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STUDIENARBEIT Swenja Martini Matr.Nr.: 9737331 Untersuchung der hydraulischen Leistungsf¨ ahigkeit des ¨ Uberleitungsstollens von der Neye-Talsperre zur Bever-Talsperre Bergische Universit¨ at Wuppertal Lehr- und Forschungsgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Schlenkhoff Betreut durch Dipl.-Ing. Marcus D¨ atig 30. Juli 2003

STUDIENARBEIT - hydro.uni-wuppertal.de · Mit HEC-RAS k¨onnen iterativ Spiegellienien sowohl station ¨arer als auch instation ¨arer Str ¨omungen be-rechnet werden. Hierbei wird

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STUDIENARBEITSwenja Martini

Matr.Nr.: 9737331

Untersuchung der hydraulischen Leistungsfahigkeitdes Uberleitungsstollens von der

Neye-Talsperre zur Bever-Talsperre

Bergische Universitat WuppertalLehr- und Forschungsgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft

Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. SchlenkhoffBetreut durch Dipl.-Ing. Marcus Datig

30. Juli 2003

2

Inhaltsverzeichnis

Bilderverzeichnis vi

Literaturverzeichnis vii

I Aufgabenstellung 1

II Leistungsfahigkeitsberechnung 5

1 Einleitung 7

1.1 Ziel der Studienarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.3 Vorliegende Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2 Beschreibung der Gegebenheiten 9

2.1 Ortlichen Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2 Uberleitungsstollen zwischen Neye- und Bever-Talsperre . . . . . . . . . . . 11

2.2.1 Einlaufbauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2.2 Uberleitungsstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2.3 Auslaufbauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3 Berechnung mit HEC-RAS 17

3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2 Geometrieeingabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.2.1 Das Staubauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.2.2 Der Dammbalken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.2.3 Der Stollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

i

ii INHALTSVERZEICHNIS

3.3 Eingabe der Abflussdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.3.1 Ablauf einer gemischt stromend/ schießenden Berechnung . . . . . . 24

3.3.2 Festlegung der Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.4 Ergebnisbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.5 Kalibrierung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.5.1 Variation der Rauhigkeitsbeiwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.5.2 Kalibrierung des Dammbalkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.5.3 Kalibrierung des Durchlasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3.5.4 Kalibrierung des Staubauwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.6 Abflusskurve am Pegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.7 Ermittlung der Leistungsfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.7.1 Betrachtung des Einlaufbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.7.2 Betrachtung des Auslaufbereiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

3.8 Ergebnis der Leistungsfahigkeitsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4 Berechnung mit Mathcad 47

4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.2 Berechnung zur maximalen Abflussleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.2.1 Stollenprofil (Anhang B, S. 73ff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.2.2 Stollenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.2.3 Leistung des Staubauwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.2.4 Leistung des gesamten Systems(Anhang B, S. 90f) . . . . . . . . . . . . 53

5 Berechnungsvergleich 55

5.1 Zusammenstellung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5.2 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

6 Bedienung des Staubauwerks 57

6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

6.2 Berechnung der Schutzoffnungshohen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

7 Zusammenfassung 61

INHALTSVERZEICHNIS iii

III Anhang 63

A Tabellen 65

B Berechnungen mit Mathcad 71

Bilderverzeichnis

2.1 Einzugsgebiet des Beverblocks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.2 Schnitt durch das Stollensystem des Beverblocks . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.3 Prinzipskizze des Gesamtbauwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.4 Einlaufbauwerk, Blick auf den Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.5 Einlaufbauwerk, Blick auf den Stollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.6 Auslaufbereich des Uberleitungsstollens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.7 Prinzipskizze des lichten Stollenprofils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.8 Auslaufbauwerk, Blick auf den Stollenauslauf bei hohem Beverwasserstand 15

2.9 Rampe des Auslaufbauwerks bei niedrigem Beverwasserstand . . . . . . . . 15

3.1 Langsschnitt durch das Uberleitungsbauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.2 Prinzipskizze des Staubauwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.3 Der Dammbalken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.4 In HEC-RAS zur Verfugung stehende Durchlassquerschnitte . . . . . . . . 22

3.5 Con/Span Culvert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.6 Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation der Oberwasserrandbedingung 26

3.7 Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation der Mannig-Strickler Werte . 29

3.8 Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation des Wehrkoeffizienten . . . . 31

3.9 Vergleich der Wasserspiegelhohen des Gerinnemodells mit dem Durchlassmo-dell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.10 Abflusskurve am Pegel, tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.11 Abflusskurve am Pegel, graphische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.12 Vergleich der Wasserspiegel am Staubauwerk bei vollstandig geschlossenenSchutztafeln unter Variation der Unterwasserrandbedingung . . . . . . . . 38

3.13 Vergleich der Wasserspiegel am Dammbalken bei vollstandig geschlossenenSchutztafeln unter Variation der Unterwasserrandbedingung . . . . . . . . 38

3.14 Wasserspiegellinie am Staubauwerk, Schutze vollstandig geschlossen . . . . 39

v

vi BILDERVERZEICHNIS

3.15 Wasserspiegellinie am Dammbalken, Schutze vollstandig geschlossen . . . . 39

3.16 Alle Schutze geschlossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.17 Alle Schutze vollstandig geoffnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.18 Mittleres Schutz vollstandig geoffnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.19 Außere Schutze vollstandig geoffnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.20 Wasserspiegel im Auslaufbereich bei Q= 18,20 m3/s bei niedrigem Bever-wasserstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3.21 Wasserstand im Auslaufbereich bei unterschiedlichen Unterwasserrandbe-dingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3.22 Einfluss des Beverwasserstandes bei unterschiedlichen Abflussmenge . . . . 44

3.23 Einfluss des Beverwasserstandes, Q= 1 m3/s . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.24 Einfluss des Beverwasserstandes, Q= 7 m3/s, Q= 13 m3/s und Q= 18 m3/s 45

4.1 tatsachliches und vereinfachtes Stollenprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.2 Freispiegelstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.3 Druckstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

4.4 Staubauwerk wird uberstromt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.5 Staubauwerk wird unterstromt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

6.1 Vollkommener Ausfluss unter einem Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Literaturverzeichnis

[1] Oliver Kapitza (2000) Leistungsnachweis Studienarbeit SS2000, Untersuchungen zurhydraulischen Leistungsfahigkeit des Uberleitungsstollen von der Neye-Talsperre zurBever-Talsperre.

[2] US Army Corps of Engineers (November 2002) Hydraulic Reference Manual, Version3.1

[3] Wupperverband (06/2001) Bever-Talsperre mit Beverblock, Broschure

[4] Prof. Dr.-Ing. H. Kaldenhoff, Lehr- und Forschungsgebiet Wasserbau und Wasser-wirtschaft Hydromechanikskript

vii

Teil I

Aufgabenstellung

3

Aufgabenstellung zur Studienarbeitvon Frau cand.-Ing. Swenja Martini

“Untersuchungen zur hydraulischen Leistungsfahigkeit einesUberleitungsstollens zwischen der Neye- und Bever-Talsperre.“

Einfuhrung und Motivation

Um das Einzugsgebiet der Bever-Talsperre, die vom Wupperverband zur Niedrigwas-seraufhohung und zum Hochwasserschutz herangezogen wird, zu vergroßern wurde dersogenannte “Beverblock“ gebildet. Dieser besteht aus einem Zusammenschluss der dreiTalsperren Bever, Neye- und Schevelinger-Talsperre mit einem Einzugsgebiet von ins-gesamt 46,4 km2. In diesem Zusammenhang konnen ungenutzte und schadenbringendeHochwasser aus Honnige, Schevelinger und Neye in die Bever-Talsperre abgeleitet undgenutzt werden. Die Verbindung zwischen der von den Remscheider Stadtwerken betrie-benen Neye-Talsperre und der Bever wird uber einen 800m langen Uberleitungsstollenhergestellt. In einer Kooperation zwischen dem Wupperverband und der Bergischen Uni-versitat Wuppertal wurde 1999 eine hydraulische Berechnung zur Ermittlung des Lei-stungsfahigkeit der Hochwasserentlastungsanlage an der Bever-Talsperre erstellt. Auf-grund der Dringlichkeit bei der Bearbeitung dieses Projektes konnten Durchflussmengenaus dem Uberleitungsstollen, die bei der Bemessung der Schussrinne anzusetzen warennicht exakt ermittelt werden. Es fehlten im wesentlichen aktuelle Querschnittsprofile,Langsprofile, sowie Grundrisse und Schnitte der Einlauf- und Auslaufbauwerke. Angabenhierzu stammten aus den Entwurfsplanen des Stollens aus dem Jahre 1936.

Ziel der Untersuchung

Die fehlenden vermessungstechnischen Angaben sowie aktuelle hydrologische Daten ste-hen dem Wupperverband heute zur Verfugung. Dementsprechend soll eine hydraulischeBerechnung der Leistungsfahigkeit des Uberleitungsstollens zwischen Neye- und Bever-Talsperre Auskunft daruber geben, ob die zuvor getroffenen Annahmen dem heutigenStand der Dinge entsprechen. Außerdem soll eine in Abhangigkeit vom Wasserstand inder Neye-Talsperre variierende Durchflussmenge durch den Stollen Angaben liefern, diebei der Durchfuhrung einer zukunftig anzustrebenden Rentabilitatsuntersuchung einerWasserkraftanlage an der Bever-Talsperre mit anzusetzen sind.

Erforderliche Unterlagen

Der Kandidatin stehen zur Bearbeitung dieses Projektes als Datengrundlage die im fol-genden aufgezahlten Unterlagen zur Verfugung:

• Verfugbare Plane des Einlaufbauwerkes (Grundriss und Schnitte) an der Neye-Talsperre, Querschnittsprofile und einen Lageplan des Uberleitungsstollens (StollenIV), sowie erforderliche Plane des Auslaufbauwerkes zur Bever-Talsperre.

4

• Die hydrologischen Daten in Form von Wasserstandsabflussbeziehungen sowie da-zugehorige Wasserstande in der Neye-Talsperre, welche vom Wupperverband nachden Vorgaben der DIN 19700 ermittelt wurden.

Arbeitsprogramm

Zur hydraulischen Berechnung werden die drei Teilbereiche Einlauf, Stollen und Auslaufals ein Gesamtbauwerk betrachtet, fur welches die hydraulische Leistungsfahigkeit ermit-telt werden soll. Dabei gilt es herauszufinden, ob es sich bei dem maßgebenden Parameterzur Bestimmung der maximalen Durchflussmengen um das unterstromte Schutz bzw.das uberstromte Wehr im Einlaufbauwerk handelt, oder ob die Querschnittsabmessungendes Uberleitungsstollen die Beschrankung des Gesamtsystems darstellen. Zudem sollenAngaben daruber getroffen werden, welche Wassermenge bei verschiedenen Schutzoff-nungshohen aus der Neye an die Bever abgegeben werden konnen um in zukunftig zuerstellenden Betriebsanweisungen fur den gesamten Beverblock die Zuflussmengen in dieBever-Talsperre exakter definieren zu konnen. Die Kandidatin soll mit der Bearbeitungdieser Projektaufgabe zeigen, dass Sie eine mathematische Aufgabenstellung im Bauinge-nieurwesen wissenschaftlich fundiert bearbeiten kann. Daruber hinaus soll sie eine kritischeDiskussion der Teilergebnisse fuhren sowie ansprechende Grafiken und Diagramme ihrerUntersuchung erzeugen und in einer “klassischen“ schriftlichen Ausarbeitung (2-fach) zumAbschluss bringen. Die Bearbeitung dieser Projektaufgabe ist in enger Kooperation mitden Betreuern durchzufuhren. Wir wunschen der Kandidatin bei der Bearbeitung dieserAufgabe viel Erfolg.

Teil II

Leistungsfahigkeitsberechnung

Kapitel 1

Einleitung

1.1 Ziel der Studienarbeit

Der Wupperverband ist eine Korperschaft des offentlichen Rechts, der fur die Betreuungdes Einzugsgebietes der Wupper zustandig ist. Zu den gesetzlichen Aufgaben des Wup-perverbandes gehoren die Abwasserbeseitigung, der Hochwasserschutz, die Niedrigwasser-aufhohung, die Trinkwasserbereitstellung sowie die Unterhaltung, die Renaturierung undder okologische Ausbau der Gewasser.

Eine der im Einzugsgebiet der Wupper liegenden Talsperren ist die Bever-Talsperre. Die-se ist durch ein Stollensystem an die Neye-Talsperre, die Schevelinger-Talsperre und anden Honnige-Bach angeschlossen. Die Bergische Universitat fertigte im Jahr 1999 eine hy-draulische Berechnung zur Leistungsfahigkeit der Hochwasserentlastungsanlage der Bever-Talsperre an. In dieser Berechnung wurden Zuflusse aus der Neye-Talsperre angenommen,die jedoch aus zeitlichen Grunden damals nicht exakt ermittelt werden konnten. Um dieBerechnung dennoch durchfuhren zu konnen, wurde ein maximaler Zufluss von 18 m3/secangenommen, der aus Entwurfen der Bever-Talsperre aus dem Jahre 1936 berechnet wur-de. Es wurde damals gefordert, dass die hydraulische Berechnung zu einem spateren Zeit-punkt nachgeholt werden solle. Da die Zuflusse aus der Neye-Talsperre ebenso fur diegeplante Rentabilitatsstudie einer Wasserkraftanlage an der Bever-Talsperre benotigt wer-den, wurde die Bergische Universitat damit beauftragt, einen der drei Uberleitungsstollenhydraulisch zu berechnen. Die hydraulische Berechnung ist das Ziel dieser Studienarbeit.

1.2 Ausblick

Die Berechnung der hydraulischen Leistungsfahigkeit des Uberleitungsstollens soll mitdem Programmsystem HEC-RAS, Version 3.1.1 durchgefuhrt werden. Mit HEC-RASkonnen iterativ Spiegellienien sowohl stationarer als auch instationarer Stromungen be-rechnet werden. Hierbei wird eine Aussage daruber getroffen, welcher Teil des Gesamt-bauwerks die Leistungsfahigkeit beschrankt.

7

8 Kapitel 1 Einleitung

Zur Verifizierung der Berechnungsergebnisse werden diese mit den Ergebnissen einer Stu-dienarbeit aus dem Jahr 2000 von Oliver Kapitza verglichen. In dieser Studienarbeitwurde die hydraulische Leistungsfahigkeit des Bauwerks per Handrechnung mit Hilfe desMathematikprogramms Mathcad uberpruft.

Zusatzlich zur Leistungsfahigkeitsberechnung werden Schutzoffnungshohen ermittelt, diebei verschiedenen Wasserstanden in der Neye-Talsperre erforderlich sind, um unterschied-liche Abflussmengen in die Bever-Talsperre uberleiten zu konnen.

1.3 Vorliegende Daten

Die fur die hydraulischen Berechnung notwendigen Daten wie Profilabmessungen, Hohen-koten, Durchflusse und Wasserstande werden vom Wupperverband zur Verfugung gestellt.Es liegen folgende Bauplane aus den Jahren 1936 und 1937 vor:

• Draufsicht und Schnitt durch das Einlaufbauwerk,

• Regelquerschnitt des Stollens,

• Draufsicht und Schnitt durch das Auslaufbauwerk.

Der Stollen wird fur diese hydraulische Berechnung neu eingemessen. Die Ergebnisse sindin den folgenden Planen dargestellt:

• Ubersicht der Profile, Maßstab 1/2500,

• Querschnitte 1 - 12, Maßstab 1/50.

Zudem liegt das Talsperrenbuch der Bever-Talsperre vor, dem allgemeine Angaben ent-nommen werden.

Bei einer Ortsbegehung sind die wesentlichen Abmessungen der einzelnen Bauwerke zurVerifizierung der erhaltenen Daten in Eigenregie stichprobenartig vermessen worden. Beieventuellen Unstimmigkeiten mit den vorliegenden Planen werden die hierdurch ermit-telten Maße vorgezogen. Sollten in den Berechnungen Hohen bzw. Abmaße verwendetwerden, die nicht mit den vorhandenen Planen ubereinstimmen, wird dies erlautert.

Kapitel 2

Beschreibung der Gegebenheiten

2.1 Ortlichen Gegebenheiten

Die Bever-Talsperre wurde im Jahre 1938 in Betrieb genommen. Mit einem Inhalt von23,7 Mio. m3 bei einem Stauziel von 295,53 m u. NN ist sie die drittgroßte Talsperre desWuppereinzugsgebietes. Ihre Bewirtschaftung und Instandhaltung unterliegt dem Wup-perverband. Neben der Freizeitnutzung dient sie vorrangig dem Hochwasserschutz undder Niedrigwasseraufhohung der Wupper.

Um das Einzugsgebiet der Bever-Talsperre zu vergroßern und die benachbarten BacheNeye, Schevelinger-Bach und Honnige darin einzubeziehen, entstand der sogenannte“Beverblock“, der neben der Bever-Talsperre die Neye-Talsperre, die Schevelinger- Tal-sperre und einen Stauteich an der Honnige umfasst. Das Einzugsgebiet des Beverblocks istin Bild 2.1 dargestellt. Die Entstehung des Beverblocks vergroßerte das Einzugsgebiet derBever-Talsperre auf 25,7 km2. Der mittlere jahrliche Zufluss liegt bei 21,4 Mio. m3. Diewasserwirtschaftlichen Verhaltnisse wurden verbessert und es wurde die Moglichkeit ge-schaffen die ungenutzten und schadenbringenden Hochwasser aus Honnige, Schevelinger-Bach und Neye zu nutzen.

Die Neye-Talsperre wird von der Stadtwerke Remscheid GmbH betrieben. Sie wurde zwi-schen 1905 und 1908 erbaut und dient der Trinkwasserversorgung. Der Stauinhalt betragt6 Mio. m3 bei einem Stauziel von 303,20 m u. NN.

Die Schevelinger-Talsperre besitzt die Aufgabe, das aus dem Honnigegebiet eingeleiteteund zum Teil verunreinigte Wasser durch Absetzen der Schmutzstoffe zu reinigen, bevores der Trinkwassertalsperre im Neyetal zufließt.

Die Talsperren und der Stauteich des Beverblocks sind durch Stollen miteinander ver-bunden. Noch wahrend des Baus der Bever-Talsperre wurde mit dem ersten Stollen furden Anschluss des Honnigegebietes begonnen. Die Bilder 2.1 und 2.2 zeigen die Lage dereinzelnen Verbindungsstollen, sowie einen Schnitt durch das Stollensystem. Die Honnigewird in einem kleinen Stauteich aufgestaut und das Wasser, welches in die Bever-Talsperre

9

10 Kapitel 2 Beschreibung der Gegebenheiten

fliessen soll, wird durch einen geschlossenen Betonkanal (I) und einen Stollen (II) in dieSchevelinger-Talsperre geleitet. Hieraus gelangt das Honnigewasser wiederum durch einenStollen (III) in die Neye-Talsperre. Ein weiterer Stollen (IV) verbindet schließlich dieNeye-Talsperre mit der Bever-Talsperre.

Bild 2.1: Einzugsgebiet des Beverblocks

Bild 2.2: Schnitt durch das Stollensystem des Beverblocks

2.2 Uberleitungsstollen zwischen Neye- und Bever-Talsperre 11

2.2 Uberleitungsstollen zwischen Neye- und Bever-

Talsperre

Das IGAW der Bergischen Universitat wurde damit beauftragt den Uberleitungsstol-len von der Neye-Talsperre zur Bever-Talsperre (Stollen IV) auf seine hydraulische Lei-stungsfahigkeit zu untersuchen. Eine schematische Darstellung des Gesamtbauwerks zeigtBild 2.3.

Bild 2.3: Prinzipskizze des Gesamtbauwerks

Die Uberleitung zwischen Neye- und Bever-Talsperre setzt sich zusammen aus

• einem Einlaufbauwerk,

• dem eigentlichen Uberleitungsstollen und

• einem Auslaufbauwerk,

die im Folgenden ausfuhrlich beschrieben werden.

12 Kapitel 2 Beschreibung der Gegebenheiten

2.2.1 Einlaufbauwerk

Das Einlaufbauwerk, welches in den Bildern 2.4 und 2.5 abgebildet ist, besteht aus einem10 m breiten, kombinierten Staubauwerk, das aus 3 Schutzen gebildet wird.

Durch Anheben der Schutztafeln, die unabhangig voneinander bedient werden konnen,kann das Wasser aus der Neye-Talsperre in die Bever-Talsperre abgefuhrt werden. Hierbeiwird das Staubauwerk unterstromt. Andererseits wirkt das Staubauwerk bei geschlossenenSchutzen als uberstromtes Wehr, dessen Wehrkrone auf einer Hohe von 303,20 m u. NNliegt, was der maximalen Stauhohe der Neye-Talsperre entspricht. Demnach wird dasWehr nur uberstromt, wenn die maximale Stauhohe der Talsperre erreicht wird.

Derzeit liegt dem Wupperverband noch kein Wehrbedienungsplan vor, daher wird dasStaubauwerk zur Zeit noch nach Erfahrung bedient. Bei geringer Uberleitung wird zunachstnur das mittlere Schutz geoffnet. Bei großeren Mengen werden die beiden außeren Schutzebei geschlossenem Mittelschutz angehoben.

Das Wasser wird durch einen offenen Betonkanal von 22,5 m Lange, der sich von 10 mauf 2,20 m verjungt, zum Stollen geleitet. Etwa 1,55 m vor dem Stolleneingang befindetsich ein 1 m hoher Dammbalken, der in seiner Hohe unveranderlich ist. Kurz oberhalb desDammbalkens wird mittels eines Schreibpegels der Wasserstand kontinuierlich erfasst.

Das Gefalle des Einlaufbauwerks andert sich schrittweise. An einen 7,50 m langen Ab-schnitt mit ca. 0,8 % Gefalle schliesst eine ebenfalls 7,50 m lange Rampe mit einemGefalle von 14,25 % an. Innerhalb des verbleibenden Kanalabschnitts wird das Gefalledurch eine Ausrundung in der Sohle langsam wieder von 14,25 % auf 0,8 % angeglichen.

2.2.2 Uberleitungsstollen

Der in Bild 2.6 dargestellte Uberleitungsstollen von der Neye- zur Bever-Talsperre hateine Gesamtlange von etwa 774 m und eine Sohlneigung von 0,8 %. Die Stollenachse weistim Verlauf zwei leichte Knicke auf, ist also nicht komplett gerade. Die Auskleidung desStollens besteht hauptsachlich aus geschaltem Beton, ein kleiner Abschnitt von ca. 37 mdes Stollens besteht jedoch aus Mauerwerk. Der Stollenquerschnitt, in Bild 2.7 dargestellt,besteht aus einem unten geringfugig ausgerundeten Rechteck mit aufgesetztem Halbkreis.Das Rechteckprofil hat eine Breite von 2,20 m und eine Hohe von 1,00 m an den Randernbzw. 1,10 m in Querschnittsmitte. Der Halbkreis hat einen Radius von 1,10 m.

2.2.3 Auslaufbauwerk

Das Auslaufbauwerk schliesst ohne Gefallesprung an den Uberleitungsstollen an. Er ver-breitert sich trapezformig von 2,20 m auf 6,10 m. Am Ende des Kanals befindet sich eineRampe, die mit Storsteinen versehen ist. Das Auslaufbauwerk ist in den Bildern 2.8 und2.9 dargestellt.

2.2 Uberleitungsstollen zwischen Neye- und Bever-Talsperre 13

Bild 2.4: Einlaufbauwerk, Blick auf den Schutz

Bild 2.5: Einlaufbauwerk, Blick auf den Stollen

14 Kapitel 2 Beschreibung der Gegebenheiten

Bild 2.6: Auslaufbereich des Uberleitungsstollens

Bild 2.7: Prinzipskizze des lichten Stollenprofils

2.2 Uberleitungsstollen zwischen Neye- und Bever-Talsperre 15

Bild 2.8: Auslaufbauwerk, Blick auf den Stollenauslauf bei hohem Beverwasserstand

Bild 2.9: Rampe des Auslaufbauwerks bei niedrigem Beverwasserstand

16 Kapitel 2 Beschreibung der Gegebenheiten

Kapitel 3

Berechnung mit HEC-RAS

3.1 Einleitung

In der hydraulische Berechnung der Leistungsfahigkeit des Uberleitungsstollens sollendie Einzelbauwerke Einlauf, Stollen und Auslauf als Gesamtbauwerk betrachtet wer-den. Zu diesem Zweck wird das Bauwerk mit dem Programmsystems HEC-RAS (Versi-on 3.1.1) modelliert. HEC-RAS steht fur “Hydraulic Engineering Center -River AnalysisSystem“. Es wurde von dem “US Army Corps of Engineers“ am “Institut for Water Re-sources“ in Davis, USA entwickelt. Das Programm und die zugehorigen englischsprachigenHandbucher stehen kostenlos im Internet zur Verfugung.1.

Mit HEC-RAS konnen iterativ Spiegellinien sowohl stationarer als auch instationarerStromungen berechnet werden.

Fur die hydraulische Berechnung wird ein eindimensionales, stationares Modell verwendet.Es basiert auf der Energiegleichung, welche iterativ fur jedes Querprofil von einem Profilzum nachsten gelost wird. Die Energieverluste zwischen zwei Querprofilen beinhaltenReibungsverluste und ortliche Verluste aufgrund von Einschnurungen und Aufweitungen.Die eigentliche Abflussbeziehung basiert auf der empirischen Gleichung von Manning-Strickler, die einen Zusammenhang zwischen Abflussmenge, durchflossenem Querschnitt,benetztem Umfang, Sohlneigung und Fliessgeschwindigkeit darstellt.

Diese Formeln sind fur einen stromenden Fliesszustand ausreichend. Tritt jedoch einFliesswechsel und somit ein schneller Ubergang im Fliesszustand auf, so ist die Ener-giegleichung nicht mehr anwendbar. Es gibt mehrere Umstande die einen Fliesswechselzur Folge haben, wie zum Beispiel eine plotzliche, gravierende Anderung der Sohlneigung,Bruckenkonstruktionen, Wehre, Absturze u.a. In einigen dieser Falle konnen empirischeGleichungen benutzt werden (z.B. bei Wehren), wohingegen bei anderen die Impulsglei-chung zur Anwendung kommt.

1http://www.hec.usace.army.mil

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18 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Um mit HEC-RAS einen Flussabschnitt zu modellieren wird ein Projekt (Project) an-gelegt, in dem alle Daten verwaltet werden. Fur eine hydraulische Berechnung werdenjeweils Geometriedaten (Geometric-Data) und Abflussdaten (Flow-Data) in einem Planverknupft. Die Geometrie- und die Abflussdaten beinhalten samtliche geometrische undhydraulische Informationen uber den Flussabschnitt, die fur die Erstellung des Modellsund zur Berechnung notwendig sind.

3.2 Geometrieeingabe

Bei der Geometrieeingabe wird der Flussabschnitt durch Angaben zu den Querprofilenoder zu hydraulischen Strukturen wie z.B. Brucken, Wehre, Durchlasse spezifiziert. Diebenotigten Querprofile werden sukzessive, vom Oberwasser beginnend, eingegeben. Signifi-kante Punkte der Querprofile werden hierbei als Hohenkoten uber die Station aufgetragen.

Die in diesem Modell angenommenen Hohenkoten und die Position der einzelnen Quer-profile sind in Bild 3.1 skizziert.

Das Modell wird Schritt fur Schritt aufgebaut. Zunachst wird der Uberleitungsbereichdurch offene Gerinnequerschnitte abgebildet. Nach und nach werden das Staubauwerk(Profil 19), der Dammbalken (Profil 8) und der Stollen (Profil 5) erganzt. Die Maße undHohen werden vorwiegend den Bauplanen entnommen. Da die aufgemessenen Werte de-nen aus den Bauplanen vorgezogen werden, ergeben sich teilweise von den ursprunglichenPlanen abweichende Hohenkoten. Als fixe Hohe wird unter anderem die Oberkante deskombinierten Staubauwerks angenommen. Diese wird vom Wupperverband mit 303,20 mu. NN angegeben und entspricht dem maximalen Neyewasserstand. Mit der gemessenenHohe der Schutztafeln von 1,60 m ergibt sich eine Sohlhohe von 301,60 m u. NN amStaubauwerk (Profil 19). Von diesem Punkt ausgehend werden die anderen Sohlhohenbestimmt, wobei als weiterer Fixpunkt die Sohlhohe im Stolleneinlauf mit 300.30 m u.NN angenommen wird (Profil 6). Die den Bauplanen entnommene Neigung der Zwischen-rampe mit 14,25 % (Profil 13-16) wird fur die Modellierung ubernommen. Das Gefalle vorder Rampe (Profil 16-19) wird mit 0,8 % angesetzt. Die Neigung des Ubergangs zwischenRampe und Stollen ergibt sich hiermit zu 2,27 % (Profil 6-13). Der in der Beschreibungdes Einlaufbauwerks erwahnte, allmahliche Ubergang von 14,25 % auf 0,8 % wird ver-nachlassigt. Die Oberkanten der Profile im Einlaufbereich befindet sich auf 304,00 m u.NN. Die Oberkante des Auslaufes fallt von 297,50 m u. NN auf 296,20 m u. NN ab (Profil1-4).

Querprofile werden zunachst dort angeordnet, wo eine signifikante Anderung im Gefalleoder Querschnitt auftritt. Im Nachhinein wurden noch einige Profile erganzt oder zwischenbestehenden Profilen interpoliert, wenn diese fur die Berechnung notwendig waren.

3.2 Geometrieeingabe 19

Bild 3.1: Langsschnitt durch das Uberleitungsbauwerk

20 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

3.2.1 Das Staubauwerk

Wehre werden bei HEC-RAS als “Inline Structures“ modelliert. Zur Modellierung desWehrs werden Angaben benotigt wie die Position des Staubauwerkes, die Hohe der Wehr-krone, die Form der Wehrkrone und der Wehrkoeffizient. Um steuerbare Offnungen imStaubauwerk zu definieren werden weiterhin Angaben zur Art der Offnung gemacht, diemaximale Offnungshohe, die Breite und Position der Offnungen sowie die Unterkanntedes Verschlussorgans werden angegeben.

Das Staubauwerk ist in Bild 3.2 schematisch dargestellt. Die angegebenen Abmaße ent-sprechen den aufgemessenen Werten. Das Staubauwerk besteht aus drei unabhangig von-einander bedienbaren Schutztafeln. Die beiden außeren Tafeln sind 3,25 m, die mittlereTafel 3,29 m breit. Beim Ziehen der Schutztafeln verbleiben einige Holzbohlen mit einerGesamthohe von 0,39 m an der Sohle. Der bewegliche Teil der Schutztafeln hat eine Hohevon 1,21 m. Die maximale Offnungshohe des Schutzes ergibt sich mit der Unterkante derauffahrbaren Schutztafeln auf 301,99 m u. NN und der Hohe der Oberkante des Schutzesvon 305,00 m u. NN zu 1,80 m.

Mit der Oberkante des Einlaufbauwerkes ergibt sich der maximal mogliche Wasserstandim Bauwerk zu 304,00 m u. NN. Steigt der Wasserspiegel weiter an, kommt es zur Uber-flutung des weitgehend ebenen Gelandes.

Bild 3.2: Prinzipskizze des Staubauwerks

Sind im zu modellierenden Flussabschnitt Flussbauwerke wie z.B. Wehre, Rohrleitungeno.a. vorhanden, so benotigt HEC-RAS fur die Berechnung ein oberwasserseitiges Querpro-fil, das soweit vom Bauwerk entfernt ist, dass es nicht mehr in dessen Einflussbereich liegt.Da der zu modellierende Bereich mit dem Staubauwerk beginnt, und keine Profildaten derNeye-Talsperre vorhanden sind, werden oberhalb des Schutzes Querprofile angenommen,welche die Gegebenheiten annahernd wiederspiegeln. Um den Einfluss der hinzugefugtenProfile in diesem Bereich gering zu halten, wird ein Sohlgefalle von 0,05 % gewahlt. Auf-grund breit abgelegter Querschnitte und der geringen Sohlneigung ergeben sich niedrigeFliessgeschwindigkeiten und damit auch geringe kontinuierlichen Verluste.

3.2 Geometrieeingabe 21

3.2.2 Der Dammbalken

Der Dammbalken, abgebildet in Bild 3.3 kann ebenfalls als “Inline Structure“ abgebildetwerden. Er ist 0,15 m breit und 1,00 m hoch. Seine Uberfallkante ergibt sich zu 301,32m u. NN. Der in Bild 3.3 sichtbare Rechen vor dem Stolleneinlauf wird im Falle einerUberleitung vollstandig geoffnet und geht damit nicht in die Berechnung ein.

Bild 3.3: Der Dammbalken

3.2.3 Der Stollen

Zunachst wird der Stollen als offenes Gerinne durch die Eingabe des Einlauf- und desAuslaufquerschnittes diskretisiert, Zwischenprofile werden in etwa alle 12 m durch In-terpolation hinzugefugt. Die geringen Richtungsanderungen der Stollenachse werden ver-nachlassigt. Vorerst werden die den Stollen begrenzenden Querschnitte als Rechteckprofilemit einer Breite von 2,20 m eingegeben. Die Profilhohe spielt hierbei keine Rolle, da dieseGeometrieeingabe nur dazu dient die Wasserspiegellinie im offenen Gerinne bei geringenDurchflussen mit der Wasserspiegellinie nach Modellierung des Stollens als Durchlass zuvergleichen.

In einer zweiten Geometriedatei wird der Stollen als Durchlass (“Culvert“) modelliert.Die Dokumentation zu HEC-RAS definiert ein Culvert als eine relativ kurze Rohrleitung,was auf den ca. 774 m langen Uberleitungsstollen nicht zutrifft. Schwierigkeiten bei der

22 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Modellierung treten jedoch wider Erwarten nicht ein, was eine Vergleichsrechnung derWasserspiegellinie bei kleinen Durchfussen der Geometrie mit Culvert und der mit Mo-dellierung des Stollens als offenes Gerinne zeigt.2

Die Form des Stollens lasst sich nicht genau abbilden, da HEC-RAS nur die neun, in Bild3.4 dargestellten Culvertquerschnitte zur Auswahl stellt.

Bild 3.4: In HEC-RAS zur Verfugung stehende Durchlassquerschnitte

Das Con/Span Profil kommt dem tatsachlichen Stollenprofil am nachsten. Ein Con/Spanist ein elliptischer Bogen, der im Gegensatz zu einem Halbkreis sehr viel flacher ist. Bei denin HEC-RAS vordefinierten Con/Span Profilen ist der Bogenbreite eine gewisse Bogenhohezugeordnet (siehe Tabelle Bild 3.5a). Bei der Eingabe des Profils ist es moglich eineQuerschnittshohe anzugeben, die großer ist als diese vorgegebene Bogenhohe. HEC-RASfugt in diesem Fall unter dem vordefinierten Bogen vertikale Wande ein, so dass diegewunschte Hohe gegeben ist (siehe Bild 3.5b).

Der Dokumentation zu HEC-RAS [2, Kap. 6, S. 6.19 f] ist nicht zu entnehmen, welcheBogenhohe programmintern fur eine Bogenbreite von 2,20 m angesetzt wird. Die klein-ste gegebene Querschnittsbreite ist 3,6576 m (12 ft) mit einer zugeordneten Bogenhohevon 0,9357 m (3ft). Hieraus ist abzuleiten, dass bei einer Querschnittsbreite von 2,20 mdie Bogenhohe in jedem Fall kleiner als die tatsachlichen 1,10 m ist. Im Vergleich zumtatsachlichen Querschnitt musste sowohl der benetzte Umfang als auch die durchflosseneQuerschnittsflache großer werden. Es ist also anzunehmen, dass der hydraulische Radi-us als Verhaltnis von benetztem Umfang zu durchflossener Querschnittsflache genugendgenau angenahert ist.

2Vergleichsrechnung siehe Kap. 4.5, Kalibrierung des Durchlasses

3.3 Eingabe der Abflussdaten 23

(a) Tabelle zur Zuordnung von Bogenhohenzu Bogenbreiten bei Con/Span-Culverts

(b) Vergleich des tatsachlichen Profils mitdem Con/Span Profil

Bild 3.5: Con/Span Culvert

3.3 Eingabe der Abflussdaten

Die Abflussdaten beeinhalten die zu betrachtenden Abflusse, Randbedingungen und dieden einzelnen Abflussen zugeordneten Schutzoffnungshohen. Es konnen mehrere Abflusseeingegeben werden, fur die jeweils die Wasserspiegellinie berechnet wird.

Damit die Berechnung gestartet werden kann, muss ein bekannter Wasserstand am unter-sten bzw. obersten Profil des zu modellierenden Flussabschnitts als Randbedingung vorge-geben werden. Handelt es sich um einen durchgehend stromenden Fliesszustand, so mussdie Randbedingung am unterwasserseitigen, bei einem durchgehend schießenden Zustandam oberwasserseitigen Profil definiert werden. Ist der Abfluss bereichsweise stromend oderschießend muss jeweils eine Oberwasser- und eine Unterwasserrandbedingung spezifiziertwerden.

HEC-RAS bietet an, die Berechnung unter Annahme eines durchgehend stromenden Ab-flusses, eines durchgehend schießenden Abflusses oder eines gemischt stromend/schießen-den Abflusses durchzufuhren. Aufgrund der zahlreichen Querschnittswechsel, Neigungs-wechsel und der Einbauten wird ein durchgehend stromender Abfluss ausgeschlossen. Auchein durchgehend schießender Abfluss ist aufgrund des Aufstaus vor dem Dammbalken imEinlaufbereich unwahrscheinlich, daher wird ein gemischt stromend/schießender Abflussangenommen (Mixed Flow Analysis).

24 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

3.3.1 Ablauf einer gemischt stromend/ schießenden Berechnung

Die folgende Schilderung einer gemischten stromend/ schießenden Berechnung ist sinn-gemaß der Dokumentation zu HEC-RAS [2, Kap. 4, S. 4.7 f] entnommen.

Zunachst wird die Wasserspiegellinie unter Annahme eines stromendem Abflusses vomUnterwasser beginnend zum Oberwasser hin berechnet. Die Berechnung startet mit derUnterwasserrandbedingung. Wahrend der Berechnung werden alle Punkte markiert, beidenen eine Iteration zu keiner Losung fuhrt. An diesen Stellen wird zunachst als Wasser-tiefe die kritische Wassertiefe angenommen.

Nach dem Rechendurchlauf beginnt das Programm am oberwasserseitigen Profil mit derOberwasserrandbedingung eine Berechnung unter Annahme schießenden Abflusses. Wennder Fliesszustand am oberwasserseitigen Profil schießend ist, uberpruft das Programm,ob die berechnete Stutzkraft großer ist als die, die vorher wahrend der stromenden Be-rechnung an dieser Stelle errechnet wurde. Ist die Kraft der schießenden Randbedingunggroßer, so wird angenommen, dass diese den Abfluss dominiert und das Programm be-ginnt die Berechnung von hier im schießenden Zustand.Wenn diese Kraft jedoch kleiner ist als die aus der stromenden Berechnung, so beginntdas Programm weiter Flussabwarts nach einer Stelle zu suchen, an der das Programm beider stromenden Rechnung die kritische Wassertiefe angenommen hat. Wird diese Stellegefunden, benutzt das Programm diese als Randbedingung fur eine weitere schießendeBerechnung.

Das Programm berechnet die Wasserspiegellinie im schießenden Zustand flussabwarts bises ein Querprofil erreicht, an dem es sowohl eine richtige stromende, als auch schießendeAntwort gibt. Passiert dies, berechnet das Programm wiederum die Stutzkraft fur bei-de errechneten Wasserspiegellinien. Derjenige Fliesszustand mit der großeren Stutzkraftwird als die richtige Losung angenommen. Hat der schießende Abfluss die großere Stutz-kraft, so fahrt das Programm mit einer Berechnung unter Annahme schießenden Abflussesflussabwarts fort und vergleicht jeweils die Krafte fur die beiden Losungen. Wenn das Pro-gramm ein Querprofil erreicht, dessen stromende Antwort eine großere Kraft hat als dieschießende, so nimmt das Programm an, dass es sich um einen hydraulischen Sprungzwischen dieser und der vorherigen Station handelt.

Aufgrund dieser Rechenweise ist bei einer gemischt stromend/ schiessenden Berechnungsowohl eine Unterwasser- als auch eine Oberwasserrandbedingung notwendig.

3.3 Eingabe der Abflussdaten 25

3.3.2 Festlegung der Randbedingungen

Als Randbedingung kommen in Frage:

• eine bekannte Wassertiefe,

• die kritische Wassertiefe,

• die Normalwassertiefe oder

• die Angabe einer Abflußkurve.

Es sei angemerkt, dass die definierte bekannte Wassertiefe fur jeden Durchfluss gleichbleibt, wohingegen die Normalwassertiefe fur jeden Durchfluss programmintern mit demangegebenen Sohlgefalle uber die Mannig-Strickler Formel neu errechnet wird.

Die unterwasserseitige Randbedingung ist eindeutig bestimmbar. Es sind die zwei folgen-den Falle von Bedeutung.

Ist der Wasserstand in der Bever-Talsperre so niedrig, dass er den Abfluss durch denStollen nicht beeinflusst, so kann davon ausgegangen werden, dass die in Bild 2.9 zuerkennende Kante im Auslaufbereich nicht eingestaut ist. Ware der Ausfluss im Auslauf-bauwerk stromend, wurde es an dieser Kante zu einem Fliesswechsel vom Stromen zumSchießen kommen. Variiert man den Abfluss Q in der Rechnung mit HEC-RAS so stelltman fest, dass bei jedem Q im Auslaufbereich ein schießender Abfluss vorliegt, da dieNormalwassertiefe immer unterhalb der kritischen Grenztiefe liegt. Eine Berechnung mitMathcad, in Anhang B, S.72 angefugt, bestatigt dieses Ergebnis. Es kommt demnach zukeinem Fliesswechsel, so dass die Normalabflusstiefe bei einem Sohlgefalle von 0,8 % alsRandbedingung angesetzt werden kann.

Wird in der Bever-Talsperre der maximale Wasserstand erreicht, so beeinflusst dieserWasserstand den Abfluss aus dem Stollen. In diesem Fall wird als Randbedingung einebekannte Wassertiefe von 295,53 m u. NN definiert.

Da eine Uberleitung aus der Neye-Talsperre uber das Wehr nur erfolgt, wenn der Wasser-stand das maximale Stauziel von 303,20 m u. NN erreicht, wird diese Hohe bei Berech-nungen mit geschlossenen Schutzen als bekannte Oberwassertiefe angesetzt.

Werden die Schutze geoffnet ist die Festlegung der Randbedingung schwieriger. Eine Ab-flusskurve ist im Bereich der Neye-Talsperre nicht vorhanden, ebenso kann die kritischeWassertiefe nicht angesetzt werden, da im Talsperrenbereich kein Fliesswechsel auftritt.Die Normalwassertiefe ware sehr ungenau, da die oberwasserseitigen Querschnitte nurfiktiv angenommen werden. Wie aus den vom Wupperverband zur Verfugung gestelltenDaten zur Uberleitung zwischen Neye-Talsperre und Bever-Talsperre hervorgeht, welcheexemplarisch fur Februar 2001 im Anhang A, S. 66 aufgefuhrt sind, ist eine Uberlei-tung durch die geoffneten Schutze zwar vom Neyewasserstand abhangig, aber es kannkeinem Wasserstand ein konkreter abzufuhrender Abfluss zugeordnet werden. Es wurde

26 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

daher eine Vergleichsrechnung durchgefuhrt, die Aufschluss daruber gibt, inwieweit diegewahlte Randbedingung das Ergebnis beeinflusst. Da die Angabe einer Abflusskurve, dieNormalabflusstiefe und die Annahme der kritischen Wassertiefe nicht als Randbedingungin Frage kommen, werden bei unveranderter Unterwasserrandbedingung die Oberwasser-randbedingungen angenommen als:

• bekannte Wassertiefe = 303,00 m u. NN bzw. 1,38 m

• bekannte Wassertiefe = 303,20 m u. NN bzw. 1,58 m

• bekannte Wassertiefe = 303,60 m u. NN bzw. 1,98 m

Bild 3.6: Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation der Oberwasserrandbedingung

3.4 Ergebnisbetrachtung 27

Die in Bild 3.6 dargestellten Ergebnisse zeigen reprasentativ die Wasserspiegelhohen anden oberwasserseitigen Querprofilen3. Es zeigt sich, dass die Wahl der Oberwasserrand-bedingung keinen Einfluss auf die berechneten Wasserspiegelhohen hat. Es fallt auf, dassder errechnete Wasserspiegel am Profil 25 unabhangig von der gewahlten Randbedin-gung immer die gleiche Hohe hat, nicht aber dem vorgegebenen Wasserstand entspricht.Dies liegt an dem auf Seite 24 erlauterten Ablauf einer gemischt stromend/ schießendeBerechnung. Da im Neye Bereich wegen des geringen Sohlgefalles und der geringen Fliess-geschwindigkeit ein stromender Abfluss vorliegt, wird die Oberwasserrandbedingung nichtbenotigt. Die Berechnung unter Annahme schießenden Fliessens setzt erst an einer Stelleein, an der wahrend der Stromenden Berechnung die kritische Tiefe angenommen wurdeund zudem die Stutzkraft unter Vorraussetzung des schießenden Abflusses großer als diebei Vorraussetzung des stromenden Abflusses ist.

Da die Wahl der Oberwasserrandbedingung fur die Berechnungsergebnisse nicht von Be-deutung ist, wird fur weitere Berechnungen als Oberwasserrandbedingung eine konstanteWassertiefe von 303,00 m u. NN gewahlt, da bei dieser Wasserstandshohe eine Uberlei-tung durch den Schutz wahrscheinlich erscheint.

Somit sind die Randbedingungen festgelegt:

• Unterwasser Randbedingung- Normalwassertiefe bei 0,5 % Sohlgefalle (niedriger Wasserstand in Bever)- bekannte Wassertiefe = 295,53 m u. NN (maximaler Wasserstand in Bever)

• Oberwasser Randbedingung- bekannte Wassertiefe = 303,20 m u. NN (Uberleitung uber das Wehr)- bekannte Wassertiefe = 303,00 m u. NN (Uberleitung durch den Schutz)

Wie aus einigen Berechnungen hervorgeht, wirkt sich die Anderung der Unterwasserrand-bedingung nur auf den Auslaufbereich der Uberleitung aus. Dies wird im Rahmen derLeistungsfahigkeit in den Kapiteln 3.7.1 und 3.7.2 belegt. Viele Berechnungen werdendaher nur mit der Unterwasserrandbedingung “Normalwassertiefe“ durchgefuhrt.

3.4 Ergebnisbetrachtung

Die Berechnungsergebnisse werden in verschiedener Art dargestellt und zwar in Quer-profilen, Langsschnitten, Abflusskurven, perspektivischen Ansichten und Tabellen. ZurBelegung von Rechenergebnissen wird hier aus Grunden der Ubersichtlichkeit vorwiegenddie tabellarische Ergebnisdarstellung verwendet. Der gesamte Datensatz ist dieser Arbeithinzugefugt, so dass eine weiterfuhrende Ergebnisbetrachtung moglich ist.

Fur die Darstellung konnen sowohl die verschiedenen Plane, die bei einem Rechenvorgangaus der Verknupfung der Geometriedateien mit den Abflussdaten entstehen, als auch die

3Weitere Erlauterung der Tabelle im folgenden Abschnitt

28 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

zu betrachtenden Abflusse ausgewahlt werden. Die Ergebnisse konnen demnach direktmiteinander verglichen werden.

Als Beispiel hierfur dient Bild 3.6. Es werden drei verschiedene Plane mit den Kurzbezeich-nung RB-303 (bekannte Wassertiefe = 303,00 m u. NN), RB-303.2 und RB-303.60 mit-einander verglichen. Aus Anhang A, S.67 geht hervor, aus welcher Kombination von Geo-metrie und Abflußdatensegment ein Plan erstellt wurde. Die hier betrachteten Plane sindbeispielsweise entstanden aus der Kombination der Geometrie “Aktuell-Stollen“ und denAbflussdaten “OberwasserRB-303“, “OberwasserRB-303.2“ und “OberwasserRB-303.6“.Diese Abflussdaten sind bis auf die geanderte Oberwasserrandbedingung identisch, ebensoist die zugrundegelegte Geometrie dieselbe. Die Plane konnen daher direkt miteinanderverglichen werden. Es wurden zur Belegung des Berechnungsergebnisses aus Grunden derUbersichtlichkeit nur das kleinste und das großte der drei berechneten Abflussgeschehen(in der Tabelle als Profile bezeichnet) zur Darstellung in der Tabelle ausgewahlt, undzwar das Profil Q = “0,25 m3/s“ und Q = “13,00 m3/s“. Aus der gesamten Tabelle wer-den nur die Oberwasserquerprofile 25 bis 22 (River Stations) abgebildet. In der mit derAbkurzung W.S. Elevation (Water Surface Elevation) betitelten Spalte sind die jeweiligenWasserspiegelhohen angegeben.

3.5 Kalibrierung des Modells

Ein hydraulisches Modell muss kalibriert werden, d.h. es muss so eingestellt werden, dasses den tatsachlichen Gegebenheiten entspricht. Bei HEC-RAS wird ein Modell kalibriert,indem die Rauhigkeiten (Mannig-Strickler Werte), die jedem Querprofil bei der Geometrie-eingabe zugeordnet werden und die Verlustbeiwerte bei Flusseinbauten, solange variiertwerden, bis an mehreren Flussprofilen die ermittelten Wasserstand-Durchflussbeziehungengenugend genau den in der Natur gemessenen Wasserstand-Durchflussbeziehungen ent-sprechen. Je mehr Informationen zu Wasserstand und Durchfluss vorhanden sind, destobesser kann das Modell kalibriert werden.

Die Kalibrierung ist ein iterativer Prozess, da die einzelnen Bauwerke nach und nachabgestimmt werden mussen. Ist ein Parameter kalibriert und wird ein weiterer verandert,so muss der erste erneut kalibriert werden. Die Kalibrierung erfolgt demzufolge Schrittfur Schritt.

3.5.1 Variation der Rauhigkeitsbeiwerte

Im Bereich des Uberleitungsstollens existiert nur ein Pegel, der sich kurz oberhalb desDammbalkens befindet. Seine Messung beginnt auf dem Niveau der Oberkante des Damm-balkens. Die Abflusskurve zu diesem Pegel, aus der ein Auszug in Anhang A, S.69 dar-gestellt ist, wird vom Wupperverband bereitgestellt. Weitere Abflusskurven werden nichtaufgemessen, da der Aufwand im Bezug auf die Auswirkung auf die Genauigkeit der Er-gebnisse nicht angemessen erscheint. Da nahezu das gesamte Uberleitungsbauwerk ausBeton besteht, wird vereinfachend als Mannig-Strickler Wert der von HEC-RAS emp-

3.5 Kalibrierung des Modells 29

fohlene Wert von 0,017 fur unbehandelten, geschalten Beton angenommen. Dieser Wertentspricht dem reziproken Wert von 58.82 (kM - Wert). Der kurze Mauerwerksabschnittinnerhalb des Stollens wird vernachlassigt. Eine Anderung des Mannig-Strickler Wertesinnerhalb der fur Beton anzusetzenden Rauhigkeitsbeiwerte zwischen 0,0125 (kM= 80)und 0,02 (kM= 50) liefert die in Bild 3.7 dargestellten Ergebnisse. Fur die Berechnungwerden in der Geometrieeingabe die Mannig-Strickler Beiwerte fur alle Profile von 0,017auf 0,0125 bzw. 0,02 geandert. Die Geometriedateien werden getrennt gespeichert. Eswerden funf verschiedene Abflusse von 0,25 m3/s bis 13 m3/s betrachtet, wobei fur dieuntenstehende Tabelle nur das kleinste und das großte Profil ausgewahlt werden. DieRechnung wird zum einen mit vollstandig geoffneten, und zum anderen mit vollstandiggeschlossenen Schutztafeln durchgefuhrt. Da die Ergebnisse mit geoffnetem und mit ge-schlossenem Schutz außer im Bereich in direkter Umgebung vom Staubauwerk identischeErgebnisse liefern, wird hier nur das Berechnungsergebnis bei vollstandig geschlossenemSchutz dargestellt.

Bild 3.7: Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation der Mannig-Strickler Werte

30 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Der Wasserspiegel variiert bei Anderung der Rauhigkeitsbeiwerte um maximal 1 cm nachunten bzw. oben, was so geringfugig ist, dass der vorgeschatzte Mannig-Strickler Wertvon 0,017 fur die weiteren Berechnungen beibehalten wird.

3.5.2 Kalibrierung des Dammbalkens

Mit dem nun feststehenden Mannig-Strickler Beiwert und der vorhandenen Wasserstand-Durchflussbeziehung am Pegel kann nun der Wehrkoeffizient des Dammbalkens kalibriertwerden. Hierfur wird in Pegelhohe ein zusatzliches Querprofil, das Profil 10 eingefugt,was einen direkten Vergleich der beobachteten und der berechneten Wasserhohe moglichmacht. Bei dem vollstandigen Modell (inkl. Durchlass) wird der Wehrkoeffizient bei un-terschiedlichen, aber relativ kleinen Abflussen so lange variiert, bis der ermittelte Was-serstand dem gemessenen Wasserstand am Pegel so gut wie moglich entspricht. Fur dieKalibrierung werden nur kleine Abflusse betrachtet, da beim Erstellen einer Abflusskurvevorwiegend Daten fur geringe Abflusse zur Verfugung stehen, von denen dann auf die Was-serstande bei großeren Abflussen geschlossen wird. Die zu diesen Abflussen gehorendenWasserstande konnen daher nicht als exakt angesehen werden. Da mehrere Rechnungengezeigt haben, dass die Bedienung des Schutzes keinen Einfluss auf den Wasserspiegel amDammbalken ausubt, wird die Berechnung nur mit vollstandig geschlossenen Schutztafelndurchgefuhrt.

Aus dem Vergleich der errechneten Wasserstandshohe (W.S. Elevation) und den beobach-teten Wasserstandshohen (Obs WS = Observed Water Surface) ergibt sich, wie aus Bild3.8 ersichtlich ist die großte Ubereinstimmung der Werte bei einem Wehrkoeffizienten von2.4. Ebenso ist zu erkennen, dass das Ergebnis schlechter wird, je großer die Durchflussesind.

3.5 Kalibrierung des Modells 31

Bild 3.8: Vergleich der Wasserspiegelhohe bei Variation des Wehrkoeffizienten

Im Fall eines Wehres mit ungesteuertem Abfluss, d.h wenn kein Regulierungsorgan vor-handen ist oder aber das Regulierungsorgan soweit geoffnet ist, dass es den Abfluss nichtbehindert, rechnet HEC-RAS mit der Uberfallformel nach Ven Te Chow:

Q = C · L ·H 3/2

Q = Abfluss uber das WehrC = WehrkoeffizientL = Uberstromte WehrbreiteH = Energiehohe oberhalb der Wehrkrone

Im deutschsprachigen Raum wird fur einen vollkommenen Uberfall die Uberfallformelnach Poleni benutzt:

Q = 23· µ · b · √2 · g · h 3/2

Q = Abfluss uber das Wehrµ = UberfallbeiwertB = Uberstromte Wehrbreite

32 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

h = Wasserstand oberhalb der Wehrkrone

Vernachlassigt man die Fliessgeschwindigkeit oberhalb des Wehres, so dass die Ener-giehohe der Wasserhohe entspricht und setzt man die Formeln gleich, so ergibt sich fol-gender Zusammenhang:

23· µ · √2 · g = C ⇒ µ ≈ 0, 339 · C

Der Uberfallwert C= 2,4 in HEC-RAS entspricht demnach dem uns gelaufigen Uberfall-beiwert fur einen vollkommenen Uberfall von µ= 0,81. Dieser Wert ist nicht im Rahmender ublichen Werte von 0,49 bis 0,79 [4, Kap. 5, S.5.19], dennoch wird an diesem Wertfestgehalten.

3.5.3 Kalibrierung des Durchlasses

Der Durchlass ließe sich kalibrieren, indem man die Verlustbeiwerte andert und fur relativkleine Durchflusse die Ergebnisse des geometrischen Modells mit offenem Gerinne und demmit Modellierung des Durchlasses als Culvert vergleicht. Fur die Vergleichbarkeit ist zugewahrleisten, dass der Wasserspiegel im Durchlass noch innerhalb des Rechteckprofilssteht.

Die bei der Eingabe des Durchlasses variablen Werte sind die Beiwerte zur Erfassungder Eintritts- und der Austrittsverluste bei einer Wasseruberleitung durch den Durchlass(“Entrance Loss Coefficient“ und “Exit Loss Coefficient“).

Der “Entrance Loss Coefficient“ wird bei der Berechnung mit der Geschwindigkeitshoheim Durchlass multipliziert. Das Produkt entspricht dem Energieverlust, der beim Ein-tritt in den Durchlass auftritt. Ein großerer Verlustbeiwert ergibt somit eine großere Ver-lusthohe. Von HEC-RAS werden fur Con/Span Profile nur drei verschiedene Koeffizientenin Abhangigkeit von der Ausbildung der Kopf- und Flugelwande des Durchlasses unter-schieden. Fur den Fall, dass keine Kopfwand angeordnet ist, und die Flugelwande 10

◦-

20◦

in der Ebene gedrehte sind, wird ein Wert von 0,4 vorgeschlagen. Dieser Wert wirdhier angesetzt.

Der “Exit Loss Coefficient“ liegt in unserem Fall bei 1. Dieser Wert entspricht dem Fall,dass keine Austrittsverluste auftreten, da sich der Fließquerschnitt nach dem Durchlassnicht verengt sondern aufweitet. Dieser Koeffizient steht demnach auch fest.

Eine tatsachliche Kalibrierung kann nicht stattfinden, da es keine Variationsmoglichkeitenfur die Verlustbeiwerte gibt. Dennoch wird eine Vergleichsrechnung des Gerinne- unddes Durchlassmodells durchgefuhrt um einschatzen zu konnen, ob das Durchlassmodellrichtige Werte liefert.

Die Schutztafeln werden bei der Berechnung vollstandig geoffnet. Es werden Abflusse von

3.5 Kalibrierung des Modells 33

0,25 m3/s bis 13,0 m3/s betrachtet, da bei einem Abfluss von 13,0 m3/s der Wasserspiegelin etwa in Hohe des Ausrundungsbeginns des Durchlassquerschnitts liegt. Bei großerenAbflussen ist die Wasserspiegellage von Gerinne und Durchlass nicht mehr vergleichbar.

Bild 3.9: Vergleich der Wasserspiegelhohen des Gerinnemodells mit dem Durchlassmodell

Das Rechenergebnis stellt Bild 3.9 dar. Bei sehr kleinen Durchflussen kann sich die Ande-rung der Modellierung nur auf den Bereich unterhalb des Dammbalkens auswirken, dader Uberfall uber diesen noch ein vollkommener Uberfall ist. Der Oberwasserstand wirdalso vom Unterwasserstand nicht beeinflusst. Bei einem Abfluss von Q= 6 m3/s handeltes sich bei dem Dammbalken bereits um einen unvollkommenen Uberfall, das gesamteEinlaufbauwerk ist demnach von den unterschiedlichen Geometrien beeinflusst. Dennochsind die Wasserspiegellinien oberhalb des Dammbalkens immernoch deckungsgleich.

Großere Abweichungen sind nur im Bereich zwischen Dammbalken und Gerinne- bzw.Durchlasseinlauf festzustellen. Diese sind zum einen auf die angesetzten Einlaufverlustebeim Durchlass zuruckzufuhren und zum anderen auf die unterschiedlichen Rechenme-thoden von Gerinne und Culvert.

Abweichungen der Wasserspiegellinien im Auslaufbereich sind nur direkt am Querschnitts-wechsel zwischen Rechteckprofil bzw. Durchlass und dem offenen Ausflusskanal zu erken-nen. Diese sind jedoch sehr gering.

Da das Modell mit eingefugtem Durchlass zufriedenstellende Ergebnisse liefert, werdenweitere Rechnungen anhand diesen Modells durchgefuhrt.

34 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

3.5.4 Kalibrierung des Staubauwerks

Die Anderung des Wehrkoeffizienten des Schutzes wirkt sich nur auf das Oberwasser aus,da in diesem Bereich aufgrund des niedrig gewahlten Gefalles ein stromender Abflussvorliegt. Die Berechnung erfolgt, wie in Kapitel 3.3.1 erlautert zunachst von Unterwassernach Oberwasser. Bei der nun folgenden Berechnung unter Annahme schießenden Ab-flusses wird erst dann eine zuvor berechnete Wasserspiegelhohe erneut berechnet, wennauf eine Stelle getroffen wird, an der wahrend der stromenden Berechnung keine richtigeLosung gefunden wurde, und die Stutzkraft der schießenden Berechnung großer ist als dieder stromenden.

Aufgrund der Tatsache, dass sich eine Anderung des Wehrkoeffizienten nur auf den Ober-wasserstand auswirkt kann das Staubauwerk nicht kalibriert werden, da fur den Talsper-renbereich keine Abflussdaten vorliegen. Als Wehrkoeffizient wird ein Wert von C= 2,8angenommen, der sich als Mittelwert der von HEC-RAS angebotenen Extremwerte 2,5und 3,1 ergibt. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass diese Werte von C sich mit der zuvorangestellten Umrechnung von C auf µ zu µ= 0,8475 und µ= 1.0509 ergeben. Diese Wertesind sehr groß!

Aufgrung mangelnder Abflussdaten konnte nur der Wehrkoeffizienten des Dammbalkenstatsachlich kalibriert werden. Eine iterative Anpassung entfallt hiermit, die Kalibrierungist abgeschlossen.

3.6 Abflusskurve am Pegel

Um die vom Wupperverband erstellte Abflusskurve mit der von HEC-RAS unter Beruck-sichtigung des kalibrierten Uberfallbeiwertes ermittelten Abflusskurve am Pegel zu ver-gleichen, wird die Berechnung der Wasserspiegellage nun auch fur großere Abflusse durch-gefuhrt, ebenfalls mit geschlossenen Schutzen.

Bild 3.10 zeigt das Ergebnis dieser Berechnung, Bild 3.11 die graphische Darstellungder vom Wupperverband bereitgestellten Abflusskurve im Verleich zu der von HEC-RASermittelten Abflusskurve. Der Teil der vom Wupperverband zur Verfugung gestellten Ab-flussdaten, die fur die Berechnung benutzt wird, ist in Anhang A, S.69 aufgefuhrt.

Es ist zu erkennen, dass die berechnete Wasserspiegellinie deutlich unter der gemessenenWasserspiegellinie liegt.

3.6 Abflusskurve am Pegel 35

Bild 3.10: Abflusskurve am Pegel, tabellarische Darstellung

Bild 3.11: Abflusskurve am Pegel, graphische Darstellung

36 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

3.7 Ermittlung der Leistungsfahigkeit

Zu ermitteln ist die Leistungsfahigkeit des gesamten Uberleitungsbauwerks. Dabei gilt esherauszufinden, ob es sich bei dem maßgebenden Parameter zur Bestimmung der ma-ximalen Durchflussmengen um das Staubauwerk im Einlaufbereich handelt, oder ob dieQuerschnittsabmessung des Uberleitungsstollens die Beschrankung des Gesamtsystemsdarstellt.

Zur Ermittlung der Leistungsfahigkeit des Staubauwerkes werden vier Falle unterschieden:

• Fall 1: Alle Schutze sind geschlossen

• Fall 2: Alle Schutze sind vollstandig geoffnet

• Fall 3: Das mittlere Schutz ist vollstandig geoffnet

• Fall 4: Die beiden außeren Schutze sind vollstandig geoffnet

Der Einfluss der Bever-Talsperre auf die Leistungsfahigkeit wird durch die Wahl der Unter-wasserrandbedingung berucksichtigt. Die vier oben genannten Falle werden jeweils mit derUnterwasserrandbedingung “Normalwassertiefe“, zur Reprasentation eines niedrigen Be-verwasserstandes und mit der Unterwasserrandbedingung “bekannte Wassertiefe = 295,53m u. NN“ zur Darstellung des maximalen Bever-Wasserstandes gerechnet.

Fur die Berechnung wird der Abfluß Q schrittweise erhoht, bis der Wasserstand dieGelandeoberkante auf 304,00 m u. NN im Einlaufbereich bzw. die im Gelandeoberkanteim Auslaufbereich, die von 297,50 m u. NN auf 296,20 m u. NN abfallt, uberschreitet.

3.7.1 Betrachtung des Einlaufbereichs

Zunachst wird nur das Einlaufbauwerk betrachtet.

Es kann festgestellt werden, dass der Wasserstand der Bever-Talsperre in diesem Bereichkeinerlei Einfluss auf die Wasserspiegellinie hat. In den Bildern 3.12 und 3.13 sind dieunterschiedlichen Wasserspiegel exemplarisch fur den vollstandig geschlossenen Schutzdargestellt. Alle anderen Offnungsstellungen des Staubauwerkes liefern dieses Ergebnis.

Fall 1: Alle Schutze sind geschlossen

Aus den Bildern 3.12 und 3.13 geht ebenfalls hervor, dass bei einem Abfluss von Q= 18,30m3/s zum Einen die Gelandeoberkante auf 304,00 m u. NN bereits uberschritten ist undzum Anderen der Stollen uberstromt wird.

In einer weiteren Berechnung werden Abflusse zwischen Q= 18,00 und 18,30 m3/s be-trachtet. Das in den Bildern 3.14 und 3.15 dargestellte Ergebnis zeigt, dass die maximaleLeistungsfahigkeit bei hochstens Q= 18,20 m3/s liegt. Den Auswertungstabellen fur die

3.7 Ermittlung der Leistungsfahigkeit 37

einzelnen Querprofile wird entnommen, dass sich bei diesem Durchfluss der hochste Was-serspiegel insgesamt am Staubauwerk (Profil 19) einstellt, und zwar bei 303,94 m u. NN.

Die maximale Leistungsfahigkeit des vollstandig geschlossenen Staubauwerks im Hinblickauf das Einlaufbauwerk ergibt sich demnach zu Q = 18,20 m3/s wobei sich kurz oberhalbdes Wehres eine Wasserspiegelhohe von 303,94 m u. NN einstellt.

Fall 2: Alle Schutze sind vollstandig geoffnet

Dem Auszug aus dem Berechnungsergebniss, dargestellt in Bild 3.17, ist zu entnehmen,dass bei vollstandiger Offnung aller Schutztafeln ebenfalls ein maximaler Abfluß von Q= 18,20 m3/s abfuhrbar ist. Hierbei stellt sich hinter den angehobenen Schutztafeln eineWasserspiegelhohe von 303,94 m u. NN ein.

Fall 3: Das mittlere Schutz ist vollstandig geoffnet

Wird nur die mittlere Schutztafel gezogen, ergibt sich nach Berechnung (s. Bild 3.18) einmaximaler Abfluß von Q = 18,20 m3/s. Hierbei stellt sich hinter dem Staubauwerk eineWasserspiegelhohe von 303,94 m u. NN ein.

Fall 4: Die beiden außeren Schutze sind vollstandig geoffnet

Wie aus Bild 3.19 hervorgeht, liefert eine vollstandige Offnung der beiden außeren Schutz-tafeln ebenfalls einen maximalen Abfluß von Q = 18,20 m3/s. Die Wasserspiegelhohe hin-ter dem Staubauwerk ergibt sich auch in diesem Fall zu 303,94 m u. NN.

Es zeigt sich, dass die Leistungsfahigkeit unabhangig von der Bedienung des Staubauwer-kes immer gleich groß ist. Nicht das Staubauwerk selbst, sondern die Dimensionierungdes Einlaufbauwerks zwischen Stollen und Staubauwerk begrenzt somit den moglichenDurchfluss. Der Wasserspiegel im Einlaufbauwerk staut sich soweit auf, dass der Abflussimmer unvollkommener wird, bis gar kein Abfluss mehr moglich ist.

Die maximale Leistungsfahigkeit des Staubauwerkes im Hinblick auf den Einlaufbereichergibt sich zu Q = 18,20 m3/s.

38 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Bild 3.12: Vergleich der Wasserspiegel am Staubauwerk bei vollstandig geschlossenen Schutz-tafeln unter Variation der Unterwasserrandbedingung

Bild 3.13: Vergleich der Wasserspiegel am Dammbalken bei vollstandig geschlossenen Schutz-tafeln unter Variation der Unterwasserrandbedingung

3.7 Ermittlung der Leistungsfahigkeit 39

Bild 3.14: Wasserspiegellinie am Staubauwerk, Schutze vollstandig geschlossen

Bild 3.15: Wasserspiegellinie am Dammbalken, Schutze vollstandig geschlossen

40 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Bild 3.16: Alle Schutze geschlossen

Bild 3.17: Alle Schutze vollstandig geoffnet

3.7 Ermittlung der Leistungsfahigkeit 41

Bild 3.18: Mittleres Schutz vollstandig geoffnet

Bild 3.19: Außere Schutze vollstandig geoffnet

42 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

3.7.2 Betrachtung des Auslaufbereiches

Die Leistungsfahigkeit im Auslaufbereich ist erreicht, wenn das Wasser uber die Ufer tritt,d.h. die Wasserspiegelhohe bei Austritt aus dem Uberleitungsstollen die Bauwerksober-kante, die von 297,50 m u. NN auf 296,20 m u. NN abfallt, ubersteigt.

Da die Leistungsfahigkeitsberechnung im Einlaufbereich einen maximalen Abfluss von Q= 18,20 m3/s ergibt, wird die Wasserspiegellage fur diesen Abfluss bei den verschiede-nen Schutzstellung betrachtet. Aus Bild 3.20 ist ersichtlich, dass der Wasserspiegel beiniedrigem Beverwasserstand unabhangig von der Schutzstellung deckungsgleich ist.

Der Einfluss des Wasserstandes in der Bever-Talsperre lasst sich beurteilen, indem mandie Wasserspiegellinie fur den maximalen Durchfluss des Einlaufbereiches betrachtet.

Die in Bild 3.21 dargestellten Wasserspiegellinien im Auslaufbereich bei veranderter Un-terwasserrandbedingung sind in beiden Fallen deckungsgleich, egal wie hoch der Wasser-spiegel in der Bever-Talsperre ist. Außerdem ist zu erkennen, dass die Wassertiefe amProfil 1 auch bei der angegebenen Randbedingung “bekannte Wassertiefe = 295.53 m u.NN“ dieser nicht entspricht. Da einer Berechnung unter Annahme stromenden Fliessensvon Unterwasser her eine Berechnung folgt in der die stromende Antwort mit einer schie-ßenden Antwort verglichen wird, wird der Unterwasserspiegel neu berechnet und mussdemzufolge nicht mehr der angegebenen Unterwasserrandbedingung entsprechen.

Betrachtet man im Vergleich einige Wasserspiegellinien geringerer Abflusse (s. Bild 3.22),so zeigt sich ein auf den ersten Blick seltsamer Wasserspiegelverlauf.

Bei einem Durchfluss von 1 m3/s verlauft der Wasserspiegel, dargestellt in Bild 3.23, wieerwartet. Das Beverwasser staut sich bis ca. 170 m in den Durchlass hinein.

Trifft das schießend ausfliessende Wasser aus dem Uberleitungsstollen in die Bever-Talsperre,wird es abgebremst. Ein Fliesswechsel vom Schießen zum Stromen muss erfolgen. DieserFliesswechsel erfolgt sprunghaft mit einem Wechselsprung. Diese Wechselsprunge bei denAbflussen Q= 7 m3/s und Q= 13 m3/s sind in Bild 3.24 deutlich zu erkennen. Bei Q= 18m3/s erfolgt der Wechselsprung ausserhalb des modellierten Bereichs. Am Stollenausgangliegen die Wasserspiegelhohen noch jeweils unter der Grenzwassertiefe zwischen stromen-dem und schießendem Abfluss. Der Wechselsprung erfolgt dort, wo der Wasserspiegel dieGrenzwassertiefe durchquert.

Bei einem Durchfluss von Q= 18,20 m3/s steht der Stollenauslauf nicht vollstandig unterWasser, es liegt immernoch eine Gerinnestromung vor. Die Gelandeoberkante wird beidiesem Durchfluss an keiner Stelle auch nur annahernd erreicht. Das Auslaufbauwerk istdemnach ausreichend fur den maximal moglichen Durchfluss des Einlaufbereichs dimen-sieoniert und schrankt die Leistungsfahigkeit des Gesamtbauwerks damit nicht ein.

3.8 Ergebnis der Leistungsfahigkeitsberechnung 43

3.8 Ergebnis der Leistungsfahigkeitsberechnung

Die Leistungsfahigkeit des Einlaufbauwerks ergibt sich zu Q= 18,20 m3/s. Es zeigt sich,dass der Stollen und das Auslaufbauwerk diese Durchflussmenge leicht fassen. Die Lei-stungsfahigkeit des Gesamtbauwerks, begrenzt durch die Dimensionierung des Einlauf-bauwerks hinter dem Staubauwerk ergibt sich daher zu:

Q= 18,20 m3/s

Bild 3.20: Wasserspiegel im Auslaufbereich bei Q= 18,20 m3/s bei niedrigem Beverwasserstand

44 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Bild 3.21: Wasserstand im Auslaufbereich bei unterschiedlichen Unterwasserrandbedingungen

Bild 3.22: Einfluss des Beverwasserstandes bei unterschiedlichen Abflussmenge

3.8 Ergebnis der Leistungsfahigkeitsberechnung 45

Bild 3.23: Einfluss des Beverwasserstandes, Q= 1 m3/s

Bild 3.24: Einfluss des Beverwasserstandes, Q= 7 m3/s, Q= 13 m3/s und Q= 18 m3/s

46 Kapitel 3 Berechnung mit HEC-RAS

Kapitel 4

Berechnung mit Mathcad

4.1 Einleitung

Die Leistungsfahigkeit des Uberleitungsstollens zwischen der Neye-Talsperre und der Bever-Talsperre wurde von Oliver Kapitza bereits in einer fruheren Studienarbeit durchgefuhrt.Inhalt war die Berechnung der Leistungsfahigkeit der Einzelbauwerke und die daraus ab-leitbare Gesamtleistungsfahigkeit per Handrechnung unter Zuhilfenahme des ProgrammsMathcad. Mathcad ist ein reines Mathematikprogramm und diente hierbei nur dazu, dieumfangreichen Rechnungen zu erleichtern. Die Ergebnisse der damaligen Studienarbeitwerden in diese Arbeit aufgenommen, um sie als Vergleichswerte fur die mit HEC-RASerzielten Ergebnisse heranzuziehen.

Der Inhalt der Berechnung von Oliver Kapitza wird im wesentlichen ubernommen, einigeinhaltliche Details wurden jedoch erganzt oder geandert. Das Grundgerust der MathcadBerechnung bleibt bestehen, jedoch wurden einige Eingangsparameter geandert da neueMaßangaben zur Verfugung stehen.

Die eigentlichen Mathcad- Berechnungen werden im Anhang angefugt, die Ergebnissewerden jedoch in diesem Kapitel beschrieben.

4.2 Berechnung zur maximalen Abflussleistung

Die Uberleitung setzt sich zusammen aus dem Stollen und dem Stauwehr, deren Leistungvoneinander abhangig ist. Der Dammbalken wurde bei der Berechnung vernachlassigt.

Je nach Wasserstand in der Neye-Talsperre fliesst das Einlaufbauwerk als unterstromtesoder als uberstromtes Bauwerk in die Berechnung ein. Zudem ist noch der Wasserstandin der Bever-Talsperre in der Berechnung zu variieren. Es ist zu untersuchen in wie weiteine Beeinflussung des Abflusses durch den Wasserstand in der Bever-Talsperre gegebenist.

47

48 Kapitel 4 Berechnung mit Mathcad

Es ist zu unterscheiden, ob

• im Stollen in Abhangigkeit des Wasserspiegels vor dem Stollen

– eine Gerinnestromung (Freispiegelstollen)

– oder eine Rohrstromung (Druckstollen) ensteht,

und ob

• das Wehr

– uberstromt

– oder unterstromt wird.

4.2.1 Stollenprofil (Anhang B, S. 73ff)

Zur einfacheren und ubersichtlicheren Berechnung wurde eine Grundrissvereinfachungvorgenommen. Der Stollenquerschnitt setzt sich aus einem unten ausgerundeten Recht-eckprofil und einem aufgesetzten Halbkreisprofil zusammen. Die untere Ausrundung desQuerschnittes wurde vernachlassigt und die Hohe des Rechteckprofils so angepasst, dassder hydraulische Radius des tatsachlichen Profils mit dem des vereinfachten Profils uber-einstimmt.

Aus der Rechnung ergibt sich die Hohe des Rechteckprofils zu ca. 1.14 m. Bild 4.1 zeigtdas tatsachliche Stollenprofil im Vergleich zu dem vereinfachten Stollenprofil.

Bild 4.1: tatsachliches und vereinfachtes Stollenprofil

4.2 Berechnung zur maximalen Abflussleistung 49

4.2.2 Stollenleistung

Fall 1: Stollen als Freispiegelstollen (Anhang B, S. 76ff)

Angenommen wird eine stationare, gleichformige Gerinnestromung. Der Wasserspiegel sollzunachst nicht von der Bever-Talsperre beeinflusst werden. Diese Situation stellt Bild 4.2dar.

Bild 4.2: Freispiegelstollen

Fur die Berechnung wird die Wasserspiegelhohe bis maximal 2,24 m schrittweise gestei-gert. Uber die Kontinuitatsgleichung und die Mannig-Strickler Formel wird eine maximaleStollenleistung von Q= 16,722 m3/s ermittelt, bei der der Wasserstand bei 2,11 m liegt.

Aus der Berechnung ist zu erkennen, dass die maximale Abflussleistung nicht bei Vollfullung,sondern bei einem Fullungsgrad von etwa 94 % sein Maximum erreicht. Diese Ergebnis wi-derspricht der Realitat und liegt in der Verwendung des hydraulischen Radius begrundet.Bei einem Kreisquerschnitt nimmt der hydraulische Radius zunachst uberproportional zu,da die durchflossene Querschnittsflache mit steigendem Wasserspiegel starker wachst alsder benetzte Umfang . Bei halber Fullung kehrt sich dieses Verhaltnis um und der hydrau-lische Radius nimmt nur noch unterproportional zu. Ab einem gewissen Punkt nimmt dieFlache nur noch sehr geringfugig zu wohingegen der Umfang sehr schnell wachst. Hier-durch ergibt sich das Maximum des hydraulischen Radius bei 0,94 h, wodurch sich bei94% der Vollfullung das rechnerische Maximum der Leistungsfahigkeit ergibt.

50 Kapitel 4 Berechnung mit Mathcad

Fall 2: Stollen als Druckstollen (Anhang B, S. 79f)

Angenommen wird eine Rohrstromung. Auch hier wird zunachst keine Beeintrachtigungdes Abflusses durch den Wasserspiegel in der Bever-Talsperre berucksichtigt. Es ist an-zumerken, dass ein Druckstollen nur dann vorliegt, wenn der Stollen uber seine gesamteLange vollstandig mit Wasser gefullt ist. Aus der HEC-RAS Berechnung geht hervor, dassdies bei den moglichen Abflussen nie der Fall ist, der Fall einer Rohrstromung tritt alsonicht ein.

Bild 4.3: Druckstollen

Aufgrund der ortlichen Gegebenheiten wird die maximal erreichbare Wasserhohe auf 3,70m beschrankt (entspr.304,00 m u. NN - 300,30 m u. NN). Bei schrittweise veranderli-cher Wasserhohe ergibt sich uber die Bernoullische Gleichung unter Berucksichtigung deranzusetzenden Verluste eine Leistungsfahigkeit von Q= 17,968 m3/s.

Da festzustellen ist, dass die Abflusskurven fur die Rohrstromung und den Freispiegelstol-len annahernd identisch sind, genugt zur weiteren Berechnung die Annahme der Rohr-stromung.

Fall 3: Rohrstromung mit Beeintrachtigung durch den Wasserspiegel in derBever-Talsperre (Anhang B, S. 82ff)

Sobald die Stauhohe in der Bever- Talsperre erreicht wird, bei der Wasser in den Stollengelangt, verringert sich die Abflussleistung. Die Berechnung erfolgt genau wie in Fall 2, mit

4.2 Berechnung zur maximalen Abflussleistung 51

dem Unterschied jedoch, dass die Energiehohe um die Differenz zwischen beinflussenderund gerade nicht beeinflussender Stauhohe gemindert wird. Außerdem treten bei vollemQuerschnitt Ausflussverluste durch den verringerten Ausflussquerschnitt auf. Dies wirdberucksichtigt, indem die Verlusthohe um z · v2/2g erhoht wird.

Die maximale Abflussmenge bei maximaler Stauhohe der Bever-Talsperre betragt lautBerechnung nur noch Q= 15,719 m3/s. Wie man erkennen kann, verringert die Stauhohein der Bevertalsperre die Abflussleistung des Stollens erheblich, und ist deshalb nicht zuvernachlassigen.

4.2.3 Leistung des Staubauwerks

Das Wehr mit ca. 9,80 m Durchflussbreite kann entweder uberstromt, oder indem dieTafeln angehoben werden, unterstromt werden.

Fall 1: Das Wehr wird uberstromt (Uberfall) (Anhang B, S. 85ff)

Bild 4.4: Staubauwerk wird uberstromt

Die maximale Uberfallhohe betragt 304,00 m - 303,20 m = 0,8 m. Ein Abfluss kann nurerfolgen, solange der Wasserstand vor dem Wehr (w+hu) großer als der Unterwasserstandist. Sobald der Unterwasserstand uber die Wehrhohe anwachst, reduziert er die Abflusslei-stung (unvollkommender Uberfall). Der maximale Abfluss wird errechnet zu Q= 19,635m3/s.

52 Kapitel 4 Berechnung mit Mathcad

Fall 2: Das Schutz wird unterstromt (Anhang B, S. 88ff)

Bild 4.5: Staubauwerk wird unterstromt

Die Ausflusshohe, die Stauhohe in der Neye-Talsperre und der Unterwasserstand sindvariabel. Die maximale Ausflusshohe betragt 1,80 m. Der Ausfluss wird unvollkommen,wenn hus großer wird als die Schutzoffnungshohe.

Es werden zu verschiedenen Offnungshohen die Ausflussleistung von je 2 verschiedenenFullhohen in der Neye-Talsperre berechnet. Die erste Fullhohe liegt bei 1,60 m, die zweitebei der Großtmoglichen, also bei 2,40 m. Sobald der Unterwasserstand so stark anwachst,dass er den Abfluss behindert (unvollkommener Schutz), nimmt die Leistung erheblichab.

Die maximale Abflussleistung ergibt sich zu Q= 68,545 m3/s bei einer Offnungshohe von1,80 m und dem maximalen Wasserstand in der Neye-Talsperre. Diese Leistungsfahigkeitist jedoch unrealistisch, da sie eine Wasserhohe hinter dem Staubauwerk von hochstens1,70 m voraussetzt, die sich jedoch bei einem so großen Durchfluss nicht einstellen wurde,da sich das Wasser im Einlaufbereich aufstaut. Ab einem Unterwasserstand von 1,70 mnimmt die Leistungsfahigkeit rapide ab.

4.2 Berechnung zur maximalen Abflussleistung 53

4.2.4 Leistung des gesamten Systems(Anhang B, S. 90f)

Wie schon zuvor erwahnt, ist die Gesamtleistungsfahigkeit abhangig vom Zusammenwir-ken der Teilbauwerke. Vereinfacht man die Situation insofern, dass man annimmt dassdas Wasser, welches durch den Schutz abgefuhrt wird direkt in den Stollen fliesst, ver-nachlassigt man also das Einlaufbauwerk, so stellt sich zwischen dem Stauwerk und demStollen der Wasserspiegel ein, bei dem die Leistung der beiden Bauwerke gleich groß ist.

Erreicht die Neye-Talsperre die maximale Stauhohe von 304,00 m u. NN ist es wahrschein-lich, dass das Staubauwerk als unterstromtes Schutz betrieben wird. Es wird eine Offnungaller Schutztafeln von 1,80 m angenommen. Der Wasserstand in der Bever-Talsperre liegtzum einen bei 294,12 m u. NN (keinen Einfluss auf die Abflussleistung) und zum anderenbei maximaler Fullung auf 295,53 m u. NN.

Ohne Beeinflussung des Abflusses durch den Wasserstand in der Bevertalsperre ergibt sichdie maximale Abflussleistung der Uberleitung durch den Schutz zu Q= 16,857 m3/s.Der Wasserstand zwischen Schutz und Stollen stellt sich hierbei auf 2.307 m ein.

Berucksichtigt man eine Verminderung des Abflusses durch einen erhohten Wasserstandin der Bever-Talsperre, ergibt sich die maximale Abflussleistung der Uberleitung zu Q=15,113 m3/s. Hierbei stellt sich zwischen Schutz und Stollen ein Wasserstand von 2.331m ein.

54 Kapitel 4 Berechnung mit Mathcad

Kapitel 5

Berechnungsvergleich

5.1 Zusammenstellung der Ergebnisse

Berechnung mit HEC-RAS

Leistungsfahigkeit des Gesamtsystems:

• Q= 18,20 m3/s

Berechnung mit Mathcad

Leistungsfahigkeit des Stollens:

• Freispiegelstollen mit Beeinflussung durch die Bever-Talsperre: Q= 16,722 m3/s

• Druckstollen ohne Beeinflussung durch die Bever-Talsperre: Q= 17,968 m3/s

• Druckstollen mit Beeinflussung durch die Bever-Talsperre: Q= 15,719 m3/s

Leistungsfahigkeit des Staubauwerks:

• Uberstromtes Wehr: Q= 19,635 m3/s

• Unterstromtes Schutz: Q= 68,545 m3/s

Leistungsfahigkeit des Gesamtsystems:

• ohne Beeinflussung durch die Bever-Talsperre: Q= 16,857 m3/s

• mit Beeinflussung durch die Bever-Talsperre: Q= 15,113 m3/s

55

56 Kapitel 5 Berechnungsvergleich

5.2 Vergleich

Die berechneten Leistungsfahigkeiten bewegen sich in ahnlicher Großenordnung.

Durch das mit HEC-RAS erstellte Modell ist nur die Leistungsfahigkeit des gesamtenBauwerks bestimmbar. Es kann keine Aussage daruber getroffen werden, wie groß dieLeistungsfahigkeit der einzelnen Bauwerke ist, es sei denn sie werden noch einmal ge-trennt voneinander modelliert.

In der Mathcad Berechnung sind viele Vereinfachungen angenommen worden, um dieLeistungsfahigkeit bestimmen zu konnen.

Bei der Berechnung der Stollenleistungsfahigkeit wurde angenommen, dass im Stollen so-lange eine Gerinnestromung vorliegt, bis der Stolleneinlauf komplett unter Wasser steht.Bei der Berechnung mit HEC-RAS ist jedoch festzustellen, dass auch bei großeren Was-serstanden vor dem Stollen nur der vordere Bereich des Stollens zuschlagt. Der Stollen-austritt befindet sich nie ganz unter Wasser, so dass eine wirkliche Rohrstromung niemalsvorliegt. Außerdem ist zur Berechnung der Rohrstromung die Annahme einer turbulentenRohrstromung im hydraulisch rauhen Bereich getroffen worden, diese Annahme ist jedochnicht uberpruft worden.

Die Leistungsfahigkeit des Staubauwerks ergibt sich in Abhangigkeit vom Unterwas-serstand. Der Maximalwert ergibt sich fur den Fall des vollkommenen Uberfalls bzw.Schutzes. Wird der Abfluss unvollkommen so verringert sich die Leistungsfahigkeit rapi-de. Laut HEC-RAS wird der Uberfall/Ausfluss mit steigenden Durchflussen immer un-vollkommener, da sich das Wasser im Einlaufbauwerk zuruckstaut. Die maximal moglicheLeistungsfahigkeit des Staubauwerks wird daher nicht erreicht.

Um die Gesamtleistungsfahigkeit per Handrechnung zu ermitteln wurde vereinfachend an-genommen, dass sich das Staubauwerk direkt vor dem Stolleneingang befindet. Der Was-serstand hinter dem Staubauwerk wurde dem Wasserstand vor dem Stollen gleich gesetzt.Der komplette Einlaufbereich ist damit vernachlassigt worden, die Leistungsfahigkeitsbe-rechnung mit Mathcad liefert damit andere Werte als die mit HEC-RAS.

Nach der Berechnung mit Mathcad verringert sich die Leistungsfahigkeit des Stollens um1,744 m3/s, wenn in der Bever-Talsperre das Stauziel erreicht ist. Dieses Ergebnis lasstsich durch die HEC-RAS Berechnung nicht bestatigen. Hiernach wirkt sich der Bever-wasserstand nur unwesentlich auf die Leistungsfahigkeit des Gesamtsystems aus, was beieiner solch langen Uberleitung auch richtiger erscheint.

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Handrechnung nur grobe Anhaltswerte fur dieLeistungsfahigkeit des Gesamtbauwerks liefert und die Komplexitat des Zusammenspielsder Einzelbauwerke nur schlecht erfasst.

Kapitel 6

Bedienung des Staubauwerks

6.1 Einleitung

Um zu einem spateren Zeitpunkt einen Bedienungsplan fur das Staubauwerk erstellen zukonnen sollen Angaben dazu gemacht werden, bei welchen Schutzoffnungshohen welcheWassermengen aus der Neye-Talsperre in die Bever-Talsperre abgegeben werden konnen.

Zu funf verschiedenen Wasserstanden in der Neye-Talsperre zwischen 302,00 m u. NN und303,60 m u. NN sollen die Schutzoffnungshohen berechnet werden, die benotigt werdenum einen Abfluss von Q = 0,5 m3/s bis Q = 7 m3/s abfuhren zu konnen. Dabei sollendie vier schon vorher betrachteten Falle der Schutzsteuerung berucksichtigt werden, undzwar:

• Fall 1: Mittlere Schutztafel ist geoffnet,

• Fall 2: Außere Schutztafeln sind geoffnet,

• Fall 3: Alle Schutztafeln sind geoffnet.

6.2 Berechnung der Schutzoffnungshohen

Da nur Anhaltswerte fur die Offnungsweiten benotigt werden, reicht es hier aus, den Aus-fluss als vollkommenen Ausfluss anzusehen.

Der Oberwasserstand wird von hmin = 302,00 m - 301,60 m= 0,40 m in Schritten von0,40 m bis auf die maximal anzusetzende Wasserhohe von hmax = 303,60 m - 301,60m =2,00 m erhoht. Die Abflusse wurden in 0,5 m3/s- Schritten von 0,5 - 7 m3/s erhoht. ZurErmittlung der notwendigen Schutzoffnungshohen wurde die Ausflussformel (6.1) nach aaufgelost und iterativ gelost. Das Ergebnis der in Anhang B, S.92f angefugten Berechnungist in Tabelle 6.1 zusammengestellt:

57

58 Kapitel 6 Bedienung des Staubauwerks

Q =ψ√

1 + ψ · ah

· a · b ·√

2 · g · h (6.1)

ψ= Kontraktion = 0,7b= Ausflussbreiteh= Oberwasserstanda= Ausflusshoeheg= Erdbeschleunigung = 9,81 m/s2

Bild 6.1: Vollkommener Ausfluss unter einem Schutz

In der Tabelle sind diejenigen erforderlichen Schutzoffnungen markiert worden, die großersind als die maximal mogliche Schutzoffnungshohe von 1,80 m. Ein Abfluss von 6,5 m3/s istbeispielsweise mit der vollstandigen Offnung des mittleren Schutzes nicht mehr abfuhrbar.

Die kursiv gedruckte Werte erscheinen nicht sinnvoll, da die erforderlichen Schutzoff-nungshohen großer sind als der Oberwasserstand. Sie ergeben sich nur bei geoffnetemMittelschutz fur große Durchflusse. Durch die Querschnittsverengung wurde es zu einemAufstau am Schutz kommen, der durch das Offnen mehrerer Schutztafeln vermeidbar ist.

6.2 Berechnung der Schutzoffnungshohen 59

Schutzoffnungsweiten a [m]Oberwasserstand h [m]

0,40 m 0,80 m 1,20 m 1,60 m 2,00 m 2,40 mDurchfluss Q

0,5 m3/smitte geoffnet 0.08 0.06 0.05 0.04 0.04 0.03außen geoffnet 0.04 0.03 0.02 0.02 0.02 0.02

alle geoffnet 0.03 0.02 0.02 0.01 0.01 0.01

1,0 m3/smitte geoffnet 0.18 0.12 0.09 0.08 0.07 0.06außen geoffnet 0.08 0.06 0.05 0.04 0.04 0.03

alle geoffnet 0.06 0.04 0.03 0.03 0.02 0.02

1,5 m3/smitte geoffnet 0.29 0.18 0.14 0.12 0.11 0.10außen geoffnet 0.13 0.09 0.07 0.06 0.05 0.05

alle geoffnet 0.08 0.06 0.05 0.04 0.04 0.03

2,0 m3/smitte geoffnet 0.41 0.24 0.19 0.16 0.14 0.13außen geoffnet 0.18 0.12 0.09 0.08 0.07 0.07

alle geoffnet 0.11 0.08 0.06 0.05 0.05 0.04

2,5 m3/smitte geoffnet 0.54 0.31 0.24 0.20 0.18 0.16außen geoffnet 0.23 0.15 0.12 0.10 0.09 0.08

alle geoffnet 0.15 0.10 0.08 0.07 0.06 0.05

3,0 m3/smitte geoffnet 0.69 0.38 0.29 0.25 0.22 0.20außen geoffnet 0.29 0.18 0.14 0.12 0.11 0.10

alle geoffnet 0.18 0.12 0.09 0.08 0.07 0.06

3,5 m3/smitte geoffnet 0.86 0.45 0.34 0.29 0.25 0.23außen geoffnet 0.35 0.21 0.17 0.14 0.13 0.11

alle geoffnet 0.21 0.14 0.11 0.09 0.08 0.08

60 Kapitel 6 Bedienung des Staubauwerks

Oberwasserstand h [m]0,40 m 0,80 m 1,20 m 1,60 m 2,00 m 2,40 m

Durchfluss Q

4,0 m3/smitte geoffnet 1.04 0.53 0.40 0.33 0.29 0.26außen geoffnet 0.41 0.25 0.19 0.16 0.14 0.13

alle geoffnet 0.25 0.16 0.13 0.11 0.10 0.09

4,5 m3/smitte geoffnet 1.24 0.61 0.45 0.38 0.33 0.30außen geoffnet 0.48 0.28 0.22 0.18 0.16 0.15

alle geoffnet 0.29 0.18 0.14 0.12 0.11 0.10

5,0 m3/smitte geoffnet 1.46 0.70 0.51 0.42 0.37 0.33außen geoffnet 0.55 0.31 0.24 0.21 0.18 0.16

alle geoffnet 0.33 0.20 0.16 0.13 0.12 0.11

5,5 m3/smitte geoffnet 1.70 0.78 0.57 0.47 0.41 0.37außen geoffnet 0.62 0.35 0.27 0.23 0.20 0.18

alle geoffnet 0.37 0.22 0.17 0.15 0.13 0.12

6,0 m3/smitte geoffnet 1.96 0.87 0.63 0.52 0.45 0.40außen geoffnet 0.70 0.39 0.29 0.25 0.22 0.20

alle geoffnet 0.41 0.24 0.19 0.16 0.14 0.13

6,5 m3/smitte geoffnet 2.23 0.97 0.69 0.56 0.49 0.44außen geoffnet 0.79 0.42 0.32 0.27 0.24 0.22

alle geoffnet 0.45 0.27 0.21 0.18 0.16 0.14

7,0 m3/smitte geoffnet 2.53 1.07 0.75 0.61 0.53 0.47außen geoffnet 0.87 0.46 0.35 0.29 0.26 0.23

alle geoffnet 0.50 0.29 0.22 0.19 0.17 0.15

Tabelle 6.1: Schutzoffnungshohen unter Variation des Durchflusses und des Oberwasserstandes

Kapitel 7

Zusammenfassung

Die Bergische Universitat Wuppertal ist vom Wupperverband beauftragt worden, dieLeistungsfahigkeit des Uberleitungsstollens IV, der die Neye-Talsperre mit der Bever-Talsperre verbindet, zu berechnen. Diese Berechnung dient der Verifizierung der Zuflusseaus der Neye-Talsperre, die in der im Jahr 1999 angefertigte Leistungsfahigkeitsberech-nung der Hochwasserentlastungsanlage der Bever-Talsperre angesetzt wurde.

Anhand der vom Wupperverband bereitgestellten Daten wird mit dem ProgrammsystemsHEC-RAS ein hydraulisches Modell des Uberleitungsbauwerks erstellt, mit Hilfe dessendie Leistungsfahigkeitsberechnung durchgefuhrt werden kann.

Die maximale Leistungsfahigkeit ergibt sich zu 18,20 m3/s. Beschrankt wird die Lei-stungsfahigkeit des Gesamtbauwerks durch die Abmessungen des Einlaufbauwerks.

Zudem wird die Leistungsfahigkeit mit Handrechenverfahren unter Zuhilfenahme des Ma-thematikprogramms Mathcad uberpruft. Hierbei werden zunachst die Leistungsfahigkei-ten der Einzelbauwerke Staubauwerk und Stollen berechnet um damit schließlich auf dieGesamtleistungsfahigkeit des Bauwerks schließen zu konnen.

Der Vergleich der Rechnungen ergibt, dass das Zusammenwirken der unterschiedlichenEinzelbauwerke in einer Handrechnung schlecht zu erfassen ist.

Desweiteren werden fur das Staubauwerk die notwendigen Schutzoffnungshohen zu ver-schiedenen Durchflussen unter der Voraussetzung eines vollkommenen Durchflusses ermit-telt. Diese dienen als grobe Anhaltswerte fur einen Wehrbedienungsplan, der im Rahmeneiner zu erstellenden Betriebsanweisung fur die Bever-Talsperre notwendig wird.

61

62 Kapitel 7 Zusammenfassung

Teil III

Anhang

Anhang A

Tabellen

65

66 Kapitel A Tabellen

Neye-TalsperreMeßwerterfassungen 2001

Stauziel [mNN]: 303.20

Datum Stauhohe UberleitungmNN m3/s

01/02/2001 302.85 0.50002/02/2001 302.82 0.20003/02/2001 302.82 0.20004/02/2001 302.86 1.00005/02/2001 302.92 2.00006/02/2001 303.00 2.50007/02/2001 303.03 2.50008/02/2001 302.99 1.30009/02/2001 303.00 1.30010/02/2001 302.97 0.50011/02/2001 302.99 0.50012/02/2001 303.00 0.20013/02/2001 303.04 0.20014/02/2001 303.08 0.20015/02/2001 303.10 0.20016/02/2001 303.14 0.20017/02/2001 303.15 0.20018/02/2001 303.16 0.20019/02/2001 303.17 0.25020/02/2001 303.17 0.25021/02/2001 303.18 0.25022/02/2001 303.20 0.50023/02/2001 303.17 0.50024/02/2001 303.16 0.50025/02/2001 303.15 0.50026/02/2001 303.13 0.50027/02/2001 303.12 0.50028/02/2001 303.10 0.500

Tabelle A.1: Uberleitung zur Bever-Talsperre, Februar 2001

67

Geometrie Abflussdatensegment Plan Kurzbez.

Stromen und Schießen

Aktuell-Stollen Stromen-schiessen Stromen-schiessen str-schi

Variierung der Randbedingung im Oberwasser bei geoffetem Schutz

Aktuell-Stollen OberwasserRB-303 OberwasserRB-303 RB-303Aktuell-Stollen OberwasserRB-303.2 OberwasserRB-303.2 RB-303.2Aktuell-Stollen OberwasserRB-303.6 OberwasserRB-303.6 RB-303.6

Variierung der Mannig-Strickler Beiwerte

Aktuell-Stollen-0.0125 Aktuell-az n-00125-az n-00125-azAktuell-Stollen-0.017 Aktuell-az n-0017-az n-0017-azAktuell-Stollen-0.02 Aktuell-az n-002-az n-002-az

Aktuell-Stollen-0.0125 Aktuell-ao n-00125-ao n-00125-aoAktuell-Stollen-0.017 Aktuell-ao n-0017-ao n-0017-aoAktuell-Stollen-0.02 Aktuell-ao n-002-ao n-002-ao

Kalibrierung des Dammbalkens

Aktuell-Stollen-2.0 Kali-neu-az Kalibrierung-aktuell-az-2.0 Kali-2.0Aktuell-Stollen-2.3 Kali-neu-az Kalibrierung-aktuell-az-2.3 Kali-2.3Aktuell-Stollen-2.4 Kali-neu-az Kalibrierung-aktuell-az-2.4 Kali-2.4Aktuell-Stollen-2.6 Kali-neu-az Kalibrierung-aktuell-az-2.6 Kali-2.6

Abflusskurve am Pegel

Aktuell-Stollen Aktuell-az-AFK Abflusskurve-Pegel AFK

68 Kapitel A Tabellen

Geometrie Abflussdaten Plan Kurzbez.

Vgl. offenes Gerinne und Durchlass

Aktuell-Stollen Aktuell-ao-ND Aktuell-Stollen-ao-ND akt-st-ao-NDAktuell-Gerinne Aktuell-ao-ND Aktuell-Gerinne-ao-ND akt-ge-ao-ND

Aktuell-Stollen Aktuell-ao-KW Aktuell-Stollen-ao-KW akt-st-ao-KWAktuell-Gerinne Aktuell-ao-KW Aktuell-Gerinne-ao-KW akt-ge-ao-KW

Leistungsfahigkeit

Alle Schutztafeln geschlossen

Aktuell-Stollen max-azu-KW max-alleszu-KW max-az-KWAktuell-Stollen max-azu-ND max-alleszu-ND max-az-ND

Alle Schutztafeln geoffnet

Aktuell-Stollen max-ao-KW max-allesoffen-KW max-ao-KWAktuell-Stollen max-ao-ND max-allesoffen-ND max-ao-ND

Außere Schutztafeln geoffnet

Aktuell-Stollen max-lro-KW max-lroffen-KW max-lro-KWAktuell-Stollen max-lro-ND max-lroffen-ND max-lro-ND

Mittleres Schutztafel geoffnetAktuell-Stollen max-mo-KW max-lroffen-KW max-mo-KWAktuell-Stollen max-mo-ND max-lroffen-ND max-mo-ND

Einfluß des Unterwasserstandes

Aktuell-Stollen-UW Aktuell-KW EinflußUW E-UW

Tabelle A.2: HEC-RAS Datei Zuordnung

69

WV HEC-RASDurchfluss Wasserstand Wasserspiegel Wasserstand Wasserspiegel

gemessen gemessen berechnet berechnet

[m3/s] [m] [m u. NN] [m] [m u. NN]

0.000 0.000 301.320 0.000 301.3200.250 0.120 301.440 0.120 301.4400.506 0.194 301.514 0.190 301.5100.753 0.254 301.574 0.250 301.5701.250 0.356 301.676 0.360 301.6802.000 0.496 301.816 0.500 301.8203.000 0.656 301.976 0.660 301.9804.000 0.838 302.158 0.770 302.0905.000 1.006 302.326 0.860 302.1806.000 1.168 302.488 0.960 302.2807.000 1.334 302.654 1.050 302.3708.000 1.488 302.808 1.140 302.4609.000 1.636 302.956 1.220 302.54010.010 1.784 303.104 1.300 302.62011.010 1.938 303.258 1.370 302.69012.000 2.086 303.406 1.440 302.76013.010 2.234 303.554 1.510 302.83014.000 2.372 303.692 1.570 302.89015.000 2.510 303.830 1.630 302.95016.000 2.650 303.970 1.700 303.02017.010 2.790 304.110 1.790 303.11018.000 2.928 304.248 2.020 303.340

Tabelle A.3: Abflusskurve am Pegel, gemessen und berechnet

70 Kapitel A Tabellen

Anhang B

Berechnungen mit Mathcad

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