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Studien Qber Pflanzenkolloide XXXIII. Ver .nderung der St&rke durch oxydative EinfQhrung saurer Gruppen. Von M. Samec und Meda Blinc. [Aus dem Chemischen Institut der KSnig Alexander-Universit~.t Laibach (Ljubl~ana) - - Jugoslawien.] {Eingeg~ngen am 8. April 1933.) Die St~irkesubstanzen sind zweifach hydratisiert: nichtionisch, durch die Wirkung der Hydroxylgruppen und des Brfickensauerstoffs und ionisch durch den Einflul3 im Molat anwesender ionogener Gruppen (in der Kartoffelst~irke die Phosph0rstiure). Der erste dieser beiden Faktoren entzieht sieh unserer unmittelbaren Beeinflussung. Wir wissen bloB, daft jene Lagerung der Hydroxyle und der O-Bracken, welche eine blaue lodfarbe bedingt, aucb yon einer gr6fieren Hydra- tation begleitet istl). Hingegen begegnet es theoretisch keiner Schwie- rigkeit, durch Veresterung der St~trkesubstanzen mit mehrbasischen S~iuren ionogene Gruppen im Molar zu vermehren2). WShrend -- wenig- stens im Prinzip -- eine solche Koppelung mit S~turen ohne L6sung der glukosidischen Bindungen m6glich ist, besteht bei der Ausbildang von Karboxylgruppen durch Oxydation die Gefahr, daft die glukosidischen Bindungen an mehr oder weniger zahlreichen Stellen gel6st werden. Hierdurch werden neue Aldehyd-Kohlenstoffatome verffigbar, welche in COOH tibergehen k6nnen. Eine Oxydation der St~rke wird also --- die ganz zarten Eingriffe abgesehen -- stets mit einer Verkleinerung des Molektils einhergehen, und so sind tatsXchlich Oxydationsmittel als Behelfe zur Darstellung 16slieher StS~rken vielfach vorgeschlagen worden3). Eine n~here Untersuchung solcher St~rl~en ergab, daft (bei der Kar- l) M. S amec, Koll..Beih. 88, 103 (1931). ~) l]ber Phosphorylierung siehe M. Samec, 0. P. 97407; M. Samec u. A. Mayer, Compt rend. 178, 321 (1921); Koll.-Beih. 18, 272 (1921); fiber Sulfurylierung M. Samec, Monatshefte f. Chemie 53/54, 852 (1929). 8) Literatur und Charakteristik solcher Produkte siehe bei M. Samec, Koll.-Beih. 28, 155 (1929).

Studien über Pflanzenkolloide XXXIII

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Page 1: Studien über Pflanzenkolloide XXXIII

Studien Qber Pflanzenkolloide XXXII I . Ver .nderung der St&rke durch oxydative

EinfQhrung saurer Gruppen. Von M. S a m e c und M e d a Bl inc .

[Aus dem Chemischen Institut der KSnig Alexander-Universit~.t Laibach (Ljubl~ana) - - Jugoslawien.]

{Eingeg~ngen am 8. April 1933.)

Die St~irkesubstanzen sind zweifach hydratisiert: nichtionisch, durch die Wirkung der Hydroxylgruppen und des Brfickensauerstoffs und ionisch durch den Einflul3 im Molat anwesender ionogener Gruppen (in der Kartoffelst~irke die Phosph0rstiure). Der erste dieser beiden Faktoren entzieht sieh unserer unmittelbaren Beeinflussung. Wir wissen bloB, daft jene Lagerung der Hydroxyle und der O-Bracken, welche eine blaue lodfarbe bedingt, aucb yon einer gr6fieren Hydra- tat ion begleitet istl). Hingegen begegnet es theoretisch keiner Schwie- rigkeit, durch Veresterung der St~trkesubstanzen mit mehrbasischen S~iuren ionogene Gruppen im Molar zu vermehren2). WShrend - - wenig- stens im Prinzip - - eine solche Koppelung mit S~turen ohne L6sung der glukosidischen Bindungen m6glich ist, besteht bei der Ausbildang von Karboxylgruppen durch Oxydation die Gefahr, daft die glukosidischen Bindungen an mehr oder weniger zahlreichen Stellen gel6st werden. Hierdurch werden neue Aldehyd-Kohlenstoffatome verffigbar, welche in COOH tibergehen k6nnen. Eine Oxydation der St~rke wird also --- die ganz zarten Eingriffe abgesehen - - stets mit einer Verkleinerung des Molektils einhergehen, und so sind tatsXchlich Oxydationsmittel als Behelfe zur Darstellung 16slieher StS~rken vielfach vorgeschlagen worden3). Eine n~here Untersuchung solcher St~rl~en ergab, daft (bei der Kar-

l) M. S a m e c , Koll..Beih. 88, 103 (1931). ~) l]ber Phosphorylierung siehe M. Samec, 0. P. 97407; M. Samec u.

A. Mayer, Compt rend. 178, 321 (1921); Koll.-Beih. 18, 272 (1921); fiber Sulfurylierung M. Samec, Monatshefte f. Chemie 53/54, 852 (1929).

8) Literatur und Charakteristik solcher Produkte siehe bei M. Samec, Koll.-Beih. 28, 155 (1929).

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toffelst/irke als Ausgangsmaterial), neben der Phosphors/iure in ihnen tats/ichlich noch reichlich saure Gruppen vorhanden sind.

Wenn es gelS.nge, die Oxydation so zu leiten, daft MolekLilspaltun- gen in gr61]erem Umfange vermieden werden, dann w~ire eine ~thnliche Verschiebung der Eigenschaften zu erwarten, wie bei der Einftihrung der Phosphors~iure. Diese Frage haben wir unter Benutzung der Mais-

st~rke, welche relativ geringe Mengen Phosphors~iure enth~It, studiert.

I.

In Anlehnung an unsere frtihere Arbeit 1) w~ihlten wir als Oxydant Chlor, welches in alkaliseher L6sung zur Wirkung kommen mut3te, da

in sauren LSsungen bekanntlich die Peptisation der StS.rke untcr Bil- dung 16slicher St~irke in den Vordergrund tritt. Wit digerierten daher eine Portion Maisst~irke mit alkaliseher 2) Hypochlorl6sung (1,5 Proz. aktives Chlor) so lange, bis eine Probe der St~irke mit Wasser yon 95 0 C. eben in L6sung ging. Das Material wurde hierauf mit destilliertem Wasser bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion gewaschen und an der Luft auf Filtrierpapier getrocknet (Feuchtigkeitsgehalt der Ausgangs- stlirke betrug 12,2 Proz., der oxydierten St~rke 12,5Proz. ; Phosphorgehalt der AusgangsstS~rke 0,05 Proz., der oxydierten StS.rke 0,02 Proz.).

Das mikroskopische Bild der Maisstlirke hat sich naeh dieser Behandlung nieht wesentlich ver~tndert, man findet die rundlichen bis polyedris~:hen K6rncr, einzelne davon sind um die Kornh6hle auf-

gerissen3), die Schichtung ist nur an einzelnen K6rnern sichtbar, die Doppelbreehung ist erhalten und das schwarze Kreuz ungemindert sichtbar.

Mit kaltem Wasser reagiert das Produkt nicht merklich, gegen 700 C setzt der L6sungsvorgang ein, der jedoch nicht zu einem Kleister,

sondern zu einer kolloiden L6sung ftihrt. Hierin unterscheidet sich die oxydierte StS~rke sehr wesentlich v o n d e r nativen (Tabellc I)..

Auf Grund dieses Verhaltens h~itten wir also das Produkt unter die 16sliehen St~trken einzureihen. Die spezifische Drehung, welche an L6sungen der nativen Maisst~trke wegen zu starker Trtibung nicht met3bar ist, konnte am oxydierten Material leicht bestimmt werden. Wit fanden in 0,5prozentiger L6sung a D ~ 198 ~ also den Wert der Amylosen.

~) Literatur und Charakteristik soleher Produkte siehe bei M. Samec, Koll.-Beih. 28, 155 (1929).

2) Laugenkonzentration so gering, daft keine Verkleisterung einsetzt, z.B. 1.10 "3 n, wechselt yon Stiirke zu St~irke nur wenig.

3) Ahnlich wie Kartoffelst/irke in Fig. 1 yon M. Samec, Koll.-Beih: ~ , 16 (1929).

4

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5 0 KOLLOID-BEIHEFTE BAND 38, HEFT 1--2

T a b e l l e I.

A u s s e h e n e i n e r bei 950 b e r e i t e t e n L6 su n g .

Konzentration 2 30 Proz.

I Hei/~

Maisstfi, rke nativ | Kalt

10 Tage bei Zimmer- temperatur gealtert

/ Heig Maisst~irke oxy-

diert [ Kalt

10 Tage bei Zimmer- temperatur gealtert

durch- scheinend

weiflgelb, triib durch- scheinend

fast klar

fast klar

unverfindert

5 10

wei/~ undurch- sichtig

w e i g halbfest, kleisterig

keine wesentliche ~nderung

durchschei- nend, Druck durch Epru- vettendicke

Schichtlesbar

unverfindert

gelb, opaleszent

etwas triiber

weil~e kom- pakte, past6se

Masse, gut streichf~hig

Die Jodfarbe gibt in genfigend verdtinnter LSsung (0,04 Proz. Ge- halt und 1/100n- !KJ-L6sung) keine wesentlichen Differenzen an. Der Anfangston ist biau, die Endfarbe violett.

Wesentlich ver~ndert aber ist die Viskosit~it; wir beobachteten, trotzdem bei der Oxydation - - wie wir bald sehen werden - - die mitt- lere MolatgrSBe merklich gesunken ist, einen ausgiebigen Anstieg der relativen Reibung. In lprozentiger LSsung betrug

bei Maisst~rke und 55 o C 1) . . . . . . . t / h = 1,60 bei oxydierter Maisst~irke und 55 o C . t']t 1 = 2,63.

Bevor wir fiber die weiteren Beobachtungen berichten, sei an ein Ph~nomen erinnert, welches einen der Hauptunterschiede zwischen den St~irken verschiedener Pflanzensorten bildet; es ist dies das Aus- sehen, die Konsistenz und das elektrochemische Verhalten der bei der Elektrodialyse abgeschiedenen Gelphase. 13el der KartoffelstS.rke und bei den mit ihr verwandten St~rkearten ist die Gelphase schleimig und durchsichtig bis durchscheinend, bei den Gramineenst~rken ist sie

1) Bei 250 ist die Messung der inneren Reibung wegen ungleichmfigiger Verteilung der St~irke nicht gut durchfiihrbar, deswegen arbeiteten wir diesmal bei 55 o C.

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SAMEC u. BLINC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXXIII 5].

weii3 undurchsiehtig und aufgebaut aus nicht zusammenhS.ngenden Flockenl).

Diese Methode ergab auch im vorliegenden Falle einen deutlichen Unterschied. Die aus einem 2prozentigen bei 100 o C erhaltenen Kleister abgeschiedene Gelphase ist bei der

MaisstXrke (3,2 Proz.) weit3, flockig, undurchsichtig, bei der oxydierten Maisst/irke (4,44 Proz.) fanden wir eine zarte

durchsichtige Gallerte, neben typisch kartoffeligem durchschei- nenden, konsistenten Amylopektin, welches an der Anoden- membran klebt. Nach beendeter Elektrodialyse ist die Phase weiB, trtib und flockig.

Das Sol ist in beiden F~tllen gleich klar. So wie wit seinerzeit dutch Einfiihrung yon Phosphors~iure die auf-

fS.11igsten Unterschiede der verschiedenen St~irkearten ausgleichen konnten and aus den verschiedensten St~rken eine Gelphase von aus- gesprochenem Kartoffeltypus bekarnen~), so gelingt diese Angleichung im vorliegenden Falle durch die Ausbildung yon COOH-Gruppen.

Mit dieser grundlegenden Eigenschafts~nderung stehen die anderen physikochemischen K onstanten in bestem Einklange. Wir geben zu- n/ichst eine tabellarische l~lbersicht (Tabelle II).

Mit der Ausbildung saurer Gruppen im Einklang steht zun/ichst die Steigerung der elektrischen Leitf~higkeit des gereinigten Gels, welche in einer lprozentigen L6sung yon 1,8 auf 15 ,2 .10 "s angewach- sen ist.

fidmlich ist es mit dem Neutralit/itsvermOgen ffir Laugen. Das Gel aus nativer Maisst/irke enthfilt pro Liter lprozentiger LSsung 4" 10 -s Grammatome Phosphor und'neutralisiert gegen Phenolphthalein 2 ,8 .10 "sj~quivalente NaOH. Wie bei den Gramineen im allgemeinen ist also auch bier der Phosphor zum Tell inaktiviert. Das Gel aus der oxydierten St~irke neutralisiert aber (in denselben Einheiten ausgedrfickt) gegen Phenolphthalein 217" 10 "s fitquivalente Base, gegen Methyl- orange 44,3" 10 -5 Aquivalente. Wir finden hier also eine doppelte Azi- dit/it vor, ahnlich wie bei der Amylophosphorsgt~re der Kartoffelst~irke und gehen nicht fehl, die Erscheinung mit der .Annahme mehrbasischer SS.uren zu erkl~tren, deren einzelne Ionisationsstufen einem verschiede-

1) Vgl. M. Samec u. H. Haerd t l , Koll.-Beih. 15, 281 (1920); M. Samec, M. Minaeff u. N. Ronl in , ibidem 19, 203 (1924); M. Samec u. R. Klemen, ibidem 33, 254 (1931); M. Samec u. I. R. Katz, Ztschr. physik. Chem. Abt. A 163, 291 (1933).

2) M. Samec u. A. Mayer, Compt. rend. 178, 321 (1921); Koll.-Beih. 16, 89 (1992). M. Samec, N. Minaeff u. N. Ron~in, loc. cir.

4*

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5 2 K O L L O I D - B E I H E F T E B A N D 38 , H E F T L - ~

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nen PH entsprechen. Auch das Sol ist sauer geworden; seine tI-Ionen erreichen den Wert 51 �9 10 -5, gegen 0,8- 10 -5 bei der nativen St~irke.

Trotzdem wir es in unserem FaIle mit einer Oxydation zu tun haben, linden wit deutliche Anzeiehen fiJr die erwartete Trennung der Sauerstoffbindungen unter Bildung von Aldehydgruppen. Das Sol aus der oxydierten Maisst$rke besitzt im Gegensatz zur nativen St~irke ein erhebliches ReduktionsvermSgen (Rm----12,6), seine optische Drehung ist geringer geworden (a D = 163 ~ gegen 187 des nativen St~rkesols, und seine Jodfarbe zeigt die Gegenwart von ErythrokSrpern an.

Konform mit dieser Beobaehtung zeigt die Osmometrie eine Teil- chenzerkleinerung an, welche allerdings nicht in jene Gr613enordnung

fortgeschritten ist, wie bei der Ausbildung der 16slichen St~irke11. Vom Standpunkt der eingangs erw/~hnten Frage nach der Beein-

fluribarkeit der Hydratat ion interessiert besonders die innere Reibung. Diese ist in der Tat beim Solanteil von 1,047 auf 1,172 und beim Gel- anteil yon 1,58 auf 3,07 gestiegen. Mit dicsem Werte ist die Maisst~rke an jene St/irkearten herangerfiekt, welche ein typisch kartoffeliges Amylopektin besitzen und dies trotz einer nachgewiesenen Teilehen-

zerkleinerung, welcher sonst eine Z/~higkeitsabnahme folgt.

II.

Wenn wir unsere Kenntnis der verschiedenen teehnisehen Um- wandlungsprodukte der St/~rke fiberblicken, so gelingt es, dieselben in

ein theoretisch verst~indliches System einzuordnen. E r g i e b i g k e i t d e s K l e i s t e r s . F t i rv ie leZweeke fordert man

yon der St~rke eine grorie ,,Ergiebigkeit", das heirit ihr Kleister soll bei dem geringstm~glichen St~rkegehalt die gr6ritm6gliche Steifheit besitzen. Es ist unschwer anzunehmen, dari diese Eigenschaft mit der Hydratations- f/~higkeit der St/~rkesubstanz kausal verkntipft ist. Eine je gr6~ere Menge Wasser ein St~rketeilchen in seine Wirkungssph~re einbezieht, desto steifer wird der Kleister. Da die nichtionisehe Hydratatior~ dutch die Struktur des Polysaecharids bestimmt ist, haben wit nur dutch Ver/inde- rung der ionischen Hydratat ion ein Mittel in der Hand, um die Ergiebig- keit zu beeinflussen. In welch groriem Marie dies z. B. dureh Veresterung mit Phosphors~iure gelingt, haben wit an anderer Stelle zeigen k6nnen2); es steigt z. B. die ,,innere Reibung" der Amyloamylosen dutch passende Phosphorylierung um mehr als 4000 Proz., und aus der v.orliegenden

x) Literatur und bisherige Ergebnisse siehe E. Parow, Handbuch der Stiirkefabrikation, P. Aufl. (Berlin 1928), 159~174 u. 594--602.

2) M. Samec u. A. Mayer, Compt. rend. 173, 321 (1921); Koll.-Beih. 18, 9.72 (19'21); /J. P. Nr. 97407.

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Arbeit folgt ~thnlich eine wesentliche Steigerung der Ergiebigkeit durch oxydative Einfiihrung von Karboxylgruppen. .Man k6nnte in diesem Zusammenhange auch auf die hydratationssteigernde Wirkung der Laugen, vieler Salze und organiseher Verbindungen hinweisen, deren Mechanismus man sich so vorstellt, dab die betreffenden Stoffe adsorbiert werden und hierbei ihren Hydra tmante l an die Oberfl~iche der St~irke- micelle heranbringenl).

Der iiberraschend grotle Effekt der ionogenen Gruppen l~ttlt sich jedoch nur an geniigend grotlen Micellen feststellen~). Nur bei diesen scheinen die Verh~iltnisse so zu liegen, dab sich bei geniigender Hydra-

tation die Micellen untereinander zu einem Geriist verfestigen, wodurch eine starke Strukturviskosit~it zustande kornmt. Sind die Micellen kleiner, bleiben sie auch bei starker Hydrata t ion frei beweglich, so dab solche LSsungen nicht mehr so leicht gelatinieren, sondern schleimig flietlen. Beim Eintrocknen eines solchen ,,ergiebigen" Kleisters hinter- bleibt die St~irkesubstanz mit einem relativ lockeren Geftige (wohl schwammartig) zurtick, so dat3 man keine besonders hohe Reitlfestig- keit erwarten kann. Bei unseren seinerzeit durchgeftihrten Zerreifl- versuchen erreichte ein Streifen Filtrierpapier, welcher ohne Zus~itze eine Rei/31~inge yon 730 mm. hatte, nach dem Tr~inken mit Kartoffel- amylopektin die Reifll~tnge 2212 ram3).

F e s t i g k e i t d e r e i n g e t r o c k n e t e n S t ~ i r k e s u b s t a n z . Auch in der Appretur spricht man von einer Ergiebigkeit der St~irke, meint aber darunter die F~ihigkeit der St~irke, den Faden so weir zu Verfestigen, datl er nicht fasert. Hier kommt es also auf ein intensives Haften zwischen Faser und S~rketeilchen sowie zwischen St~irketeilchen und St~irketeilchen an.

Diese Eigenschaft ist nun gerade an der Stiirkekomponente, welche im erstgenannten Sinne keine Ergiebigkeit besitzt, nAmlich den Amylo- amylosen besonders ausgeprXgt. Wir finden an ihnen ein grot3es Haft-

v e r m 6 g e n auf Zellulose, eine starke Aggregationstendenz und eine be-

1) Vgl. I. R. Katz und Mitarbeiter, Biochem. Ztschr. g57, 385, 397; 21i9, 76, 191, 223 (1933).

3) Es braucht nicht besonders betont zu werden, daD wir in der Paarung des St~irkemolats mit Phosphorsiiure bzw. einer anderen ionogenen Atomgruppe zwar einen wesent|ichen, abet nicht den einzigen Grund der Kleister#ihigkeit sehen. DaD eine gewisse TeilchengrSDe nicht unterschritten werden dad, haben wir wiederholt ausdriicklich betont. [1V[. S amec, 0. P. 97 407 vom 30.Juni 1921, M. Samec u. A. Mayer, Koll.-Beih. 16, 89 (1922).] Ob noch andere Momente fiir die Kleisterbildung verantwortlich zu machen sind, mud heute dahingestellt bleiben.

~) M. Samec, Biochem. Ztschr. 215, 265 (1930)

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SAMEC u. BLINC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXXlll ~

sondere Festigkeit der eingetrockneten Lamellen. Unter Bedingungen, bei denen wir ftir Filtrierpapier nach dem Trs,nken mit dem Amylo- pektin eine Reilll~inge von 2212 mm fanden, betr~igt diese nach dem Tr5,nken mit den Amylosen 3009 mm. Diese Besonderheit der Amylo- k6rper haben wir dureh eine eigenartige r~iumliche Atomverteilung zu erkliiren versucht, bei welcher die mit den groflen Restvalenzen aus- gestatteten OH-Gruppen so gelagert sind, dab Sie sich frei bet~ttigen k6nnen. Da dies voraussichtlieh dureh die Gruppierung an glukosidi- schem C-Atom bedingt ist, prtiften wir die Angreifbarkeit versehiedener St/irkesubstanzen dureh a und fl-Amylasen und konnten tatsiiehlich eine Symbasie folgender Eigenschaften beobaehten:

Blaue Jodfarbe - - starkes Aggregationsbestreben - - starke Sorbier- barkeit durch Zellulose - - t o t a l e Spaltbarkeit durch Malz-, Gersten- und Pankreasamylasen.

Rote Jodfarbe - - geringe Aggregationstendenz - - kein Haftver- m6gen auf Zellulose - - sehr beschr5,nkte Spaltbarkeit dureh Parfkreas- amylasenl).

D i e p a s t 6 s e n K l e i s t e r . Dem Bedfirfnis nach e inemgut und gleiehm~iBig strichf~thigen Kleister kommen die past6sen Formen ent- gegen. Um solche St~irkesubstanzen darzustellen, mull die St~irke etwas peptisiert werden. Die Ergiebigkeit wird hierdurch zwar herabgesetzt, doch behalten die Molate soweit ihre Hydratationsf5,higkeit noch bei, dab etwa 7--10prozentige Kleister Pasten bilden. Wie in einer frfiheren Arbeit 2) dargelegt, sind manehe Quellstgrken past(is, und auch die in dieser Arbeit besehriebene oxydierte St5,rke gehtirt zu dieser Gruppe. Sch6ne Pasten gibt auch die Wol f f -Fe rnbach -S t~ t rke .

D i e R e v e r s i b i 1 i t 5. t. Die St~irkesubstanz, welche als klebendes Mittel einmal eingetrocknet ist, sollte naeh Mi3gliehkeit YVasser gegen- fiber soweit best~indig sein, dab eine Lockerung der verklebten Fl~tchen dureh die Feuehtigkeit ausgesehlossen wgre. Man spricht in diesem Falle yon kleiner Reversibilitfit. Es liegt in der Natur der Saehe, dab ein und dieselbe St~irkesubstanz nieht allen Anforderungen in gleichem MaBe entsprechen kann.

Die St~irkeprodukte, welche eine gute Ergiebigkeit bedingen, sind hydrophil und behalten diese Eigenschaft auch naeh dem Eintrocknen bei. Reines Kartoffelamylopektin (also mit H als Gegenionen) 16st

1) M. Samec u. Meda Blinc, Koll.-Beih. 80, 163 (1929); M. Samec, ibidem 38, 103 (1931); M. Samec u. C. W a l d s c h m i d t - L e i t z , Ztschr. physiol. Chem. 208, 16 (1931).

~) M. Samec, Biochem. Ztschr. 1~18, 265 (1930).

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sich nach dem Eintrocknen zu 2,7 Proz. in Wasser von 15 o und zu 100 Proz. in Wasser yon 100 ~ wieder auf, es ist also stark ,,reversibel".

Die St/irkesubstanzen vom Typus der Amyloamylosen werden aber nach dem Eintrocknen viel weniger vom Wasser wieder angegriffen. Locker geflockte und getrocknete Amyloamylosen 15sen sich in Wasser yon 15 o nur zu 1,5 Proz. und bei 100 o nur zu 21 Proz.; in Form einer Lamelle eingetrocknet werden sic hornartig und praktisch unlSslich.

Diese Beispiele werden geniigen, um zu zeigen, auf welcher Basis man heute versuchen kSnnte, die reine Empiric der technischen St/irke- produkte durch ein auf physiko-chemischer Basis aufgebautes System zu ersetzen.

Zusammenfassung. %

Es wurden unter Benutzung von Maisst~irke die Vergnderungen studiert, welche die St~irke durch vorsichtige Oxydation erleidet.

Die Teilchenzerkleinerung, welche durch die oxydativen Eingriffe erfolgt, verschiebt die native Stiirke in die Richtung gegen die 15sliche Stiirke; die oxydativ eingeffihrten sauren Gruppen aber steigern die Hydrophilie derselben , so dab sich Produkte von besonderen gtinstigen Eigenschaften ergeben.

An der Hand der bisherigen Kenntnisse der St~irkesubstanzen wurde versucht, einige technisch wichtige Eigenschaften, wie Ergiebig- keit, Reiilfestigkeit, Pastenbildung und Reversibilit~it, aus dem Aufbau der Molate zu verstehen.