapital-markt kostet. Spreads bei Credit

Default Swapswerden fürviele Emit-tentenund verschiedeneRestlaufzei-ten regelmäßig ermittelt.

Bei der Investition in eine Unter-nehmensanleihe hat der Anlegeralso die Chance auf eine Zusatzver-zinsung gegenüber einer risikofreien

 Anlage. Dem gegenüber steht das Ri-siko des Verlusts, beziehungsweiseder nur teilweisen Rückzahlung deseingesetzten Kapitals. Als ungünstigfür Privatanleger können sich in die-sem Kontext auch die zum Teil ho-

hen Nennwerte (bis zu 50000 Euro)und die unpassenden Laufzeiten dereinzelnen Emissionen erweisen. BeiSchuldnern außerhalb der Eurozonebesteht überdies ein Währungs-risiko.

Eine alternative Anlageform sindsynthetische Unternehmensanleihen,Credit Linked Notes. Marktführer

sind die Emittenten Landesbank Baden-Württemberg, DZBank undCommerzbank. Bei der LBBW sindCredit Linked Notes je nach Bonitätdes Referenzschuldners unter demNamen Synthia oder Solveo schonab 1000 Euro Nennbetrag handel-bar.Diese Produkte bietendem Anle-ger die Chance auf eine Verzinsungabhängig von der Zahlungsfähigkeitund damit der Kreditwürdigkeit desReferenzschuldners. Tritt währendder Laufzeit der synthetischenUnter-nehmensanleihe kein „Kreditereig-nis“ein, erhält der Anleger am jewei-ligen Zinszahlungstag eine Verzin-sung. Überdies erfolgt bei Fälligkeitdie Auszahlung zum Nennbetrag.

ISDA stellt Kreditereignis fest

Unter einem Kreditereignis ver-steht man Insolvenz, Nichtzahlungoder Restrukturierung. Ein solches

stellt in der Regel der Branchenver-band ISDA (International Swaps andDerivatives Association) fest. Von„Insolvenz“ wird gesprochen, wenndurchoder gegendas Referenzunter-nehmen ein Verfahren zur Insol-

 venz- oder Konkursfeststellung ein-geleitet wird. „Nichtzahlung“ bedeu-tet, dass das Referenzunternehmenfällige Zahlungenauf Verbindlichkei-ten (Zins oder Tilgung) unterlässt.

 Voraussetzung ist dabei, dass die Ge-samtsumme der unterlassenen Zah-

lungen mindestens 1 Mill. Dollarbeträgt. „Restrukturierung“ meintunter anderem eine Vereinbarungzwischen dem Referenzunterneh-men und den Inhabern seiner Ver-bindlichkeiten, dass Zins- oderTilgungszahlungen niedriger ausfal-len, beziehungsweise zeitlich ver-schoben werden.

Das Risiko bei Credit Linked Notesbesteht im Eintritt eines Kreditereig-nisses beim Referenzunternehmen.In diesem Fall entfallen alle weite-ren Zinszahlungen. Darüber hinauserfolgt die Auszahlung vorzeitigdurch einen Barausgleich, der sichan der Recovery Rate (Verwertungs-quote) des Referenzunternehmensorientiert. In der Regel drohen dann

deutliche Verluste. Die Vergangen-heit zeigt, dass solche Einbußen tat-sächlich eintreten können. Das ha-ben zum Beispiel jene Anleger erfah-ren, die Bonitätsanleihen mit Gene-ral Motors als Referenzschuldner imDepot hatten, als der amerikanische

 Autobauer 2009 ins Straucheln kam.Erwähnenswert ist, dass bislangnoch bei keinem Unternehmen ausdem Dax ein Kreditereignis eingetre-ten ist.

Es gibt auch synthetische Unter-nehmensanleihen, die sich auf meh-rereReferenzschuldnerbeziehen. So-lange keinerlei Kreditereignis auf-tritt,erhält der Anleger auch hierpe-riodische Kuponzahlungen sowieden Nennbetrag bei Fälligkeit. Beidiesem Produkt liegt meist ein „Firstto Default Basket“ zugrunde. Maß-

geblich ist danach das schwächsteGlied in der Kette. Denn wenn auchnur einer der Referenzschuldner desBasket ausfällt, entfallen alle künfti-genZinszahlungen.Es folgteine vor-zeitige verminderte Rückzahlungdes gesamten Kapitals. Die Höhe derZahlung orientiert sich wiederum ander Recovery Rate des betroffenenReferenzunternehmens. Alle ande-ren Referenzschuldner sind nichtmehr relevant.

Die Ausfallwahrscheinlichkeit einersolchen synthetischen Unterneh-mensanleihe ist ungleich höher alsbei einer mit nur einem Referenz-schuldner. Entsprechend ist auch derZinsaufschlag in der Regel wesent-lichgrößer.Beim Firstto DefaultBas-ket hängt dieser von den einzelnenSpreadniveaus sowie der Anzahl derReferenzunternehmen ab.

Für Anleger, die gerne in klassi-sche Unternehmensanleihen inves-

tieren und davon überzeugt sind,dass weder Emittent noch Referenz-schuldner in Zahlungsschwierigkei-ten geraten, sind Credit Linked No-tes eine interessante Alternative. Esgilt jedoch auch hier zwischen Ren-dite und Risiko abzuwägen. Dennbei synthetischen Unternehmensan-leihen geht eine höhere Rendite ge-nerell mit einem höheren Ausfallri-siko einher – sei es im Hinblick auf das Referenzunternehmen, sei es imHinblick auf den Emittenten.

VonTorsten Bischoff 

Zertifikate-Experteder LandesbankBaden-Württemberg(LBBW)

Finanzierungskosten sinddas Zünglein an der Waage

Gewicht steigt mit Länge des Anlagehorizontes

Credit Linked Notes sind Alternative bei niedrigen ZinsenMehrwert zur klassischen Unternehmensanleihe – Niedriger Nennbetrag möglich – Bislang keine Ausfälle bei Dax-Unternehmen

VonHeiko Weyand

Direktor DerivativesPublic Distribution beiHSBC Trinkaus

„Das Risiko bei Credit Linked Notes besteht im Eintritt eines Kreditereig- nisses beim Referenz- unternehmen.“ 

B2 Börsen-Zeitung Nr. 82 Sonderbeilage Freitag, 27. April 2012

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Fortsetzung von Seite B2

Short- und Put-Papieren Basispreisund Knock-out-Barriere nach untenangepasst werden – in Zeiten höhe-rer Zinsen würden sich auch dieseKursschwellen nach oben anpassen.

Finanzierungsmarge ansehen

Der Umfang aller Anpassungen wird ausschließlich vom zugrundeliegenden Marktzins und der vonder Emittentin veranschlagtenMarge bestimmt. Es lohnt sich also,die in Hebelprodukten enthaltenenFinanzierungskosten und Margen in

denjeweiligenmaßgeblichenEmissi-onsbedingungen verschiedener Emit-tenten zu vergleichen. Häufig wirdals Marktzins der Eonia (Euro Over-Night Index Average) angesetzt.Hierbei handelt es sich um den vonder Europäischen Zentralbank (EZB) berechneten Tagesgeldzins-satz, zu dem sich Banken gegensei-tig Geld leihen können. Er verändertsich täglich und notierte am 29.März 2012 bei 0,349%. Als Marge

 veranschlagt beispielsweise HSBCTrinkaus zwischen 1 und 2% – jenachdem, auf welchen Basiswertsich ein Knock-out-Wertpapier be-zieht. Für Produkte auf Aktien und

 Aktienindizes sind es 1,50%, für Pro-dukte auf Zinsterminkontrakte wieden Euro-Bund-Future liegt dieMarge bei 1,00% und wenn der Ba-siswert ein Rohstoff- oder Edelme-tall-Future ist, beträgt die Marge2,00%. Bei Knock-out-Produkten

auf Terminkontrakte (Futures) alsBasiswert gilt grundsätzlich, dassbei der Anpassung der Kursschwel-len nur die Marge Berücksichtigungfindet, da etwaige Zinskosten bereitsim Preis des Future einkalkuliertsind.

 Andere Emittenten legen bei derBestimmung der entstehenden Fi-nanzierungskostenauch andere Zins-sätze zugrunde – wie zum Beispielden Ein-Monats-Euribor oder denEuro-Libor. Diese sind ebenso wieder Eonia marktübliche Standard-zinssätze, die alle für einen kurzenZeitraum gewährt werden. Durchdie Anwendung verschiedener Zins-sätze entstehen für Anleger nur ge-

ringe Differenzen bei den anfallen-den Kosten. Viel deutlichere Unter-schiede jedoch ergeben sich durchunterschiedlich veranschlagte Mar-gender einzelnenEmittenten.Bei ei-nem Call- bzw. Long-Produkt auf den Dax beispielsweise von HSBCTrinkaus erhöht sich der Basispreisaktuell täglich um 1/360 von1,849% (0,349% Eonia plus 1,50%Marge) des Basispreises des vorange-gangenen Tages. Angenommen, derEonia ändert nun für 30 Tage seinenWert nicht, würde bei einem Knock-out Call mit unbegrenzter Laufzeit,dessen Basispreis bei 6500 Punktenliegt und der 30 Tage gehalten wird,

der Basispreis auf 6510,0229Punkte ansteigen. Angenommen,die Marge läge nun bei 2,50%, er-höhte sich bei einer Haltedauer von30 Tagen der Basispreis auf  6515,4498 Punkte. Betrüge dieMarge sogar 5,00%, läge der Basis-preis nach 30 Tagen bereits bei6529,0363 Punkten und das Hebel-produkt wäre unter sonst gleichenBedingungen fast 20 Cent teurer.Das mag wenig klingen, bedeutetaber für ein Hebelprodukt, welchesbeispielsweise nur 4,17 Euro kostet,bereits einen Performancenachteil

 von rund 4,80 %.

Erhebliche Auswirkungen

Es ist aus Anlegersicht also zukurz gedacht, bei der Auswahl einesHebelproduktes vor allem auf denSpread, also auf die Differenz zwi-schen Geld- und Briefkurs eines

Wertpapiers,zu achten. Unterschied-liche Margen und Finanzierungskos-ten bei Knock-out-Produkten kön-nen schon nach wenigen Tagen undWochen zu erheblichen Unterschie-den in der Performance ursprüng-lich identisch ausgestatteter Pro-dukte führen. Dieses – erst auf denzweiten Blick erkennbare – Merkmaleines Hebelproduktes kann daherzum Zünglein an der Waage wer-den. Es kann gerade bei mittel- bislangfristigen Anlagehorizonten das

 Ausmaß des eigenen Tradingerfolgsentscheidend beeinflussen. Insoferngilt bei Anlegern wie bei Bauherren,dass sich Vergleichen richtig auszah-len kann.

  Börsen-Zeitung, 27.4.2012 Vor ein paar Wochen war in derPressezu lesen, dass Volkswagen dieEntwicklung und Produktion sämtli-cher Autos radikal vereinheitlicht.Ziel seies, Verbundeffekte zunutzenund in unterschiedlichen Markenund Baureihen die gleichen Teile zu

 verbauen. Dies solle Kosten sparen

undauflangeSichtden Wegzur glo-balenMarktführerschaftim Automo-bilbereich ebnen. Nun will die BörseStuttgart nicht zur weltgrößtenBörse werden, die Idee der Verein-heitlichung ist aber auch bei uns einzentrales Thema. Die technischenHerausforderungen, vor denen Bör-senplätze im Jahr 2012 stehen, sindgewaltig: Die Anzahl an handelba-ren Produkten wächst stetig undliegt – getrieben vom derivativenWertpapierbereich – momentan beirund 1 Million. Damit steigt selbst-

 verständlich auch die Anzahl der De-listings sowie der täglichen Pflege-aufgaben in den IT-Systemen, etwazur Aktualisierung der Finanzie-rungslevels. Nicht zuletzt aufgrundder gestiegenen Volatilitäten nimmtzudem die Summe der Ereignisse,die einen Einfluss auf die einzelnenProdukte haben, wie beispielsweiseBarrierebrücheoder Knock-outs,zu.

Vielzahl an Daten

Zu jedem einzelnen Wertpapier isteine Vielzahl an Daten hinterlegt,die exakt die Produktausgestaltungbeschreiben. In den sogenanntenStammdaten sind Bezugsverhältnis,Barrieren oder der Basispreis einesWertpapiers vermerkt. Mit dem

 wachsenden Produktuniversum stei-gen somit auch die Anforderungenan die technischen Systeme der Bör-sen. Eine immer größer werdendeDatenmenge muss in immer kürze-ren Zeitabständen verarbeitet undaktualisiert werden. Um dies zu er-möglichen, müssen nicht nurschnellste Datenkanäle zur Verfü-gung stehen. Auch die Schnittstellensind von entscheidender Bedeutung,damit diese nicht zum Flaschenhalsbei der Datenverarbeitung werden.

Die Branche weiß um die Heraus-

forderungen und hat deshalb ge-

meinsam eine Lösung erarbeitet. DieIdee dahinter ist wegweisend: die

 Automatisierung des Listingberei-ches. Mit DerivateXXL wird erstmalsein einheitlicher Schnittstellenstan-dard für verbriefte Derivate geschaf-fen.Die Innovationliegt darin,beste-hende Prozesse an den Schnittstel-lenum einVielfaches ef-

fizienter zu gestalten.Dies kommt einer Revo-lution im Anlieferungs-prozess bei Stammda-ten gleich, vergleichbarmit der Einführung desFließbandes durchHenry Ford.

Wie im Automobilbe-reich ist die Reduktion

 von Kosten auch in derDerivatebranche einerder Antriebsfaktoren fürdie Standardisierung.Bisher war die Ver- undBearbeitung der Stammdaten anden Börsen mit hohen Kosten ver-bunden. Dies lag vor allem an derIT-Infrastruktur, die in hochvolati-len Marktphasen sehr stark bean-sprucht wird. Neben der hohen Zahlan Emissionen muss ein Großteil derProdukte sekündlich aktualisiert

 werden. Bei der aktuellen Produkt-

zahl vonrund1 Million Papierenent-steht dabei ein riesiger Datenstrom,der den Handelsplatz vor enormesystemtechnische Herausforderun-gen stellt. Darüber hinaus musstenStammdaten von Handnachbearbei-tet werden. Als Konsequenz warenunsere Fachleute häufig mit verhält-nismäßigeinfachenmanuellenTätig-keiten gebunden. Durch die Verein-heitlichung der Datenschnittstellenreduziert sich der Aufwand für dieNachbearbeitung deutlich und un-sere Mitarbeiter können sich auf 

 wichtigere Aufgaben konzentrier en.Gleichzeitig wird durch den Wegfallder Nachbearbeitung eine möglicheFehlerquelle ausgeschaltet und so dieDatenqualität nachhaltig verbessert.

Eine Schnittstelle wäre allerdingskeine Schnittstelle, wenn sie nurKontakt zu einer Seite hätte. DasErgebnis auf Empfängerseite hängtselbstverständlich immer davon ab,

 welche Qualität die Daten des Sen-

ders – in diesem Fall der Emittenten– haben. Bei DerivateXXL werdendie Daten unmittelbar während desDatenaustauschs geprüft. Für einender beteiligten Emittenten hat unserPartner, das Softwarehaus EffCom,eine Validierung entwickelt, mit derdie Qualität der Daten direkt bei der

Eingabe überprüft wird. So lässt sichnicht nur der Aufwand auf Seitender Börse, sondern auch bei denEmittenten reduzieren. Sie könnendie Durchlaufgeschwindigkeit im ei-genen Unternehmen sowie die Ge-samtprozess-Laufzeit für das Listingan den Börsenplätzen reduzierenundhaben somiteinen deutlichenEf-

fizienzgewinn.Neben der Aufwands-ersparnis gibt es einen weiteren Kos-tenfaktor, der auf Emittentenseiteeine große Rolle spielt. Banken, dieStammdaten neuer Zertifikate undHebelprodukte über DerivateXXL andie Börse Stuttgart übermitteln, zah-len deutlich weniger Listinggebüh-ren. Dadurch, dass wir die Kostener-sparnisauf unserer Seitedurch gerin-gere Listinggebühren direkt an denEmittenten weiterreichen, sorgen

 wir also gleichzeitig dafür, das s d er

neue Standard schnell auf breiterEbene implementiert wird.

DasZielvon DerivateXXList es,ei-nen gemeinsamenSchnittstellenstan-dard für die gesamte Branche zuschaffen. Damit dieser Standard vonmöglichst vielen Marktteilnehmerngenutzt wird, wurden alle relevan-ten, am Lebenszyklus von verbrief-

ten Derivaten beteiligten Unterneh-men ins Boot geholt. Dazu gehörenneben den beiden größten börsli-chen Handelsplätzen für verbriefteDerivate in Deutschland, der BörseStuttgart und Scoach, auch der Da-tendienstleister WM Datenservice so-

 wie die größten Emittenten. Umdem neuen Standard auch darüberhinaus zum Durchbruch zu verhel-fen, ist es das gemeinsame Verständ-nis aller Projektteilnehmer, keinerleifinanzielle Forderungen für die Nut-zungder Schnittstelle geltend zu ma-chen. Ähnlich wie bei frei lizenzier-barerSoftwaresteht der neugeschaf-fene Standard allen Marktteilneh-mern kostenlos zur Verfügung. Au-ßerdem wurde DerivateXXL als offe-ner Schnittstellenstandard entwi-ckelt,das heißt,sämtliche vorhande-nen Dokumente zu dieser Schnitt-stelle werden offengelegt.

Verschlüsselte ÜbertragungDie Übertragung der Stammdaten

erfolgt verschlüsselt über einen überdas Internet erreichbaren Webser-

 vice. Mit diesem we rden die Emissi-onsdaten direkt zum Listing an derBörseübermittelt. Damitdie Datensi-cherheit stets gewährleistet ist, wirdder Transfer durchverschiedeneMe-chanismen gesichert. Die Übertra-gung zur Börse erfolgt über ein SSL-Server-Zertifikat. So ist gewährleis-

tet, dass tatsächlich der gewünschte Absender mit der Börse kommuni-ziert. Umgekehrt wird der Absenderüber sein SSL-Client-Zertifikat ein-deutig identifiziert. Zuletzt wirdauch die Integrität der Nachrichtenselbstüber dieseZertifikatesicherge-stellt. Mit DerivateXXL ist also nichtnur ein einheitlicherProduktstandard

definiert,sondernauch einneuer Le- vel in puncto Sicherheit. Um beim Vergleich mit der Automobilindus-trie zu bleiben: Ab sofort gibt es denSicherheitsgurt auch auf der Daten-autobahn im Stammdatenbereich.

90 Prozent des Marktes

Momentan können Emittentenihre Stammdaten noch nicht für alleZertifikate und Hebelprodukte überDerivateXXL an die Börse Stuttgart

 weiterleiten. Um eine möglichstbreite Marktdurchdringung zu errei-chen, erfolgte die Umsetzung zu-nächstfür die volumenstärksten Pro-dukte,wie klassischeBonus-und Dis-count-Zertifikate, Knock-out-Pro-dukteund Optionsscheine. Mittelfris-tig sollen mehr als 90% der inDeutschland gelisteten derivativenProdukte abgebildet werden kön-nen. Um dies zu erreichen, werden

 weitere Partner an Bord geholt . Ne-ben der Commerzbank AG, die be-reits zum Start von DerivateXXL im

 August 2011 dabei war, werden inden kommenden Monaten die Deut-sche Bank AG sowie die HypoVer-einsbank an das System angebun-den. Im Moment gibt es darüber hi-nausVereinbarungenmit acht weite-ren Emittenten, die den gemeinsa-men Datenstandard nutzen wollen.

 Auch die Schnittstelle selbst wirdzukünftig weiterausgebaut.Die wei-

tere Entwicklung von DerivateXXLumfasst dabei mehrere Aspekte.Zum einen ist es möglich, die Daten-basis der Schnittstelle weiter zu ver-breitern. Das heißt, dass Emittenteneinegrößere Bandbreitean Datenfel-dern für jedes Wertpapier zur Verfü-gung steht. Darüber hinaus könntedie weitere Entwicklung auch das

Life Cycle Management bei verbrief-ten Derivaten forcieren. Zukünftigsoll es möglich werden, sämtliche

 Abläufe vom Listing bis zum Delis-ting eines Wertpapiers zu automati-sieren. Auf lange Sicht soll Derivate-

 XXL so den größten Teil des Produkt-universums im derivativen Wertpa-pierbereich abdecken.

Qualität für den Anleger

Bei DerivateXXL handelt es sichum eineInitiative der gesamten Deri-

 vateindustrie. Die Neuerungen s ind wegweisend für die gesamte Bran-che. Von alldem bekommt der Anle-ger jedoch nur wenig mit. Die zen-trale Frage ist also, wie Privatanle-ger von einer solchen Vereinheitli-chung der Schnittstellen im börsli-chen Wertpapierhandel profitieren.Mit DerivateXXL sind zukünftig für

 jedes Produkt die korrekten Daten

hinterlegt. Basiswerte, Barrieren,Handelszeiten und viele weitere Da-ten sind stets auf dem neuestenStand und werden auf schnellstemWegeaktualisiert. Das trägtmaßgeb-lich zu einer Verbesserung der Han-delsqualität bei. Diese kommt direktdem Anleger zugute. Im Grunde ver-hält es sich wie mit vielen Innovatio-nen im Automobilbau: Der Autofah-rer selbst bekommt von diesen imIdealfall gar nichts mit, genießt abereinen höheren Fahrkomfort.

Finanzierungskosten. . .

DerivateXXL – eine Revolution im StammdatenbereichEinheitlicher und offener Schnittstellenstandard für die gesamte Branche – Prozesse effizienter gestalten – Aufwand für Nachbearbeitung sinkt

VonOliver Hans

Geschäftsführerder Baden-Württember-gischen Wert-papierbörse GmbH

Freitag, 27. April 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 82 B3

Page 4: Strukturierte Anlageprodukte

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  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Seit dem Ausbruch der Subprime-Krise im Juli 2007 kommen die Fi-nanzmärkte kaumzur Ruhe. Nachei-ner kurzen Phase der Erholung hal-ten nun Schuldenkrise und Rezessi-onssorgen die Märkte weiterhin in

 Atem. Das Umfeld ist geprägt durch

eine hohe Volatilität und zugleichein niedriges Zinsumfeld. Vor die-sem Hintergrund achten viele Anle-ger mehr denn je auf eine klare Be-grenzung der Risiken ihrer Geldan-lageund sindzugleich aufeine rendi-testeigernde Ergänzung zur „reinen“Zinsanlage angewiesen. Dabei hel-fen können dynamische Wertsiche-

rungskonzepte,die einenrisikoredu-zierten Einstieg in die Aktienmärkteermöglichen. Ein Konzept, das sichals besonders wirkungsvoll erwiesenhat, ist das Volatilitäts-Targeting,kurz VolTargeting. Privatanlegerkönnen es z.B. über entsprechendeZertifikate nutzen.

Diversifizieren genügt nicht

Geht es um Risikobegrenzung, so wird vielfach eine breite Diversifika-tion über verschiedene Aktien alsMittel der Wahl gepriesen. Hiermit

 werden jedoch lediglich unterneh-mensspezifische, also unsystemati-scheRisikengesteuert.Vielfach istje-doch ein aktives Management der

systematischen Risiken erforderlich.Dabei geht es um alle fundamenta-len Bestimmungsfaktoren eines be-stimmten Marktes. Dazu zählt bei-spielsweise das makroökonomischeUmfeld einer Volkswirtschaft (Zins-änderungen, Inflationsdaten, politi-sche Ereignisse etc.), welches Ein-

fluss auf alle Unterneh-

men des betrachtetenMarktes hat. Das syste-matische Risiko lässtsich etwa über geeig-netequantitative undre-gelbasierte Mechanis-men steuern.

Beisystematischen Ri-sikomanagementkon-zepten kann man zwi-schen statischen unddynamischen Ansätzenunterscheiden. Obwohlbeide Ansätze die Re-duktion des Risikos ei-

nes Investments bzw. die Erreichungeines gewünschten Chancen-Risiko-Profils zum Ziel haben, unterschei-den sich beide Ansätze hinsichtlichder Herangehensweise erheblich.

Beiden statischen Konzepten kom-men in der Regel optionsbasierteStrategien zum Einsatz. Gerade je-dochin PhasenhoherVolatilität sind

diese statischen Optionsstrategienhäufig durch hohe Kosten gekenn-zeichnet, wodurch diese Strategienerheblich an Attraktivität verlieren.Eine Alternative in Zeiten hoher

 Volatilitätenbieten dynamische Kon-zepte, bei denen das gewünschteZiel-Risiko-Profil durch einen quan-titativen Allokationsmechanismusüber die Zeit gesteuert wird. Zu denbekanntesten Konzepten quantitati-

 ver Allokationsmechanismen zähltdas Constant-Proportion-Portfolio-Insurance(CPPI)-Konzept, welchesin Trendmärkten mit niedriger Vola-tilität gute Ergebnisse liefert. InMarktphasen, die durch fehlendeklare Trends unddurchhohe Volatili-tät gekennzeichnet sind, haben die

klassischen Konzepte wie z.B. daserwähnte CPPI-Konzept jedochSchwächen. VolTargeting ist einquantitatives Konzept, das beson-ders in Phasen hoher Volatilität alsRisikosteuerungsinstrument geeignetist.

 Ausgangspunkt des VolTargetingist der im Markt zu beobachtende

negative Zusammenhang zwischendem Preis und der Volatilität eines

 Vermögensgegenstandes. Dabei ge-hen Phasen hoher Volatilität in derRegel mit sinkenden Kursen – undPhasen niedriger Volatilität mit stei-genden Kursen – einher. Hinter-grund ist, dass fallende Aktienkurseden Eigenkapitalanteil eines Unter-nehmens senken und den Fremd-kapitalanteil entsprechend erhöhen.Damit einhergehend steigt für die

 Aktionäre des betreffenden Unter-nehmens das Konkursrisiko, wassich in einer höheren Volatilität desEigenkapitals niederschlägt. Des-halb ist in turbulenten Marktphaseneher ein Rückzug aus dem Aktien-markt sinnvoll, während in ruhigenMarktphasen eine hohe Partizipa-tion an den Marktchancen das Zielsein sollte. Diese Idee setzt das

 VolTargeting in eine Anlagestrategieum.

Wohlfühlniveau für Anleger

Dazu wird im Vorhinein eine Art„Wohlfühlniveau“ definiert, das diefür den Anleger maximal akzeptableSchwankungsbreite festlegt. DieseZielvolatilität wird erreicht, indemder Investitionsgrad in das ge-

 wünschte Anlageobjekt – etwa deneuropäischen Leitindex EuroStoxx50– dynamisch angepasst wird. So

 wird in Marktphasen, in denen dasaktuelle Volatilitätsniveau über demZielwert liegt, der Investitionsgradin dasriskanteAnlageobjektentspre-chend gesenkt. Im Gegensatz dazuerfolgt eine Erhöhung des Investiti-onsgrades in ruhigen Marktphasen

mit einem Volatilitätsniveau unter-halb des Zielwertes. Derjenige AnteildeseingesetztenKapitals,der zumje-

 weiligen Zeitpunkt nicht in das risi-kobehaftete Asset (wie etwa in den

 Aktienindex) investiert ist, kann ineiner risikolosen Geldmarkt-Anlage„geparkt“ werden.

 Als Basis für die Risikosteuerungkann entweder die realisierte Volati-lität über einen festgelegten Zeit-raum (z.B. N-Tage-Volatilität) oderdie am Markt beobachtete implizite

 Volatilität verwendet werden. Viel wichtiger als die Basis ist jedoch dieWahl der Intervalllänge, auf die sichdie Volatilitätsberechnung bezieht.

Das Intervall muss so gewählt sein,dass weder zu viele noch zu wenige

 Anpassungen in der Allokation erfol-gen. Schließlich hat die Häufigkeitder Reallokation einen erheblichenEinfluss auf den Erfolg des Konzep-tes. Ein zu kurz gewähltes Berech-nungsintervall hätte dabei tenden-ziell zu viele Adjustierungen des In-

 vestitionsgrades zur Folge, währendein zu lang gewähltes Berechnungs-intervall in Bezug auf die Adjustie-rungen des Investitionsgrades zuträge wäre. Als geeignet hat sich vordiesemHintergrunddie Betrachtungeines Zeitraums von 20 Handelsta-gen(entsprechendeinem Monat) er-

 wiesen. Gleichzeitig besteht zwi-schen der Häufigkeit der Adjustie-

rungen des Investitionsgrades undden Handelskosten ein unmittelba-rer Zusammenhang: Damit das Mo-dell in Seitwärtsmärkten nicht zuhäufig umschichtet und dadurch un-nötige Kosten verursacht, ist einege-

 wisse Trägheit unumstößlich: Sokann beispielsweise festgelegt wer-

den, dass erst dann um-

geschichtet wird, wennderaktuelleSoll-Investi-tionsgrad um einen fest-gelegtenWert,den soge-nannte Trigger-Level,

 vom Ist-Investitionsgradabweicht.

In der Rückrechnungzeigt das VolTargetingdeutlich bessere Ren-dite- und Risikoeigen-schaften als ein klassi-sches Direktinvestment.Dazu wurde ein

 VolTargeting auf denEuroStoxx50 im Vergleich zu einemklassischen Buy-and-hold-Ansatz fürden Zeitraum vom 29.12.2000 biszum 29.2.2012 simuliert,wobei eineZielvolatilität von 10 % p. a., eineMindestinvestition in den Aktienin-dex von 20%, eine Maximalinvesti-tion von 100% sowie ein Trigger-Level von 5% gewählt wurden. Im

betreffendenZeitraumlag die annua-lisierte Performance des VolTarge-ting mit –1,58% p.a. deutlichüber der annualisierten Perfor-mance einer Direktinvestition in denEuroStoxx50 (–5,58% p.a.). Gleich-zeitig war die annualisierte

 Volatilität des VolTargeting mit10,99% p.a. weniger als halb sogroß wie die der Direktanlage(25,53% p.a.).

Kaum Ausreißer

Weiterer Vorzug des Modells:Während bei der Direktinvestition indenEuroStoxx50 auchextreme Ren-diteausreißer („fat tails“) zu beob-achten sind, treten diese beim Vol-

Targetingnur insehr seltenen Fällenauf. Das Modell trägt damit auchdem Wunsch der Investoren Rech-nung, hohe Verluste zu minimieren.

 Anleger können von den Vorteilendes VolTargeting beispielsweise inForm eines Zertifikats profitieren.Dazu wird als Basiswert des Zertifi-kats ein sogenannter Customized

Index konstruiert. Der von derWestLB berechnete Risk ControlIndex Europa bildet eine wie obenskizzierte VolTargeting-Strategie auf den EuroStoxx50 ab. Dieser defi-niert eine Zielvolatilität von 9%. Er-reicht wird die im Vergleich deutlichgeringere Schwankungsintensitätmittels eines Partizipationsfaktorsam EuroStoxx50, der täglich über-prüft und gegebenenfalls angepasst

 wird. Dieser Faktor hängt von denKursschwankungen des EuroStoxx 50der letzten 20 Börsenhandelstageab. Bei einer hohen Volatilität wirddas Risiko um bis zu 80% reduziert,bei einer niedrigen Volatilität wirddie Partizipation bis auf einen Wert

 von maximal 100 % erhöht. Dasentsprechende Produkt rechnet diePerformance der VolTargeting-Stra-tegie zudem in Kuponzahlungen

 von bis zu 8 % pro Jahr um,sodass Anleger bei entsprechender

Wertentwicklung auch in den Ge-nuss regelmäßiger Ausschüttungenkommen.

Unabhängig von der Verpackungder Strategie in ein Zertifikat über-zeugen VolTargeting-Strategien vorallem dadurch, dass sie den Fokusklar auf die Begrenzung und aktiveSteuerung des Risikos richten. Zu-gleich aber bieten sie Anlegern dieMöglichkeit,an denChancender Ak-tienmärkte zu partizipieren. Sie kön-nen damit in Zeiten eines extremniedrigen Zinsniveaus und zugleichstarker Schwankungen an den Ak-tienmärkten das Mittel der Wahlsein, um Sicherheitsbedürfnis undRenditeorientierung sinnvoll zu ver-binden.

  Börsen-Zeitung, 27.4.2012 Allein auf Xetra können Investorenaus weit mehr als 1 000 verschiede-nen Exchange Traded Products(ETP) wählen. Aus dem ursprüng-lichen Angebot voll replizierenderExchange Traded Funds (ETF) istein breites Spektrum unterschied-licher Produktstruktu-ren entstanden. Bei-spielsweise notierenallein im ETC-Segmentaktuellmehrals 230Pro-dukte. Die Produktviel-falt macht auch bislangkaum investierbare oderschwer abbildbare Anla-

geklassen wie einigeEmerging Markets, Roh-stoffe oder Währungs-paare einfach investier-bar.Investoren schätzendieses breite Angebot.So übersteigt das durch-schnittlichemonatliche Handelsvolu-men im ETC-Segment bereits 900Mill. Euro.

Vergleich immer schwieriger

Getrübt wird die Freude an die-sem breiten Angebot allerdingsdurch den immer schwieriger wer-denden Vergleich der unterschiedli-chen Produkte und Produkteigen-schaften. Insbesondere seit der Kri-tik des Financial Stability Board(FSB) an einigen swapbasierten In-dexfonds und der Wertpapierleihe,

 wie sie von einigen ETF-Anbieternund auch aktiven Fondsmanagern

betrieben wird, rücken die Unter-schiede zwischen den einzelnen Pro-duktstrukturen in das Blickfeld derInvestoren. Sie erwarten Antwortenauf ihre drängenden Fragen, wie dieKredit- oder Gegenparteirisiken ei-nes Produktes. Dabei reichen reinrechtlicheUnterscheidungen der Pro-duktstruktur nicht aus.

Die französische Universität Ed-hec, die seit Jahren zu börsengehan-delten Indexprodukten forscht, hatin einer Studie von Anfang des Jah-res hervorgehoben, dass die jeweilsgenutzten Instrumente, seien esSwap-Vereinbarungen oder Wertpa-pierleihe, nicht entscheidend sind,um die einzelnen Produktstrukturen

zu unterscheiden. Vielmehr kommees auf das tatsächliche wirtschaftli-che Risiko an. Denn beide Produkt-strukturen sind durch die europäi-sche Richtlinie Ucits streng regu-liert, weshalbfür beidemaximale Ge-genparteirisiken gelten. So darf das

 Ausfallrisiko bei swapbasierten ETF

maximal 10% betragen und liegt inder Praxis meist weit darunter. DieETF-Anbieter besichern ihre Swap-Positionen und arbeiten vielfach be-reits mit mehreren Swap-Anbieternzusammen, um Risiken zu streuenundWettbewerbspreise fürdie jewei-lige Swap-Vereinbarung sicherzustel-len.Auch fürdie Wertpapierleihede-finiert die europäische RichtlinieGrenzen. So dürfen maximal 20%des Fondsvermögens an eine Gegen-partei verliehen werden, wobei mitder Hinterlegung von Kreditsicher-heiten und einem effektiven Risiko-management die Risiken aus derWertpapierleihe zusätzlich einge-

grenzt werden. Die Gegenüberstel-lungund Unterscheidungder Kredit-risiken von swapbasierten und vollreplizierenden ETF ist daher wenigzielführend.

Die Empfehlung von Edhec, sicham tatsächlichenwirtschaftlichen Ri-siko zu orientieren, lässt sich jedochüber den Rahmen der europäischenRichtlinie Ucits und die Unterschei-dung der verschiedenen ETF-Struk-turen hinaus nutzen. Sie besitzt viel-mehr auch für den Vergleich vonETF mit ETC und ETN Gültigkeit,auch wenn Letztgenannte nicht den

 Vorgaben von Ucits entsprechen, dasie keine ausreichende Diversifika-tion vorsehen, sondern ein gezieltes

Investment in einzelne Rohstoffe er-möglichen. Auch bei diesen Produk-ten ist für Investoren das tatsächli-che wirtschaftliche Risiko relevant,das nicht allein von den regulatori-schen Vorgaben bestimmt wird. SolassensichmitETP,die100% derzu-grunde liegenden Wertpapiere hal-ten und dieseAnlagewerte nichtver-leihen, jegliche Kreditrisiken wirk-sam ausschließen.

Ursprünglich folgten ETF bei ih-rem Start 1993 diesem Konzept. Da-mals kamen die ersten ETF als Son-dervermögen mit einer exakten Ab-bildung der zugrunde liegendenWertpapiereauf den Markt. Ein ähn-

liches Konzept wurde rund zehnJahr später auch auf Edelmetalleübertragen, als 2003 das weltweiterste physisch hinterlegte börsenge-handelte Goldprodukt angeboten

 wurde. Diese Produkte nutzen we-der eine optimierte Abbildung noch

 verleihen sie die zugrunde liegen-den Anlagewerte, um zusätzlicheRenditen zu erzielen. Neue Anteilebeispielsweise an einem physischhinterlegten Gold-ETC werden nurim Austausch gegen das entspre-chende physische Gold emittiert.Wirtschaftlich sind sie daher mitETF, die keine Wertpapierleihe be-treiben, zu vergleichen. Bei tatsäch-lich physisch hinterlegten Produktenkönnen Investoren die gehaltenenPositionen vergleichsweise einfacherfassen. Denn die Produkte haltendiese zu 100% und verzichten auf 

 jegliche Wertpapierleihe. Obwohl essich rechtlich bei physisch hinterleg-

ten ETC um Inhaberschuldverschrei-bungen handelt,schließen sie Kredit-risiken durch die physische Hinterle-gung aus.

Nicht immer umsetzbar

Für vieleMärkteund Anlageklasseist dies auch heute noch die besteStruktur. Allerdings lässt sie sichnicht für alle Anlageklassen effektiv umsetzen. Bei Rohstoffen verfügenetwa nur Edel- und Industriemetalleüberdie für einephysischeLagerungnotwendige Haltbarkeit, Wertbestän-digkeit und Handelseigenschaften.

 Aber beispielsweise auch bei ETF auf Fortsetzung Seite B 6

.. . undFrank Haak

Equity StructuredProducts, WestLB AG

VonStefan Räuschel. ..

ClientSolutions & Derivatives,WestLB AG

VonTownsend Lansing

Head of RegulatoryAffairs beiETF Securities

Risiken begrenzen und aktiv steuernVolTargeting-Strategien sind besonders bei extrem niedrigen Zinsniveaus und zugleich starken Schwankungen an den Aktienmärkten das Mittel der Wahl

Das tatsächliche Kreditrisikoentscheidet, nicht die rechtliche StrukturInvestoren ist mit einer einfachen Unterscheidung am meisten gedient

B4 Börsen-Zeitung Nr. 82 Sonderbeilage Freitag, 27. April 2012

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  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Weniger ist mehr – nach dieser De-

 vise investier en viele Anleger, wennes um die Sicherheit ihrer Geldan-lage geht. Doch in Zeiten niedrigerZinsen erzielen die „sicheren Häfen“Festgeld oder Sparbrief kaum eineRendite – erst recht nicht nach Ab-zug der Inflation. Wer also den Wert

seiner Geldanlage erhalten oder ver-mehren will, sollte sein Anlageport-folio erweitern. Beispielsweise um

 Assetklassen wie Rohstoffe, die mitder Inflation im Preis steigen.

Aktuell geht Sicherheit vor

Eine aktuelle Befragung von TNSInfratest unter 1000 privaten Anle-gern zeigt, dass das Bedürfnis nachSicherheit schwerer wiegt als derWunsch nach Rendite. 88% der Be-fragten nennen Sicherheit als wich-tigstes Anlagekriterium, währendnur 70% auch Rendite für relevanterachten.Sicherheit bedeutet für An-leger in der Regel, dass sie kein Geld

 verlieren. Genau dies ist aber ange-sichts der aktuell niedrigen Zinsenbei den als sicher geltenden Anlagen

 wie Festgeld und deutschen Staats-anleihen der Fall. Bundesanleihenbieten aktuell bei einer Restlaufzeit

 von einem Jahr lediglich eine Ren-dite von 0,15%. Für dieses Jahr er-

 warten die Volkswirte der DZ Bank eine Inflationsrate von 2%. Damitbleibt unter dem Strich ein deutlichnegativer Realzins übrig. Aus einer

 Anlagesumme von 1 000 Euro wer-den „real“ 981,50 Euro. 2013 solldie Inflationsrate für Deutschlandnochweiter steigen. Derzeit investie-ren die europäischen Banken diegroßzügigen Liquiditätsspritzen derEuropäischen Zentralbank (EZB)noch in Staatsanleihen oder parkensie in der Einlagefazilität der EZB.Sollte das Kapital jedoch dem Wirt-schaftskreislauf beispielsweise überKredite zugeführt werden, wird diesdie Inflationsrate zusätzlichanheizen.

Wer also langfristig keinen Kauf-kraftverlust erleiden möchte, kommtnicht darum herum, seine Invest-ments breiter zu streuen und dabeiauch Anlageklassen wie Sachwertezu berücksichtigen, die sich unab-hängig von niedrigen Zinsen entwi-ckeln. Dazu zählen auch Rohstoffe.

Neben diversen ande-

ren Preistreibern entwi-ckelnsich vieleRohstoff-artenwegender steigen-denTeuerungsraten der-zeit positiv. Darüber hi-naus profitierendie Roh-stoffpreise von niedri-gen Opportunitätskos-ten.Je geringer der Real-zins, desto geringer istauchder entgangeneGe-

 winn aus einer alternati- ven Anlage in ein risiko-loses Festzinsinvest-ment. Die Attraktivitäteines Rohstoffinvestments steigtalso, sobald die Attraktivität eines ri-sikolosen Investments abnimmt.

 Vor dem Hintergrund einer dyna-misch wachsenden Weltnachfragebieteninsbesondere die Rohstoffseg-mente „Industriemetalle“ und „Ener-gieträger“ momentan eine solide

 Aussicht auf Wertsteigerung. Denn

der Bedarf an Rohstoffen steigt vonJahr zu Jahr, ganz gleich ob es sichum Öl, Kupfer oder Silber handelt.Gerade die starke Nachfrage in denaufstrebenden Entwicklungs- undSchwellenländern wie Brasilien,Russland, Indien und China hat dieMarktpreise in der Vergangenheitdeutlich verteuert.

Negativ korreliert

 Aus historischen Preisverläufenlässt sich ableiten, dass Rohstoff-preise in der Tendenz steigen, wenndie globalen Aktienmärkte eineschwache Performance aufzeigen.Der Grund: Die Preisentwicklung vonRohstoffen unterliegt anderen Markt-

zyklen undPreiskatalysatoren alsAk-tien oder Anleihen. Somit habenRohstoffe das Potenzial, das Risikoeines Anlagedepots zu minimieren,indem sie die Schwankungsbreite derPortfoliorendite reduzieren. In Zah-len ausgedrückt bewegten sich dieKurse eines breiten Rohstoff-Index

 von 1991 bis Ende 2007 mit einerKorrelationvon –0,10zu denAktien-kursen des S& P 500. Der Gleichlauf zwischen diesen Assetklassen wardaher über 16 Jahre negativ.

Derzeit atypischer Gleichlauf 

Diese für die Portfoliooptimierung

günstige negativeKorrelationhat sichseit Beginn der Finanz- und Staats-schuldenkriseallerdingssubstanziell

 verändert. Aufgrund der hohen demMarkt zugeführten Liquidität entwi-ckeln sich Aktien und Rohstoffe ähn-lich. So ist es zwischen 2008 undFebruar 2012zu einer positiven Kor-relation von 0,20 zwischen den bei-den Assetklassen gekommen. Ob-

 wohl die Diversifikationseigenschaftsomit temporär ausgehebelt wurde,ist langfristig davon auszugehen,dassRohstoffeundAktienihrenatypi-schen Gleichlauf wieder beenden

 werden.Folglich sollten Anleger diesen

 Aspekt nicht aus den Augen verlie-ren.Für eineDiversifikation des Port-

folios durch Beimischung von Roh-stoffeneignen sich bei einer langfris-tigen Anlage zum Beispiel Endlos-Rohstoffzertifikate oder ETF. In die-sem Fall ist ein Rohstoffanteil inHöhe von 5 bis 20% am Gesamtde-pot sinnvoll. Die Höhe kann variiert

 werden – je nachdem, in welchemPreiszyklus sich Rohstoffe geradebe-

finden und je nach Risikoappetitund Kenntnisstand des Anlegers. Anleger sollten Rohstoffe nicht als

homogene Anlageklasse sehen, son-dern unterschiedliche Einflüsse beider Preisentwicklung berücksichti-gen. Risikoorientierte Anleger, diediese Einflussfaktoren im Blick ha-ben,können überkurz- bis mittelfris-tige Engagements in einzelnen Roh-stoffen die Gesamtrendite des Portfo-liosverbessern.Ein gutes Beispiel da-für sind Bonuszertifikate, die Risi-ken mit einer Teilschutzfunktion mi-nimieren. Mit einer zusätzlichenWährungssicherung bieten sie etwasmehr Schutz als eine Direktanlage,

 weil sie das Währungsrisiko umge-hen und auch vor etwaigen Kursver-lusten schützen.Mit einem Bonuszer-tifikat „Pro“ auf den Basiswert Silberund einer Barriere bei 23,50 Dollar,

 was einem Sicherheitspuffer von26% bezogen aufdie Silbernotierun-

gen per Ende März entspricht, erzie-len Anleger eine Rendite von 9,9%im Jahr.Die Silbernotierungen müss-ten daher deutlich unter das Niveaudes letzten Tiefs aus dem Jahr 2011in Höhe von 26,04 Dollar fallen, umdie Rendite zu gefährden.Ein zusätz-liches Plus an Sicherheit bietet beidiesem Bonuszertifikat die „Pro“-Komponente. Diese ermöglicht eine

 verkürzte Beobachtungsperiode derBarriere, die bei einem solchen Pro-dukt ausschließlich im letzten Lauf-zeitmonat aktiv ist. Nach Abzug dererwarteten Inflation können Anlegerdamit immer noch eine reale Ren-dite von 7,9% erzielen.

Mehr Rendite geht nur über mehrRisiko. Mit unterschiedlichen Pro-

duktmechanismen lassen sich jedochbestehendeRisikenreduzieren. Anle-ger können daher entscheiden, wel-ches Risiko sie tragen wollen und

 welches nicht. Fremdwährungsrisi-ken und Rollverluste sind Faktoren,die sich ausschalten lassen.

Die Währung, in der Rohstoffe be- wertet werden, ist zumeist der Dol-

lar. Für Anleger aus dem Euroraumist damit das Risiko verbunden, dasssich während des Anlagezeitraumsder Euro/Dollar-Wechselkurs verän-dert. Viele Rohstoffzertifikate sinddaher mit einer Währungsabsiche-rung ausgestattet. Diese sorgt dafür,dass Anleger nur an der Wertsteige-rungder jeweiligenRohstoffe partizi-pieren.

Für Investments in Energieträgerund Industriemetalle werden in derRegel Kontrakte an einer Termin-

börse erworben, da viele Anleger indenmeisten Fällen nurdaran interes-siert sind, an der Preisentwicklungder Rohstoffe zu partizipieren, undnicht daran, die Rohstoffe physischzu erwerben.

Das Problem dabei ist, dass dieLaufzeiten der Kontrakte begrenzt

sind und regelmäßig erneuert wer-den müssen, damit die Zertifikate,die oft länger oder gar unbegrenztlaufen, weiter mit dem Rohstoff un-terlegt sind. Dieser Vorgang wird als„Rollen“ bezeichnet. Da die neuenKontrakte aber oft teurer sind,

 würde der Investor einen Rollverlusterleiden,der beieinem Rohstoffzerti-

fikat die Rendite schmälert. Aus die-sem Grund sollten Anleger auf Pro-duktezurückgreifen,die das Rollver-fahren optimieren. Die Rollmetho-dik ist bei den verschiedenen Emit-tenten unterschiedlich. Was sie ver-eint, ist, dass sie mit Hilfe einer opti-mierten Rollmethode nicht nur Ver-lustevermeidet, sondern zumTeil so-gar Rollgewinne erzielt. Die Perfor-mance dieser rolloptimierten Roh-stoffindizes ist daher in der Regeldeutlich höher als die vergleichbarerRohstoffindizes ohne eine spezielleOptimierung. Handelbar werdendiese Indizes über Zertifikate ge-macht.Diese bildenden Indexdirektab undermöglichen dadurch eineop-timierte, kostengünstige Anlageformin Rohstoffen.

Besonderheiten beachten

 Anleger sollten die genannten Be-

sonderheiten von Rohstoffinvest-ments vor jeder Investmententschei-dung beachten und sich entschei-den, welche Risiken sie für ein Mehran Rendite bereit sind einzugehen.

 Auch wenn für viele Investoren Si-cherheit der wichtigste Aspekt beiderGeldanlage ist, gilt: Werim aktu-ellen Umfeld nur auf sichere Anla-gensetzt, versäumt dadurchvieleIn-

 vestmentmöglichkeiten mit höhe renRenditechancen.Die Fragelautet da-her also nicht, ob der Wunsch nachRenditeodernachSicherheit im Vor-dergrund steht. Vielmehr geht es umdie Abwägung, wie viel Sicherheitder Anleger bereit ist aufzugeben,damit sich Anlegen in Zukunft nochlohnt.

  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Rendite, Rendite, Rendite – langeZeit hat sich die Diskussion umFinanzprodukte vor allem um ihreWertentwicklung gedreht. Mit derFinanzkrise ist die Bedeutung desRisikos als Kehrseite der Medaille

 jedoch weiter gewachsen. In derFinanzkrise habenstatis-tischvielfach nichtprog-nostizierbare Risikendie Investoren über-rascht. Diese so genann-ten schwarzen Schwäneoder Fat Tails haben die

 Anlagerisiken ins Blick-feld der Investoren ge-

rückt. Die Bedeutung ei-ner schnellen und effi-zienten Risikosteuerungist sowohl für private

 wie institutionelle Inves-toren durch die Erfah-rungen der Finanzkrise

 weiter gestiegen. Die Risk-Control-Indizes vonStoxx unterstützenInves-toren bei ihrem Risikomanagement,da sie die Volatilität und damitdas Anlagerisiko nahezu konstanthalten.

Dynamische Entwicklung

Lange Zeit haben Anleger ihre Anlagestrategie auf die Erkenntnisseder Portfoliotheoriedes US-amerika-nischen Ökonomen Harry Markowitzaus den 1950er Jahren gestützt.Doch gerade die Finanzkrise hatgezeigt, dass eine breite Diversifi-kation allein nichtausreicht, um Risi-

ken effektiv zu managen. Denn dieKorrelationen zwischen den einzel-nen Anlageklassen entwickeln sichdynamisch,wodurch sichdie Ausfall-risiken des Portfolios verschiebenkönnen. Beispielsweise kam es in derFinanzkrise gleichzeitig zu Kursein-brüchen an den verschiedenen Ak-tien-,Anleihe-und sogarden Rohstoff-märkten. Eine Streuung über die

 verschiedenen Anlageklassen half also nicht, Risiken für das Gesamt-portfolio wirksam auszugleichen.

Investoren haben hierauf reagiert,indem sie dem Portfolio neue, alter-native Anlageklassen beimischenund neue Konzepte im Risikomana-gement nutzen. Eine zentrale Rolle

nimmt hierbei die Volatilität ein. Siegilt als Kennzahl für das Risiko einesInvestments, da sie die Kursschwan-kungen um einen Mittelwert misstund mit zunehmender Unsicherheitan den Märktenansteigt. Grundsätz-lich ist zwischen der historischenund einer erwarteten, also implizi-

ten Volatilität,zu unterscheiden. Diehistorische Volatilität lässt sich ein-fach anhand der realisierten Markt-schwankungen berechnen. Dagegenstützt sich die implizite Volatilitätauf die Optionspreistheorie von Fi-scher Black und Myron Scholes. Dieimplizite Volatilität zeichnet sich zu-demdurcheinestarknegativeKorre-lationzu den jeweiligen Aktienmärk-ten aus und reagiert so unmittelbarauf Marktereignisse. Dies zeigenauch die Entwicklungen des VDax-New und des VStoxx. Die Indizesmessen die erwartete Volatilität desdeutschenbzw. des europäischen Ak-tienmarktes. Beispielsweise hat der

 VDax-New seinen Wert nach de r Be-kanntgabe der Insolvenz der US-In-

 vestmentbank Lehman Brothers imHerbst 2008 mehr als verdreifacht.

Zentrale Steuerungsgröße

 Anleger nutzen Volatilität zum ei-nenals Anlageklasse unddiversifizie-renhiermit ihrPortfolioeffektiv, wo-durch das Anlagerisiko sinkt. Dane-ben lässt sich die Volatilität auch alszentrale Steuerungsgröße für dieGewichtung der jeweiligen Markt-positionen und damit der Risiken imPortfolio nutzen. Dieses Konzeptlässt sich mit den Risk-Control-Indi-zes von Stoxx einfach umsetzen. Sie

begrenzen die Volatilität der jeweili-gen Marktpositionen in verschiede-nen Varianten möglichst auf 5, 10,15 oder 20%. Die Indizes orientie-ren sich hierbei an den täglichen Vo-latilitätswerten. Hierdurch ist eineschnelle Anpassung sichergestellt,

 wenn sich die Markterwartung derInvestoren und die Risiken imMarkt, wie sie die Volatilität wider-spiegelt, verändern.

 Anders als bei der he rkömmlichenGewichtung nach Marktkapitalisie-rung ergibt sich das Risiko der An-lage nicht aus der jeweiligen Markt-entwicklung, sondern wird im Zeit-

 verlauf relativ k onstant gehalten, da

der Index die Position im abgebilde-ten Aktienmarkt entsprechend zum

 jeweiligen Volatilitätsziel erhöhtoder verringert. Schwankt der Marktbeispielsweise über die Volatilitäts-grenze, schichtetder Indexin die risi-kofreie Komponente, denGeldmarkt-satz Eonia (Euro Overnight Index

 Average), um und verringert seine Aktienquote auf bis zu 0 %. In P ha-senhoher Volatilitätwird das Verlus-trisiko so begrenzt. Investoren sinddurch diese Art der Risikosteuerungbei negativen Marktentwicklungen

 vor hohen Marktverlusten ge-schützt, da beieiner steigendenVola-tilität das Portfolio frühzeitig in si-chere Anlageklassen umgeschichtet

 wird. Sinkt die Volatilität wieder, so wird das Investment in den zu-grunde liegenden Index entspre-chenderhöht. Fällt die Volatilität so-gar unter das angestrebte Volatili-tätsziel, wird über die Hebelung des

Basisinvestments das Risiko auf dengewünschten Wert angehoben. In-

 vestoren nehmen daher mit den Indi-zes auch in Marktphasen mit gerin-gen Wertschwankungen Positionenentsprechend ihrerjeweiligen Risiko-bereitschaft ein.

Die Risk-Control-Indizes fügensich zudem passgenau in die Steue-rung des Gesamtportfolios. So steu-ern viele Investoren die Risiken inihrem Portfolio, indem sie für dieeinzelnengewünschten Marktpositio-nen feste Risikobudgets vergeben.Der Vorteil: Verändert sich das Anla-gerisiko in einer Position erheblich,lässt sich diese an das gewünschte

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Mit Rohstoffen der Inflation und niedrigen Zinsen trotzenWie sich reale Renditen erzielen und Risiken reduzieren lassen – Industriemetalle und Energieträger bieten momentan solide Aussicht auf Wertsteigerung

VonStefano Angioni

Investmentexperteder DZBank

VonKonrad Sippel

Executive Director,Global Head of ProductDevelopmentbei Stoxx

„Auch wenn für viele Investoren Sicherheit der wichtigste Aspekt bei der Geldanlage ist, gilt: Wer im aktu- 

ellen Umfeld nur auf sichere Anlagen setzt,versäumt dadurchviele Investmentmög- lichkeiten mit höhe- ren Renditechancen.“ 

Das Anlagerisiko fest im Griff:Indizes halten Volatilität konstantLangfristige Performancevorteile und gleichmäßigere Portfolioentwicklung

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  Börsen-Zeitung, 27.4.2012Mit festem Hebel („Faktor“) dem Daxfolgen: Das können Anleger mit Fak-tor-Zertifikaten. Und zwar ohne eineKnock-out-Schwelle, einen Strike-Preis oder eine Laufzeit beachten zumüssen. Außerdem sind Faktor-Zer-tifikate wenig anfällig für Kursüber-raschungen bei nachlassender Volati-

lität. Auch ein plötzlicher Totalver-lustdurch ungünstigeKursbewegun-gen droht im Gegensatz zu Options-scheinen und Knock-out-Produktennicht. Denn dies verhindert eine An-passung bei extremen Marktbewe-gungen. Faktor-Zertifikate auf denDax gibt es vom db-X markets Teamder Deutschen Bank sowohl für stei-gende Kurse (Faktor-Long) als auchfür fallende Kurse (Faktor-Short) jemit den Faktoren zwei und vier.

Besondere Basiswerte

Faktor-Zertifikate bilden die tägli-che prozentuale Wertänderung desDax mit dem gewählten Faktor ab.Steigt der Dax im Tagesverlauf um1%, so steigt der Preis des Fak-tor-4×Long-Zertifikats um 4 %. DerHebelbeziehungsweise Faktor bleibttäglich gleich. Das ist möglich, dasich die Faktor-Zertifikate je auf ei-

nen gehebelten Dax beziehen, dendie Deutsche Börseanbietet.Die stei-gende Dax-Entwicklung stellt derLevDax dar,die inverse Dax-Entwick-lung derShortDax.SiebildenaufTa-gesbasis die Dax-Entwicklung je miteinem Hebel von 2 beziehungsweise4 nach. Ein Faktor-Long-Zertifikataufden Daxhatalso denLevDax, einFaktor-Short-Zertifikat den Short-Dax als Basiswert. So folgen die Zer-tifikate direkt der gehebelten Dax-Entwicklung.

Das bringt gleich mehrere Vor-teile, allen voran eine hohe Transpa-renz. Denn bei Lev- und ShortDaxhandelt es sich um offizielle, veröf-fentlichte Strategie-Indizes, die vonder Deutschen Börse berechnet wer-

den. Hinzu kommt, dass bei ihnen wie auch beim Dax keine Rollvor-gänge nötig sind, wie es etwa beimDax-Future als Basiswert der Fall

 wäre. So können zusätzliche Ausga-ben wie etwa Rollkosten vermieden

 werden. Allerdings fällt beimLevDax der einfache (Faktor2× Long) beziehungs-

 weise dreifache (Faktor4×Long) Eonia-Satzan, der direkt in den In-dex eingerechnet wird.Beim ShortDax dagegen

 wird der dreifache (Fak-tor 2×Short) bezie-hungsweise fünffache(Faktor 4 ×Short) Eo-nia-Satz sofort im Indexgutgeschrieben. Hältein Anleger ein Faktor-Zertifikat mehrere Tagelang, kann sich der Eo-nia-Satz auf den Wertauswirken. Denn wegen der Berech-nung auf täglicher Basis entsprichtdie Entwicklung des Lev- und Short-Dax nicht mehr genau der doppeltenbeziehungsweise vierfachen Wert-entwicklung des Dax.

Transparente Kostenstruktur

Schließlich sorgt auch die durch-schaubare Kostenstruktur für Trans-parenz: Bei den Faktor-Zertifikaten

 von db-X markets auf de n Dax fälltnur eine Managementgebühr von1% pro Jahr an. Außerdem werdenLev- und ShortDax alle 15 Sekundenauf der Index-Seite der DeutschenBörse aktualisiert, sodass Anlegerdie Entwicklung des jeweiligen demZertifikat zugrunde liegenden Indexdirekt nachverfolgen können.

Bei klassischen Hebelprodukten wird der Hebel umso kleiner, je wei-ter sich der Basispreis vom Anfangs-

 wert in die bevorzugte Richtung ent-fernt. Umgekehrt steigt der Hebelumso zügiger, je näher der Basis-oder Strike-Preis kommt. Bei Faktor-

Zertifikaten bleibt der Hebel dage-gen immer gleich.

Ein Beispiel: Angenommen, ein Anleger erwartet, dass der Dax stei-gen wird, und investiert daher in einFaktor-4× Long-Zertifikat auf denDax. Dieses Faktor-Zertifikat kostetim Beispiel 100 Euro. Binnen eines

Tages steigt der Dax um 1%. Dannnotiertdas Faktor-Zertifikat am Abendbei 104 Euro. Am Folgetag steigt derDax wieder um 1%. Und auch derWert des Faktor-Zertifikats nimmtum4 % zu– diesesMal jedochausge-hend von 104 Euro. Am zweiten Tagsteigt der Wert des Zertifikats alsoum 4,16 Euro statt 4 Euro.

Im umgekehrten Fall, wenn derDax also am ersten Tag um 1% fal-len sollte, notiert das Faktor-Zertifi-kat bei 96 Euro. Fällt der Dax amzweiten Tag wieder um 1%, sinktauch der Wert des Faktor-Zertifikatsum4 %.Allerdings diesesMal ausge-hend von nur noch 96 Euro. Amzweiten Tag fällt der Wert des Fak-tor-Zertifikats demnach um 3,84Euro und nicht mehr 4 Euro.

Einfache Rechnung

Das heißt: Wenn sich die Kurse indie gewünschte Richtung entwi-ckeln, gibt es einen positiven kumu-lativen Effekt. Bewegen sich dieKursedagegen nicht wie erhofft,wer-

den die absoluten Verluste beigleichgroßem prozentualem Verlust im-mer kleiner.

Doch wie sieht es mit der Kursbe-rechnung im Tagesverlaufab? Denk-bar einfach: Steigt der Dax gegen-über dem Vortag um 1%, so wirdder Preiseines Faktor-4× Long-Zerti-fikats um 4 % steigen. Bei mehrtägi-

gen Haltephasen hängt der Preis desFaktor-Zertifikats davon ab, wie sichder Dax an jedem einzelnen Tagändert. So ergibt eine Serie von plus3% und plus 3,03% einen anderenPreis als eine Serie von plus 2%,plus 2% und plus 2%. Bei beidenSerien steigt der Kurs des Dax um6,12%.

I m e rste n F al l würde e inFaktor-4×Long-Zertifikat, das bei100 Euro gestartet ist, etwa 125,50Euro kosten. Im zweiten Fall beläuftsich der Preis auf 126 Euro. Aller-dings existieren umso mehr Kurssze-narien, je länger die Haltedauer ist.Und desto ungenauer wird die Kurs-prognose für ein Faktor-Zertifikat.

Anpassungsmechanismus

Eine Besonderheit bei Faktor-Zer-tifikaten ist der Anpassungsmecha-nismus bei extremen Marktbewegun-

gen. Sollte sich der Dax deutlich ent-gegen der erwarteten Entwicklungbewegen, greift dieser Mechanis-mus: Wenn der Dax im Laufe einesHandelstagesdie Verlustschwelle von25% bei Faktor-2×Zertifikaten oder12,5% bei Faktor-4×Zertifikatenerreicht, wird ein neuer Handelstagsimuliertund damit dieBerechnungs-grundlage angepasst. Das ist dann

der Fall, wenn einer der gehebeltenIndizes 50% an Wert verlierensollte. Damit beziehen sich alle wei-teren Kursbewegungen nicht mehrauf den Schlusskurs des Vortages,sondern auf den letzten Dax-Stand,der galt, bevor der Anpassungsme-chanismus ausgelöst wurde. Die Be-rechnungsbasis, aufdie sichjede wei-

tere Veränderung des Dax bezieht, wird also halbiert. Bei gleicher pro-zentualer Veränderung verringertsich dadurch der absolute Betrag.

Faktor-Zertifikate können beson-ders in trendstarken Phasen Chan-cen bieten. Denn der kumulative Ef-fekt kann dann seine volle Wirkungentfalten. In trendstarken Phasenkönnen sich Faktor-Zertifikate auchfür Buy-and-hold-Strategien eignen.Immerhinführenauch größereKurs-rückgänge nicht zum plötzlichen To-talverlust, wie es etwa der Fall wäre,

 wenn ein Knock-out-Produkt eineKnock-out-Schwelle berührt. Wegender Berechnung auf täglicher Basisentspricht dann allerdings die Ent-

 wicklung, die sich daraus ergibt,nicht mehr exakt der doppeltenWertentwicklung des Dax über dengleichen Zeitraum.

Nachteilig sind hingegen volatileSeitwärtsphasen. Denn in diesen

Phasen kann das Faktor-Zertifikatan Wert verlieren, obwohl der Basis-

 wert am Ende der Seitwärtsphase wieder sein ursprüngliches Kursni- veau erreicht.

Zusammengefasst: Faktor-Zertifi-kate können für risikofreudige Anle-ger mit kurz- bis mittelfristigem In-

 vestitionshorizont interessant sein.Die potenziellen Gewinne sindinsbe-

sondere in trendstarken Phasen hö-her als bei Knock-out-Produkten mitanfänglich gleich großem Hebel. ImGegensatz zu Knock-out-Produktengibt es aber keine Knock-out-Schwelle,bei derenBerührender To-talverlust droht.

Die täglichen Preisänderungensind transparent und leicht zu prü-

fen. Die implizite Volatilität, die diePreiskalkulationen bei Optionsschei-nen erschwert, spielt bei Faktor-Zer-tifikaten keine Rolle. Allerdings er-halten Anleger während der Laufzeitkeine laufenden Erträge wie etwaZinsen. Anlegern stehen zudemkeine Ansprüche aus dem Basiswert,etwa Stimmrechte und Dividenden,

zu.Außerdem solltenAnlegerbeach-ten, dass auch ein Faktorzertifikateine Inhaberschuldverschreibung istund somit dem Emittentenrisiko un-terliegt.

In Faktor-Zertifikaten steckt alsodefinitiv viel Energie. Anleger müs-sen nur entscheiden, welches Kraft-paket für sie das richtige ist.

Fortsetzung von Seite B4

 weniger liquide Aktienmärkte, wieeinzelne Emerging Markets odersehr breite Aktienindizes, ist einphysisches Investment in die zu-grunde liegenden Wertpapiere nicht

oder zumindest nicht vollständigmöglich. Die ETC und synthetischenETF weisen daher unabhängig vonder rechtlichen Struktur ein nahezuidentisches wirtschaftliches Risikoauf.

Um Investments in ein breitesSpektrum an Rohstoffen, aber auchfür unterschiedliche Positionen auf der Futures-Kurve anbieten zu kön-nen, nutzen ETC – ähnlich wie syn-thetische ETF – Swap-Vereinbarun-gen. Sie bewerten diese täglich, wo-durch sich das Ausfallrisiko aus derSwap-Vereinbarungbegrenzenlässt.

 Auch sind die eingegangenen Swap- Vereinbarungen der Rohstoffpro-dukte vollständig mit Kreditsicher-heiten hinterlegt. Für unabhängige

 Anbieter von ETP besteht hierbeikein Anreiz, wenig liquide Wertpa-piereals Kreditsicherheiten zu akzep-tieren. Die Überbesicherung dermeisten Produkte und die Hinterle-

gung ausschließlich mit Anleihenhöchster Bonität und liquiden Wert-papieren gewährleisten auch bei ih-

nen eine hohe Kreditsicherheit, dieerheblichunterhalbder vonUcitsge-setztenGrenze von 10% des Anlage-

 vermögens liegt.Zudem bieten die swapbasierten

ETC Investoren eine hohe Transpa-renz. Anleger können die Zusam-

mensetzung des Wertpapierportfo-liosjederzeit transparentnachverfol-gen. So weist ETF Securities die hin-terlegten Kreditsicherheiten undden Grad der Überbesicherung auf täglicher Basis auf seiner Websiteaus. Auch gegen einen Ausfall desEmittenten sind die Anleger abgesi-chert. Die einzelnen emittierendenGesellschaften sind haftungsrecht-lich strikt voneinander getrennt. DieErträge aus den Swap-Vereinbarun-gen werden an die Anleger verpfän-det. Fallsder Emittent zahlungsunfä-higist,fordertder Treuhänder dieje-

 weiligen Zahlungen beim Swap-An-bieter ein und zahlt die Anleger aus.Trotz ihrer rechtlichen Struktur alsSchuldverschreibung grenzen damitauch besicherte ETC mögliche Kre-ditrisiken effektiv ein.

Neben diesen besicherten ETCund ETF gibt es eine vergleichsweisekleine Gruppe unbesicherter Pro-

dukte. Hierzu zählen ETN, Zertifi-kate und auch die Produkte vonETFSOil Securities Limited.Letztere

sind durch Energiekontrakte vonShell Trading Switzerland hinter-legt,jedochnicht besichert.Die meis-ten ETN werden dagegen direkt ausder Bankbilanzdes emittierenden In-stituts begeben und sind ebenfallsunbesichert. Anleger gehen mit den

Produkten somit wie bei unbesicher-ten Zertifikaten ein volles Emitten-tenrisiko gegenüber dem Institutein.

Intensive Diskussion

Die Diskussion um die verschiede-nen börsengehandelten Produkteund ihre Regulierung ist sehr inten-siv. Allerdings ist Investoren mit ei-ner einfachen Unterscheidung zwi-schen physisch besicherten Produk-ten ohnejedes Kreditrisiko,besicher-ten und unbesicherten Produkten

 vielfach am besten gedient. Dannkönnen sie die Vielzahl der verschie-denen Produkte einfach unterschei-den und gewinnen Klarheit über dastatsächliche wirtschaftliche Ausfallri-siko des jeweiligen Produktes. Dann

 wird auch deutlich, welchen hohenStandard ETF und physisch hinter-legte oder besicherte ETC bei Kredit-

sicherheit, Transparenz und Liquidi-tät im Vergleich zu anderen Produk-ten setzen.

Das tatsächliche Kreditrisiko. . .

Fortsetzung von Seite B5

Niveau anpassen, ohne das gesamtePortfolio umschichten zu müssen.Hierzu legen Investoren bereits im

 Vorfeld für die jeweilige Positioneinen Schwankungskorridor unddamit ihre Risikobereitschaft festund halten diese möglichst kon-stant. Allerdings verlangt dieseForm der Risikosteuerung einenhohen Zeitaufwand sowie tiefge-hende Marktkenntnisse von den

 Anlegern.

Einfacher lässt sich dies über dieRisk-Control-Indizes umsetzen. ÜberProdukte,die diese Indizes abbilden,könnenInvestorendie Risikenin der

 jeweiligen Position automatisch inHöhe der jeweils gewünschten Vola-tilität halten. Auch können sie dieRisk-Control-Indizes als Benchmark nutzen. Mit ihnengewinnenInvesto-ren ein effektives Instrument, umdie Wertentwicklung der jeweiligenPositionen entsprechend der defi-nierten Risikozielezu beurteilen.Da-beikommtInvestoren diebreite Aus-

 wahl an Risk-Control-Indizes zugute.So finden sie mittlerweile risikoge-steuerte Indizes auf die wichtigsten

 Anlageregionen der Welt, wie für

den Stoxx Global 200, den Stoxx Asia 100, den Euro Stoxx 50 undden Stoxx BRIC 100 sowie für zahl-reiche einzelne Ländermärkte auchaus den Emerging Markets. Geradebei den in der Regel volatileren unddamit risikoreicheren dynamisch

 wachsenden Volkswirtschaften kön-nen Anleger besonders von denRisk-Control-Indizes profitieren.

Performance-Vorteile

Bei einer langfristigen Anlageper-

spektive können Anleger je nachMarktlage von Performancevortei-lender Risk-Control-Indizesprofitie-ren. Beispielsweise erzielte der EuroStoxx 50 Risk Control mit einem Vo-latilitätszielvon 5% inden vergange-nen fünf Jahren eine jährliche Wert-entwicklung von rund 0,5% (Stand:EndeFebruar 2012).Zum Vergleich:Der Euro Stoxx 50 Index verlor indiesem Zeitraum pro Jahr mehr als6%, insbesondere weil imKrisenjahr2008 Verluste von rund 42% ent-standen. Gerade in der Finanzkrisehat sich damit ein frühzeitiges Um-schichten in den Geldmarkt be-

 währt. Ebenso wichtig wie die Perfor-mance-Vorteile ist: Mit den Risk-

Control-Indizes lässt sich die Wert-entwicklung des Portfolios erheblichglätten. Die gleichmäßigere Renditeerhöht die Planungssicherheit derInvestoren. So konnte der Risk-Con-trol-Index für den Aktienmarkt derEurozone mit einer Zielvolatilität

 von 5% auch im Krisenjahr 2008 die Verluste auf 5,4% begrenzen. Umge-kehrt nahm der Index im darauffol-genden Jahr entsprechend dem ge-ringen Volatilitätszielbei starkanzie-henden Kursen mit einer Rendite

 von 4,8% lediglich einen Teil der

Wertsteigerung des Euro Stoxx 50Index von 25,7% mit.

Die Finanzmarktkrise hat die bis-herigen Steuerungsgrößen für dasPortfoliomanagement in Frage ge-stellt. Neue Konzepte für die Steue-rung der Anlagerisiken haben anBedeutung gewonnen. Insbesonderesollten Anleger die Volatilität alsMaßstab für das Portfoliomanage-ment im Blick behalten. Die Risk-Control-Indizes helfen ihnen dabei,innerhalb eines definierten Risiko-levels das Portfolio effizient zu ver-

 walten und Risiken zu senken. Dieskann sich insbesondere auf die lang-fristige Wertentwicklung positivaus-

 wirken.

Das Anlagerisiko...

In Faktor-Zertifikaten steckt viel EnergieMit festem Hebel dem Dax folgen – Chancen bei Trendstärke, Risiken in volatilen Seitwärtsphasen – Interessant bei kurz- bis mittelfristigem Anlagehorizont

VonNicolai Tietze

Derivateexpertevom db-X marketsTeam derDeutschen Bank „Die implizite 

Volatilität, die die Preiskalkulationenbei Optionsscheinenerschwert, spielt bei Faktor-Zertifika- ten keine Rolle.“ 

B6 Börsen-Zeitung Nr. 82 Sonderbeilage Freitag, 27. April 2012