5
Studien 6ber Pflanzenkolloide XXXVlll.. U b e r RSstdextrine. Von M. Samec und M. F6rster. [Aus dem Chemischen Institut der K6nig-Alexander-Universitiit in Laibach (Ljubljana), Jugoslawien.] (Ei~gegangen am 2. Januar 1934.) Wird trockenes St~rkemehl einige Zeit auf 160--2200 C erhitzt, so entstehen unter )knderung der Farbe von Weifi fiber Gelb bis zum Braun ohne wesentlichen Gewichtsverlust R6stdextrine, welche unter den verschiedensten Namen in den Handel gebracht werdenl). Der R6stprozefi endet jedoch niemals mit einer glatten Umsetzung der St~.rke in ein einheitliches Dextrin, sondern es bilden sich Spuren yon Zucker und anderen Zersetzungsprodukten. Die k~uflichen RSstdextrine hinterlassen bei der Behandlung mit kaltem Wasser einen gr6i3eren oder kleineren Rfickstand, im heii3en Wasser sind sie rtickstandlos und ohne Kleisterbildung 16slich. Die Jodfarbe schwankt zwischen Rotviolett und Rotbraun. Die LSsungen reagieren sa:uer (3 cm 3 1/1 n-NaOH ffir 100 g Dextrin), doch wird in der Praxis eine mSglichst geringe Azidit~t angestrebt. Die bisherigen Ana]ysen der R6stdextrine beschr~nken sich auf die Angabe der Farbe, der LSslichkeit, des Gehaltes an Wasser, Asche, Dextrose, Dextrin und des S~uregrades. In der vorliegenden Abhandlung wollen wir die bestehende Lficke ausffillen und eine genauere Charakterisierung des R6stdextrins aus Kartoffelst~rke geben. Wir verwendeten hierzu ein k~ufliches gelbes Dextrin und ein selbst: dargestelltes RSstprodukt. Fiir die Herstellung des RSstdextrins im Laboratorium erhitzten wir je 50 g reinste KartoffelstRrke ohne jedwede Vorbehandlung in einer Metall- a) Die dutch RSsten von Kartoffelst~irke erhaltenen dunklen Sorten heil~en. R6stgummi, Leiogomme, Leiocome, Pyrodextrin oder Pyrogome, die helleren Sorten franzSsisches Dickgummi. Die RSstprodukte der Weizenst~irke werden Amidine, Amidon grilld oder Amidon bruld benannt.

Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

  • Upload
    m-samec

  • View
    259

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

Studien 6ber Pflanzenkolloide XXXVlll.. Uber RSstdextrine. Von M. S a m e c und M. F 6 r s t e r .

[Aus dem Chemischen Institut der K6nig-Alexander-Universitiit in Laibach (Ljubljana), Jugoslawien.]

(Ei~gegangen am 2. Januar 1934.)

Wird trockenes St~rkemehl einige Zeit auf 160--2200 C erhitzt, so entstehen unter )knderung der Farbe von Weifi fiber Gelb bis zum Braun ohne wesentlichen Gewichtsverlust R6stdextrine, welche unter den verschiedensten Namen in den Handel gebracht werdenl).

Der R6stprozefi endet jedoch niemals mit einer glatten Umsetzung der St~.rke in ein einheitliches Dextrin, sondern es bilden sich Spuren yon Zucker und anderen Zersetzungsprodukten.

Die k~uflichen RSstdextrine hinterlassen bei der Behandlung mit kal tem Wasser einen gr6i3eren oder kleineren Rfickstand, im heii3en Wasser sind sie rtickstandlos und ohne Kleisterbildung 16slich.

Die Jodfarbe schwankt zwischen Rotviolett und Rotbraun. Die LSsungen reagieren sa:uer (3 cm 3 1/1 n -NaOH ffir 100 g Dextrin), doch wird in der Praxis eine mSglichst geringe Azidit~t angestrebt.

Die bisherigen Ana]ysen der R6stdextrine beschr~nken sich auf die Angabe der Farbe, der LSslichkeit, des Gehaltes an Wasser, Asche, Dextrose, Dextrin und des S~uregrades.

In der vorliegenden Abhandlung wollen wir die bestehende Lficke ausffillen und eine genauere Charakterisierung des R6stdextrins aus Kartoffelst~rke geben.

Wir verwendeten hierzu ein k~ufliches gelbes Dextrin und ein selbst: dargestelltes RSstprodukt.

Fiir die Herstellung des RSstdextrins im Laboratorium erhitzten wir je 50 g reinste KartoffelstRrke ohne jedwede Vorbehandlung in einer Metall-

a) Die dutch RSsten von Kartoffelst~irke erhaltenen dunklen Sorten heil~en. R6stgummi, Leiogomme, Leiocome, Pyrodextrin oder Pyrogome, die helleren Sorten franzSsisches Dickgummi. Die RSstprodukte der Weizenst~irke werden Amidine, Amidon grilld oder Amidon bruld benannt.

Page 2: Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

SAMEC u. FORSTER, STUDIEN IABER PFLANZENKOLLOIDE XXXVIII 465

"trommeP). Diese wurde in einem auf 160--t800 C erhitzten Luffbadetangsam gedreht2). Anfangs erfolgte der Temperaturanstieg allm/ihlich, so daf~ die St/irke m6glichst wasserarm die Temperatur der Verkleisterung passierte, ab 1000C erh6hten Wir die Temperatur rasch, erreichten 1 Stunde naeh dem Versuchsbeginn 1600 C, hielten die St/irke 1 Stunde bei dieser Temperatur und ktihlten sie dann auf Zimmertemperatur ab, wozu wir 1/2 Stunde brauchten. Der ganze Versuch nahm also 21/2 Stnnden in Anspl"uch.

Das selbstbereitete Dextrin hatte eine gelbbraune Farbe, ffihlte sich mehlig an, wurde beim Anfeuchten stark klebrig. Sein Wassergehalt betrug nach zweitXgigem Aufbewahren 1,5 Proz.

Das k~ufliehe Dextrin stellte ein gelbbraunes kaltwasser|Ssliches Pulver mit 20 Proz. V~[asser dar. Vor der weiteren Untersuchung wurde es zur Entfernung der Choride in 4pr0zentiger L6sung in Pergament- s~cken gegen desti]liertes Wasser bis zum Versehwinden der Cl'-Re-. aktion dialysiert8).

Die weitere Verarbeitung war dann bei beiden Produkten die gleiehe. Den Dispersit~tsgrad untersuchten wir unter Benutzung der gewShn- lichen Kollodiumosmometer. Die 0,5prozentigen L6sungen der R6st- dextrine gaben nut einen minimalen konstanten Druck (3--1 mm Was- s~rs/~ule).

Das Gros der.Substanz (95 Proz.) war naeh Einstellung des Gleich- gewichtes gleichm~tBig auf den Osmometerinhalt und das Aut3enwasser verteil.t. Ffir den nicht dialysablen Anteil berechnete sich die mittlere M01atgr6fle beim

Handelsdextrin M ~ 20 445 Lab0ratoriumsdextrin M ~-~ 25 800

Die Pept~sation ist demnach beim R6sten sehr weit fortgeschritten. Hiermit im Einklang stehen die Beobachtungen bei der Elektro-

dialyse. Unter den tibliehen Bedingungen 4) erfolgt keine Trennung der Dextrinl6sung in eine Gel- und eine Sol-Phase, es fMlt nut eine gering- ffigige Menge eines flockigen, nieht gallertigen Niedersehlages, welchen wir nicht welter untersucht haben. Die L6sung selbst bleibt w~thrend tier Elektrodialyse Mar. Bei t~glich zweimaligem Wasserwechsel er- reichte nach 48 Stunden die spezifische Leitf~higkeit des Zelleninhaltes einen konstant bleibenden WerE von 1,07- 10 "5 rez. Ohm. Wir ermittel- ten an diesem gereinigten Sol titrimetrisch gegen Phenolphthalein den S~uregrad und in bekannter Weise den Gehalt an nicht dialysablem Phosphor.

1) 2 r = 9, L = 1 7 c m . 3) 50 Umdrehungen pro Minute. a) Konzentration nach cter Dialyse 3,7 Proz. 4) Pergamentmembranen, 150 Volt.

Page 3: Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

466 KOLLOID - BEIHEFTE BAND 39, HEFT 8---12

25 cm a Sol mit 0,9250 g Trockensubstanz neutralisierten 0,52 cm a n]50-NaOH 0,9250 g Trockensubstanz gaben 0,0045 g Ammonphosphormolybdat ent-

sprechend 0,007 Proz. P oder 0,016 Proz. P2Oa 1 L 1 prozentiges Sol entspricht . . . . . 11,1 �9 10 -5 -~. NaOH 1 L lprozentiges Sol enthiilt . . . . . . 2,2.10 -5 Grammatome P.

Da in der Kartoffel-Amylophosphors~ure erfahrungsgem~i3 jede~ Grammatom Phosphor 1,7 bis 2 ~-quivalente Lauge binder, sehen wir bei unseren ROstdextrinen einen deutlichen Oberschut3 an sauren Grup- pen und gehen wohl nicht fehl, eine beim R6sten erfolgte partielle Oxy- dation ftir deren Bildung verantwortlich zu machen. Die relative Menge

der sauren Gruppen ist jedoch sehr gering; es k~me obiger Sch~itzung gem~i3 eine Karboxylgruppe auf etwa 140 000 g Dextrin. Da, wie wir

,gesehen haben, fast das ganze Dextr in-Kollodiummembranen durch- dringt, k6nnen wir seinen mittleren Verteilungsgrad mit M < 8000 ver- anschlagenl), so dab kaum 6 Proz. aller Molate Karboxylgruppen ent- halten diirften.

Entspreehend der feinen Verteilung geht ein Tell des Dextrins aueh durch Pergament und reichert sich wegen der negativen Ladung w~thrend der Elektrodialyse in der Anodenzelle an. Wir sammelten aus diesem Grunde die Anodenw~tsser jedes einzelnen Versuchs. Anorga- nische Phosphate waren in diesen nicht vorhanden~), wohl aber fanden wir reichlich organisch gebundenen Phosphor.

Das gesamte Anodenwasser je eines Versuches wurde auf genau 120 cm ~ eingeengt, ein aliquoter Teil (meist 40 crn 3) neutralisiert, eingedampft, trocken verbrannt und die Phosphors~ure nach Lorentz bestimmt.

0,0716 g Trockensubstanz gaben 0,0073 g Ammonphosphormolybdat entsprechend 0,00012 g P oder 0,167 Proz. P bzw. 0,37 Proz. P,,Os-

Der Phosphorgehalt der ausgewanderten organischen Substanz ist wesentlich hSher als der Phosphorgehalt des Mittelzelleninhaltes; wit sehen also, dab in erster Linie der Phosphors~urepaarling unter dem Einflusse des elektrischen Potentialgeflilles in die Anodenzelle tiber- geftihrt wird.

Wie bereits eingangs erw~hnt zeigen die R6stdextrine eine violette bis rote Jodfarbe. Den Wechsel der Jodfarbe begleitet bei den St~trke- substanzen auch eine Abstufung der tibermolekularen Anziehungskriifte, so dab die Erythrok6rper im allgemeinen eine viel geringere Tenden~ zur Aggregation und zur Flockung zeigen als die Amylok6rper.

x) Vgl. M. Samec, Kolloid-Beih. 37, 91 (1932). z) Schmitzbestimmung negativ. N~iheres tiber die Differenzierung der

anorganischen und organischen Phosphate vgl. bei M. Samec, Compt. rend. 181, 532 (1925).

Page 4: Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

SAMEC u. FORSTER, STUDIEN gIBER PFLANZENKOLLOIDE XXXVIII 467

Diese Frage haben wir auch bei den R6stdextrinen untersucht. Wir ermittelten die relative Reibung verschieden konzentrierter Sole eines. Handels- und eines Laboratoriumsdextrins bei drei versehiedenen Tem- peraturen. Die Viskositgt gnderte sich mit der Temperatur nur sehr wenig. Man deutet bekanntlich diese Tatsaehe dureh die Annahme, dab in der L6sung keine merkliohe Menge dureh fibermolekulare A n -

ziehungskr~tfte bedingter Molate vorhanden ist, welehe bei den unter- suchten Temperaturen in kleinere Teilehen aufgel6st werden.

Tabe l l e I. R e l a t i v e R e i b u n g der Sole y o n R S s t d e x t r i n .

Ostwaldscher Viskosimeter, Wasserwert ffir 25 ~ t w = 68,0 ffir 35 ~ t W = 55,6 ftir 450 t w = 46,75 Sek.

Konzentration Proz.

E

4,0 3,0 2,0 1,0

= t, / 25o 1,263 1,202 1,126 1,065 " bei / 350 1,259 1,189 1,124 1,067

~ 450 1,247 1,177 1,110 1,057

-g 250 0,065 0,067 0,063 0,066 ~s-2P bei 350 0,064 0,063 0,062 0,067

m c 45 o 0,061 0,059 0,055 0,057

Konzentration Proz.

t { 250 bei 350

450

25 o "q~_2 bei 350 c 45 o

3,5

1,338 1,316 1,302

2,6

1,238 1,225 1,223

1,75

1,151 1,148 1,137

0,097 0,090 0,086

0,091 0,086 0,085

0,086 0,085 0,080

0,87

1,074 1,076 1,065

In der Tabelle I stellten wir einige diesbezfigliche Ergebnisse zu- sammen und berechneten auch den Quotienten spezifische Reibung: Konzentration. Bei konzentrationsinvariablen Solen bleibt dieser Quo- tient bekanntlieh konstant; ein Absinken desselben deutet aber eine Zerkleinerung der Teilchen an.

Beim Handelsdextrin ist ns~ bei 250 und 350 praktisch konstant,. c

bei 450 sinkt er etwas mit fallender Konzentration. Das Laboratoriums- dextrin ist etwas st~irker konzentrationsvariabel, auch an diesem finden

0,085 0,087 0,075

Page 5: Studien über Pflanzenkolloide XXXVIII

4 6 8 KOLLOID - BEIHEFTE BAND 39, HEFT 8--12

wir aber erst bei 450 einen stiirkeren Abfall der spezifischen Viskosit~it mit zunehmender Verdtinnung. Es folgt aus diesen Beobaehtungen, dab in den Solen der R6stdextrine Molate anwesend sind, welche bei den niedrigeren Temperaturen (250 und 35 ~ noch best~indig sind, bei 450 aber merklich zerkleinert werden, und dies um so mehr, je verdtinn- ter .die L6sung geworden ist.

Naeh diesem Verhalten stehen die RSstdextrine demnach zwischen den Amylo- und Erythrok6rpern, ein Platz, auf welchen sie auch ihre Jodfarbe hinweist.

Zusammenfassung. In der vorliegenden Arbeit wurden RSstdextrine des Handels und

ein selbstbereitetes R6stdextrin nS.her untersucht. Es zeigte sich fol- gendes :

1. Die Peptisation ist soweit gediehen, dab rund 95 Proz. des in Wasser gel6sten Dextrins durch Kollodium durchdringen.

2. Der kleine ,,kolloide Rest" hat Teilchen yon der Gr6Benordnung M ~ 20 000 bis 25 000.

3. Bei der Elektrodialyse erfolgt keine ausgiebigere Phasentrennung, wohl aber wanderI: ein Substanzenteil in den Anodenraum.

4. Im RSstdextrin ist noch organisch gebundener Phosphor ent- halten; bei der Elektrodialyse reichert sich der phosphorreiehere Sub-

s tanzantei l im Anodenraume an. 5. Der S~uregrad der vorsichtig behandelten R6stdextrine ist zwar

gering, aber doch gr6fler als dem P-Gehalt entspricht, so daft man eine Oxydation beim R6sten annehmen mug.

6. Wie aus der Viskosit~t folgt, enthalten die Sole der RSstdextrine assoziierte Teilchen, welche bei Temperaturen yon 450 und dartiber und <lurch Verdtinnung merklieh zerkleinert werden.