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Arbeitswelt und Organisation im Wandel Eine Metastudie zu Treibern, Zielen und Erfolgsfaktoren sowie Methoden der digitalen Transformation März 2016

Studie: Arbeitswelt und Organisation im Wandel

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Eine Metastudie der centrestage GmbH zu Treibern, Zielen und Erfolgsfaktoren sowie Methoden der digitalen Transformation

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Arbeitswelt und Organisation im Wandel Eine Metastudie zu Treibern, Zielen und Erfolgsfaktoren sowie Methoden der digitalen

Transformation

März 2016

Seite 2

INHALTSVERZEICHNIS

HINTERGRUND DER METASTUDIE .......................................................................................... 4

AUSGANGSSITUATION ............................................................................................................. 5

ENTERPRISE 2.0, SOCIAL BUSINESS ODER DIGITALE TRANSFORMATION? ..................... 5

DESIGN DER METASTUDIE ...................................................................................................... 6

KAPITEL 1: TRIEBKRÄFTE FÜR ENTERPRISE 2.0 .................................................................. 8

Treiber 1: Zunahme der Bedeutung der Wissensarbeit ............................................................ 9

Treiber 2: Verfügbarkeit von Enterprise 2.0-Technologien ..................................................... 15

Treiber 3: Gestaltung einer attraktiven, zukunftsfähigen Arbeitswelt ...................................... 17

Treiber 4: Zunahme der globalen Zusammenarbeit ............................................................... 20

Treiber 5: Auswirkungen des demografischen Wandels ......................................................... 21

Treiber 6: Zunahme der Menge an relevanten Informationen ................................................. 22

Treiber 7: Steigender Wettbewerbsdruck ............................................................................... 24

Treiber 8: Zunahme der Bedeutung von Social Media im Kundenmanagement ..................... 26

Treiber 9: Steigende Bedeutung externer Zusammenarbeit ................................................... 28

Treiber 10: Erhöhung der Innovationsfähigkeit ....................................................................... 30

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation ............................................ 33

Klarheit über die Treiber verschaffen .................................................................................. 33

Rahmenbedingungen im Unternehmen klären ................................................................... 34

KAPITEL 2: ZIELE FÜR ENTERPRISE 2.0 ............................................................................... 36

Analyse der Ziele für Enterprise 2.0 ....................................................................................... 36

Die Top-Ziele für Enterprise 2.0 ............................................................................................. 36

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation ............................................ 39

Ziele setzen ........................................................................................................................ 39

Ziele anhand der Treiber priorisieren .................................................................................. 40

Seite 3

KAPITEL 3: PERFORMANCEFAKTOREN FÜR ENTERPRISE 2.0 .......................................... 41

Metanalyse der Performancefaktoren für Enterprise 2.0 ........................................................ 41

Performancebereich 1: Erfolgsfaktoren für Enterprise 2.0 ...................................................... 43

Exkurs: Unternehmensweite Vision und Strategie sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für

Enterprise 2.0 und Social Business ........................................................................................ 46

1. Klare Vision des Top-Managements ............................................................................... 47

2. Unternehmensweite ROI-Strategie ................................................................................. 49

3. Social Media Kommunikationsstrategie .......................................................................... 51

Performancebereich 2: Misserfolgsbarrieren für Enterprise 2.0 und Social Business ............. 52

Misserfolgsbarriere 1: Sponsoren und aktive Unterstützung durch das Top-Management .. 53

Misserfolgsbarriere 2: Ausreichend formale Ressourcen .................................................... 56

Misserfolgsbarriere 3: Ausreichend Support und Kapazität in Form von Social

Collaboration/Media Experten ............................................................................................ 56

Misserfolgsbarriere 4: Governance Konzept, Spielregeln in Form von Social Media

Guidelines und Policies ...................................................................................................... 57

Performancebereich 3: Erfolgsbarrieren für Enterprise 2.0 und Social Business .................... 59

Erfolgsbarrieren in der Kategorie „Führung” ....................................................................... 59

Erfolgsbarrieren in der Kategorie „Technik” ........................................................................ 65

Performancebereich 4: Misserfolgsfaktoren für Enterprise 2.0 und Social Business .............. 67

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Fehlende Skills” ....................................................... 69

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Ängste” .................................................................... 73

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Kultur passt nicht” .................................................... 78

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation ............................................ 84

Ermittlung des Handlungsbedarfs im Unternehmen ............................................................ 84

„Readiness Assessment” .................................................................................................... 87

KAPITEL 4: BUSINESS TRANSFORMATION EXCELLENCE .................................................. 90

Social Business war und ist ein Zukunftsthema ..................................................................... 90

Der Reifegrad ist noch niedrig und stagniert .......................................................................... 91

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation ............................................ 93

Change Management Framework ...................................................................................... 93

Ansatzpunkte für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ........................................... 94

FAZIT ...................................................................................................................................... 100

DIE AUTOREN ........................................................................................................................ 101

IMPRESSUM .......................................................................................................................... 101

Seite 4

HINTERGRUND DER METASTUDIE

Im Jahr 2006, also vor genau 10 Jahren, hat Andrew McAfee1 den Begriff Enterprise 2.0 in die

Diskussion geworfen. Seither wird viel darüber diskutiert. Die Begriffe haben sich geändert, die

Herausforderungen für die Unternehmen nicht. Sie sind eher noch dringlicher geworden. Was

vor 2015 noch Enterprise 2.0, Social Business oder Digital Workplace hieß, geht nach 2015 im

allgemeinen Ruf nach der digitalen Transformation von Unternehmen auf. Von Bedeutung allein

aber sind die Menschen und die Organisationen, die fähig sind, mit digitalen Informationen und

Prozessen umzugehen.

In den letzten zehn Jahren haben sich viele Forschungsinstitute und Beratungsunternehmen mit

diesem Thema beschäftigt und die Ergebnisse in Form von Studien veröffentlicht. Gleichzeitig

hat sich auch die Arbeitswelt in vielen Unternehmen verändert. Der Wandel durch die Digitali-

sierung ist heute überall sichtbar. Es gibt viele Beispiele von Unternehmen, die sich auf den

Weg gemacht haben.

Nachdem in den letzten zehn Jahren weit über 100 Studien zur digitalen Transformation ent-

standen sind haben wir uns die Aufgabe gestellt, die Vielfalt an Informationen systematisch

auszuwerten. Uns hat dabei interessiert, warum Unternehmen überhaupt diesen Weg gehen

sollen oder müssen. Was treibt die notwendige Veränderung der Arbeitswelt und Organisation?

Dann suchten wir nach Antworten auf die Frage, welche Ziele die Unternehmen bei der digitalen

Transformation verfolgen.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass die digitalen Werkzeuge nicht nur neue Arbeits- und Orga-

nisationsformen, sondern auch neue Verhaltensweisen notwendig machen. Dieser Wandel wird

von vielen Faktoren beeinflusst. Daher suchten wir nach Erfolgs- und Risikofaktoren für die

Transformation der Arbeits- und Unternehmensorganisation und wollten wissen, wie diese aus

der Sicht von Führungskräften und Experten der befragten Unternehmen bewertet werden.

Daraus entstanden ist diese Metastudie, die erstmals in einem Gesamtüberblick das Erfahrungs-

wissen zu den organisatorischen Veränderungsprozessen unter Einsatz von sozialen Techno-

logien als Wegbereiter der digitalen Transformation des Unternehmens dokumentiert. Wir haben

dieses Wissen zusammengestellt, kategorisiert, neu bewertet und so aufbereitet, dass Unter-

nehmen es, unabhängig davon, wo sie gerade in ihrem Transformationsprozess stehen, direkt

nutzen können.

Viele Unternehmen durften wir auf ihrem bisherigen Weg begleiten. Die Erfahrungen, wie man

diese Veränderung anpacken kann, sind im zweiten Teil dieser Studie in Form eines Methoden-

baukastens beschrieben. Die Gestaltung neuer Arbeits- und Organisationsformen bleibt eine

spannende Herausforderung. Mit dem Wissenspool an Erkenntnissen aus diese Metastudie und

dem Einblick in den Methodenbaukasten möchten wir noch viel mehr Unternehmen motivieren,

diesen Weg zu gehen.

1 McAfee, A.P. (2006), Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration, in: Mit Sloan Management Review,

Spring 2006, S. 21 - 28

Seite 5

AUSGANGSSITUATION

2013 haben die Analysten von Gartner die Enterprise 2.0- und Social Business-Szene aufge-

schreckt. Sie stellten die Prognose in den Raum, dass in den nächsten drei Jahren 80 Prozent

der Unternehmen mit ihren Social Business-Initiativen nicht die beabsichtigten Ziele erreichen

werden2. Die Pressemitteilung machte im „Stille-Post-Modus” schnell die Runde, und am Ende

kam heraus, dass „80 Prozent aller Enterprise 2.0-Projekte scheitern werden”, weil die „meisten

Social Media-Initiativen keinen echten Mehrwert fürs Geschäft bringen”, die „Social Collabora-

tion-Vorhaben oft ziellos sind” und sowieso „die meisten Führungskräfte ‚unsocial‘ sind”. Im

Original3 liest sich das etwas anders:

Im Jahr 2016 werden über 50 Prozent der großen Unternehmen interne soziale Netz-

werke haben. Die Unternehmen sind aktuell fasziniert von sozialen Technologien, aber

sie unterschätzen den notwendigen organisatorischen Wandel. Der organisatorische

Wandel muss von Anfang an in den Vordergrund gestellt werden.

Um Social Business-Initiativen zum Erfolg zu führen, braucht es sowohl Führung als

auch Verhaltensänderungen. Aber klar ist, dass die Nutzung der Tools im Vergleich zu

bisherigen Roll-Outs neuer Technologien nicht verordnet werden kann. Die Mitarbeiter

müssen überzeugt werden, mitzumachen („Opt-In”).

Am besten gelingt das, wenn man Mitarbeitern und Führungskräften einen besseren

Weg zum Arbeiten aufzeigt. Um die Arbeitspraktiken zu verbessern, ist es erforderlich zu

verstehen, wie die Menschen in den Unternehmen heute arbeiten, mit wem sie zusam-

menarbeiten, und was ihre Bedarfe sind.

Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur, seine spezifischen Rahmenbedingungen und

Stakeholder. Der Weg wird also immer etwas anders aussehen. Was kann man dann aber aus

den Erfahrungen anderer Unternehmen und den in Studien empirisch ermittelten Treibern,

Zielen, Erfolgsfaktoren und Barrieren für das eigene Vorgehen lernen? Eine einfache Antwort:

„Kapieren”, warum andere Unternehmen erfolgreich damit sind, „Kopieren”, wo Praktiken und

Vorgehensweisen passen und daraus den eigenen Veränderungsprozess systematisch gestal-

ten. Einen „One Best Way” gibt es nicht!

ENTERPRISE 2.0, SOCIAL BUSINESS ODER DIGITALE TRANSFORMATION?

Die Trennlinie zwischen den Begriffen Enterprise 2.0, Social Business und Digitale Transfor-

mation ist fließend und unscharf. Den Versuch, eine Trennschärfe in den Studien zu ermitteln

oder herzustellen, haben wir erst gar nicht gemacht. Zum einen wäre der Aufwand unverhält-

nismäßig groß geworden. Aber vor allem, weil es für unser Ziel, eine Metastudie zu Treibern,

Zielen und Performancefaktoren durchzuführen, keine große Rolle spielt, ob Re-Organisations-

Bemühungen und Change Management-Maßnahmen in den Unternehmen im Zeichen von

Enterprise 2.0, Social Business oder einer digitalen Transformation stehen. Unternehmen haben

2 Gartner Pressemitteilung (2013): Gartner Says 80 Percent of Social Business Efforts Will Not Achieve Intended

Benefits Through 2015 http://www.gartner.com/newsroom/id/2319215 (aufgerufen am 14.03.2016) 3 Gartner (2012): Predicts 2013: Social and Collaboration Go Deeper and Wider, Online:

https://www.gartner.com/doc/2254316/predicts--social-collaboration-deeper

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darüber hinaus ihre eigenen Definitionen, manche sprechen von einer agilen Organisation,

andere von der hybriden Organisation oder vom „Connected Enterprise“.

Wir werden im Folgenden auch keine Unterscheidung zwischen den Begriffen machen. Es geht

dabei immer um die organisatorische Transformation durch digitale Technologien am Arbeits-

platz.

DESIGN DER METASTUDIE

Wir wollen Unternehmen die Anforderungen an den Transformationsprozess aufzeigen und Me-

thoden zur Gestaltung an die Hand geben. Die Grundlage dafür bilden die Ergebnisse dieser

Metastudie. Ein Unternehmen kann diese unabhängig vom eigenen Vorgehen nutzen und in die

eigene Planung mit aufnehmen.

Die Auseinandersetzung mit diesem Studienmaterial und das Verständnis für deren Interpretation machen die Darstellung von Zitaten und Grafiken aus diesen Studien erforderlich. Demzufolge haben wir alle hier verwendeten Zitate und zitierten Grafiken nach §51 Urheberrechtsgesetz (UrhG) unverändert im Original belassen und deren Autorenschaft durch die entsprechende Quellenangabe kenntlich gemacht. Die Studien sind alle im Internet veröffentlicht bzw. öffentlich (tlw. mit kostenloser Registrierung) zugänglich.

Aufbauend auf den Ergebnissen der Metastudie haben wir Methoden entwickelt, die den Trans-

formationsprozess unterstützen sollen, siehe folgende Übersicht zum Design der Studie.

KAPITEL ANFORDERUNGEN METHODEN

KAPITEL 1: TREIBER WIE GROß IST DER REALISIERUNGSDRUCK

IN DEN UNTERNEHMEN? SIND AUSREICHEND RESSOURCEN FÜR DIE

VERÄNDERUNGEN VORHANDEN?

1 KLARHEIT ÜBER TREIBER

VERSCHAFFEN 2 RAHMENBEDINGUNGEN IM

UNTERNEHMEN KLÄREN

KAPITEL 2: ZIELE WAS SIND DIE UNTERNEHMENSZIELE FÜR

BUSINESS TRANSFORMATION? WAS SOLL WANN ERREICHT WERDEN?

3 ZIELE SETZEN

4 ZIELE ANHAND DER TREIBER

PRIORISIEREN

KAPITEL 3: PERFOR-MANCEFAKTOREN FÜR

ERFOLG UND RISIKEN

WELCHE FAKTOREN BEEINFLUSSEN DEN

VERÄNDERUNGSPROZESS UND WIE? WELCHE FAKTOREN HABEN PRIORITÄT?

5 ERMITTLUNG DES

HANDLUNGSBEDARFS IM

UNTERNEHMEN 6 „READINESS ASSESSMENT”

KAPITEL 4: BUSINESS

TRANSFORMATION

EXCELLENCE

WELCHE MAßNAHMEN FÜR

VERÄNDERUNGEN MÜSSEN

DURCHGEFÜHRT WERDEN? WIE KANN LANGFRISTIG NACHHALTIG

GEFÜHRT WERDEN?

7 CHANGE MANAGEMENT

FRAMEWORK 8 ANSATZPUNKTE FÜR DIE

UNTERNEHMENSENTWICKLUNG

Design der Studie

Seite 7

Kapitel 1: Treiber

Treiber sind Umfeldfaktoren für ein Unternehmen, die dieses kaum selbst beeinflussen kann.

Treiber resultieren aus technischen, kulturbedingten, politischen, volkswirtschaftlichen Entwick-

lungen, die zu neuen Marktkonstellationen führen und Verhaltensänderungen von Menschen

bewirken können. Ihr Einfluss auf Unternehmen ist unterschiedlich stark, aber nicht grundsätz-

lich zu verhindern. Welche Treiber für ein Unternehmen relevant sind und wie stark sie wirken,

muss das Unternehmen für sich selbst bewerten. Die Chancen der Treiber zu nutzen erfordert

darüber hinaus die Bereitstellung ausreichender Ressourcen.

Kapitel 2: Ziele

Ein Unternehmen muss sich auf Treiber einstellen, indem es seine Unternehmensziele über-

prüft, inwieweit diese auf die kommenden Veränderungen vorbereitet sind. Wenn dies nicht der

Fall ist, muss es seine Ziele, je nach Druck der Treiber auf das Unternehmen, entsprechend

darauf abstimmen und anpassen. In manchen Fällen sind auch völlig neue Ziele auf der Agenda

notwendig. Die Priorisierung der Ziele ist für die Planung des Realisierungsprozesses zwingend.

Kapitel 3: Performancefaktoren

Um die definierten Ziele zu erreichen, werden diesen meist Erfolgsfaktoren zugeordnet, um auch

messen zu können, wenn ein Ziel erfolgreich erreicht wurde. Jede Veränderung in einem Unter-

nehmen birgt Risiken. Daher werden bei Veränderungsprozessen üblicherweise auch Barrieren

identifiziert, die diese stören können. Angesichts der Tatsache, dass viele Vorhaben mit dieser

doch eher „Schwarz-Weiß-Sicht” auf Erfolgsfaktoren und Barrieren trotzdem scheitern, sich ver-

zögern oder in die Länge ziehen, wollen wir hier den Blick auch auf solche Aspekte richten, die

für das Vorhaben förderlich sind und ein Scheitern verhindern können. Dazu haben wir Misser-

folgsbarrieren identifiziert. Hilfreich ist des Weiteren, die Barrieren zu differenzieren in diejeni-

gen, die überwindbar sind und in solche, die ein Unternehmen unbedingt vermeiden sollte, wenn

man das Vorhaben nicht gefährden will. Beide Gruppen haben wir analysiert und deren Fakto-

ren in einer Kraftfeldmatrix zusammengestellt und bewertet. Die Zusammenstellung aller Fakto-

ren, die eher erfolgsversprechend sind und solcher, die es eher zu vermeiden gilt, erleichtert

Unternehmen, ihren Handlungsbedarf zu ermitteln. Die Priorisierung der Faktoren mittels geeig-

neter Bewertungsverfahren würde zu einer weiteren Risikominimierung des Transformationspro-

zesses beitragen.

Kapitel 4: Business Transformation Excellence

Handlungsdruck im Management erzeugen, Ziele unterstützen, Erfolgsfaktoren fördern, Barrie-

ren aus dem Weg räumen, für all diese Aktionen gibt es geeignete Change Management Maß-

nahmen, die Veränderungen in Gang setzen und auch Akzeptanz bewirken können. Der Anfang

ist gemacht, aber was kommt dann? Praktikable Orientierungsrahmen und handhabbare Mana-

gementtools zur Planung und Steuerung einer Social Business Excellence stecken noch in den

Kinderschuhen. Es gibt aber Ansätze, um die notwendige unternehmerische Nachhaltigkeit si-

cherzustellen und die Grundlagen für eine ganzheitliche Unternehmensentwicklung zu schaffen.

Seite 8

KAPITEL 1: TRIEBKRÄFTE FÜR ENTERPRISE 2.0

Für die Realisierung eines Enterprise 2.0 sprechen viele Faktoren. Aber obwohl die Kommuni-

kation sowohl im Privatleben als auch in den Unternehmen bereits wesentlich vernetzter, inter-

aktiver und mobiler geworden ist, sind viele Entscheider in den Unternehmen noch nicht über-

zeugt, dass Social Media und entsprechende Enterprise 2.0-Tools durch die neuen Möglichkei-

ten der Kollaboration und Vernetzung einen wichtigen Beitrag für den zukünftigen Unterneh-

menserfolg haben werden.

Im Jahr 2006 hat Andrew McAfee Enterprise 2.0 noch als eine emergente, d.h. sich spontan

herausbildende, Nutzung von sozialen Softwareplattformen in Unternehmen oder zwischen

Unternehmen und ihren Partnern und Kunden charakterisiert. Also eine eher technische Per-

spektive. In der aktuellen Diskussion rund um Enterprise 2.0 spielt diese technische Sichtweise

immer noch eine Rolle, aber der Fokus wird mehr auf die Entwicklung der Unternehmenskultur

durch neue Formen der Kollaboration und Vernetzung gerichtet.

Was sorgt nun in den Unternehmen für einen genügend hohen Realisierungsdruck, um die Be-

reitschaft zu schaffen, das Thema Enterprise 2.0 anzupacken? Wo liegen die Mehrwerte des

Einsatzes von Enterprise 2.0-Tools? Gelingt es, sich mit Enterprise 2.0 konkrete Wettbewerbs-

vorteile zu verschaffen? Was sind überzeugende Argumente, um gewohnte Routinen in der

Führung, der Zusammenarbeit und der Kommunikation zu verlassen? Welchen Payback kann

man für den Aufwand erwarten, den die Umstellung des Arbeitsalltags sowohl bei Mitarbeitern

als auch bei Führungskräften erfordert?

In jedem Unternehmen gibt es eine Vielzahl an Initiativen. Diese stehen untereinander in Kon-

kurrenz, da sie um Budgets, um Experten, um die Aufmerksamkeit der Entscheider wetteifern.

Welche Initiativen eine hohe Priorisierung erhalten und dann realisiert werden, hängt davon ab,

ob sich genügend hoher Realisierungsdruck (manche sprechen auch von Leidensdruck) aufge-

baut hat und ob es genügend Promotoren im Unternehmen für eine bestimmte Initiative gibt.

Bei der Analyse der Studien haben wir zehn zentrale Triebkräfte identifiziert:

1. ZUNAHME DER BEDEUTUNG DER WISSENSARBEIT

2. VERFÜGBARKEIT VON ENTERPRISE 2.0-TECHNOLOGIEN

3. GESTALTUNG EINER ATTRAKTIVEN, ZUKUNFTSFÄHIGEN ARBEITSWELT

4. ZUNAHME DER GLOBALEN ZUSAMMENARBEIT

5. AUSWIRKUNGEN DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS

6. ZUNAHME DER MENGE AN RELEVANTEN INFORMATIONEN

7. STEIGENDER WETTBEWERBSDRUCK

8. ZUNAHME DER BEDEUTUNG VON SOCIAL MEDIA IM KUNDENMANAGEMENT

9. STEIGENDE BEDEUTUNG EXTERNER ZUSAMMENARBEIT

10. ERHÖHUNG DER INNOVATIONSFÄHIGKEIT

Mit diesen Treibern und den dazu relevanten Ergebnissen der Metastudie werden wir uns im

Folgenden beschäftigen.

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Treiber 1: Zunahme der Bedeutung der Wissensarbeit

Die Menschen in den Unternehmen als Wissensträger zu verstehen und ihr Wissen im Sinne

von Problemlösungskompetenz zu nutzen, das ist ein wichtiges Paradigma in einem Enterprise

2.0. Auf der Suche nach den Wissensschätzen in den Unternehmen hört man seit vielen Jahren

immer wieder die gleiche Aussage von Entscheidungsträgern: „Wenn wir als Unternehmen wüs-

sten, was wir als Unternehmen wissen”. Digitales Wissen wird zum Motor der Wertschöpfung in

den Unternehmen. Aus dieser Problemstellung heraus ist Wissensmanagement als Disziplin

entstanden und viele „Wissensmanager” haben sich mit der Frage befasst, wie man internes

Wissen externalisieren kann. Aber so richtig erfolgreich waren alle Versuche, das Wissen in

Datenbanken, Dokumenten, Expertenverzeichnissen, Wissenslandkarten usw. zu erfassen,

nicht. Lediglich ein kleiner Teil des verfügbaren Wissens konnte damit abgerufen und genutzt

werden. Allenfalls die Schaffung von Kompetenzzentren für die Experten hat in den Unterneh-

men in einem bestimmten Umfang funktioniert, wobei die Chance, in solchen Expertenorganisa-

tionen mitzuwirken, auf einen kleinen Personenkreis beschränkt war. Die große Fülle an Wissen

steckt nach wie vor in den Köpfen der Mitarbeiter, und das hat auch noch den großen Vorteil,

dass sich dort das Wissens- und Erfahrungspotential durch die tägliche Arbeit und die Kreativität

der Menschen aktualisiert und weiterentwickelt.

In einem Enterprise 2.0 wird ein anderer Weg gegangen. Die Vernetzung der Menschen wird als

Voraussetzung verstanden, um gemeinsam, auch in zufälligen Konstellationen, Problemstellun-

gen bearbeiten und Herausforderungen lösen zu können. In einem wirtschaftlichen Umfeld, in

dem immer mehr Routinearbeiten auf technische Systeme verlagert werden, bekommt die Wis-

sensarbeit eine immer größere Bedeutung für die Unternehmen. Nach einer AIIM-Studie4 sehen

75 Prozent der Unternehmen daher auch die bessere Nutzung des vorhandenen Wissens als

einen wichtigen Treiber für Enterprise 2.0 an. An zweiter Stelle folgt dann die Verbesserung der

Zusammenarbeit mit 69 Prozent.

Im Jahr 1995 beschrieb Dostal5 die Auswirkungen des technologischen Wandels seit Beginn der

Industrialisierung. Der Trend der Verlagerung von Arbeitsplätzen vom Industrie- in die Dienst-

leistungs- und Informationssektoren wurde deutlich sichtbar (siehe Schaubild 1).

4 AIIM (Hrsg., 2009), Collaboration and Enterprise 2.0 - Work-meets-play or the future of business?, S. 10. Online:

www.aiim.org/PDFDocuments/36789.pdf 5 Dostal, W. (1995), Die Informatisierung der Arbeitswelt - Multimedia, offene Arbeitsformen und Telearbeit, in:

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 28. Jg./1995, S. 527 - 543

Seite 10

Schaubild 1: Die Entwicklung des Informationsbereichs 1882 – 2010 (Dostal 1995)6

Das Beratungsunternehmen McKinsey7 unterscheidet drei Kategorien von Arbeitsplätzen, wobei

die Arbeitsplätze im Informationssektor noch in transaktionale und interaktive Tätigkeiten unter-

schieden werden. Die interaktiven Tätigkeiten beschreiben dabei die Wissensarbeit:

In der Industriekultur dominierten transformationale Tätigkeiten, wie sie für Werksarbeiter

in der Produktion typisch sind. Diese sind gekennzeichnet durch die starre Einteilung in

standardisierte Arbeitsabläufe. Mitarbeiter gewinnen Rohmaterialen (z.B. Arbeit in Berg-

werken) und wandeln diese in Endprodukte (z.B. Arbeit an Produktionslinien) um.

Transaktionale Tätigkeiten werden von Büro- und Sachbearbeitern durchgeführt. In der

Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft sind dies Tätigkeiten, die zu Beginn von

qualifizierten Arbeitskräften ausgeführt werden. Es sind aber häufig routinisierbare Auf-

gaben, d.h. sie können formal beschrieben und durch digitale Prozesse dann automati-

siert werden. Heute werden solche Aufgaben häufig auch in Niedriglohnländer ausgela-

gert.

Die dritte Kategorie umfasst interaktive Tätigkeiten. Diese umfassen Aufgaben, die eine

zwischenmenschliche Kommunikation mit Kollegen, Kunden und Wertschöpfungspart-

nern voraussetzen. Gegenseitige fachliche Unterstützung und Kollaboration sind Kenn-

zeichen einer Wissensgesellschaft. Die Wissensarbeiter müssen ihr Erfahrungswissen,

ihr Urteilsvermögen und ihre Einschätzungen nutzen, um komplexe Entscheidungen zu

treffen und mit Unvorhersehbarem umzugehen.

6 Dostal, W. (1995), Die Informatisierung der Arbeitswelt - Multimedia, offene Arbeitsformen und Telearbeit, in:

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 28. Jg./1995, S. 529 7 Johnson, B.C., J.M. Manyika und L.A. Lee (2005), The next revolution in interactions, in: McKinsey Quarterly 2005.

Online: http://www.mckinsey.com/insights/organization/the_next_revolution_in_interactions

Seite 11

Wenn man die Entstehung von neuen Arbeitsplätzen betrachtet, dann geschieht diese heute vor

allem bei den Wissensarbeitern. Sowohl in den Industrienationen als auch in den sich entwi-

ckelnden Ländern haben interaktive Tätigkeiten inzwischen eine hohe Bedeutung erlangt, wie

die Studie von McKinsey deutlich macht8 (siehe Schaubild 2).

Schaubild 2: Anteil der interaktiven Tätigkeiten in verschiedenen Ländern

(McKinsey 2012)9

Dieser Trend ist stark ausgeprägt. Nach Einschätzungen des CEB sind heute bereits über 80

Prozent aller Mitarbeiter zumindest teilweise mit Aufgaben befasst, die analytisches Denken und

Urteilsvermögen erfordern und selbst in produzierenden Unternehmen findet man mehr als 50

Prozent der Mitarbeiter, die Aufgaben als Wissensarbeiter erfüllen.

Angesichts der in der Vergangenheit wenig erfolgreichen Bemühungen, durch den Einsatz von

IT das Wissensmanagement in den Unternehmen zu einem Wertschöpfungsfaktor zu machen

sowie der nachweisbar zunehmenden Bedeutung von wissensintensiver Arbeit für den zukünfti-

gen Erfolg von Unternehmen, bietet der Enterprise 2.0 Ansatz neue Chancen der Effektivitäts-

und Effizienzsteigerung von Wissensarbeitern.

Bereits im Jahr 2005 veröffentlichte IDC10 eine Studie, die aufzeigte, welchen Zeitaufwand der

Umgang mit Informationen in den Unternehmen für einen Wissensarbeiter verursacht:

8 Lund, S., J. Manyika und S. Ramaswamy (2012), Preparing for a new era of work, in: McKinsey Quarterly 2012.

Online: http://www.mckinsey.com/insights/organization/preparing_for_a_new_era_of_work 9 Lund, S., J. Manyika und S. Ramaswamy (2012), Preparing for a new era of work, in: McKinsey Quarterly 2012,

Page 2. Online: http://www.mckinsey.com/insights/organization/preparing_for_a_new_era_of_work 10 Feldman, S., J. Duhl, J.R. Marobella und A. Crawford (2005), The Hidden Costs of Information Work. IDC White

Paper 2005

Seite 12

Für die Nutzung von E-Mail als dem zentralen Medium für den Austausch von Informatio-

nen und die Zusammenarbeit wurden pro Woche 14,5 Stunden (d.h. 36 Prozent) der

Arbeitszeit aufgewendet.

Auf die Erstellung von Dokumenten oder Präsentationen sowie deren Illustration entfie-

len im Durchschnitt 13,3 Stunden (d.h. 33 Prozent) der Arbeitszeit.

Die Suche und Analyse von Informationen benötigte 9,6 Stunden (d.h. 24 Prozent) der

Arbeitszeit.

Weiteren Zeitaufwand verursacht u.a. die Ablage und Organisation der Dokumente,

deren Abstimmung, ihre Weiterleitung sowie deren Veröffentlichung in unterschiedlichen

Kanälen.

Dabei geht viel Zeit unproduktiv verloren. Insbesondere dadurch, dass Informationen aus unter-

schiedlichen Quellen zusammengefügt werden müssen, dass relevante Informationen nicht

gefunden werden, man nicht auf den aktuellen Informationsstand zurückgreifen kann oder

Informationen von einem Format in ein anderes Format bringen muss. Bei einer 40 Stunden

Woche wird laut IDC schon mal die Hälfte der Arbeitszeit für solche Aufgaben verschwendet

(siehe Schaubild 3).

Schaubild 3: Verschwendete Wochenarbeitszeit pro Aufgabe (IDC 2005)11

Obwohl diese Daten schon zehn Jahre alt sind, können sie doch durch die persönliche Erfah-

rung in der Arbeitswelt von vielen Menschen geteilt werden. Im Gegenteil, man hat den Ein-

druck, dass sich die Situation in den letzten zehn Jahren eher noch verschärft als durch den

Einsatz von neuen IT-Technologien entspannt hat.

11 Feldman, S., J. Duhl, J.R. Marobella und A. Crawford (2005), The Hidden Costs of Information Work. IDC White

Paper 2005, Page 5

Seite 13

Nach wie vor wird die Produktivität von Wissensarbeitern durch Routinetätigkeiten wie der Su-

che nach Informationen oder der Bewältigung der E-Mail-Flut negativ beeinflusst. Aber auch

Experten, die ein bestimmtes Fach- oder Faktenwissen haben, können im Unternehmen nicht so

einfach gefunden und um Rat gefragt werden. Das McKinsey Global Institute geht davon aus,

dass durch eine bessere Kommunikation und Kollaboration beim Einsatz von Enterprise 2.0-

Tools die Produktivität von Wissensarbeitern um 20 bis 25 Prozent gesteigert werden kann

(siehe Schaubild 4).

Schaubild 4: Mögliche Produktivitätssteigerungen bei Wissensarbeitern

(McKinsey 2012)12

Relevante Arbeitspraktiken, die es ermöglichen, das umfassende Wissen der Mitarbeiter zu nut-

zen und die Produktivität von Wissensarbeiten zu steigern sind:

die Sichtbarkeit von Personen und Transparenz von Mitarbeiterkompetenzen erhöhen,

einen offenen und dezentralen Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern durch vielfäl-

tige Formen von Communitys ermöglichen,

gezielt unternehmensinterne Experten-Netzwerke aufbauen,

die Einbeziehung von externen Experten sowie eine unternehmensübergreifende Vernet-

zung von Experten ermöglichen.

12 Bughin, J., M. Chui, and J. Manyika (2012), Capturing business value with social technologies, in: McKinsey

Quarterly 2012, S. 3. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/capturing_business_value_with_social_technologies

Seite 14

Die große Bedeutung der Arbeitsgestaltung und des richtigen Einsatzes von leistungsfähigen IT-

Werkzeugen wird erkennbar, wenn man sich den Zusammenhang zwischen dem Anteil an Wis-

sensarbeitern in Relation zu dem möglichen Erfolg bei vergleichbaren Unternehmen im folgen-

den Schaubild 5 anschaut.13

Schaubild 5: Zusammenhang zwischen Wissensarbeit und Erfolg des Unternehmens

(McKinsey)14

Unternehmen mit einem hohen Anteil an Wissensarbeitern („Interaction Workers”) unterscheiden

sich in ihrer Performance, die in der Standardabweichung des EBITDA gemessen wird, sehr viel

mehr als Unternehmen, die einen niedrigen Anteil an Wissensarbeitern haben. Der Erfolg von

wissensintensiven Unternehmen hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, die erwähnten Ar-

beitspraktiken erfolgreich zu implementieren. Ein Grund für die großen Unterschiede dürfte sein,

dass es noch wenig gesichertes Erfahrungswissen darüber gibt, wie Wissensarbeit mit Enter-

prise 2.0-Tools attraktiv und nachhaltig gestaltet werden kann.

13 Chui, M. u.a. (2012), The social economy: Unlocking value and productivity through social technologies, in:

McKinseyQuarterly 2012. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/the_social_economy

14 Chui, M. u.a. (2012), The social economy: Unlocking value and productivity through social technologies, in: McKinseyQuarterly 2012, S. 46. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/the_social_economy

Seite 15

Treiber 2: Verfügbarkeit von Enterprise 2.0-Technologien

In den letzten Jahren haben Enterprise 2.0-Technologien einen Reifegrad erreicht, der in den

Unternehmen einen umfassenden Einsatz mit einer großen Anzahl an Nutzern ermöglicht. Man

findet sowohl leistungsfähige Open Source-Angebote für dedizierte Tools als auch ausgereifte

Angebote von integrierten Plattformen von großen Softwareunternehmen. Die Lösungsangebote

der Softwareanbieter sind auf unterschiedliche Zielgruppen (z.B. global agierende Konzerne,

mittelständische Unternehmen, Netzwerke von Unternehmen) ausgerichtet. Die Lösungen wer-

den je nach Anbieter als On-Premise-Angebot, in der Cloud oder in hybrider Form angeboten.

Marktforschungsinstitute wie Gartner (Gartner's Magic Quadrant for Social Software)15, Forrester

(Forrester Wave Enterprise 2.0 Social Platforms)16, IDC (IDC MarketScape Worldwide Enter-

prise Social Networks Vendor Assessment)17, Ovum (Ovum Decision Matrix: Enterprise Social

Networking)18 oder Lecko (Lecko Enterprise Social Nets study)19 stellen, teilweise in regelmäßi-

gen Abständen, ihre Bewertung der Lösungsangebote der Softwareanbieter vor (siehe Schau-

bild 6).

15 Drakos, N., J. Mann und M. Gotta (2014), Magic Quadrant for Social Software in the Workplace, Online:

https://www.gartner.com/doc/2836617/magic-quadrant-social-software-workplace 16 Koplowitz, R. (2014), The Forrester Wave: Enterprise Social Platforms, Q2 2014. Online:

http://de.slideshare.net/claudesuper/the-forrester-wave-enterprise-social-platforms-q2-2014 17 Thompson, V. (2014), IDC MarketScape: Worldwide Enterprise Social Networks 2014 Vendor Assessment. Online:

http://www.idc.com/getdoc.jsp?containerId=252332 18 Edwards, R. (2014), Ovum Decision Matrix: Selecting an Enterprise Social Networking Product, 2014. Online:

www.ovum.com/research/ovum-decision-matrix-selecting-an-enterprise-social-networking-product-2014/ 19 Rayrole, A., G. Gouraud, N. Noemie (2015), Preparing and organising your company for change. Latest

developments in enterprise social networking, Vol. 7. Online: http://referentiel.lecko.fr/en/publications-en/esn-volume-7-get-equipped-and-organised-to-transform-better/

Seite 16

Schaubild 6: Marktstudien zu Enterprise 2.0-Technologien

In vielen Unternehmen wurden die ersten Schritte auf dem Weg zu einem Enterprise 2.0 schon

seit einiger Zeit mit der Bereitstellung einer Lösung im Unternehmen gegangen.

Die regelmäßigen Studien von McKinsey belegen die zunehmende Verbreitung der verschiede-

nen Enterprise 2.0-Werkzeuge (siehe Schaubild 7).

Seite 17

Schaubild 7: Zeitliche Entwicklung der Adoption von Enterprise 2.0-Werkzeugen

(McKinsey 2013)20

Der Bergsteiger George Mallory soll einmal auf die Frage, warum er den Mount Everest bestei-

gen möchte, gesagt haben: „Because it’s there” („Weil er da ist.”). Nun kann es kein tragfähiges

Prinzip im Wirtschaftsleben sein, etwas zu nutzen, nur weil es ein bestimmtes technisches An-

gebot gibt. In vielen Unternehmen trifft man aber auf die Situation, dass die notwendigen Soft-

ware-Lizenzen schon eingekauft bzw. als Software-Bundle verfügbar sind. Oder die Werkzeuge

sind bereits installiert, wenngleich diese aus technischer und vor allem organisatorischer Sicht

noch nicht in vollem Umfang eingesetzt werden. Häufig wollte man erstmal Erfahrungen sam-

meln, die Werkzeuge einfach mal ausprobieren oder den Bedarf von einzelnen Arbeitsgruppen

decken. Aufgrund der geringen Erfahrungen scheute man damals noch zurück, diese Lösungen

als unternehmensweite und verbindliche Arbeitsplattform einzuführen. Nachdem in der Zwi-

schenzeit aber viele Erfahrungen gemacht wurden, sind die Unternehmen nun daran interes-

siert, die vorhandenen Tools effektiver und vor allem auch in einem größeren Umfang einzu-

setzen.

Treiber 3: Gestaltung einer attraktiven, zukunftsfähigen Arbeitswelt

Große Potentiale von Enterprise 2.0 liegen in der Schaffung einer Arbeitswelt, in der alle Mitar-

beiter die Möglichkeit bekommen, sich in das Unternehmen einzubringen, sich zu beteiligen und

mit ihren Kompetenzen zu partizipieren. Ansatzpunkte für die Gestaltung einer attraktiven,

20 Bughin, J. und M. Chui (2013), Evolution of the networked enterprise: McKinsey Global Survey results, in:

McKinseyQuarterly 2012, März 2013, Page 36. Online: http://www.mckinsey.com/insights/business_technology/evolution_of_the_networked_enterprise_mckinsey_global_survey_results

Seite 18

zukunftsfähigen Arbeitswelt in einem Enterprise 2.0, auch im Sinne einer Verbesserung des

Images als innovativer Arbeitgeber, sind:

einen offenen Informationsaustausch über Hierarchien hinweg ermöglichen,

die Transparenz von Informationen und Entscheidungen steigern,

die Arbeit in virtuellen Communitys im Unternehmen effektiv unterstützen,

mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung ermöglichen,

die Arbeit zu mobilisieren.

Die Transformation zu einem Enterprise 2.0 erfordert eine weitreichende Veränderung der

Unternehmenskultur. Studien haben gezeigt, dass dabei die organisatorische Offenheit ein

wichtiger Faktor ist. Jane McConnell21 hat in einer Studie für Change Agent Worldwide dazu

festgestellt, dass Vorreiter auf dem Weg zum Enterprise 2.0 in sehr viel geringerem Umfang den

Zugang zu externen sozialen Netzwerken einschränken, aber in größerem Umfang Diskussio-

nen auch außerhalb der eigentlichen Arbeitsaufgaben erlauben und ungefilterte Diskussionen

ermöglichen (siehe Schaubild 8).

Schaubild 8: Indikatoren für eine organisatorische Offenheit (McConnell 2013)22

Die organisatorische Offenheit ist beispielsweise bei der Nutzung von virtuellen Communities ein

wichtiger Erfolgsfaktor. Wenn virtuelle Communities in einer Arbeitsumgebung eingesetzt wer-

den, in der die Mitarbeiter bereits regelmäßig im Arbeitsalltag zusammenarbeiten und damit

auch gewisse Gewohnheiten entwickelt haben, dann ist der Erfolg dieser Communities nach

einer Studie von Lecko nicht so beeindruckend, wie, wenn Mitarbeiter in einer Community

21 McConnell, J. (2013), Change: Leading not Managing. Extract from Digital Workplace Trends 2013, White Paper

von Change Agents Worldwide, 2013. Online: http://www.changeagentsworldwide.com/whitepaper/2 22 McConnell, J. (2013), Change: Leading not Managing. Extract from Digital Workplace Trends 2013, White Paper

von Change Agents Worldwide, 2013, Page 8. Online: http://www.changeagentsworldwide.com/whitepaper/2

Seite 19

zusammenarbeiten, die nur gelegentlichen Kontakt haben oder sich auch gar nicht kennen

(siehe Schaubild 9).

Schaubild 9: Organisatorische Offenheit am Beispiel von Communities

(Rayrole 2015)23

Eine weitere Dimension der organisatorischen Offenheit ist die zunehmende Selbstbestimmung

über Arbeitszeit (z.B. Vertrauensarbeitszeit) und Arbeitsort (z.B. non-territoriale Arbeitsformen).

Bei den flexiblen Arbeitsmodellen dominieren Telearbeit, flexible Arbeitszeiten sowie Teilzeitar-

beit (siehe Schaubild 10).

Schaubild 10: Entwicklung von flexiblen Arbeitsmodellen (WorldatData 2013)24

23 Rayrole, A., G. Gouraud, N. Noemie (2015), Preparing and organising your company for change. Latest

developments in enterprise social networking, Vol. 7, Page 25. Online: http://referentiel.lecko.fr/en/publications-en/esn-volume-7-get-equipped-and-organised-to-transform-better/

24 WorldatData (Hrsg., 2013), Survey on workplace flexibility 2013, Page 6

Seite 20

Aus technischer Sicht ist dazu der Einsatz von mobilen Technologien, die den Zugang zu Enter-

prise 2.0-Werkzeugen ermöglichen, von großer Bedeutung für eine attraktive, zukunftsfähige

Arbeitswelt. In einem White Paper von Citrix25 aus dem Jahr 2012 findet man die Feststellung,

dass bis zum Jahr 2020 89 Prozent aller Unternehmen einen mobilen Arbeitsstil ermöglichen

wollen. Die Mehrheit der Unternehmen möchte dieser Studie zufolge kollaborative und inspirie-

rende Arbeitsplätze schaffen (64 Prozent), flexibles Arbeiten ermöglichen (61 Prozent), die vor-

handenen Räumlichkeiten besser nutzen (55 Prozent) und die neuesten Technologien am Ar-

beitsplatz zur Verfügung stellen (55 Prozent).

Treiber 4: Zunahme der globalen Zusammenarbeit

Unternehmen arbeiten heute in globalen Zusammenhängen. Das trifft nicht nur auf weltweit

agierende Großunternehmen zu, sondern auch mittelständische Unternehmen haben heute

häufig weltweit verteilte Vertriebskanäle, Entwicklungseinheiten, Produktionsstätten oder Zuliefe-

rer. Häufig müssen dabei die globalen Strategien an die Erfordernisse der lokalen Märkte ange-

passt werden.

In einem Enterprise 2.0 gibt es im Hinblick auf die globale Vernetzungsdichte eine Vielzahl an

Chancen:

die gemeinsame Unternehmenskultur auf einer globalen, unternehmensweiten Basis

stärken,

die emotionale Verbindung zum Unternehmen von geografisch weitverteilten Mitarbeiten

verbessern,

Länder- und funktionsübergreifende Zusammenarbeit fördern und eine lokale Partizipa-

tion bei Entscheidungen ermöglichen,

die Barrieren zwischen Regionen und Zentralbereichen durch einen besseren Informa-

tionsaustausch abbauen,

eine Zusammenarbeit von global verteilten Teams ermöglichen,

kulturell heterogene Führungsteams bilden.

Nach einer Studie von AIIM stehen die Überwindung von geografischen Barrieren sowie Abtei-

lungsgrenzen, aber auch die Effizienzverbesserung bei verteilt arbeitenden Produktteams, an

zweiter Stelle der wichtigsten Treiber für Enterprise 2.0. (siehe Schaubild 11)

25 Citrix (Hrsg, 2012), Workplace of the Future: a global market research report, Citrix White Paper 2012. Online:

http://www.citrix.com/content/dam/citrix/en_us/documents/products-solutions/workplace-of-the-future-a-global-market-research-report.pdf

Seite 21

Schaubild 11: Die wichtigsten Treiber für Enterprise 2.0 (AIIM, 2011)26

Treiber 5: Auswirkungen des demografischen Wandels

In einer Zeit, in der sich die Bevölkerungsstruktur von einer Pyramide zum einem Pilz entwickelt

hat, wird die Zusammenarbeit zwischen den Generationen ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die unter-

schiedlichen Mitarbeitergenerationen in den Unternehmen erfordern es, die Arbeitsprozesse an

den Anforderungen der Menschen ausgerichtet zu gestalten. Die Grenzen zwischen Privat- und

Berufsleben verschwinden, die Unternehmen müssen familienfreundliche und altersgerechte

Arbeitsmodelle anbieten, die Belegschaft wird internationaler und die „Digital Natives” sind den

Umgang mit Social Media im privaten Bereich gewohnt und erwarten auch in den Unternehmen

eine einfache, schnelle und offene Kommunikation.

Argumente für ein Enterprise 2.0 sind in diesem Umfeld:

Attraktivität des Unternehmens für alle Mitarbeitergenerationen sicherstellen um die

unterschiedlichen Kompetenzen nutzen zu können,

Diversität durch die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen unterstützen,

Bessere Personalgewinnung von Nachwuchsmitarbeitern,

Internationalisierung der Belegschaft.

Eine Studie von Forbes aus dem Jahr 2011 veranschaulicht, dass Diversität in einem Unterneh-

men Kreativität und Innovation erzeugt. 85 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass

das Zusammenwirken von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Qualifikationen, Hintergründen und

Erfahrungen ein Schlüssel zur effektiven Problemlösung ist (siehe Schaubild 12).

26 Miles, D. (2011), Social Business Systems - success factors for Enterprise 2.0 applications. AIIM 2011, S. 6.

Online: http://www.aiim.org/pdfdocuments/IW-SocialBusiness-2011.pdf

Seite 22

Schaubild 12: Diversität ermöglicht unterschiedliche Perspektiven und Ideen und

fördert damit Innovationen (Forbes 2011)27

Im Bericht „State of the World’s Science 2014″28 zum Thema Diversität von Scientific American

findet man eine Übersicht zu einer Reihe von Forschungsarbeiten29, die neben der Kreativität

auf einen weiteren Faktor hinweisen: Diversität führt dazu, dass sorgfältiger und härter gearbei-

tet wird. Der Grund wird darin gesehen, dass man in heterogenen Teams bereits im Vorfeld der

eigentlichen Arbeit mehr Alternativen in Erwägung zieht.

Treiber 6: Zunahme der Menge an relevanten Informationen

Unternehmen erleben ein dynamisches Wachstum sowohl ihrer strukturierten als auch insbe-

sondere der unstrukturierten Datenbestände. Gleichzeitig befinden sich zunehmend wichtige

Daten und Informationen im Internet, also außerhalb der Grenzen des Unternehmens. Der

wachsende Datenstrom wird durch eine Vielzahl von relevanten Quellen wie interne Kollaborati-

onsanwendungen, externe Social Media Lösungen und mobile Anwendungen getrieben. Mit „Big

Data“ entstehen neue Wege der Datenanalyse, welche die Nutzung von Kundendaten, Transak-

tionsdaten aus Businessanwendungen und Daten aus dem Internet der Dinge ermöglichen.

Nach einer Studie von IDC30 sind nur 22 Prozent der Daten im „digitalen Universum” nutzbar,

z.B. durch eine vorgenommene Klassifizierung. Und nur 5 Prozent der Daten werden tatsächlich

27 Forbes (Hrsg., 2011), Global diversity and inclusion. Forstering innovation through a diverse Workforce, Forbes

2011, Page 5 28 State of the World’s Science 2014, Online: http://www.scientificamerican.com/editorial/state-of-the-worlds-science-

2014/ Letzter Zugriff: 24.03.2015 29 How Diversity Makes Us Smarter, Online: http://www.scientificamerican.com/article/how-diversity-makes-us-

smarter/ Letzter Zugriff: 24.03.2015 30 Turner, V. u.a. (2014), The Digital Universe of Opportunities: Rich Data and the Increasing Value of the Internet of

Things, IDC White Paper 2014. Online: http://idcdocserv.com/1678

Seite 23

genutzt. Gleichzeitig haben McAfee und Brynjolfsson den ökonomischen Nutzen von datenba-

sierten Entscheidungen nachgewiesen: Unternehmen, die in ihrem Industriesegment im Hinblick

auf die Nutzung von datenbasierten Entscheidungen zum oberen Drittel gehören waren durch-

schnittlich 5 Prozent produktiver und 6 Prozent profitabler als ihre Wettbewerber.31 Eine Studie

des BARC-Instituts belegt, dass Big-Data-Analysen zu vielfältigen Mehrwerten führen können

(siehe Schaubild 13).

Schaubild 13: Mehrwerte aus Big Data Analysen: Erwarteter Nutzen 2012 und

tatsächlich realisierter Nutzen 2013 (BARC 2014)32

Die wachsenden Datenmengen sind für Unternehmen sowohl ein Problem als auch eine Chan-

ce. Aus Daten muss erst Wissen werden, es muss etwas „entdeckt“ werden. Die geschäftlichen

Strategien der Unternehmen beruhen zunehmend auf der effizienten und effektiven Nutzung von

Daten und Informationen. Dabei muss immer mehr Arbeitszeit von Führungskräften und Mitar-

beitern für den Umgang mit Daten und Informationen eingesetzt werden. Häufig können die Ar-

beitsaufgaben aber erst durch den intensiven Austausch von Daten und Informationen mit Kolle-

gen erledigt werden.

Aus der Perspektive eines Enterprise 2.0 können im Hinblick auf die Bewältigung der Daten-

und Informationsflut relevante Informationen

31 McAfee, A. und E. Brynjolfsson (2012), Big Data: The Management Revolution, in: Harvard Business Review,

Oktober 2012. Online: https://hbr.org/2012/10/big-data-the-management-revolution/ar/2 32 Bange, C. und N. Janoschek (2014), Big Data Analytics 2014 – Auf dem Weg zur datengetriebenen Wirtschaft.

BARC-Institut 2014, S. 21. Online: http://de.slideshare.net/BlueYonderAnalytics/barc-studie-big-data-analytics-2014

Seite 24

durch gemeinsames Klassifizieren (z.B. durch Taggen) bewertet und damit sichtbar

gemacht,

durch Mechanismen zum Austausch von Informationen einfach und komfortabel geteilt

bzw. verbreitet und

in einem breiteren Umfang durch verschiedene Such- und Filtermöglichkeiten zugänglich

gemacht werden.

Erste Priorität haben dabei unstrukturierte Daten sowie externe Informationen aus dem Internet.

Gleichzeitig müssen Lösungen gefunden werden, um die Datensicherheit auch in einem Umfeld

sicherzustellen, bei dem mehr Mitarbeiter Zugang zu den Daten- und Informationen haben.

Auch eine Fokussierung und Konzentration des einzelnen Mitarbeiters auf das Wesentliche ist

angesichts der größeren Informationsmengen notwendig.

Treiber 7: Steigender Wettbewerbsdruck

In der aktuellen Managementdiskussion werden aktuell unter dem Begriff VUCA33 die vier zen-

tralen Herausforderungen der Unternehmen zusammengefasst, die bewältigt werden müssen,

um im Wettbewerb erfolgreich zu sein:

1. Volatility (Unberechenbarkeit),

2. Uncertainty (Ungewissheit),

3. Complexity (Komplexität) und

4. Ambiguity (Ambivalenz).

Fragen wie „was weiß man über die aktuelle Situation” oder „wie gut kann man das Ergebnis

einer bestimmten Handlung vorhersagen” sind angesichts schnell wechselnden Rahmenbedin-

gungen und vielschichtigen Interessenskoalitionen dabei immer schwerer zu beantworten. Der

Notwendigkeit, Veränderungen des Marktes besser und schneller zu verstehen sowie diese im

Strategieentwicklungsprozess aufzugreifen, wird nach einer Studie des MIT eine hohe Bedeu-

tung zugeschrieben (siehe Schaubild 14).

33 Bennett, N. und G.J. Lemoine (2014), What VUCA Really Means for You, Harvard Business Review 2014. Online:

https://hbr.org/2014/01/what-vuca-really-means-for-you

Seite 25

Schaubild 14: Verbesserungsnotwendigkeiten in den Unternehmen (MIT Sloan 2013)34

Ein steigender Wettbewerbsdruck ist für Unternehmen sicher kein neues Phänomen. Aber jede

dieser vier VUCA Herausforderungen benötigt bestimmte Handlungsmuster. Mit Enterprise 2.0

versuchen sich Unternehmen daher auf vielfältigen Wegen einen Wettbewerbsvorteil zu ver-

schaffen. Beispiele sind:

die Agilität, d.h. die Fähigkeit eines Unternehmens flexibel und anpassungsfähig zu agie-

ren, erhöhen

das Verständnis für Trends und Veränderungen des Marktes verbessern

schneller auf Veränderungen des Marktes reagieren

neue Marktchancen identifizieren

Die hohe Bedeutung, die der Einsatz von Enterprise 2.0-Werkzeugen für geschäftliche Zielset-

zungen hat, wird in der Studie von Millward Brown35 deutlich:

Von einer Veränderung der Geschäftsstrategien durch Enterprise 2.0-Werkzeuge gingen

70 Prozent der Befragten aus.

72 Prozent der Befragten gingen von positiven Auswirkungen beim Einsatz von Enter-

prise 2.0-Werkzeugen im Hinblick auf ein schnelleres Wachstum und 68 Prozent auf die

Wettbewerbsfähigkeit aus.

34 Kiron, D. u.a. (2013), Social Business: Shifting Out of the First Gear. MIT Sloan Management Research Report

2013, Page 23 35 Millward Brown (Hrsg., 2012), How Social Tools Drive Business Success. European Survey Results, 2012. Online:

http://www.millwardbrown.com/docs/default-source/insight-documents/articles-and-reports/Googe_MillwardBrown_How-Social-Technologies-Drive-Business-Success_201205.pdf

Seite 26

Dies wird noch dadurch untermauert, dass 81 Prozent der Befragten aus dynamischen,

d.h. stark wachsenden Unternehmen angaben, dass dort Enterprise 2.0-Werkzeuge

genutzt werden.

Aber man findet im Kontext von Enterprise 2.0 auch klassische Wettbewerbsstrategien wie eine

Verbesserung der operativen Effizienz oder eine Reduktion der Kosten.

Treiber 8: Zunahme der Bedeutung von Social Media im Kundenmanagement

Viele Unternehmen setzen Enterprise 2.0-Tools intern ein und ermöglichen damit eine bessere

Kollaboration und Kommunikation der Mitarbeiter untereinander. Gleichzeitig nutzen die Unter-

nehmen „Social Media” für das Kundenmanagement in Form von Facebook-Auftritten, Kunden-

Communities oder auch sozialen CRM Netzwerken. Häufig sind diese Lösungen noch isoliert

voneinander. In der Realität bedingen sich beide Formen aber wechselseitig.

Um den steigenden Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden, hat die Verbesserung des Kun-

denservice eine hohe Priorität. Dazu reicht es nicht aus, sich bei der externen Nutzung von

„Social Media” alleine auf das Marketing zu fokussieren und möglichst viele „Fans” zu gewinnen:

Notwendig sind integrierte Kundenkontaktpunkte über physische und digitale Kanäle hin-

weg. Dazu braucht es vernetzte Mitarbeiter, deren Qualifikationen an Geschäftschancen

ausgerichtet sind.

Viele Mitarbeiter, die unternehmensinterne soziale Netzwerke nutzen, wollen und müs-

sen auch mit den Kunden auf den externen sozialen Netzwerken kommunizieren.

Inhalte, die auf einem Netzwerk erstellt wurden, sind möglicherweise auch für die Ver-

öffentlichung auf einem anderen Netzwerk spannend.

Beim Einsatz von Social Media im Kundenmanagement geht es also nicht, vereinfacht gesagt,

um die Adaption des firmeninternen Intranets nach außen. Sondern um einen Paradigmen-

wechsel, der die Entstehung neuer Ökosysteme fördert und mit „Social Business” beschrieben

wird.

Nach Studienergebnissen des MIT beginnen viele Unternehmen ihren Weg zum Social Busi-

ness im Marketing und dehnen den Einsatz dann auf andere Fachbereiche und Geschäftspro-

zesse aus (siehe Schaubild 15).

Seite 27

Schaubild 15: Entwicklungsstufen von Social Business (MIT Sloan 2014)36

Diese Ergebnisse werden von einer Studie von McKinsey unterstützt, in der die Nutzung von

Enterprise 2.0-Werkzeugen über 18 Geschäftsprozesse hinweg befragt wurde. Das Interesse,

kundenorientierte Prozesse zu unterstützen, ist aktuell noch sehr viel ausgeprägter als ein Ein-

satz bei anderen operativen Geschäftsprozessen (siehe Schaubild 16).

36 Kane G.C., D. Palmer, A.N. Phillips and D. Kiron (2014), Finding the Value in Social Business, in: MITSloan

Management Review, Spring 2014. Online: http://sloanreview.mit.edu/article/finding-the-value-in-social-business/

Seite 28

Schaubild 16: Einsatz von Enterprise 2.0-Werkzeugen in Geschäftsprozessen

(McKinsey 2015)37

Treiber 9: Steigende Bedeutung externer Zusammenarbeit

Die Nutzung von Enterprise 2.0-Werkzeugen findet zunehmend jenseits der organisatorischen

Grenzen eines Unternehmens statt. Es entsteht ein Ökosystem eines Enterprise 2.0, welches

nicht nur auf der Kollaboration mit Kunden, sondern auch Partnern und Lieferanten, beruht.

Enterprise 2.0-Werkzeuge werden dabei dazu eingesetzt, um wichtige Aufgaben in einer neuen

Art und Weise zu erledigen. Beispiele sind:

Einbeziehen von externen Mitarbeitern

Unternehmensübergreifende Teamarbeit mit Partnern und Lieferanten in den regelmäßi-

gen täglichen Arbeitsaufgaben

Kollaboration und integrierter Informationsfluss mit Partnern und Lieferanten in gemein-

samen Projekten und Prozessen

Unternehmensübergreifende fachlich orientierte Netzwerke mit anderen Experten

37 Bughin, J., M. Chui und M. Harrysson (2015), Transforming the Business Through Social Tools, McKinsey &

Company 2015, Page 3. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/transforming_the_business_through_social_tools

Seite 29

In einer Studie des „IBM Institute for Business Value” aus dem Jahr 201238 wird die Kollabora-

tion jenseits der organisatorischen Grenzen als ein wichtiger nächster Schritt bei der Entwick-

lung von Social Business beschrieben. Die befragten Unternehmen sehen hier einen hohen

Nachholbedarf (siehe Schaubild 17).

Schaubild 17: Aktueller und zukünftiger Einsatz von Enterprise 2.0-Werkzeugen zur

Kollaboration jenseits der Grenzen eines Unternehmens (IBM 2012)39

Im Jahr 2015 gaben in einer Studie von McKinsey40 41 Prozent der Unternehmen an, dass sie

mit externen Gruppen unter Einsatz von Enterprise 2.0-Werkzeugen zusammenarbeiten. Von

den Unternehmen, die hier aktiv waren, gaben 66 Prozent der Unternehmen an, dass sie da-

durch von einem schnelleren Zugriff auf Wissen profitieren. An zweiter Stelle haben die Unter-

nehmen, die Enterprise 2.0-Werkzeuge über ihre organisatorischen Grenzen hinaus einsetzen,

von der Reduktion von Kommunikationskosten profitiert (siehe Schaubild 18).

38 Cortada, J.W., E. Lesser und P.J. Korsten (2012): The Business of Social Business, IBM Institute for Business

Value, 2012 39 Cortada, J.W., E. Lesser und P.J. Korsten (2012): The Business of Social Business, IBM Institute for Business

Value, 2012, Page 7 40 Bughin, J., M. Chui und M. Harrysson (2015), Transforming the Business Through Social Tools, McKinsey &

Company 2015. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/transforming_the_business_through_social_tools

Seite 30

Schaubild 18: Nutzen des Einsatzes von Enterprise 2.0-Werkzeugen jenseits der

Grenzen eines Unternehmens (McKinsey 2015)41

Treiber 10: Erhöhung der Innovationsfähigkeit

Der Innovationsprozess in den Unternehmen ist nicht mehr zwangsläufig nur eine Domäne von

Forschern und Ingenieuren. Enterprise 2.0-Werkzeuge werden zur Gestaltung von Prozessen

genutzt, welche die Entstehung und Entwicklung von Ideen unter Einbeziehung einer Vielzahl

von Mitarbeitern ermöglichen. Soziale Technologien ermöglichen, den Innovationsprozess zu

öffnen, um ein neues Produkt zu entwickeln oder ein aktuelles Problem zu lösen, und das so-

wohl intern als auch extern. Ideen bekommen eine größere Sichtbarkeit, unabhängig davon, wer

diese Idee hat. Möglichkeiten, um die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens durch die Nut-

zung von Enterprise 2.0-Werkzeugen zu erhöhen, sind:

Interne Communitys of Practices bringen Mitarbeiter mit den gleichen Interessen und

Zielen zusammen, vorhandenes Wissen zu teilen und neues Wissen zu schaffen.

Innovationsprozesse können unter Einbeziehung einer Vielzahl von Personen z.B. in

Form eines Jams gestaltet werden. Dabei werden in einer strukturierten Art und Weise

von den beteiligten Personen (die Spannbreite reicht dabei von einigen Mitarbeitern bis

hin zu mehreren tausend Mitarbeitern) Ideen entwickelt, diskutiert und bewertet werden.

41 Bughin, J., M. Chui und M. Harrysson (2015), Transforming the Business Through Social Tools, McKinsey &

Company 2015, Page 7. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/transforming_the_business_through_social_tools

Seite 31

Social Media-Plattformen, die auf den Crowdsourcing- und Open Innovation-Ideen auf-

setzen, ermöglichen es, den Unternehmen ihren Bedarf zu kommunizieren und damit

gezielt die externen Kompetenzen zu nutzen.

Nutzung der verschiedenen Social Media Kanäle zur Identifikation von Trends und Mei-

nungen zu aktuellen Produkten und Dienstleistungen nicht nur unter Einbeziehung von

Lead Usern, sondern aus der Sicht von Kunden bzw. der gesamten Community im Netz.

Die Unternehmen sehen in einer Erhöhung der Innovationsfähigkeit durchaus einen Treiber für

Enterprise 2.0, aber nach verschiedenen Studien hat dieser Treiber bislang einen nachrangigen

Stellenwert. Im Ergebnisbericht der Studie „Enterprise 2.0 – Konsequenzen für die Arbeitswelt

von morgen: Status Quo 2013“42 der Wiesbaden Business School findet man die Erhöhung der

Innovationsfähigkeit nur im Mittelfeld der Nennungen (siehe Schaubild 19).

Schaubild 19: Ziele, die in den Unternehmen mit Enterprise 2.0 verfolgt werden

(Petry 2013)43

Dieses Ergebnis deckt sich mit dem einer Studie von Forrester im Auftrag von IBM, in der dem

Thema Innovationsfähigkeit ebenfalls nur eine mittlere Bedeutung zugemessen wird (siehe

Schaubild 20).

42 Petry, T. (2013), Enterprise 2.0 – Konsequenzen für die Arbeitswelt von morgen: Status Quo 2013, Studie der

Wiesbaden Business School & embrander, Mai 2013. Online: http://de.slideshare.net/embrander/ergebnisbericht-der-studie-enterprise-20-konsequenzen-fr-die-arbeitswelt-von-morgen-status-quo-2013

43 Petry, T. (2013), Enterprise 2.0 – Konsequenzen für die Arbeitswelt von morgen: Status Quo 2013, Studie der Wiesbaden Business School & embrander, Mai 2013, S. 10. Online: http://de.slideshare.net/embrander/ergebnisbericht-der-studie-enterprise-20-konsequenzen-fr-die-arbeitswelt-von-morgen-status-quo-2013

Seite 32

Schaubild 20: Relevanz von Enterprise 2.0-Werkzeugen (Forrester 2014)44

Weitere Resultate, die diese Feststellung unterstützen findet man z.B. in den Studien der Aber-

deen Group45, von Forrester46 sowie von Accenture47.

44 Forrester (Hrsg., 2014), The Business Value Of Social Content, Studie von Forrester Research, 2014, S. 5. Online:

http://www-01.ibm.com/software/ecm/offers/downloads/Social-and-Content-TAP.pdf 45 Aberdeen (Hrsg., 2014), Social Business Collaboration: Five Best Practices, Three Market Trends, Aberdeen Group

2014, S. 2 46 Bughin, J., M. Chui und M. Harrysson (2015), Transforming the Business Through Social Tools, McKinsey &

Company 2015, S. 3. Online: http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/transforming_the_business_through_social_tools

47 Accenture (Hrsg., 2013), High Performers in IT: Defined by Digital, Accenture 2013, S. 4. Online: http://www.accenture.com/Microsites/high-performance-it/Documents/media/Accenture-High-Performance-IT-Research.pdf

Seite 33

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation

KAPITEL ANFORDERUNGEN METHODEN

KAPITEL 1: TREIBER WIE GROß IST DER REALISIERUNGSDRUCK IN

DEN UNTERNEHMEN? SIND AUSREICHEND RESSOURCEN FÜR DIE

VERÄNDERUNGEN VORHANDEN?

1 KLARHEIT ÜBER TREIBER

VERSCHAFFEN 2 RAHMENBEDINGUNGEN IM

UNTERNEHMEN KLÄREN

Klarheit über die Treiber verschaffen

Ein Unternehmen sollte die treibenden Kräfte für Enterprise 2.0 im Rahmen eines Strategiemeetings für sich bewerten und den Handlungsbedarf prüfen (siehe Schaubild 21).

Schaubild 21: Die Top 10 Treiber und ihr Realisierungsdruck in den Unternehmen

Die zehn Treiber sind aber unter dem Aspekt des Realisierungsdrucks nicht alle gleichermaßen

stark bewertet worden. Die Höhe des Drucks basiert zum einen auf den Nennungen des Trei-

bers in den Studien und zum anderen wie wichtig er von Unternehmensvertretern bewertet

wurde. Das Schaubild gibt damit den Realisierungsdruck der befragten Unternehmen aus der

Metastudie wieder, berücksichtigt aber nicht die Veränderungen über den längeren Zeitraum.

Für ein Unternehmen sollte dieses Schaubild lediglich Anhaltspunkt sein, welche Treiber in den

letzten vier Jahren ausschlaggebend waren.

Seite 34

Rahmenbedingungen im Unternehmen klären

Für die Ermittlung des Handlungsbedarfs für Enterprise 2.0 ist das folgende Schaubild 22 hilfreich. Der Realisierungsdruck ist gegeben, ein Unternehmen muss sich auf die treibenden Kräfte einstellen, wenn der Veränderungsprozess gelingen soll. Fragen wie „Ist eine Verbindung zur bestehenden Strategie vorhanden? Kann eine Verbindung hergestellt werden?“ sollten im Rahmen eines Strategiemeetings geprüft und daraus die strategische Dringlichkeit sowie Realisierungschancen fürs Unternehmen bestimmt werden.

Schaubild 22: Ermittlung der Rahmenbedingungen für Enterprise 2.0

Die Nichtberücksichtigung starker Treiber sollte gut überlegt sein. Der Wegfall eines Treibers ist

nur sinnvoll, wenn dieser ohne Wirkung auf das Unternehmen ist (Strategie 1).

Bei der Realisierung von treibenden Faktoren geht es um zwei Handlungsoptionen: zum einen

um die Ressourcensituation und zum anderen um Verantwortlichkeiten für die Umsetzung. Für

eine hohe Realisierungschance müssen beide geklärt sein.

Manchmal reicht die Bereitstellung von Ressourcen nicht aus, die operative Verantwortung zur

Durchführung zu übernehmen (Strategie 2). Das kann viele Gründe haben. Der häufigste Grund

ist fehlende Kompetenz im Bereich Enterprise 2.0 (siehe Performancefaktoren). Es muss ein

verantwortlicher Bereich gefunden oder bestimmt und mit den relevanten Kompetenzen ausge-

stattet werden. Wünschenswert und am nachhaltigsten ist es, wenn mehrere Bereiche im Unter-

nehmen gemeinsam die Verantwortung für die Realisierung von Enterprise 2.0 tragen würden.

Da es sich weniger um eine Technikeinführung als um eine Kulturveränderung handelt, sollten

Human Resources/Personalbereiche unbedingt mit im Boot sitzen.

Seite 35

Dringlichkeit und Realisierungsdruck zum Handeln sind groß. Die Verantwortlichkeiten stehen

fest. Es fehlt aber hinten und vorne an Ressourcen, sei es qualifiziertes Personal, finanzielle

Mittel u.ä., eine für viele Projektverantwortliche durchaus bekannte Situation. Schnelle und

sichtbare Erfolge, sogenannte Quick Wins, der Nachweis von Nutzen, aber auch internes Mar-

keting an geeigneter Stelle können die Verantwortlichen dabei unterstützen, ausreichende Res-

sourcen zu erhalten (Strategie 3).

Seite 36

KAPITEL 2: ZIELE FÜR ENTERPRISE 2.0

Analyse der Ziele für Enterprise 2.0

Die Studien haben unabhängig voneinander und eher wenig systematisch Treiber und Ziele

abgefragt. Um eine Abhängigkeit, besser Abfolge, der Ziele aus den treibenden Kräften zu er-

halten, sind wir zweigleisig vorgegangen. Zunächst haben wir alle Ziele analysiert und doku-

mentiert, die wir in den Studien zu Enterprise 2.0 und Social Business ermitteln konnten. Dann

haben wir Ziele formuliert, die sich zwangsläufig als Konsequenz aus den oben beschriebenen

treibenden Kräften ergeben müssen und damit für ein Unternehmen relevant sind. Beide Zielop-

tionen haben wir aggregiert und neu zusammengesetzt. Heraus kamen die folgenden zehn Ziele

für die organisatorische Transformation, die ein Unternehmen bei deren Gestaltung auf der

Agenda haben sollte:

1. VORHANDENES WISSEN VERFÜGBAR MACHEN

2. UNTERNEHMENSINTERNE ZUSAMMENARBEIT VERBESSERN

3. EFFEKTIVERES ARBEITEN ERMÖGLICHEN

4. GESCHÄFTSPROZESSE OPTIMIEREN

5. ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KUNDEN VERBESSERN

6. OFFENE KOMMUNIKATION UND KULTUR DES TEILENS STÄRKEN

7. ATTRAKTIVE ARBEITSWELT SCHAFFEN

8. KOSTEN REDUZIEREN UND UMSATZ STEIGERN

9. ZUSAMMENARBEIT MIT DEN PARTNERN VERBESSERN

10. KREATIVITÄT UND IDEENFINDUNG FÖRDERN

Diese Zieleliste ist priorisiert und zwar nach der Anzahl der Nennungen in den Studien der letz-

ten fünf Jahre.

Die Top-Ziele für Enterprise 2.0

Würde man fragen, was sind die aktuellen Top-Ziele, die erreicht werden sollen, sieht die oben

dargestellte Reihenfolge etwas anders aus. Die aktuellen Top 5 Ziele der letztjährigen Studien

mit steigender Bedeutung (siehe Schaubild 23) sind:

1. GESCHÄFTSPROZESSE OPTIMIEREN

2. KOSTEN REDUZIEREN UND UMSATZ STEIGERN

3. ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KUNDEN VERBESSERN

4. VORHANDENES WISSEN VERFÜGBAR MACHEN

5. UNTERNEHMENSINTERNE ZUSAMMENARBEIT VERBESSERN

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Schaubild 23: Die Top 10 Ziele der Transformation der Organisation

Etwas abgeschlagen, aber immer noch mit steigender Bedeutung sind folgende Ziele:

6. ZUSAMMENARBEIT MIT DEN PARTNERN VERBESSERN

7. ATTRAKTIVE ARBEITSWELT SCHAFFEN

In der dritten Gruppe sind Ziele, die bereits fallende Tendenz in ihrer Bedeutung haben:

8. EFFEKTIVERES ARBEITEN ERMÖGLICHEN

9. OFFENE KOMMUNIKATION UND KULTUR DES TEILENS STÄRKEN

10. KREATIVITÄT UND IDEENFINDUNG FÖRDERN

Aus unserer Erfahrung heraus sind die Ziele der dritten Gruppe nach wie vor wichtig, vor allem

für Unternehmen, die am Anfang stehen. Aber in den letzten fünf Jahren sind die Unternehmen

reifer geworden und es sind andere Ziele vorbeigezogen. Der Reifegrad konnte in unserer

Metastudie nicht berücksichtigt werden, da die zugrundeliegenden Studien diese Daten nicht

oder nur unzureichend ermittelt haben.

Betrachtet man nur den Zielebereich der Zusammenarbeit, fällt positiv auf, dass die Bedeutung

der Zusammenarbeit in Unternehmen, mit seinen Kunden und Partnern zugenommen hat (siehe

Schaubild 24).

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Schaubild 24: Ziele aus dem Bereich Zusammenarbeit

Man ist versucht, eine These zu wagen: Enterprise 2.0 und Social Business sind mit den drei

Top-Zielen jetzt in der betriebswirtschaftlichen Realität angekommen. Prozesse, Umsatz, Kosten

und Kundenorientierung sind von je her die Eckpfeiler strategischer Zielsetzungen von Unter-

nehmen. Dass diese nun auch die Top-Ziele für die Umsetzung von Enterprise 2.0 und Social

Business darstellen, zeigt, dass diese Themen vom Rand in den Mittelpunkt gerückt sind und

damit auch dauerhaft die strategische Ausrichtung eines Unternehmens bestimmen können.

Seite 39

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation

KAPITEL ANFORDERUNGEN METHODEN KAPITEL 2: ZIELE WAS SIND DIE UNTERNEHMENSZIELE

FÜR BUSINESS TRANSFORMATION? WAS SOLL WANN ERREICHT

WERDEN?

3 ZIELE SETZEN 4 ZIELE ANHAND DER TREIBER

PRIORISIEREN

Ziele setzen

Wünschenswerte Ziele einer Transformation zu ermitteln und zu entscheiden, welche davon umgesetzt werden sollen und bis wann, ist eine typische Managementaufgabe, die keine Studie abnehmen kann. In Unternehmen gibt es aber meist mehr Ziele, als in einem definierten Zeitraum realisiert werden können. Daher sind die Treiber sehr hilfreich, um die Ziele zu priorisieren. Im folgenden Schaubild 25 sind nochmals alle relevanten Treiber und Ziele aufgelistet, mit denen sich das Management der Business Transformation beschäftigen sollte.

Schaubild 25: Checklisten für Treiber und Ziele

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Ziele anhand der Treiber priorisieren

Um zu entscheiden, ob die Ziele für Enterprise 2.0 (siehe Schaubild 26) ergänzt oder angepasst werden müssen, sollten die Treiber hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Ziele bewertet werden. Die folgende schematische Matrix dient dazu, diesen Zielbewertungsprozess beispielhaft zu visualisieren.

Schaubild 26: Matrix der Zielbewertung (Schema)

Die definierten Unternehmensziele der Transformation werden danach beurteilt, ob sie bereits

auf die Anforderungen der aktuellen Treiber vorbereitet sind. Das bedeutet im Klartext: es wird

ermittelt, ob die Ziele die treibenden Kräfte unterstützen können und wann dazu geeignete Maß-

nahmen gestartet werden sollten. Damit erfolgt eine Priorisierung der Ziele in kurz- und langfri-

stig sowie dauerhaft relevant (schematisch durch die Schieberegler dargestellt). Dies ist auch für

die Ermittlung des Ressourcenbedarfs und für die Festlegung einer Roadmap zweckmäßig.

Wir kennen nun die treibenden Kräfte, haben die Rahmenbedingungen für den Transformati-

onsprozess ermittelt und haben das Zieleportfolio daraufhin angepasst. Wenn wir uns jetzt an

die Realisierungsplanung machen, sollten wir uns genau überlegen, wie wir die Ziele am besten

erreichen können. Hier treffen Erfolgsfaktoren auf die Risiken für einen Misserfolg. Nicht zu ver-

gessen trifft man bei Kulturverändernden Vorhaben immer auch auf Widerstand und Barrieren.

Aus diesem Grund haben wir im nächsten Kapitel untersucht, welche Faktoren bei der Planung

und Gestaltung der organisatorischen Transformation eher erfolgversprechend sind und welche

Faktoren es zu vermeiden gilt.

Seite 41

KAPITEL 3: PERFORMANCEFAKTOREN FÜR ENTERPRISE 2.0

Um im Dschungel der Möglichkeiten den richtigen Pfad zu finden, haben wir in unseren Projek-

ten den Ansatz der Kraftfeldanalyse weiterentwickelt und eingesetzt. Dieser Ansatz steht in der

Tradition der „Balanced Resilience”-Konzepte und wurde im Original von Michael Reiss48 als

Ansatz für das Change Management entwickelt. Die Idee dahinter ist, sich nicht einseitig auf

Erfolgsfaktoren zu konzentrieren, sondern auch in geeigneter Form mit den Misserfolgsrisiken

umzugehen.

Die Erfolgsfaktoren fördern, wie der Name schon sagt, den Erfolg. Wichtig ist zu erkennen, dass

es auch Misserfolgsbarrieren gibt, die den Misserfolg verhindern. Eine typische Misserfolgsbar-

riere ist beispielsweise die aktive Unterstützung des Vorhabens durch das Top-Management.

Diese Unterstützung wird dazu führen, dass das Projekt zumindest nicht scheitert. Für den Er-

folg alleine reicht das aber nicht aus, dazu braucht man zusätzlich fachliches Knowhow und

Ressourcen.

Spiegelbildlich dazu werden die Kräfte betrachtet, die ein Vorhaben zum Scheitern bringen kön-

nen. Hier gibt es zunächst die Erfolgsbarrieren, die den Erfolg behindern. Eine häufig genannte

Erfolgsbarriere ist beispielsweise eine vorrangig technische Ausrichtung der Einführung. Diese

Ausrichtung wird nicht zwangsläufig zum Scheitern führen, es wird immer einige Experten ge-

ben, die sich in die Tools vertiefen und mit der Zeit herausfinden, wie diese sinnvoll genutzt

werden können. Für die große Breite der Mitarbeiter werden bei einer rein technischen Ausrich-

tung aber immer spezielle IT-Tools bleiben, die keinen Bezug zu ihren Arbeitsaufgaben haben

und die breite Einführung behindern.

Für das Scheitern eines Vorhabens sind aber die Misserfolgsfaktoren verantwortlich. Dazu

gehören beispielsweise Ängste aller Art und Akzeptanzwiderstände.

Metanalyse der Performancefaktoren für Enterprise 2.0

Wir wollten nun wissen, welche Faktoren füllen eine Kraftfeldmatrix der Unternehmen. Dazu

haben wir die vorliegenden Studien systematisch danach analysiert, welche Erfolgs- und Risi-

kofaktoren dort abgefragt und wie diese von Führungskräften und Fachleuten aus den befragten

Unternehmen bewertet wurden. In diesem Kapitel geht es uns darum, diese Faktoren für Enter-

prise 2.0 und Social Business näher unter die Lupe zu nehmen.

Zum einen hat uns interessiert, wie ein Gesamtbild der Faktoren aussieht, ob eine Systematik

erkennbar ist und ob wir das, was in Studien abgefragt wurde, in unserer eigenen Praxiserfah-

rung wiederfinden können. Zum zweiten wollten wir damit auch unsere Arbeitsmethodik an die

aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse anpassen. Diese Ergebnisse liefern uns den dritten

Baustein, nach den Triebkräften und Unternehmenszielen, für eine erfolgreiche Vorgehensweise

zur Einführung und Adaption von Enterprise 2.0 und Social Business.

48 Reiss, Michael (2012): Change Management. A Balanced and Blended Approach. Norderstedt 2012. Page 26 ff.

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Die Kraftfeldmatrix im folgenden Schaubild 27 zeigt die analysierten Erfolgs- und Risikofaktoren.

Wir nennen sie in der Gesamtheit „Performancefaktoren”.

Schaubild 27: Performancefaktoren bei der Einführung von

Enterprise 2.0 und Social Business

Im Einzelnen geht es in den Bereichen der Matrix um:

1. Erfolgsfaktoren49 mit Dimensionen, die maßgeblich zum Erfolg beitragen. Diese sollten

von Unternehmen am besten mit KPIs versehen als Steuerungsgrößen eingesetzt wer-

den und müssen von Planungsbeginn an identifiziert und beschrieben sein.

2. Misserfolgsbarrieren50 mit Dimensionen, die Misserfolg verhindern helfen. Dazu gehören

ausreichende Unterstützung, Ressourcen und ein konzeptioneller Unterbau. Unterneh-

men, die Enterprise 2.0 als unternehmensweite und nicht nur als dedizierte Strategie

verfolgen, sollten sich dieses Fundament leisten.

3. Erfolgsbarrieren51 mit Dimensionen, die den Erfolg behindern können. Diese sollten Un-

ternehmen frühzeitig identifizieren, geeignete Maßnahmen bereithalten oder im Auge

behalten, wenn sie nicht von Anfang verhindert werden können.

49 http://www.centrestage.de/2015/04/16/erfolgsfaktoren-fuer-enterprise-20-und-social-business/ 50 http://www.centrestage.de/2015/04/20/misserfolgsbarrieren-fuer-enterprise-2-0-und-social-business/ 51 http://www.centrestage.de/2015/04/29/erfolgsbarrieren-fuer-enterprise-2-0-und-social-business/

Seite 43

4. Misserfolgsfaktoren52 mit Dimensionen, die Misserfolg fördern. Einfach ausgedrückt: hat

ein Unternehmen zu viele davon, sollte es erst mal nicht an den Start gehen, um nicht

das Scheitern schon in die Planung mitzunehmen. Aber oft sind diese Faktoren erst zu

einem späteren Zeitpunkt erkennbar oder wurden anfangs positiver eingeschätzt. Daher

sollte dieser Bereich ganz besonders analysiert und in Folge einer Einführung immer

wieder neu bewertet werden. Besonders die Ausprägungen bei den Faktoren „Nicht pas-

sende Unternehmenskultur” und „Misstrauenskultur” dürfen keinesfalls in ihrem Bume-

rang-Effekt auch in reiferen Phasen der Einführung unterschätzt werden.

In den folgenden Abschnitten stellen wir die vier Performancebereiche der Kraftfeldmatrix vor

und zeigen beispielhaft, welche Ausprägungen und Relevanz die Faktoren in den Unternehmen

haben und welche Rolle sie aus unserer Sicht für Enterprise 2.0 spielen.

Performancebereich 1: Erfolgsfaktoren für Enterprise 2.0

Der erste Performancebereich beschäftigt sich mit den Erfolgsfaktoren (siehe Schaubild 28).

Schaubild 28: Erfolgsfaktoren für Enterprise 2.0

In ca. 40 Studien haben wir hierzu Erfolgsfaktoren gefunden, analysiert und in einer Struktur

zusammengefasst. Danach können wir die folgenden acht Erfolgsfaktoren unterscheiden.

52 http://www.centrestage.de/2015/05/13/misserfolgsfaktoren-fuer-enterprise-2-0-und-social-business/

Seite 44

Erfolgsfaktor 1: Hoher geschäftlicher Leidensdruck

Wie das folgende Schaubild 29 der Aberdeen Group zeigt, geht es hier vor allem um den Hand-

lungsdruck von innen, organisatorische Maßnahmen ergreifen zu müssen. Aber auch das

Benchmarking mit anderen Wettbewerbern erhöht den Druck von außen, sich neu aufzustellen.

Schaubild 29: Pressures that Motivate Investments in Enterprise Social Collaboration

(Aberdeen 2013)53

Erfolgsfaktor 2: Es gibt keine Barrieren oder Bedenken

Auch diesen Idealfall gibt es, allerdings im unteren Prozentbereich. So denken nur 5-7 Prozent

der in Studien Befragten, dass sie keine Risiken sehen und keine Barrieren in ihren Unterneh-

men existieren.

Erfolgsfaktor 3: Offenheit für alle

Dieser Erfolgsfaktor beschreibt sowohl technische, organisatorische Offenheit als auch eine of-

fene Kommunikation. So ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Enterprise 2.0, dass keine Silos oder

Cliquen entstehen, die nur die formale Organisation abbilden. Damit wäre auch nicht viel gewon-

nen. Organisatorische Offenheit bedeutet Cross-Kollaboration und horizontale Öffnung, also

quer zur Hierarchie. Die offene Kommunikation ist ein wichtiger Faktor für den Wandel und soll

offene Diskussionen, informelle Treffen von Mitarbeitern, ad hoc Austausch zwischen Stakehol-

dern und Führungskräften u.v.m. ermöglichen.

Erfolgsfaktor 4: Klare unternehmensweite Vision und Strategie für Enterprise 2.0

Dieser sehr wesentliche Erfolgsfaktor wird detaillierter im folgenden Beitrag „Exkurs“ beschrie-

ben.

53 Ostrow, Peter (2013): Enterprise Social Collaboration: High-Power Teamwork for Better Sales Results. Research

Brief. Aberdeen Group November 2013. Page 2

Seite 45

Erfolgsfaktor 5: Best Practice Anwendungsszenarien und Use Cases mit Business Case

Mit 22 gefundenen Frageitems in fast ebenso vielen Studien bekommt dieser Erfolgsfaktor einen

hohen Stellenwert. Oftmals auch unter der Frage subsummiert: „Whats in for me/for the Organi-

sation?” geht es darum, den geschäftlichen Nutzen zu erkennen, potenzielle Geschäftschancen

zu identifizieren, einen erkennbarem Mehrwert zu haben, einen ROI nachweisen zu können.

Entscheidend hierbei ist, wie diese Nachweise geführt werden. So möchte das Controlling eher

Zahlen sehen, während Ingenieure eher realen Erfolgsgeschichten glauben, deren Anwen-

dungsfall für sie vergleichbar und übertragbar ist. Alle Mitarbeiter wollen erkennen, wie die neue

Form der Arbeit ihnen hilft, ihre alltäglichen Probleme zu lösen. Den einen Use Case für alle wird

es daher nicht geben.

Erfolgsfaktor 6: Unternehmensweite Vorgehens- und Beratungskonzepte sowie Change und

Deployment Programme

Inzwischen wird die Notwendigkeit gesehen, dass Enterprise 2.0 nicht als technischer Rollout

sondern nur im Rahmen eines Kultur- und Veränderungsprogrammes gestartet und eingeführt

werden kann. Dieser Erfolgsfaktor findet sich auch erst in Studien der letzten zwei bis drei Jahre.

Welche Ausprägungen sind dort zu finden?

1. Zum einen geht es um das Aufsetzen von spezifischen Initiativen und Programmen für

den Change wie z.B. Kommunikation, Kampagnen, Anerkennung, Events.

2. Zum zweiten geht es um die Einbeziehung von Experten und Spezialisten für Enterprise

2.0 z.B. für das Aufsetzen und die Evaluation von Piloten oder zur Optimierung von An-

wendungen/Use Cases.

3. Drittens geht es um Maßnahmen für das Deployment. Hier stehen Communitys und virtu-

elle Teams ganz oben in der Diskussion, da diese eine neue Arbeitsmethode im Enter-

prise 2.0 repräsentieren.

4. Beiträge von Externen und die Nutzung externer Quellen sind ein vierter Aspekt. Im Vor-

dergrund hier steht ein laufendes Benchmarking bzw. auch das Schauen, wie machen es

andere, welche Erfahrungen haben andere.

5. Eine fünfte Ausprägung dieses Erfolgsfaktors sind Maßnahmen, die das Alignment si-

cherstellen, also die die Ausrichtung an die Strategie und Feinjustierung durch KPIs im

Auge behalten.

Erfolgsfaktor 7: Umfassende Qualifizierungsmaßnahmen

Dies ist der noch am meisten unterschätzte, aber mit der Strategie zusammen vielleicht wich-

tigste Erfolgsfaktor. Umfassende Qualifizierung bedeutet nicht nur das Erlernen von technischen

Funktionen der neuen Technologien. Es bedeutet vor allem den Erwerb von Fähigkeiten zur

Kollaboration und zum anderen Arbeiten, sowie den Erwerb von Methoden der Selbstorganisa-

tion und Eigenverantwortung. Dieser Erfolgsfaktor sollte im Rahmen eines Change- und Enab-

ling-Konzeptes realisiert werden und hängt daher eng mit Punkt 6 zusammen.

Erfolgsfaktor 8: Umfassende Pilotierung und Demonstration

Dieser Erfolgsfaktor wurde zwar in keiner der untersuchten Studien explizit als solcher abge-

fragt. Die Notwendigkeit einer Pilotierung wird aber gesehen, vor allem als Lösungsvorschlag für

andere Erfolgsfaktoren wie z.B. die Pilotierung von Anwendungsszenarien und Use Cases

Seite 46

(Punkt 5) oder auch die Durchführung einer Evaluation durch Experten im Rahmen einer Pilotie-

rung (Punkt 6). Aus unserer Praxiserfahrung ist die Pilotierung ein wichtiger Erfolgsfaktor. Unter-

nehmen, die Piloten konzeptionell stiefmütterlich behandelt haben, merken sehr schnell, dass

keine transformativen Effekte entstanden sind. In allen Fällen musste nachgebessert werden.

Zu empfehlen ist, diejenigen für ein Unternehmen relevanten Erfolgsfaktoren zu identifizieren,

deren Zusammenwirken maßgeblich den Wandel in der Organisation voranbringen kann. Das

folgende Schaubild 30 zeigt beispielhaft, welche Erfolgsfaktoren den Wandel beeinflussen

können.

Schaubild 30: Key change drivers (McConnell 2014)54

Exkurs: Unternehmensweite Vision und Strategie sind ein wichtiger Erfolgsfaktor

für Enterprise 2.0 und Social Business

Im Rahmen der Erfolgsfaktoren für Enterprise 2.0, die wir in den Studien identifiziert haben,

haben wir einen genauer unter die Lupe genommen. Betrachten wir den Erfolgsfaktor „Klare

unternehmensweite Vision und Strategie für Enterprise 2.0”. Die in den Studien abgefragten

Items zu diesem Erfolgsfaktor lassen drei Gruppen erkennen:

1. KLARE VISION DES TOP-MANAGEMENTS

2. UNTERNEHMENSWEITE ROI-STRATEGIE

3. SOCIAL MEDIA KOMMUNIKATIONSSTRATEGIE

54 McConnell, Jane (2014): Digital Workplace Trends, Paris 2014. Page 24

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Die Bewertungen der Unternehmen zu diesen Items liegen zwischen 21 Prozent und 36 Prozent

und sind durchweg hoch. In 64 Prozent der analysierten Studien liegen diese Items in den Top 3

der genannten Positionen (siehe Schaubild 31).

Schaubild 31: Factors facilitating the adoption (MIT Sloan Review 2012)55

1. Klare Vision des Top-Managements

Die Vision, getragen durch das Top-Management ist der entscheidende Faktor für Mitarbeiter,

um sich zustimmend zur Transformation zu bekennen. Eine MIT-Studie stellte fest, dort wo Füh-

rungskräfte ihre Vision im Unternehmen teilten, stimmten 93 Prozent der Mitarbeiter zu, dass

diese Maßnahmen und der Weg für das Unternehmen notwendig sind. In diesem Zusammen-

hang interessant ist auch die Aussage von George Westerman vom MIT Center for Digital

Business, dass keine Transformation Bottom-up passiert ist. Zitat:

„This idea that a thousand flowers will bloom and we will all be okay is a great way to get

some ideas, but we have not seen any transformation that happen bottom up. They’re all

being driven top down. The big difference between the companies that are just doing

55 Kiron, David; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kruschwitz, Nina (2012): Social Business: What Are Companies

Really Doing? Social business is still just getting started. But its value is clearly emerging for marketing, innovation, operations and leadership. Findings form the 2012 social business global executive study and research project. MIT Sloan Review 2012 in Cooperation with Deloitte. Page 15

Seite 48

technology initiatives and the companies that are leading a technology-based

transformation is how they’re putting the leadership frameworks in place.”56

Um transformative Effekte erreichen zu können, muss Social Media die Geschäftsstrategie

unterstützen, mehr noch, es müssen dadurch externe und interne Effekte sowie neue Ge-

schäftsmodelle entstehen (siehe Schaubild 32).

Schaubild 32: Transformative Effekte von Social Business (MIT Sloan Review 2012)57

Das passiert nicht ohne eine klare Vision und Strategie. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass da-

zu aber eine wesentliche Ressource fehlt: „Measured Results of Social Software“58. Am meisten

56 Fitzgerald, Michael; Kruschwitz, Nina; Bonnet, Didier; Welch, Michael (2013): Embracing Digital Technology. A New

Strategic Imperative. Findings from the 2013 digital transformation global executive study and research project. MIT Sloan Review 2013 in Cooperation with Deloitte. Page 7

57 Fitzgerald, Michael; Kruschwitz, Nina; Bonnet, Didier; Welch, Michael (2013): Embracing Digital Technology. A New Strategic Imperative. Findings from the 2013 digital transformation global executive study and research project. MIT Sloan Review 2013 in Cooperation with Deloitte. Page 6

58 Kiron, David; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kruschwitz, Nina (2012): Social Business: What Are Companies Really Doing? Social business is still just getting started. But its value is clearly emerging for marketing, innovation,

Seite 49

genannt wurde: wir messen nicht, wohl wissend, dass dies dringend erforderlich wäre (siehe

Schaubild 33).

Schaubild 33: Metrics for tracking digital transformation performance

(MIT Sloan Review 2013)59

2. Unternehmensweite ROI-Strategie

Damit kommen wir zur zweiten Ausprägung dieses Erfolgsfaktors: eine Unternehmensweite

ROI-Strategie, laut IBM die Top Challenge (siehe Schaubild 34). Auch für Enterprise 2.0 gilt der

operations and leadership. Findings from the 2012 social business global executive study and research project. MIT Sloan Review 2012 in Cooperation with Deloitte. Page 15

59 Fitzgerald, Michael; Kruschwitz, Nina; Bonnet, Didier; Welch, Michael (2013): Embracing Digital Technology. A New Strategic Imperative. Findings from the 2013 digital transformation global executive study and research project. MIT Sloan Review 2013 in Cooperation with Deloitte. Page 11

Seite 50

Spruch: You Can’t Manage What You Can’t Measure! Um eine transformative Wirkung zu errei-

chen und diese auch messbar zu machen, ist der Nachweis des ROI im Rahmen eines Business

Case oder als Wertbeitrag zum Geschäft erforderlich.

Schaubild 34: Companies’ Social Media challenges (IBM 2011)60

Unternehmen tun sich erfahrungsgemäß noch etwas schwer mit der Messung des ROI, weil

meist nicht klar ist, was gemessen werden soll und welche Methoden dazu eingesetzt werden

können. Man ist sich auch oft nicht einig über erzielbare Messergebnisse. Ist ein Like nur ein

Engagementfaktor oder schon ein Lead oder möglicherweise ein potenzieller Käufer? Mögliche

Messkriterien, die abgefragt wurden, zeigt das folgende Schaubild 35 der Aberdeen Group.

60 Heller Baird, Carolyn and Parasnis, Gautam (2011): From social media to Social CRM; Reinventing the customer

relationship. The second in a two-part series; IBM Global Business Services Executive Report des IBM Institute for Business Value. Page 9

Seite 51

Schaubild 35: Key metrics for measuring Enterprise Social Collaboration

(Aberdeen Group 2014)61

3. Social Media Kommunikationsstrategie

Auch wenn in einer unserer Studien der Marketingbereich als die stärkste treibende Kraft im

Unternehmen62 identifiziert wurde, geht es hier um eine umfassende Strategiesicht. Das MIT hat

es in seiner Studie auf den Punkt gebracht: Reife Unternehmen „moving Social Business

beyond Marketing to realize that vision!” (MIT Sloan Management Review 2014)63

Erst mit der Beschreibung von operationalen Zielen und strukturellen Voraussetzungen für die

Nutzung von Social Media nach außen mit Blick auf den Kunden und nach innen mit Blick auf

Mitarbeiter und Organisation werden auch Messgrößen und Kennzahlen für die Erfolgskontrolle

einfacher darstellbar. In weiteren Studien wird noch darauf hingewiesen, dass Risiken, Fehlver-

halten und falsche Nutzung von Social Media am besten verhindert werden, wenn Governance,

Guidelines und Expertise zur Verfügung stehen, sowie die Mitarbeiter ausreichend befähigt wer-

den, damit diese selbst Entscheidungen im Sinne des Unternehmens und des Markenverspre-

chens treffen zu können. (IBM 2011)64

Zusammenfassend lässt sich die Relevanz des Erfolgsfaktors „Vision und Strategie für Enter-

prise 2.0” am besten im folgenden Schaubild 36 verdeutlichen. Dieses zeigt eine negative

61 Ostrow, Peter (2014): Enterprise Social Collaboration: Best Practices for the Connected Sales Team. Research

Brief. Aberdeen Group Januar 2014. Page 7 62 http://www.centrestage.de/2015/04/07/hr-hat-bei-der-gestaltung-eines-enterprise-2-0-immer-noch-nachholbedarf/ 63 Kane, Gerald; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kiron, Davin; Buckley, Natasha (2014): Moving Beyond

Marketing. Generating Social Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan Management Review 2014 in Cooperation with Deloitte. Page 4

64 Heller Baird, Carolyn and Parasnis, Gautam (2011): From social media to Social CRM; Reinventing the customer relationship. The second in a two-part series; IBM Global Business Services Executive Report des IBM Institute for Business Value. Page 12

Seite 52

Korrelation zwischen Strategie und Reifegrad von Social Business. Das bedeutet, je (mehr „Lack

of an overall Strategy” oder je) weniger sich Unternehmen um eine Gesamtstrategie gekümmert

haben, desto geringer war der Social Business Reifegrad, den sie erreicht haben.

Schaubild 36: Adoption factors correlate with social business maturity ratings

(MIT Sloan 2013)65

Für Unternehmen empfehlen wir, ihre Anforderungen an eine „Unternehmensweite Vision und

Strategie für Enterprise 2.0” zu formulieren, ihre Vision und Strategie konkret zu beschreiben

und daraus eine Lösungsroadmap für die nächsten Schritte zu operationalisieren.

Performancebereich 2: Misserfolgsbarrieren für Enterprise 2.0 und Social

Business

Nach den Erfolgsfaktoren beschäftigen wir uns in diesem Beitrag mit den Misserfolgsbarrieren

(siehe Schaubild 37). Diese sollte ein Unternehmen fördern, da sie Misserfolg verhindern

können.

65 Kiron, Davin; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Berkman, Robert (2013): Social Business: Shifting Out of First

Gear. Findings From the 2013 social business global executive study and research project. MIT Sloan Management Review 2013 in Cooperation with Deloitte. Page 7

Seite 53

Schaubild 37: Misserfolgsbarrieren für Enterprise 2.0

In ca. 45 Studien haben wir Misserfolgsbarrieren gefunden, analysiert und in einer Struktur

zusammengefasst. Danach haben wir die folgenden vier Misserfolgsbarrieren unterschieden:

Misserfolgsbarriere 1: Sponsoren und aktive Unterstützung durch das Top-Management

Die Einführung von Enterprise 2.0 als Chefsache ist ein zentraler Faktor um Misserfolge verhin-

dern zu helfen und dies in dreierlei Hinsicht: Durch

1. ZUSTÄNDIGKEIT

2. VORBILDFUNKTION

3. SPONSORSHIP

Die Zuständigkeiten für das Management von Social Business Initiativen in den Unternehmen

liegen durchweg beim oberen Führungsbereich. Im Beispiel der MIT Sloan-Studie sind 70

Prozent der Führungskräfte, die für Social Business Management zuständig sind, Direktoren-

Level und darüber (siehe Schaubild 38).

Seite 54

Schaubild 38: Management-Level für Social Business Initiativen

(MIT Management Review 2013)66

Es geht aber auch zum zweiten um eine Vorbildfunktion durch Nutzung von Social Media. Wich-

tig für die Unterstützung der Einführung ist laut McKinsey, dass immer mehr Führungskräfte so-

ziale Technologien auch selbst nutzen (siehe Schaubild 39). Damit verbunden sind ein entspre-

chendes Verhalten wie beispielsweise Offenheit, Transparenz, Feedback, Einbindung u.ä.

66 Kiron, Davin; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Berkman, Robert (2013): Social Business: Shifting Out of First

Gear. Findings From the 2013 social business global executive study and research project. MIT Sloan Management Review 2013 in Cooperation with Deloitte. Page 21

Seite 55

Schaubild 39: Führungskräfte als Vorbilder in der Nutzung von Social Tools

(McKinsey 2013)67

Aber es geht drittens um den entscheidenden Faktor, nämlich um Sponsorship, d.h. die Über-

nahme von Verantwortung bei der Entscheidung zur Einführung von Enterprise 2.0 und danach

in konkreten Anwendungsfällen, z.B. bei der Realisierung von Use Cases oder beim Aufbau von

Communitys. Damit verbunden sind die Vergabe von Budget und Ressourcen. Hier kommen die

Hauptsponsoren richtigerweise aus dem Top-Management (siehe Schaubild 40).

67 Bughin, Jacques; Chui, Michael; Pollak, Lindsay (2013): Organizing for change through social technologies.

McKinsey Global Survey Results. 2013. Page 6

Seite 56

Schaubild 40: Top-Management ist Hauptsponsor von Social Business (PAC 2013)68

Misserfolgsbarriere 2: Ausreichend formale Ressourcen

Hier sind sich alle einig. Formale Ressourcen in finanzieller, technischer, operativer, personeller

und zeitlicher Hinsicht müssen bereitgestellt werden, um eine unternehmensweite, strategisch-

geführte Einführung von Enterprise 2.0 und Social Business erfolgreich angehen zu können.

Misserfolgsbarriere 3: Ausreichend Support und Kapazität in Form von Social Collabo-

ration und Social Media Experten

Enterprise 2.0 erfordert besonders in der Einführungsphase die Unterstützung, Beratung und

Betreuung durch Social Business Experten. Sinnvollerweise sollten diese nicht nur extern son-

dern vor allem intern rekrutiert werden, da auch langfristig, verbunden mit dem kulturellen Wan-

del und neuen Aufgaben im Enterprise 2.0, neue Rollen zu definieren sind, die es zuvor so im

Unternehmen nicht gab. Hierzu zählen Ambassadoren, Guides oder Community Manager.

Gleichzeitig ist es wichtig, Vorbilder im Unternehmen zu finden, die durch ihre Nutzung von

Social Media vorleben, wie es geht, aber auch auf Augenhöhe andere unterstützen können.

Hierzu gehören „Champions“, „Key User“, „Influencer“. Herausforderungen für Unternehmen, die

genannt wurden, sind:

68 Pierre Audoin Consultants (PAC) (2013): Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2013.

Perspektive der Fachbereiche. Mai 2013. Seite 49

Seite 57

Begrenztes Personal und Ressourcen

Qualifiziertes Personal finden und einstellen

Geeignete Mitarbeiter rekrutieren

Champions im Unternehmen identifizieren

Kooperationsstrukturen der Social Business Verantwortlichen definieren

Mitarbeiter verteilt über die gesamte Organisation zu bekommen

Community Management formalisieren

Voll-/Teilzeit Community Manager qualifizieren

Misserfolgsbarriere 4: Governance Konzept, Spielregeln in Form von Social Media

Guidelines und Policies

Auch im Enterprise 2.0 bilden Spielregeln die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit. Diese

dienen Mitarbeitern als Leitplanken der Orientierung, Einordnung und Sicherheit ihrer Grenzen.

Der Einsatz von Policies und Guidelines nimmt erfreulicherweise immer weiter zu. Was bisher in

den Unternehmen eingesetzt wird, wurde durch Altimeter befragt und zeigt das folgende Schau-

bild 41.

Schaubild 41: Policies and guidelines in place (Altimeter 2014)69

69 Terpening, Ed; Li, Charlene (2014): Social Business Governance: A Framework to Execute Social Business

Strategy. A Best Practices Report of Altimeter. Nov. 2014. Page 12

Seite 58

Wie Governance nachhaltig unterstützt und aufrechterhalten wird, zeigt das folgende Schaubild

42. Zum Einsatz kommen vor allem Monitoring- und Analysetools sowie Best Practices Stories,

Qualifizierungsprogramme und Communitys.

Schaubild 42: Technologien und Ressourcen für Social Business Governance

(Altimeter 2014)70

Was aus unserer Sicht fehlt und auch in keiner der analysierten Studien untersucht wurde, aber

im Verhalten und im Umgang zwischen Führungskräften und Mitarbeitern den Alltag bestimmt,

sind Regeln für Führungskräfte. So sollte mit hoher Priorität ein neuer Wertekanon in Form von

Social Business Prinzipien definiert werden, an dem sich vor allem Führungskräfte mit ihrem

Führungsstil orientieren können.

70 Terpening, Ed; Li, Charlene (2014): Social Business Governance: A Framework to Execute Social Business

Strategy. A Best Practices Report of Altimeter. Nov. 2014. Page 16

Seite 59

Performancebereich 3: Erfolgsbarrieren für Enterprise 2.0 und Social Business

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit den Erfolgsbarrieren (siehe Schaubild 43).

Schaubild 43: Erfolgsbarrieren für Enterprise 2.0

In ca. 40 Studien haben wir Erfolgsbarrieren gefunden, analysiert und in Gruppen zusammen-

gefasst. Danach können wir sieben Erfolgsbarrieren unterscheiden, die sich aber im Wesentli-

chen in zwei Kategorien „Führung” und „Technik” einteilen lassen.

Erfolgsbarrieren in der Kategorie „Führung”

Führungskräfte können zum einen Erfolgsgarant, zum anderen aber auch eine der größten Hür-

den auf dem Weg zum Enterprise 2.0 sein. Die aktuellen Top-Hürden laut Accenture/PAC71 sind

Führungsthemen (siehe Schaubild 44):

Fehlende Visionen, Strategien, Zielsetzungen und Vorgaben führen zu mangelnder Agili-

tät in den Entscheidungsprozessen.

Fehlende Koordination der Einzelaktivitäten ist das Resultat fehlender Zuständigkeiten,

aber auch konkurrierender Prioritäten.

Finanzielle Ressourcen werden im Top-Management freigegeben.

71 Accenture (2015): Mut anders zu denken: Digitalisierungsstrategien der deutschen Top 500. Seite 19

Seite 60

Fehlender Mut, Zurückhaltung, Skepsis, Ablehnung beim Top-Management, neue Wege

zu gehen.

„Up-Skilling“, d.h. die notwendigen Fähigkeiten für die Digitalisierung im Unternehmen

aufzubauen oder zu rekrutieren, ist eine zentrale Managementaufgabe, die umso schwe-

rer ist bei mangelnden Kompetenzen in Top- und Mittelmanagement.

Schaubild 44: Digitalisierungshürden in absteigender Reihenfolge (Accenture 2015)72

Schauen wir uns die ermittelten Erfolgsbarrieren in der Kategorie Führung einmal näher an:

1. FEHLENDE AKZEPTANZ

2. MANGELNDE KOMPETENZ

3. FEHLENDE UND KONKURRIERENDE PRIORITÄT UND ZUSTÄNDIGKEIT

4. SICHERHEITSBEDENKEN

5. RECHTLICHE BEDENKEN

Was steckt hinter diesen Barrieren? Welche Faktoren werden im Einzelnen genannt? Das fol-

gende Schaubild 45 zeigt die relevanten Erfolgsbarrieren in der Kategorie Führung.

72 Accenture (2015): Mut anders zu denken: Digitalisierungsstrategien der deutschen Top 500. Seite 19

Seite 61

Schaubild 45: Erfolgsbarrieren in der Kategorie Führung

1. Faktoren für die fehlende Akzeptanz bei Führungskräften (Reihenfolge nach steigenden Barrieren):

1. Es herrschen Zweifel an der Notwendigkeit dieser Veränderungen.

2. Es gibt grundsätzliche Bedenken seitens der Geschäftsführung.

3. Führungskräfte äußern Desinteresse, ihre aktuelle Praxis zu verändern.

4. Das Mittelmanagement zeigt deutlichen Widerstand.

2. Faktoren für eine mangelnde Kompetenz bei Führungskräften (Reihenfolge nach steigenden Barrieren):

1. Führungskräfte haben sich mit der Thematik noch nicht ausreichend auseinandergesetzt.

2. Im Führungsbereich findet sich kein Social Business Experte.

3. Das Verständnis für die Chancen von Social Business fehlt. Dieser Faktor ist in den letz-

ten drei Jahren laut MIT Studien anhaltend auf Top-Platzierungen. (siehe Schaubild 46)

4. Es sind weder Wissen noch Fähigkeiten zum Thema vorhanden.

3. Faktoren für fehlende und konkurrierende Priorität und Zuständigkeit (Reihenfolge nach steigenden Barrieren):

1. Es herrscht keine Klarheit darüber, wer verantwortlich ist, welche Rollen notwendig sind

oder wie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Bereichen funktionieren kann.

2. Es gibt zu viele Initiativen mit derselben Priorität. Aufgrund der „etwas anderen, an-

spruchsvollen” Herausforderungen an ein Social Business Vorhaben, scheut man die

Seite 62

speziellen Anstrengungen oder hat keine Zeit dafür. Die Bedeutung dieses Faktors hat,

wie die Studie des MIT zeigt, in den letzten Jahren zugenommen. (siehe Schaubild 4)

3. Im Vergleich zu anderen strategischen Maßnahmen erhält Social Business keine hohe

Priorität.

4. Social Business hat gar keine Priorität und wird daher nicht weiter verfolgt. Bei diesen

Unternehmen ist Überzeugungsarbeit besonders groß.

Schaubild 46: Top barriers impeding senior managements adoption of Social Business

(Auszug)73

73 MIT Sloan Management Review in Cooperation with Deloitte: 2012: Kiron, David; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kruschwitz, Nina (2012): Social Business: What Are

Companies Really Doing? Social business is still just getting started. But its value is clearly emerging for marketing, innovation, operations and leadership. Findings from the 2012 social business global executive study and research project. Page 23

2013: Kiron, Davin; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Berkman, Robert (2013): Social Business: Shifting Out of First Gear. Findings from the 2013 social business global executive study and research project. Page 22

2014: Kane, Gerald; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kiron, Davin; Buckley, Natasha (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Social Business Value Across the Enterprise. Page 24

Seite 63

4. Faktoren für rechtliche und Sicherheitsbedenken (Reihenfolge nach steigenden Barrieren)

Diese Faktoren stellen laut PAC sehr große Barrieren dar (siehe Schaubild 47):

Schaubild 47: Datensicherheit und rechtliche Bedenken als größte Barrieren

(PAC 2013)74

1. Es gibt Bedenken zur Nutzung von Social Media, da gesetzliche Regelungen in der Ent-

wicklung hinterherhinken. So besteht Unsicherheit, Situationen im Hinblick auf Arbeits-,

Urheber-, Medien-, Wettbewerbs- und Strafrecht richtig zu bewerten.

2. Sicherheitsbedenken richten sich vor allem an unsichere IT-Systeme oder anfällige

Social Software, die Sicherheitslücken aufweisen können, so dass eine Zunahme von

Viren, Spyware und Hackerangriffe von außen vermutet werden. Es besteht die Angst

vor einem damit verbundenen Datenverlust oder davor, dass Geschäftsinformationen

unkontrolliert nach außen dringen könnten. Datensicherheit wird damit zu einem wichti-

gen Faktor, der aber in den meisten Fällen formulierbar, kalkulierbar und von Experten

auch lösbar sein sollte. Fachbereiche fordern daher auch ein dediziertes Sicherheitskon-

zept (siehe Schaubild 48).

74 Pierre Audoin Consultants (PAC) (2013): Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2013.

Perspektive der Fachbereiche. Mai 2013. Seite 30

Seite 64

Schaubild 48: Dediziertes Sicherheitskonzept als wichtigste Anforderung (PAC 2013)75

3. Der Schutz von persönlichen Daten jedes einzelnen Mitarbeiters, aber auch der Kunden

z.B. bei der Speicherung von Kundendaten, löst nicht nur bei Führungskräften im Zusam-

menhang mit Social Media nach wie vor Bedenken aus.

4. Aufgrund der vorausgegangenen Punkte regt sich bei HR, Betriebsräten und Rechtsab-

teilungen immer wieder starker Widerstand. Die Risiken in diesen Bereichen sind vorhan-

den und damit ist auch die Rechtsunsicherheit groß. Der Wunsch nach regelkonformer

Unternehmensführung führt dann oft zu Restriktionen, die kontraproduktiv wirken und

eine hohe Barriere bei der Einführung darstellen. Fehlende Kompetenzen tun ein Übriges

hinsichtlich fehlender oder falsch angewandter Compliance. „Bring your own collabora-

tion… If it complies with policy”. Leichter gesagt als getan, wie die Studie der Aberdeen

Group festgestellt hat. Die Top-Performer (=Leaders) sind im Hinblick auf Compliance

und Policy schon ganz gut aufgestellt, während die anderen Unternehmen aber weit

hinterherhinken (siehe Schaubild 49).

75 Pierre Audoin Consultants (PAC) (2013): Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2013.

Perspektive der Fachbereiche. Mai 2013. Seite 35

Seite 65

Schaubild 49: Social Business Compliance (Aberdeen Group 2014)76

Erfolgsbarrieren in der Kategorie „Technik”

In der zweiten Kategorie beschäftigen wir uns mit technischen Faktoren, die als Hindernisse auf

dem Weg zum Enterprise 2.0 genannt wurden. Diese sind:

1. REIN TECHNISCHE AUSRICHTUNG BEI DER EINFÜHRUNG

2. FEHLENDE TECHNISCHE INTEGRATION

Was steckt hinter diesen Barrieren? Welche Faktoren werden im Einzelnen genannt?

Der Vorwurf einer rein technischen Herangehensweise bei der Einführung fokussiert die IT-Be-

reiche der Unternehmen, die oftmals im Alleingang starten, für sich selbst durchaus eine Begei-

sterung entwickeln, diese dann aber nicht in die Führungs- oder Geschäftsbereiche transportie-

ren können. Damit fehlen die wichtigen Sponsoren für eine flächendeckende Einführung. Die

Tools werden zwar bereitgestellt. Damit verbundene Veränderungen für Mitarbeiter spielen aber

keine Rolle; der Nutzungsgrad dementsprechend auch keine. Im Gegenteil: man hält sich fest

76 Borg, Andrew; Brink, Derek E. (2014): Social Business Collaboration: Five Best Practices, Three Market Trends.

Research Brief. Aberdeen Group Februar 2014. Page 4

Seite 66

an gewohnten Tools. Selbst E-Mail scheint attraktiver angesichts zu viel neuer Tools, deren

Nutzungsoffenheit eher verwirrt als begeistert (siehe Schaubild 50).

Schaubild 50: Tools and lack of integration inhibit adoption (Forrester 2014)77

Die fehlende Integration als Erfolgsbarriere betrifft zum einen die Anwendungsintegration.

Genannt werden hier:

der Wunsch zur Nutzung auf verschiedenen Endgeräten, auch BYOD und

insbesondere der mobile Einsatz.

Die Nutzung von verschiedenen Standorten aus, d.h. nicht nur im Büro.

Zum anderen geht es um die Systemintegration. Hier werden genannt:

eine geringe Standardisierung und

die Schwierigkeit, „alte” Systeme zu integrieren.

77 Forrester (2014): The Business Value of Social Content. A Custom Technology Adoption Profile. Commissioned by

IBM. Januar 2014. Page 3

Seite 67

Eine fehlende Integrationsleistung hängt meist weniger am nicht Können, sondern vielmehr am

nicht wollen. Wofür es meist auch gute Gründe gibt, wie z.B. hohe Kosten, Wildwuchs an Sys-

temen, der reduziert werden muss und andere. Mehr Transparenz und Aufklärung kann hier für

Verständnis sorgen.

Performancebereich 4: Misserfolgsfaktoren für Enterprise 2.0 und Social Business

Hier geht es nun um die Misserfolgsfaktoren von Enterprise 2.0. (siehe Schaubild 51)

Schaubild 51: Misserfolgsfaktoren für Enterprise 2.0

In über 50 Studien haben wir Misserfolgsfaktoren gefunden, analysiert und in Gruppen zusam-

mengefasst. Danach haben wir zunächst elf Misserfolgsfaktoren unterschieden.

Aber eigentlich sind es nur zehn. Der elfte „keine oder zu späte Beteiligung des Betriebsrates”

war in keiner Studie als Frageitem zu finden. Aus unserer Erfahrung in Projekten, vor allem in

Großunternehmen, kann aber dieser Faktor zum Show-Stopper werden, oder zumindest für eine

ganz lange Zeit Einführungsmaßnahmen lahmlegen. Auch Betriebsräten fehlen sehr oft die

Kenntnisse zu Enterprise 2.0 und Social Business. Das Aushandeln einer Betriebsvereinbarung

kann sich lange hinziehen. Es empfiehlt sich daher, für die Pilotphase eine Art vorläufige Be-

triebsvereinbarung abzuschließen. Dann haben auch die Betriebsräte Zeit, sich ausreichend und

Seite 68

ohne Verhandlungsdruck zu informieren und zu qualifizieren. Obwohl oder gerade weil dies eher

ein deutsches Phänomen ist, haben wir es als eigenen Faktor aufgeführt.

Das Analysieren der vielen Frageitems und die Auseinandersetzung mit den Details zu den Ant-

worten hat letztlich folgende zusammenfassende Darstellung 52 ergeben. Dabei haben wir ganz

bewusst die Anzahl der Items zu den befragten Misserfolgsfaktoren überschaubar und noch

handelbar gehalten und für jeden Faktor drei -im Risiko steigende- Antwortitems gebildet.

Schaubild 52: Misserfolgsfaktoren bewertet nach ihrem Risiko für einen Misserfolg

Bei der Bewertung der Faktoren spielt sicher der Reifegrad eines Unternehmens eine ganz

große Rolle, wie Risiken eingeschätzt werden. Aber für diese Untersuchung haben wir uns ja

vorgenommen: wir gehen vom wenig reifen, in Bezug auf Enterprise 2.0 „jungfräulichen” Unter-

nehmen aus. Geholfen haben uns hierbei auch die eigenen Projekterfahrungen. Unsere Risiko-

bewertung sieht danach wie folgt aus:

1. Ein überschaubares Risiko bedeutet: Das Risiko ist vorhanden und eher formaler Art.

Daher sollte es durch professionelle Planung und Durchführung geeigneter Maßnahmen

in den Griff zu bekommen sein.

2. Ein hohes Risiko bedeutet: Bei diesen Antwortitems spielen Emotionen eine Rolle, die

immer einen großen Unsicherheitsfaktor beinhalten.

3. Ein erfolgskritisches Risiko bedeutet: Hier „menschelt” es gewaltig. Es geht auch um

Emotionen, aber mit starker persönlicher und individuell existenzieller Komponente.

Seite 69

Diese Risiken sind immer schwer kalkulierbar und können Vorhaben, wenn man nicht

damit rechnet, ohne Vorwarnung ausbremsen.

Im Folgenden kommen nun die detaillierten Ergebnisse der Bewertung.

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Fehlende Skills”

Misserfolgsfaktor 1: Fehlendes technisches Implementierungs- und Lösungs-Knowhow

Hier geht es um technisches Wissen zur Implementierung von sozialen Technologien. Dieses

könnte man zwar einkaufen, dann sollte die IT aber trotzdem wissen, was sie einkauft. Die Ant-

worten, die hierzu bewertet wurden, sind:

1. Den Unternehmen fehlen die Technologie, aber auch die kompetenten Provider. Auch für

die Hauslieferanten ist das Thema nicht selten Neuland.

2. Die Komplexität von Social Software, insbesondere bei integrierten Lösungen, ist hoch.

3. Ein dauerhafter Support kann nicht zur Verfügung gestellt werden.

Die drei Studien des MIT, die über drei Jahre dieselben Items abgefragt haben, sind hier auf-

schlussreich. (siehe Schaubild 53) Die notwendigen Fähigkeiten zur Implementierung von Social

Software konnten in den letzten Jahren offenbar nicht so verbessert werden, dass das Risiko

eines Mangels geringer eingeschätzt wurde. Im Gegenteil: dieser Faktor wurde sogar noch kriti-

scher bewertet (von Platz 11 auf 9 auf 8), d.h. das Risiko stieg. Im Gegenzug hat sich die Be-

deutung von Social Software für die Unternehmen aber verdoppelt (von 18 Prozent auf 36 Pro-

zent auf 37 Prozent).

Seite 70

Schaubild 53: Bedeutung von Social Software und

das fehlende technische Knowhow78

Berücksichtigt man dabei noch die Anzahl der Teilnehmer, die befragt wurden, ist folgende

Interpretation zulässig: Die Bedeutung von Social Software für die Unternehmen hat drastisch

zugelegt. Im Zuge dessen haben die Unternehmen offenbar ihre Schwäche bei der Implementie-

rung noch stärker wahrgenommen und deren Risiko nochmals höher bewertet.

Misserfolgsfaktor 2: Fehlendes fachliche Planungs- und Einführungsknowhow

Hier geht es sowohl um das fehlende Grundverständnis von Enterprise 2.0 für die Unternehmen

als auch um einen fehlenden Methodenkoffer für die Einführung. Die Antworten, die hierzu be-

wertet wurden, sind:

1. Das Wissen über grundsätzliche Zusammenhänge von sozialen Technologien und deren

Potenziale für die Geschäftsprozesse fehlt.

2. Das Problem der Messbarkeit der Effektivität oder auch anderer Wirkungen von Social

Software zeigt sich vor allem in der konkreten Planungs- und Einführungsphase, wenn

der Nutzen nachgewiesen werden muss. Das fehlende Wissen über ROI, Metriken,

Erfolgskennzahlen, Qualitätsmerkmalen u.a. macht in der Regel diesen Nachweis

schwierig und ein damit erforderliches Risikomanagement hinsichtlich Gefährdungspo-

tenziale oder Nutzungsmöglichkeiten nahezu unmöglich. Das Risiko von Anforderungen,

die man nicht kennt, kann man auch nicht einschätzen.

3. Konzepte, Vorgehensweisen, Methoden und das Mindset zum Wandel sind nicht nur

Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Enterprise 2.0. Vielmehr werden sie zu Risiko-

faktoren, wenn sie aufgrund von fehlender Expertise bei der Planung unzureichend oder

gar nicht zum Einsatz kommen.

Neben den kulturellen Faktoren, zu denen ich in den nächsten Kapiteln noch komme, gehören

Knowhow-Defizite, ob fachlich oder technisch, zu den Top-Herausforderungen nach einer Mc-

Kinsey Studie, um digitale Ziele zu erreichen (siehe Schaubild 54).

78 MIT Sloan Management Review in Cooperation with Deloitte: 2012: Kiron, David; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kruschwitz, Nina (2012): Social Business: What Are

Companies Really Doing? Social business is still just getting started. But its value is clearly emerging for marketing, innovation, operations and leadership. Findings from the 2012 social business global executive study and research project. Page 23

2013: Kiron, Davin; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Berkman, Robert (2013): Social Business: Shifting Out of First Gear. Findings From the 2013 social business global executive study and research project. Page 22

2014: Kane, Gerald; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kiron, Davin; Buckley, Natasha (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Social Business Value Across the Enterprise. Page 24

Seite 71

Schaubild 54: Die 5 größten Herausforderungen für digitale Programme

(McKinsey 2014)79

Misserfolgsfaktor 3: Fehlende Anwenderqualifizierung

Hier geht es zum einen um

1. technische Schwierigkeiten, die die Anwender haben beim Umgang mit den neuen

Tools. Diese funktional-technische Kompetenz der Anwender, die erforderlich wird, birgt

Risiken.

2. Zum zweiten geht es um die Nutzungsvielfalt von sozialen Technologien, die die Anwen-

der verwirrt. Diese Anwendungsqualifikation und die Frage, was nutze ich wofür und

wann, benötigt Geduld, Experimentierlust und anfänglicher Mehraufwand. Aufgeben und

Rückfälle in die Nutzung alter Tools sind vorprogrammiert.

3. Zum dritten geht es um fehlende Kompetenzen, wie digitales Arbeiten funktioniert. Für

das Beherrschen neuer Arbeitsweisen und -methoden für die Kollaboration und das

Arbeiten in Communitys müssen die Anwender nicht nur neue Technologien anwenden,

sondern sie müssen auch noch anders arbeiten und völlig umdenken. Bei diesem Wan-

del kann man viel falsch machen (siehe Schaubild 55).

79 Gottlieb, Josh; Willmoth, Paul (2014): The digital tipping point. McKinsey Global Survey Results. 2014. Page 6

Seite 72

Schaubild 55: Anforderungen an die Arbeit der Zukunft

Die Einordnung dieses Faktors in die Kategorie kritisches Risiko kommt daher, dass umfas-

sende Qualifizierungs- und Enablingmaßnahmen zu Enterprise 2.0 für Anwender meist eine

untergeordnete Rolle für die Unternehmen spielen. Was dazu führt, dass Anwender schnell

frustriert werden und die Nutzung einstellen. Eine Nichtnutzung bis hin zur Verweigerung von

Social Software ist erst mal ein Aus für die Einführung von Enterprise 2.0. Der zweite Anlauf im

Enabling, nach der Erkenntnis, dass eine Technikschulung zu Social Software nicht ausgereicht

hat -dieser zweite Versuch ist im Übrigen nicht ungewöhnlich- benötigt bei weitem aber mehr

Aufwand für Überzeugung und Abholen der Anwender. Von daher sollte man die erste Chance

nicht ungenutzt lassen.

Seite 73

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Ängste”

In diesem Abschnitt geht es um die „Ängste”, der zweiten Kategorie der Misserfolgsfaktoren

(siehe Schaubild 56).

Schaubild 56: Misserfolgsfaktoren in drei Kategorien

Misserfolgsfaktor 1: Angst vor Reputationsverlust

Hier geht es um die Angst der Führungskräfte, das Unternehmen könnte an Reputation verlie-

ren, wenn sich Mitarbeiter in sozialen Netzwerken bewegen und über soziale Medien austau-

schen (siehe Schaubild 57).

Seite 74

Schaubild 57: Angst vor Reputationsverlust auf Platz 5 (Clearswift 2011)80

Die Antwortitems für diese Angst sind:

1. Unternehmen können Kundenbeschwerden in externen sozialen Netzwerken nicht ein-

fach abstellen, aber wenn Mitarbeiter ihres Unternehmens in diesen Netzwerken über

Produkte mitdiskutieren oder sich an negativen Stimmungen über die eigene Marke

beteiligen, dann ist die Angst vor einem Schaden für das Unternehmen durchaus be-

rechtigt.

2. Ähnliches gilt für jedwede öffentliche Kritik an einem Unternehmen, berechtigt oder nicht.

Verhindern lässt sie sich nicht. Die Unternehmen müssen sich ihr stellen. Nun stehen

Führungskräfte in der Kritik der Öffentlichkeit, wie sie es bislang nicht gewohnt waren,

und müssen Rede und Antwort stehen.

3. Ein „Shitstorm” reicht eigentlich schon. Aber die Angst, ab jetzt ständig den Meinungs-

fluten der sozialen Kanäle ausgesetzt sein zu müssen, treibt manchen Führungskräften

die Perlen auf die Stirn.

Um das Schadensrisiko möglichst gering zu halten, haben fortschrittliche Unternehmen, insbe-

sondere im Privatkundensegment, für all diese Fälle bereits Krisenzentren eingerichtet und um-

fassende Krisenmonitoring- sowie Krisenabwehrkonzepte entwickelt. Für die Kommunikation der

Mitarbeiter in den sozialen Kanälen haben sie längst Social Media Guidelines und Policies ein-

geführt.

80 Clearswift (2011): Work Life Web 2011. August 2011. Page 11

Seite 75

Misserfolgsfaktor 2: Angst vor Wissensabfluss

Der zweite Angstfaktor, der ein Risiko für die Einführung von Enterprise 2.0 darstellt, ist die

Angst der Führungskräfte, dass vertrauliches Unternehmenswissen bewusst oder unbewusst in

die falschen Hände gelangen könnte. Obwohl 60 Prozent der Befragten in der McKinsey Studie

angeben, dass der Nutzen von sozialen Technologien die Bedrohungen weit übersteigt, darf

man die Angst vor diesen Risiken dennoch nicht unterschätzen (siehe Schaubild 58).

Schaubild 58: Verlust vertraulicher Informationen gilt als signifikantestes Risiko von

Social Technologien für die Unternehmensführung (McKinsey 2013)81

Das Thema Unternehmenswissen trifft den Nerv von Führungskräften. Die mit dem Verlust von

relevanten Informationen implizierten Ängste können durch kein Sicherheits- und Rechtskonzept

genommen werden. Hier geht es um das Risiko, dass wettbewerbsrelevantes Wissen durch den

ganz normalen Austausch zwischen Mitarbeitern in Communitys und in der Kollaboration mit

Kunden und Dienstleistern abwandert oder Mitarbeiter bewusst ausgefragt werden. Die

schlimmste Vorstellung ist die, wenn die Konkurrenz Informationen aus den sozialen Kanälen

nutzt, das eigene Geschäftsmodell zu unterwandern oder gar zu kopieren. Früher konnte man

vertrauliches innerbetriebliches Wissen zwar am Stammtisch erfahren. Wenn der Stammtisch

aber nun in die sozialen Medien wandert, bleibt dieses Restrisiko.

81 Bughin, Jacques; Chiu, Michael (2013): Evolution of the networked enterprise. McKinsey Global Survey Results. In

McKinsey on Business Technology. No. 29, Spring 2013. Page 7

Seite 76

Misserfolgsfaktor 3: Angst vor Kontrollverlust

Die Angst bei Führungskräften vor Kontrollverlust ist eine sehr persönliche Angst und birgt daher

ein unkalkulierbares Risiko. Wir haben sie in drei Komponenten gruppiert:

1. Hatten Führungskräfte bislang die unangefochtene Deutungshoheit über Themen in

ihren Unternehmen und entschieden darüber, welche Themen wichtig und welche

unwichtig sind, bekommen sie jetzt Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Schlimmer

noch, Mitarbeiter aus dem ganzen Unternehmen können nun bei der Themenagenda

mitreden. Insbesondere Mitarbeiter mit hoher sozial-kommunikativer Kompetenz oder

Fachexperten übernehmen Themenführerschaft und haben plötzlich mehr Einfluss in

Communitys als sie selbst.

2. Die Angst vor dem Verlust der Steuerungskontrolle bedingt sich daher, dass sich Infor-

mationsüberfluss, nutzerbasierte Inhalte, viele Kanäle mit großer Meinungsvielfalt nicht

mehr so einfach kontrollieren und damit steuern lassen, oft auch die Sicht auf das We-

sentliche versperren und neue Entscheidungsprozesse verlangen.

3. Transparenz und eine offene Kommunikation erlauben es, dass Mitarbeiter auch Kritik,

direkt oder indirekt, an Führungskräften äußern. Fehlt diesen wiederum das „Social

Mindset”, wird eine, vielleicht gut gemeinte, aber „öffentlich” geäußerte negative Meinung

als Angriff auf die eigene Persönlichkeit gewertet. Viele Führungskräfte empfinden das

als Verlust an Autorität und Macht. Macht alleine durch Hierarchie funktioniert im Enter-

prise 2.0 immer weniger.

Auch wenn das Problem heftiger Kritik nur von einem kleinen Teil der Befragten gesehen wird

(letzter Platz in Schaubild 59), sind diese Ängste dennoch vorhanden und sollten vor allem in

ihrer Wirkung auf die Einführung von Enterprise 2.0 und Social Business nicht unterschätzt wer-

den.

Seite 77

Schaubild 59: Biggest issues with Social Business applications (AIIM 2011)82

82 Miles, Doug (2011): Social Business Systems. Success factors for Enterprise 2.0 applications. AIIM Market

Intelligence Industry Watch 2011. Page 10

Seite 78

Misserfolgsfaktoren in der Kategorie „Kultur passt nicht”

In diesem Abschnitt geht es um die Beschreibung der Misserfolgsfaktoren in der Kategorie

„Kultur passt nicht” (siehe dazu Schaubild 60).

Schaubild 60: Misserfolgsfaktoren in drei Kategorien

Unter dieser Kategorie haben wir alle Items aus den Studien zusammengefasst, die entweder

direkt als Unternehmenskultur genannt wurden, oder aber indirekt durch die Unternehmenskul-

tur bedingt die Einführung von Enterprise 2.0 beeinflussen können. Wir haben dazu drei Grup-

pen mit steigendem Risiko der Faktoren gebildet.

Misserfolgsfaktor 1: Ungeeignete Prozesse

Diese Dimension wird auch gerne mal als „Ausrede” für den doch sehr hohen Aufwand für die

Einführung von Enterprise 2.0 vorgeschoben. Das schmälert aber nicht das Risiko. Enterprise

2.0 macht aus einem Unternehmen mit schlecht geführten Prozessen nicht plötzlich eines, das

bestens läuft. Zuerst kommt die Prozessoptimierung, dann die Einführung. Mit dem Redesign

von Strukturen und Prozessen tun sich bekanntermaßen vor allem größere Unternehmen

schwer, wie auch die Studie von McKinsey zeigt (siehe Schaubild 61).

Seite 79

Schaubild 61: Die fünf größten Herausforderungen für digitale Programme

(McKinsey 2014)83

Die Antwortitems in der Dimension „ungeeignete Prozesse” lauten:

1. Zum einen geht es um die Integration in bestehende Arbeitsprozesse, auch aus der

technischen Perspektive der Integration von Social Collaboration Features. Wichtiger

aber sind vielmehr die organisatorische Perspektive und die Schwierigkeiten einer damit

verbundenen Reorganisation. (siehe Schaubild 62) Die neuen kollaborativen Aufgaben

müssen für die Jobs und Tätigkeiten beschrieben werden, Arbeitsziele ändern sich. Ent-

scheidungsprozesse verändern sich und möglicherweise müssen Berichtswege neu

definiert sowie deren Verantwortlichkeiten und Rollen neu festgelegt werden. Des Weite-

ren werden Richtlinien für den Umgang und die Entwicklung von Nutzer basierten Inhal-

ten notwendig. Ein immenser Aufwand, der gerne übersehen wird oder mit dem Argu-

ment „unsere aktuelle Unternehmenskultur verhindert die Integration von Social Business

Anwendungen” und „wir sind nicht Enterprise 2.0 fähig” abgetan wird.

2. Als weiteren Aspekt wird eine unpassende Organisationsstruktur genannt. Enterprise

2.0 wird fälschlicherweise oftmals mit Hierarchielosigkeit verwechselt. Die Bedeutung

von Crossfunktionalen Teams oder generell einer Teamorientierung wird nicht als not-

wendig erachtet. Kollaboration ist, außer in vordefinierten Konstellationen, schlichtweg

nicht vorgesehen. Darüber hinaus lassen geschlossene Informationssysteme auch nicht

zu, dass Wissen geteilt wird oder der Mitarbeiter selbst Inhalte produziert. Bei Unterneh-

men, die ihre Antworten hier platziert sehen, ist der Misserfolg bereits vorprogrammiert.

83 Gottlieb, Josh; Willmoth, Paul (2014): The digital tipping point. McKinsey Global Survey Results. 2014. Page 6

Seite 80

3. Die dritte für Enterprise 2.0 kritische Prozessdimension sind unflexible Management-

prozesse, die zu langsam sind. Die Zentralisierung von Entscheidungsprozessen macht

ein schnelles Reagieren nicht möglich. Managementprozesse im Enterprise 2.0 müssen

verändert werden. Ein „Social Mindset” erfordert eine offene Kommunikation, transpa-

rente Information und eine Feedbackkultur. Dazu braucht ein Management neue Prinzi-

pien, Werte und Methoden. Das Risiko hier steckt weniger in den Prozessen selbst son-

dern in der Angst des Managements, diese verändern zu müssen.

Schaubild 62: Wahrgenommene Schwierigkeiten (Richter, Koch 2013)84

Misserfolgsfaktor 2: Mangelnde Akzeptanz der Mitarbeiter

Nicht nur den Führungskräften mangelt es an Akzeptanz sondern auch den Mitarbeitern. Hierfür

gibt es in der Regel viele Gründe. Die in direktem Zusammenhang mit Enterprise 2.0 ermittelten

Gründe sind:

1. Mitarbeiter bevorzugen traditionelle Werkzeuge der Kommunikation und Kollaboration

wie z.B. E-Mail und haben ein mangelndes Interesse, neue Tools auszuprobieren. Ins-

besondere dann, wenn lediglich die Technik und Tools bereitgestellt werden, und dar-

über hinaus keine weiteren Einführungs-, Qualifizierung- oder Change Management

Maßnahmen durchgeführt werden, ist das Risiko der Nicht-Nutzung bis hin zur Verweige-

rungshaltung besonders hoch.

2. Aus der Sicht des Managements ist die fehlende Akzeptanz der Mitarbeiter zwar nur ein

Hindernis von nachgeordneter Bedeutung für die Einführung. (siehe Schaubild 63) Je

84 Richter, Alexander; Koch, Michael u.a. (2013): Vernetzte Organisation. Studie 2013. Forschungsgruppe

Kooperationssysteme München der Universität der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit der Communardo Software GmbH. Seite 10

Seite 81

mehr aber die aktive Mitwirkung des Managements fehlt, desto weniger werden sich die

Mitarbeiter selbst engagieren (wollen oder können). Wenn der Wunsch nach Partizipa-

tion fehlt, keine Bereitschaft zur Kollaboration vorhanden ist und sich die Mitarbeiter nur

widerwillig einbringen, werden sie kaum empfänglich für den Wandel sein. Dadurch steigt

auch das Risiko eines Misserfolges.

3. Eine mangelnde Akzeptanz kann im Worst Case auch zum Widerstand gegen das Vor-

haben Enterprise 2.0 führen. Insbesondere, wenn Mitarbeiter „Neuem” gegenüber miss-

trauisch sind, weil sie bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben, weil eine „Misstrau-

enskultur”” im Unternehmen oder ein ungesundes Wettbewerbsverhalten zwischen Kolle-

gen besteht. Das Risiko Mitarbeiterakzeptanz sollte keinesfalls unterschätzt werden. Es

geht hier nicht um eine Technologie, die im Zweifel eben nicht genutzt wird. Es geht hier

um einen Kulturwandel, der ohne die Mitarbeiter nicht zu vollziehen ist. In der Regel ha-

ben die Mitarbeiter auch noch die Interessensvertreter auf ihrer Seite, die die Einführung

von Enterprise 2.0 nachhaltig stören können.

Schaubild 63: Fehlende Akzeptanz bei den Mitarbeitern (PAC 2013)85

Misserfolgsfaktor 3: Misstrauenskultur

Wenn eine Unternehmenskultur tatsächlich nicht passt, dann deshalb, weil sie auf Misstrauen

beruht; Misstrauen von Führungskräften gegenüber ihren Mitarbeitern, denen sie nicht zutrauen,

dass sie verantwortlich mit sozialen Technologien, Inhalten umgehen können oder diese auch

produktiv einsetzen werden. Eine solche Kultur macht die Einführung von Enterprise 2.0 nahezu

chancenlos. Die Antwortitems, die wir dieser Dimension zugeordnet haben, sind:

85 Pierre Audoin Consultants (PAC) (2013): Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2013.

Perspektive der Fachbereiche. Mai 2013. Seite 30

Seite 82

1. Zeitverschwendung und Ablenkung vom Kerngeschäft waren oft genannte Items von

Führungskräften. 47 Prozent der vom BITKOM befragten ITK-Unternehmen nannten die

Angst vor Zeitverschwendung als größte Herausforderung für Social Business Aktivitä-

ten. (siehe Schaubild 64) Die Angst, mit Social Media wird nicht mehr gearbeitet, son-

dern Zeit verschwendet, stellt ein hochkritisches Risiko für deren Einführung dar, auch

wenn nur einzelne Bereiche oder einzelne Personen davon betroffen sind.

2. Ein weit größeres Risiko, das genannt wurde, ist der Produktivitätsverlust. Hierunter

fallen Antworten wie unproduktives Verzetteln, negative Auswirkungen auf das Arbeits-

ergebnis, „too much social, not enough business” und ähnliches. Eine Studie der Wies-

baden Business School sieht den Verlust der Produktivität mit 41 Prozent als Hauptrisiko

und als eine Gefahr für Enterprise 2.0.

3. Ein „unverantwortliches Mitarbeiterverhalten” wurde als Risiko genannt. Wenn das

Vertrauen zu den Mitarbeitern gänzlich fehlt, wenn Mitarbeiter nur noch als Risiko gese-

hen werden und ihnen unverantwortliches Verhalten vorgeworfen wird, ob im Auftreten in

sozialen Netzwerken, bei Daten- und Wissensverlust, beim Teilen von Inhalten oder bei

der Nutzung sensitiver Informationen, dann sollte von der Einführung von Enterprise 2.0

und Social Business erst mal Abstand genommen werden.

Seite 83

Schaubild 64: Zeitverschwendung als eine der größten Herausforderungen

(BITKOM 2013)86

Zur vollständigen Risikobetrachtung haben wir die Misserfolgsfaktoren noch eingeteilt nach dem

Misserfolgsrisiko bezogen auf die Zeit der Einführung von Enterprise 2.0 und Social Business,

wie im folgenden Schaubild 65 grob darstellt.

Schaubild 65: Skizze der Kategorien und Dimensionen von Misserfolgsfaktoren

bezogen auf das Misserfolgsrisiko und die Zeit der Einführung von Enterprise 2.0

Mit der Beschreibung der Misserfolgsfaktoren sind jetzt alle Performancefaktoren zusammenge-

stellt, kategorisiert und teilweise hinsichtlich ihrer Risiken bewertet. Damit ist die Performance-

matrix vollständig beschrieben. Was können Unternehmen nun mit diesen Ergebnissen anfan-

gen?

86 BITKOM (2013): Einsatz und Potenziale von Social Business für ITK-Unternehmen. Berlin 2013. Seite 33

Seite 84

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation

KAPITEL ANFORDERUNGEN METHODEN

KAPITEL 3: PERFORMANCEFAKTOREN

FÜR ERFOLG UND

RISIKEN

WELCHE FAKTOREN BEEINFLUSSEN DEN

VERÄNDERUNGSPROZESS UND WIE? WELCHE FAKTOREN HABEN PRIORITÄT?

5 ERMITTLUNG DES

HANDLUNGSBEDARFS IM

UNTERNEHMEN 6 „READINESS ASSESSMENT“

Ermittlung des Handlungsbedarfs im Unternehmen

Natürlich spielt der Reifegrad87 eines Unternehmens eine wesentliche Rolle dabei, welche Fak-

toren für ein Unternehmen Erfolgsrelevant sind und welche Faktoren zum Scheitern führen kön-

nen. Unternehmen auf dem Weg zur Social Business Exzellenz88 gehen mit diesen Faktoren

sicher anders um, als Unternehmen in der Startaufstellung auf dem Weg zum Enterprise 2.0.

Unsere Untersuchungsbasis der Metastudie sind die wenig reifen Unternehmen. Wir wollen

daher nur grundsätzliche Empfehlungen für den Weg aussprechen.

Zunächst ist die für ein Unternehmen relevante Kraftfeldmatrix aufzustellen. Hierbei sollen die durch die Analyse ermittelten Performancefaktoren helfen, nochmals zusammengestellt in den beiden folgenden Schaubildern 66 und 67. Welche sind für das Unternehmen relevant, welche eher nicht und wie beeinflussen sie den Veränderungsprozess?

87 http://www.centrestage.de/2014/07/31/social-business-unter-der-reifegradlupe/ 88 http://www.centrestage.de/2014/07/23/unternehmen-auf-dem-weg-zur-social-business-excellence/

Seite 85

Schaubild 66: Checklisten Erfolgsfaktoren und Misserfolgsbarrieren

Schaubild 67: Checklisten Erfolgsbarrieren und Misserfolgsfaktoren

Die für das Unternehmen relevante Auswahl an Performancefaktoren sollte in die Kraftfeldmatrix

übernommen werden (siehe Schaubild 68). Dabei sollte auf die richtige Zuordnung in die vier

Felder geachtet werden.

Umgang mit Erfolgsfaktoren

Faktoren, die maßgeblich zum Erfolg beitragen, sollten von Unternehmen am besten mit KPIs

versehen als Steuerungsgrößen eingesetzt werden. Diese müssen von Planungsbeginn an

identifiziert und beschrieben sein, ansonsten wird eine Erfolgsmessung und damit Steuerung

schwierig.

Umgang mit Misserfolgsbarrieren

Zu den Barrieren, die Misserfolg verhindern helfen, gehören eine ausreichende Unterstützung,

Ressourcen und ein konzeptioneller Unterbau, d.h. ein zunächst für alle verständliches und von

allen Sponsoren akzeptiertes Konzept für Technik, Anwendungsfälle, die zukünftige Organisa-

tion, Führungsmodell und die Maßnahmen für den Veränderungsprozess. Unternehmen, die

eine unternehmensweite und nicht nur dedizierte Strategie verfolgen, sollten sich dieses Fun-

dament leisten.

Seite 86

Umgang mit Erfolgsbarrieren

Barrieren, die den Erfolg behindern können, sollten Unternehmen frühzeitig identifizieren, geeig-

nete Maßnahmen bereit halten oder im Auge behalten, wenn sie nicht von Anfang verhindert

werden können.

Umgang mit Misserfolgsfaktoren

Um Faktoren, die Misserfolg fördern und das Vorhaben zum Scheitern bringen können, sollten

sich Unternehmen im Rahmen eines ausgeprägten Risikomanagements kümmern. Einfach aus-

gedrückt: identifiziert ein Unternehmen zu viele dieser Faktoren, sollte es erst mal nicht an den

Start gehen, um das Scheitern nicht schon in die Planung mitzunehmen.

Schaubild 68: Template Kraftfeldmatrix

Achtung! Faktoren aus den Checklisten, die nicht aufgenommen wurden, können in späteren

Phasen des Veränderungsprozesses vielleicht doch noch eine Rolle spielen, auch wenn sie im

ersten Moment nicht relevant waren. Oftmals sind Faktoren erst zu einem späteren Zeitpunkt

erkennbar oder wurden anfangs noch positiv bzw. Risikoarm eingeschätzt.

Besser! Es sollten daher alle Faktoren bewertet werden, auch wenn es etwas mehr Zeit und

Aufwand bedeutet. Faktoren, insbesondere Barrieren und Risiken, die nach der ersten Bewer-

tung herausfallen, sollten zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des Risikomanagements

wieder aufgenommen und erneut bewertet werden. Besonders die Ausprägungen mit hohem

und kritischem Risiko dürfen keinesfalls in ihrem Bumerang-Effekt auch in reiferen Phasen des

Vorhabens unterschätzt werden.

Seite 87

Die befüllte Kraftfeldmatrix zeigt den Handlungsbedarf eines Unternehmens für seine Stärken

und Schwächen im Veränderungsprozess. Nicht jeder Faktor ist dabei gleich wichtig bzw. gleich

stark in seiner Wirkung auf die bevorstehende Transformation. Unternehmen, die darüber hin-

aus genau wissen möchten, wie wichtig jeder Faktor im Vergleich zu einem anderen ist, kann

dies mithilfe des Paarvergleichs, der im Folgenden vorgestellt wird, ermitteln.

„Readiness Assessment”

In aller Regel können Management Erfolgsfaktoren, Risiken oder Barrieren für ihre Unterneh-

men, sobald sie benannt sind, ganz gut einschätzen. Eine Bewertung mittels einfacher Skala -

geringe, mittlere, starke Auswirkungen- reicht dann völlig aus. Alle Faktoren mit starken Wirkun-

gen auf den Transformationsprozess werden dann im Rahmen der Maßnahmenplanung beson-

ders berücksichtigt.

Gibt es aber Zweifel, Meinungsverschiedenheiten oder Alternativen in Bezug auf die Wirkungen

von einzelnen Faktoren, sollte ein Unternehmen seine aufgestellten Faktoren mittels Paarwei-

sem Vergleich im Hinblick auf ihre Performance im Transformationsvorhaben bewerten. Die be-

reits oben vorgenommenen Risikoeinschätzungen sollen bei dieser Bewertung helfen. Damit

erhält das Unternehmen eine gute Grundlage für sein „Readiness Assessment”, d.h. wie gut ist

es aufgestellt und wie startbereit ist sein Vorhaben.

Der Paarweise Vergleich ist eine Methode um Alternativen bei der Vorbereitung von Entschei-

dungen zu bewerten, macht damit Entscheidungsfindungen operationalisierbar und verhindert

so Entscheidungen nach dem Bauchgefühl.

Die Bewertung mittels Paarweisem Vergleich ist zwar aufwändig und erfordert sehr gute Kennt-

nisse und Einschätzungen zur Wirkungsweise einzelner Faktoren. Um eine Priorisierung der

Faktoren zu erhalten, ist aber diese Methode einer einfachen Bewertung vorzuziehen. Das fol-

gende Schaubild 69 dient zur Anschauung der Methode, hier als Paarvergleich der Erfolgsfakto-

ren.

Seite 88

Schaubild 69: Template Paarvergleich für Erfolgsfaktoren

Man bewertet jeden Faktor mit jedem und zwar wie folgt:

Für Erfolgsfaktoren (fördern Erfolg) (siehe Schaubild):

3:1 bedeutet: Faktor x (3) trägt mehr zum Erfolg bei als Faktor y (1)

2:2 bedeutet: Faktor x (2) trägt gleichermaßen zum Erfolg bei wie Faktor y (2)

1:3 bedeutet: Faktor x (1) trägt weniger zum Erfolg bei als Faktor y (3)

Für Misserfolgsbarrieren (verhindern Misserfolg):

3:1 bedeutet: Faktor x (3) verhindert mehr den Misserfolg als Faktor y (1)

2:2 bedeutet: Faktor x (2) verhindern gleichermaßen den Misserfolg wie Faktor y (2)

1:3 bedeutet: Faktor x (1) verhindert weniger den Misserfolg als Faktor y (3)

Für Erfolgsbarrieren (behindern Erfolg):

3:1 bedeutet: Faktor x (3) behindert mehr den Erfolg als Faktor y (1)

2:2 bedeutet: Faktor x (2) behindert gleichermaßen den Erfolg wie Faktor y (2)

1:3 bedeutet: Faktor x (1) behindert weniger den Erfolg als Faktor y (3)

Für Misserfolgsfaktoren (fördern Misserfolg):

3:1 bedeutet: Faktor x (3) fördert mehr den Misserfolg als Faktor y (1)

2:2 bedeutet: Faktor x (2) fördert gleichermaßen den Misserfolg wie Faktor y (2)

1:3 bedeutet: Faktor x (1) fördert weniger den Misserfolg als Faktor y (3)

Seite 89

Das folgende Beispiel eines Paarvergleichs der acht Erfolgsfaktoren zeigt, wie die Ergebnisse

ermittelt werden können (siehe Schaubild 70).

Schaubild 70: Template Paarvergleich beispielhaft ausgefüllt für

die acht Erfolgsfaktoren

Die Summenbildung liefert die Gesamtbewertung und damit eine Priorisierung der Faktoren. In

obigem Beispiel ist der Erfolgsfaktor 4 (Klare Vision und Strategie vorhanden) auf Platz 1 der

Rangliste (mit 17 Punkten) und damit wichtigster Erfolgsfaktor aus Sicht des Unternehmens für

den Transformationsprozess. Starke Erfolgsfaktoren sind wichtig bei der Realisierung und soll-

ten unbedingt gefördert werden. Im Falle der Risikofaktoren und Barrieren gilt es, sich um höher

bewertete Faktoren stärker zu kümmern, da sie ein höheres Risiko bzw. eine höhere Barriere

darstellen als geringer bewertete Faktoren.

Seite 90

KAPITEL 4: BUSINESS TRANSFORMATION EXCELLENCE

In vielen aktuellen Publikationen und Ratgebern wird der Weg zum Social Business nur bis zum

Ende des technischen Einführungsprojektes, dem sogenannten „Betriebsbeginn”, allenfalls noch

bis zum Start der initialen Change Management-Maßnahmen beschrieben, aber was kommt

dann? Typischerweise wird dann das ursprüngliche Projektteam verkleinert, und vielleicht küm-

mert sich noch eine kleine Einheit um die Unterstützung und Weiterentwicklung der Transforma-

tion des Unternehmens durch Social Software.

Viele Managementkonzepte gehen vom Ansatz her davon aus, dass die Dinge Zeit brauchen.

Zeit, die notwendig ist, um über kontinuierliche Verbesserungen das Performance-Niveau zu

steigern, um über unternehmerische Nachhaltigkeit die ganzheitliche Unternehmensentwicklung

sicherzustellen oder um über die Orientierung an Reifegrad-Ansätzen kontinuierlich die Busi-

ness Excellence des Unternehmens zu erhöhen.

Praktikable Orientierungsrahmen und handhabbare Managementtools zur Planung und Steue-

rung einer Social Business Excellence stecken noch in den Kinderschuhen. Andererseits gibt es

immer mehr Unternehmen, die das Social Business Einführungsprojekt abgeschlossen haben,

bei denen sich aber jetzt zeigt, dass die Transformation des Unternehmens erst ganz am An-

fang steht.

Social Business war und ist ein Zukunftsthema

Auf die Frage, welche Bedeutung Social Business aus Sicht der Teilnehmer für das Unterneh-

men hat, gaben im Jahr 2012 86 Prozent der Befragten an, dass Social Business in drei Jahren

„wichtig” bzw. „ziemlich wichtig” ist. 2013 waren es dann 88 Prozent, 2014 89 Prozent. In der

aktuellen Befragung 2015 wurde nach der Wichtigkeit der Digitalisierung gefragt und die Ergeb-

nisse schnellten noch weiter nach oben, mit 92 Prozent gibt es nur noch „sehr wichtig” und

„wichtig”. Die Erwartungen für die Zukunft bleiben demnach auf einem sehr hohen Niveau89

(siehe Schaubild 71).

89 http://www.centrestage.de/2014/07/23/unternehmen-auf-dem-weg-zur-social-business-excellence/

Seite 91

Schaubild 71: Bedeutung von Social Business (MIT Sloan 2014)90

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass sich in den Unternehmen immer mehr Personen für das

Thema interessieren bzw. involviert sind. Das dürfte insbesondere damit zusammenhängen,

dass nach einem unternehmensweiten technischen Roll-Out von Social Software jeder Mitar-

beiter die entsprechenden Werkzeuge nutzen kann. Heute sind das nicht mehr nur die Mitglie-

der des Projektteams und ausgewählte Pilot-Teilnehmer, sondern alle Mitarbeiter und alle Füh-

rungskräfte. Damit stellt sich die Frage, wie die Vorgehensweise zur Durchdringung nach dem

Einführungsprojekt und den initialen Piloten massentauglich gestaltet werden kann.

Der Reifegrad ist noch niedrig und stagniert

Seit dem Jahr 2013 wird vom MIT der Reifegrad, die „Social Maturity”, gemessen. Dieser hat

sich nicht verändert, immer noch geben über 50 Prozent der Teilnehmer an, in einer frühen

Phase zu sein (2013: 52 Prozent, 2014: 51 Prozent). Auf die Frage, ob Social Software die

unternehmensweite Kollaboration und das Teilen von Informationen treibt und Social Data in

den operativen Geschäftsprozessen genutzt werden, gaben nur 17 Prozent der Unternehmen

an, eine gewisse Reife erreicht zu haben (siehe Schaubild 72).

90 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014

Seite 92

Schaubild 72: Social Maturity (MIT Sloan 2014)91

Es gibt also noch einiges zu tun! Zusammenfassend kann man anhand der drei Studien ablei-

ten, dass

dem Thema Social Business für die Zukunft nach wie vor eine sehr große Bedeutung für

den Erfolg und die Wertschöpfung beigemessen wird,

sich zunehmend die Frage der Massentauglichkeit von Tools zum Management von

Change und Enabling stellt und

die Unternehmen einen Orientierungsrahmen zur kontinuierlichen Steigerung der Social

Business Excellence benötigen.

91 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014

Seite 93

Methoden zur Transformation der Arbeitswelt und Organisation

KAPITEL ANFORDERUNGEN METHODEN

KAPITEL 4: BUSINESS

TRANSFORMATION

EXCELLENCE

WELCHE MAßNAHMEN FÜR VERÄNDERUNGEN

MÜSSEN DURCHGEFÜHRT WERDEN? WIE KANN LANGFRISTIG NACHHALTIG

GEFÜHRT WERDEN?

7 CHANGE MANAGEMENT

FRAMEWORK 8 ANSATZPUNKTE FÜR DIE

UNTERNEHMENSENTWICKLUNG

Change Management Framework

Die Ergebnisse der Metastudie haben gezeigt, dass es vom Betriebsbeginn einer Social Soft-

ware, über die ersten Piloten bis zur unternehmensweiten Wertschöpfung ein langer Weg ist. Mit

einer systematischen Vorbereitung (Zielsystem, Erfolgsfaktoren, Risiken) sollte ein Unterneh-

men in der Lage sein, die geeigneten Werkzeuge auszuwählen und Maßnahmen für den Verän-

derungsprozess zu initiieren. Diese fokussieren darauf, Erfolgsfaktoren zu stärken und Erfolgs-

barrieren abzubauen.

Aus der Perspektive einer Risikoreduzierung müssen durch Change Management Maßnahmen Misserfolgsfaktoren verhindert und Misserfolgsbarrieren verstärkt werden. Das folgende Schaubild 73 zeigt den Rahmen für das Change-Management mit beispielhaften Maßnahmen, die geeignet sind, den Change Prozess in Gang zu setzen und die Business Transformation auch nachhaltig zu unterstützen.

Schaubild 73: Change Management Framework für Social Business

Seite 94

Das Wort Social impliziert, dass der Mensch im Mittelpunkt des richtigen Vorgehens stehen soll-

te. Der Mensch muss die Veränderung annehmen und das hängt von zwei Aspekten ab: zum

einen von seiner Fähigkeit und zum anderen von seiner Bereitschaft zur Veränderung. Beide

Faktoren bestimmen seine Akzeptanz, Veränderungen anzunehmen. Man spricht hier auch von

Social Business Adoption. Wünschenswert ist, geeignete Maßnahmen auszuwählen und durch-

zuführen, die diese Akzeptanz fördern und eine möglichst große Veränderungsfähigkeit und -

bereitschaft bewirken. Was heißt das im Einzelnen?

Die Veränderungsfähigkeit wird gefördert durch:

Kennen, was bedeutet, Transparenz und Klarheit über das Vorhaben zu schaffen. Hierzu

zählen insbesondere Informations- und Kommunikationsmaßnahmen.

Können, was bedeutet, die Kompetenzen zur Bewältigung der neuen Herausforderungen

zu erwerben. Hierzu zählen insbesondere Qualifizierungs- und Enablingmaßnahmen.

Die Veränderungsbereitschaft wird gefördert durch:

Sollen, was bedeutet, Führung und Organisation müssen die Rahmenbedingungen zum

Vorhaben liefern. Hierzu zählen insbesondere Arbeitskonzepte, Guidelines und Leitplan-

ken für das Verhalten, Konzepte für Strukturen und Prozesse sowie Werte und Prinzipien

für die Führung.

Wollen, was bedeutet, die Mitarbeiter müssen motiviert werden, sich das Vorhaben zu

eigen zu machen. Hierzu zählen insbesondere Engagement Maßnahmen, die durch

moderne Eventformate und Kampagnen unterstützt sowie durch neue Rollenkonzepte im

Unternehmen verankert werden.

Für die Auswahl der geeigneten Maßnahmen sollte man deren Formate, Methode, Vorgehens-

und Wirkungsweisen gut kennen.

Veränderungsprozesse zur organisatorischen Transformation erfordern ein Bouquet an unter-

schiedlichst wirksamen Maßnahmen. Da diese Ressourcen benötigen und nicht gleichzeitig in

Angriff genommen werden können, empfiehlt es sich, für die ausgewählten Maßnahmen eine

Roadmap mit Durchführungsplanung und Aufwänden zu erstellen. Führt man dabei noch regel-

mäßige Reviewzyklen ein, gehört man mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den Unternehmen, die in

den kommenden Jahren einen erfolgreichen Transformationsprozess realisieren werden.

Ansatzpunkte für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung

Was machen Unternehmen, die angeben, bereits einen hohen Reifegrad erreicht zu haben,

anders? Welche Ansätze können Unternehmen verfolgen, um beim Thema Social Business die

notwendige unternehmerische Nachhaltigkeit sicherzustellen und die Grundlagen für eine ganz-

heitliche Unternehmensentwicklung zu schaffen. Vier Themen sind dabei aufgefallen.92 Unter-

nehmen mit einem hohen Reifegrad

92 http://www.centrestage.de/2014/07/31/social-business-unter-der-reifegradlupe/

Seite 95

messen systematisch den Erfolg ihrer Social Business Initiativen

nutzen Social Analytics konsequent zur Unterstützung von Entscheidungen

haben ein umfassendes Committment der Führungskräfte

suchen nach und experimentieren mit neuen Arbeits- und Organisationsmodellen

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad messen systematisch den Erfolg ihrer Social Business

Initiativen

In der Studie aus dem Jahr 2012 gab die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer an, den Erfolg

von Social Business Initiativen nicht zu messen. Diejenigen Unternehmen, die eine Metrik zur

Messung einsetzen, nutzen dazu die Anzahl der auf der Plattform registrierten Teilnehmer und

die Anzahl der Postings einzelner Mitarbeiter (siehe Schaubild 74).

Schaubild 74: Metriken für den Erfolg von Social Business in 2012 (MIT Sloan 2012)93

Heute messen Unternehmen mit einem hohen Reifegrad den Erfolg ihrer Social Business Initia-

tiven und nutzen dazu nicht nur plattformbasierte bzw. medienorientierte Metriken wie Anzahl

der registrierten Mitarbeiter, Aufrufe, Postings oder Kommentierungen und andere Formen der

Beteiligung. Diese Unternehmen nutzen darüber hinaus operative Metriken zur Erfolgsmessung

(z.B. KPIs) und weisen nach, dass Social Business eine Auswirkung auf den finanziellen Unter-

nehmenserfolg hat (siehe Schaubild 75).

93 Kiron, D. u.a. (2012): Social Business: What Are Companies Really Doing? MIT Sloan Management Review 2012

Seite 96

Schaubild 75: Metriken für den Erfolg von Social Business in 2014 (MIT Sloan 2014)94

Interessant ist die Bedeutung der „anekdotischen Evidenz” über alle Reifegrade hinweg. Er-

folgsgeschichten, User Stories oder Use Cases werden daher auch zukünftig eine Bedeutung

für den Erfolgsnachweis haben.

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad nutzen Social Analytics konsequent zur Unterstützung

von Entscheidungen

Mit steigendem Reifegrad spielen soziale Daten eine zunehmende Rolle. Fast 80 Prozent der

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad analysieren regelmäßig soziale Daten in Kombination

mit anderen Daten innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens und 67 Prozent der Unterneh-

men integriert solche Daten in Systeme und Prozesse, um geschäftliche Entscheidungen zu

verbessern (siehe Schaubild 76).

94 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014

Seite 97

Schaubild 76: Soziale Daten zur Messung von Geschäftszielen (MIT Sloan 2014)95

Im Vergleich zur Nutzung von sozialen Daten im externen Umfeld gibt es bis heute nur wenige

Ansätze, soziale Daten aus dem Unternehmen selbst zu nutzen. Dies liegt daran, dass im Ver-

gleich zu den Werkzeugen für die Analyse von externen sozialen Daten (Social Media Monito-

ring, Customer Analytics) entsprechende Werkzeuge für den internen Einsatz bislang noch weit-

gehend fehlen.

Die internen sozialen Daten können beispielsweise dazu genutzt werden, um Muster in struktu-

rierten und unstrukturierten Informationen zu finden oder um Trends und Sentiments zu analy-

sieren und damit rechtzeitig die für Mitarbeiter wichtigen Themen aufgreifen zu können. Unab-

hängig von der Datenschutzproblematik bieten diese internen Daten aber das Potenzial, einen

unternehmensweiten oder auch themenorientierten Einblick in relevante soziale Aktivitäten zu

bekommen und damit bislang unbekannte Einsichten in wertvolle Zusammenhänge („driving

collective insight”) zu erhalten, z.B. im Hinblick auf relevante Informationsbedarfe, bessere Ent-

scheidungen, dringende Verbesserungsmöglichkeiten oder schnellere Problemlösungen.

95 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014

Seite 98

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad haben ein umfassendes Committment ihrer Führungs-

kräfte

Aus vielen Fallbeispielen wird deutlich, dass die ersten Phasen auf dem Weg zu Social Business

Excellence eher Bottom-Up vorangetrieben werden, vielleicht unterstützt durch einen Sponsor

oder einen Promotor auf der oberen Führungsebene. 56 Prozent der Befragten („great extend”

und „moderate extend”) gehen davon aus, dass ihr Führungsteam erkennt, dass Social Busi-

ness eine Chance ist, grundsätzlich das Unternehmen zu verändern (siehe Schaubild 77).

Schaubild 77: Führungskräfte Committment für Social Business (MIT Sloan 2014)96

Noch ausgeprägter ist diese Annahme bei Unternehmen mit einem hohen Reifegrad. Dort

geben 90 Prozent der Befragten an, dass ihre Führungskräfte davon ausgehen, dass Social

Business für positive und umfassende Veränderungen genutzt werden kann. Voraussetzung

dafür ist, dass die Führungskräfte die dazu notwendigen Kompetenzen haben. Jedoch tolerieren

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad keine Kompetenzlücken in Bezug auf digitale Trends.

76 Prozent der Befragten aus diesen Unternehmen stimmen zu, dass ihre Organisationen fähig

sind, die notwendigen Qualifikationen für Führungskräfte und Mitarbeiter aufzubauen97. Bei

Unternehmen mit geringem Reifegrad sind das nur 19 Prozent. Lernen findet in reifen Unter-

nehmen fast nur noch online und just-in-time statt. Es gibt allerdings noch zu wenige Beispiele

96 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014 97 Kane, Gerald; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kiron, David; Buckley, Natasha (2015): Strategy, not

Technology, Drives Digital Transformation. MIT Sloan Management Review 2015 in Cooperation with Deloitte. Page14

Seite 99

(z.B. Reverse Mentoring, Learning Journeys), die zeigen, wie Social Business systematisch und

nachhaltig in die Führungskräftequalifizierung und Führungskräfteentwicklung eingebunden

werden kann.

Unternehmen mit einem hohen Reifegrad suchen nach und experimentieren mit neuen Arbeits-

und Organisationsmodellen

Social Business hat das Potential, die Art und Weise des Arbeitens in den Unternehmen zu ver-

ändern. Das erkennen auch die Befragten der MIT-Studie (siehe Schaubild 78).

Schaubild 78: Social Business verändert die Arbeitsorganisation fundamental

(MIT Sloan 2014)98

Es geht dabei um neue Rollen und Aufgaben, um Führung in einer netzwerkzentrierten und kol-

laborativen Arbeitsumgebung, um die geschäftliche Relevanz von Communities99, um hybride

Arbeits- und Organisationsmodelle100. Neue Denkansätze zur Organisationsgestaltung, die in

diesem Umfeld diskutiert werden, sind die Connected Company von Dave Gray101, das Light

Footprint Management von Charles-Edouard Bouée102, die Duale Organisation von Kotter103,

Holacracy104 von Brian Robertson oder auch Niels Plägings Organisation für Komplexität105.

98 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014 99 http://www.centrestage.de/2014/07/02/communitys-und-die-arbeitsorganisation/ 100 http://www.centrestage.de/2013/10/23/die-community-organisationsmodell-im-enterprise-2-0/ 101 http://xplaner.com/connectedco/ 102 http://www.rolandberger.de/medien/publikationen/2013-06-18-rbsc-pub-Light_Footprint_Management.html 103 http://www.furger-partner.com/accelerate-das-duale-organisations-system-von-p-kotter/ 104 http://www.holacracy.org/ 105 http://www.nielspflaeging.com/media/media.html?site=60-

Organisation+f%FCr+Komplexit%E4t+%28Neuauflage%29.htm

Seite 100

FAZIT

Hundert Seiten Analysen, Bewertungen, Ausarbeitungen zu Social Business oder Transforma-

tion der Organisation, Wegbereiter und wichtiger Schritt zur Digitalisierung des Unternehmens.

Einige Unternehmen scheinen diesen ausgelassen oder noch nicht beschritten zu haben, wie

die MIT-Studien vermuten lassen: in den Jahren 2013, 2014 wurde die Social Maturity106 ermit-

telt. Gefragt danach, ob Social Software die unternehmensweite Kollaboration und das Teilen

von Informationen treibt und Social Data in den operativen Geschäftsprozessen genutzt werden,

gaben über 50 Prozent der Teilnehmer an, in einer frühen Phase der Social Business Trans-

formation zu sein.

Als 2015 dann die Digital Maturity107 ermittelt wurde und nach digitalen Technologien, die die

Prozesse verbessern und neue Geschäftsmodelle treiben, gefragt wurde, hat sich diese Zahl

halbiert: 26 Prozent waren es nur noch, die meinen, in einer frühen Phase zu sein, über 70 Pro-

zent sind demnach schon auf einem guten Weg zur digitalen Transformation. Das bedeutet: die

digitale Transformation scheint weiter zu sein als das Social Business. Die Cloud ist eben einfa-

cher zu digitalisieren als die Crowd oder anders ausgedrückt: die Digitalisierung von Produkten,

Produktion oder Geschäftsmodellen geht schneller vonstatten als die Digitalisierung von Arbeits-

prozessen, Führung oder Organisationen. Kaum vorstellbar, dass das gut geht. Manche spre-

chen daher auch von einem Drahtseilakt, bei dem sich Entscheidungsträger in ihrer digitalen

Reife überschätzen108.

Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die Mechanismen des digitalen Erfolgs verstehen.

Daher sollten Unternehmen auf ihrer Reise zur digitalen Transformation darauf achten, ein

Gleichgewicht zu wahren und die Arbeitsorganisation auf die Digitalisierung von Produkten und

Kundenbeziehungen vorzubereiten, indem sie vorrangig die Themen unternehmensweite Ver-

netzung, Kollaboration, Kooperation und Ko-Kreation sowie Austausch von Informationen und

Wissen im Unternehmen realisieren.

106 Kane, G.C. u.a. (2014): Moving Beyond Marketing. Generating Business Value Across the Enterprise. MIT Sloan

Management Review 2014 107 Kane, Gerald; Palmer, Doug; Nguyen Phillips, Anh; Kiron, David; Buckley, Natasha (2015): Strategy, not

Technology, Drives Digital Transformation. MIT Sloan Management Review 2015 in Cooperation with Deloitte. Page14. Online: http://d27n205l7rookf.cloudfront.net/wp-content/uploads/2015/07/15-MIT-DD-Strategy_small.pdf

108 Der digitale Drahtseilakt. Eine Studie von Fujitsu. 2016, Seite 7. Online: http://sp.ts.fujitsu.com/dmsp/Publications/public/br-digital-report-de.pdf

Seite 101

DIE AUTOREN

Dr. Martina Göhring war nach dem Studium zur technisch-orientierten Dipl.-Kauffrau der

Universität Stuttgart am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organi-

sation (IAO) in Stuttgart. Dort war sie im Führungskreis verantwortlich für

den Bereich Business Management. Seit 2004 ist sie Geschäftsführerin der

centrestage GmbH in Esslingen. Sie ist Autorin zahlreicher Artikel in wissen-

schaftlichen Fachzeitschriften und Büchern und Referentin auf Fachveran-

staltungen. Sie beschäftigt sich aktuell mit den Themen Enterprise 2.0 und

Social Business Transformation, Community Management, Digital und

Corporate Learning & Development.

Kontakt: [email protected]

Prof. Dr. Joachim Niemeier war nach dem Studium der technisch orientierten Betriebswirt-

schaftslehre wissenschaftlicher Mitarbeiter am Betriebswirtschaftlichen Institut

der Universität Stuttgart bei Prof. Dr. Wilhelm Bierfelder. Am Fraunhofer-

Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) leitete er die Abteilung

Unternehmensführung. Danach war er Geschäftsführer der T-Systems

Multimedia Solutions GmbH in Dresden. Seit 2006 ist er als Executive

Consultant bei der centrestage GmbH im Bereich Enterprise 2.0 und Social

Business tätig. Seit 1984 ist er Lehrbeauftragter und seit Dezember 2004 Honorarprofessor am

Lehrstuhl für ABWL und Organisation der Universität Stuttgart. Er ist Mitglied in mehreren

Arbeitskreisen und Projektgruppen, verfasste über 150 Artikel sowie einige Fachbücher und ist

Mitgründer verschiedener Start-up-Unternehmen. Zu seinen Kernkompetenzen zählen

Unternehmensführung, Service Engineering, Geschäftsprozess-Management, Business

Excellence-Konzepte, Digitale Strategien sowie Corporate Learning.

Kontakt: [email protected]

IMPRESSUM

Bezug der Studie über www.centrestage.de/studien-und-leitfaeden/

Lieferung als PDF

Veröffentlichung März 2016

Herausgeber: centrestage GmbH, Esslingen

Autoren: Martina Göhring, Joachim Niemeier

Unterstützung bei Recherche und Analyse: Milos Vujnovic