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(Aus der inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses zu JSnkSping [Schweden].) Studien iiber den kolloidosmotischen (onkotischen) 1)ruek. XIV. 0bet den intermediitren Wasserstoffwechsel bei 0dementstehung und i)demausschwemmung. Von Eskil Kylin. Mit 5 Textabbiidungen. (Eingegangen am 7. Februar 1931.) Die w/~hrend der letzten Jahre sehr eifrig betriebenen praktiseh- klinisehen l~orsehungen fiber die 0dempathogenese konnten nieht zu einer restlosen Erkl/~rung der 0dementstehung und Odemaussehwemmung fiihren. Eine der Ursachen dafiir, (tab auf diesem Forschungsgebiet keine grSf~eren Fortschritte gemaeht wurden, liegt meines Eraehtens in den Sehwierigkeiten, eine zuverl/~ssige und exakte Methode zu finden, die es gestattet, die Hauptrichtung des Fliissigkeitsstromes zwisehen Blur und Gewebe im lebenden K6rper zu einem bestiramten Zeitpunkt fest- stellen zu kSnnen. Will man den Austausch yon Wasser zwischen Blut und Gewebe studieren, so ist es notwendig, gleichzeitig das zu- und abstrSmende Blut zu untersuchen. Die Versehiebungen des Blutes, die w/thrend seines Durehgangs dureh die Capillaren hervorgerufen werden, geben sieh dutch eine :~nderung in der Zusammensetzung des Blutes zu erkennen. StrSmt z. B. Gewebswasser dureh die Capillaren ins Blut ein, so mug man eine Verw/isserung des ven6sen Blutes im Verh~ltnis zum arteriellen fest- stellen k6nnen. StrOmt das Blutwasser dagegen in die Gewebe ein, so wird das venSse Blur im Verh/~ltnis zum arter~ellen entw/gssert, ein- gedickt. Bei diesen Uberlegungen sehe ich davon ab, dab w/~hrend des Lebens der Fliissigkeitsstrom Blur ~ Gewebe immer in beiden Richttmgen vor sieh geht. Ietl de~rke hier nut' an den Hauptfliissigkeitsstrom, wie wir ihn uns z. B. bei der 0demaussehwemmung yore Gewebe ins Blur denken k6nnen. Will man eine VerwSsserung oder Eindickung des Blutes feststellen, so mug man gleiehzeitig (lie Menge eines Stotfes im Arterien- und Venen- blur bestimmen, die aus dem Blute dureh die Capillarwand nieht ein- oder z. f. d. g. exp. )Ied. LXXVII. 19

Studien über den kolloidosmotischen (onkotischen) Druck

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Page 1: Studien über den kolloidosmotischen (onkotischen) Druck

(Aus der inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses zu JSnkSping [Schweden].)

Studien iiber den kolloidosmotischen (onkotischen) 1)ruek.

XIV. 0bet den intermediitren Wasserstoffwechsel bei 0dementstehung und i)demausschwemmung.

Von

Eskil Kylin.

Mit 5 Textabbiidungen.

(Eingegangen am 7. Februar 1931.)

Die w/~hrend der letzten Jahre sehr eifrig betriebenen praktiseh- klinisehen l~orsehungen fiber die 0dempathogenese konnten nieht zu einer restlosen Erkl/~rung der 0dementstehung und Odemaussehwemmung fiihren. Eine der Ursachen dafiir, (tab auf diesem Forschungsgebiet keine grSf~eren Fortschritte gemaeht wurden, liegt meines Eraehtens in den Sehwierigkeiten, eine zuverl/~ssige und exakte Methode zu finden, die es gestattet, die Hauptrichtung des Fliissigkeitsstromes zwisehen Blur und Gewebe im lebenden K6rper zu einem bestiramten Zeitpunkt fest- stellen zu kSnnen.

Will man den Austausch yon Wasser zwischen Blut und Gewebe studieren, so ist es notwendig, gleichzeitig das zu- und abstrSmende Blut zu untersuchen. Die Versehiebungen des Blutes, die w/thrend seines Durehgangs dureh die Capillaren hervorgerufen werden, geben sieh dutch eine :~nderung in der Zusammensetzung des Blutes zu erkennen. StrSmt z. B. Gewebswasser dureh die Capillaren ins Blut ein, so mug man eine Verw/isserung des ven6sen Blutes im Verh~ltnis zum arteriellen fest- stellen k6nnen. StrOmt das Blutwasser dagegen in die Gewebe ein, so wird das venSse Blur im Verh/~ltnis zum arter~ellen entw/gssert, ein- gedickt. Bei diesen Uberlegungen sehe ich davon ab, dab w/~hrend des Lebens der Fliissigkeitsstrom Blur ~ Gewebe immer in beiden Richttmgen vor sieh geht. Ietl de~rke hier nut' an den Hauptfliissigkeitsstrom, wie wir ihn uns z. B. bei der 0demaussehwemmung yore Gewebe ins Blur denken k6nnen.

Will man eine VerwSsserung oder Eindickung des Blutes feststellen, so mug man gleiehzeitig (lie Menge eines Stotfes im Arterien- und Venen- blur bestimmen, die aus dem Blute dureh die Capillarwand nieht ein- oder

z. f. d. g. exp. )Ied. LXXVII. 19

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290 Eskil Kylin:

auswaDdern kann. Will man weiter eventuelleVersehiebungen imWasser- gehalg des Blutes eine lgngere Zeig hindureh serienweise verfolgen, so ist es notwendig, ffir diese Bestimmungen einen Stoff zu w~hlen, der seine Menge niehg binnen kurzen Zeigperioden gnderg.

Wir wissen, dab fiir dam Sgudium der Ent- und Verwgsserung des Blutes friiher die Bestimmung der Anza~l der roten BlutkSrperohen mid des refraktomegrisehen EiweiggehMges des Blutes angewandt wurde. Gegen beide Methoden sind indessen sohwere Bedeltken erhoben x~orden, auf die ieh hier jedoeh nieht ngher eiI~gehen kann.

In der letzten Zeit habe ich versuebg, die Flfissigkeitsversehiebungen zwisehen Blug und Gewebe dutch gleiehzeitige Bestimmungen des kolloidosmogisehen Druekes im arteriellen und ven6sen Blute zu ver- folgen. Ieh babe diese Methodik gewghlt, weil

1. dieselbe sehr exakt ist und gul3ersg zuverli~ssige Werge gibg, 2. der kolloidosmotisehe Druek des Blutes auf solehen Stoffen beruht,

die normMiter die Capillarwand nieht durehwandern ki}nnen, 3. die Sgoffe, die fiir den kolloidosmotisehen Druck bestimmend Mild,

im Bluge - - soviel man weig - - keine~l grogen Schwankungen unter- worfen sind. Der kolloidosmotisehe Druek isl, normalerweise im Arterien- blur in sekr engen Grenzen gehMten.

Gegen die Methodik kann man vielleiehg einweilden, (lab man rdeht mig yeller Sieherheig weil~, welehe Stoffe einen EinfluB auf den kolloid- osmogisehen Druck ausfiben k6nnen. Diese Einwendmlg gegen die Methodik seheint mir niehg so bedeutungsvoll zu sein, dab sie die MSgliehkeig aussehlieBt, auf dem vorgeschlagenen Wege wergvolle Ergetmisse erhMten zu kOnnen. Der Haupttei l des kolloMosmogisehen Druekes wird duroh den Albumin-GlobulingehMt des Blutes bestimmt. Ob die Lipoide einen Einflul3 auf diesen Druek haben, weiB man nieht mig Bestimmgheit. Nach v. Farlcas ~ sollen die Leeithin-Cholesgerin-Solen eine Setfl{ung des kolloidosmotisehen Druekes hervorrufen. Die Richtigkeig dieser A~lgabe m6ehte ieh indessen bezweifeln und zwar aus 2 versehiedenen Grfinden.

1. Haben v. P e i n urtd K y l i n 2 keine Anderung des kolloidosmotisohen Druekes im Serum naeh Zusatz von Lecithin oder Cholesterin festsgellen k6nnen.

2. Habe ieh in lipoidreicher Sera bei Diabetes fibernormale und in lipoidreieher Sera bei Nephrose tier ungernormale Werte des kolloidosmo- tisehen Druekes gefunden.

Bei den Untersuehungen, fiber die ieh bier berichten will, habe ieh aus bestimmten Grfinden eine ganz eigenartige Methodik verfolgg.

Bei meinen frtiheren Untersuehungen bestimmte ieh immer den kolloidosmetisehen Druck in Sera, die mi t den Untersuch ten au l n i i J d e r n e m

M a g e n gewonnen waren. Da ieh bei diesen Bestimmungen den Wasser-

1 v. Farkas: Z. oxpor. Med. a3. '~ v. Pei~ u. Kyl in: Z. exper. Ned. 76.

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Studien fiber den kolloidosmotischen (onkotischen) Druek. XIV. 291

stoffwechsel zwisehen Blut und Gewebe bei 0 d e m k r a n k e n verfolgen wollte, land ieh es zweekm:~Big, den Unte r such ten einer gewissen Belas tung

auszusetzen, mag sein binnen engen physiologisehen Grenzen. Ieh babe da tum bei dieser Untersuehungsser ie die Blu tprobe 2 - - 3 S tunden naeh dem Frfihstfickessen genommen. Das Fri ihstf iek bestand aus 400 cm a Milch und Brot mi t But ter .

U m unter diesen bes t immten Be(l ingungen ein Norma lma te r i a l zu sehaffen, babe ieh zuers t in 22 Fi~llen gleichzeitig den kolloidosmotischen Druek im arteriel len und ven f sen Blute bei Gesmlden bes t immt . Im arteriellen Blare schwankte der kolloidosmotische Druek zwischen 325 bis 385 m m H20. Der Mit te lwert war 359 m m H20. I m ven f sen Blur sehwankte der kolloidosmotisclxe l ) ruek zwisehen 295 })is 369 mm H~O

mit einem Mit te lwer t von 323 mm H20. Die Pr imgrzif fern ersehen wir aus tier Tabelle 1.

Tabelle 1.

N~me Alter

Ester J. 49 ]ohtm L. 48 David K. 23 gritc J. 18 ~ugust B. 65 Ernst L. 55 ~dolf B. LloLtfried 44 Ein~ J. 21 Oskar P. 63 Viktor K. 55 ~rvid D. 28 [)lof G. 27 K,~rl L. 38 Kristim~. 60 ,~ugust B. Valfr. S.. 2"3 Uustt~f K. 67 Sigrid S. 25 Oskar M. 26 Vivi K. 29 Joh~n K . . . . . . 59

Durehsehnitt

Arterien])lut

kolloidos- mot ise aer Eiweig

Drtlek [

380 8,42 379 7,85 330 7,63 376 8,28 340 7,42 350 8,24 326 7,85 325 6,98 380 9,35 375 8,92 365 8,06 350 6,93 350 7,85 350 7,63 375 6,55 350 6,55 383 8,28 330 ~ 6,55 375 7,20 383 i 3,63 375 8,06 330 6,77 359 7,68

Venenblu t

1

kolloidos- mot i scher EiweiB

Druek

310 9,78 304 7,95 300 i 8,06 360 I 8,40 328 7,36 310 8,49 321 i 8,28 300 ] 7 , 8 5 354 ] 8,71 335 ! s,06 296 i 8,49 322 296 i 7,04 7,52 320 ! 7,81 329 6,77 330 6,77 310 8,28 305 6,59 330 7,63 370 ! 7,85 355 ] 7,85 3o5 i 6,,(~8 323 I 7,84

Differenz

70 75 30 16 12 40

5 25 26 40 69 28 54 30 46 20 73 25 45 13 20 25 35

Bei meinem frtiheren Normalmater ia l , das auf n i ichternem Magen unter- sueht wurde, fand ioh den normalen Mit te lwer t im Venenblu t zu 337 m m

H20, der also meinen jetzigen Durchschni t t swer t mi t 14 mm H20 fiber-

steigt. Ich m f c h t e glauben, dab der Unterschied durch die versahiedenen Untersuchungsbedingungen verursacht ist. Ffir diese Annahme spricht

19"

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292 Eskil Kylin:

aueh mein fr i iherer Befund, dab der kol loidosmotische Druck im Venen- b lu te nach einem Mit tagessen ungef~hr 10 m m niedr iger lag als auf n i ieh ternem Magen. SpS, tere for tgesetz te Unte r suchungen haben den Befund gegeben, dab morgens friih auf n i ieh te rnem Magen der kol loid- osmotisehe Druek im Arter ien- und Venenblu t oft bei gleiehen W e r t e n liegt.

Naehdem ieh mir auf diese Weise ein N o r m a l m a t e r i a l besehaff t ha t t e , babe ieh bei pa tko logisehen Zust/~nden den kol lo idosmot ischen Druek gleichzeit ig im ar ter ie l len und ven6sen Blute bes t immt . Mein Mater ia l an pa thologischen F~l len bes teh t aus 24 Ind iv iduen , bei denen ieh diese gleiehzeit igen Bes t immungen 67mal ausgef i ihr t babe. Bei 51 dieser Bes t immungen an K r a n k e n babe ieh den kol lo idosmot isehen Druek im Ar te r i enb lu t hSher a ls im Venenblu t gefunden. Bei I6 F;~llen habe ieh das entgegengesetz te Verha l ten gefunden. In diesen F~l len war der kol lo idosmot iseke Druck im Venenblu t bSher als im Arter ien- blur. I n Tabel le 2 babe ieh diese 16 Bes t immungen zusammenges te l l t .

Name

Nils E. . . Hugo A . . . Hilda T . . . Hilda T . . .

Gustaf K . . Anders A . . Oskar K. . Oskar K.

Oskar K. Oskar K. Oskar K. Alma S . . Alma S . . Hulda J. Hulda J.

Arterienblut

220 7,14 278 6,34 230 6,55 300 6,59

245 6,22 273 5,65 332 9,57 275 8,28

206 7,42 250 7,16 260 7,63 277 6,55 294 6,50 327 6,98 242 5,68

257 6,55 312 7,63

Knut E . . .

Hilda T . . .

TabeUe 2.

Venenblut

k o l l o i d -

o s n ~ . o - ] . •

fischer Elwelg Druck

270 7,14 307 6,55 280 6,77 320 7,02

257 6,34 320 5,90 355 9,35 283 8,48

270 7,46 315 7,22 268 8,06 289 6,65 310 6,67 320 7,20 277 6,34

303 6,77 337 7,85

Diffe- [

[75 - - 5O

29 50 2O

12 53

64 65

+ - - 34

- - 4 6

- - 2 5

Bemerknngen

Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz (2 Wo-

ehen sp5%er) Magenblutung Magenblutang Insulinbehandelter Fall yon Diabetes mel-

litus, 0demansamm- hmg

Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz Magenblutung Magenblutung (4 Tage

sp£ter) Pleuritis exsudativa Herzinsuffizienz

Neuerdings h a t Barath 1 angegeben, dal] der kol lo idosmot isehe Druck im ar ter ie l len Blu te immer h6her is t als im Venenblute . Diesen Be:hind Baraths kann ieh also n iek t besti~tigen. Der kolloidosmotisotm Druek im Ar t e r i enb lu t kann mi te r versehiedenen Bedingungen h6her oder n iedr iger als im Venenblute sein.

* Barath: Z. klin. Ned. l l l .

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St udien tiber den kolloidosmotischen (onkotischen) Druck. XIV. 293

Bei einer rdbersicht fiber die F/~lle, die im Venenblut einen h6heren kolloidosmotischen Druek zeigten als im Arterienblut, fand ich als gemeinsames Kennzeichen, dab sie alle - - vielleicht mit 2 Ausnahmen - - im Zeitpmxkt der Bestimmung Wasser retinierten. In diesen F~llen mit 3 Ausnahmen wurde die Wasserretention durch die t~glich ausgef/ibrte Bestimmung des K6rpergewiehtes festgestellt. Die 3 Ausnahmefitlle betrMen Kranke mit groBen akuten Blutungen bei Magengeschwiir. Der kolloidosmotische Druck war in diesen 3 F~llell deutlich unter die normalen Werte gesunken und zeigte, wie erw£hnt, einen h6heren kolloid- osmotischer~ Druck im Venen- als im Arterienblute. Ich mSehte diese Tatsache dami~ ei'kl/*ren, dal] infolge des pl6tzlieh gesunkenen kolloid- osmotisehen Druckes Blutwasser aus den Blutbahnen ins Gewebe aus- t ra t und das Blur dadureh eingediekt wurde.

Einer dieser Fglle sehien mir besonders interessant. Es handelte sieh um eine 53jghrige Frau, die wegen einer Magenblutung eingeliefert wurde. Unmit telbar naeh der Einlieferung wurde der kolloidosmotisehe Druek bestimmt. Er betrug im arteriellen Blute 327 mm, im Venenblute 320 m m H20. Der kolloidosmotisehe Druek war also im Arterienblut hSher als im Venenblut, obwohl der Unterschied geringer war als im allgemeinen. Die Anzahl der roten Blutk6rperchen betrug 3,7 Millionen. W/~hrend der n~chsten Tage bekam die Patientin neue Blutungen und wurde hochgradig an~misch. 4 Tage nach der Einlieferung wurde der kolloidosmotisehe Druck wieder gemessen. Der Wert war im Arterien- blur 243, im Venenblut 277 mm H20. Die Anzahl der roten Blutk6rper- chen betrug jetzt 1,4 Millionen. Die Patientin starb an Verblutung einige Stunden naeh Entnahme der letzten Blutprobe. Hochinteressant war es festzustellen, dag die Patientin am letzten Tage sichere klinisch ]eststellbare Odeme hatte.

Wit wissen, dal3 Schade 1 eine Art von 0dcm besehricben ha, t, das er mit der Senkung des kolloidosmotischen Druckes erkl£rt. Bei meinen Studien fiber den kolloidosmotischen Druck babe ich frfiher keine F~lle gefunden, bei denen ich mit Sicherheit behaupten konnte, dab das 0dem dutch die Senkung des kolloidosmotischen Druckes hervorgerufen war. Ich hatte in mehreren Fi~llen yon Pleuritis exsudativa und yon An~mie nach akuten Blutungen den kolloidosmotischen Druck gesenkt gefunden, konnte indessen nie klinisches 0dem feststellen. Bei 2 yon den F/~llen mit Magenblutungen, fiber die ich bier berichtet babe, fand ich auch keine 0deme, obwohl ich eine negative Differenz zwischen dem kolloid- osmotischen Druck im arteriellen und ven6sen Blute fand. In diesen F/~llen waren die Blutungen nicht so grol3 wie in dem obenerw/~bnten Falle. Dieser Fall zeigt indessen, wie mir scheint, daft bei alcuten Blutu~jen wirklich Odem entstehen kann, wenn die Blutung und die darau]]olgenae Aniimie g~ofi genug ist. Diese7 Fall scheint ]iir die Richtiglceit

1 Schade: Erg. inn. Med. 32.

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g94 Eskil Kylin:

der S c h a d e s c h e ~ A u / / a s s u n f f ~ p r e c h e n z u k 6 n n e n , daf t d i e Sen/c~o~g des

k o l l o i d o s m o t i s c h e n Dr,ttc]ces a n u n d / i i r 8ich ~ d e m h c r v o r r u / e n k a n n . ob- wahl klinisck diese En t s t ehungsa r t der Odeme meiner Meinung nach aim einzige Ursache nicht oft vorkommt.

U m den Fli issigkeitsstrom Blur ~ Gewebe ngher beob- go.17 5oo .. , .+ . . . . . . . 1~;~ ....... ~ ' ~ ~ " bei einigen der hier er6rter ten esa 1 Druek serienweise lgngere ~,a : einige dieser Fglle will ieh 117a

~16z7

esa i Fal l van Diabetes mellitus, eea eingeliefert und mit gro6en ~3a wurde, wiederholt denkolloid- eza im arteriellen als aueh im eza ~oa ,kanntlich en ts teh t dureh (tie asa Insu l inbehandhmg sehr oft 380 Wasserre tent ion bis zu kli- 3zo niseh feststellbarem 0dem. 3ca So war es m6glich, die asa 3~a Verhgltnisse des kolioid- 330 osmotisehen Druckes im 3za ]glut w a h r e n d der O d e m -

31o e n t s t e h u n q fort laufend zu 3 0 0 "

eso verfolgen. em Der Falt verlief folgen- eza derma6en :

z60 Fall 1. Oskar 1(., 27 Jahre, 250 Schwerarbeiter. Eingeliefert 2¢a 17.12. 30. 23a Patient war sehon ffiiher zza wegen Diabetes in dem hiesigen 2Jo Krankenhaus in Behandhmg 200

7z qo° 7~ za 2 /2z 23 2¢ z5 z6: zz 2~ z3. 30 3/. gewesen. Wghrend dot letzton Zeit hat er die digtetisehen

I~urve 1- Mal3regelnvernachlf issigt . Seit ungefghr einem Monat trat

stgrkeres Durstgefiihl und Polyurie auf. 8eit 3 Tagen ffihlt er sieh sehr miide und hat Kopfsehmorzen.

Bei der Untersuehung unmittelbar nach der Einliefermlg war der Nranke deut- lich komat6s, roch nach Aeeton und zeigte groSe Atmung. Die Haut war troeken, im Ham land sieh Zueker und Aeidose. Blutzueker 436 mg°/0, lmmre Organe SOliSt ohne Befund.

Der kolloidosmotische Druek wurde dureh wiederholte Bes t immungen verfolgt, wie aus der Kurve 1 zu ersehen ist. Auf dieser Kurve sind Mle Werte enthal ten, die llns in diesem Zusammenhang interessieren.

Wie ieh es sehon friiher in einigen Fgl len van Diabetes gefunden habe, war aueh in diesem Falle der kolloidosmotisehe Druck im Blute van

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Studien fiber den kolloidosmotisehen (onkotisehen) Druek. XIV. 295

Anfang an sowohl fiir das art, erielle wie ffir das venSse Blur (498 bzw. 440 mm H20 ) erh6ht. Das Blur war, auch naoh dem GehMt an Eiweig zu beurteilen, eingediekt, Der Eiweil~wert war zu both, um refrakto- metrisch bestimmt werden zu kannen, lag also iiber 10,4%. Der Kra~zke satt sehr eingetrocknet aus. Seine Haut war trocken und leicht fMtig. Der Kranke bekam sofort nach der Einlieferung 80 klinische Einheiten Insulin. 6 Stunden spgter wurde wieder der kolloidosmotische Druck bestimmt. Er war jetzt bis auf hohe NormMwerte gesmtken. Bei diesen beiden Bcstinmmngen war der kolloidosmotische Druck im arteriellen Blur deutlich h6her als im ven6sen Blur. Der Kranke bekam w/ihrend dieses Tages noch 60 klinische Einheiten Insulin. Am ngchsten Morgen war der kolloidosmotisohe I)ruck wieder gesunken, und zwar im arteriellen Bhtt auf unternormMe Werte und im ven6sen Blut auf normMe, aber niedrigc Werte. Bemerkenswert ist, daft der kolloidosmo- tische Druck bei dieser Bestimmung im Arterien- und Venenblut ungefghr gleich hoch war. Dcr Kranke h~ttc w/~hrend dieser Nacht 1,3 kg an Gcwicht zugenommen, was man wohl Ms Wasserretention auffassen muB. Am n/~chsten Abend stieg der kolloidosmotisohe Druck sowohl fiir das arterielle Ms auch fiir das ven6se Blut etwas. Bci dieser Bestimmung lag dcr kolloidosmotische Druck im Venenblut ttdtler als im Arterienblut. Dieser Unterschied wird w/~ltrend der n~ohsten Tage noeh deutlicher. Der kolloidosmotische Druek im arteriellen Blute sank bis auf tier unter- normMe Werte (206 mm H20 ). Das Blug wurde also in den Capillaren eingedickt, das Blutwasser aus den Blutbahnen ins Gewebe hinein- gezogen. In dieser Zeit, w/~hrend welcher der kolloidosmotische Druek im Arterienblut niedriger war als im Venenblut, nahm der Kranke auch ungef/thr 6 kg an Gewicht zu, nnd man konnte deutliche 0deme fest- stellen. Sp/tter, als das KSrpergewicht wieder bei konstanten Werten fixiert war, wurde der kolloidosmotisetle Druek im arteriellen Blute wieder h6her Ms im ven6sen Blute.

Es ist sehr lockend, an dieser Stellc wieder (lie Bedeutung des kolloid- osnlotisehen Druckes fiir (tie (}dcmentstehung zu er6rtern, und zwar unter dem Gesichtspunkt, ob das InsulinSdem durch die Senkung des kolloidosmotischen Druekes erklS~rt werden kann. Bei meinen friiheren Untersuehungen, die sich nut auf das ven6se Blut bezogen, ttabe ich die Vermutung, dM3 (las Insulin6dem ein Folge des gesenkten kolloidosmoti- schen Druckes sein k6nnte, als unwahrscheinlieh M)gelehnt, und zwar well das InsulinSdem sehon bei relgtiv hohem Werte fiir den kolloid- osmol,ischen Druck entstand. In diescm FMle setien wir indessen, dab eine bedeutende Senkung des kolloidosmotiseken Druekes im arteriellen Blute vorhanden sein kann, wg, hrend der kolloidosmotisclle Druck im ven6sen Blute normMe oder nut unbedeutend gesenkte Werte zeigt. Naeh diesem Befund mug eine neue Auffassung in der gegenw'~rtigen Fragestellung entstehen. Fiir den Wasserstoffweehsel sind die VerhMtnisse

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t 96 Eskil Kylin:

im Ar te r i enb lu t von gr6Berer Bedeu tung als die im Venenblut . Die nn te rnormMen W e r t e im Ar te r i enb lu t kSnnen dureh Wasse rve r lu s t w/~brend des Durehgangs des Blutes durch die Capi l laren kompen,der t werden. Und sehon bei normalen W e r t e n fiir den kol lo idosmot isehen Druek im Venenblu t k6nn te man , wenigstens rein tbeoret iseh, sieh eine Odements t ehung infolge der Senkung des kol lo idosmot isehen Druckes im Ar te r i enb lu t vorstel len. - - Um die F~age iiber die Bede~tung des kolt'oid- osmotischen Druclces ]iir die Oder~entsteh~ng wgh~end de<~ Lebens studiefen zu kSnnen, 8ind durum vergleiehende gleichzeitige Untersuchungen im arteriel- fen und ven6sen Bhtte notwendig.

Wei te re Fhlle, die ebenfal ls geeignet sind, die VerhS~ltnisse des kolloid- osmot ischen Druckes w/~hrend der 0 d e m e n t s t e h u n g und 0dem~us - sehwemmung zu beleuchten, s ind die folgenden:

Fall 2. Frau Alma S., 67 Jahre. Ein- 58 57

Keg<58 330 .S5 3gO

370

300

290 ~

270 260 Z~<q 2~'0

Z2 Z~ Z~ Z~ 2g: Z? ?,8 .?3 30 31 ~ Z

i l i! i i • i i i . ! t c k ~ !

i \ : ~.\ix', l

K11rve 2.

geliefert am 21. 12.30. Die Patientin ist friJher nie ernstlich krallk gewesen. Seit ungefhhr 5 Jahren leidet sie an Horz- klopfen und Schweratmigkeit bei grSgeren Anstrengungem W~hren~[ der le/.zten Monate wird sie yon diesen Beschwerden starker bel~stigt. Augerdem sind 0deme in den Beinen aufgetreten.

Bei der Untersuchung unmittelbar nach der Einlieferung fund man eine deut- liche Dilatation des Herzens nach reehts und links, systolisches und diastolisehos Ger/~useh mit dem Maximum fiber der Spitze. Ictus resistent. Arhythima per- petua. Hepar vergrOBert bis nahe Nabel-

linie. In den Boiner~ mittelstarke 0dome. ~ber den Lungen feuchte Rasselger/~usche. Blutdruck 125 mm Hg. Im Harn Albumen, kein Zucker (hath einerWoche albumen]!rei).

DieWer~e fiir den kol lo idosmot ischen Druck wie auch die a n d e r e n W e r t e , d ie uns in d iesem Fa l l e in teress ieren k6nnen, sind in K u r v e 2 dargesLellt .

Wi r sehen in diesem Fal le , dug der kol lo idosmot ische Druck im arterielle~ Blute wiihrend der ~demausschwemmung stetig gestiegen ist. Sehwankungen dieses Druekes s ind nich~ zu sehen. Der kol lo idosmot ische Druck im venSsen Blute dagegen zeigt eine gro[3e und scheinbar unmoti- vierte Senkung am 27.12. E r s te ig t bei der n~chsten Messung wieder

auf normMe W e r t e an. Fall 3. Emil G., 51 Jahre. Eingeliefert 24. 12.30. Patient hat frfiher wegon

Herzinkompensation im hiesigen Krankenhaus gelegen. Danach his vor 3 bis 4 Wochen Wohlbefinden. Seitdem leidet er nun wieder an Herzklopfcn, Schwer- atmigkeit un(t Mfidigkeit. Die Beine sind angeschwollcn.

Unmittelbar nach der Einlieferung fund man deutliche Cyanose und Dyspnoo. St~rke 0deme. HerzvergrSBerung naeh rechts und links. Systolisches und dia- stolisctms Ger~usch mit Punctum m~ximmn an der Spitze. Flimmerarhythmio. Blutdruck 120 mm Hg. Leber deutlich vergrSl3ert. Pleuraergfisse auf beiden Seiten. Innere Organe sonst ohne Befund.

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S t u d f e n t i be r d e n k o l l o i d o s m o t , i s c h e n ( o n k o t , i s e h e n ) D r u c k . X I V . 297

Das Verhalten des K6rpergewichtes und des kolloidosmotisehen Druckes sowohl im arteriellen als im ven6sen Blute babe ich in Abb. 2 in Kurven dargestellt.

Wir linden in diesem Falle wie in dera vorigen (Fall 2) die erw&ihnte gro/3e rnomentane Senkung des kolloid- osmotiseheu Druckes im venS8en Blute wieder. De~ kolloidosmotische Druclc im arte~ ieUen Blute macht diese Schwan]~ung nicht mit, sondern steigt stetig und langsam bis zu normalen Ziffern an. Auch der kolloidosmotisohe Druck im ven6sen Blute steigt nach der voriiber- gehenden Senkung - - wie Paul Meyer und ioh sie schon friiher gefunden haben

- gleiohfalls bis zu normalenWerten an. Die 4. Kurve stammt gleichfalls

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~ o V : l :_i~ ~ ' ; ~_~. K u r v e 3.

yon einem Patienten mit Herz- inkompensation. Diese Kurve weicht etwas yon den beiden vorigen ab. In diesem Falle war der kolloidosmotische Druck schon yon Anfang an im Arterienblute h6her als im Venenblute, obwohl der Unterschied nur einige Millimeter betrug und deutlich niedriger war als der Durchsehnitts- wert ffir mein Normalmaterial. W~hrend der Aussehwemmung des Odems

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K u r v o ~.

steigt in diesem Falle der kolloidosmotische Druck im Arterienblute nicht, im Gegenteil: zuerst schwankt er etwas ungef~hr um den Anfangs- wert, um sp~ter deutlich zu sinken. Der kolloidosmotische Druek im Venenblute sinkt schon yon Anfang an etwas mehr als im Arterienblute, so dab die kolloidosmotisehe Druckdifferenz ungef/~hr normal grol3 wird;

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298 Eskil Kylin:

spgter sehwankt er gleiehfalls mtmg beinahe beendet war.

nur unbedentend, bis die 0demaussehwem- Dann sinken in diesem Falle sowohl der arterielle als aueh der venSse kolloidosmo- tisehe Druek deutlieh.

Mit Kurve 5 zeige ich einen Fall von Nephrose. Der kolloidosmotisehe Druek wurde zu Anfang leider nur im Venenblute bestimmt. Wie die Kurve zeigt, lag er - - ent- spreehend den frfikeren Befunden mehrerer Forseher - - bei sehr niedrigen Werten. Der arterielle kolloidosmotisdmDruek, der spgter auoh migbestimmt wurde, lag, wie die Kurve dartut, gleiehfalls bei sehr niedrigen Zahlen.

In diesem Falle ist besonders erwghnens- wert, dab die 0demaussehwemmung bei einem so niedrigen Werte des kolloid- osmotisehen Druekes im durehstr6menden Blute wie 125 m m H20 gesehehen konnte. Sehon friiher habe ietl ja zeigen k6nnen, dab der kolloidosmotisehe Druok im Venen- blute bei der Aussehwemmung der Neph rose- 6deme sehr niedrig liegt. Heutekannichalso meine frfiheren Angaben dahin erweitern, dab aueh im Arterienblute bei den Nephrosen der kolloidosmotisehe Druek niedrig ist.

Ergebnisse. Die Untersuehungen, fiber die ieh hier

beriehtet babe, haben in mehrfaoher Be- ziehung interessante Ergebnisse gezeitigt.

1. Als erstes haben ~ir gefunden, (ta[~ die gleiehzeitige Bestimmung des kolloid- osmotischen Druekes im arteriellen und ven6sen Blute wichtige Aufsehlfisse fiber den Wasserstrom Blur ~ Gewebe gibt. Man kann auf diese Weise mit Sieherheit be- stimmen, ob das Blur wghrend des Durch- gangs dureh die Capillaren verwgssert oder entw/issert wird, und also wiektige Schlfisse fiber die Richtung des Wasserstromes zwisehen Blur ~_ Gewebe erhalten. Da die

Methodik ffir die Bestimmung des kolloidosmotisehen Druekes ffir den Gefib~en auBerordentlieh exakte Werte ergibt (Fehlergrenzen nieht iiber 10 mm H20), so bekommt man sehr zuverlgssige Auf~ehlfisse fiber den Flfissigkeitss~rom Blur ~ Gewebe. Die gleichzeitige Bestimmung des Icolloid-

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Studien tiber den kolloidosmotischen (onko~isehen) Druck. XIV. 299

osmotischen Druckes im arteriellen und ven5sen Blute ist datum die Methodik der Wahl, wenn man den intermediiiren Wassersto/]wechsel studieren will.

2. Unter normMen Vcrh/~ltnissca licgt der kolloidosmotische Druck 2--3 Stunden nach dem Frfihstiick, wie ich schon in Mitteilung 8 erw/~hnt habe, im Arterienblut ungef~hr 30--40 mm H20 hther als im Venenblut. Der normMe kolloidosmotische Druck im Arterienblut liegt zwischen 325 und 385 mm H20 mit einem Mittelwert yon 359 mm H20. Im Vcnenblut schwankt der kolloidosmo~ische Druck zwischen 294--360 mit einem Mittelwert yon ungef/~hr 323 mm H20.

Wiihrend der Entstehunff des Odems ~ersehiebt sieh der kolloidosmotisehe Druek so, daft er im Arterienblut niedriger wird als im Venenblut. Das Blut verliert beim Durd~g~ng durch die Capillaren also Fliiss~glceit und wird dadurch eingediclct.

Wiihrend der (Jderr~ausschwemmung fin(let man das entgegengesetzte Verhalten. Das Blut wird in diesen Fiillen beim Durchgang durch die Capillaren in]olge des |Vassereinstromes a~s den Geweben verdiinnt und der lcolloidosmotische Druck im Venenblut dadurc, h niedriger. Momentan kann diese Senlcung sehr gro[3 werden. Das arterielle Blut macht diese Schwankunqen nicht oder nicht in demselben A usmafi wie das ventse Blur mit.

3. Dutch racine Untersuctmngen habe ich feststellen ktnnen, dal] ein Einstrom yon Gewebsfliissigkeit aus dem Gewebe ins Blut aueh bei niedrigen Werten fiir den kolloidosmotischen Druck gesehehen kann. So habe ich bei F/~llen yon Herzinkompensation Wassereinstrom aus den Geweben ins Blur, d. h. 0demausschwemmung bei Werten im Arterienblut yon 250--275 mm H20 gesehen. Und in einem Falle yon Nephrose sah ich ()demausschwem- mung (zwar unter Thyreoideawirkung) trotzdem der kolloidosmotische Druclc im arteriellen Bhtt bei so niedrigen Werten wie 125 mm H20 lag.

Andererseits konnte ieh bei meinen Untersueinmgen sehen, dag ein Ausstrom von Wasser aus dem Blute ins Gewebe sogar bei normMen oder nur unbedeutend gesenkten Werten ftir den kolloidosmotischen Druck gesehehen kann. So fand ich im Fall 1, da[~ w~hrend der Insulin- wirkung eine Eindickung des Bhttes, also ein Wt~sserausstrom aus dem Blute ins Gewebe bei Werten yon 333 mm H20 gesehah. Und in den F/~llen yon Herzinkompensation land ieh, daft das Bin t bei einem koUoid- osmotisehen Druck yon 294 mm H20 im arteriellen Blute entw/~ssert wurde, daft also Wassereinstrom ins Gewebe vor sieh ging.

Bei den F~llen yon Herzinkompensation weckt das Verhalten, daft ein Ausstrom yon Wasser ins Gewebe aueh bei einem hohen kolloidosmo- tisehen Druek vorkommen kann, kein Erstaunen. In diesen F/~llen ist der erh6hte hych'ostatisehe Druek in den Capillaren ein geniigender Grund, um die (~)dementstehung erkl/~ren zu k6nnen. Merkwiirdiger erseheint mir, daft bei Insulinwirkung, bei der wir keine Ursaehe h aben, einen erhthten hydro- statisehen Druek anzunehmen, ein Ausstrom yon Wasser aus dem Blute ins Gewebe wirklieh vorkommt. M6glieherweise liegt die Ursaehe darin, daft die Gewebe w/~hrend des diabetisehen Komas so ausgetroeknet waren.

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Von groBem Interesse ist es, dab eine Aussohwemmung yon Odemen aueh bei niedrigen Werten fiir den kolloidosmotisehen Druek gesehehen kann. Sebon friiher hatte ieh dieses Verhalten hervorgehoben. Ieh hat te indessen damals nur Untersuehungen im Venenblut ausgefiihrt. Die Untersuehungen, die ich hier vorlege, zeigen, dab es nieht geniigt, das Venenblut zu untersucken, wenn man die wirklieBen Verh/~ltnisse in dem dureh die Capillaren str6menden Blur studieren will. Dutch meine jetzigen Untersuehungen kann ieh indessen die vorigen best~tigen. Es ist o//enbar, daft der KSrper des Menschen iiber Krii/te ver/iigt, durct~ die er einen Ausstrom yon IVasser aus den Gcweben ins Blut auch bei sehr nie(lriffe~ [Verten /iir den kotloidosmotischen Druck hervorru/en kann.

Wit finden also: 1. dal~ bei normaleu Werten fiir den kolloidosmotischen Druek ein Ausstrom yon Wcaser aus dem Blut ins Gewebe und 2. bei sehr niedrigen Werten ein Einstrom von Wasser aus den Geweben ins Blut vorkommen kann. Dal~ der kolloidosmotisehe Druck durch seine wasser- anziehende Kraf t an und fiir sich einen Einstrom von Wasser ias Blur aus den Geweben hervorrufen kann, ist dureB die grundlegendenArbeiten yon Schade gezeigt worden. Die hier vorgelegten Tatsaehen legen dar, da[3 die gegen den kolloidosmotischen Druck wirkenden Krii/te gut regulierbar sind.

Von diesen Krttften kennen wir den hydrostatischen Dmek in den Capillaren. Die Erh6tmng dieses Druckes spielt bei Herzfehlern eine grol~e Rolle fiir die Odementstehung. Bei den F/tllen yon Nephrose kommt diese Ursache nieht in Frage, soweit man es beurteilen kann.

So sehen wir also, datt eine Ausschwemmung yon Odemen (eine Aufsaugung yon Wasser aus den Geweben ins Blut) bei normalem Bydro- statischem Druck und gesenktem kolloidosmotisckem Druck vorkommen kann. Hier mug man also eine dritte Kraf t annehmen, die der Senkung des kolloidosmotischen Druckes entgegenwirkt und trotz des niedrigen kolloidosmotiscken Druckes einen Einstrom votl Wasser ins Blur hervor- zm'ufen vermag. Diese Kraf t m6ehte ich als im Gewebe liegend annehmen, das sein VermSgen, Wasser aufzusaugen und auszuschwemmen, zu/htdern imstande sein mutt. Die Ausschwemmung des Odems in unserem Falle yon Nephrose geschah unter der Einwirkung yon Thyreoideamedikation. Man ist deshalb wohl berecBtigt anzunehmen, dag die Thyreoideawirkung einen Einflug auf die wasserbindende Kraf t der Gewebe ausiibt. Das Ver- m6gen der Gewebe, Wasser zu binden, wird durch die Thyreoideaein- wirkung vermindert und das Wasser aus den Geweben ~usgeschwemmt.

Die Ergebnisse. die ich Bier vorgelegt Babe, zwingen meines Eraehtens zu der Annahme, d~g wit bei dem Wasserstoffwechsel dureh die Capil- laren mit wenigstens 3 versehiedenen Kr£ften zu rechnen haben: 1. der kolloidosmotische Druek im Blute, 2. der hydrostatische Druck im Blare, 3. die wasserretinierende Kraf t der Gewebe.

Es ist zur Zeit nicBt m6glicB, anzugeben, worin diese wasser~nzichende Kraf t der Gewebe besteht. MSglicherweise liegt sic im kolloidosmotiseken Druck des Gewebes, wodurch Wasser ins Gewebe eingesogen wird.

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Studien fiber den kolloidosmotisehen (onkotisehen) Druek. XIV. 301

Es w~re dann wichtig zu erfahren, wie sick der kolloidosmotische Druck ira Gewebe bei Nephrose verh/tlt. Es w~re auck yon Bedeutang zu erfahren, ob der kolloidosmotiscke Druck im Gewebe durch Thyreoidea- oder Insulinwirkung vcr~ndert wird.

4. Legt man sich jetzt die Frage vor, auf welche Weise das nephrotiscke Odem entsteht, so kann man zuerst den Faktor des erh6hten hydrostati- schei1 Druckes in den Capillaren ausschlieften. Es gibt keine Ursache, einen erk6hten kydrostatiscken Druck in den Capillaren bci Nepkrose anzulmhmen, l~brigens kabe ich sckon friiher bei Nephrose normale Capillardruckwertc (hack Kyl in) gefunden.

Die sctmn friiher bekannte Tatsache, daft der kolloidosmotische Druck im venksen Blute bei Nepkrose gesenkt ist, kkm~te ich heute dureh den Befund erg£nzen, daft dieser Druck auck im arteriellen Blute bei Nephrose niedrig ist. Die Capillaren werden also bci dieser Krankkeit yon einem Blute mit sekr niedriger wasseranziehender Kraft durckstrkmt. Daft unter solcken Verh£ltnissen eine Wasserretention im Gewebe ent- steht, mag a priori natfir]ich ersckeinen.

Stellt man sick indcssen den Mechanismus so vor, daft das Nephrose- 5dem durck den gesenkten kolloidosmotiscken Druek entst/Lnde, so ist die Tatsache sekr sckwer zu erkl/~ren, daft die 0demausschwemmung (wenn auck uDter Thyreoideawirkung) bei stark unternormalen Werten gcsckeken kann. Es scheint mir darum notwendig anzunckmcn, dal3 ftir den Mechanismus des Nephrosebdems auck wasserbindende Kr£fte in den Geweben wirksam sind.

5. DaB der Faktor gcsenkter kolloidosmotiscker Druck schon an und fiir sick den Blutausstrom aus der Blutbahn begiinstigt, ist von Schade gezeigt wordcn. Da6 man auck rein klinisck einen Ausstrom yon Blutwasser aus dem Blutc and zwar bis an klinisckem 0dem bei plktzlich gesenktem, kolloidosmotisckem Druck schen kann, geht aus den Untersuckungen yon Leiber 1 hervor.

Von grbgter Bedeutung ist es, da6 bei den yon mir hier erw/thnten P/~llcn nur in einem Falle kliniseh feststellbares Odcm cntstand. Ieh kabe in nock 5 F/kllen den kolloidosmotischen Druck nack akuten Blutungen im ven6sen Blurt bestimmt. In diesen Fg, llea war der kolloidosmotiscke Druek gesenkt, und zwar z. T. bis unter 200 mm H20. Indessen konnte ieh in diesen F/illen kein 0dem feststellen. Auck in F/~llen yon Pleuritis exsudativa, in welcken ieh eine bedeutende Senkung des kolloidosmoti- sehen Druckes (im venksen Blute) feststellte, vermi6te ieh immer 0dem.

Es scheint also, als ob die SeMiung des kolloidosmotiscken Druckes wokl einen Ausstrom von Wasser aus dem Blute ins Gewebe hervorrufen kann, daft es abet dabei nur ausnahmsweise zu ]clinisehem Odem kommt. Es ist m6glick, dab dies so zu erkliiren ist, daft die nach Blutungen und naeh Pleuritis exsudativa ausgeschwemmten Wassermengen nieht gro[3 genug

J. din. Invest. 3; 5.

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302 Eskil Kylin: Studien tiber denkolloidosmotisehen (onkotisehen) Druek. XIV.

waren, um klinisch /estsellbares Odem he~vorzuru/en. Man kann annehmen, dab die Senkung des kolloidosmotischen Druckes nicht so grol3 war, dMt eine fiir ein klinisch festzustellendes 0dem geniigende Wassermenge bus den Blutbahnen auswandern k6nnte. Doch muB andererseits he rvo f gehoben werden, dal~ in gewisscn F/~llen yon exsudativer Pleuritis Sen- kungen des kolloidosmotischen Druckes im ven6sen Blute his unter 200 mm H20 testgestellt wurden. Entstand dabei Wasserretention, so miiBte die Set~kung des kolloidosmotischen Druckes im arteriellen Blute noch gr6ger gewesen sein. Bei dem in dieser Arbeit besehriebenen Falle von Diabetes entstand indessen ein deutliches 0dem bei Senkungen des kolloidosmotisehen Druekes im arteriellen Blute bis 205 mm H20.

Wir haben also gefunden, dab bei der Insulinbehandlung der Diabetil~er eine Se1~kung des kolloidosmotisehen Druekes und gleichzeitig ein 0dem entstekt. Bei akuten Blu~m~gen und bei Pleurigis exsudativa finder man Sel~kungen des kolloidosmotisehen Druekes, die gleieh gro[3 sein k6nnen, wie wit sie bei der Insulinbehandlung feststellten. Doeh entstand in diesen Fgllen im allgemeinmt kein Odem, obwohl in den darauf ttnl)er- suehten Fgllen Wasserretention entstand. Wean wir jetzt die Wasser- retention als Folge der Senkung des kolloidosmotisohen Druekes ansehen wollen, so isg es doeh sehwer, die 0dementstehung dadureh zu erklgren. Es scheint, als ob noeh etwas dazukommen mug, um bus der Wasserretention ein Odem zu maehen.

Zusammenfassung. 1. Der kolloidosmotische Druck wurde im arteriellen und venSsen Bltlte

gleickzeitig bestimmt und zwar 2--3 Stunden naeh dem Friihstiiekessen. 2. Bei Gesunden liegg der kolloidosmotiseke Druek unter diesen

bestimmten Bedingungen im arteriellen Blute im Durchsehnitt 30 bis 40 mm H20 h6her als im ven6sen Blute.

3. W~hrend der Odementstehuny ist der kolloidosmotisehe Druek im ven6sen Blute k6ker ~ls im arteriellen Blute, wgkrend der Odemaus- schwemmu~j niedriger.

4. Die yon mir friiher beschriebenen grogen Schwalzkungen des kolloidosmotisehelt Druekes im ven6sen Blute, w~hrend der Aussehwem- mung k~rdialer 0deme wurden wieder gefunden. Der {'olloidos~notische Druelc im arteriellen Blute machto~ diese grorien Schwanb~ngen entweder gar nicht oder nur in geringem Marie mit. Die Sent:ungen des kolloidos~,~m- tischen Druckes im ven6sen Blute bei Odemausschwemmung werden dutch den grorien momentanen Einstrom von Odemwasser ins Blut e~kliirt.

5. Die Bedeutung des kolloidosmotisehen Druekes ffir die Odem- entstehung wird er6rtert.

6. Um die Wasserverschiebungen zwischen Blvt und Gewebe zu studieren, ist die gleichzeitige Bestimmung des t'olloidos~r~otischen Druckes im venSsen und arteriellen Blut die Methodilc der Wahl.