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STUDIE Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Platin aus Südafrika und die Verantwortung deutscher Unternehmen Analyse 75

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Impressum

HerausgeberBrot für die WeltEvangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.Caroline-Michaelis-Straße 110115 BerlinTelefon 030 65211 [email protected]

Autoren Aisha Bahadur, Maren Leifker, Sarah LincolnRedaktion Ellen Köhrer, Helle Dossing, Anja EschV. i. S. d. P. Klaus SeitzÜbersetzung Karin SaarmannInfografiken KontextKommunikation (S. 9, S. 23)Fotos Plough back the fruits (S. 17, 28 oben), BASF SE (S. 26), Brot für die Welt (S. 21, 22), Fotolia/Yamada Taro (S. 31), Leon Sadiki (S. 9, 14), Kevin Sutherland (Cover, S. 10, 11, 15, 17, 27 unten), Christopher Rutledge (S. 19, 20), Witwen von Marikana (S. 33)Layout János TheilDruck Spree Druck, BerlinArt.-Nr. 129 502 720

SpendenBrot für die WeltBank für Kirche und DiakonieIBAN: DE10 1006 1006 0500 5005 00BIC GENODED1KDB

April 2018

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Platin ‒ Motor für die deutsche Industrie 6 Auswirkungen des Platinabbaus in Südafrika 8

1 Marikana ‒ Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.1 Lebensbedingungen in Marikana 10 1.2 Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften 12 1.3 Die Rolle vom Platinunternehmen Lonmin 13 1.4 Situation heute 15 1.5 Übernahme durch Sibanye-Stillwater 18

2 Kein Land zum Leben ‒ Die Auswirkungen der Mogalakwena-Mine auf die umliegenden Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.1 Schlecht vertreten 20 2.2 Gescheiterter Umsiedlungsprozess 20 2.3 Leben neben der Platinmine 21 2.4 Der Frust führt zu Konflikten 22

3 Wer trägt welche Verantwortung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.1 Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte 24 3.2 BASF ‒ Kein Katalysator für Menschenrechte 25 3.3 Die Lieferkettenverantwortung von BMW, Daimler und VW 30 3.4 Forderungen 32

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Vorwort

Vorwort

Der Bergbau hat für die südafrikanische Wirtschaft eine zentrale Bedeutung: Mehr als ein Drittel der Exporter-löse des Landes entfallen auf den Rohstoffsektor. An der Spitze der Rohstoffexporte liegt das Edelmetall Platin. Leider profitieren die Bergarbeiter und die umliegenden Gemeinden kaum von diesen Bodenschätzen. Im Gegen-teil: Die Arbeit ist hart und die Bezahlung oft schlecht. In den letzten zehn Jahren sind über 1000 Minenarbeiter unter Tage gestorben. Die umliegenden Gemeinden lei-den unter Wasserknappheit und Luftverschmutzung. Viele Menschen werden aufgrund des Bergbaus umgesie-delt, ohne angemessen konsultiert zu werden. Friedliche Proteste werden durch die Polizei oder private Sicher-heitsdienste gewaltsam aufgelöst.

Viele Partnerorganisationen von Brot für die Welt in Südafrika beschäftigen sich mit den Auswirkungen des Rohstoffabbaus: Sie dokumentieren die Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen, fordern vom südafrikani-schen Staat und den beteiligten Unternehmen Abhilfe und unterstützen die Betroffenen. Dabei wird immer wieder deutlich: Das Problem reicht weit über Südafrikas Grenzen hinaus. Es sind oft transnationale Bergbaukon-zerne, die in Südafrika die Minen betreiben. Diese ver-kaufen die Rohstoffe meist unverarbeitet in Länder wie Deutschland, wo sie zu Handys, Autos, Schmuck oder anderen Alltagsprodukten verarbeitet werden.

Der Rohstoff Platin veranschaulicht diese Zusam-menhänge hervorragend: Britische Unternehmen wie Lonmin oder Anglo-American bauen den Rohstoff in Südafrika ab. Wichtige Abnehmer sind BASF oder BMW, die den Rohstoff für den Bau von Abgaskatalysatoren benötigen. Mehr als ein Drittel des Platins landet in der Automobilindustrie. Die Wertschöpfung findet hier in Deutschland statt und zwar, wie so oft, auf Kosten von Menschen und Umwelt in anderen Ländern.

Wir sehen es als unsere Aufgabe, diese Zusammen-hänge aufzuzeigen und die beteiligten Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen. Nach internationalen Standards der Vereinten Nationen und der OECD sollen Unternehmen dafür sorgen, dass in ihren Lieferketten Arbeits- und Menschenrechte geachtet werden. Die Bun-desregierung hat 2016 einen nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet und for-muliert darin die klare Erwartung, dass deutsche Unter-nehmen die Menschenrechte achten: nicht nur in ihren eigenen Unternehmen, sondern auch bei ihren Tochter-gesellschaften und in den Lieferketten. Allerdings ist diese Lieferkettenverantwortung freiwillig und deutschen

Unternehmen drohen bislang keine Konsequenzen, wenn sie die Produktionsbedingungen ignorieren.

Die vorliegende Studie beleuchtet die Situation in zwei Platinminen Südafrikas und untersucht, inwieweit die beteiligten deutschen Unternehmen ihrer menschen-rechtlichen Verantwortung gerecht werden.

In Marikana haben die Arbeiter 2012 für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen gestreikt. Die südafri-kanische Polizei hat den Streik gewaltsam aufgelöst und 34 Arbeiter erschossen. Fast sechs Jahre nach dem Mas-saker hat sich die Situation der Arbeiter kaum verbessert.

In Mogalakwena, 300 Kilometer nördlich, sieht die Situation nicht besser aus: Tausende Menschen haben durch die dortige Platinmine ihr Land und ihr Wasser, und damit ihre ganze Lebensgrundlage verloren.

Die Studie verdeutlicht auch die Verantwortung der deutschen Politik: Es wird nicht reichen, auf die freiwilli-gen Bemühungen der Unternehmen zu setzen. Damit sich die Situation der Menschen vor Ort verbessert, muss Unternehmensverantwortung verbindlich verankert wer-den. Wir dürfen nicht weiter hinnehmen, dass die Men-schen, die für uns eines der wertvollsten Metalle der Welt aus dem Boden holen, unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten. Wir dürfen nicht wei-ter wegsehen, wenn für unseren Konsum Menschen ver-trieben und die Umwelt zerstört wird.

dr. klaus seitzAbteilungsleiter PolitikBrot für die Welt

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Einführung

Platin ‒ Motor für die deutsche IndustriePlatin ist eines der teuersten Metalle weltweit und wird von Südafrika im großen Stil nach Deutschland expor-tiert. Als Rohstoff ist Platin essentiell für den deutschen Automobilsektor und trägt mit zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Die Autohersteller brauchen Platin für Abgaskatalysatoren, mit denen die Schadstoffe in der Abluft ihrer Fahrzeuge reduziert wird. Doch wäh-rend Platin in Deutschland die Luft reinhält, trägt sein Abbau in Südafrika zur Umweltverschmutzung bei und ist mit Menschenrechtsverletzungen verbunden.

Südafrika ist Marktführer bei der Förderung des Edelmetalls Platin. Mehr als 70 Prozent des weltweit geförderten Edelmetalls stammen von dort. Das Land verfügt über eine Platinreserve von 300 Jahren (Statistics South Africa, 2017, S. 21). Platin liegt damit an der Spitze der Rohstoffexporte aus Südafrika (OEC South Africa, 2016). Der Weltmarktpreis für eine Feinunze (31 Gramm) des grau-weiß glänzenden Metalls, dessen Name sich vom spanischen „plata“ ‒ Silber ‒ ableitet, ist hoch. Er liegt immer noch bei 804 Euro, obwohl der Preis in den letzten Monaten gefallen ist.

Ein Großteil des südafrikanischen Platins wird nach Deutschland exportiert. Im Jahr 2016 war Deutschland nach den USA und Japan weltweit drittgrößter Nettoim-porteur (World’s Richest Countries, 2016). Platin ist ein wichtiger Rohstoff für den deutschen Markt. Denn neben der Schmuckherstellung findet Platin vor allem Verwen-dung in der Autoindustrie, die mit einem jährlichen Umsatz von gut 400 Milliarden Euro eine enorme Bedeu-tung für die deutsche Volkswirtschaft hat.

Der Automobilsektor braucht Platin für die Herstel-lung von Abgaskatalysatoren für Dieselfahrzeuge. Rund ein Drittel des weltweit geförderten Platins wird in Kata-lysatoren verbaut (BGR, 2016, S. 16). Platin spielt aber zunehmend auch für sogenannte Zukunftstechnologien eine wichtige Rolle, allen voran als Rohstoff für Brenn-stoff- und Solarzellen.

Aufgrund strengerer Umweltgesetze sind heute mehr als 85 Prozent der neu hergestellten Fahrzeuge mit Abgas-katalysatoren ausgestattet. Beim Oxidationskatalysator von Dieselfahrzeugen werden die in den Autoabgasen enthaltenen Verbrennungsschadstoffe mit Hilfe eines platin- und rhodiumbeschichteten Keramik-Einsatzes durch Oxidation beziehungsweise Reduktion zu unschädlichen Stoffen umgewandelt. Auch wenn diese

Verwendung mit dem nach der Entscheidung des Bun-desverwaltungsgerichts vom Februar 2018 möglich gewordenen Bann von Dieselfahrzeugen für deutsche Innenstädte, dem Volkswagen-Skandal und der zu erwar-tenden Zunahme von Elektroautos vermutlich abneh-men wird, liegt die jährliche Nachfragesteigerung in Deutschland bislang ungebrochen zwischen und 2 und 3,1 Prozent.

Die Platingruppenmetalle Platin, Palladium und Rhodium werden an internationalen Handelsplätzen wie der London Metal Exchange (LME) oder der New York Commodities Exchange (COMEX) gehandelt. Einzelne deutsche Unternehmen sind jedoch dazu übergegangen, Platin direkt bei den Minen in Südafrika einzukaufen: BMW bezieht 90 Prozent des benötigten Platins unmittel-bar von dem südafrikanischen Minenbetreiber Anglo American Platinum, Tochter des britischen Bergbaukon-zerns Anglo American. Ein weiterer wichtiger Importeur des in Südafrika geförderten Platins ist BASF. Der Lud-wigshafener Chemiekonzern kauft jährlich Platin im Wert von 450 Millionen Euro aus Marikana, das ist mehr als die

Mehr als ein Drittel des weltweit produzierten Platins wird für die Herstellung von Autoabgas-Katalysatoren verwendet.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Einführung

Hälfte der Jahresproduktion von Lonmin Platinum, der südafrikanischen Tochtergesellschaft des britischen Berg-bauunternehmens Lonmin (Buchen, 2016).

Beim sogenannten „direct sourcing“ ‒ dem Direktbe-zug von Platin ‒ geht es den Unternehmen vor allem um

die langfristige Sicherung ihres Bedarfs und weniger um den Preis, denn nur rund ein Prozent des Platinpreises ist frei verhandelbar. Die Referenzpreise für Platin und Pal-ladium werden durch das LMEbullion bestimmt, ein von der LME im Dezember 2014 gestartetes webbasiertes

Südafrikas neues Gold

Bergbau war für die industrielle und wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas von zentraler Bedeutung. Auch in der Nach-Apartheid-Wirtschaft spielt der Bergbausektor noch immer eine wichtige Rolle. Südafrika fördert jährlich Bodenschätze im Wert von 75  Milliarden Euro. Die Ausfuhr von Edelmetallen, mineralischen Brennstoffen und Erzen macht rund 35 Prozent der gesamten Exporte aus und trägt mit gut 10 Prozent wesentlich zum Bruttoinlandsprodukt bei. Obwohl Südafrika weltweit für sein Gold bekannt ist, hat der Abbau im letzten Jahrzehnt stark abgenom-men. Die Goldvorkommen reichen nur noch für die nächsten 40 Jahre.

Heute liegt Platin an der Spitze der Rohstoffexporte Südafrikas. Mehr als 70 Prozent des weltweit geförder-ten Platins stammt von dort, das Land hat eine Platin-reserve von 300 Jahren (Statistics South Africa, 2017, S. 21). Die Förderung von Platin macht mit 41 Prozent einen Großteil des südafrikanischen Bergbaus aus. Alle großen Platinproduzenten, wie der weltgrößte Produzent Anglo American Platinum sowie Impala Platinum, Norilsk Nickel und Lonmin, sind in Südaf-rika vertreten. Viele der Unternehmen wurden in der Kolonialzeit gegründet und arbeiten noch immer

nach dem Prinzip der Ausbeutung von Rohstoffvor-kommen und billigen schwarzen Arbeitskräften. Der Profit, der durch die Weiterverarbeitung und Wert-schöpfung entsteht, geht jedoch in Länder des globa-len Nordens, wie beispielsweise an den britischen Bergbaukonzern Lonmin.

Der Bergbausektor ist einer der größten Arbeitgeber Südafrikas, 2015 arbeiteten dort im Bergbau rund 490.000 Menschen. Ein Großteil von ihnen ist bei Arbeitsvermittlern oder Subunternehmen beschäftigt. Weil es immer mehr Leiharbeitsverhältnisse gibt, mit denen die Produzenten, Leistungen zur sozialen Sicherung umgehen, sind in den letzten Jahren viele reguläre Arbeitsplätze verloren gegangen (Statistics South Africa, 2015).

Ein Großteil der im Bergbau beschäftigten sind Wanderarbeiter und -arbeiterinnen aus sogenannten „labour sending areas“ (Regionen, aus denen ange-worbene Arbeiter und Arbeiterinnen stammen). Sie lassen ihre Familien zurück, um in den Bergwerken unter menschenunwürdigen Bedingungen zu arbei-ten und ein wenig Geld in die Heimat schicken zu können.

73,2 % Südafrika

2 % USA

3,3 % Kanada

6,2 % Simbabwe

12,9 % Russland

Weltmarktanteile Platin Quelle: BGR, DERA Rohstoffinformationen, Risikobewertung Platingruppen-metalle – Platin, Palladium, Rhodium, 2016  

⅓ Autoabgaskatalysatoren⅓ sonstiges

Verwendung von Platin Quelle: BGR, DERA Rohstoffinformationen, Risikobewertung Platingruppen-metalle – Platin, Palladium, Rhodium, 2016  

⅓ Schmuck

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Tool, das zweimal täglich (9:45 und 14:00 Uhr) bei soge-nannten Auktionen durch autorisierte Teilnehmer den Preis der Platingruppenmetalle ermittelt. Einer der auto-risierten Teilnehmer ist BASF (DERA Rohstoffinformati-onen, Risikobewertung Platingruppenmetalle ‒ Platin, Palladium, Rhodium, 2015).

Wegen des Vorwurfs, die Platinpreise zu manipulieren, musste sich BASF schon vor Gericht verantworten. Zwar wurde das vom US-Schmuckhersteller Modern Settings LLC eingeleitete Verfahren im März 2017 eingestellt, jedoch nur, weil der Bezug zu den USA fehlte (Stempel, 2017).

Abgaskatalysatoren von BASF kommen bei BMW, Daimler und VW und anderen europäischen Autoher-stellern zum Einsatz. Während sie in Deutschland einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, gefährdet der Plati-nabbau in Südafrika die Umwelt und verletzt die Men-schenrechte von Arbeitern und Arbeiterinnen sowie Anwohnern und Anwohnerinnen.

Auswirkungen des Platinabbaus in SüdafrikaSüdafrika ist heute von einer extremen Wasserkrise betroffen, von der Regierung wurde sie im Februar 2018 zur nationalen Katastrophe erklärt. Im ganzen Land wur-den Wasserrestriktionen verhängt. Ein Grund für Südaf-rikas Wasserknappheit sind die großen Wassermengen, die bei der Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen, hauptsächlich zur Kühlung und Reduzierung von Staub, eingesetzt werden. Ein Bergwerk benötigt zwischen 100.000 und 140.000 Liter Wasser pro Stunde. Für den Bergbau in Südafrika werden täglich rund 70 Millionen Liter Grundwasser an die Oberfläche gepumpt und in giftiges Minen-Abwasser umgewandelt.

Besonders trocken ist es im Nordosten des Landes, wo sich mit dem Bushveld-Komplex das weltweit wichtigste Platinvorkommen befindet. Das Gebiet besteht aus einem 39.000 Quadratkilometer großen sichelförmigen Areal, und drei Bereichen ‒ dem Western Limb, Eastern Limb und Northern Limb. In den 1920er-Jahren begann man dort mit dem Abbau von Platin für industrielle Zwecke.

Die Förderung erfolgt abhängig von Größe, Gehal-ten und Morphologie der Lagerstätten sowohl im Tief- als auch im Tagebau. Zur Gewinnung werden die geför-derten Roherze durch Sortieren, Brechen, Mahlen, Schweretrennung und hintereinandergeschaltete Flota-tionsstufen zu platinhaltigen Konzentraten verarbeitet.

Problematisch sind nicht nur die dabei entstehenden Abwässer. Es besteht auch immer die Gefahr, dass durch Lecks oder nicht-ordnungsgemäße Entsorgung, Rückstände von Aluminium, Zink, Uranium oder Radium in den natürlichen Kreislauf gelangen. Zusätz-lich verpesten die Abgase der Lüftungsschächte von Industrieanlagen, Staub und Schwefeldioxid die Luft in den Gegenden um die Bergwerke. Außerdem hat der Bergbau einen enormen Bedarf an günstiger Energie, die in Südafrika im Wesentlichen durch Kohle gedeckt wird. Südafrikas Treibhausgasemissionen sind mit 9,18 Tonnen CO² pro Kopf sogar höher als die von China, Brasilien oder Indien.

Der Platinabbau ist nicht nur schädlich für die Umwelt, sondern auch für die Menschen, die in den Minen-Regionen leben und arbeiten. Aus der Kolonial-zeit stammende Ungerechtigkeitsverhältnisse setzen sich bis heute fort. Die betroffenen Gemeinden werden nicht angemessen beteiligt, Pachtverträge mit den Bergbau-konzernen werden häufig von traditionellen, sogenann-ten „Chiefs“ ausgehandelt, die die Entschädigungen für  den Landverlust veruntreuen. Durch den Zuzug von Wanderarbeitern und -arbeiterinnen wird die lokale Infrastruktur extrem belastet. All das führt immer wieder zu sozialen Konflikten und Unruhen.

Katastrophal sind auch die Arbeitsbedingungen in den Minen selbst. Die Arbeit unter Tage ist lebensgefähr-lich, immer wieder kommt es zu schweren Unglücken. Das Gehalt, was die Bergarbeiter und -arbeiterinnen erhalten, reicht in der Regel weder um die eigene Exis-tenz noch um die ihrer Familien zu sichern.

Die Missstände im südafrikanischen Platinbergbau sind folglich ein strukturelles Problem. In dieser Publika-tion soll es durch die Darstellung der Situation an der Marikana- und der Mogalakwena-Mine beleuchtet wer-den, denn die beiden stehen exemplarisch für die mit dem Platinbergbau in Südafrika verbundenen Menschen-rechtsverletzungen.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Einführung

Südafrika

Namibia

Botswana

Indischer Ozean

Atlantik

Simbabwe

Botswana

Mosambik

Simbabwe

Marikana

Mogalakwena

Johannesburg

Pretoria

Swasiland

Nieder- schlagung von Streiks

Wasser- verknappung

Umweltver- schmutzung

Ausbeuterische Arbeits- bedingungen

Gesundheits- gefährdung der Bevölkerung

Leben in Slums

Verletzung von Sozialverpflichtungen

Vertreibung und Missachtung von Landrechten

Wasser- verknappung

Umwelt- verschmutzung

Gesundheits- gefährdung der Bevölkerung

Verletzung von Sozialver- pflichtungen

Vertreibung und Missachtung von Landrechten

Platinmine

Grafik: Auswirkungen des Platinabbaus in Südafrika am Beispiel Marikana und Mogalakwena  

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Kapitel 1

Marikana ‒ Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen

Die Marikana-Mine liegt im Nordwesten Südafrikas rund 100 Kilometer von Johannesburg entfernt. In der Gegend rund um Rustenburg leben etwa 30.000 Arbeiter und Arbeiterinnen in informellen Siedlungen. Sie haben weder Zugang zu Strom, noch fließendes Wasser und Sanitäran-lagen. Die meisten ihrer Behausungen haben nur ein Wellblechach, das sie kaum vor Wind, Wetter und den Ausdünstungen des nahe gelegenen Bergwerks schützt.

Jeden Morgen machen sich die Arbeiter und Arbeite-rinnen von Marikana auf den Weg unter Tage, wo die Roherze abgebaut werden. Um zu den Stollen zu gelan-gen, müssen sie kilometerweit in die Tiefe gehen. Eine Stunde dauert der Weg von der Oberfläche bis zum Abbau-punkt. In den engen und weniger als einen Meter hohen Stollen herrschen Temperaturen von bis zu 45 Grad.

Das Felsgestein wird in gebückter Haltung mit veral-teten 40 Kilogramm schweren Presslufthämmern bear-beitet, die ohrenbetäubenden Lärm verursachen. Im Schnitt arbeiten die Hauer neun Stunden am Stück, sechs Tage die Woche. Der Staub, den sie dabei einat-men, löst Lungenerkrankungen wie Silikose, Tuberku-lose, Asthma, und Hautreizungen aus. Über Tage atmen die Arbeiter und Arbeiterinnen die giftigen Abgase der Platinschmelzen ein. Schwere Unglücke mit Todesfällen sind an der Tagesordnung.

Der ständige zunehmende Nachfragedruck, führt dazu, dass immer tiefer gegraben wird, um weitere Vor-kommen zu erschließen. Da Platin in sehr lockerem und porösem Gestein vorkommt, wird der Abbau mit zuneh-mender Tiefe der Grabungen gefährlicher. Wenn dann aus Kostengründen auf Sicherungsmaßnahmen verzich-tet wird, mehren sich Unglücksfälle. Die Zahl der getöte-ten Arbeiter und Arbeiterinnen im südafrikanischen Pla-tinbergbau steigt: Im Jahr 2014 wurden 16 Bergarbeiter und -arbeiterinnen getötet, 2015 waren es schon 21 und 2016 gab es 27 Todesfälle (wiwo, 2017).

Auch in den vom britischen Bergbauunternehmen Lonmin betriebenen Minen nehmen die Todesfälle seit 2014 stetig zu. Allein in den Monaten zwischen Januar und Juni 2017 starben fünf Menschen, die dort als Hauer beschäftigt waren, durch Arbeitsunfälle. Für die schwere und risikoreiche Tätigkeit werden die Arbeiter und Arbei-terinnen nicht angemessen bezahlt.

Am 16. August 2012 erschoss die südafrikanische Polizei 34 Arbeiter und Arbeiterinnen der Marikana-Mine, die für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen gestreikt hatten, verletzte 78 weitere und nahm Hun-derte von ihnen fest. Das Marikana-Massaker hat die

Menschen in Südafrika und in der ganzen Welt scho-ckiert, Erinnerungen an die Apartheid-Zeit wachgerufen und ist in die Geschichte des Landes eingegangen. An der Lebenssituation in Marikana hat sich seitdem jedoch kaum etwas verändert.

1.1 Lebensbedingungen in MarikanaDie Lebensbedingungen in südafrikanischen Bergbauge-bieten sind noch immer stark durch die sozialen und öko-nomischen Ungerechtigkeiten des Apartheid-Regimes beeinflusst, von dem die schwarze Bevölkerung fast 45 Jahre lang unterdrückt wurde. Eine wesentliche Ausprä-gung dessen war die strikte räumliche Trennung von schwarzen und weißen Menschen. Unter dem Vorwand der „gleichen aber getrennten Entwicklung des Landes“ hatten bereits die britischen Kolonialherren Gesetze eta-bliert, die 87 Prozent der Landesfläche exklusiver weißer Verwendung zuwiesen. Und zwar weitestgehend die Regionen, wo wertvolle Bodenschätze lagerten, die Industrialisierung durchstartete und sich neue städti-sche Zentren entwickelten. Der viel kleine Rest des Lan-des wurde der wesentlich größeren schwarzen Popula-tion überlassen. Die sogenannten „Homelands“ ‒ Hei-matländer oder traditionelle Siedlungsgebiete. Zu

Derzeit leben 30.000 Menschen in informellen Siedlungen rund um die Marikana-Mine.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 1

Hochzeiten der Apartheid in den 1980er-Jahren war die Segregation soweit fortgeschritten, dass mehr als die Hälfte der schwarzen Bevölkerung in solchen Gebieten lebte. Die ländlichen Gegenden waren größtenteils struk-turschwach, landwirtschaftlich ungeeignet, hoffnungslos überbevölkert und verarmt ‒ und sie produzierten Wan-derarbeiter und -arbeiterinnen: Um der Armut zu entflie-hen und ihre Familien zu ernähren, verließen viele die „Homelands“ auf der Suche nach Arbeit. Auch die Arbei-ter und Arbeiterinnen der Marikana-Mine stammen überwiegend aus solchen Gegenden (Lonmin, 2015). In den Minen-Städten unternahm man alles, um die „ein-strömenden“ Wanderarbeiter und -arbeiterinnen getrennt von der lokalen Bevölkerung zu halten. Sie wur-den in riesigen heruntergekommenen Wohnheimen, die wie Militärkasernen aussahen, untergebracht. Dort mussten sich die Arbeiter und Arbeiterinnen völlig über-füllte Schlafsäle teilen und hatten keinerlei Privatsphäre.

So wurden die Wohnheime zum Symbol für die Ent-menschlichung schwarzer Arbeiter und Arbeiterinnen unter dem Apartheid-Regime.

Mit dem Ende der Apartheid 1994 änderte sich daran nur langsam etwas. Da der Wohnheimplatz begrenzt und die Lebensbedingungen dort unerträglich waren, began-nen einige Wanderarbeiter und -arbeiterinnen sich in der Umgebung anzusiedeln. Sie mieteten sich Baracken oder bauten Wellblechhütten in Hinterhöfen und anderen frei-stehenden Flächen. Auch die Minenbetreiber bauten teil-weise Wohnungen für ihre Angestellten, um ihnen ein Leben außerhalb der Wohnheime zu ermöglichen. Weil diese sehr viel teurer waren als die in den Wohnheimen, forderte die nationale Minenarbeiter-Gewerkschaft (Nati-onal Union of Mineworkers, NUM) ein Wohngeld (Living Out Allowance, LOA) für diejenigen, die außerhalb der Wohnheime lebten.

David Ramohanoe beschreibt: „Als ich meine Arbeit bei Lonmin begann, wohnte ich zunächst im Wonder-kop-Wohnheim. Es war schrecklich, wir schliefen meist zu acht in einem kleinen Raum. Es gab keinen Platz für persönliche Dinge, wir hatten jeder nur ein Bett und ein kleines Schließfach. Es gab Gemeinschaftsduschen und -toiletten. Es gab eine Kantine und eine Wäscherei, aber nur für die Arbeitsbekleidung. Deine eigenen Sachen musstest Du selber waschen und immer wurde irgend-was gestohlen. Es gab keine Privatsphäre. Die Hälfte der Arbeiter lebte in Wellblechhütten, sie wollten nicht im Wohnheim wohnen. Als wir eine Living Out Allowance bekamen, zog ich auch in eine Hütte. Ich bezahlte dafür

200 Rand und konnte den Rest des Geldes für Nahrung, Waschartikel und als Lohnergänzung nutzen.“

Die LOA kam den Minenunternehmen gerade recht, um die Situation der überfüllten Wohnheime kurzfristig zu lösen. Statt dem chronischen Mangel an Wohnraum entgegenzuwirken und angemessene Unterkünfte zu schaffen, zahlten sie nun eine LOA. Aber weil die Löhne der Arbeiter und -arbeiterinnen so niedrig blieben, dass sie sich auch mit der LOA nicht die Miete für eine Woh-nung leisten konnten, nutzten sie das Geld um ihre Gehälter aufzubessern und die Finanzspritzen für ihre Familien in den „Homelands“ erhöhen zu können. Statt in eine Wohnung zog ein Großteil der Arbeiter und Arbeiterinnen in informelle Siedlungen, die dadurch immer größer wurden. Der rasante Zuzug wurde zur Belastungsprobe für die ohnehin knappe Infrastruktur der umliegenden Dörfer.

Während die meisten Wohnheime inzwischen in Wohnungen umgewandelt wurden, bestehen die infor-mellen Siedlungen fort: Nach Angaben der Bench Marks Foundation leben 30.000 der 32.000 Arbeiter und Arbei-tinnen der Marikana-Mine in informellen Siedlungen. Die Siedlungen bestehen aus dicht aneinander gedräng-ten Hütten, die aus Wellblech und Bauabfällen behelfs-mäßig zusammengezimmert wurden. Die Hütten mit ein oder zwei Räumen bieten kaum Schutz vor Kälte, Hitze

Wenn es regnet, vermischt sich Wasser und Schlamm mit Abwasser und Abfall.

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und Regen und meistens auch nicht genügend Platz für die darin lebenden Menschen. Sie sind weder an Strom, Wasser noch Abwasser angeschlossen. Wasser muss von Wasserstellen beschafft werden und Strom durch illega-les Anzapfen des öffentlichen Netzes.

Da es keine privaten Sanitäranlagen gibt, teilen sich bis zu 100 Menschen eine Latrine (Amnesty Internatio-nal, 2016, S. 47). Die unbefestigten Straßen und Häuser sind vom Staub der Bergwerke überzogen. Noch schlim-mer ist es, wenn es regnet. Dann verwandelt sich der Staub in dicken, klebrigen Schlamm, der von den Hütten weggeschaufelt werden muss. Müll und Abwasser verteilt sich in der Siedlung. Durch das Überlaufen von Däm-men der Absetzbecken und unzureichende Klärung wird auch das Grundwasser verschmutzt.

Der Aktivist Chris Molebatsi von der Bench Marks Foundation sorgt sich um die Gesundheit seiner Gemein-schaft:

„Die Siedlungen wachsen ständig. Es gibt kein Land mehr in der Nähe der Wasserstellen und neue Gebiete können nicht mit Strom versorgt werden. Plumpsklos sind unzurei-chend und schlecht gebaut. Unge-klärtes Abwasser ist besonders wenn es regnet ein Problem. Die Müll-entsorgung ist unzuverlässig und Schweine und Hunde leben von dem Abfallhaufen. Menschen bauen ihre Baracken direkt neben den Strom-leitungen und Abluftschächten der Bergwerke und setzen sich damit Umweltrisiken aus.“

Ein Bergarbeiter, der draußen vor seiner Hütte seine Kleidung wäscht, antwortet auf die Frage nach seinen Lebensbedingungen: „Was soll ich Ihnen erzählen, Sie können es mit Ihren eigenen Augen sehen. Sie denken, es ist schrecklich, so zu leben? Sie gewöhnen sich daran,

hier in Würde zu leben. Sehen Sie, ich wasche noch immer meine Kleidung. Ich kann nicht herumlaufen, als ob ich mich nicht selbst respektiere.“

1.2 Auswirkungen auf lokale GemeinschaftenDie Marikana-Mine und die informellen Siedlungen der Arbeiter und Arbeiterinnen haben nachteilige Auswir-kungen auf die Wonderkop-Community, die 1920 von schwarzen Afrikanern und Afrikanerinnen gegründet wurde (Bloom, 2017). Die Gemeinschaft verlor durch die Gründung der Marikana-Mine einen beträchtlichen Teil ihres Acker- und Weidelands. Seitdem sind die Anwoh-ner und Anwohnerinnen den von der Mine ausgehenden Umweltbelastungen ausgesetzt und müssen die knappe Infrastruktur mit tausenden Wanderarbeitern und arbei-terinnen teilen. Erhoffte Arbeitsplätze hat die Mine kaum gebracht. Stattdessen konkurrieren die Alteinge-sessenen mit den Neuzugezogenen um die wenigen vor-handenen Jobs. Dadurch kommt es immer wieder zu sozialen Konflikten.

David Ramohanoe, ein früherer Bezirksrat von Won-derkop, meint dazu: „Wir haben die Wanderarbeiter und -arbeiterinnen in unseren Gemeinschaften freundlich aufgenommen und die geringen vorhandenen Ressour-cen mit ihnen geteilt. Wir haben für sie Wasserstellen in den informellen Siedlungen eingerichtet. Unsere Schu-len und Kliniken sind überlastet.“

Die jungen Menschen der Wonderkop-Community haben kaum Aussichten auf einen Job. Viele denken daher, dass die Mine Arbeitsplätze für die Jugendlichen aus der Region schaffen sollte, statt Wanderarbeiter zu beschäftigen, und die Entwicklung der lokalen Wirt-schaft fördern sollte.

Wendy vom Marikana-Arbeitslosenforum „Viele kom-men zu uns, die sich nur um die Wanderarbeiter küm-mern. Sie sehen uns nicht. Wir sind in diesen Hütten ver-loren. Wir können nirgendwo anders hin, wir haben keine andere Heimat. Wir brauchen Jobs und gute Perspekti-ven. Aber es gibt so viele Versprechungen, die nie umge-setzt werden und von denen nur wenige profitieren.“

Der lokale Aktivist Chris Molebatsi erklärt: „Die lokale Gemeinschaft subventioniert die Mine, sie zahlt die sozialen und Umweltkosten, die durch die Mine ent-stehen, insbesondere die knappen Ressourcen, die sie mit den Wanderarbeiten im Gebiet teilt.“

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 1

Für den Verlust ihres Landes wurde die Wonderkop-Community auch nicht angemessen entschädigt.

Dazu beigetragen hat das während der Apartheid etablierte Rassentrennungssystem, das sich bis heute fortwirkt. Schwarzen war es nicht möglich, Eigentum an Land zu erwerben. Stattdessen wurde das Land in den „Homelands“ von Stammesautoritäten verwaltet, den Bapo-ba-Mogale. Die sogenannten Chiefs der Bapo- ba-Mogale handelten die Verträge mit den Bergbaukonzer-nen aus und zogen die Pachtzahlungen ein, wobei es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten kam. Bei den betroffenen Gemeinschaften kam das Geld in der Regel nicht an. Obwohl die „Homelands“ mit der Schaffung eines neuen, vereinten südafrikanischen Staats formal aufgehört hatten zu existieren, blieben die alten Roh-stoffpachtverträge auch nach dem Ende der Apartheid in Kraft.

Im Fall der Marikana-Mine hatte Lonmin mit den Bapo-ba-Mogale vereinbart, als Entschädigung für den Landverlust eine jährliche Konzession von 12 Prozent des Gewinns auf ein Konto für Gemeinschaftsentwick-lung einzuzahlen, das von der Provinzregierung verwal-tet wurde (Boyle, 2016). Untersuchungen zu Korruptions-vorwürfen, die im Juni 2017 abgeschlossen wurden, haben ergeben, dass der Fond sehr schlecht bewirtschaf-tet wurde. Es gab Unregelmäßigkeiten bei Ausschrei-bungsverfahren, der Kontoführung und Millionen von Rand wurden für den Bau eines Palastes verschwendet (Mathope, 2017). Über eine vom Wonderkop Land Claim Committee (WLCC) eingereichte Klage, in der sich die Gemeinschaft darauf beruft, dass die traditionelle Auto-rität Bapo-ba-Mogale keine Legitimität besitze, dysfunk-tional sei und nicht in der Lage, die Angelegenheiten der Gemeinde zu erledigen (Legal Resources Center, 2014), wurde noch nicht entschieden.

Ramohanoe, der Vorsitzende des WLCC, spricht über mangelnde Entwicklungsprogramme: „Weil dies als traditionelles Land betrachtet wird, haben die Anwohner uns Anwohnerinnen bis heute keine Unterstützung für Entwicklungsprogramme erhalten, öffentliche Dienst-leistungen funktionieren nicht. Die Kommune hat zwar einen Entwicklungsplan vorgelegt, aber keine Mittel für dessen Umsetzung, so werden Ziele nicht erreicht. Wir bekommen von der Mine keinerlei Entschädigung oder Gewinnbeteiligung.“

Hauptverantwortlich für die beschriebenen Miss-stände sind die Provinzregierung und die südafrikanische Regierung, die Korruption verhindern und sicherstellen

sollte, dass lokale Gemeinschaften angemessen für die Nutzung ihres Landes entschädigt werden. Unterneh-men sind jedoch mitverantwortlich, wenn sie sich Kor-ruption zu Nutze machen.

1.3 Die Rolle vom Platinunternehmen LonminDie Marikana-Mine wird von Lonmin Platinum, dem viertgrößten Platinproduzenten der Welt betrieben. Das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochtergesell-schaft des britischen Bergbauunternehmens Lonmin. Hauptkunde von Lonmin Platinum ist der deutsche Chemiekonzern BASF. Dieser kauft mehr als 50 Prozent des in Marikana geförderten Platins und setzt es zur Herstellung von Katalysatoren für die deutsche Automo-bilindustrie ein.

In Anbetracht der desolaten Wohnsituation der Minenarbeiter und -arbeiterinnen verabschiedete die südafrikanische Regierung 2002 die Bergbau-Charta und bestimmte, dass Minenunternehmen zum Erhalt von Bergbaulizenzen einen sogenannten Sozial- und Arbeits-plan (SLP) vorlegen müssen. Ziel der SLPs ist die sozio-ökonomische Entwicklung der Explorationsgebiete. Dazu verpflichten sich die Unternehmen zu Maßnah-men, die der Verbesserung der Wohn-, Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie Bildungs- und Aufstiegschan-cen in der Region dienen (SLP-Richtlinien 2004/2010). Die SLPs sind rechtlich verbindlich, werden vom Minis-terium für Bodenschätze (Department of Mineral Resources) kontrolliert und alle fünf Jahre erneuert.

2006 verkündete Lonmin’s damaliger Vorstandsvor-sitzender Brad Mills seine Vision, in Marikana „leben-dige, behagliche Gemeinschaften der Mittelklasse“ aufzu-bauen, deren gut ausgebildete Kinder „gut bezahlte Jobs“ haben (Creamer, 2007). Im selben Jahr legte Lonmin Pla-tinum einen SLP vor, in dem sich das Unternehmen zum Umbau von 114 Wohnheimblöcken und zum Bau von 5.500 Wohnungen bis 2011 verpflichtete (CALS, 2012).

Zum Zeitpunkt des Massakers im August 2012 waren aber erst 60 Wohnheime umgebaut und drei Musterwoh-nungen fertiggestellt worden. Weil nach dem Umbau einer Person der Platz zur Verfügung steht, den sich vorher 16 teilten, verknappte sich der Wohnraum und weitere Arbeiter und Arbeiterinnen wurden in die ohne-hin schon völlig überlasteten informellen Siedlungen gedrängt.

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Wie es zum Massaker kam

Auch von einer „guten Bezahlung“ war man zum Zeit-punkt des Massakers im August 2012 weit entfernt. Die Beschäftigten von Lonmin verdienten weit weni-ger als Bergarbeiter und -arbeiterinnen in den benach-barten Minen. Der Basislohn ohne Zuschüsse betrug bei Lonmin 5.891 Rand (580 Euro) im Monat. Bei Anglo American Platinum waren es 6.400 Rand (630 Euro) und bei Impala Platinum 7.194 Rand (700 Euro).

Impala hatte nach einem wilden Streik von Hauern einer erheblichen Lohnerhöhung zugestimmt. Als Reaktion darauf überprüfte auch Anglo die geringe Bezahlung von Hauern und führte einen Zuschuss ein (AIDC 2014, S. 15). Als die Lonmin-Hauer im Januar 2012 davon erfuhren, verlangten auch sie eine Lohner-höhung. Sie forderten zunächst 12.500 Rand (1.200 Euro), waren aber bereit in Verhandlungen auf 7.000 Rand (690 Euro) runterzugehen. Das Management von Lonmin verweigerte sich aber jeglichen Verhandlungen und berief sich auf das zweijährige Tarifabkommen, was mit der NUM ausgehandelt worden war. Die Arbeiter und Arbeiterinnen fühlten sich von NUM jedoch nicht repräsentiert. Die NUM wurde einst von Cyril Rama-phosa geleitet, der nun im Vorstand von Lonmin saß. Heute ist Cyril Ramaphosa einer der reichsten Männer Südafrikas, im Februar 2018 übernahm er das Präsiden-tenamt von seinem Vorgänger Jacob Zuma.

Am 10. August 2012 traten die Hauer der Marikana-Mine in einen wilden Streik ein, der am 16. August, dem Tag des Massakers, eskalierte. In den Tagen davor war die Situation extrem angespannt. Die NUM versuchte den Streik gemeinsam mit Lonmin zu bre-chen und schüchterte streikende Arbeiter und Arbei-terinnen ein. Die Folge war ein gewaltsamer Konflikt zwischen den Streikenden, der NUM und den übrigen Arbeiter und Arbeiterinnen, durch den 10 Menschen getötet wurden. Unter den Getöteten waren auch vier Polizei- und Sicherheitskräfte.

Zu diesem Zeitpunkt hätte es eigentlich klar sein müs-sen, dass es unmöglich sein würde, eine durch die NUM vermittelte Verhandlungslösung mit den Arbei-tern und Arbeiterinnen zu erzielen. Trotzdem wei-gerte sich Lonmin, direkt mit den Arbeitern und Arbeiterinnen zu sprechen. Stattdessen bezeichnete Cyril Ramaphosa die Aktivitäten der Streikenden als

„heimtückisch kriminell“ und forderte in E-Mails an die Geschäftsleitung „entsprechende Begleitmaßnah-men“. Ramaphosa versicherte, dass er sich an hohe Regierungsbeamte wenden würde, mit dem Appell im Interesse von Lonmin zu intervenieren (Sosibo, 2015). Er nahm Kontakt mit dem Polizeiminister Nathi Mthetwa auf und überzeugte ihn, weitere Polizeiein-heiten nach Marikana zu schicken (Alexander, 2017). Die Polizeipräsenz nahm dramatisch zu.

Am 14. August hatten sich 3.000 Streikende auf dem „Wonderkop Koppie“ versammelt, einem kleinen Hügel zwei Kilometer westlich der Mine. Da die streikenden Arbeiter und Arbeiterinnen kein Vertrauen in die NUM hatten, war eine andere Gewerkschaft, die Association of Mineworkers und Construction Union (ACMU) und ihr Präsident Joseph Mathunja anwesend. AMCU hatte zuvor hauptsächlich die Leiharbeiter und -arbeiterin-nen vertreten. Die Streikenden bestanden darauf, vom Lonmin-Management gehört zu werden. Joseph Mathunja wandte sich mit dieser Bitte mehrmals an Lonmin, aber das Management weigerte sich und ließ so die letzte Chance zur friedlichen Beilegung des Streiks ungenutzt verstreichen. Am 16. August ging Joseph Mathunja zum „Wonderkop Koppie“, kniete nieder und bat die Streikenden, ein Blutbad zu verhindern. Nach-dem er gegangen war, kam Bischof Johannes Seoka, Vorstand der Bench Marks Foundation, zum „Koppie“ und bot sich als Mediator an. Doch Lonmin wies sein Angebot wie schon zuvor mit dem Argument zurück, die

Am 16. August 2012 wurden von der Polizei 34 Arbeiter getötet, 78 wurden verletzt. Bis heute wurde kein Polizist dafür verurteilt.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 1

1.4 Situation heute

„Marikana war ein Wendepunkt für unser Land. Die politische Land-schaft hat sich verändert. Der Un-mut der Arbeiter über ihre Interes-sensvertretung trat deutlich hervor. Marikana hat alles geändert, aber in Marikana hat sich fast nichts geändert.“ Chris Molebatsi

Seit dem Massaker hat Lonmin nichts zur Verbesse-rung der Situation der Arbeiter unternommen. Die Wit-wen der Arbeiter wurden nicht entschädigt, die Löhne liegen weiterhin deutlich unter dem was Bergarbeiter und -arbeiterinnen in Südafrika durchschnittlich verdie-nen und weil Lonmin seinen Verpflichtungen zum Häu-serbau nicht nachgekommen ist, lebt die Mehrheit der Lonmin-Arbeiter und -Arbeiterinnen innen nach wie vor in Wellblechhütten ohne ausreichenden Zugang zu flie-ßend Wasser, Sanitär und Strom.

Die gewaltsame Niederlegung des Streiks durch die südafrikanische Polizei hat das Land schockiert und das Vertrauen der Menschen gebrochen, dass sich in der Apart-heid-Zeit durch den Staat erlittenes Unrecht und brutale Gewalt nicht wiederholen. Arbeiter und Arbeiterinnen sowie Gemeinschaften im ganzen Land forderten eine sorgfältige Untersuchung der Ereignisse, die juristische

Arbeiter und Arbeiterinnen sollten erst wieder ihre Arbeit aufnehmen, dann würde man mit ihnen reden. Außerdem teilte man Bischof Seoka mit, er könne nicht mehr zum „Koppie“, weil der Ort zum Sicherheitsbe-reich erklärt worden sei. Besorgt um die Arbeiter und Arbeiterinnen ging Joseph Mathunja noch einmal zum „Koppie“ und bat sie sich zurückzuziehen, weil er befürchtete, dass die Polizei auf sie schießen werde. Als die Polizei begann den „Koppie“ mit Stacheldraht abzu-sperren, zerstreuten sich die Streikenden mehr und mehr, manche entschieden sich aber auszuharren. Schließlich bemerkten die Anführer des Streiks, dass sie eingeschlossen waren und entschieden den Ort zu ver-lassen. Doch dafür war es zu spät. Minuten später eröff-nete die Polizei das Feuer. 17 Arbeiter und Arbeiterinnen starben im Kugelhagel und viele weitere wurden verletzt.

Erst nach einer Stunde wurde Sanitätern und Sanitäre-rinnen erlaubt, sich um die Verletzten zu kümmern. Am

„Small Koppie“, einem in der Nähe gelegenen Hügel, wurden weitere 17 Arbeiter und Arbeiterinnen getötet.

Kriminalistische Untersuchungen ergaben, dass sich die Getöteten auf der Flucht befanden. Sie waren nach den ersten Schüssen am „Wonderkop Koppie“ zum „Small Koppie“ geflohen und versteckten sich dort. Am 16. August 2012 tötete die südafrikanische Polizei insgesamt 34 Arbeiter und Arbeiterinnen, die dafür eingetreten waren, was ihnen nach internatio-nalem Recht zusteht, menschenwürdige Arbeit, eine angemessene und bezahlbare Unterkunft, ein Gehalt, was geeignet ist, ihre Existenz zu sichern und eine Gewerkschaft, die ihre Interessen vertritt. In den Tagen nach dem Massaker wurde die Gemeinschaft rund um die Uhr von der Polizei belagert. Es fanden Hetzjagten auf Arbeiter und Arbeiterinnen statt, Hun-derte wurden festgenommen.

Chris Molebatsi arbeitet als Gemeindeorganisator für die Beneh Marks-Stifutung in Marikana. Er unterstützt die Gemeinden darin, Lonmins Verhalten zu überwachen und setzt sich für Reformen ein.

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Verfolgung der Verantwortlichen, eine öffentliche Ent-schuldigung und Entschädigung.

Sechs Jahre nach dem Massaker wurden diese Forde-rungen noch immer nicht umgesetzt: Trotz einer durch den damaligen südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma eingesetzten Untersuchungskommission wurde keiner der beteiligten Polizisten wegen der Morde in

Marikana strafrechtlich verfolgt. Die südafrikanische Regierung hat keine Verantwortung übernommen und die Betroffenen warten noch immer auf Entschädigung.

Im November 2015 haben 300 Betroffene des Mari-kana-Massakers, vertreten durch das Legal Resource Center (LRC), Klage gegen Lonmin, den damaligen Vize-präsidenten Cyril Ramaphosa und die südafrikanische

Witwen von Marikana, Auszug der Rede bei der BASF Aktionärs-versammlung in Mannheim/Deutschland, 29. April 2016

„Ich bin Agnes Makopanao Thelejane, mein Mann wurde beim Massaker getötet. Ich arbeite nun bei Lon-min und mache den Hof sauber. Andere Witwen arbei-ten jetzt unter Tage in der gleichen ungesunden, gefährlichen, lauten und dunklen Umgebung, in der unsere Männer gearbeitet haben. Unter diesen Arbeits-bedingungen werden wir hier sterben oder durch Tuberkulose, Silikose und Verletzungen krank und dann entlassen werden, damit wir zu Hause sterben.

Lonmin sagt, sie haben den Familien der getöteten Arbeiter Jobs gegeben. Aber sie sagen, dass mein Mann,

der im gleichen Bergwerk unter Tage gearbeitet hat, durch eine andere Firma bezahlt wurde. Daher wird mir Lonmin nicht das gesetzlich vorgeschriebene Sterbegeld, das die Lonmin-Arbeiter erhalten, bezah-len, mir keinen Job geben oder mir helfen, meine Kin-der in die Schule zu schicken. Sie sagen, ich soll mit der Firma reden, die ich gar nicht kenne. Wir erhalten kein Geld und wissen nicht, ob wir morgen etwas für unsere Kinder zu essen haben. Unsere Nachbarn hel-fen uns und bringen uns Mahlzeiten. Wir können weder Schuluniformen kaufen noch das Dach reparie-ren, wenn es hereinregnet.“

Living wages

„Living wages“ (existenzsichernde Löhne) meinen, wie der Begriff schon andeutet, ein Gehalt, das geeig-net ist, die Existenz der Empfänger und Empfänge-rinnen im Sinne eines angemessenen Lebensstan-dards zu sichern. Eine international verbindliche Definition existiert dafür nicht. Es gibt aber Kriterien, beispielsweise von der Internationalen Arbeitsorgani-sation (ILO), die immer wieder genannt werden. Danach ist ein existenzsichernder Lohn ein berufli-ches Einkommen, das die wesentlichen Bedürfnisse des Arbeitnehmers und gegebenenfalls seiner Familie deckt. Das heißt das Einkommen muss reichen für Nahrung, eine angemessene Unterkunft, Kleidung, Bildung und Gesundheitsversorgung. Außerdem wird davon ausgegangen, dass ein Teil zur freien Verfü-gung bleiben muss. Was als existenzsichernder Lohn angesehen werden kann, bestimmt sich also nach den

Lebenshaltungskosten vor Ort und variiert damit von Land zu Land. Teilweise gibt es sogar innerhalb eines Landes sehr große Unterschiede (Land versus Groß-stadt). Auf Südafrika angewandt beläuft sich ein exis-tenzsichernder Lohn für eine vierköpfige Familie auf 11600-17600 Rand (790-1.200 Euro) im Monat (Wage Indicator, 2018). Die Minengewerkschaft AMCU ver-ortet den existenzsichernden Lohn für die Platinberg-arbeiter im oberen Segment dieser Lohnspanne ein. Die meisten Minenarbeiter sind Wanderarbeiter und haben oft große Familien in ihren Heimatorten. Nicht wenige haben mittlerweile in Marikana eine zweite Familie gegründet, die sie ebenfalls versorgen müs-sen. Auch die Lebensverhältnisse der Minenarbeiter in Marikana verdeutlichen, dass der derzeitige Lohn nicht ausreicht. Dies trifft umso deutlicher auf die vie-len Leiharbeiter zu, die deutlich weniger verdienen.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 1

Regierung eingereicht und eine finanzielle Entschädi-gungen für den Verlust von Familienangehörigen, für Körperverletzungen, für rechtswidrige Inhaftierungen und falsche Anschuldigungen gefordert. Im März 2017 ‒ die Zahl der Klagen war zwischenzeitlich auf 652 ange-stiegen ‒ erklärte sich die Regierung zu einem Vergleich in Höhe von 1,17 Milliarden Rand (rund 83 Millionen Euro) bereit, den sie noch immer nicht beglichen hat. Auch ein Urteil steht wegen der zwischenzeitlichen Ver-gleichsverhandlungen noch aus.

Lonmin hat zwar den Familien der getöteten fest angestellten Arbeitern und Arbeiterinnen ein Sterbegeld gezahlt, nicht aber den Familien von Getöteten, die durch Leiharbeitsfirmen angestellt oder ausländischer

Nationalität waren (Marinovich, 2016, S. 167). Für einige Kinder von Getöteten zahlt Lonmin ein Schulgeld und die Witwen erhielten Arbeit als Reinigungskräfte in den Verwaltungsgebäuden des Bergwerks oder unter Tage ‒ auch diese Zugeständnisse mussten jedoch erst von den Anwälten der betroffenen Familien ausgehandelt werden (SERI, 2015).

Die Löhne haben sich aufgrund ausdauernder Arbeitskämpfe etwas verbessert. Inzwischen bekommen die Arbeiter und Arbeiterinnen der Marikana-Mine ein monatliches Basisgehalt von 10.296 Rand (660 Euro) das laut dem aktuellen Tarifvertrag bis 2019 auf 12.296 Rand (780 Euro) ansteigen wird (Lonmin, 2016). Es würde dann fast an die 12.500 Rand heranreichen, die von den

Mzoxolo Magidwana: Auszug aus der Rede bei der BASF Aktionärsversammlung in Mannheim/Deutschland, 12. Mai 2017

Ich heiße Mzoxolo Magid-wana und bin 29 Jahre alt. Ich arbeite seit 2011 bei Lon-min. Ich habe im Jahr 2012 mitgestreikt. 34 Arbeiter wur-

den erschossen, ich bekam neun Kugeln ab, zwei gin-gen durch meinen Körper hindurch, sieben wurden im Krankenhaus herausoperiert. Daher nannten sie mich „dead man walking“ („laufender Toter“). Es ist ein Wunder, dass ich überlebt habe.

2012 haben wir für existenzsichernde Löhne und bes-sere Arbeits- und Lebensbedingungen bei Lonmin gestreikt. Wir erwarteten, dass unser Arbeitgeber Lon-min mit uns reden würde. Stattdessen schickte Lon-min die Polizei, die dann auf uns schoss und unsere Kameraden tötete. Ich glaube, dass Lonmin das Prob-lem hätte lösen können anstatt uns wie Tiere zu töten. Sie hätten uns sagen können, dass sie nicht in der Lage sind, unsere Forderungen zu erfüllen. Sie hätten auch einige von uns entlassen können.

Am meisten verletzt mich, dass ich Opfer der Polizeige-walt wurde und dennoch eine Strafanzeige erhalten habe für etwas, das ich nicht getan habe. Ich bin ein Opfer, werde aber wie ein Täter behandelt, bisher wurde niemand wegen der Schüsse und der Ermordungen

angeklagt. Vor diesem Hintergrund möchte ich über die heutige Situation reden: Seit dem Massaker hat sich nichts geändert. Menschen sterben unter Tage, weil Lonmin Druck zum Nutzen der Kunden, zu denen auch BASF gehört, auf sie ausübt, Unsere For-derung nach existenzsichernden Löhnen ist noch nicht erfüllt. Wir Opfer haben noch keine Entschädi-gung erhalten: weder für die Verstorbenen, noch die Witwen, Waisen und die Verletzten.

Bis heute wurde niemand von der Regierung oder bei Lonmin wegen dem Massaker angeklagt. Die Mehr-heit der bei Lonmin Arbeitenden lebt noch immer in Wellblechhütten, in denen sich Ratten tummeln. Es gibt kein fließendes Wasser in den Haushalten, nur eine Wasserstelle für viele Familien. Nicht alle Gebiete haben Strom. Die Toiletten werden von vielen geteilt, sie sind einfach nur ein Loch im Boden ohne chemi-sche Klärung. Unter diesen Bedingungen ist ein Leben in Würde nicht möglich. BASF kauft monatlich Platin im Wert von vielen Millionen Euro. Wir wissen, dass das Management von Lonmin und BASF große Gewinne erzielen, wir wissen, dass wir eines der welt-weit wertvollsten Metalle abbauen. Ich wünsche mir, dass BASF Druck auf Lonmin ausübt, um die Prob-leme mit den Arbeitern zu lösen. Wir möchten ein-fach in Würde leben ‒ ich denke, das ist verständlich.

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Arbeitern und Arbeiterinnen zu Beginn des Streiks im August 2012 gefordert wurden. Hinzu kommen Urlaubs- und Wohngeld in Höhe von ca. 4000 Rand (ca. 260 Euro).

Allerdings lag die Inflationsrate in Südafrika zwi-schen 2012 und 2018 zwischen fünf und sechs Prozent. Die Reallöhne sind kaum angestiegen (Statista, 2017). Das Gehalt liegt immer noch deutlich unter dem Gehaltsniveau im südafrikanischen Bergbau: Im Schnitt erhält ein Bergarbeiter in Südafrika ein Monatsgehalt von 17.500 Rand (1.200 Euro) (Payscale, 2018). Berück-sichtigt man, dass die Arbeiter und Arbeiterinnen der Marikana-Mine im Schnitt acht Familienmitglieder mitversorgen müssen, ist das Gehalt nicht geeignet einen angemessenen Lebensstandards im Sinne eines existenzsichernden Lohns zu gewährleisten (vgl. Kasten existenzsichernde Löhne).

Noch schlechter trifft es die vielen Leiharbeiter und -arbeiterinnen, die im Marikana-Bergwerk arbeiten. Laut AMCU gibt es mehr als 40 Leiharbeitsfirmen, über die 5.000 bis 10.000 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt sind, also rund ein Drittel der gesamten Belegschaft. Die Leiharbeiter und -arbeiterinnen fallen nicht unter den neu ausgehandelten Tarifvertrag und werden schlechter bezahlt. In Interviews sagten einige, dass sie bei Lonmin für gefährlichere Arbeiten eingesetzt und schneller ent-lassen werden, wenn sie sich verletzen oder krank sind. Leiharbeitern und -arbeiterinnen berichten auch, dass die Leiharbeitsfirmen den Arbeitern und Arbeiterinnen raten, Verletzungen bei der Arbeit nicht zu melden, da sonst ihr Verhältnis mit dem Bergbauunternehmen beeinträchtigt werde. Einem Leiharbeiter wurde sogar mit Entlassung gedroht, für den Fall, dass er arbeitsbezo-gene Gesundheitsprobleme meldet (Gruppeninterview mit Arbeitern Nkaneng Juni 2017).

2014 erfüllte Lonmin mit dem Umbau der letzten 68 Wohnheime diesen Teil des SLPs von 2006. In den umge-bauten Wohnheimen stellt Lonmin derzeit 3.000 Wohn-einheiten zur Verfügung. Für die 24.000 fest Angestellten und die 8.000 Leiharbeiter und Leihabeiterinnen reicht das bei weitem nicht. Im Oktober 2014 reichte Lonmin einen revidierten SLP beim Bergbauministerium ein, indem die ursprünglich geplanten 5.500 Häuser gestri-chen und durch sogenannten „infill apartments“ ersetzt wurden, also die Bebauung von Baulücken zwischen den Wohnheimen. Lonmin kündigte an 1.400 solcher Apart-ments zu bauen.

Eine im August 2017 durchgeführte Inspektion des Bergbauministeriums ergab aber, dass Lonmin nicht

einmal den Pflichten aus dem revidierten SLP nachkam. Das Bergbauministerium gab Lonmin 60 Tage zur Nach-erfüllung. Nach Ablauf dieser Frist hätte das Ministe-rium Lonmins Bergbau-Lizenz eigentlich suspendieren oder entziehen müssen. Es setzte dem Unternehmen aber nur eine neue Frist, die im Januar 2018 erfolglos ver-strich. Als Argument für die Nichterfüllung der Pflichten aus dem SLP wurde von Lonmin immer wieder ange-führt, dass dafür das Geld fehlt. Die nach dem Marikana-Massaker eigesetzte Untersuchungskommission nahm allerdings auch Lonmins Finanzen unter die Lupe und brachte ans Licht, dass das Unternehmen im großen Stil Einnahmen an Tochtergesellschaften in den Bermudas transferiert hatte, um Steuern zu vermeiden. Zudem investierte die Weltbank in Lonmin-Aktien in Höhe von 50 Millionen Dollar von denen 15 Millionen in Sozialpro-gramme fließen sollten. Es gibt erhebliche Zweifel, ob das Unternehmen das Geld tatsächlich für die zugesag-ten sozialen Maßnahmen im Bereich „Black Economic Empowerment ‒ wirtschaftliche Emanzipation der schwarzen Bevölkerung, HIV-Prävention, Gendergerech-tigkeit und Gemeinschaftsprojekte ‒ ausgegeben hat. Die lokale Frauengruppe Sikhala Sonke hat dies 2015 unter Verweis auf das anhaltende Elend in einer Beschwerde an die Weltbank in Frage gestellt.

1.5 Übernahme durch Sibanye-StillwaterIm Dezember 2017 wurde angekündigt, dass Lonmin Pla-tinum von dem südafrikanischen Unternehmen und auf-strebenden Mitbewerber der Platinbranche Sibanye-Still-water übernommen wird. Sibanye Stillwater ist aus Gold Fields South Africa hervorgegangen und in Südafrika für die schlechten Arbeitsbedingungen in den von dem Unternehmen betriebenen Goldminen bekannt. Inso-fern wird befürchtet, dass sich die Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen der Marikana-Mine durch die Über-nahme eher noch verschlechtern wird. Dafür spricht auch, dass die Gewerkschaft AMCU zu den Übernahme-plänen nicht angehört wurde. Sibanye Stillwater hat bereits angekündigt, sich primär darauf konzentrieren zu wollen, dass die Marikana-Mine wieder wirtschaftlich arbeitet. Die Umsetzung der SLPs sei dabei nicht priori-tär. Stattdessen sollen mehrere Schachts geschlossen werden und rund ein Drittel (12.600) Arbeitsplätze abge-baut werden.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 2

Kapitel 2

Kein Land zum Leben ‒ Die Auswirkungen der Mogalakwena-Mine auf die umliegenden Gemeinden

Einige hundert Kilometer nördlich von Marikana in der Nähe der Stadt Mokopane befindet sich die Mogalakwena Platinmine. Im Gegensatz zur Platinmine in Marikana handelt es sich um eine Tagebau-Mine, in der Platin ober-flächennah in offenen Gruben gewonnen wird. Der Minenbetreiber ist Anglo Platinum (Amplats), eine hun-dertprozentige Tochter des global tätigen Rohstoffkon-zerns Angloamerican mit Hauptsitz in London. Seit 1991 baut das Unternehmen in Mogalakwena Platin ab, 2002 expandierte die Mine mit einer zweite Grube, 2007 kam eine dritte dazu. Mittlerweile ist die Mogalakwena-Mine die größte Übertage-Platinmine der Welt und die Reserven reichen noch bis mindestens 2060 (SWOP 2016, S. 12).

Für Amplats ist die Mine ein Flaggschiffprojekt, denn sie ist weitaus profitabler als die Untertageminen (Amplats 2015). Das liegt vor allem daran, dass der hoch-mechanisierte Übertagebau sehr viel weniger arbeitsin-tensiv ist. Während im Untertagebau ein Arbeiter ca. 503 Tonnen Platin jährlich produziert, sind es in Mogalak-wena ca. 5189 Tonnen (Bowman, 2016). Arbeitsplätze bietet die Mine nur für qualifizierte Facharbeiter und -arbeiterinnen, entsprechend ist auch die Bezahlung bes-ser als in Untertageminen und die Mine kaum von Arbeitskämpfen betroffen. Leidtragende sind jedoch die

umliegenden Gemeinden. Für sie haben die reichen Pla-tinvorkommen im Boden bislang nur Nachteile gebracht.

Die zerstreuten Dörfer liegen inmitten von riesigen Minenhalden und umgeben von offenen Gruben. Viele Menschen haben durch die Mine ihr Land verloren. Land, auf das sie dringend angewiesen sind, um sich und ihre Familien zu ernähren. Der hohe Wasserbedarf der Mine wirkt sich auf den Grundwasserspiegel der ganzen Umgebung aus und oft kommt tagelang kein Wasser aus den Pumpen. Die unmittelbar an die Mine angrenzen-den Dörfer beklagen sich über die Sprengungen, die Risse in den Häusern verursachen.

Auf einen wirtschaftlichen Aufschwung durch die Mine warten die Betroffenen vergebens. Die Region leidet unter sehr hoher Arbeitslosigkeit, fast die Hälfte der Jugendlichen hat keine Arbeit (Stats SA, 2018). Für die Arbeit in der Mine fehlt der lokalen Bevölkerung die Ausbildung.

Action Aid Südafrika hat 2008 einen Bericht über die menschenrechtlichen Auswirkungen der Mine veröffent-licht (Action Aid, 2008). Daraufhin hat sich die südafrika-nische Menschenrechtskommission mit dem Fall beschäf-tigt und in einer ausführlichen Studie die Probleme darge-stellt und Amplats aufgefordert, die Beschwerden der

In Mogalakwena wird Platin im Übertagebau gefördert. Durch die Ansiedlung der Mine haben viele Menschen ihr Land verloren. Die Dörfer liegen nun zersprengt zwischen riesigen Minenhalden und offenen Gruben.

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umliegenden Gemeinden ernst zu nehmen und Lösungen anzubieten (SAHRC 2008). 2016 zeigte jedoch eine Unter-suchung der Universität von Witswatersrand, dass sich die Situation für die umliegenden Gemeinden nicht verbes-sert hat (SWOP 2016). Die anhaltenden Auswirkungen der Amplatsmine auf die benachbarten Dörfer hat Action Aid Südafrika 2016 in der Studie Precious Metals dargestellt (Action Aid 2016).

2.1 Schlecht vertreten

Die betroffenen Gemeinden in Mogalakwena werden offiziell von den traditionellen Führern vertreten. Das Gebiet teilt sich in zwei Distrikte mit zwei traditionellen Führern auf: Mapela, mit 40 Dörfern und Kekana mit 19 Dörfern. Diese Verwaltungsstrukturen sind ein Über-bleibsel der Kolonialzeit und Apartheid, wo die herr-schende Klasse davon ausging, dass jeder schwarze Süd-afrikaner einem Stamm angehörte und der traditionelle Führer die alleinige Verfügungsmacht über Land und andere Ressourcen besaß. Unter dem Apartheidregime wurde die schwarze Bevölkerung in sogenannte „Home-lands“ verbannt, oft arme, unfruchtbare Regionen. Die traditionellen Führer wurden zu Marionetten in den Händen der Weißen und entsprachen keinesfalls den tra-ditionellen Vertretungsstrukturen.

Doch auch die Post-Apartheid-Ära reproduzierte diese Muster. Die ehemaligen „Homelands“, obwohl oft sehr divers, wurden als traditionelle Gemeinschaften definiert und traditionellen Führern die Hoheit über das Land übertragen. So auch in Mapela und Kekana, wo die Verhandlungen über Landrechte zwischen der Mine und den traditionellen Führern erfolgten und in der Vergan-genheit zahlreiche dubiose Vereinbarungen hervorbrach-ten. Gelder, die eigentlich der gesamten Gemeinschaft zugute kommen sollten, sind nicht transparent verwaltet worden und mutmaßlich in die Taschen der traditionel-len Führer geflossen (SWOP, 2016). Im Januar 2018 gab es jedoch einen kleinen Hoffnungsschimmer: Zwischen dem neuen traditionellen Führer in Mapela und Amplats wurde eine transparentere Governancestruktur für den von Amplats finanzierten Gemeindefonds vereinbart. Von den neun Treuhändern sollen zukünftig vier direkt gewählte Gemeindevertreter sein. Bislang waren es zwei Gemeindevertreter, die der Chief selbst ernannt hat (Stoddard, 2018).

2.2 Gescheiterter UmsiedlungsprozessZwischen 2006 und 2015 hat Amplats im Zuge der Minen-expansion etwa 7000 Menschen umgesiedelt. Elf Fami-lien haben sich dem widersetzt und leben nun zwischen den Minenhalden, ohne Zugang zu Wasser oder Land. Doch auch den meisten der umgesiedelten Familien geht es heute schlechter als zuvor. Amplats hatte ihnen Land-wirtschaftsflächen versprochen und Arbeitsplätze für die Jugend in Aussicht gestellt, doch bis heute fehlt es an wirtschaftlichen Perspektiven. Zwar hat Amplats den Familien eine einmalige Entschädigungen für den Ver-lust von Land oder Gräbern gezahlt: Zwischen 1000 und 5000 Rand (rund 80-400 Euro) für Felder und 1500 Rand (rund 120 Euro) für jedes Grab. Zudem sind den Familien im neuen Dorf Häuser zur Verfügung gestellt worden. Doch das umliegende Land reicht nicht für alle Familien und ist zu felsig, um ertragreich bewirtschaftet zu wer-den. Eine weitere Landwirtschaftsfläche hat das Unter-nehmen in 20 Kilometern Entfernung zur Verfügung gestellt. Ohne Auto sind diese Flächen jedoch für die Bewohner nicht nutzbar.

Für eine 2016 veröffentlichte Studie befragte die Uni-versität Witswatersrand zehn Familien, die umgesiedelt wurden. Acht dieser Familien hatten vor der Umsiedlung

Das Leben im Umkreis der Mine wird durch die Bergbau-aktivitäten stark beeinträchtigt.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 2

Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen, keine der Familien verfügte 2016 über entsprechende Nutzflächen (SWOP, 2016).

Ein Bewohner aus Ga-Sekhaolelo:

„Als die Mine kam und Vertreter der Mine uns ihre Vorschläge für die Umsiedlung präsentierten, war ich beeindruckt. Sie sprachen von Ausbildungsangeboten für die Jugend. Junge Menschen könnten in der Mine arbeiten und die Eltern wären dadurch nicht mehr auf die Landwirtschaft angewiesen, um ihre Familien zu ernähren. Für Senioren und Menschen mit Behin-derungen würde es Gemeinschafts-projekte geben. Bis heute ist keines dieser Versprechen eingelöst.“

2.3 Leben neben der Platinmine

Die Mehrzahl der Dörfer im Umkreis der Mine mussten bislang nicht umgesiedelt werden, aber das Leben dort wird durch die Mine stark beeinträchtigt. Ga Molekane liegt am östlichen Rand der Mine, ein Großteil des Dorf-gebiets befindet sich innerhalb des Minenlands. Direkt neben dem Dorf ist eine riesige Minenhalde. In Ga Molekane wohnen 5000 Einwohner, 70 Prozent davon sind jünger als 35 Jahre alt. Viele der Dorfbewohner hat-ten vor Ankunft der Mine noch Zugang zu Landwirt-schaftsflächen, die sie an die Mine verloren haben (SWOP, Seite 16). In Ga-Chaba und Sekeming, zwei Dör-fern westlich der Mine, treten ähnliche Probleme auf. Die Mehrzahl der Bewohner und Bewohnerinnen klagen über Landverluste. Einige haben in weiter Entfernung vom Dorf Land gepachtet oder bewirtschaften winzige Landstücke neben der Mine.

Ein Bewohners aus Ga Chaba:

„Als die Mine expandierte, wurde ich von meinen Feldern vertrieben. Vertreter der Mine kamen und teilten mir mit, dass sie das Land von unserem traditionellen Führer gekauft hatten. Gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern fing ich an, ein kleines Stück Land neben der Minenhalde zu beackern. Auch von dort wollten mich die Minenbesitzer vertreiben. Aber ich habe ihnen entgegnet, dass sie mich nicht noch einmal verjagen können, vorher müssten sie mich verhaften. Schließlich bliebe mir nur noch dieses kleine Stück Land, um meine Familie zu ernähren. Sie sind gegangen und haben mich seitdem in Ruhe gelassen.“

Aus Protest gegen die Ausbreitung der Mine bewohnen junge Wohnungslose aus Ga Chaba diese Häuser neben der Minenhalde.

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In Ga-Chaba und Ga Molekane beschweren sich die Mehrzahl der Bewohner über Risse in ihren Häusern auf-grund der Sprengungen in der naheliegenden Grube. Zudem leiden diese Dörfer am Rande der Mine unter einer sehr hohen Staubbelastung. Auch die Wasserversorgung hat sich nach Angaben der Bewohner und Bewohnerinnen seit den Bergbauaktivitäten verschlechtert. Es gibt zwar Wasserbohrlöcher und auch kommunale Wasserhähne, aber im Gegensatz zu früher fließe nur unregelmäßig Was-ser. Gerade in trockenen Jahreszeiten gäbe es nach Anga-ben der Bewohner, auch einmal einen ganzen Monat lang kein Wasser. Dann müssen sie Wasser kaufen.

Der Platinabbau benötigt enorme Mengen an Was-ser, ca. 27 Prozent des Bedarfs wird über das Grundwas-ser abgedeckt (University of Witswatersrand, 2015). Die Betroffenen gehen davon aus, dass der Rückgang des Grundwasserspiegels auch mit der Mine zusammen-hängt (Action Aid, 2016, Seite 20).

Die Dorfvorsitzende aus Ga-Molekana:

„Seit Beginn der Bergbauaktivitä-ten hat sich die Wasserversorgung verschlechtert. Letzten Monat hatten wir vier Wochen lang kein Wasser. Wir kauften Wasser von einem Laster in Ga-Matshikiri.“

2.4 Der Frust führt zu Konflikten

Landverluste, Wasserknappheit und die hohe Arbeits-losigkeit haben in den letzten Jahren immer wieder zu Konflikten zwischen den Dorfbewohnern und der Mine geführt. Teils fand der Unmut der Betroffenen Ausdruck in Blockaden und gewalttätigen Protesten. Im August 2015 kam es zu einer erheblichen Eskalation. Zwei Wochen lang protestierten die betroffenen Dörfer gegen die Minen-aktivitäten, blockierten die Zufahrtsstraßen und beschä-digten Minenfahrzeuge und von der Mine bereitgestellte Sozialprojekte wie das Sportstadion. Die Polizei schritt ein und verhaftete mehr als 50 Protestierende.

Aufgrund der massiven Unruhen intervenierte der Rohstoffminister und organisierte ein zwei-tägiges Schlichtungstreffen zwischen Amplats und den betroffe-nen Bewohnern und Bewohnerinnen. Ein Ergebnis war die Gründung eines Taskteams mit Minen- und Gemein-devertretern. Bislang hat das Taskteam jedoch nicht regelmäßig getagt und noch keine Lösungen für die zahlreichen Beschwerden gefunden. Die Betroffenen verlangen zu Recht weiterhin Entschädigungszahlun-gen zur vollständigen Kompensation von direkten und indirekten Schäden, faire Konsultations- und Verhand-lungsprozesse, die Bekanntmachung und Besprechung der geplanten Umwelt- und Sozialverträglichkeitsmaß-nahmen sowie die Einführung eines Streitschlichtungs-mechanismus unter Einbindung einer unabhängigen Ombudsperson.

Die Mogalakwena-Mine ist die ertragreichste Mine Amplats. Die umliegenden Gemeinden leiden unter Landverlust und Wasserverknappung.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 2

Platinmine

BASF

Abgasanlagenhersteller

Autobauer VW, Daimler, BMW

Der Platinabbau in Südafrika verletzt die Rechte von Arbeitern undAnwohnern und ist mit gravierenden Umweltverschmutzungen verbunden.

Die Katalysatoren werden in Abgasanlagen ein-gebaut und an die Automobilindustrie geliefert.

Einzelne Autobauer, wie BMW, beziehen das Platin direkt bei den Minen in Südafrika.

BASF importiert im großen Stil Platin aus Südafrika und beschichtet damit Katalysatoren.

Ein Großteil des südafrikanischen Platins wird nach Deutschland exportiert. Mehr als ein Drittel des weltweit geförderten Platins wird in Katalysatoren verbaut, mit denen die Schadstoffemissionen im Abgas reduziert wer-den. Ein Produzent solcher Katalysatoren ist der deut-sche Chemieriese BASF. Das Unternehmen kauft für rund 600 Millionen Euro jährlich Platin aus Südafrika ein und ist damit der Hauptkunde des Rohstoffkonzerns Lonmin. Abgaskatalysatoren von BASF kommen bei BMW, Daimler, VW und anderen europäischen Autoher-stellern zum Einsatz. Die Automobilkonzerne decken ihren Platinbedarf zum Teil aber auch durch den direk-ten Einkauf in Südafrika.

Lieferkette Platin: Von der Mine zum Auto

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Kapitel 3

Wer trägt welche Verantwortung?

Die primäre Verantwortung für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards im Platinabbau liegt beim südafrikanischen Staat. Er ist völkerrechtlich verpflich-tet, die Menschenrechte zu schützen, auch vor Beein-trächtigungen durch Unternehmen. Zu diesem Zweck muss die südafrikanische Regierung geeignete gesetzli-che Rahmenbedingungen schaffen und die Einhaltung kontrollieren. Insbesondere muss die Regierung die Umsetzung der Sozial-und Arbeitspläne der Platinunter-nehmen sicherstellen und für einen gerechten Interes-sensausgleich zwischen der Mine und den angrenzenden Gemeinden sorgen. Doch auch die beteiligten Unterneh-men tragen Verantwortung: Sie müssen bei ihren Geschäften das nationale Recht und die international anerkannten Menschenrechte achten.

Die konkreten Anforderungen an Staaten und Unter-nehmen sind in den 2011 verabschiedeten Leitprinzipien der Vereinten Nationen (UN) für Wirtschaft und Men-schenrechte verankert. Die UN-Leitprinzipien sind kein verbindliches Völkerrecht, beruhen jedoch auf den beste-henden Menschenrechtsverpflichtungen. Danach müs-sen Staaten einen Ordnungsrahmen schaffen, der die Bevölkerung vor Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen schützt. Zudem müssen die Staaten sicherstellen, dass die Menschen, deren Rechte verletzt wurden, effektiven Rechtsschutz bekommen. Diese Schutzpflichten treffen in erster Linie die Staaten, in denen die Wirtschaftsaktivitäten stattfinden. Zuneh-mend sehen UN-Experten und -expertinnen jedoch auch die Herkunftsstaaten in der Pflicht dafür zu sorgen, dass bei ihnen ansässige Unternehmen auch bei ihren Aus-landsgeschäften die Menschenrechte achten. Im hiesi-gen Fall also Großbritannien und Deutschland (Commit-tee on Economic, Cultural and Social Rights, 2017).

Nach den UN-Leitprinzipien haben Unternehmen zudem eine eigene Verantwortung, die Menschenrechte in ihren Geschäftsbeziehungen weltweit zu achten. Sie müssen die menschenrechtliche Risiken ihrer Geschäfte identifizieren, effektive Gegenmaßnahmen ergreifen, deren Wirkung nachverfolgen und transparent über die Risiken und die getroffenen Maßnahmen berichten.

3.1 Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und MenschenrechteZur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedete die Bundesregie-rung im Dezember 2016 einen Nationalen Aktionsplan. Darin fordert die Bundesregierung alle deutschen Unter-nehmen zur Achtung der Menschenrechte in ihren glo-balen Geschäften auf und setzt sich eine Zielmarke: Bis 2020 sollen 50 Prozent aller deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und -arbeitern die men-schenrechtlichen Sorgfaltspflichten umsetzen. Der Akti-onsplan sieht vor, dass dies ab 2018 jährlich stichproben-haft überprüft wird (Bundesregierung, 2016). Unterneh-men, die diese Anforderungen ignorieren, spüren jedoch keinerlei Konsequenzen. Weder werden sie von öffentli-chen Auftragsvergaben ausgeschlossen, noch müssen sie Klagen von Betroffenen befürchten.

Andere Länder sind da schon einen Schritt weiter. 2017 verabschiedete das französische Parlament ein Gesetz, wonach große französische Unternehmen ökolo-gische und menschenrechtliche Risiken ihrer Geschäfte identifizieren und verhindern müssen ‒ auch in Bezug auf ihre Tochterfirmen und globalen Lieferketten. In Großbritannien müssen Unternehmen über ausbeuteri-sche Arbeitsverhältnisse in ihren Lieferketten und die getroffenen Gegenmaßnahmen berichten. In den Nie-derlanden und der Schweiz werden zurzeit gesetzliche Reformen intensiv geprüft.

Scheitert der freiwillige Ansatz, will auch die Bun-desregierung gesetzliche Vorgaben zur Unternehmens-verantwortung einführen. So steht es im nationalen Akti-onsplan und auch im Koalitionsvertrag. Wie eine gesetz-liche Regelung aussehen könnte, veranschaulicht ein von Brot für die Welt veröffentlichter Gesetzesvorschlag (Brot für die Welt, 2015).

Vorerst setzt die Bundesregierung jedoch darauf, dass deutsche Unternehmen von sich aus die erforderli-chen Maßnahmen treffen, um Menschenrechtsverlet-zungen in ihren Wertschöpfungsketten zu verhindern.

In den folgenden Abschnitten wird untersucht, inwiefern die deutschen Unternehmen in der Platinlie-ferkette, BASF und die Automobilkonzerne, den Erwar-tungen der Bundesregierung nachkommen und men-schenrechtliche Sorgfaltspflichten umsetzen. Brot für die Welt hat die betreffenden Unternehmen zu ihren Bemü-hungen befragt und von allen Unternehmen Auskünfte bekommen, die in der Bewertung berücksichtigt werden.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 3

3.2 BASF ‒ Kein Katalysator für MenschenrechteDer deutsche Chemiekonzern BASF machte im Jahr 2017 einen Umsatz von 64 Milliarden Euro und verzeich-nete einen Umsatzzuwachs von 12 Prozent. Die Wert-schöpfung weist das Unternehmen mit 19 Milliarden Euro aus. BASF ist der weltweit größte Chemiekonzern und ein global agierender Rohstoffimporteur mit ent-sprechender Gestaltungsmacht. BASF importiert jähr-lich Platin im Wert von rund 600 Millionen Euro aus

Südafrika und stellt daraus Katalysatoren für die Auto-mobilindustrie her.

Ein Katalysator ist ein wabenförmiger Körper aus Keramik mit mehreren dünnwandigen Kanälen. Platin ist in der rauen Oberflächenstruktur der Katalysator-Innen-wände verarbeitet und bindet die schädlichen Abgase. Das Geschäft mit den Katalysatoren einschließlich des Edelmetallhandels machte 2017 mit einem Umsatz von 6,65 Milliarden Euro rund 10 Prozent des Gesamtumsat-zes aus (BASF Jahresbericht 2017, S. 74).

Was bedeutet menschenrechtliche Sorgfalt?

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschen-rechte und der deutsche Aktionsplan verlangen von den Unternehmen die Einhaltung menschenrechtli-cher Sorgfaltspflichten. Gemeint ist damit ein Verfah-ren, bei dem Unternehmen die menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit identifizieren, negativen Auswirkungen vorbeugen und eingetretene Schäden beheben und wiedergutmachen sollen. Kon-kret beinhaltet diese menschenrechtliche Sorgfalts-pflicht folgende Elemente:

• Menschenrechtliche RisikoanalyseEs bedarf einer kontinuierlichen Analyse der Aus-wirkungen der geschäftlichen Tätigkeit auf die Men-schenrechte. In einem ersten Schritt sollten Unter-nehmen auf Grundlage der betriebsinternen und öffentlich verfügbaren Informationen die Bereiche, Projekte und Geschäftsbeziehungen identifizieren, in denen ein erhöhtes Risiko für die Menschenrechte von Mitarbeitern und -arbeiterinnen oder möglichen externen Betroffenen besteht. Der Fokus der Analyse sollte in komplexen Lieferketten auf den wesentli-chen menschenrechtlichen Risiken liegen. Ergeben sich aufgrund der Analyse, der Hinweise betroffener Personen, Nichtregierungsorganisationen oder Ge-werkschaften oder sonstiger externer Berichte An-haltspunkte für ernsthafte menschenrechtliche Risi-ken in den eigenen Aktivitäten oder Geschäftsbezie-hungen, bedarf es einer vertieften Prüfung. Teil der vertieften Prüfung sollte mindestens der Dialog vor Ort mit potenziell Betroffenen und die Einbindung internen wie externen Fachwissens auf dem Gebiet der Menschenrechte sein.

• Effektive GegenmaßnahmenUnternehmen sollten die Ergebnisse ihrer men-schenrechtlichen Folgenabschätzung in interne Pro-zesse integrieren und geeignete Maßnahmen zur Ver-meidung menschenrechtlicher Schäden ergreifen. Die ergriffenen Maßnahmen sind nachzuhalten und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Ist die Vermei-dung schwerer Menschenrechtsverletzungen nicht möglich, beziehungsweise außerhalb der unterneh-merischen Einflusssphäre, sollte das Unternehmen von der Geschäftstätigkeit absehen. Auch bei diesen Prozessen sollten die betroffenen Personengruppen vor Ort konsultiert werden.

• Transparenz, Kommunikation und BeschwerdemöglichkeitenDas Unternehmen sollte eine Kommunikationsstruk-tur einrichten, die es externen Interessengruppen ermöglicht, die Effektivität der getroffenen Gegen-maßnahmen zu beurteilen. Menschenrechtliche Risi-koanalysen und die getroffenen oder geplanten Gegenmaßnahmen sollten öffentlich zugänglich sein, sowohl im Herkunftsstaat des Unternehmens als auch für die betroffenen Menschen vor Ort. Konsulta-tionsprozesse sollten nach Möglichkeit während der Projektdurchführung/Geschäftstätigkeit regelmäßig wiederholt werden, um die Kommunikation über auf-tretende Konflikte zu ermöglichen. Insbesondere soll-ten Unternehmen einen Beschwerdemechanismus etablieren, der für die Betroffenen zugänglich ist.

(UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, 2011; NAP, 2016)

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BASF deckt etwa ein Drittel des weltweiten Katalysa-tormarktes ab. Das erforderliche Platin kaufen sie über-wiegend beim Bergbauunternehmen Lonmin ein, mehr als 50 Prozent der Jahresproduktion der Platinmine in Marikana gehen an das deutsche Unternehmen (BASF 2016). Seit mehr als dreißig Jahren besteht zwischen Lonmin und BASF eine enge Geschäftsbeziehung. 2016 kaufte BASF Platin im Wert von 450 Millionen Euro bei Lonmin ein und verlängerte gleichzeitig die Langzeitver-träge mit ihnen (Buchen, 2016).

BASF gibt an, wirtschaftlichen Erfolg mit Umwelt-und Sozialverantwortung zu verbinden und internatio-nale Menschenrechtsstandards zu respektieren, auch in der Lieferkette. Das Unternehmen rühmt sich damit, bei der Auswahl der Lieferanten sowie der Beurteilung beste-hender Lieferbeziehungen neben wirtschaftlichen Aspek-ten auch den Schutz der Umwelt, die Einhaltung von Menschenrechten, Arbeits- und Sozialstandards sowie Antidiskriminierungs- und Antikorruptionsvorgaben zu berücksichtigen (BASF, 2017a).

Doch was steckt dahinter? Und inwieweit erfüllt BASF die Anforderungen der Vereinten Nationen und der Bundesregierung zur Umsetzung menschenrechtlicher

Sorgfaltsprozesse in der Lieferkette? Demnach muss BASF nämlich die menschenrechtlichen Risiken seiner Geschäfte ermitteln, effektive Gegenmaßnahmen ergrei-fen, deren Wirkung nachverfolgen und transparent über die Risiken und die getroffenen Maßnahmen berichten. Eine genauere Analyse zeigt, dass bei BASF in Bezug auf die menschenrechtliche Sorgfalt noch viel Luft nach oben ist.

Die wesentlichen Probleme ermittelnNach dem Massaker von Marikana im Jahr 2012 hat BASF erst einmal nichts getan. Das Massaker hätte eigentlich zwingender Anlass sein müssen, um die Arbeits- und Lebensbedingungen in Marikana genauer zu untersuchen. Zumal BASF damals noch 80 Prozent des in dieser Mine produzierten Platins abnahm. Statt-dessen schwieg BASF und hoffte mutmaßlich darauf, dass ihre Verbindungen zu den Ereignissen in Südafrika unentdeckt bleiben. Im April 2015 konfrontierte der süd-afrikanische Bischof Seoka, Vorsitzender der Brot für die Welt-Partnerorganisation Bench Marks Foundation, BASF auf ihrer Aktionärsversammlung mit den Proble-men in Marikana. Das Unternehmen reagierte zurück-haltend, die Situation sei „aus der Ferne schwer zu beur-teilen“. Gleichwohl ist BASF daraufhin aktiv geworden. Im November 2015 gab BASF, zusammen mit der Bran-cheninitiative „together for sustainability“, eine Auditie-rung des Geschäftspartners Lonmin in Auftrag. Laut BASF wurden Schwächen beim Brandschutz und den Beschwerdemechanismen identifiziert, nicht aber in den Bereichen Menschenrechte, Unternehmensführung oder Arbeitsbedingungen.

Weder wurde die Mehrheitsgewerkschaft AMCU noch relevante zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort im Rahmen der Überprüfung befragt. Trotz zahlreicher öffentlich zugänglicher Berichte und Beschwerden über die Weigerung Lonmins, den sozialen Verpflichtungen aus dem Sozial-und Arbeitsplan nachzukommen, beschäf-tigte sich das Audit nicht mit diesen Problemen. Anstatt den Auditbericht zu veröffentlichen, setzte BASF nur eine kurze Zusammenfassung auf seine Webseite. Dort war nachzulesen, dass alle identifizierten Probleme zusam-men mit Lonmin gelöst worden seien (BASF 2017b).

An diesem Beispiel wird deutlich, dass die gängigen Sozialaudit keine menschenrechtlichen Risikoanalysen sind. Meist werden die falschen Fragen gestellt und die  falschen Leute gefragt, die fehlende Transparenz

BASF ist der weltweit größte Chemiekonzern und Lonmins wichtigster Kunde: BASF kauft mehr als die Hälfte des in Marikana abgebauten Platins.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 3

erschwert eine Bewertung durch Betroffene oder externe Experten und Expertinnen (Lebaron/Lister, 2015; Ter-windt/Saage-Maaß, 2016).

Im Mai 2016 wurde BASF auf der Aktionärsver-sammlung erneut mit den Problemen in Marikana kon-frontiert. Auf Einladung von Brot für die Welt, KASA und anderen Organisationen kamen Delegierte aus Marikana nach Deutschland, um BASF und die deutsche Öffent-lichkeit über das Massaker und das anhaltende Elend zu informieren. Daraufhin reiste schließlich eine BASF Delegation nach Marikana, um sich selbst ein Bild zu machen und beauftragte eine erneute Überprüfung der Mine durch eine Auditierungsfirma.

Diesmal nahm BASF dabei auch die Sozialver-pflichtungen des Geschäftspartners in den Blick und fragte nach den Lebensbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen und den Auswirkungen der Mine auf die umliegenden Gemeinden. Doch erneut versäumte der Auftragnehmer die relevanten lokalen Akteure einzube-ziehen, weder die Gemeindevertrer noch beteiligte Nichtregierungsorganisationen wurden für das Audit befragt. Auch die Ergebnisse und die geplanten Maß-nahmen hat BASF nicht mit den betroffenen Akteuren konsultiert.

Auf seiner Webseite beschreibt BASF die Ergebnisse des Audits bei Lonmin sehr positiv, als ausbaufähig iden-tifizierte das Audit den Dialog mit den umliegenden Gemeinden und den bislang schwer zugänglichen Beschwerdemechanismus (BASF, 2017b). Den Bau von 325 Wohnungen für die Minenarbeiter und –arbeiterin-nen bezeichnet BASF als zu wenig, aber einen Schritt in die richtige Richtung. Dabei hatte der damalige südafri-kanische Präsident Zuma im Dezember 2016, kurz vor der Überprüfung durch BASF, Lonmin öffentlich ermahnt, endlich seinen sozialen Verpflichtungen nach-zukommen und angedroht die Minenlizenz zu entziehen (Südafrikanische Regierung, 2016).

BASF bezieht nicht nur Platin von Lonmin, sondern auch von Amplats, wenn auch in geringerem Umfang. Die negativen Auswirkungen der Mogalakwena-Mine auf die umliegenden Gemeinden sind spätestens seit den Berich-ten der südafrikanischen Organisation Action Aid und der südafrikanischen Menschenrechtskommission im Jahr 2008 öffentlich bekannt (SAHRC, 2008). Im November 2017 haben Brot für die Welt und Misereor den Vorstands-vorsitzenden von BASF schriftlich über die Probleme vor Ort, insbesondere über Landvertreibungen, Wasserman-gel und die drohende Eskalation informiert. BASF hat sich daraufhin bei Amplats nach der Situation erkundigt und den Eindruck gewonnen, dass sich Amplats um Lösungen bemüht. Insbesondere verweist BASF auf den vor kurzem reformierten Fonds für Gemeindeentwicklung. BASF hat trotz des anhaltenden Konflikts bislang nicht mit den betroffenen Gemeindevertretern, lokalen Menschen-rechtsorganisationen oder der südafrikanischen Men-schenrechtsorganisation gesprochen (BASF 2018).

Auf Worte müssen Taten folgenDoch selbst die beste Risikoanalyse hilft den Betroffenen herzlich wenig, wenn keine effektiven Gegenmaßnah-men getroffen werden. BASF setzt dabei nach eigenen Angaben auf zwei Strategien: Einerseits steht BASF im kontinuierlichen Dialog mit Lonmin, um identifizierte Probleme anzugehen. Andererseits versucht BASF in Südafrika eine Brancheninitiative anzustoßen, um die strukturellen Probleme im Platinsektor anzugehen. Bis-lang haben diese Bemühungen jedoch nicht zu Verbesse-rungen der Situation vor Ort geführt. Das liegt daran, dass BASF beide Ansätze mit wenig Konsequenz verfolgt und es versäumt, die Betroffenen und ihre Interessenver-tretungen aktiv einzubeziehen.

Eine Delegation aus Südafrika erinnerte bei der Aktionärs-versammlung von Lonmin im Januar 2017 und von BASF im Mai 2017 an die erschossenen Arbeiter. Das Bild zeigt Bischof Jo Seoka (rechts), Vorsitzender der Bench Marks Foundation und einen südafrikanischen Gewerkschafter von AMCU.

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Als Hauptkunde kann BASF auf die Einhaltung von Arbeitsrechten und Sozialstandards bei Lonmin Einfluss nehmen. Ein zentraler Hebel dafür sind die vertraglichen Vereinbarungen mit Lonmin. BASF lässt alle seine Zulie-ferer einen sogenannten „Verhaltenskodex für Lieferan-ten“ unterschreiben. Darin formuliert BASF die Erwar-tung, dass der Lieferant Umwelt-, Sozial- und Corporate Governance Standards einhält. Die konkreten Anforde-rungen sind jedoch sehr weich formuliert: In Bezug auf Menschenrechte sollen Lieferanten „den Schutz interna-tional verkündeter Menschenrechte unterstützen“ und „gegen Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Diskriminierung am Arbeitsplatz kämpfen“. Eigentlich wäre zu erwarten, dass zumindest Zwangsarbeit und Kinderarbeit absolute Ausschlusskriterien sind und Vertragspartner nationale Gesetze und die international anerkannten Menschen-rechte achten müssen.

Um die Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen sieht BASF verschiedene Instrumente vor, von der Selbstaus-kunft bis hin zum Audit vor Ort. Welche Konsequenzen auf anhaltende Verstöße folgen, ist im Lieferantenkodex nicht beschrieben und auch nicht Inhalt des Liefervertrags.

Nach eigenen Angaben behält sich BASF jedoch vor, die Geschäftsbeziehung zu beenden, wenn Lonmin verein-barte Verbesserungen nicht umsetzt. BASF beruft sich

Joseph Mathunjwa, Präsident der Gewerkschaft AMCU, Auszug aus der Rede bei der Hauptversammlung von BASF am 12.05.2017

„Nach dem Massaker von Marikana haben weder Lon-min noch die Regierung etwas unternommen, um die Arbeits- und Lebens be din gungen der

Bergarbeiter zu verbessern oder die Hinterbliebenen und Verletzten zu kompensieren. Wir mussten fünf weitere Monate für höhere Löhne und bessere Arbeits-bedingungen streiken. Die erreichten Verbesserungen gelten nur für die Arbeiter, die direkt bei Lonmin angestellt sind, nicht aber für die 15.000 Leiharbeiter. Seit 2012 kamen mehrere Arbeiter in den Bergwerks-schächten ums Leben und es kommt immer noch zu tödlichen Unglücken am Arbeitsplatz.

Die wenigen Häuser, die Lonmin gebaut hat, sind für die Arbeiter, die jetzt bei Lonmin beschäftigt sind, zu teuer. BASF ist der größte Kunde von Lonmin. Laut

ihrem Verhaltenskodex wollen sie ein verantwor-tungsbewusstes Unternehmen sein. Wir haben mitge-kriegt, dass BASF seit 2015 Audits bei Lonmin durch-geführt hat und Informationsgespräche im Business-to-Business-Bereich initiiert hat. Leider hat man uns weder vor noch nach dem Audit-Prozess miteinbezo-gen. Wir kennen weder die Ergebnisse dieser Audits noch die Gesprächsrunden in Südafrika. Ich weiß, dass das Audit ein vertrauliches Dokument ist. Aber wie kann ein vertrauliches Dokument, das wir nicht kennen, eine Lösung der Probleme darstellen? Wie werden sie die verschiedenen Stakeholder, einschließ-lich der betroffenen Gemeinden und Gewerkschaf-ten, in ihre Initiativen in Südafrika einbinden? Pla-nen sie irgendwelche konkreten Maßnahmen, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern? Ich hoffe, dass hinter ihren Initiativen mehr als leere Worte stehen.“

Die Minenarbeiter leben in informellen Siedlungen ohne Infrastruktur wie Wasser, Strom, Sanitärvorrichtungen oder Abfallbeseitigung. Von den versprochenen 5000 Häusern hat Lonmin erst wenige Hundert gebaut.

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Edles Metall ‒ Unwürdiger Abbau Kapitel 3

jedoch darauf, dass Lonmin die im Audit identifizierten Probleme zufriedenstellend angehe und es keinen Anlass für weitere Konsequenzen gäbe (BASF 2018).

Tatsächlich verstößt Lonmin aber seit mehr als zehn Jahren gegen das südafrikanische Recht. Die Bergbauli-zenz ist an die Bedingung geknüpft, dass Lonmin in den Bau von Häusern und Infrastruktur investiert und einen Anteil des Umsatzes den lokalen Gemeinden zugute kommt, auf dessen Land Lonmin Platin abbaut.

Im August 2017 hat die südafrikanische Bergbaube-hörde zum wiederholten Mal festgestellt, dass Lonmin diese Verpflichtungen nicht einmal ansatzweise umge-setzt hat und erneut die Entziehung der Lizenz ange-droht. Dies allein hätte längst Anlass für BASF sein müs-sen, klare Konsequenzen zu ziehen. Vor einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen wäre es auch denkbar, die Geschäftsbeziehung vorübergehend auszusetzen oder Vertragstrafen zu verhängen. Der Dialog allein hilft den Menschen vor Ort nicht weiter.

Neben dem Dialog mit Lonmin hat BASF versucht, in Südafrika eine Brancheninitiative anzustoßen, um die Bedingungen im Platinsektor strukturell zu verbessern. Im Dezember 2016 trafen sich auf Initiative von BASF sowohl die Platinunternehmen als auch einige Unterneh-men aus der Verarbeitungskette, zum Beispiel die Auto-mobilkonzerne.

Laut BASF einigten sich die Unternehmen auf mehr Transparenz über ihre sozialen Bemühungen und bessere Zusammenarbeit zur Umsetzung der Sozial- und Arbeits-pläne. Schriftliche Ergebnisse der Konferenz oder auch nur eine Teilnehmerliste wurden bislang nicht veröffentlicht.

Der Versuch von BASF, über eine branchenübergrei-fende Zusammenarbeit Verbesserungen zu erzielen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Leider sind auf diese Initia-tive bis heute keine weiteren Schritte gefolgt und die Vor-schläge sind im Sande verlaufen. Lonmin hat bislang nicht einmal seinen unternehmenseigenen Sozial- und Arbeitsplan veröffentlicht.

Ein Blatt mit sieben SiegelnNach den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Men-schenrechte müssen Unternehmen extern kommunizie-ren, wie sie den menschenrechtlichen Risiken ihrer Tätigkeit begegnen. Das gilt insbesondere wenn von Betroffenen oder Interessensvertreterinnen und -vertre-tern Bedenken vorgebracht wurden. Dabei muss aus-reichend Information bereitgestellt werden, dass die

Betroffenen und ihre Interessensvertretungen die Ange-messenheit der Gegenmaßnahmen bewerten können.

BASF ist in den letzten Jahren durchaus aktiv gewor-den und mehrmals nach Südafrika gereist. Die mangelnde Transparenz erschwert jedoch die Beurteilung der getrof-fenen Maßnahmen. Nicht nur sind die Ergebnisse der beauftragten Audits nicht veröffentlicht, die Erkenntnisse und die geplanten Maßnahmen wurden weder mit den lokalen Stakeholdern in Südafrika, noch mit den interes-sierten Organisationen in Deutschland besprochen. So ist bis heute nicht bekannt, welche Verabredungen BASF mit Lonmin getroffen hat.

Auch in Bezug auf den Branchendialog in Südafrika hält sich BASF sehr bedeckt und kommuniziert trotz Nachfragen nicht, welche Verabredungen dort getroffen wurden und welche weiteren Schritte geplant sind. Durch die fehlende Transparenz erschwert BASF einen konstruktiven Dialog mit Brot für die Welt und den Men-schen vor Ort über wirksame Ansätze zur Verbesserung der Situation in Marikana.

Als der südafrikanische Gewerkschaftsführer Joseph Mathunjwa und ein Minenarbeiter im Mai 2017 gemein-sam mit dem südafrikanischen Bischof Seoka die Aktio-närsversammlung von BASF besuchten und die anhal-tenden Probleme schilderten, reagierte der Vorstandsvor-sitzende Kurt Bock ausweichend, ging auf die gestellten Fragen nicht ein und riet von Auftritten bei künftigen Aktionärsversammlungen ab.

Vorbereitet sein: Die Übernahme durch Sibanye StillwaterIm Dezember 2017 wurde bekannt, dass Lonmin von dem südafrikanischen Unternehmen Sibanye Stillwater übernommen werden soll. Sibanye Stillwater hat bereits angekündigt, sich primär darauf konzentrieren zu wol-len, dass die Marikana-Mine wieder wirtschaftlich arbei-tet aber nicht auf die Umsetzung der sozialen Verpflich-tungen. Mehrere Schächte sollen geschlossen und rund ein Drittel der 12.600 Arbeitsplätze abgebaut werden (Ryan, 2017).

In Marikana herrscht große Sorge, dass sich die Lebenssituation der Menschen drastisch verschlechtern wird. BASF sollte sich auf diese Situation vorbereiten. Die Übernahme gibt BASF die Gelegenheit, die Verträge neu zu verhandeln und mit Sibanye Stillwater klare Ver-einbarungen in Bezug auf Sozialstandards, Arbeitsrechte und Umweltauswirkungen zu treffen. Wenn sich bereits

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abzeichnet, dass Sibanye Stillwater nicht in die lokale Entwicklung und den Schutz der Arbeitsrechte investie-ren wird, muss BASF alternative Platinlieferanten suchen. Auf Nachfrage wurde deutlich, dass sich BASF bislang nicht mit den sozialen Auswirkungen der Über-nahme beschäftigt hat. BASF gibt an, sich nicht mit spe-kulativen Szenarien zu beschäftigen. Von allen Lieferan-ten werde die Einhaltung nationaler Gesetze und inter-nationaler Sozial- und Umweltstandards erwartet. Wie wirksam dieser Ansatz ist, zeigte sich in den letzten Jah-ren im Umgang mit Lonmin. Nun droht sich die Situa-tion in Marikana zu verschlechtern. Leere Worte sind keine Option. BASF muss seine Marktmacht nutzen und soziale Verbesserungen zum Kerninhalt der künftigen Verhandlungen mit Sibanye Stillwater machen.

3.3 Die Lieferkettenverantwortung von BMW, Daimler und VWMehr als ein Drittel des weltweit geförderten Platins lan-det in Abgaskatalysatoren der Automobilindustrie. Teils beziehen die Automobilkonzerne den Rohstoff direkt von der Mine, teils nur indirekt über den Bezug der Abgasan-lagen von den Zwischenherstellern. Nach den UN-Leit-prinzipien müssen Unternehmen die menschenrechtli-chen Risiken zunächst einmal unabhängig davon identi-fizieren, an welcher Stelle sie in der Lieferkette erfolgen. Die Nachhaltigkeitsstrategie der deutschen Automobil-konzerne konzentrierte sich bislang jedoch vorwiegend auf das eigene Unternehmen und die unmittelbaren Lie-feranten. Doch es ist Bewegung erkennbar: Auch die Pro-bleme beim Rohstoffabbau rücken zunehmend in den Fokus der Unternehmen.

Die Anforderungen an die unmittelbaren Lieferanten sind in der Automobilindustrie weitestgehend vereinheit-licht. Alle Lieferanten müssen sich zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards wie Umweltschutz, Arbeits-rechte und Menschenrechte verpflichten und diese Anfor-derungen in die Lieferkette weitergeben. Die Einhaltung wird bei Bedarf durch externe Audits überprüft.

Der Stellenwert dieser Nachhaltigkeitskriterien ist jedoch nicht in allen Automobilkonzernen gleich. Seit 2014 macht BMW die Einhaltung der Nachhaltigkeits-standards zum Vergabekriterium: Vor Abschluss eines Vertrags unterzieht BMW alle direkten Lieferanten einem ausführlichen Screening, um mögliche Probleme beim Lieferanten selbst oder in der Lieferkette zu

identifizieren. In Bezug auf besonders kritische Roh-stoffe werden die Lieferanten aufgefordert die Liefer-kette offenzulegen. 2016 wurden 615 Lieferanten nicht beauftragt weil sie die Nachhaltigkeitsanforderungen nicht erfüllten (BMW, 2017). Eine konsequente Einbe-ziehung der Nachhaltigkeitsstandards im Vergabepro-zess können Daimler und VW bislang nicht vorweisen. 2016 hat VW immerhin 39 laufende Geschäftsbeziehun-gen aufgrund von Verstößen gegen Nachhaltigkeitsvor-gaben beendet (VW, 2017).

Die standardisierten Nachhaltigkeitsanforderungen an die Lieferanten thematisieren Probleme beim Roh-stoffabbau nur in Bezug auf sogenannte Konfliktminera-lien. Unter Hinweis auf die OECD-Leitsätze für Minera-lien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten werden die Lieferanten aufgefordert sicherzustellen, dass die genutz-ten Mineralien ‒ insbesondere Tantal, Zinn, Wolfram und Gold ‒ nicht zur direkten oder indirekten Förderung oder Unterstützung bewaffneter Konflikte beitragen. Darüber hinausgehende menschenrechtliche Risiken beim Rohstoffabbau werden nicht explizit angesprochen und es fehlt eine konkrete Vereinbarung zur Offenlegung der Lieferkette und zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse entlang der Lieferkette.

Gleichwohl haben die Automobilkonzerne erkannt, dass es erhebliche Probleme beim Rohstoffabbau gibt. Im Rahmen der gemeinsamen Brancheninitiative Drive Sustainability wurden 17 Rohstoffe identifiziert, die hohe Nachhaltigkeitsrisiken bergen. Platin ist allerdings nicht dabei.

Die einzelnen Konzerne beginnen zunehmend, sich für kritische Rohstoffe einen Überblick über die eigene Lieferkette zu verschaffen, von der Mine über die Schmelze bis zum Bauteillieferanten. Daimler hat Roh-stoffe mit spezifischen Menschenrechtsrisiken identifi-ziert, darunter auch Platin, und kürzlich begonnen, bei der Neuvergabe menschenrechtliche Sorgfaltsverfahren in Bezug auf diese Rohstoffe abzufragen.

2012 hat BMW bereits 30 Rohstoffe unter Nachhal-tigkeitsaspekten priorisiert und setzt sich entlang dieser Lieferketten für soziale und ökologische Nachhaltigkeit ein. In diesem Zusammenhang haben die Konzerne auch begonnen, anlassbezogen selbst vor Ort die Situation zu überprüfen, um die Wirkung der Sorgfaltsmaßnahmen der Lieferanten zu überprüfen. Platin stand hier bislang nicht im Fokus.

Die Konzerne berichten leider kaum öffentlich über die menschenrechtlichen Risiken beim Rohstoffabbau.

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VW geht in seinem jüngst veröffentlichten nicht-finanzi-ellen Bericht 2017 nur auf die sogenannten Konfliktmi-neralien Tantal, Zinn, Wolfram und Gold und die diesbe-züglichen Sorgfaltsverfahren ein (VW 2018).

Bei Daimler findet sich im nicht-finanziellen Bericht 2017 ein kurzer Absatz mit der Ankündigung für spezifi-sche Rohstoffe tiefer in die Lieferkette zu schauen (Daimler 2018).

Lediglich BMW geht in den Nachhaltigkeitsberich-ten 2016 und 2017 ausführlicher auf einige Rohstoffe wie Stahl, Aluminium und Kobalt ein und beschreibt die unternommenen Schritte, um für diese Rohstoffe die Lieferkettentransparenz zu erhöhen und Problemen ent-gegenzuwirken. In Bezug auf Kobalt hat BMW auf der eigenen Webseite die Namen der Schmelzen und Raffi-nerien offengelegt und plant dies auch in Bezug auf wei-tere Rohstoffe (BMW 2017).

Keines der drei Unternehmen geht in seinen Berich-ten auf konkrete menschenrechtliche oder ökologische Risiken ein. Bei keinem der Konzerne sind Informatio-nen zum Platinabbau zu finden, alle Drei haben jedoch für diese Publikation zum Platinbezug Auskunft gegeben.

BMW bezieht 90 Prozent des benötigten Platins direkt von Amplats aus Südafrika. Der direkte Einkauf

des Rohstoffs ist nicht nur als Mittel zur langfristigen Rohstoffsicherung hilfreich, sondern bietet auch aus menschenrechtlicher Perspektive Vorteile: Als unmittel-barer Einkäufer hat BMW größeren Einfluss auf die Bedingungen beim Rohstoffabbau. Obwohl BMW die direkten Zulieferer seit 2012 einem ausführlichen Scree-ning unterzieht, waren dem Unternehmen die Probleme in Südafrika bislang nicht bekannt. Dabei wurden zwi-schen 2008 und 2016 zahlreiche Berichte über die negati-ven Auswirkungen der Mogalakwena-Mine auf die umlie-genden Gemeinden veröffentlicht. Aufgrund der Hin-weise von Brot für die Welt auf die anhaltenden Konflikte in Mogalakwena hat BMW jedoch nun unverzüglich Kontakt mit Angloplats aufgenommen und ein gemein-sames Gespräch mit Amplats und Brot für die Welt ange-boten. Bislang kann noch nicht beurteilt werden, ob angemessene Lösungen gefunden wurden. Wichtig ist, dass BMW auch Betroffene vor Ort konsultiert und die Angaben von Amplats verifiziert.

Daimler kauft Platin bei Platinhändlern ein und stellt den Rohstoff den Katalysatorenherstellern zur Ver-fügung. VW bezieht Platin nicht direkt aus der Mine, sondern indirekt über den Bezug von Abgasanlagen, die Platin enthalten. Nach eigenen Angaben sind beide Unternehmen mit BASF im kontinuierlichen Dialog zu der Situation in Marikana und haben an dem von BASF initiierten Branchendialog teilgenommen. Die Unter-nehmen verweisen auf die kontinuierlichen Bemühun-gen, wie beispielsweise die erfolgten Audits und den Branchendialog. VW hat sich zudem selbst vor Ort ein Bild von der Situation im Platingürtel gemacht. Offen-sichtlich haben jedoch weder Daimler noch VW die Angaben von BASF mit der anhaltenden Kritik südafri-kanischer, britischer und deutscher Nichtregierungsor-ganisationen abgeglichen oder die vielen Abmahnungen an Lonmin seitens der südafrikanischen Regierung berücksichtigt. VW und Daimler haben außerdem keine Vereinbarungen mit BASF getroffen, dass Letztere den Druck auf ihren Geschäftspartner Lonmin erhöht.

In Bezug auf den Platinabbau konnten die Automobil-konzerne bislang folglich keinen Beitrag zur Verbesserung der Situation in Südafrika leisten. Erkennbar ist aber gleichwohl eine steigende Tendenz der Automobilkon-zerne, die gesamte Lieferkette in den Blick zu nehmen und sich auch mit Problemen beim Rohstoffabbau zu beschäftigen. Diese Prozesse stehen noch am Anfang, es sind jedoch erste Schritte in die richtige Richtung zu beob-achten. Wichtig ist, dass die Lieferkettenverantwortung

Die Automobilkonzerne haben erkannt, dass es erhebliche Probleme beim Rohstoffabbau gibt. Die Brancheninitiative „Drive Sustainability“ identifiziert 17 Rohstoffe, die hohe Nachhaltigkeitsrisiken bergen. Platin ist nicht dabei.

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nicht zum Selbstzweck wird und die wesentlichen Prob-leme übersehen werden. Um dies zu vermeiden, sollten die Automobilkonzerne die Angaben der Zulieferer stets mit externen Informationen abgleichen, beispielsweise mit Berichten oder Beschwerden von Menschenrechtsor-ganisationen. Im Zweifel sollten die Konzerne auch Betroffene vor Ort direkt konsultieren. Die Veröffentli-chung der Lieferkette vom Rohstoffabbau bis zum Auto würde es Betroffenen ermöglichen, die Konzerne auf Missstände aufmerksam zu machen. Gemeinsame Bran-cheninitiativen wie „Drive Sustainability“ sollten stärker dafür genutzt werden, über die Risikoanalyse hinaus auch gemeinsam Einfluss auf die Probleme beim Roh-stoffabbau zu nehmen. Den Einfluss auf die Zustände in der Mine können die Automobilkonzerne zudem durch den direkten Einkauf der Rohstoffe erhöhen.

3.4 Forderungen

Forderungen an BASF: • BASF sollte den Druck auf Lonmin erhöhen, die

gesetzlich vorgeschrieben Standards einzuhalten, den Sozial- und Arbeitsplan umzusetzen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. BASF sollte mit Lonmin dazu verbindliche Vereinbarungen mit Zeit-zielen vereinbaren. Verstöße gegen diese Vereinba-rungen sollten klare Konsequenzen haben, von einer Aussetzung der Lieferbeziehung bis hin zum Abbruch der Geschäftsbeziehung.

• Im Fall einer Übernahme von Lonmin durch Sibanye Stillwater sollte BASF mit Sibanye Stillwater nur dann eine Lieferbeziehung eingehen, wenn sichergestellt ist, dass das Unternehmen die Sozialverpflichtungen von Lonmin übernimmt und zügig umsetzt. Dazu soll-ten mit Sibanye Stillwater konkrete vertragliche Ver-einbarungen getroffen werden, die über die General-klauseln im Lieferantenkodex hinausgehen. Verstöße gegen diese Vereinbarungen müssen klare Konsequen-zen haben, von einer Aussetzung der Lieferbeziehung bis hin zum Abbruch der Geschäftsbeziehung.

• BASF muss die Bemühungen zur Verbesserung der Situation in Marikana transparenter gestalten, damit Betroffene und ihre Interessensvertretungen die Effektivität beurteilen können. Audits sollten durch transparente Konsultationen der verschiedenen

Stakeholder vor Ort ersetzt werden. Ergebnisse müs-sen veröffentlicht werden oder zumindest mit den Sta-keholdern in Südafrika und Deutschland transparent kommuniziert werden. BASF sollte geplante Maßnah-men mit Nichtregierungsorganisationen und Betrof-fenen vor Ort konsultieren. Brancheninitiativen soll-ten transparent und inklusiv organisiert werden.

• BASF sollte den Branchendialog in Südafrika fortfüh-ren und zivilgesellschaftliche Akteure einbeziehen. Dort sollte über ganzheitliche Möglichkeiten zur Ent-wicklung eines sozial verantwortlichen Bergbaus dis-kutiert werden und dazu konkrete, verbindliche Ver-einbarungen getroffen werden.

Forderungen an BMW, Daimler und VW: • BMW, Daimler und VW sollten ihre Bemühungen

fortführen und intensivieren, Transparenz entlang der gesamten Lieferkette herzustellen, insbesondere in Bezug auf risikobehaftete Rohstoffe. Die Unterneh-men sollten bei besonders risikobehafteten Rohstof-fen wie zum Beispiel Platin die gesamte Lieferkette veröffentlichen. Zumindest sollten die Unternehmen die kritischen Stellen entlang der Lieferkette, zum Beispiel Mine oder Schmelze, veröffentlichen.

• Die Automobilkonzerne sollten Platin als risikobehaf-teten Rohstoff einstufen und menschenrechtliche Risiken in ihren Bezugsminen, beispielsweise in Mari-kana und Mogalakwena, überprüfen und angehen.

• Risikobehaftete Rohstoffe wie Platin sollten Daimler und VW nach Möglichkeit direkt von der Mine bezie-hen, um den Einfluss auf die Abbaubedingungen zu erhöhen.

• Anstelle allgemein gehaltener Nachhaltigkeitsberichte sollten die Unternehmen über spezifische Menschen-rechtsrisiken und Gegenmaßnahmen berichten, auch in Bezug auf Platin.

• Menschenrechtliche Sorgfaltsverfahren zur Vermei-dung von Menschenrechtsverletzungen im Rohstoff-abbau sollten explizit Bestandteil der verpflichtenden Nachhaltigkeitsvereinbarungen mit Lieferanten sein und durch den Abgleich mit externen Berichten und

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die Konsultation mit Betroffenen vor Ort überprüft werden.

• Daimler und VW sollten die Nachhaltigkeitsstan-dards stärker in den Beschaffungsprozess integrieren. Sie sollten die Umsetzung überprüfen, bevor sie Liefe-ranten beauftragen und die Einhaltung zur Bedin-gung für die Vergabe machen.

• Gemeinsame Brancheninitiativen wie „Drive Sustai-nability“ sollten BMW, Daimler und VW stärker dafür nutzen, den Einfluss entlang der Lieferkette zu erhöhen.

Forderungen an die Bundesregierung: • Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass die

geplante Überprüfung der Sorgfaltsverfahren in gro-ßen deutschen Unternehmen neben Selbstauskünf-ten auch externe Informationen und die Sichtweise der betroffenen Arbeiter und Arbeiterinnen sowie der Anwohner und Anwohnerinnen einbezieht.

• Die Bundesregierung sollte Unternehmen zu men-schenrechtlicher Sorgfalt im globalen Geschäftsver-kehr gesetzlich verpflichten.

• Die Bundesregierung sollte die Umsetzung der men-schenrechtlichen Sorgfalt zur Voraussetzung für die Außenwirtschaftsförderung und die öffentliche Auf-tragsvergabe machen.

Was macht Brot für die Welt?

Brot für die Welt unterstützt zahlreiche Nichtregie-rungsorganisationen in Südafrika dabei, die Men-schenrechtsverletzungen im Bergbausektor zu doku-mentieren, betroffene Menschen zu begleiten und die südafrikanische Regierung und die beteiligten Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen. Gemeinsam mit einigen südafrikanischen Partner-organisationen und weiteren europäischen Organi-sationen hat sich Brot für die Welt im Kampagnen-netzwerk Plough Back the Fruits zusammenge-schlossen, um in Deutschland und Großbritannien auf die Missstände im Platinabbau hinzuweisen und von BASF und Lonmin mehr Verantwortung einzu-fordern (www.basflonmin.com). Brot für die Welt setzt sich zudem gegenüber der Bundesregierung für gesetzliche Unternehmensverantwortung ein.

Plough Back the Fruits. Die Witwen von Marikana fordern mit diesem Bild ihre legitimen Anteile am Platinreichtum zurück.

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Brot für die WeltEvangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.

Caroline-Michaelis-Straße 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 [email protected]