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Studien fiber die Natur der Adsorptionsvorg .nge. Von A. Fodor. 1. Mitteilung. Uber den Zusammenhang zwisehen Hydratisierung und Adsorbierbarkeit bei Farbstoffsolen und ferner fiber die Adsorbierbarkeit von Solen durch Tierkohle in Gegenwart yon Elektrolyten. Nach Versuchen von R. Schoenfeld. (Aus dem Physiologischen Institut der Universit~it Halle a. S.) (Igingegango~a 13. IY[ilrz 192:~.) I)ie ,,Adsorption" ist eine Erscheinung, deren allgemeine Bedeu- tung ftir die Dispersoidchemie sich schon daraus'ergibt, dab sie den meisten typischen kolloiden VorgS.ngen, seien diese _&nderungen des l)ispersitS.tsgrades (einschlieBlich der Koagulation), der 0uellbarkeit oder der Hydratation bzw. Solvatation t~sw. zugrunde liegl~. Gerade dieser universelle Charakter des Adsorptionsbegriffes 15.Bt es durchaus als unwahrscheinlich erscheinen, dab das Wesen der Adsorption 0befall und in jedem Falle das gleiche sei. 'ILs wird in dem Folgenden der Ver- such gemaeht, einerseits die multiple Natur der Adsorptionsprozesse in theoretischer I-Iinsicht darzutun, und anderseits auf den groflen Ein- flul3 des Hydratationszustandes auf diese Vorgange hinzuweisen. I. Die Adsorptionsvorg',tnge im einzelnen. Verschiedenartigkeit ihrer Natur. Es wurde bereits des 6fteren und yon mehreren Seiten hervor- gehoben, daB die mechanische Form der Adsorption, wiesicden Bereehnungen yon Gi b bs zugrunde liegt, nicht hinreicht, um der ganzen Fiille der Adsorptionsphanomene gerecht zu werden. Danaeh sollten - nur lene Stoffe in die Grenzfl~tche, die beispielsweise Wasser und ein festes Adsorbens (wie Kohle) miteinand6r bilden, dringen, die die Ober- flS_chenspannung in dieser Grenzfl~iche herabzudriicken befS.higt sind.

Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

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Page 1: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

Studien fiber die Natur der Adsorptionsvorg .nge.

Von A. F o d o r .

1. Mit te i lung .

Uber den Zusammenhang zwisehen Hydratisierung und Adsorbierbarkeit bei Farbstoffsolen und ferner fiber die Adsorbierbarkeit von Solen durch Tierkohle in Gegenwart

yon Elektrolyten. Nach Versuchen von R. S c h o e n f e l d .

(Aus dem Physiologischen Institut der Universit~it Halle a. S.) (Igingegango~a 13. IY[ilrz 192:~.)

I)ie ,,Adsorption" ist eine Erscheinung, deren allgemeine Bedeu- tung ftir die Dispersoidchemie sich schon daraus 'ergibt , dab sie den meisten typischen kolloiden VorgS.ngen, seien diese _&nderungen des l)ispersitS.tsgrades (einschlieBlich der Koagulation), der 0uellbarkeit oder der Hydrata t ion bzw. Solvatation t~sw. zugrunde liegl~. Gerade dieser universelle Charakter des Adsorptionsbegriffes 15.Bt es durchaus als unwahrscheinlich erscheinen, dab das Wesen der Adsorption 0befall und in jedem Falle das gleiche sei. 'ILs wird in dem Folgenden der Ver- such gemaeht, einerseits die multiple Natur der Adsorptionsprozesse in theoretischer I-Iinsicht darzutun, und anderseits auf den groflen Ein- flul3 des Hydratationszustandes auf diese Vorgange hinzuweisen.

I. D i e A d s o r p t i o n s v o r g ' , t n g e im e i n z e l n e n . V e r s c h i e d e n a r t i g k e i t ihrer Natur .

Es wurde bereits des 6fteren und yon mehreren Seiten hervor- gehoben, daB die m e c h a n i s c h e F o r m der A d s o r p t i o n , wies icden Bereehnungen yon Gi b bs zugrunde liegt, nicht hinreicht, um der ganzen Fiille der Adsorptionsphanomene gerecht zu werden. Danaeh sollten

-

nur lene Stoffe in die Grenzfl~tche, die beispielsweise Wasser und ein festes Adsorbens (wie Kohle) miteinand6r bilden, dringen, die die Ober- flS_chenspannung in dieser Grenzfl~iche herabzudriicken befS.higt sind.

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~ 8 NOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND X V l l l , HEFT i1--8

Nun ist man aber gar nicht in der Lage, dicse Oberflachenspannung zu messen und ist Sornit darauf angewiesen, jene zwischen der LSsung und der an diese grenzenden Luft als MaJ3stab zu nehmen, die Ober- flS.chenaktivit~tt eines Adsorptivs also auf diese Grenzfl~tehe zu be- ziehen. Verf~ihrt man in diesem Sinne, so findet man jedoch, dab z. B. (lurch Kohle zahlreiehe Stoffe lebhaft adsorbiert werden, die die Grenz- spannung Wasser--Gasschicht so gut wie unbertihrt lassen, wie z. B. Kohlehydrate, Aminos~iuren, Farbstoffe, Alkaloide, anorganische Stoffe usw. Entweder verm0gen also diese oberfl~tcheninaktiven Stoffe (lie Oberfl~ichenspannung Kohlc--Wasser, die sich, wie gesagt, der direkten Messung entzieht, dennoch zu erniedrigen (sie w~iren in diesem Falle nur teilweise oberflS.cheninaktiv, d. h. nur an der Grenze Fltissig--Gas, nicht aber Fest--FltJssig), oder aber das Theorem von G i b b s ist nicht allgemein genug, um alle Adsorptionsm6gliehkeiten zu umfassen.

Wir stehen hier auf einem noch strittigen Punkt des Adsorptions- problems, welcher der Kl~trung sehr bedarf, zu deren Verwirkliehung aber das bis heute vorliegende Tatsachenmaterial noch nicht ausreieht. So viel steht fest: neben der rein-mechanisehen Form der Adsorption cxistiert eine c h e m i s c h e Adsorption, d. h. ein Eindringcn von Stoffen in OberfI~ichen, woselbst sie d u r c h Kr~if te f e s t g e h a l t e n w e r d e n , d ie in q u a l i t a t i v e r B e z i e h u n g v o n den e h e m i s c h e n A f f i n i - t ~ t e n n i c h t u n t e r s e h i e d l i c h s ind. Betreffs der I n t e n s i t ~ i t jener ,,Adsorptionsaffinitfiten", wie wir diese KrS.fte nennen wollen, bestehen dagegen bedeutende Abweichungen yon den gew6hnlichen ehemisehen Affinit~tten.

Charakteristisch ist ftirs erste die Adsorption von in Wasser ge- 16sten o r g a n i s c h e n S t o f f e n , wie der FettsS.uren, Urethane usw. durch Blutkohle, namentlieh bei der Verfolgung h o m o l o g e r R e i h e n . Itier lligt sich eine von J. T r a u b e (1891) gefundene Regel recht gut anwenden, wonach die Adsorption beim Ansteigen ill der homologen Reihe regclm~tBig zunimmt. Diese Erscheinung kann man mit dem Be- fund des gleichen Forschers erkl~iren, dab die O b e r f l / i e h e n a k t i v i t S t organischer Stoffe beimAnsteigen in homologen Reihen stark und regel- m~iflig erh6ht wird. Da diese an der Grenzfliiche L6sung--Luf t ge- messen wurde, mfit3te also die Oberfliichenaktivit~tt hier mit jener an der Grenzfl~iche L~sung--Kohle parallel gehen, was jedoch nieht be- weisbar ist.

Zun~ichst bedarf aber die Auffassung, dab sich die OberflS.ehen- aktivit~t eines Stoffes an der Grenzfl~tehe L6sung--Luf t (bzw. Dampf- raum) eine ebensolche Aktivit~it an der Grenzfl~iche L6sung--Adsor-

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FODOR, STUDIEN UBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG~NOE ~

bens unbedingt nach sich zieht, einer kritischen 121berprtifung. Man kann beide Grenzfl~ichen mite!nander gar nicht identifizieren. An der Grenzfliiche elner Fltissigkeit mit dem Gasraum sind es die KohS.siv2 krS.fte der ersteren, die durch den oberfl~ichenaktiven Stoff geloekert werden, der Vorgang, weleh6r der Erniedrigung der Oberfl~chenspan- nung eigentlich zugrunde liegt, -und auf den sich der zweite Satz der mechanischen W~trmetheorie restlos anwenden l~it3t (daher also das Gesetz yon Gibbs) .

Ob 5.hnliche Koh~isivkrS.fte an der Grenzfl~che Fliissig--Fest wirk- sam sind, hiingt zun~ichst einmal mit der Erscheinung der Benetzbar- keit eng zusammen. Ist ein Stof;[ dureh Wasser nieht benetzbar, so m6gen auch hier starke Koh~tsivkr~ifte t~itig sein, die ihrerseits eine starke Oberfl~iehenspannung erm6glichen, die durch mechanische Adsorption herabgesetzt werden kann. Wo jedoch die Fltissigkeit benetzend auf die Oberfl~iche der festen dispergierten Teilchen wirkt, treten neue Erscheinungen ins Leben. Vor allem wird die Fliissigkeit die Partikel- chen mit einer Ftiissigkeitshaut umgeben, die um so fester adh~iriert, je feiner die Oberfl~tchenentfaltung, ferner je st~irker aueh die An- ziehung zwischen Fltissigkeit und Partikelchen ist, eine Wirkung, die mit der S o l v a t a t i o n disperser Teilehen identisch ist, und deren Ur- sprung an diesem rohen Ph~tnomen der Benetzung ad oculos geftihrt werden kann. Die B e n e t z u n g s t e l l t die g r 6 b s t e F o r m der S o l v a t a t i o n dar .

DaB die Solvatation an sich kein indifferenter ,,meehanischer" Vorgang sein kann, geht sehon daraus hervor, dab z. B. die meisten Stoffe, die in Wasser suspendierbar oder emulgierbar sind, sich durch Hydratat ion gegen das Wasser negativ beladen und zur Anode wandern. Dieser Umstand, der sich ganz allgemein kundgibt und auf die Bildung fester Wasserh~tute um die dispergierten Teilchen zurtickftihrbar ist, spricht daftir, daft es hXufig offenbar sehon durch die t tydrata t ion allein zu einer Spaltung des Wassermolektils kommt, und dab yon beiden Ionen des Wassers das OH-Ion auf die meisten Stoffe aufladend wirkt.

Es folgt somit, dab an der Grenzfl~iche Flt issig--Fest bei hin- reichend intensiver Oberfl~ichenbertihrung entspreehend fest adh~irie- rende Fltissigkeitsschichten bestehen, wobei diese unter Umstiinden, je nach der Beschaffenheit des dispersen Stoffes, chemisch nicht mehr indifferent bleiben und den Ausgangspunkt weiterer dynamiseher Prozesse bilden. Zu diesen aber dtirfen wir eine Reihe von Adsorptions- vorg~ingen zlthlen.

Wiihrend also an der GrenzfKiehe Fliissig--Gasf6rmig eine erfolgte

6*

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8 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND X V I i l , HEFT 3~8

Adsorption die dort herrschenden Ko h ~ s i v k r 5.f t e zwischen den Flfissig- keitsteilchen herabsetzt, vermag ein ~thnlicher Vorgang an der Grenze Flfissig--Fest die A d h ~ s i o n s k r ~ f t e zwischen den Teilchen der Fltissig-

keit und des festen K6rpers zu vermindern (d. h. also die Koh~sivkrMt~e

zwischen zwei heterogenen Molek01arten). Es kann somit for diesen Vorgang ein dem Gib b sschen entsprechendes Gesetz in Frage kommen, wonach an der Grenze Flfissig--Fest (eventuell auch Fl0ssig--Flfissig, z. B. Emulsionen, fiir die das hier Entwickelte auch gelten mag) jene

Stoffe adsorbiert werden, (tie die AdMisionskr~tfte an dieser Grenzfl~che herabzusetzen imstande sind. Es w~tre also bier mit einer O b e r f l ~ c h e n -

aktivi tS~t z w e i t e r Ar t zu rechnen, die sich gleichfalls in einem yon selbst verlaufenden Vorgange manifestieren dfirfte, ffir den sodann

auch der zweite Hauptsatz anwendbar w~ire. In p r a k t i s c h e r H i n s i c h t a b e r k~ime ein V o r g a n g d i e se r

Ar t d a r a u f h i n a u s , dab s ich das A d s o r p t i v in die S o l v a t a -

t i o n s s c h i c h t der G r e n z f l ~ c h e mi t e ine r g e g e n f i b e r der L6-

s u n g v e r s c h i e d e n e n LiSs l ichke i t b e g i b t , und dies b i l d e t d e n n a u c h die e r s t e T e i l p h a s e des A d s o r p t i o n s p r o z e s s e s , die z u m e i s t mi t sehr grof le r G e s c h w i n d i g k e i t verl/~uft . Ihr

k6nnen sodann unter Umst~nden weitere Phasen folgen, und zwar . einerseits infolge yon Reaktionen in dieser adsorbierten L6sungsphase

mehrfacher Art, oder aber es k6nnen sich chemische Beziehungen zwi-

schen dem Adsorptiv und dem Adsorbens geltend machen, zu denen unter anderem auch die l~ngst bekannten F ix ie rungsprozesse von

adsorbierten Farbstoffen usw. geh6ren. Wohl zu untcrscheiden sind diese Adsorptionsvorglinge yon jenen, bei denen chemische Beziehungen

zwischen Adsorptiv und Adsorbens das primAre und unmittelbare Mo- ment darstellen, und wo chemische Affinit~tten nach Maflgabe der ver-

ffigbaren Oberfl~iche vom Adsorbens ausgehen. Wir wollen zun/ichst yon den Adsorptionen sprechen, die in einer

prim~iren L6sung in der Grenzsolvatationsschicht ihren Ursprung haben,

far die wir die Bezeichnung L y o s o r p t i o n anwehden werden. Nach-

her wenden wir uns den C h e m o s o r p t i o n e n zu.

II. I~ber Lyosorptionen. Aus dem Angeffihrten geht hervor, daft sich diese Art der Adsorp-

tion, die wohl zu den h~iufigsten geh6rt, danrl ergeben wird, wenn die Oberfl/ichenaktivit/it zweiter Art des Adsorptivs zur Geltung ge- langt, wenn also die,, Koh~sivkraft" zwischen den Teilchen des Adsorbens

und der Fl0ssigkeitsschicht durch Aufl6sung des Adsorptivs gelockert

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FODOR, STUDIEN ILIBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORGANGE ~ l

wird. DaB auf diesen Prozet3 der Lockerung nicht allein die Natur des Adsorptivs, sondern auch jene des Adsorbens als auch des 1,6sungs- mittels v o n Ausschlag sein mtissen, ist selbstverst~tndlich. Trotzdem zeigt sich in Wirklichkeit eine weitgehende Verwandtschaft zwischen den Adsofptionsvorg~ingen, denen ein bestimmter Stoff als Adsorptiv gegentiber verschiedenen Adsorbenzien unterliegt, dermagen, dab l t. F r e u n d l i c h die Regel aufzustellen geneigt war, nach der die Reihen- folge der AdsorptionsintensitS.ten verschiedener Stoffe von der Natur der Adsorbenzien wenig abh~ingig ist. Dagegen vertreten L. M i c h a e l i s und P. R o n a die Meinung, dab die stoffliche Natur der Phasengrenz- fl~iche yon Belang ffir den Betrag der Adsorption ist. 1) Die Tatsache abet, dab einc gewisse UnabhS.ngigkeit in der Reihenfolge der Adsorption,s- betr~ige nachweisbar ist, bekriiftigt uns nur in der Auffassung yon der lyosorptivcn Natur der durch Adsorbenzien wie Kohle, Talkum, Schwe- fel, Zellulose, Glaspulver usw. herbeigeftihrten Adsorptionen. Nicht zu vergessen ist die letzthin ausgesprochene Ansicht von Wo. Os t - w a l d und de I z a g u i r r e 2 ) , wonach Adsorptionen ,,von L6sungen" crfolgen, eine Erkenntnis, die durchaus mit unseren hier ausgesproche- hen Behauptungen in Einklang zu bringen ist, nur dab wit dem Zustand der adsorbierten L6sung einen besonderen Charakter zuschreiben, den sic zufolge jenen Ph~nomenen erwirbt, die mit der Eigenart dieser Oberfl~chenkonzentrationen zusammenh~ingen, yon welcher unten die Rede sein soll.

In die Kategorie der Lyosorptionen geh6ren alle jene Fiille, in welchen organische Stoffe durch Kohle adsorbiert wurden und ftir \velche die Gleichung der Adsorptionsisotherme gilt. a) Es wurde ferner nachzuweisen versucht, dab dieser letzteren ein wahrer Sinn nur in dern Falle zugesprochen werden kann, wenn wir in der Tat die Ent- stehung einer L6sung des Adsorptivs an der Grenzfl~iche annehmen, die sich mit der L6sung augerhalb der Grenzfl~che, mit der freien Lg- sung also, in Gleiehgewichtsbeziehung setzt. 4) Bekanntlieh lautet die Adsorptionsisotherme: 1

(c o - x ) ~---k'x oder x = k ( e 0 . x ) , ".

l)er Zustand der Menge x, welche Gr6t3e mit (% - - x ) im Gleichgewichte steht, ist uns unbekannt; soviel wir aber positiv wissen ld)nnen, ist

~) Miehael is und Rona, Biochem. Zeitschr. 109., 9.74 (19:?.0). ~) Koll.-Zeitschr. 30, 9.79 (190.9.). ~) H. Freundl ich , Kapillarchemie, Leipzig 1922. 4) A. Fodor und B. Schoenfe ld . Koll.-Zeitschr. 31, 75 (19~2).

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die Tatsache, daft x keinesfalls eine V o l u m e n k o n z e n t r a t i o n im gewohnten Silme, wie (c o - -x) , darstellt, sondern eine , ,Oberf l~tehen-

k o n z e n t r a t i o n " , ftir die wir noch kein anderes MaB besitzen, als eben dieses In-Beziehung-Setzen mit einer Volumenkonzentration ( % - - x ) . x ist lediglich eine verschwundene Volumenkonzentration.

Dadureh aber, dab x keine Volumkonzentf'ation im gew6hnlichen

Sinne mehr bedeutet, sondern zu e inem Tei l der Oberf l~iehe

bzw. der O b e r f l ~ t e h e n s o l v a t s e h i e h t g e w o r d e n ist , bzw. der um die Oberfl~tche befindliehen Flfissigkeitssehicht, tritt x gegenaber ( % - - x ) inder n-fachen Potenzauf. n is t a lso j e n c Zahl , die an-

g ib t , mi t w e l c h e m W e r t man x zu p o t e n z i e r e n h a t , um eine O b e r f l ~ i e h e n k o n z e n t r a t i o n mi t V o l u m k o n z e n t r a t i o n pa r i -

t ~ t i s c h zu maehen . Es wurde frfiher gezeigtl), dab n u n t e r UmstS~nden, d. h. in sehr

verdfinnten L6sungen bei extrem grol3en Adsorbensmengen, den Weft == 1 annehmen kann. Mit anderen Worten: es ist dieser Umwertungs-

exponent von Volum- auf Oberfl~iehenkonzentration in diesem Falle der Einheit gleich, da bei grot3em .Ubersehufi an freier OberfI~iehe die

Oberfl~iehenkonzentration mit der Volumkonzentration a priori pari- tS.tisch wird.

Die Potenzierung von x durch n bedeutet aber aueh, dab ein Stoff in OberflS.chenkonzentration gegentiber der Volumkonzentration in n-facher Konzentration, also n-mal dispergiert erscheint -- eine vir- tuelle Konzentrationssteigerung, deren Begriff notwendig ftir uns ist,

um die OberflS.chenkonzentration, in der wir zu denken n i c h t gewohnt sind, mit Volumkonzentration, in der wir denken, auf einen Nenner zu bringen, nStmlich auf den Nenner des Massenwirkungsgesetzes. x b e s i t z t in der O b e r f l S . e h e n s c h i e h t die n - f a e h e Masse von

d e r j e n i g e n , die die g l e i che G e w i c h t s m e n g e in der 1 .6sung besS.t3e.

Diese Auffassung setzt uns nunmehr in die Lage, eine groBe An- zahl von Vorg~ngen zu begreifen, die mit der Erh6hung der Re- aktionsf~higkeit in katalytiseh wirksamen adsorbierenden OberfI~tehen zusammenh/ingen, da die Massenwirkung der Stoffe, die in Ober-

fI~iehen anhaftenden Fl~issigkeitsschiehten gcl6st sind, gegen~ber ihrer Massenwirkung in gew6hnlieher L6sung unter Umst~tnden wesentlich

erh6ht ist. Sind daher etwa zwei Stoffe, die in einer gemeinsamen Grenzschicht gel6st sind, bef~ihigt aufeinander einzuwirken, so geschieht dies unter einer Erh6hung der R.eaktionsgeschwindigkeit, die man in

~) Abderha lden und Fodor , Koll.-Zeitsehr. 27, 49 (1920).

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FODOR, STUDIEN LJBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORGANLIE 8~

ihren verdtinnten L~3sungen vermissen wiirde. Diese Tatsache bedingt abet zum Teil das Wesen katalytiseh wirkender OberfI{ichen, fiir deren Existenz in einem gegebenen Falle selbstverst~tndlich die gemeinsamc Adsorbierbarkeit der reagierenden Stoffe in einer Grenzsehicht die Vor- bedingung darstellt. Man bedenke sodann, daB, wenn ftir bride reagie-

1 1 r e n d e Ingredienzien die Adsorptionsisotherme als Exponenten - -

n 2 besitzt, n also blo13 den Wert 2 annimmt, die Reaktionsgesehwindig- keit s tart der 2ten Potenz der 4ten Potenz proportional sein mug,

und dab die letztere Zahl bei 1-Wertenn von 1, die noch recht h~iufig

sind, 25 betragen wird! Man kann somit die katalytisehe beschleuni- gende Wirkung der Obtrfl~ichen kolloider Natur, sowie jene der kolloiden Fermente von diesem Gesichtswinkel aus gesehen verstehen.

III. D i e A d s o r p t i o n d u r c h K o h l e .

Obgleich die meisten der oben dargetanen GesetzmS.13igkeiten bereits an Tier- oder Blutkohle gemacht worden sind, wollen wir hier das Wesen der Kohlenadsorption einer besonderen Betrachtung unterwerfen, und zwar aus dem Grunde, well unserer Ansicht naeh K o h l e im a l l g e m e i n e n t i n l y o s o r p t i v t s M i t t e l d a r s t e l t t und als solches yon jenen Stoffen unterschieden werden muB, die eine chemoadsorptive Wirkung entfalten, yon weleher spS.ter die Rede sein wird.

I , a e h s und M i c h a e l i s l ) versuchten vor mehreren Jahren eine Unterscheidung zu treffen zwischen der Adsorption yon elektriseh ge- ladentn Stoffen - - also Ionen - - und jener yon molekular gel6sten K6rpern. I-Iinzuzuftigen ist, dab bereits Wo. O s t w a l d 2) auf die Unter- schiedliehkeit beider Adsorptionsarten hinwies. R o n a und M i c h a e l i s 3) jedoch haben in der Erkenntnis der fr~heren unzuI~inglichen Methodik yon L a t h s und M i c h a e l i s diese Zweiteilung wieder aufgegeben und gelangen zum Ergebnis, dab sowohl Salze, wie Chloride, Rhodanide, Sulfate der Alkali-, Erdalkali- und Erdmetalle, als auch Salze der organi- sehen Farbstoffe basischer und saurer Natur yon der Kohle in der Weise adsorbiert werden, dab Anion und Kation in ~ i q u i v a l e n t e n V t r - h g l t n i s s e n in die Obeifl~iche dringen (in der Arbeit von L a c h s und M i c h a e l i s glaubten diese Autoren gefunden zu haben, dab eines der beiden Ionen eines Salzes bevorzugt werden kann).

l) Lachs und L. Michae l i s , Koll.-Zeitschr. 9, 275 (1911). ~) Wo. Ostwald , Grundr. d. Kolloidchemie, Dresden 1909, S. 4~3. 8) Rona und Miehae l i s , Biochem. Zeitschr.~4, 242 (1919).

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8 4 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE, BAND X V l l l , HEFT 3--8

Aullerdem fanden die gleichen Forschcrl), dab die Kohle fI- und OH-Ionen gleich stark adsorbiert, d. h. dab die Grenzwerte ihrer Ad- sorptionen einander gleieh sind. An sich werden zwar Laugen bedeutcnd schw/icher adsorbiert als S~iurcn, aIlein man kann dureh Hinzuftigung von Salzen, wie Kaliumchlorid, Kaliumsulfat, Kadmiumsulfat t, sw. in hinl~inglich grot3er Konzentra'tion die Adsorption yon Salzs~iure, Schwefels~iure und Salpeters~ure und Natronlauge (in etwa 0,1-nor- malen L6sungen angewandt) erh6hen. Die Grenzwerte, die man bei beiden crreicht, betrugen bei dcr S~iure sowohl als auch bei der Lauge fiir 1 cem L6sung mit cinem Gehalt yon 0,0055 Millimolen I~ bzw. O-Tt im Gleiehgewichtszustandc mit 1 g Kohle 0,0045 Millimole ~t und O-TI.

Somit macht die Kohle kcinen Unterschicd zwischen clektrisch ver- schiedcn geladenen Ionen, tin Umstand, der freilich bereits frfiher aus den Befunden yon A b d e r h a l d e n und F o d o r 2) bekannt war, nach wclchen die Adsorption yon Leuzin dureh Kohle die glcichen Be- tr~igeerrcieht, ob die ( a m p h o t c r e ) A m i n o s ~ t u r e als A n i o n o d e r als K a t i o n in L 6 s u n g v o r l i c g t .

R o n a und M i c h a e l i s bezeichnen die yon dcr Kohle ausgcfibt:c adsorbierendc \Virkung als . . . . ' ,,Aqu valentadsorptlon . Z]Diese Bezeich- hung ist so lange zul/inglieh, his man damit die Tatsachc festzulegen beabsichtigt, dab die Adsorption yon Anion und Kation tines Salzes im gleichen Malle erfolgt und keine Reaktionen auftretcn, die eine solehe symmetrisehe Adsorption vereiteln wfirden. Sic ist abcr in dem Augenbliek zurfiekzuweisen, we diese Autoren nlit der Be- zeiehnung ,,Aquivalentadsorption" im Gegensatz zu andcren, cbenfalls yon ihnen cingeftihrten und ebenso kritisch hinzunchmcnden Bezeieh- nungsartcn Einteilungsprinzipiel~ der Adsorptionsprozesse zu treffen beabsichtigen. In dicsem FaIlc w/irden wir n~imlich so verfahren, wie wenn wir in der reinen Chemic die chemisehen Reaktionen nach Disso- ziationen, Austauschen, hydrolytischen Spaltungcn, Substitutionen usw. einteilten, Unterscheidungen, die wohl zu Recht bestehcn dfirfen, allein keineswegs das Wesen chemischer Prozesse ausmaehcn und h6eh- stens dem memorierenden Ged~iehtnis gute Dienstc leisten. \Vir kommen auf diesen Punkt noeh zurfiek, wollen nut noch erw~ihnen, dab es als bemerkcnswert bezeiehnet werden kann, wie kritiklos zum Teil diese Systematisierung der Adsorptionserseheinungen dutch die 1;achgenossen aufgenommen und nachgeschrieben wcrden.

~) Rona und Michael i s , Biochem. Zeitschr. 97, 93 (1919). 2) A b d e r h a l d e n und Fodor , Fermentforschung ~, 82 (1919) (das be-

treffende Heft erschien bereits im Jahre 1917).

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FODOR, STUDIEN CBER DIE NATUR DI~R ADSORPTIONSVORG,~NGE ~ 5

Auch die Erklarungsweise, wonach die und OH-Ionen an sich in gleichem MaBe adsorbiert werden, ist nieht recht verstS.ndlich, da

doch die beiden Autoren selbst unterstreichen, dab die Kohle das Anion

und Kation eines Elektrolyten in ~iquivalenten Mengen adsorbierl. Also handelt es sich vielmehr darum, dab die Grenzwerte der Adsorp- tion for starke S~iuren und Laugen in /iquivalenten L6sungen und in

Gegenwart yon Neutralsalzen, die die Lyophilie der ersteren in der L6-

sung herabsetzen, (tie gleichen sind, oder in unserer Spraehe, dab die

L y o s o r p t i o n b e i d e r n a h e z u f i b e r e i n s t i m m t (genau sind die ()bereinstimmungen fiberhaupt nicht zu nennen, insbesondere gibt (tie

Schwefels~ure niedrigere Werte als (tie einwertigen S~iuren [0,0042]), eine Tatsache, die an sich unschwer verst~tndlich ist, handelt es sich doch um Stoffe yon recht ~ihnlicher physikalisch-chemischer Eigenart.

Noch verlockender ist die Annahme einer Adsorption naeh st6chio- metrischen Prinzipien im Versuch yon A b d e r h a l d e n und Fodora) ,

w o e s sich um die Adsorption yon Gemischen der Aminos/iuren mit Polypeptiden handelt. Die Ergebnisse bestehen, in Worte gefat]t, darin, daf3 die h6heren Polypeptidketten yon den Aminos/iuren bzw. den

weniger hohen Ketten zur Kohle gedr~ingt werden, w~thrend diese letzte- ren in Gesellschaft der h6heren ])erivate in viel geringerem Mat3e zur

Adsorption g, elangen, ja sogar giinzlieh verdrS.ngt werden. Das Ver-

Amino-N verschiebt sich stets zugunsten einer Adsorption der h 5_lt his G-esamt -]Xl

h6heren Kette, aIlein die Aquivalenz der Summe der aus dem Gemisch

adsorbierten Bestandteile betr/~gt genau so vicl, wie (lie aus den Einzel- adsorpti0nen dutch Addition erhaltene Summe bei gleichbleibenden Verdfinnungen. Dies zeigen die gefundenen und berechneten Amino-

stickstoffwerte, nach S 6 r e n s e n s Formolmethode gewonnen. Dieses Resultat spricht, wie gesagt, beinahe ffir eine st6chiometri-

sehe Adsorption, und man k6nnte zur Annahme gelangen, daft eine der

reaktiven Gruppen, die Karboxyl- oder die Aminogruppe, sich an der Kohle chemisch verankert, wobei es gleichgfiltig bleibt, zu welchem

St0ff im besonderen die betreffende Gruppe geh6rig ist. Es kommt lediglich auf ihre Gesamtleistung an, die im isolierten bzw. im gemiseh- ten Zustande gleieh bleibt. In der Tat wurde diese Ansicht seinerzeit

yon den beiden Autoren geteilt, doch m6ehte ic]l heute davon abweichend (lie Ansieht vertretel b daft nieht so viel eine chemische Beziehung zwi- schen der Kohle und den Aminok6rpern den besproehenen Effekt

~) A b d e r h a l d e n und F o d o r , Fermentforschung loc. cit.; Koll.-Zeitschr. loc. cit.

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hervorbringt, als eher der Umstand, dab hier wiederum die L6slich- keiten verwandter Stoffe in der Grenzschicht im Spiele sind. Dabei ist freilich die M6glichkeit vorhanden, dab eine der beiden reaktiven Gruppen tatsS.chlich insofern eine bestimmende Stellung einnimmt, als die Lyophilie in der Grenzfltissigkeitsmembran, auf die es ja im wesent- lichen ankommt, yon diesen reaktiven Gruppen best immt wird. So ersehen wir aus der gleichen Abhandhmg yon A b d e r h a l d e n und Fo- dor , daft das Glykokoll nur in verschwindendem MaBe von den meisten Tierkohlensorten adsorbiert wird, was offenbar mit der auch anderweitig notwendig gewordenen Annahme einer inneren Anhydrisierung dieser Aminosliure zusammenh~ingt. Wir sind ja weir entfernt von der ver- alteten Anschauung, dab die L6sung lcdiglich auf einer Vermengung der gel6sten Substanz mit dem L6sungsmittcl beruht, und vertreten die Annahme einer Solvatation, in welchem Falle jedoch die strukturelle, molekulare oder atomare Zusammensetzung von ausschlaggebendem Belang ftir jedwede Art von L6slichkeit ist. Kein Wundcr also, wenn sich das gtinstigste Marl ftir die Adsorption in gleicher Weise einstellt, ob wir die Adsorptive isoliert oder gemischt verabreichen. Das gtinstigste MaB aber ist offenbar jenes, das nach unserer ursprtinglichenAnnahme die Kohiisivkriifte in der Grenzschicht am weitgehendsten vcrmindert (s. oben S. 3) und bei welehem Vorgange den reaktiver~ Gruppen im Molektil der Aminos~.uren und Polypeptide eine bedeutende Rolle zu- kommt.

IV. Andere Adsorbenz ien . Fragen wir uns, wie es denn nach unserer soeben entwickelten An-

schauung fiber d as Wesen der Lyosorptionen noch m6glieh sein kann, dab die chemische Natur des Adsorbens bei diesen Vorg~ngen in die Wage fS.11t und nicht vielmehr durchgehend die yon H. F r e u n d l i c h seinerzeit aufgestellte Regel yon der weitgehenden Unabh~ingigkeit der versehiedenen Stoffe v o n d e r Natur des Adsorbens Gtiltigkeit besitzt ? So haben M i c h a e l i s und R o n a 1) feststellen kgnnen, dab far die Ad- sorptive Azeton, Tributyrin, Iteptylalkohol, normaler und sekundiirer Oktylalkohol in wS.sserigen L6sungen K o h l e weitaus das beste Adsor- hens darstellt, wlihrend T a l k u m ihr erst im weiten Abstande folgt, Ierner S c h w e f e l an der letzten Stetle steht. Osmosil, Kieselgur adsor- bierten diese Stoffe so gut wie tiberhaupt nicht; Kieselsf.ure, amorphes Sitizium, Kaolin, Eisenhydroxydpulver bzw. -sot, kolloides Arsen, frischgeflilltes Mangansuperoxyd, Kalomel, Bariumsulfat, Kalzium- karbonat, basisches Wismutnitrat und Eisenphosphat gar nicht.

~) Michael is und Rona, Bioehem. Zeitschr. 10~, 268 (19~0).

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FODOR, STUDIEN OBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVOI~G,~NGE 8~7

Die Abh~ingigkeit des Bestehens bzw. Nichtbestehens einer Adsorp- tion yon der chemischen Natur des Adsorbens ist also ins Auge sprin- gend. Trotzdem m6chte ich mich der Ansicht, dab hier ,,Affinit~iten"

zwisehen Adsorbens und Adsorptiv r e s t l o s bestimmend sind, nicht an- schlieflen. Gewifl werden auch solehe Affinit~iten existieren, sie werden

sogar in vielen F531en bis zum Ubergewichte hervortreten k6nnen (wo wir dann bei der ausgesprochenen Chemosorption angelangt sind); bci der hier als Lyosorption bezeichneten Form jedoch bedarf es gar nicht

des Vorwaltens yon dergleichen chemischen KrS.ften, da wir im wesent- lichen mit der Herabsetzung der Adh~isivkraft zwisehen Adsorbens

und der t-Iydratationssehicht (als Analogon der Verminderung der Ober- fl~ichenspannung durch oberfl~ichenaktive Stoffe) auszukommen in der

Lage sind. Die groflen Untersehiedlichkeiten in der Adsorbierbarkeit dcr gleichen Stoffe durch verschiedene Adsorbenzien k6nnen wir haupt- slichlich auf die Unf/ihigkeit der ersteren zurfickftihren, diese Adh~isivkraft im gegebenen Falle partiell oder total aufzuheben. (Freilich, es braucht gar nicht immer so welt zu kommen; bewirkt eine L6sung des Adsorp-

tivs an sich eine Dehydratation [Desolvatation] des Adsorbens, so be- darf es gar nicht des Eindringens in die fltissige Grenzhaut, die in diesem Falle iiberhaupt v611ig fehlen kann. Ferner ist die M6glichkeit auch

�9 nicht auger acht zu lassen , dab einzelne suspendierte Pulver gar keine Grenzh~iute bilden, d.h. sich nicht solvatisieren.) Wir wissen durch Berechnungen yon Wo. O s t w a l d und de I zagu i r r e l ) , dag sich ge-

rade das Omniadsorbens Tierkohle sehr gut hydratisiert, eine Beobach- tung, die jeder best~itigen kann, der mit T i e r k o h l e Adsorptionsver- suche ausgeffihrt hat. Trotz Auspressens gewinnt man niemals die gleiche Wassermenge wieder, sobald man auf 10 ecru Wasser etwa 1 g

Kohle verwendet. Es ist also anzunehmen, dab die Kohle ein typisch lyosorptives Mittel ist.

Diese Hinweise m~gen gentigen, um darzutun, dab wit sehr wohl

an eine physikalische Adsorption denken k6nnen, wiewohl eine Ober- fl~ichenaktivit~it der Adsorptive im gew6hnlichen Sinne auger Betracht kommt.

Desgleichen mtissen wir uns ein Bild vom feineren Mechanismus unserer ly0sorptiven Systeme machen, um alle Eventualit~iten zu fiber- schauen.

Wie wir bereits frfiher erw~thnten, stellt unsere Solvatationshfille eine AdhS.sionsmembran dar, bei deren Entstehung selbstverst~.ndlich Molekularkr~ifte zwisehen dem Adsorbens und dem Dispersions-

~) Wo. Ostwald und de Izaguirre, Koll.-Zeitschr. 31, 9.79 (1922).

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mittel Beteiligung finden, die als der Beginn chemischer Affinit~ten gelten dtirfen. Die Wassermolektile (Wasser ~--- Dispersionsmittel) werden also mit einer gewissen Anziehungskraft von der Fl~che des Adsorbens angezogen und festgehalten. Diese Anziehungskraft wird durch das Adsorptiv bei seinem Eindringen in die Hydrathtille partiell oder in vielen F~llen auch total aufgehoben, was aber nur in'der Weise erfolgen kann, dab das Adsorptiv die Mo!ektile des Wassers selbst in Anspruch nimmt, d. h. anzieht und festh~lt, zu welchem Zweck es mit entsprechenden lyophilen Gruppen ausgestattet sein muff. Denken wir nunmehr an die bekannten F~lle, die ergaben, dab Zus~tze, die auf das Adsorptiv stark hydratisierend einwirken, wie S~ure oder Lauge auf Proteine, die Adsorptionsf~higkeit herabsetzen, indes dehydrati- sierend wirkende Salze, wie Kalisulfat, die Adsorption von Aminos~uren stark f6rdern. 1) Es ist unschwer zur Ansicht zu gelangen, daft eine be- reits in der freien L6sung erfolgte starke Abs~ittigung der wasserbin- denden Affinit~ten des Adsorptivs die gleiche Wirkung in der etwaigen Oberf!~ichenmembran abschw~icht, w~ihrend umgekehrt Mangel an Ab- s~ittigung mit Wasser beim Bestehen eines diesbeztiglichen VermSgens eine Steigerung des letzteren in der Oberfl~ichenhaut nach sich zieht. Je gr6i3er dieses Unges~ttigtsein ist, urn so st~irker muff auch die Adsorp- tionstendenz hervortreten, vorausgesetzt, dab keine besonderen Wir- kungen der Zus~tze auf das Adsorbens gleichzeitig mit im Spiele sind, die ihrerseits wieder i n Dehydratisierungen bestehen k6nnen und den Mechanismus des Adsorptionsvorganges auflerordentlich kompliziert gestalten.

Wie gesagt wurde, diirfen wir einen Einflufl der chemischen Massen- anziehung bzw. -abstoflung zwischen dem Adsorptiv und dem Adsor- bens, die von ihrer stofflichen Natur bedingt sind, nicht etwa tibersehen, nut werden diese Kr~ifte nicht die Stellung einnehmen, die ihnen die Chemosorptionen, von welchen welter unten die Rede sein wird, zu- kommt. Aber auch hier wird man ~)bergangsformen zwischen Lyo- und Chemosorptionen antreffen, bei welchen die eine oder die andere Art mehr hervortritt . Start Massenanziehungen yon der Intensi t~ einer AdhXsion zwischen Adsorbens und Adsorptiv werden bei den Chemosorpti0nen ausgesprochene chemische Kr~.fte zwischen ihren Molektilen hervortreten, und der Adsorption des LSsungsmittels an sich wird hier lediglich eine sekundXre Rolle zufallen, w~ihrend gerade dieser Faktor bei der Lyosorption im Vordergrunde steht.

Endlich sei hier noch de r t o t a l e n H e r a b s e t z u n g der Adh~-

t) Abderha lden und A. Fodor , Koll.-Zeitschr. loc. cir.

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FODOR, STUDIEN IJBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVOIRG/~NGE 89

s i o n s w i r k u n g attf ein Minimum bzw. auf Null besondere Erwlihnung getan. Wie bereits besprochen wurde, bringt jede Lyosorption eine zum mindesten partielle Verminderung der Haftfestigkeit der Solvatations- haut um die OberflS.che des Adsorbens mit sich. Ob nun eine totale Verniehtung dieser AdhS.sionswirkung bei den bisher vornehmlich be- rticksichtigten grobdispersen Adsorbenzien im allgemeinen zu Recht bestehen kann und m6glich ist, ferner welche Folgeerscheinungen daran gekntipft sein diirften, entzieht sieh meistens unserer Kenntnis, da die Messung des Solvatationszustandes yon grobdispersen Stoffen oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. In einigen FS.11en jedoch 15.13t sich die Desolvatation dieser Gebilde durch die erh6hte Sedimentationsgeschwin- digkeit bzw. direkte Koagulation unmittelbar wahrnehmen. Dies ist z. B. beim T o n der Fall, wenn man seine Suspensionen mit Elektrolyten ver- setztl); die gleichen oder wenigstens ithnliche Gesiehtspunkte erkl~iren die Beobachtungen auf dem Gebiete der g r o b d i s p e r s e n P r o t e i n e usw.

Diese grobdispersen Adsorbenzien bilden nunmehr den l~bergang zu dengleichenVorg~ingenbeideneig~ntl ichen K o l l o i d e n m i t p o l y - d i s p e r s e m C h a r a k t e r , bei denen, die soeben er6rterten Anschauun- gen angewendet, man zur zwanglosen ErklS.rung zahlreieher Koagu- lationsvorgiinge gelangt. Mit dieser Frage werden wir uns aber in dieser Mitteilung nicht zu. beschS.ftigen haben.

R t i e k b l i c k . Wenn wir unsere bisherige Ausftihrung tiber das Wesen der L y o s o r p t i o n zusammenfassen, so dtirfen wir als Vorbe- dingung fiir diese Form der Adsorption bei grobdispersen Adsorbenzien, die in Wasser dispergiert sind, ferner bei molekulardispers gel6sten Adsorptiven folgende wesentliche Faktoren anftihren:

a) Das Adsorbens mut3 hydratisiert sein, und zwar in der Form, dab seiner Grenzfl~tche gegen das Dispersionsmittel eine Fltissigkeits- membran aus letzterem, durch mehr oder weniger intensive AdhAsion gebunden, unmittelbar anhaftet und unter Umstiinden diese Grenz- fl~iehe elektriseh aufladet. Wit werden weiter unten diese Gebilde als E n h y d r o n e n bezeiehnen.

b) Das Adsorptiv muB (tie Eigensehaft besitzen, diese Adh~isions- kraft zu vermindern und solcher Art dehydratisierend zu wirken. Wir haben es hier mit einer Oberfl~iehenaktivit~it zweiter Art zu tun, die bei den AdhS.sionskr~tften zwischen fremden Stoffen die analoge Stel- lung einnimmt, wie die Oberfl~chenaktivit~it bei Koh/~sivkrMten, deren eine Auswirkung die bekannte Oberfl~chenspannung darstellt.

t) Die demniichst zu publizierende Dissertatioi~sarbeit yon B. Sehoenfe ld hat dieses Problem beim Ton zum Gegenstande.

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c) Das molekulardispers gel6ste Adsorptiv mug m i t strukturellen Gruppen in seinem chemischen Molektil ausgestattet sein, die ihrerseits einen gewissen Grad der Lyophilie hervorbringen k6nnen. Seine De- solvatisierung f6rdert somit in zahlreichen F~illen die Lyosorption, seine Solvatisierung (be:de durch geeignete Zus~itze bewirkt) hemmt sie. Die Einwirkung der Zusgtze auf das Adsorbens muB dabei im Hinter- grunde bleiben.

d) Eine Beziehung zwischen Adsorptiv und Adsorbens spielt schon insofern eine bedeutende Rolle, als diese ni.cht in einer Abstogung be- stehen darf. Eine intensivere Massenanziehung wird die Lyosorption selbstredend unter Umstgnden f6rdern kSnnen, ein Fehle.n der ersteren wird sie jedoch nicht gS.nzlich zu verhindern brauchen. Auch kontinuier- liche 15berg~inge zur Chemosorption mtissen bestehen.

e) Be: der Lyosorption kann die Haftfestigkeit der adh~irierenden Hydratati0nsschicht nur unter der Voraussetzung vermindert bzw. vernichtet werden, dab keine festen chemischen Hydrate vorliegen, was allerdings be: grobdispersen Adsorbenzien selten der Fall sein wird. Im bejahenden Falle wird die Adsorption a priori mehr oder weniger verhindert.

f) Im iibrigen erfolgt die Verminderung der Haftfestigkeit part:ell oder total: Im letzteren Falle treten in der Regel Koagulationserschei- nungen auf (z. B. beim Ton). Im ersteren Falle vermag hingegen das in der noch vorhandenen Hydratschicht gelSste Adsorptiv die Stabili- tat des Adsorbens, d. h. seine Suspendierbarkeit usw. unter Umst/inden infolge verstS.rkter elektrischer Beladung der Oberflgchenschicht, "con den Ionen des Adsorptivs herrtihrend, noch zu erh~hen. Auf .diese Weise ergeben sich o p t : m a l e K o n z e n t r a t i o n e n des A d s o r p t i v s ftir die Stabilitgt, nach deren {Jberschreitung erst Zusammenballung er- folgt (totale Dehydratation).

Erfolgt eine Vernichtung der Haftfestigkeit der Hydratmembran, herrscht jedoch gleichzeitig eine c h e m i s c h e All:nitS.It ,des Adsorbens zum Adsorptiv (bzw. gewisser Umsetzungsprodukte des letzteren, die in der Hydrathiille durch Umsetzungen entstanden sind Is. w.u.]), so gelten die Gesetzm{iBigkeiten der Chemosorption.

Man wird angesichts der hier mitgeteilten Vorstethmg der Lyo- sorption, und zwar im Hinblick auf deren Angelpunkt, n/imlich die Dehydratisierung als K0rrelat der Aufl6sung eines Adsorptivs in der Hydratmembran, mit Recht die Frage aufwerfen, auf welche Weise diese Theorie mit der Existenz einer , , n e g a t i v e n " und sogenannten , , a n o m a l e n " A d s o r p t i o n in Einklang zu bringen :st. In der Tat

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FODOR, STUDIEN 0 B E R DiE NATUI:t DEll ADSOFIPTIONSVOt:IC~NGE 9 1

ist unsere Anschauung mit dem Wesen einer ,,negativen" Adsorption nicht vereinbar, wenn wir die Umst~.nde nicht n~her in Betracht ziehen, m{ter welchen sie erfolgt. Bei dieser Art der Adsorp.tion wird bekannt- lich mehr Wasser (L6sungsmittel) als gel6ste Substanz seitens des Ad- sorbens aufgenommen, ftir Lyosorptionen in unserem Sinne also gerade die gegens~tzliche Voraussetzung (bei Chemosorptionen u. U. sehr gut zu verstehen, so z. B. bei der Adsorption yon Laugen und S~turen durch Proteine usw. !).

Ebenso schwierig sind ,,anomale" Adsorptionen, die gerade bei der Tierkohle nachweisbar sindl), zu begreifen, wo ein Adsorptions- maximum tiberschritten wird und sich die Adsorptionskurve aus der aufsteigend parabolischen Form in die absteigende Parabelverwandelt.

Man k6nnte vielleicht annehmen, dab die Hydratschicht nach der Einbut3e einer gewissen Adh~tsionsfestigkeit ein geringeres L6sungs- verm6gen ftir das Adsorptiv besitzt, eine Erkl~irung, die jedoch im Wider- spruche zu den Voraussetzungen der Lyosorpdon steht.

Viel einleuchtender ist aber folgende Ansicht, und zwar sowohl ftir das Verst~tndnis der ,,anomalen" als auch derk,,negativen" Adsorp- tion. Von beiden ist bekannt~), dab sic verschiedene Phasen einer und derselben allgemeinen Adsorptionskurve bilden, und zwar solche, die bei relativ sehr hohen Adsorptivkonzentrationen auftreten. Unter diesen Bedingungen dtirfen wit aber l~ingst an einen eingetretenen Wechsel der Solvatation denken: In j e n e n F~illen, in w e i c h e n s ich die , , a n o m a l e " ode r gar die , , n e g a t i v e A d s o r p t i o n " bei s o n s t l y o s o r p t i v a d s o r b i e r e n d e n A d s o r b e n z i e n e i n s t e l l t , z. B. bei dcr A d s o r p t i o n von Ess igs~iure d u t c h T i e r k o h l e , h a b e n wir bei den e n t s p r e e h e n d e n E s s i g s ~ u r e k o n z e n t r a t i o n e n ke ine H y d r a t a t i o n der K o h l e m e h r v o r u n s , s o n d e r n e ine E s s i g s ~ u r e - S o l v a t a t i o n , bei der n u n m e h r die E s s i g s ~ u r e als l y o s o r p t i v w i r k s a m e S o l v a t s c h i e h t g e g e n t i b e r d em \ \ ' a s sc r als A d s o r p t i v a u f t r i t t , und wo es in analoger Weise wie bei diesem zu Desolvatationen gelangen kann und, wie (tie Form der experimentell gefundenen allgemeinen ~ Adsorptionskurven anweist, auch wirk- lich gelangt. Werfen wir einen Bliek auf diese Kurve (Fig. 1), so finden wir zu- nS.chst das Streben zum Maximum im (C~-2~) ~ . ~ positiven Feld (I) vor, der sodann der Fig. 1.

x) Wo.Ostwald und de Izaguirre loc.cit. -"; Wo. Ost wald und de Iz aguirre loc.cit.

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sinkende Ast bis ins negative Feld folgt (II). Die 0berschreitung des Nullpunktes bedeutet aber einen l~bergang zur negativen Adsorption (III) . Es liegt ferner die Tendenz vor, die Abszisse yon unten herauf ein drittes Mal zu erreichen (IV). I entspricht nach unserer Anschauung der Lyosorption durch die Hydratschicht des Adsorbens. In I I fiberwiegt mehr und mehr derSolvatationswechsel unter Rfickgang der Hydratation, der bei Durchschreitung der Abszisse vollst~ndig erreicht ist. Wasser wird nunmehr in I I I zum Adsorptiv und IV bedeutet die Abnahme der EssigsS.ure-Solvatation, bis schlieB- lich ein Gemisch Essigs~iure + Wasser vorstellbar (wenn auch nicht vollkommen errekhbar) ist, die fiberhaupt keine Adsorption, weder wm Wasser, noch von Essigs~iure mehr gestattet, da weder die ei0e, noch die andere Fltissigkeit eine Solvatation im vorliegenden Gemisch erlauben, ohne die jedoch keine Lyosorption und cet. par. auch keine nachweisbare Adsorption zustande kommen kann. So 15.Bt sich wahr- seheinlich auch der an sieh merkwfirdige Befund von N e u s c h l o B 1) verstehen, nach welchem ein Ionenantagonismus besteht, wo sich zwei Ionen gegenseitig vollkommen von der adsorbierenden Ober- fl~che verdr~ingen k6nnen. Auch hier dfirfte es sich um jene Mischung der beteiligten Salze handeln, diq keine Solvatation und demnach auch keine Lyosorption der Salze erlauben.

V. Der Adsorptionsrfickgang. Oben haben wir jenen Fall in n~ihere Betrachtung gezogen, in wel-

chem cine sogenannte Lyosorption vorlag, d .h . jencr Adsorptions- modus, der als Wesen das Eindringen d.es Adsorptivs in (lie Hydrat- (Solvat-)hfille des Adsorbens besitzt und wobei eine Lockerung der Adhgsionsanziehung zwischcn der Hfille und dcr Oberfliiche des Adsor- bens stat that . Je grbB6r diesc letztere in ihrer Entfaltung ist, um so stgrker haftet die HydrathiiUe an ihr, um so mehr kann adsorbicrt werden, u m b e i gleicher Gewichtsmenge Adsorbens die n~tmliche Her- absetzung der I[aftfestigkeit zu erzielen.

Bei dieser Lyosorption wird das Wasscr in dcr Tat v o n d e r Ober- fl~iche des Adsorbens vielfach verdrtingt, wie uns die erw~thnte Mitteihmg yon Wo. O s t w a l d und de I z a g u i r r e bewcist. Wiihrend bci 0proz. Essigsiiure, also rcincm Wasser, 7,78 g von letztercm aufgcnommen wer- den, betr~tgt diese Aufnahme bei der 90proz. Essigs/iure nur mehr 0,61 g!

I)azwischcn jedoch kann dcr bereits zuvor angedeutete Fall ein- treten, dab nach dem Erreichcn eines bestimmten AdsorptionsmatJes

1) S. M Neuschlofl, Pfliigers Arch. 185, 7 (1920).

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FODOR, STUDIEN 0BER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG,~NOE 9~

die Lockerung in der Haftfestigkeit der Hydrathtille ein Maximum er- reicht und (insbesondere bei kolloid dispergierten Systemen) K o a g u l a - t i o n des A d s o r b e n s erfolgt. Bei dieser Gelegenheit k6nnen die ver- sehiedenartigsten Momente eine Rolle spielen und die vielf~iltigsten Bilder der Koagulation ergeben, je nachdem, ob grobdisperse Adsor- benzien, wie der Ton, im Spiele sind, oder a~er urspriinglich relativ stark hydratisierte Kolloide, wie Eisenhydroxydsol, Aluminiumhydr- oxydsol usw. Desgleichen wird aueh die ehemiseh-adsorptive Beziehung zwisehen dem Adsorbens und dem Adsorptiv ins Gewicht fallen.

Ist die Hydratmembran in ihrer tlaftfestigkeit so welt gelockert, dafl nunmehr eine Aggregation der dispersen Teilchen erfolgen kann, so wird, in dem MaBe als dies geschieht, "d. h. sich gr6bere Teilchen und endlich Flocken bilden, die lyosorbiert gewesene L6sung des Adsorp- tivs abgestoflen. Stark hydratisierende Sole werden bei" diesem Anlag prim~ir h~iufig viskose Gele entstehen lassen (z. B. Aluminiumhydroxyd- sol), well das frei gewordene Hydratwasser trotz der beginnenden Ver- grSberung der Teilchefl seine Haftfestigkeit zum Teil noch erhalten hat. A d s o r p t i o n s w a s s e r g e h t h i e r in M i z e l l a r w a s s e r t iber 1) und v e r u r s a c h t auf d iese Weise e ine G e l b i l d u n g , ein Weg iibri- gens, der bei Gelbildungen sehr allgemein ist. In dem MaBe jedoch, als dieses Mizellarwasser mehr und mehr ausgepretlt wird und die Teil- ehengr6Be stets zunimmt, wird der Charakter dieser Fltissigkeit eben- falls mehr und mehr ver~indert, und zwar verwandelt sie sieh allmtih- lieh dem tIauptanteil nach in f r e i e F l t i s s i g k e i t , deren Beziehungen zu den dispersen Teilchen nur mehr ganz lose sind. Hier wird daher auch die Riickdiffusion der prim~ir in der Hydratmembran gel6st ge- wesenen Adsorptivmenge in die Ireie Flfissigkeit stattfinden k6nnen, womit der ,,Adsorptionsrtickgang" gesiehert erscheint.

Man wird somit bei gelfi3rmigen Koagulationen die z. B. in Form eines Filtrates vom Gel abgetrennte freie Fltissigkeit, wenigstens .~o lange bis der Gelcharakter bewahrt blieb, an Adsorptiv ]irmer linden, als es der Ausgangsl6sung entspricht. Dagegen werdenf,spontan sehr grobflockig ausfallende F~llungen in der Regel keine ,,Adsorption" wahrnehmen lassen, da hi er der Rtickgang der Lyosorption mit dem Beginn der Floekung zusammenf~illt.

Aueh wird eine Adsorption (auch ,,MitreiBen" genannt, z. B. in der analytischen Chemie) zu konstatieren sein, sobald eine chemisehe Beziehung gr6t3erer Intensit~tt zwischen Adsorbens und Adsorptiv vor- walter, die aueh nach erfolgter Dehydratisierung wenigstens partiell

i) Vgl. A. Fodor , Koll.-Zeitschr. 80, 328 (1922).

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~lt. 14,OLLOIDCHEMISCHE B E I H E F T E B A N D XVIII , HEFT 8--8

aufrechterhalten blcibt. Hier wird der Adsorptionsrtickgang nicmals vollkommen sein k6nnen. Wie stark hier die Natur des Adsorptivs ins Gewicht f/illt, ergaben Versuche mit Natronsalzen yon Aminos~turcn und diverscn Polypeptiden (in neutraler LSsungl) gegentiber oxalsaurem Natron. Letzteres wird bei seiuer Koagulationswirkung auf Aluminium- hydroxydsol zu einem "grol3en'Bruchteil adsorbiert, indes erstere nicht im geringsten adsorbiert werden. 1)

Zur niihcrcn ErklArung dieses Untersehiedes bedarf es der Dar- legung jener PhS.nomene, die auf c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n an a d s o r b i e r e n d e n O b e r f l ~ c h e n bzw. in i h r e n A d s o r p t i o n s - h i i t l en beruhen, und auf welche erst welter unten ein'gegangen werden kann. Zu ihnen werden wi'r unter anderem aueh die sogenannten Aus- tauschadsorptionen zu rechnen haben. Jedcnfalls werde hier so viel bemerkt, dab nach diesen Anschauungen in der Agsorptionsmcmbi'an des Aluminiumhydroxydsolteilchens (ferner der tibrigen verwandten Sole) folgende Reaktion vor sich geht:

- - O O C ~ H O O C 2 C H a C O O t t + (Na)2 l 2 C H s C O O N a +

- - O O C ~ : H O O C An das Aluminiumhydroxydsol

adsorbische Essigs~ure. ~) Diese Reaktion ist nur dadurch m~glich, dab die Adsorptions-

tendenz der Oxals/~ure jene des essigsauren Natrons ~bertrifft und dieses letztere in die freie L/~sung gedr/~ngt wird.. Die Adsorption yon Oxal- s~ure, einer SS.ure, an der OberflS.che des Aluminiumhydroxyds, eines basischen Stoffes, daft als Chemosorption betrachtet werden. Als solche aber ist sie nicht mehr Mcht reversibel.

Demgegeniiber bewirkt die Adsorption der aminosauren Salze usw. offenbar keinen analogen Umsatz in der OberflS.chenmembran, da die freie Aminos~ture keine nennenswerte Adsorptionstendenz chemischer A.rt zum Aluminiumhydroxydsol besitzt. Hier bleibt es bei der Lyo- sorption, die schlieBlieh zur Koagulation f~hrt, was in den meisten kolloiden L/~sungen bei Einwirkung yon stark dissoziierten Salzen ein- trifft.

E in g ro f l e r Te i l de r K o a g u l a t i o n s e r s c h e i n u n g e n bei k o l l o i d e n S y s t e m e n w i r d s ich n a c h den e r 6 r t e r t e n A n s c h a u - u n g e n au f die L y o s o r p t i o n z u r / 3 c k f a h r e n l a s s e n , indem die SMtigung der H y d r a t m e m b r a n e (Hydrathtille) mit dem koagulierend

1) Abde rha lden und A. Fodor , Fermenfforschung ~, 211 (1918). ~) Dies~ adsorbierte EssigsS.ure riihrt yon der Darstellung des Sols aus

Alumininmazetat her.

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F O D O R , S T U D I E N 0 B E R DIE N A T U R DER A D S O R P T I O N S V O R O , ~ N G E 95

wirksamen Adsorptiv die zttvor dargelegten Folgen nach sich zieht. Man wird zu prtifen haben, ' inwieweit aueh die yon H. F r e u n d l i e h 1) gefundenen Regeln bei der Ausflockung sich dieser hier ausgesprochenen Auffassung ftigen.

So viel uns auch die Theorie der elektrischen Koagulation F r e u nd- l i chs gebracht hat, glaube ich kaum, dab man mit ihrer l-tilfe allein imstande ist, alle Klippen der Koagulationserscheinungen zu tiber- winden. Man betrachte einmal die yon F r e u n d l i c h und L o e n i n g . 1) angegebenen Koagulationswerte beim Ag-Sol und beim As~S3-Sol:

Ag-Sol Sol nach Carey Lea AsjS3-Sol

N H a N O 8 . . . . 40 61,1

Sr(NO3) 2 . . . . 0,54 0,935 AI(NO3) s . . . . 0,06 0,137

28 42 2 . . . . . .

Die so enorm unterschiedliche Gr6flenordnung der Koagulations- werte beim Ammonnitrat einerseits und bei dem Erdalkali-bzw.Aluminium- salz anderseits spreehen ganz offenkundig g egen die Auffassung beider F~illungen als Typen des gleiehen Vorganges, n~tmlich der elektrisehen Entladung durch Ionenwirkung. Wie w~iren s onst diese Unterschiede verst~ndlich ? Nehmen wir an, die Mizelle des Arsentrisulfidsols sei:

[As 2 S 3 ~---~ S"] I-I2,

wie dies allgemein als wahrscheinlich hingestellt wird. An eine Entladung durch Ionen kann man doch nur denken, w e n n in de r O b e r f l S . c h e n - m e m b r a n e ine c h e m i s c h e R e a k t i o n v o l l z o g e n w i rd , bei w e l e h e r s ich die b e t e i l i g t e n I o n e n g e g e n s e i t i g e n t l a d e n , z. B. wenn dort das adsorbierte SHo. mit. AI(NO3) 2 Aluminiumsulfid gibt bzw. mit dem Sr-Salz Strontiumsulfid, die sieh dureh eine mehr oder weniger groBe Schwerl6slichkeit auszeichnen. ~) Beim ~kmmon- nitrat jedoch fiillt die~e MSglichkeit und damit aueh jene der Ionen- entladung fort. Hier herrseht die Dehydratisierung yon lyosorptiv ge- 15stem Salz. Einer ~hnliehen Ansieht steht aueh F r e u n d l i e h nieht fern, wenn er zugibt, dab die einwertigen Kationen negative Sole viel sehw/icher , ,entladen" als die mehrwertigen und sich dabei auf die Er- fahrungen yon P o w i s 3) beruft. Sicherlieh liegen bier )~nderungen der I-Iydratationsverh~iltnisse vor.

~) F reund l i ch und 15oening, Kolloidchem. Beih. 16, 7 (1922). 2) ~ber diese Reaktionen in Oberfliichenschichten s. w. u. mehr. Man

hat ihre Bedeutung bisher unterschiitzt. s) Powis, Joum. Chem. Soc. 109, 784 (1916).

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96 KOLLOIDCHE/VtlSCHE BEIHEFTE BAND XVIII , HEFT 3---8

Ebensowenig kommt man mit der Annahme von Entladungen bei der Koagulation yon ersch/Spfend mit Wasser ausgewaschenem Ton oder Protein aus. Das gleiche gilt yon der Fgllung yon positivem Fe203-Sol mit iiberschfissiger Salzstiure und zahlreichen ghnliehen F~illen. Wie soll man sich die , ,Ent ladung" yon schwach hydratisierten Tonteilchen, z. B. durch ganz geringe Mengen NaCI, vorstellen, o h n e d ie M i t b e t e i l i ' g u n g v o n a u f l a d e n d e n O H - I o n e n aus d e m W a s s e r a n z u n e h m e n , die m i t de r D e h y d r a t i s i e r u n g w i e d e r v e r d r / i n g t w e r d e n ?

Wir sind somit yon einer entladenden Adsorption nicht immer zu sprechen berechtigt, wohl dagegen in vielen F/illen yon einer de- h y d r a t i s i e r e n d e n A d s o r p t i o n als Konsequenz einer Lyosorption

mit den erw/ihnten Folgeerscheinungen. Hinzuzuffigen w~ire, dab die Versuche von F r e u n d l i c h und Loe -

n i n g 1) mit Schutzkolloiden gleiehfalls for die Verschiedenartigkeit der Sehutzwirkung yon Gelatine usw. anf Silbersole in Gegenwart yon Sal- zen mit einwertigen Ionen einerseits und mehrwertigen Ionen ander- seits sprechen. Aueh bier bestehen zwischen den Gr6tlenordnungcn in beiden F~illen keinerlei Kontinuit~iten. Ubrigens deuten die beiden For- scher aueh an, dab die Entladung durch einwertige Ionen unter Um-

st/inden schwierig vonstatten geht.

VI. Die Chemosorption. Oben haben wir auscinandergesetzt, dat3 chemische Affinittiten

zwischen Adsorptiv und Adsorbens bei ausgesprochen lyosorptiven F~.llen nur eine sekundXre Rolle spielen dfirften, indem z. ]3. ein absolut refrakttires Verhalten beider zueinander die Adsorption vollends ver-

hindern wfirde. Eirle besondere Stelln ng kommt j enen F~illen zu, in welchen, wie oben

bei der Adsorption wm Natriumoxalat durch Aluminiumhydroxydsol usw., durch chemische Umsetzungen in der Hydratschicht selbst Produkte gebildct werden, denen eine chemosorptive Eigenschaft zu eigen ist. Sie sind unter dem Gesichtspunkt der Chemosorptionen Zu behandeln.

Die Existenz yon Chemosorptionen war b e r e i t s v a n B e m m e l e n =) gut bekannt und bildete bei ihm den Gegenstand besonderer Betrach- tungen. W~ihrend der bekannte Fall des Braunsteins als Adsorbens, welcher Kaliumsulfat hydrolytisch zu zerlegen vermag, gleichfalls ir~

') H. F reund l i ch . Capillarchemie, II. Aufl. Leipzig 1922. 2) van Bemmelen , Die Absorption, herausgeg, yon Wo. Ostwald.

Dresden, Verlag Steinkopff.

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FODOR, STUDIEN CIBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORGA.NGE 97

(tie Kategorie der Umsetzungen an Oberfl~ichen geh6rt, somit dem oben erSrtcrten Fall des Natriumoxalates an die Seite zu stellen ist, kommen hauptsiiehlich und in erster Reihe die P e p t i s a t i o n s e r s c h e i n u n g e n unter den Gesichtswinkel chemosorptiver Vorgiinge.

Die Peptisation stellt einen Weg vor, um kolloide Systeme herzu- stellen, d. h. geeignete Stoffe zu dispergieren. Es ist ja allgemein be- kannt, dab man mit einer ganz geringen Alkalimenge in der Lage ist, gewaltige Mengen KieselsS.ure oder Zinnsiiure zu dispergieren. Von stSehiometrischen Beziehungen kann hier nicht einmal anniihernd die Rede sein, dermaflen verschwindend ist die Menge des Peptisators im Vergleich zur peptisierten Masse, ein Umstand, der Itir die Peptisa- t ionkennzeichnendist . Als g e e i g n e t e T h e o r i e fi ir d iese A r t der D i s p e r g i e r u n g k o m m t a u s s c h l i e B l i c h die A d s o r p t i o n be- s t i m m e e r S t o f f e , ' i n s b e s o n d e r e v0n e l c k t r i s c h g e l a d e n e n A t o m e n und A t o m g r u p p e n , a lso I o n e n , an der O b e r f l l i c h e der p e p t i s i e r t e n Masse in B e t r a c h t .

Die teehnisehe Durchftihrung der Peptisation erfolgt in der Regel im Anschlug an di'e Koagulation, indem man die etwa dureh Abzentrifugieren gewonnenen Flocken eines Kolloids, im anderen Falle ein Gel mit Wasser oder gewissen LSsungen verdtinnt, worauf wieder Dispergierung zu einem Sol erfolgt. Es gelingt nach L i n d e r und P i e t o n l ) mit F%Oa-Flocken, nach fF reund l i ch und L e o n h a r ' d t ~) mit' Vanadinpentoxyd und Molybdenpentoxyd mit Wasser. Nach W h i t n e y und B l a k e 3) gelingt es koagulierte Goldteilehen mit Ammoniak zu peptisieren usw. In vielen Fiillen sinfl es die OH-Ionen, in anderen die H-Ionen, die gtinstig wit- ken, je nach der positiven ode r negativen Eigenart der Solteilchen. Auch andere Ionen wirken in vielen F~illen peptisierend. Es ist ferner gefunden worden, dab die Art der Koagulation, die Natur der koagu- lierenden. Elektrolyte, der physikalische Zustand der Floeken (ihr Feinheitsgrad, ihr Hydratationsgrad, ihre ultramikroskopische Be- scha, ffenheit) usw. Faktoren sind, die die MSglichkeit einer Peptisation hervorbringen oder aueh verhindern. In der Gruppe der Proteine lassen sieh z. B. getrocknete Substanzen nieht mehr peptisieren, indes feucht gebliebene und somit einer Verfestigung nicht ausgesetzte Flockungen sieh leieht wieder auflSsen lassen. 4) Ahnlieh verhalten sieh aueh andere Kolloide.

') Journ. Chem. Soc. 87, 1926 (1905) u. a. Arbeiten. -~) Kolloidchem. Beih. 7 (1915). s) Journ. Amcric. Chem. Soc. $6, 134 (1904). ~) A. Fodor, Koll.-Zeitschr. 27, 62 (1920).

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9 8 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND X V l l l , HEFT 3--8

Die Peptisationserscheinungen lassen sich ihrem Wesen nach auf chemosorptive Vorg/inge zurfickffihren. Um diese zu verstehen, bedarf es zun/ichst der Besehreibung k o l l o i d e r Molekf i l e , sogenannter Mize l l en , deren Verst/indnis allein uns in die Lage versetzt, den Chemo- sorptionen n/iherzutreten.

VII. Die Kol lo idmolekl l l e (Mizellen). Die klassische Chemie bedient sich einer Symbolisierung der Mole-

ktile, die in Wahrheit ihrem Wesen nicht gartz gerecht wird, da die Be- teiligung des L/3sungsmittels darin keinerlei Berticksichtigung findet, es sei denn, daft bestiindige chemische Hydrate oder Solvate nach- gewiesen werden konnten. Aber auch in den tibrigen Fiillen werden die Molektile des L6sungsmittels den Habitus des Molekfils mit bestimmen, und es ist sehr wahrscheinlich, daft manche Versager der organischen Chemie, wo die Theorie die M6glichkeit einer Reaktion rechtfertigt, nicht lediglieh aus konfigurativen Grfinden, sondern in manchen F~llen attch aus Grtinden der Lyophilie bzw. Lyophobie auftreten.

Die Dispersoidchemie ist dagegen nicht in der Lage, ohne die Be- ziehtmgen der dispersen Gebilde zum Dispersionsmittel und den darin enthaltenen Stoffen auszukommen. NachgewiesenermaBen h~ingt die Best~indigkeit der kolloiden Systeme" im weitgehendsten Sinne lediglich von diesen Beziehungen ab, die ihrerseits Solvatationen, Adsorptionen, elektrische Beladungen der kolloiden Oberfl~iche hervorbringen und die Gr6fle der letzteren auf diese Art bestimmen.

Die Symbolik der Dispersoidchemie hat demnach mi'c den Be- ziehungen zwisehen kolloiden Oberfl~ichen und dem umgebenden Milieu zu reehnen und jene zum Ausdruck zu bringen. Auf diese Weise ent- stehen Begriffe, die aus einer Kombination des kolloiden Stoffes mit einem aus seiner Umgebung entstammenden , ,Fremdstoff" hervorgehen, und die wir als Kolloidmolektile, Kolloidteilchen oder Mizellen bezeiehnen k6nnen.

Es ist bekannt, dab die Solvatation, besonders aber ihr Spezial- fall ffir Wasser, die t Iydratat ion, eine der allgemeinsten Vorg~inge in der unbetebten Natur sowohl, als auch in der organismisehen Welt dar- stellt. Von der losen Benetzung angefangen bis zu immer fester haften- den Adsorptionsmembranen und dariiber hinaus bis zu den stabileren Hydraten, schlieglieh st6chiometrisch fixierbaren Charakters, finden wir das Wasser beteiligt vor und das Wesen, den Dispersit/itsgrad, ferner die Best~tndigkeit der betreffenden Systeme korrelativ mit an- dern Faktoren bestimmen. In der Tat kann die Chemie der Dispersoide

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FODOR, STUDIEN CIBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVOROANOE 99

ohne eine Symbolik, die auf die Berficksichtigung dieser Tatsache nicht verzichtet, nicht auskommen, und wit werden zu beweisen haben, dab wir an Hand der Mannigfaltigkeit in der Besetzung der Oberfl~ehen mit MolekiJlen, insbesondere aber auch mit elektrisch geladenen Gruppen (Ionen), das verschiedene Verhalten und die unterschiedlichen Zust~nde kolloider Systeme erkl~ren k6nnen.

W i r s ind b i e r au f e i n e m G e b i e t e , au f w e l e h e m die In- t ens i t~ i t de r B i n d u n g , die A * o g r e n z b a r k e i t de r p h y s i k a l i - s c h e n B e z i e h u n g yore e h e m i s e h e n V o r g a n g e y o n der F e i n h e i t de r V e r t e i l u n g b e d i n g t ist. W~ihrend man die AdhS.sionsmem- branen der grobdispersen Stoffe als physika]isehe Gebilde zu bezeichnen berechtigt ist, erhebt die I Iydra ta t ion der stS.rker hydrophilen Kolloide bereits Anspruch auf die Beurteilung der Bindung zwischen dispersen Teilchen und Wasser als einer chemischen. H i e r s t e h e n wir a l so vor d e m P r o b l e m der C h e m o s ~ r r p t i o n . C h e m 0 s o r p t i v e Bin- d u n g e n w e r d e n v o r a l l e m d o r t a u f t r e t e n , wo die Ge- l egenhe . i t zu c h e m i s c h e n P r o z e s s e n a p r i o r i gegeb ' en i s t , wo a b e r die B i n d u n g n o c h n i c h t y o n der G e s a m t m a s s c e ines d i s p e r s e n S t o f f e s a u s g e h t , wie z. B. bei w a h r g e l 6 s t e n K 6 r p e r n , s o n d e r n y o n der O b e r f l ~ c h e aus , die s ich g e g e n die U m g e b u n g a b g r e n z t . Die Masseist hier ihrer Gesamtheit naeh noch nieht in Oberfl~che umgewar/delt worden, wie bei molekular- dispersen Gebilden. 1) Selbstverst~.ndlic.h ist auch hier die Abgrenzung der ,,physikalischen" Bindung, die sich im Entstehen von AdhXsions- schichten manifestiert, yon der ,,chemischen Bindung" unm/~glieh, um so weniger, da offenbar beide dem Wesen nach h~iufig kaum unter- schiedlieh sind.

Immerhin wird aber eine Chemosorption begfinstigt, wenn, wie ge- sagt wurde, die chemische Beschaffenheit der dispersen Materie an sich geeignet ist, eine solehe herbeizuffihren. Wenn also die Natur des dis- persen Stoffes an und ftir sich z. B. sauer ist, so wird seine Oberfl~iche eine ~ffinitXt zu negativen Ionen besitzen und analog werden positive Ionen durch basische Dispersoide gebunden usw. In allen diesen Fs.llen erfolgt die Bindung nach Maflgabe des vorliegenden DispersitAtsgrades, wobei zu bemerken ist, dab die aufladenden Ionen, im allgemeinen wenigstens, diesen letzteren zu vergr6t~ern bestrebt sind, was bei Kol- loiden, die zur P o l y d i s p e r s i t ~ t geeignet sind, auch wirldieh zu einer

1) Ich daft diese Definition ihrem Wesen nach auf eine ffiihere von mir zuriickfiihren, die in E i c h w a l d und Fodor , Die physikalisch-chemischen Grundlagen der Biologie, Berlin 1919, ausgesprochen wurde.

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100 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND X V l l l , H E F T 3--S

Vergr6rierung fiihrt. Immer ist die pr im~ire Bin'tung der chemo- sorptiv aufgenommenen Substanz in quantitativcr Hinsieht und aueh in bezug auf ihre Festigkeit yon der Oberfl~iche abh~ngig, die im Augen- blick der Einwirkung des aufladenden Stoffes auf das Kolloid diesem zu eigen ist. Wird dabei die OberflS.che vergr6riert, so kann die Bin- dung sekund~r im gleichen Marie erh6ht werden, in wetehem neue Ober- fl~iche entstanden ist. Dieser Prbzeri kann bis zur Verwirklichung einer �9 a'ahren L6sung gedacht werden und dtirfte auch in vielen F~illen den Weg dazu vorstellen. Bei typisch kolloiden Stoffen dagegen erreicht die Erh6hung des Dispersitgtsgrades durchP e p t i s a t i o n --denn wit erkennen ja diesen Vorgang in der Ionenaufladung wieder - - bald eine Grenze, h~ufig dadureh, dab der h6ehst erreichbare r)ispersit~ttsgrad bei den ,, Prim~ir teilchen" (in Z s i g m o n d y s Terminologie) haltmaeht, oder aber, wie bei zahlreichen P r o t e i n e n , dari eine 0berschreitung bestimmter Grenzen in der Aufladung wiedei eine Entladung nach sich zieht.

Wir k6nnen dieses Ergebnis auch' in der Weise zum Ausdruck brin- gen, daB' wir sagen: Je feiner die Korngrtirie (der quasi-reziproke Wert der Oberfl~iche) ist, um so starker ist die Reaktionsf~ihigkeit des be- treffenden Stoffes. Hier sei an P. P. v. W e i m a r n s Angabe erinnert, nach weleher es gelingt, Silbersol im Sinne der Gleichung:

2Ag (Sol) + 2HCl �9 2AgC1 (Sol} + Ho. 1) mit Jodwasserstoff unter Bildung yon Jodsilber und Entbindung yon Wasserstoff zur Reaktion zu bringen, ein Ergebnis, das bekanntlich mit metallischem Silber nieht erreiehbar ist. Die hinreiehende Ver- feinerung der KorngrSgc des Silbers bringt also nieht allein eine grbflere Oberfl~tche hervor, sondern auch eine erhiihte Real~tionsfi~higkeit der letzteren ffir Stoffe, mit denen das Silber zu reagieren vermag. In der Kolloidchemie sind analoge F~lle zu Dutzenden bekannt, wiewohl der obige besonders ins Auge springend ist, und zwar wegen des fiir den ge- w6hnlichen Chemiker paradox erscheinenden Ergebnisses. Weitere Beispiele sind die folgcnden:

Ag (Sol) + FeCI 3 Ag (Sol) + Cu Cl 2

�9 Ag (Sol) + HgC12 Ag (Sol) + J

AgCl (Sol) + FeC12, = AgC1 (Sol) + Cu C1, - - ACI (Sol) + HgCl (Sol),

== a g J (Sol), A g + N a C I + H 2 0 = : A g C l ( S o l ) + N a O H + H,

A g + K J -i- H o O - - A g J ( S o l ) + K O H + II usw.

*) Schneider , Ber. d. Deutsch. Chem. Gesellsch. 25, 1440 (1892). L o t t e r m o s e r und v. Meyer, Joum. f. prakt. Chem. (2) 56, _941 (1897); 57, 5~0 (1898).

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'FODOR, STUDIEN 1DBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG~KNGE 101

v. W e i m a r n 1) h a t hier den Vergleich eines Balkengertistes an- gewandt. Wie dieses dureh Entfernung von Balken in seinem ganzen Gefage gelockert wird, so wird auch das Geftige eines Molektils seiner Festigkeit beraubt, wenn aus ihm eine Anzahl von ,,Balken" entfernt werden. Unter diesen lctzteren aber mtissen wir uns jene p h y s i k a l i - s e h e n Bausteine. .vorstel len, aus denen die gr6geren Teilchen orga- niseh zusammengeftigt wurden, so dab sie einem Balkengertist analog beschaffen sind und nicht etwa einem Holzbiindel gleiehen, in welehem ein Balken neben dem zweiten gelagert ist.

Die a l l g e m e i n e F o r m der Mize l l e wird somit bei der Bela- dung der OberflS.che des dispersen Stoffes Di mit dem Anion a' eines Elektrolyten a' k" dureh folgendes Symbol verdolmetseht:

I ~ aP 1 -- k" Di a" - - k" at -- k"

Es bringt zum Ausdruck, dab das Dispersoid auf seiner unmittel- baren Grenzfl~tche, die es mit der Fltissigkeit bildet, von den Anionen des in ersterer gel/Ssten Elektrolyten negativ beladen ist, indes das zweite Ion nicht aufladet, jedoch als elektrostatisch an a ' gebundenes Kation , ,mitgeschleppt" wird. Eine solche Gruppierung veranlat3t so- dann, in die Wirklichkeit tibertragen, die Entstehung einer e l e k t r i - s c h e n D o p p e l s e h i e h t , mit denen uns H e l m h o l t z ver t raut ge- macht hat und die ftir kolloide Systeme in erster Reihe yon H. F r e u n d - l ich angewandt wurde. Das kugelf6rmig gedachte Kolloidteilchen wird im obigen BeiSpiel in unmittelbarer Weise yon einer negativ elektrischen Schichte umhtillt, die ihrerseits wieder von einer positiv elektrischen umgeben wird. Die Potentialdifferenz zwischen beiden ScPriehten, die somit durch die uilterschiedlichen Adsorptionsaffini- t~iten zweier Ionen hervorgebracht wird, erhielt den Namen A d s o r p - t i o n s p o t e n t i a l . Seine Gr6t3e ist yon groBem Belang ftir die Wande- rungsf~ihigkeit des in Rede stehenden Kolloids im elektrisehen ~Poten- tia!gefiille bei der sogenannten Kataphorese. Je gr6Ber die Aufladung ist, um so mehr betr~tgt auch das Adsorptionspotential und mithin das Wanderungsverm6gen. Auf diese Weise l~iBt sich letzteres met3bar machen.

Stellt mart sieh vor, dab einmal eine geringe, im zweiten Falle je- doch eine gr6Bere Oberfliiche yon einer und der gleiehen Ionenmenge aufge!aden wird, so erreicht das Wanderungsverm6gen im zweiten

1) p. p. v. W e i m a rn , Die Lehre von den ZustS.nden der Materie. Dresden und Leipzig 1914.

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108 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E B A N D XV[I,I , H E F T 3--8

Falle hOhere Werte als im ersteren, da die Potentialdifferenz dort mehr betr~gt als hier. Allerdings darf die Reibung der wandernden Teilehen infolge zu starker Hydratisierung bzw. Quellung (wie bei den Proteinen)

nieht so hoch werden, dab dadurch die Wanderung wieder gehemmt wird. 1)

Der soeben erw/ihnte einfaehe Fall der Fremdaufladung eines Kolloids zu einem ,,Heteroion" kolloider Beschat~enheit, der Form:

kann dadurch verwickelter werden, dab an der Aufladung mehrere Ionenarten beteiligt sind und eine gemischte Aufladung hervorrufen.

Das yon uns angewandte Symbol bezieht sich auf die Gesamt- oberfl~iehe des Kolioids, die beladen wurde. Diese Art der Darstellung ist natiirlieh nicht ganz richtig, da sich in einem Sol die verschiedensten Teilchen nebeneinander befinden. Zun~ichst sind es bei einem einiger- maBen betr~ehtlichen Dispersit~tsgrad P r i m ~ i r t e i l e h e n , die Zs ig- mo n d y in ersterReihe als Mizellen bezeichnen will. Sie sind nieht weiter dispergierbar (s. o.), wohl abet aggregationsf~ihig. Aggregieren sie sich, so entstehen Sekund/irteilchen mannigfacher Ordnung, die sich neben den Prim/trteilchen im Sol befinden. Ihre Oberfl/tche ist im Vergleieh zur Masse geringer (die spezifische Oberfl/iche ist im Vergleich zu den Primi/rteilchen herabgesetzt). Auch sic erheben freilich Anspruch auf die Bezeichnung ,,Mizelle", wiewohl sic Mizellen komplizierter Art vor- stellen. Vereinigen sich Prim~rteilchen zu Aggregaten t so wird die naeh d(m Milieu zu abgegrenzte Oberfl/iche in gleicher Weise, wie dies bei Prim/irteilchen erfolgt, aufgeladen. Andersartig werden die Verh~ilt- nisse offenbar nur dort, wo die Oberfl~ichen der etsteren im Aggregate aneinander stoflen; es fragt sieh, ob bier Materie des Kolloids unmittel- bar auf gleiche Materie st6i3t, oder ob der wahrscheinlichere Fall auf- tritt, dab dazwischen eine Fliissigkeitshaut bestehen bleibt, die erst bei einer weiteren Verfestigung der Teilchen zu einer Masse schwindet.

Trotz der nut ann~ihernden Anpassung unseres Symbols an die Wirk- lichkeit wollen wir es beibehalten und somit die S u m m e der O b e r - f l i iche in e i n e m S o l s y s t e m i n Betracht ziehen, nicht lediglich aus Grtinden der Einfachheit, sondern weil wit heute noch nicht in der Lage sind, das Schicksal der einzelnen, an Gr6fle usw. unterschiedlich gearte- ten Teilchen zu verfolgen bzw. ein Gesetz aufzustellen, das damit rech- nen k6nnte. Wir beziehen uns also, indem wir so verfahren, sozusagen

t) A. Fodor , Koll.-Zeitschr. 27, 58 (1920); g0, 313 (1922).

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FODOR, STUDIEN OBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG,~NGE 1 0 3

auf das statistische Mittel. Selbstverst~indlich ist diese Methode im Falle der gemischten Aufladung am unzureichendsten, da hier das eine Teilchen lediglich durch das eine Ion, das zweite wieder nur durch das andere Ion aufgeladen sein kann.

In den Mizellen (im erweiterten Sinne, nicht lediglieh in Prim~tr- teilchenI) haben wir die Kolloidmolektile zu erblicken, d. h. die Wesens- bestandteile der kolloiden L6sungen bis zu den ~6beren Suspensionen und Emulsionen, in diesen letzteren freilich alles graduell verschoben, entspreehend dem viel weniger subtilen Meehanismus dieser Systeme. Die Mizelle, die, wie man sah, aus der eigentliehen dispersen Materie und aus dem mehr oder minder ehemosorptiv aufladenden Fremdstoffe zusammengesetzt ist, stellt die Tr~gerin der Eigenschaften einer kolloiden L6sung vor, indem sie vor allem ihren Dispersit~tsgrad best immt und cet. par. alle mit diesem korrelativen und parallel gehenden Eigenschaf- ten. Sic ist in erster Reihe bestimmend ftir die Best~ndigkeit eines Sols, ftir die Widerstandsf~thigkeit gegen fremde Einfltisse und s t e l l t a u c h in z a h l r e i c h e n F ~ l l e n in i h r e r Ober f l~ tche das r e a g i e - r e n d e Mi l ieu s o g e n a n n t e r O b e r f l X c h e n r e a k t i o n e n d a r , bei d e n e n die a u f l a d e n d e n S t o f f e die I n g r e d i e n z i e n b i l d e n . Hierher geh6ren z. B. die k a t a l y t i s e h e n O b e r f l S . e h e n r e a k t i o n e n einsehlieBlic.h der F e r m e n t w i r k u n g e n .

Die Rolle der aufladenden Stoffe, die man auch als P e p t i s a t o r e n bezeichnen kann, ist ftir die Eigenschaften einer Mizelle die denkbar aussehlaggebendste, ~la diese mit der Ver~inderung der Natur bzw. aueh nur der Intensit~it der aufladenden Substanzen, v611ig andere werden k~Snnen. So verm6gen Eisenhydroxydteilchen je naeh dem auf- ladenden Agens selbst die kataphoretisehe Wanderungsrichtung zu ~indern. Die Proteine riehten ihre physikalisehen und auch biologischen Eigenschaften ausschliefllich nach der Natur der aufladenden Ionen. In vielen F~.llen h~ingt das Zustandekommen eines Sols, d. h. seine Dar- stellbarkeit, von der Anwesenheit best immter Stoffe ab, bei deren Feh- len die Mizellen und damit auch das Sol nicht bildungsf~thig sind.

Es ergibt sich nunmehr die Frage: Wo s ind die C h e m o s o r p - t i o n e n g e g e n die L y o s o r p t i o n e n a b g r e n z b a r ? Ihre Beantwor- tung ist im allgemeinen Sinne schon deswegen schwer, weil, wie wir wissen, zahlreiche 0bergangsformen existieren k6nnen, in denen sieh beide Typen gewissermaflen kombinieren. Die w a h l l o s e A d s o r p - t i o n s f ~ h i g k e i t de r T i e r k o h l e f o r S t o f f e j e d e r H e r k u n f t , ftir Elektrolyte, organisehe und anorganische Substanzen, ohne Rtiek- sieht auf den elektrolytischen Charakter, da Ionen beiderlei Art gleich

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1 0 4 IK, OLLOIDCI- |EMISCHE B E I H E F T E BAND X V l l l , H E F T ~-S

aufgenommenwerden, s p r i c h t e n t s c h i e d e n ftir d ie I, y o s o r p t i o n a ls h e r v o r s t e c h e n d e n C h a r a k t e r d i e s e r A d s o r p t i o n e n .

Das andere Extrem stellen wiederum die P r o t e i n e dar. Sie sind im allgemeinen typisch chemosorptiv wirksame Stoffe, was man sehon an ihrem spezifischen Wahlverm)Sgen gegeniiber den Adsorptiven er- kennt. Der chemosorptive Charakter geht hier so weir, dab die meisten Autoren der physikalisch-chemischen Richtung tiberhaupt keine Ad- sorption im eigentlichen Sinne, sondern eine gew6hnliche chemisehe Bindung annehmen wollen. Selbstverst~indlieh eMstieren auch nach unserer Ansicht keine prinzipiellen Unterschiede zwischen der rein- chemischen und chemo-sorptiven Bindung, lediglich Intensitgtsunter- sehiede, die aber ihrerseits gen0gen, um das Wesentliche und Unter- scheidende der Adsorption gegeniiber dem rein-chemischen Prozet3 hervortreten zu lassen. Dieses Unterseheidende besteht aber haupt- s~tehlichdarin, daB die c h e m o s o r p t i v a u f g e n o m m e n e l ~ und ge- b u n d e n e n G r u p p e n , I o n e n usw. auf d e r a d s o r b i e r e n d e n O b e r f l / i c h e i m m e r noch ein s e l b s t / ~ n d i g e s D a s e i n ' e r k e n n e n l a s s e n l ) , und z w a r u m so m e h r , je w e n i g e r s i ch das Sol- s y s t e m e i n e r w a h r e n L 6 s u n g n / ihe r t . Dies wird aus den folgen- den Eri3rterungen klarer ersiehtlich sein. Nit anderen Worten: es existiert hier die voa F r e u n d t i c h betonte Doppelschicht mit ihrem Adsorptionspotential , soweit es sich um die Chemosorption yon Ionen handelt, was in der Uberzahl der F~ille, in welchen Peptisationsvorggnge vorliegen, zutreffen wird. Das selbst/indige Dasein der adsorbierten Ionen gerade veranlaBt die erw~ihnten chemischen Reaktionen in der Oberfli~chenschichte, wic Katalysen, fermentative Prozesse usw.

Abgrenzbar sind ferner diese Chemosorptionen yon jener Gattung chemiseher Reaktionen, wo das eine reagierende Ingredimlz schwer- liSslich ist, .jedoch eine gcwisse, wenn auch noch so kleine, L6slichkeit besitzt. H ie r i s t da sBe i sp i e lvon M i c h a e l i s und R o n a =) zu erw/ihnen, wonach eine w~tsserige Kalomelaufschwemmung beim Versetzen mit Jodkali Merktlrojodid bildet, ein Vorgang, dessen Sehauplatz wegen der nachweisbaren LSsliehkeit des Kalomels in Wasser auch in die L/J- sungsphase hinein versetzt werden kann. Abet aueh wenn man an- nimmt, dab das Jodkali adsorbiert wurde und das Chlor verdr/ingte, was die Autoren zwar als ,,ungebrguehlich, aber nicht falsch" ansprechen,

l) Dieses selbst/indige Dasein der OH-Ionen an der Obertt/iche der Alkali- proteine wurde yon A. Fodor (Koll.-Zeitschr. 80 loc. eit.) unmittelbar durch die F51aigkeit nachgewiesen, w0nach letztere Wasserstoffperoxyd spontan zu zerlegen imstande sind.

~) Miehael is und Rona, .Bioehem. Zeitschr. 97, 79 (1919).

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FODOR, STUDIEN ~B E R DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG~NOE 105

liegt hier ein wesentlicher Unterschied gegeniiber den Peptisierungs- prozessen vor. Wiederum liegt bier eine chemische Umsetzm~g in der Oberfl~ichenschicht vor: diese letztere ist mit Kalomel ges~ttigt und dieses tr i t t mit Jodkalium in Reaktion. Eine Chemosorption im eigenl- lichen Sinne hat also nicht stattgefunden, wiewohl die Grenzfl~tchen- entfaltung insofern eine grol3e Relic spielt, Xls je mehr an mit Kalomel ges~ittigter Schicht vorhanden ist, um so mehr Merkurojodid gebildet wird. Eine kolloide L6sung des Kalomels w0rde die Reaktion m6glicher- weise quanti tat lv in bezug auf die Merkurojodidbildung gestalten.

E i n e A u H a d u n g der O b e r f D i c h e und d a m i t v e r k n ~ p f t e Ve rg r613e rung des D i s p e r s i t ~ . t s g r a d e s f a n d h i e r n i c h t s t a r t , y o n e i n e r w a h r e n C h c m o s o r p t i o n k a n n s o m i t n i e h t ge- s p r o c h e n w e r d e n , l e d i g l i c h y o n e i n e m c h e m i s e h e n U m s a t z auf e i n e r O b e r f l g c h e bzw. in d e r e n H y d r a t s c h i c h t , einGegen- stand, der durch die genannten Autoren wiederholt mit dem Wesen der Adsorption verwechselt wurde. Selbstverstgndlich stimme ich ihnen bei, wenn sic in d i e s e r Reaktion keinen Unterschied yon einetn chemischen Vorgang linden k6nnen, wogegen chemosorptive VorgS.nge entschieden Kr~iften zuzuschreiben sind, deren I n t e n s i t g t mit der Oberfl~iehe entsteht und vergeht, obgleich auch sic ,,dem Stoff des Adsorbe.ns anhaften". Wird es jenland bezweifeln wollen, dab auch die Oborfl~iche des Adsorbens aus seinem ,,Stoff" besteht ?

Neben der die kolloide Oberflgche unmittelbar chemosorptiv auf- ladenden Substanz wird noeh die Solvatationsschieht in gr6Berer oder geringerer Intensitgt gebunden existieren. Sie wird die chemosorptiv aufladende Substanz gel6st enthalten und somit den Charakter einer Lyosorption in der Hydratat ionsmembrane hervorbringen: es w i r d a l so in de r l e t z t e r e n l y o s o r p t i v e n t h a l t e n e s A d s o r p t i v n a c h de r k o l l o i d e n M a t e r i e zu a l l m g h l i c h i m m e r m e h r in e h e m o - s o r p t i v . g e b n n d e n e s v e r w a n d e l t , und d i e ses V e r h a l t e n e n t - s p r i e h t d e m B i lde e i n e r Mizel le .

Das Weitere fiber diesen Gegenstand werden wir im Anschlufl an die neuen Versuehe dieser Mitteilung er6rtern.

V I I I . Hydronen. Die Hydratationshtille, die in vielen dispersen Systemen die Teil-

chert umgibt und sie vet Zusammenballungen, Aggregationen und Ver- festigungen bewahrt, ist in der Kolloidchemie allgemein bekannt trod bildet einen Sonderfall de[ t tydratat ion, nS.mlich den des A d s o r p t i o n s- w a s s e r s . Dieses nimmt eine Zwischenstelhmg ein zwischen dem loser

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106 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XVIII , HEFT a -8

gebundenen Adh~tsionswasser, welches aus der Benetzbarkeit der meistcn Stoffe hervorgeht, und ~ten ehemischen Hydra ten (s. das oben bereits Gesagte). Seine Bindungsintensit~it ist in erster Linie eine Funktion der Gr6fle der Teilchen, an deren Oberfl/iche das Adsorptionswasser gebunden ist: grobe OberflS.chen binden es mit zu geringer Intensit~it, so dab es kontinuierlieh in Aah~tsionswasser tibergeht; je mehr sich wieder die Teilchen ,,wahren Molek~len" nXhern, um so mehr nS.hert sieh die Wasserbindung chemischen Hydraten, die in st6chiornetrischen Verhiiltnissen gipfeln. Es ergibt sich von selber, dab bei ZustandsS~nde- rungen der Teilchen, z. B. bei ihren Aggregationen, das iiberfltissig ge- wordene und somit in Freiheit gesetzte Wasser zu den verschiedcnsten Formen Anlafl geben kann, je nachdem welcher Art die neuentstandenen Mizellen sind. Auf diese Weise lassert sich z. B. aueh die Gelbildungen verstehen, wovon sparer die Rede sein soll. In diesen befindet sich das abgespaltene Wasser, das frtiher als Adsorptionswasser vorlag, j e naeh der Feinheit in dcr Struktur des Gels entweder als M i z e l l a r w a s s e r (bei feinen Strukturen) oder abet als I m b i b i t i o n s w a s s e r (bei grOberen), das man mechaniseh auszupressen bereits in der Lage ist. Aueh zwischen diesen Formen sind die versehiedensten Oberglinge bekannt. 1)

Es wird ohne weiteres einleuchten, d a b das A d s o r p t i o n s - w a s s e r e ines der h ~ u f i g s t e n P e p t i s a t o r e n v o r s t e l l t , die im B e r e i c h e k o l l o i d e r S t o f f e w i r k s a m s ind , wenngleich die Inten- sit,it dieser durch das Wasser herbeigeftihrten Peptisat ion nur dann bedeutend sein kann, wenn der Dispersitiitsgrad des betreffenden Sy- stems yon vornherein hoch genug ist. Am auffS.11igsten ist der Unter- sehied zwischen gr6beren Tonen und feineren, z. B. Kolloidton, auf die wir besonders zuriickkommen werden.

Bereits v a n B e m m e l e n 2) land die Annahme von Wassermem- branen bereehtigt Lind notwendig. Er stellte sich die Dichtigkeit des Wassers in der unmittelbaren Grenzsehicht an das Teilchen am gr6Bten und von hier an nach der Fltissigkeit zu immer mehr und mehr ab- nehmend vor, was ja auI die Existenz einer Hydrathtille herauskom'mt, die sich mit derjenigen deekt, v o n d e r in diesen Darlegungen stlindig die Rede ist. DaB die Dichtigkeit - - wir sagen auch Haftfestigkeit - - dieser Htille um so gr6t3er ist, je gr6Bere Oberfl~ichen als Angriffsfl~chen ihr zu Gebote stehen, geht ebenfalls schon aus den Darlegungen v a n B e m m e l e n s hervor, ferner findet sieh dieser Gedanke bei v. Wei -

1) A. Fodor , Koll.-Zeitschr. 30 loc. cit. 2) Loe. cit. S. 275.

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FODOR, STUDIEN 0BEN DIE NATUR DEN ADSORPTIONSVORG,~,NGE 107

m a r n x) in hervorragender Weise entwickelt. Auch S p r i n g nahm die Existenz yon Hydrathtillen an, ferner zog auch H. F r e u n d l i c h bei der Aufstellung seiner Adsorptionstheorie die Existenz einer ,,Be- netzungsschicht" in Betracht. 2)

Geradezu unentbehrlich wird aber die Vorstellung solcher Mem- branen, wenn wit die Teilchen eines Sols nach den e l e k t r i s e h e n E i g e n s c h a f t e n bin verfolgen. Die meisten in Wasser suspendierten und emulgierten Teilchen, und zwar sowohl grobdisperser als auch kolloid verteilter Natur, wandern im elektrischen Potentialgef/ille zur Anode, mtissen also eine negative Ladung besitzen. Wo ist der Ur- sprung dieser Ladung zu suchen ?

Die Annahme, dab diese Ladung ausschliet31ich und in allen F/illen von gewissen akzessorischen verunreinigenden Stoffen an der Ober- flS.che herrtihrt, llit3t sich durch die Frage widerlegen, weshalb denn diese immer eine anodisehe Wanderung bewirken mtissen und nicht einmal auch eine kathodisehe ? Ferner 15.t3t sich diese ErklArung in vielen FMlen sehon aus dem Grunde nicht anwendcn, weil das Kolloid er- schSpfend gereinigt wurde, so z. B. gewaschener Ton, gewisse ersch6pfend gewaschene Proteine, die in gleicher Weise negativ geladen sind, ob sie aus pflanzlichen oder aus tierischen Zellen herstammen. 8) Diese Er- kl~irungsweise dfirfte also nicht gentigen.

Einige Autoren, z. B. Miehael is4) , ftihren diese anodisehe Wande- rung auf einen SS.urecharakter der dispersen Teilehen zurtick, der sich in der direkten Abdissoziation yon ~I-Ionen einerseits und eines kol- loiden Anions anderseits kundgibt, also genau nach Art der verd~nnten LSsungen yon S~iuren. Ieh halte diese Ansicht fiir ungeeignet, um den Erscheinungen bei groben Dispersoiden und Kolloiden gerecht zu wer- den. Naeh ihr mtiBten beispielsweise Tonteilchen und verdtinnte Essig- s~iure oder eine andere schwache S~.ure in ihrem physikalisch-chemi- schen Verhalten (bis auf die SS.urest~irke) identisch sein, ein durchaus unwahrscheinlicher Gedanke.

Insofernhat es seine Richtigkeit, daft s o w o h l b e i m Ton als a u c h bei de r Ess igs~ ture die H e r k u n f t de r W a s s e r s t o f f i o n e n die g l e i c h e is t , worauf M i e h a e l i s nicht eingeht. W ~ h r e n d n ~ m - l ich die H y d r a t a t i o n bei den g r S b e r e n D i s p e r s o i d e n , kol -

1) v. Weimarn , loc. eit. ~1 Wo. Ostward beniitzt neben den Begriffen des Dispersitiitsgrades bzw.

der spezifischen Oberfl~che besonders die mehr oder minder hervortretende Sol- vatisierung zur' ErklS.rung kolloider "Vorgiinge.

s) A. Fodor , Fermentforschung {L 269 (1922). 4) L. Michaelis , Koll.-Zeitschr. 81 (199.2).

Page 32: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

1 0 8 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND X V I I I , H E F T "~--8

l o i d e n T e i l c h e n usw. n i c h t f iber die H y d r a t h f i l l e und i h r c r g rGBeren o d e r g e r i n g e r e n H a f t f e s t i g k e i t h i n a u s g e h t , w e r d e n d u r c h m o l e k u l a r - und i o n d i s p e r s e S t o f f e c h e m i s c h e H y d r a t e g e b i l d c t , in w e l c h e n d e r s e l b s t ~ n d i g e C h a r a k t e r d e s H y d r a t - w a s s e r s in p h y s i ~ a l i s e h e r H i n s i c h t n i c h t m e h r z u R e c h t be- s t e h t und l e t z t e r e s in das G e s a m t m o l c k L i l d e r S ~ u r e e i n g i n g .

Bei unserem Ton odor bei den anderen Kolloiden ffihrt das adsor- bierte Wasser eine selbst~ndige physikalische Existenz, wie Bile adsor- bierten Stoffe (s. oben). Es entsprieht somit diesen Tatsachen, wenrL wir ffiY dieses Gebilde das Symbol

--O-H - - I t . +

Di d-H - H +

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w~ihlen, damit andeutend, dab die Ladung des Dispersoids BUr die Ad- sorption des Wassers bzw. auf dessen Ionen zurfiekzuffihren ist, wo letz- teren noch weiterhin eine selbst~ndige WirkungsmSglichkeit zukommt. Ein Gebilde dieser Beschaffenheit erhielt den Namen E n h y d r o n .

Die Notwendigkeit, den Begriff yon Enhydronen einzuffihren, wurde dem Verfasser zum ersten Male klar, als die kolloiden Eigen- schaften des H e f e p h o s p h o r p r o t e i n s untersucht worden sind, ein Eiweit3kSrper, der als Tr~tger fermentativer Wirkungen auftritt, n~imli~h bei der Spaltung Non Polypeptiden in Aminos~iuren. Von hier BUS- gehend, wurde nach der Bercchtigung, enhydronartige Mizellen aueh bei anderen Proteinen anzunehmen, gefahndet und festgestellt, dab diese Kolloidgebilde auch bei einem weiteren Phosphorprotein, n~imlieh beim Kasein nachweisbar und darstellbar sin.d, ferner auch bei A l b u m i n und G l o b u l i n . x )

FBssen wir die Ergebnisse der Versuche mit Proteinen zusammen, so gelangen wir zu folgenden Punkten:

1. Der Enhydrorlenzustand der untersuchten Proteine ist dadurch ausgezeichnet, dab in ihm letztere elektrisch negativ aufgeladen sind

�9 und anodisch wandern. C h a r a k t e r i s t i s c h i s t f i ir F n h y d r o n e n d a s W a n d e r u n g s v e r m S g e n g e g e n r e i n e s W a s s e r , w o d u r e h sic s ich y o n a n d e r e n P r o t e i n z u s t g n d e n , i n s b e s o n d e r e y o n den g e q u o l l e n e n Si iure- und A l k a l i p r o t e i n e n , a u s z e i c h n e n , die ihrerseits dieses Verm6gen nieht oder so gut wie nicht mehr besitzen und lediglich gegen leitf/~hige L/Ssungen wandern.

') Literatur: A. Fodor , Das Fermentproblem, Dresden und Leipzig 1922; Koll.-Zeitsehr. 30 loe. eit., ferner 3g, 103 (1923).

Page 33: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

FODOR, STUDIEN OBER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORG,~,NOE 1 0 9

2. Bei den untersuehten Proteinen treten die Enhydronen als ultramikroskopiseh siehtbare, also selbst~ndige optisehe Existenz ftih- rende, in Brownsehe r Schwingung befindliehe Partikelchen hervor. Die nAheren Eigensehaften dieser Teilchen sind je nach dem betreffen- den Protein unterschiedlieh.

Beim Phosphorprotein der Hefe ist die Herstellung milchig-opaker Sole mit PrimArteilchen sehr leieht durchftihrbar. Auch beim Kasein gelang die Herstellung ~hnticher Sole, ja auch bei einzelnen Globulin- fraktionen. AUe diese Proteine sind an sich wasserunl6slich und geben, dureh Kunstgriffe in L6sung gebracht, kolloide L6sungen yon ultra- visiblen Enhydronen.

Eine Ausnahme bildet das Albumin, das in Wasser leicht 16slieh ist. Aueh diese L6sung enthiilt indessen Enhydronen, allein yon einer so geringen Gr6genordnung, ferner yon so starker Enhydronisierung, dab die Teilehen keine optische SelbstS.ndigkeit mehr aufweisen. Ver- gr6bert man jedoch dureh einen geeigneten Kunstgriff und ohne nennens- werten Zusatz yon Elektrolyten die Teilehen, so werden die so ent- standenen Sekund~irteilehen ultramikroskopiseh hervortreten (zum Teil sogar noch in Br0wnscher Sehwingung sein).

3. Ganz besonders dispergiert sind jene Mizellen, die man als ge- mischt aufgeladen mi t Lauge ansehen darf. Der Laugezusatz daft aber nicht so weir gehen, dab neue, gequollene Gebilde (Ekhydronen ge- nannt) dadurch entstehen, daft die Lauge die Gesamtoberfl~tche nun- mehr far sich in Anspruch nimmt. chen kommt das Symbol

I Protein

Diesen gemischt aufgeladenen T e i l -

- - O H H +

- - O H H

Na

zu, und es ist einleuchtend, dab angesichts der bestehenden Tendenz der Lauge, die Oberfl~che nach VerdrSmgung des Enhydronwassers allein zu beherrsehen, ein Optimum der Enhydronenexistenz vorhanden sein muff, in welchem die OberflXchenvergr6gerung noeh nicht auf Kosten des Enhydronwassers erfolgte. Dieses Optimum ist tibrigens bei der Austibung der Fermentfunktion seitens des Hefephosphorproteins wesensidentisch mit dem hier herrschenden Optimum der Fermentwir- kung. D a s V e r t e i l u n g s v e r h S A t n i s z w i s c h e n W a s s e r und L a u g e ftir d ies O p t i m u m i s t in e r s t e r R e i h e v o m u r s p r t i n g l i c h e n (bzw. , , m i t g e g e b e n e n " ) Z u s t a n d des P r o t e i n s abhS.ngig .

8

Page 34: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

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114 K O L L O 1 D C H E M I S C H E B E I H E F T E B A N D X V I I I , H E F T 3--8

I X . N e u e V e r s u e h e .

Diese Versuche bezweckten die A u s d e h n u n g der an den Proteinen

Studier ten Erscheinungen auf das Gebiet wei terer Kolloide und die

Verf iefung des Begriffes der Hydronen .

Als Versuchsmater ia l wurden zun~ichst kolloide Farbs tof fe heran-

gezogen, ferner zu wei teren Frages te l lungen Goldsol, E i senhydroxydso l

und Mastixsol .

Tab. 5. K o n g o r o ~ + S a l z .

20 Minuten Kata- phorese gegen Wasser

Farbe der Fliissig- keit im Anoden- raum

20 Minuten Kata- phorese gegen gleichkonzen- trierte Elektrolyt- 15sung

Farbe im Anoden- raum

1 2

5 c c m Kongorot

11 ccm H a O 0,05 M.-A.

Rosa

5 c c m Kongorot

11 ccm H sO 1 Tropten gesiittigte

Ammonsulfat- 16sung

0,05 M.-A. Kaum sicht-

bare anodische Wanderung

t 3,5--4 M.-A.

Starke anodische

Wanderung.

Sehr stark Orange

3 4

5 ccm 5 ccm Kongorot Kongorot

10,5ccmH aO 10ccm H aO

0 '5ccmKCl~0 1 ccm KCI~o

0,05 M.-A. 0,05 M.-A. Schwache Sehr schwache anodische

Wanderung Wanderung

Hellrosa I Fast farblos

K o n g o r o t + Z u c k e r l S s u n g .

K a t a p h o r e s e gegen HzO (10 Minuten) .

5 ccm Kongorot 10 ccm H s O

1 ccm Trauben- zucker 10 ~ 0,05 M.-A.

Ziemlich be- deutende anodische

Wanderung

5 ccm Kongorot 9 ccm HsO

2 ccm Trauben- zucker 10 ~

0,05 M.:A. Wie 1

5 ccm Kongorot 6 ccm H~O

5 ccm Trauben- zucker 10 ~

0,05 M.-A. Viel st/irker als 1 und 2

5 ccm Kong0rot 11 ccm Trauben-

zucker 10 ~ Wie 3

X . B e s p r e c h u n g d e r V e r s u c h e .

Die Tabel len 1 - - 4 en tha l t en die Ergebnisse, die mi t vier Fa rb -

stoffen erhal ten wurden, n~tmlich mi t dem semikol lo iden Kongorubin ,

ferner mi t den ausgesprochenen Kot loiden Kongorot , Nach tb lau und

Alkal iblau. Ihre L6sungen yon den in den Tabel len angegebenen

Page 39: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

FODOR, STUDIEN 0BER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORGANGE 115

Konzentrationen wurden jedesmal zun~ichst gegen Wasser iiberftihrt. Somit war die Anordnung im Apparat nach L. Michae l i s die folgende:

Ag NaC1 H 2 0 Farbstoffl6sungi H20 CuCI,.[ Cu.

Sodann wurde die gleiche L6sung mit den entsprechenden Elektrolyt- zus~itzen gegen eine Fltissigkeit tiberfiihrt, deren Gehalt an Elektrolyt mit jenem in der FarbstoffliSsung genau tibereinstimmte:

Agl NaC1 Elektrolytl6sung Farbstoffl6sung Elektrolytl6sung Cu C12 C~.

Nghere Angaben sind in den Tabellen zu finden. Die gleichen L6sungen der Farbstoffe wurden sodann in gleicMalls

in den Tabellen verzeiehneten Gemisc, hen mit den gleiehen Elektro- lyten auf ihre Viskositgten und ihren optischen Habitus hin untersucht. Die Viskosit~ttsbestimmungen erfolgten im Apparat yon W i l h e l m Ost- w ald , die optischen Untersuchungen im Dunkelfeldapparat mit einem Kardioidkondensor -- ZeiB. Aut3erdem wurde die Adsorptionsf~hig- keit an T i e r k o h l e 1) untersucht.

1. Beziiglich der Versuche mit K o n g o r u b i n lAflt sich auf %1- gende Tatsachen hinweisen:

E ine Kongorubinl6sung 0,1 g: 200g H20 ohne anderen Zusatz als Wasser zeigt bei der Kataphorese gegen Wasser (220 Volt, Gleich- strom) eine ganz schwaehe anodische Wanderung, die beim Zusatz yon

n_ Salzsiiure allmlihlich stS.rker wird, um dann wieder abzunehmen. 10 Es ist also ein optimaler Salzsgurezusatz (in der getroffenen Anordnung betrggt er drei Tropfen) vorhanden. Ein ghnliches Bild fehlt beim all- m~thlich ansteigenden Zusatz von verdtinnter Lauge. Hier wirken be- reits wenige Tropfen verringernd auf die Wasserwanderung. D a g e g e n is t d i e W a n d e r u n g gegen e n t s p r e e h e n d e E l e k t r o l y t l 6 s u n g e n i m m e r noeh b e d e u t e n d , a u c h wenn die W a s s e r w a n d e r u n g k a u m mehr s i c h t b a r ist. Hier herrschen also ahnliche Verh~iltnisse wie bei den Proteinen, wo die Wanderung gegea Wasser aufhiSrt, sobald man gentigend groge S~ture- bzw. Laugenzusiitze macht, weil die stark ekhydronisierten P r o t e i n i o n e n gegen Wasser allein kein Wanderungs- verm6gen zeigen, lediglich gegen Elektrolytl6sungen.

Die o p t i s c h e n Versuche ergaben beim Kongorubinsol, daB. die einigermat3en lebhafte Brownsche Bewegung der Solteilchen gegentiber S~iurezusatz sehr empfindlieh ist und bereits bei reeht geringen S~iure- mengen versehwindet bzw. einer diehten Aggregation, bei welcher die gesamte Zahl der Teilchen wie zu einer ganzen Masse zusammentritt,

1) Carbo mediz. Merck kam zur Verwendung.

Page 40: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

116 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND X V I I I , H E F T ~--8

Platz macht. Laugezusatz verXndert die Schwingungsintensitlit nicht mcrkbar, wenigstens nieht bei der hier angewandten blorien Betraehtung.

E ine b e d e u t e n d e A d s o r p t i o n d u r c h K o h l e t r i t t e r s t d a n n ein, we'nn die L 6 s u n g an S~iure und L a u g e so s t a r k is t , d a b die l d b e r f f i h r u n g e n gegen W a s s e r u n b e d e u t e n d gewor - den sind.

Diese Resultate mit Kongorubinsol lehren also folgendes: Kongorubinsol enth~ilt optiseh naehweisbare Enhydronen, erkenn-

bar am Wanderungsverm6gen des Sols gegen reines Wasser. Dieses Vermtigen wird dureh kleine Zus~itze an S~iure und Lauge verst~irkt, indem, wie bereits oben gesagt wurde, Mizellen des Schemas

Kolloid OH I~I H,O + NaOH - - - ~ -

Kolloid O~H +

Na �9 i i

stets st/irker wandern, als reine Enhydronen. In dem Marie aber, als die Wasserhfille ihre Haftfestigkeit an die Solteilchen infolge Eindrin- gens hinreichend groger Mengen der erwlihnten elektrolytischen Zus/itze mehr und mehr einbtirit und die Aufladung elne reine elektrolytisehe wird, entsprechend den Bildern

wandern die Mizellen gegen Wasser nicht mehr, sondern ausschliefllich gegen Elektrolytl6sungen. Somit geht die WanderungsfXhigkeit tiber ein Opt i mu m, indem sie erst dann ins Abklingen ger/~t, wenn der enhydro- nische Charakter der Mizelle durch starkcs Vordringen des aufladenden Elektrolyten in der Hydratschicht nach dem .Inneren zu zu weichen be- ginnt und schlierilich der rein-elektroiytischen Aufladung Platz macht:

O--H1 I~I Lauge Kol!oid ~" K~176 0 H i OH H 11~aOH

O--H H I'~O--t- mehr O H | N a l H , O + K~176 ~ i | i | N a O H +

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Der Unterschied gegenfiber Proteinl6sungcn mit S/kure- bzw. Alkali- zus/itzen besteht somit darin, dari hier keine nennenswerte Quellung bzw. Ekhydronenbi]dung der rein-elektrolytischen Aufladung mit S~iure und Laugefolgt, e ine T a t s a e h e , die g l e i c h z e i t i g . g e g e n die Zu-

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F O D O R , S T U D I E N I~,BER DIE N A T U R D E R A D S O R P T I O N S V O R O ~ N O E 117

r t i c k f i i h r u n g des m a n g e l n d e n W a s s e r w a n d e r u n g s v c r m S g e n s au f 'die Q u e l l u n g als s o l che bei den P r o t c i n c n s p r i c h t .

Endlich zeigen die Kongorubinsolversuche, daft eine bedeutendere Adsorbierbarkeit erst mit der Zurtickdr~ingung der Enhydronisierung zug~nsten der rein-elektrolytisch aufgeladenen Solteilchen auftritt , oder doeh wenigstens, dab die Adsorption durch Kohle bei den letzteren

viel gr6fler ist als bei den Enhydronen. 2. Die "Kongoro tve r suche ftihren zu iih.nlichen Resultaten. Die

gr6Bte Wasserwanderung tri t t hier bei zusatzfreien L6sungen auf, in- des sic sowohl nach der sauren als auch alkalischen Seite hin bald ab- flaut. An diesem raschen Abklingen scheinen tibrigens auch die im Farb- stoff enthaltenen Elektrolyte beteiligt zu sein, die eine starke Natrium- flammenreaktion hervorbringen. Auch beim Kongorot besteht eine kr~fftige Wanderung gegen ElektrolytlSsungen bei bereits ausfallender Wasserwanderung; auch hier versehwinden die sehwingenden Enhydronen zugunsten yon Aggregatbildungen im ultramikroskopischen Feld bei SS.urezusatz im Uberschufl, wogegen Alkalizusatz den DispersitS.tsgrad bis zur mangelnden UltravisibilitS.t erh6ht. Auffallend ist dieVi s k o s i t ~i t s - z u n a h m e 1) bei extrem starken ZusS.tzen an Siiure und Lauge. Die Ad- sorptionsverhS.ltnisse deeken sich im groflen und ganzen mit denen beim Kongorubinsol: die Adsorptionssteigerung wird bei der rein-elektroly- tischen Aufladung bedeutend, viel bedeutender als bei Enhydronen.

3. N a e h t b l a u . Auffallend.ist hier die an sich geringe kathodische Wasserwanderung, die bei Zusatz von S~iure sehr rasch, mit Alkali lang- samer abklingt, wXhrend die Wanderung gegen Elektrolytl6sung im ersteren Falle ziemlich stark, im letzteren allerdings weniger stark her- vortritt. Die Enhydronenbildung is t also bei diesem basischen Farb- stoff an sich gering. Entspreehend ist aueh das Adsorptionsverm6gen an Tierkohle im Vergleich zu jenem der" vorhergehenden Farbstoffe

n n ausgesprochen groB: 4 Tropfen 10-Lauge und 5 Tropfen 10-SS.ure rufen

eine r e s t l o s e A d s o r p t i o n hervor! 4. Beim A l k a l i b l a u bedingt der von vornherein reichliche Go-

halt der L/3sung an Elektrolyt (starke Natriumflammenreaktion!) eine geringe Wasserwanderung. Bei totalem Verschwinden letzterer bleibt die Wanderung gegen Elektrolytl6sung noch sehr bedeutend. A u e h h i e r i s t die h o h e V i s k o s i t ~ t s z a h l bei s t a r k e r SS .u reau f l a - d u n g a u f f a l l e n d , ~ihnlich wie bei K o n g o r o t , f e r n e r f~illt die

1) H. Luers (Koll.-Zeitschr. 27, 123 []920]) hat beim Kongorubinsol darauf hingewiesen, dag die zeitlich mel3bare Flockung mit einer Viskositiitszunahme einhergeht.

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1~ .8 K O L L O I D C H E M . I S C H E B E I I t E F T E B A N D X V l l l , H E F T 3--8

s t~ i rks te A u f l a d u n g h i e r wie d o r t m i t de r g r t iB ten A d s o r p - t i o n s t e n d e n z z u s a m m e n . Wir dtirfcn somit auf Grund dieser Be- funde die Behauptung aufstellen, d a b die E n h y d r o n e n de r ge- p r t i f t e n k o l l o i d c n F a r b s t o f f e a m s e h w ~ i c h s t e n , die g e g e n W a s s e r n i c h t w a i l d e r n d e n c l e k t r o l y t i s c h a u f g e l a d e n c n Te i l - chen h i n g e g e n a m s t t i r k s t c n a d s o r b i e r t w e r d e n .

Die T a b e l l e 5 enth~lt kataphoretischc Vcrsuchc tiber Kongorol~ in G e g e n w a r t y o n Sa lzen . Manersieht aus letzteren, dab geringe Salzmengen hinl/inglich sind, um die Wasserwanderung g/inzlich aufzu- hcben, In diesem Sinne wirkt bereits ein Tropfen einer gesltttigtcn Ammonsulfatl6sung auf 16 cem Versuchsfltissigkeit. Die Aufladung der Kongorotteilchen mit dem Salz ist in dieser L6sung ganz bedeutend, was aus der starken anodischen Wanderung gegen eine entspreehende Salzl6sung herv0rgeht. Kaliumchlorid wirkt /ihnlich.

Wie zu erwarten war, wirkt ein Nichtelektrolyt, wie z. B. T r a u b e n- z u c ker , im entgegengesetzten Sinne und beeinflut]t in gcringerer Menge die Wasserwanderung des Kongorotsols gar nicht, in gr6i~eren Zu- s~itzen wirkt er sogar f 6 r d e r n d auf die Kataphorese. Die Bildung yon Enhydronen scheint also dureh Zuekerl6sung begtinstigt zu werden, und es ist klar, dat3 die Ausdehnung dieser Versuchc auf mehrere Kate- gorien yon Nichtelektrolyten recht interessante Lichtblieke auf die ganze Frage werfen wird.

Insbesondere w/ire die Aufkl~irung, der Frage yon grot3em Belang, mit welehen anderwcitigen Erschcinungen die Tatsachc zusammen- hSmgt, daft die elektrolytisch aufgeladenen Kolloidteilchen gegen Wasser keine Wanderung mchr aufweisen, eine Frage, die uns bereits bei den Pro- teinen besch~ftigte. 1) Offenbar sind bier zwei wesensverschiedene Vorg/inge im Spiele: Die Enhydronenwanderung vollzieht sieh ohne merkbare elektrolytisehe Zersetzungen, wogcgen dies ftir die Wanderung der Mizellen gegen Elektrolyte nicht mehr gilt. Dementsprechend ver- tindert sich der ursprtingliehe Milliamperometeraussehlag bei der Wasser- wanderung so gut wie gar nieht, dagegcn im anderen Falle in der Regel in reeht auffallendem Malle.

Auf alle F~lle darf die Doppelnatur der elektrischen Aufladung yon den Proteinen auch auf andcre Kolloide tibertrager~ werden. Was die Enhydronen betrifft, so w~ire noch hinzuzuftigcn, dab das Schema

i + o-H H + Kolloid H

~) Loc. eit. Koll.-Zeitschr. 30.

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FODOR, STUDIEN 0BER DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORGANGE 119

natiirlich lediglich einer recht entfernten Wiedergabe der realen Ver- hSJtnisse entspricht. Es dtirfte nur ftir den innersten Belag der gesamten Adh~isionsgchicht gtiltig sein, indes die ~iu/3eren Teile der Fltissigkeits- haut einmal weniger stark haften, wom6glich aber auch keine Spaltung in Ionen, wie die inwendigste Schichte, die der kolloiden Materie in unmittelbarer Weise anhaftet, erfahren werden. Be i der e l e k t r o l y - t i s c h e n A u f l a d u n g f e h l t nun ge r ade d ie se r i n n e r s t e , in I o n e n g e s p a l t e n e Be lag de r A d h ~ t s i o n s h a u t und is t d u r c h den E l e k t r o l y t e n e r s e t z t ; d a g e g e n s ind die /~ufieren, l o c k e r h a f t e n d e n S o l v a t s c h i c h t e n nach wie vor v o r h a n d e n . In Wirklichkeit werden also etwa folgende Symbole gelten:

Koiloid O--H HOH I d~il ; i ~ .... H20 --- H o H / H e O bzw. Kotloi K , i i

Enhydron. Heteroion, im gewissen Sinne bereits Ekhydron.

Zwischen diesen Heteroionen und den stark gequollenen Ekhy t dronen der S/iure- und Alkaliproteine besteht ein gewaltiger gradueller Unterschied hinsichtlich der IntensitS~t der Wasserbindung, der man durch obige Symbole zun/ichst keinen Ausdruck verleihen kann. Man mtiflte diese Natur des Wassers durch einen besonderen Index der Wasserformel andeuten, z.B. H20 coll. (von colliquatio ~---Quellung), analog H~O krist. Ftir die Ekhydronen der Proteine h/~tten wir als0 das Schema

/[( .... Pr~ O--H/Na| H OH .... I : i ~ !_j i

wobei die HOH-Molektile zwischen der eckigen und geschlungenen KlammerIReste von Adh~sionswasser bedeuten, die bei maximaler Quellung gleichfalls weiteren Quellungswassermengen Platz machen diirften.

Hinzuzufiigen w~tre freilich, daB, wie tibrigens bereits dargetan wurde, dieses ,,motekulare" Wasser, ebenso wie das Quellungswasser, in der Regel gar nicht reines Wasser vorstellen, sondern dab % sich um L6sungen der beteiligten Is handelt, was ja im Sinne unserer hier vertretenen Anschauung fiber die Ads0rpti'on gelegen ist. S,o wird das gul3ere Wasser im Heteroion, das wir oben symbolisiert haben, KCl gel6st enthalten, beim Proteinekhydron wiederum Alkali, beide Elektrolyte in einer gegentiber dem Kolloid neutraleren Form, indes die innersten Schichten der Elektrolytl/Jsung das Kolloid ionogen auf-

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1 2 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XVIi l , HEFT 3--8

laden. Es ist sehr wahrscheinlich, dab wir in diesen VerhS.ltnissen auch

das unterseh'iedliche WanderungsvermSgen gegen Wasser zu suchen

haben. Jedengalls liegt der weitere Ausbau des Mizellenbegriffes in dieser

hier angegebenen Richtung.

XI. l~bvr r Umsctzungen und anderweit ige R e a k t i o n e n in Hydratschichten.

Eine ganze Reihe von Reaktionen sind auf die Mitbeteiligung yon Grenzfl/ichen zurfickzuf/ihren~ ohne deren Anwesenheit sie undurch-

ftihrbar bleiben. Hierher gehSren vor allen Dingen die sogenannten Adsorptionskatalysen ul~d Fermentwirkungen, wie bereits oben wieder- holt angedeutet wurde. Wie an anderen Stellen Auseinandersetzung fandl), stellt die fermentative Substanz, in zahlreichen F~illen wenig-

stens, ein Kolloid dar, dessen Enhydroncn fcrmentativ wirken, und zwar in der Wcisc, dab das in ihre Hydratationsschicht diffundierende

Substrat hicr dutch die anwesenden I~- und OH-Ionen (bzw. + Na- und

O--H-Ioncn) hydrolytisch gespalten wird. Werdcn die Enhydronen durch Ekhydronen ersetzt, was durch Hinzufiigung yon tiberschiissigen,

zu Alkaliprotein ftihrcnden Laugcmcngen bewerkstelligt wird, so wird dic LSslichkeit des Substrates in der Hydratationsschicht herabgesctzt

und dic optimale Fcrmcntwirkung damit iiberschritten. Ncben diesem biologisch so auBerordentlich bcdeutenden Reaktions-

typds lassen sich sodann noeh weitere Typen erw~hnen, die in die Kate- gorie der Reaktionen in Grenzfl/ichen bzw. Grenzfl~tchen-Hydrat-

schichten gehSren. Wie wir oben dargetan haben, beruht nach unserer Ansicht die erh6hte Reaktionsf~ihigkeit in diesen Schichten in vielen F~illen darauf, dab die ,,reagierenden Massen" der darin gel6sten K6r-

per von jenen in einer gewShnlichen LSsung abweichen. So mystisch dies klingen mag: die Existenz der Adsorptionsgleichung sagt nichts

anderes aus, als diese Tatsache. In die Kategorie der Umsetzungcn in Grenzschichten sind auch die

sogenannten A u s t a u s c h a d s o r p t i o n e n yon Michae l i s und R o n a zu stellen. Wie schon erw~ihnt wurde, fanden sie bei Adsorptionen an Tierkohle stets eine 5.quivalente Adsorption yon Anion und Kation eines Elektrolyten, und wo dies nicht der Fall war, hat ein Austausch z. B. zwisehen dem Kation Und dem an der Kohlenoberfl~che a priori

anwesenden Ca-Ion stattgefunden, auf dessen Rechnung die schein-

1) Z. B. A. Fodor, Das Ferrnentproblem, Dresden und Leipzig 1922.

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FODOR, STUDIEN 0 B E R DIE NATUR DER ADSORPTIONSVORO.~NOE 121

bare mangelnde .~quivalenz zu setzen war: Das Zustandekommen dieses Austausches ist nunmehr in der Wcise ~tenkbar, dab in der Grenz- hydratat ionsmembran die Umsetztmg

(Kation-Anionl) + (Ca-Anions). = (Kation-Anion2) + (Ca-Aniofll) st attfand, und dab yon den Umsetzungsprodukten das (Ca-Anion1) als schwerer adsorbierbarer K6rper in die L6sung austrat. Hier kommen wir also mit dem Begriff der Lyosorption aus.

Ferner sind auch die gleichfalls bereits angedeuteten Reaktionen an GrenzflAchen zu erw~hnen, bei welcher die Substanz des Adsorbens selbst an der Umsetzung beteiligt is}, wie z. B. der auf S. 104 erw~ihnte Fall yon Kalomel + Quecksilberjodid. Das klassische Beispiel ffir diese Art Reaktionen ist die bekannte Spaltung yon Kalisulfat durch Braun- stein yon v a n B e m m e l e n . Sodann geh6ren hierher die gleichfaIls (S. 100) er6rterten Reaktionstypen yon Silbersolteilchen mit Halogen- verbindungen usw. In allen diesen F~illen erfolgt eine prim~tre Adsorp- tion des einen reagierenden K6rpers durch das Adsorbens, ftir welehen Akt die M6glichkeit einer Lyosorption zun~tehst einmal nicht yon der Hand zu weisen ist. Sodann folgt, herbeigeftihrt durch die erw~hnte gesteigerte Reaktionsgeschwindigkeit infolge ,,erh6hter chemischer Massenwirkung" der Umsatz, wobei diesmal das Adsorbens selber als reagierender K6rper mitwirkt, und zwar wird diese Mitwirkung ihrer IntensitS.t nach von ddr Korngr6Be des ersteren best immt sein. Die chemische Natur des Adsdrbens spielt bier die ttauptrolle.

Aber auch K o l l o i d r e a k t i o n e n , wie Koagulationen usw., dtirf- ten zu denen geh6ren, die dureh die Anwesenheit adsorbierender Obcr- flS.ehen ausgel6st bzw. beschleunig t werden. Wir verweisen hier auf die S e n s i b i l i s i e r u n g s c r s c h e i n u n g e n bei der Flockung von hydro- phoben Solen, welch letztere durch die Anwesenheit yon hydrophilen .Stoffen, wie Eiweil3 usw., gef6rdert wird. Ein Beispiel hierftir bietet tier Befund yon B r o s s a und F r e u n d l i c h l ) , wonach ein Gemisch von I"e203 + Albuminsol bei geringeren Chl0rnatriumkonzentrationen flockt, als das Eisensol allein unter gleichen Bedingungen (Albumin flockt be- kanntlich bei so geringen Salzkonzentrationen: 1,56--1000 Millimol/L

- - tiberhaupt nichtl). Dicse ,,Sensibilisierung" ffihren die Genannten auf die Herabsetzung der Ladung der Eisenoxydsolmizellen dlurch das Albumin zurtiek, wodurch auch die ftir die Flockung notwendige Salz- menge vermindert wird. Dazu ist nach ihnen die Anwesenheit eines ent- gegengesetzt geladenen hydrophilen Kolloids notwendig. Da ferner eine neutrale Eiweigl6sung stets Anionen u nd Kationen enth~tlt, 15.gt sieh

~) Brossa und Freundl ich , Zeitschr. f. physik. Chem. 89, 306 (1915).

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1 ~ KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XVIII , HEFT 3-8

auch die Beobachtung erkl~rcn, (lab Albuminsowohl positive als auch negative Sole bzw. Suspensionen (z. B. Mastix und Kaolin 1) sensibilisiert.

DaB die Sensibilisierung nicht restlos elcktrische Ladungsersch'ei- nungen als letzte Ursache besitzt, geht bereits aus dem Befund von H e n r i und Mitarbeitern 2) hcrvor, wonach StS.rkel6sungen auf F% O a- Sole sensibilisierend wirken, indes erstere nach F r e u n d l i c h sehr geringe Mengen kolloider Anionen enthalten. Es mtiBte also nach ihm schon das eventuell vorhandene (verunreinigende) Amylopektin mit seinen Anioncn herstellen, um die Tatsache der Sensibilisierung erkl~iren zu k6nnen.

Die Erkl~rungsweise , dab eiitgegengesetzt geladene hydrophile Kolloide anwcsend sein mtissen, um eine Sensibilisierung der Flockung hydrophober Sole herbeizuftihren, versagt aber, sobald das hydrophile Sol nachweislich gleich geladen ist mit dem flockeni:ten, wie z. B. iu derMi t te ihmgvon G. H. F i s c h e r u n d A . F o d o r . a) DieLetz tgenannten fanden eine Sensibilisierung der Goldsolausflockung dutch Kochsalz- 16sungen selbst in Anwesenheit yon Alkaliglobulin nicht allzu starker Quellung, in welcher LSsung positiv geladcnc Eiwciflteilchen vSllig fch- lea. Ferner wirkt ncutrale AlbuminlSsung nicht im geringsten sensibili-

sierend, obgleich hier beide Ionengattungen vorhanden sind. Auch die Wanderungsverh~tltnisse bei kataphoretischen Versuchen sttitzten die Entladungstheorie nicht. Die Autoren betrachten demgem~iB ihren Sensibilisierungsvorgang als eine Folge der erh6hten Salzwirkung an der GlobulinoberflS.che (verstehe in deren "Hydratationsschicht!) auf die dahin gelangenden Goldteilchen. Bei Ekhydronisierung des Globu- lins als auch bei seiner vSlligen Dehydratisierung durch zu hohe Salz- zus~itze versagt die Flockung, so dab also auch hier eine o p t i m a l e H y d r a t i s i e r u n g zu Recht bestehen muB.

Mit d i e s e r A u f f a s s u n g r e i h e n wir a b e r die S e n s i b i l i s i e -

r u n g s p r o z e s s e e b e n f a l l s in die K a t e g o r i e der d u r c h das ge- m e i n s a m e L 6 s e n m e h r e r e r r e a k t i v e r S t o f f e in e i n e r und de r - s e l b e n t t y d r a t a t i o n s s c h i c h t a u s g e l 6 s t e n U m s e t z u n g e n ein.

X l I . V e r s u c h e f iber d i e A d s o r p t i o n v o n S o l e n d u r c h T i e r k o h l e .

Ein Tcil der diesbczfiglichcn Vcrsuchc wurde bcrcits in Tabcllc 1 --4 vorweggcnommen und ebenso auf das Ergebnis hingewiesen, dab die A d s o r p t i o n der E n h y d r o n e n im V e r g l e i c h zu den e l e k t r o l y -

1~ Michael is und Rona, Biochem. Zeitschr. 9. (1907); 5 (1907). 25 Siehe H. Freundl ich , Kapillarchemie, II. Anti., Leipzig 199.2, S. 803.

Daselbst auch weitere Literatur. *) G. H. Fischer und A. Fodor , Koll.-Zeitschr. 39. (wiihrend der Korrek-

tur unter Druck); frfiher G. H. F i s c he r, Zeitschr. f. exper. Medizin 14, 60 (19'2i).

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F O D O R , S T U D I E N O B E R D I E N A T U R D E R A D S O R P T I O N S V O R G ~ N G E 123

t i s c h a u f g e l a d e n e n M i z e l l e n e r s c h w e r t i s t . Wir kSnnen auf Grund der bisherigen Befunde 1) folgende Gesetzm~fligkeit aufsteUen:

J e f e s t e r an e in M o l e k t i l bzw. K o l l o i d t e i l c h e n da s H y -

d r a t a t i o n s w a s s e r g e b u n d e n i s t , u m so g e r i n g e r i s t s e in V e r m / ) g e n , ( l u r c h T i e r k o h l e a d s o r b i e r t zu w e r d e n . I) ieseTat- sache spricht ganz klar far den lyosorptiven Charakter der Tierkohlenad-

sorption und daffir, (taft dieser selbst ein Hydratat ionsphS.nomen zugrunde liegt, das ausbleibt, sobald dic Hydra ta t ion des Adsorptivs a priori grol3 genug ist. Auch haben wir bier einen Punkt, auf welchem wir mit den

elektrischen Aufladungstheorien, ohne Hinzuziehung derWasserbindungs-

verh~.Itnisse, nicht mehr auskommen kSnnen. Dcr Umstand, dab eine Substanz elektriseh beladen ist, wfirde noch kaum genfigen, um ihre Widerstandsf~higkeit gegen :lie Adsorption an Kohle zu erkl~ren, wohl aber ist es einleuchtend, dab ein an sich bereits hydrat is ier ter Stoff zur weiteren Hydrat is ierung (bei der Lyosorption) nicht tauglich ist.

In dem Folgenden soll die Abh~ngigkeit des AdsorptionsvermOgens durch Kohle yon elektrolytischen Zus~.tzen in quali tat iver und quanti-

tat iver lI insicht bei mehrereI: Solen geprtift werden.

1. G o l d s o l (nach C a s t o r o bereitet). a) Je 5 ccm Goldsol + Farbe des Filtrats

- - ccm (Nullversuch) fast farblos,

n $ogleieh je 0,1 g rosh, 0,5 ,, i ~ N a O H . : Kohle zugeffigt, n

1,0 ,, 10 " �9 �9 " 1 Minute lang ge- schwach rosa,

n schtittelt und fil- farblos, 2,5 ,, i0 " " " " triert n

0,5 ,, T " " " " farblos.

Das Unverm6gen, adsorbiert zu werden, geht somit fiber ein Opti- mum, was wiederum damit zusammenh/ingt , dab g e r i n g e A l k a l i -

m e n g e n d ie E n h y d r o n e n b i l d u n g i n f o l g e E r h S h u n g des Dis -

p e r s i t / t t s g r a d e s u n d A u s d e h n u n g d e r e n h y d r o n i s i e r b a r e n O b e r f l ~ i c h e s t a r k f 6 r d e r n . Erst gr613ere Alkalimengen verniehten

die Enhydronen, indem sie Mizellen entstehen lassen, die, wie wit nun- mehr wissen, keine Wasserwanderflngsf/ihigkeit besitzen, wiewohl ihre Aufladung mit Ionen bedeutend ist (s. Tabelle 1--4).

Zu Versuch a) ist noch hinzuzufiigen, dab 5 ecru unseres Goldsols rl

selbst mit 5 ecm i0-Lauge innerhalb 24 Stunden keine /iutlere Vcr-

5.nderung zu erkennen gaben.

1). Zu ihnen gesellt sich noch der friihere Befund (Ab d e r h a l d e n und F o d o r l o c . cit.), wonach mit Alkali gequollene Proteine sehr scbleeht adsorbiert werden.

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1 ~ , ~ K O L L O I D C H E M I S C H F ~ B E I H E F T E B A N D X V I I I , H E F T 3--~

n T b) Je 5 ccm Goldsol ~- 0,5 ccm bzw. 2,5 ccm 10-NaOH

21 Gem KCI 10n . . . . I ]farblos,

,, ,, ~ . . . . Tierkohle [ [ fa rb los ,

3 . . . . . . . . } ",vie sub ~farblos, 10 i

5 a) !

. . . . 10 . . . . I ]farblos, 0,5 . . . . ges . . . . . ]Flockung.

Wir sehen also, dab geringe Salzmengen -- selbst in A11wesenheit der Lauge -- die Enhydronen zerst6ren und die Adsorption f6rdern.

e) 10 ccm des Go.ldsols wurden mit einigen Milligramm Tierkohle besehiekt und gesehtittelt. Infolge der geringen Kohlenmenge k~ man die Farbe des Sols beobaehten. Die kohlehaltige L6sung wurde in zwei gleiche Teile geteilt, deren einer mit 5 ccm Wasser, der andere

n . , mit ebensoviel ~6-Kahumchlorldl6sung vereinigt wurde. Jetzt wurdc mehrere Minuten hindurch kr/~ftig gesehfittelt und die Farbe beobaeh- tet. Der w/isserige Teil blieb rosa gef~irbt, indes sieh der salzhaltige leicht bl/tulich-rosa f~irbte. Die allm~thliehe Umwandlung tier Farbe kann verfolgt werden, sie dauert mehrere Minuten. ])as Filtrat des ersteren war stark rosa , des zweiten dagegen f a r b l o s . Das gleiehe

n Resultat ergeben andere Salzl6sungen, wie lb -KCNS bzw. K2SO~, in gleicher Menge zugesetzt.

Aus diesen Versuchen geht unmittelbar hervor, dab die Salzwirkung unter den geschilderten Bedingungen in einer Vergr~it0erung der Teil- chengr6Be besteht, die mit Salz allein n i c h t erfolgt, was b e s o n d e r e N u ' l l v e r s u c h e zeigten. " Somit wirkt das Salz ausschliefllieh in Gegen- wart der Tierkohle vergr6bernd, welcher Umstand letztere zu einem S e n s i b i l i s a t o r i m f r ~ h e r er6rterten Sinne macht. Die A d s o r p t i o n d u r e h K o h l e w i rd a l so b e i m G o l d s o l d u r e h a u s n i e h t i n j e d e m F a l l e a u s s c h l i e g l i e h d u r e h d i r e k t e S a l z w i r k u n g g e f 6 r d e r t , s o n d e r n die F 6 r d e r u n g k a n n a u c h a u g e r d e m e ine S e n s i b i l i - s i e r u n g d u r e h die K o h l e z u m G r u n d e h a b e n , d u r c h w e l e h e n V o r - g a ng die E n h y d r o n i s i e r u n g g l e i e h f a l l s z u r ~ e k g e d r ~ i n g t w i r d . Unter Umst/inden werden beide Ursaehen zugammenwirken k6nnen. Die folgenden Versuehe beschMtigen sich mit der gleichen Frage:

d) Zu den nunmehr zu er6rternden Versuehen wurden als Stamm- 16sung 50 ccm Go ldso l - [ - 0 ,15g T i e r k o h l e verwendet. Im tibrigen wurde wie oben verfahren und das Schtitteln 5 Minuten lang fortgesetzt.

Je 5 ccm StammI6suag wurden mit versehiedeaen Salzmengen versetzt und das Volumen stets auf 10 cem mit Wasser aufgefiJllt.

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FODOR. S T U D I E N CIBER DIE N A T U R DER A D S O R P T I O N S V O R G A N O E 1 ~ 5

Farbe des Filtrats 11

1,0 ccm KCI 10 . . . . . . . noch ganz wenig rosa,

n farblos, 1,5 . . . . 10 . . . . . . . n

0,5 ,, K C N S 10 . . . . . . farblos, n

1,0 . . . . . 10 . . . . . . . farblos, rl

0,5 ,, K a S O 4 10 rosa Schimmer,

n farblos, 1 , 0 . . . . i 0 . . . . . .

0,2 ,, C H s C O O K 0,08n . . farblos,

0,5 . . . . 0,08n farblos,

1 Tropfen CaC�89 0,071n farblos.

Die st~trkste fSrdcrnde Wi rkung auf die Adsorp t ion weiscn somit

CaCle, Azc t a t und Rhodanid (abs tc igend gcordnet) , dann folgen Sulfat

und Chlorid. Die Annahmc, dab das Rhodan ion auf das Goldsol dehydra :

t i s ierend wirkt , ist offenbar bei dem bckann ten Charalcter des ers teren

abzulehnen. Wohl abcr e rgabcn bcsonderc, hicr folgende Versuchc,

daft Rhodanid und Aze ta t du tch Kohlc besser adsorb ic r t werden als

Chlorid und Sul fa t des Ka l iums :

Jc 10 ccm der Zehnte lnormal lSsungen der vicr Salze wurden mii:

1 g Kohle gcsch[i t tc l t und 5 ccrn dcr F i l t r a t c ana lys ier t .

5 ccm des KCI-Filtrats verbrauchen 4,58 ccm AgNO s nach V o l h a r d , 5 . . . . KCNS- . . . . 3,81 . . . . . . . . .

n 5 . . . . Azetat- ,, ,, 4,25 ,, HC110 (Kongotiiptelmethode),

n Iq SO,- 5 . . . . K, $O 4- ,, entsprechen 0,0534 g BaSO, a), d .h . 4,57 g i-0-

L6sung. Es ist somit rccht naheliegend, daft bei den bciden Salzcn mit

organischen Anionen, beim Rhodanid mit Bes t immthe i t , die S e n s i -

b i l i s i c r u n g d u t c h d i e K o h l c einc wichtige, viel le icht ausschlag-

gebende Rolle spiclt .

2. K o n g o r u b ' i n s o l (0,1 g in 200 g H 2 0 ).

a) S tammlSsung : 50 ccm Sol -b 0,4 g Kohlc.

Je 5 ccm der S tamml6sung wurden mit verschiedenen Mengen

In "Laugev vcrse tz t und das Volumcn auf 10 aufgeftil l t . c c m

Filtrat: Kein Zusatz (Nullversuch) . . rosa,

n 0,5 ccm ~ - N a O H . . . . . . helIrosa,

n 1,0 ,, 10 " . . . . . . noch heller,

') Das Gewicht des aus einem unter gleichen Bedingungen hergestellten Wasserauszugs der Kohle erhaltenen Ba-Niederschlages wurde abgezogenl

9

Page 50: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

1 ~ 6 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E B A N D X V l l l , H E F T :)--8

n 9~,5 ccm 10 N a O H . . . . . . g a n z hell ,

n 5,0 ,, 1-6 " . . . . . . k a u m g e f ~ r b t .

Die R e s u l t a t e d e c k e n s ich h i e r m i t j e n e n d e r Tabe l l e 1, w e l c h e er-

gaben , d a b bei L a u g e z u s a t z die E n h y d r o n i s i e r u n g , o h n e z u e r s t an-

z u s t e i g e n , g le ich zu s i n k e n an f / ing t .

Bei S ~ u r e z u s a t z :

T r o p f e n : 0 - n H C1 . . . . . b lau , 1

1 3 ,, 10 " . . . . . . b la t , ,

1 5 ,, 1-6 . . . . . . . . ganz he l l b l au .

A u c h dieses E r g e b n i s w a r be r e i t s in T a b e l l e 1 e n t h a l t e n .

b) S t a m m l 6 s u n g : 30 ccrn Sol + 0,15 g Koh le .

J e 5 c c m d e r S t a m m l 6 s u n g w u r d e n m i t v e r s c h i e d e n e n M e n g e n w m

S a l z l 6 s u n g e n b e s c h i e k t , j e d e s m a l a u f 10 ccm g e b r a e h t , wie z u v o r

5 M i n u t e n l a n g g e s c h f i t t e l t u n d f i l t r i e r t .

Farbe des Filtrats:

K e i n Z u s a t z ( N u l l v e r s u c h ) rosa, 11

1 ccm ]-6 KC1 . . . . . . . . h e l l r o sa ,

I1 2 ,, J-0 1, . . . . . . . . he l l rosa .

3 n I, 10 " . . . . . . . . n o c h hel ler ,

n 5 ,, 1-6 " �9 . . . . . . . schwS.eher gefS~rbt,

n 6 ,, 1-6 " . . . . . . . . . e b e n n o c h s i e h t b a r e s Rosa ,

n 10 1, i0 " . . . . . . . . f a rb los .

O h n e K o h l e n z u s a t z i s t z w i s c h e n d e m N u l l v e r s u c h u n d d e r 10 eem-

n K C I e n t h a l t e n d e n P r o b e ke in F a r b e n u n t e r s c h i e d w a h r n e h m b a r . 10

Die f o l g e n d e n V e r s u e h e w u r d e n m i t e ine r S t a m m l 6 s u n g y o n 50 cem

K o n g o r u b i n s o l -[- 0 ,4 g K o h l e d u r c h g e f t i h r t : n

6 cem i 6 K C N S . . . . . . . s c h w a c h rosa,

73

10 ,,

12

n it) " . . . . . . . f a s t f a rb los , n

10 " �9 . . . . . . f a s t f a rb los , n

10 " . . . . . . . i m m e r n o c h e in r 6 t l i c h e r S c h i m m e r

v o r h a n d e n ,

n K ~ S O 4 . . . . . . . he l l rosa , 10

Page 51: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

F O D O R , S T U D I E N ! ] B E R D I E N A T U R D E R A D S O R P T I O N S V O R G A N O E 127

8 ccm

1 0 ,,

�9 9 ,,

6 .

8 ~,

10 ,, 12 ,, 0,2 ,, 0,5 ,,

n K~SO 4 ein rosa Schimmer, 10 . . . . . . . n

i 0 " . . . . . . . farblos,

C H 3 C O O K 0,08n sehr schwach rosa, ,, 0,08n . fast farblos,

,, 0,08n I ,, 0,08n farblos, ,, 0, 08 n

CaC12 0,071n . . . . . schwach rosa, ,, 0, 071 n . . . . . . farblos.

Bei letzterer Probe erfolgt eine Vergr6berung, erkennbar an der blliulichen F~irbung, bereits ohne Tierkohlenzusatz. 5 ccm Rhodanid

bzw. 5 ccm Azetat ver/indern die Farbe des Sols im Vergleieh zur zu- satzfreien Probe gar nicht.

Auch bier wird die starke Wirkung des Azetates und insbesondere des Rhodanides nicht durch Annahme einer Dehydrat is ierung erklgr- bar sein, sondern man wird bier gleichfalls auf die Sensibilisierung zu-

rtickgreifen, die darin besteht, d a b d a s h y d r o p h i l e Sol in de r A d h / i s i o n s s c h i c h t d e r K o h l e s e l b s t d u r c h d a s a n w e s e n d e

S a l z d e h y d r a t i s i e r t u n d g e f l o c k t w i rd . Eine Flockung dieser Art lgt3t sich erkennen im Versuch mit

3. g i s e n o x y d s o l . Eine L6sung, bestehend aus 1 0 c c m k~iuf- lichem Eisenoxydsol und 90 ccm Wasser koaguliert bei Kohlenzusatz

ohne Hinzuftigung yon Salzen. Man erkennt dies daran, dab das an sich farblose Filtrat yon Eisenhydroxydflocken getriibt ist, die in

1 ersterem suspendiert sind. Ganz wenig iO-nKC1 bewirkt, dab das Fil-

t rat nunmehr absolut klar bleibt. Allerdings darf nicht zu wenig hin- zugegeben werden, denn in diesem Falle ist das Filtrat wieder triibe.

Die Kohle vcrmag somit an sich schon gisenoxydsol zu flocken - - offenbar geniigen die dutch Tierkohle a priori adsorbiert gehaltenen salz'artigen Stoffe --, doch sind die Flocken yon einer so grot3en Fein-

heir, dab sic durch das grobe Filter laufen. VergrSbert man die Flocken durch Zusatz von KCI in Mengen, die an sich (d. h. ohne Kohle) noch keine wahrnehmbare Veriinderung des Solzustandes hervorbringen,

n z. B. 0,5 ccm i-0-L6sung, so werden sic nicht rnehr d u r c h die Filterporen

n dringen kSnnen. Noch viel wirksamer als KC1 sind i-0-LSsungcn von

K C N S und K-Azetat , was ja aus dem Vorhergehenden verstandlich ist.

4. M a s t i x s o l v o n 0,1 Proz. Gehalt, das noch Alkohol enthielt, eigncte sich ftir diese Versuche nicht. Die Tierkohlefiltrate blieben

9 *

Page 52: Studien über die Natur der Adsorptionsvorgänge

19,8 K, O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND X V l l l , H E F T 8--8

sowohl ohne als auch bei Anwesenheit von obengenannten Salzen opaleszent. Offenbar enthiilt eine alkoholhaltige Mastixl6sung Mizellen anderer Solvatation als Proteine, w~isserige Sole und die oben verwen- deten Farbstoffe.

Zusammenfassung der experimentellen Ergebnisse dieser Arbeit.

Es wird an Hand von Solen des Kongorubins, Kongorotes, Nacht- blaues, Alkaliblaues nachgewiescn, dab in Analogic zu den Proteincn zwei A r t e n d e r kataphoretischen lJ-berffihrbarkeit nebeneinander bc- st.ehen und daft diesen zwei untersehiedliche Tr~iger yon elektrisehen Ladungen entspreehen mfissen. Eincr dieser wird als Enhydron definiert i dessen Charakteristikum die Wanderung im Potenzialgeffille gegen Wasser darstellt. Der zweite Tr~iger l~itlL dies'e Eigenschaft vermissen und wandert ausschliefllich gegcn geeignete Elektrolytl6sungen. In ihnen liegen stat t hydrontischer andersartig elektrolytisch aufgeladene Mizellen bzw. Ekhydronen vor. Bei bestimmten und begrenztcn Kon- zentrationen k6nnen beide nebeneinander bestehen. Beiden Formen kommt eine verschiedene Art der Wasserbindung zu, die den Gegenstand besonderer theoretischer Er6rterungen bildet.

Ferner wird gezeigt, dab die elektrolytiseh aufgeladenen Tr~iger gegentiber den Enhydronen eine gesteigerte Adsorptionsfiihigkeit an Tierkohlenoberflliehen besitzen, ein Umstand, der ausschliefilich dureh die versehiedenen A r t e n d e r Wasserbindung hervorgebraeht wird.

Besondere Versuche mit Goldsol, Kongorubin- und Eisenhydroxyd- sol ergaben, daft ihre gcsteigerte Adsorptionsfiihigkeit an Kohle in Gcgenwart yon Salzen nicht ausschlieillich dutch die Annahme einer Dehydratisierung (Verniehtung yon Enhydronen) in der L6sung erkl~irt wcrden kann, sondern dadurch, daft dazu eine ,,Sensibilisierung" der Salzwirkung durch die Kohlc notwendig ist, die ihrerscits zur Dehydra- tisierung und sogar Ausflockung ftihrt. Insbesondere erwiesen sich Rhodanid und Azetat infolge ihrer eigenen betrS~chtliehen Adsorbier- barkcit an Kohle geeignet, diese Sensibilisierungen hervorzurufen, in- des Chloride und Sulfate anscheinend mehr in der L6sung selbst de- hydratisierend wirken. Als hauptsV.chliches beweisendes Moment dieser Anschauung daft die Beobaehtung dienen, dab das notoriseh quellend wirkende Rhodanid in viel geringeren Konzentrationen f6rdernd auf die Adsorption wirkt, als Sulfat und Chlorid, und daft sich Azetat eben- so verhS.lt.