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Rechtsprechung bbl 2008, Heft 1 Februar 37 © Springer-Verlag 2008 Wenn die Wr LReg darüber hinaus ins Treffen führt, dass die Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG, die ebenso das vorliegende Problem der übergangenen Partei be- handle, im Vergleich zu § 134 Abs 4 WBO eine stren- gere Regelung enthalte, da nach dieser Bestimmung lediglich bis zur Rechtskraſt der Entscheidung die Er- hebung von nachträglichen Einwendungen und damit die Wiedererlangung der Parteistellung möglich sei, übersieht sie den normativen Zusammenhang, in dem diese Bestimmung steht. (…) Nach dem AVG tritt also ein Verlust der Parteistellung einer Nebenpartei man- gels Erhebung von Einwendungen spätestens bei der Verhandlung nur dann ein, wenn entweder • die mündliche Verhandlung „gemäß § 42 Abs 1“, also „durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung“ (§ 41 Abs 1 zwei- ter Satz) und „in einer in den Verwaltungsvor- schriſten vorgesehenen besonderen Form“ bzw „in geeigneter Form“ kundgemacht wurde, oder • – für den Fall, dass die mündliche Verhandlung nicht gem § 42 Abs 1 kundgemacht wurde – die be- treffende Nebenpartei „rechtzeitig die Verständi- gung von der Anberaumung der Verhandlung erhal- ten“ hat (vgl § 42 Abs 2). Die von der Wr LReg allein betrachtete Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG („Quasi-Wiedereinsetzung“) kommt also bei Unterlassung der Erhebung von Ein- wendungen durch eine Nebenpartei, die nicht „recht- zeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten“ hat, nur zum Tragen, wenn die mündliche Verhandlung gewissermaßen doppelt kund- gemacht wurde, wobei es dem Gesetzgeber ein Anlie- gen war, dass durch die gewählte Kundmachungsform „ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhand- lung voraussichtlich Kenntnis erlangt“ (vgl § 42 Abs 1 letzter Satz AVG). Dem Argument, dass diese Regelung strenger sei als die in Prüfung gezogene Regelung, ist also nicht zu folgen. Denn die WBO enthält keine Be- stimmungen über die Kundmachung der Durchfüh- rung von Bauverhandlungen, die den entsprechenden Regelungen des AVG gleichkommen würden, was die Eignung betri, dass „ein Beteiligter von der Anberau- mung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis er- langt“. Auch die in § 127 Abs 8 WBO vorgesehene Verpflichtung, auf der Baustelle bis zur Vollendung des Baues eine baubeh Bestätigung darüber, dass es sich um eine befugte Bauführung handelt, so auszuhängen, dass sie von der Verkehrsfläche aus deutlich sichtbar und lesbar ist, wurde durch die Nov LGBl 42/1996 be- seitigt. Somit haben sich die Bedenken des VfGH als zu- treffend erwiesen, dass der Gesetzgeber, indem er den Beginn und das Ende der Einwendungsfrist gem § 134 Abs 4 WBO an den Zeitpunkt der Anzeige des Bau- beginns geknüpſt hat, in einer das Sachlichkeitsgebot verletzenden Weise an einen untauglichen Zeitpunkt angeknüpſt hat. (Auebung) Stützmauern; Einfriedungen DOI 10.1007/s00738-008-0336-z §§ 79 Abs 6, 86 Abs 2 wr BauO; §§ 15 Abs 1, 16  Abs 2 und 3 wr KlGG  Für an der Grundstücksgrenze verlaufende Stütz- mauern sind einzig die Bewilligungskriterien für  Einfriedungen (§ 86 wr BauO) und nicht jene für  Stützmauern (§ 79 Abs 6 wr BauO) relevant. Die notwendige Anpassung von Baulichkeiten  an  bestehende  Höhenlagen  iSd  §  15  Abs  1  wr  KlGG  kann  nicht  durch  nachträgliche  Gelände- veränderungen legitimiert werden.  VwGH 12.10.2007, 2005/05/0127 <23> Aus der Begründung: Die bel Beh ging nicht von einem Widerspruch zu § 16 Abs 3 und 4 WKGG aus, weil die Bezugsebene für die Bemessung der Höhe der Einfrie- dung iSd § 86 Abs 2 BO der Boden der höher gelegenen anschließenden Grundfläche heranzuziehen ist; durch die vorgenommenen Anschüttungen sind diese Höhen wesentlich geringer. Sie hat vielmehr die Stützmauern – und andere Baulichkeiten – betreffende Regelung des § 16 Abs 2 WKGG herangezogen und das Merkmal der „Erforderlichkeit“ verneint. Allerdings hat der VwGH in seinem Erk v 7.11.1995, 95/05/0227, ausgeführt, dass eine nach § 86 BO zuläs- sige Einfriedung nicht deshalb unzulässig sein kann, weil sie auch eine Stützmauer ist und als solche die unbedingt erforderlichen Ausmaße überschreiten wür- de. Verläuſt eine nach § 79 Abs 6 BO zulässige Stütz- mauer (zum Teil) an der Grundgrenze, sind in diesem Bereich für die Bewilligungsfähigkeit einzig die Krite- rien des § 86 BO heranzuziehen. Die Qualifikation als Einfriedung bedeutet aber, dass, ausgehend von der Höheberechnung des § 86 Abs 2 BO die Vorausset- zungen nach § 16 Abs 3 und 4 WKGG zu prüfen gewe- sen wären, nicht hingegen jene des § 16 Abs 2 BO. Die bel Beh hat aber eine Vorschriſtwidrigkeit iSd § 129 Abs 10 BO auch anhand des § 15 Abs 1 WKGG festgestellt. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind Baulichkeiten der bestehenden Höhenlage anzu- passen. Die hier vorgenommene Geländeveränderung konnte wohl nur nach Errichtung der Stützmauer ge- schaffen worden sein; die Mauer hat sich somit nicht dem zuvor vorhandenen Gelände angepasst. Allein aus diesem Grund ist die Mauer unzulässig, sodass es nicht darauf ankommt, ob sie auch den Anforderungen des § 15 Abs 1 erster Satz WKGG entsprach. (Abweisung) Abweichungen von den Bebauungsvorschriften DOI 10.1007/s00738-008-0337-y § 69 Abs 2 wr BauO  Bereits konsentierte Abweichungen von den Be- bauungsvorschriften  haben  bei  der  Genehmi- gung  von  neuerlichen  Abweichungen,  selbst 

Stützmauern; Einfriedungen

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Page 1: Stützmauern; Einfriedungen

Rechtsprechungbbl2008, Heft 1Februar 37

© Springer-Verlag 2008

Wenn die Wr LReg darüber hinaus ins Treffen führt, dass die Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG, die ebenso das vorliegende Problem der übergangenen Partei be-handle, im Vergleich zu § 134 Abs 4 WBO eine stren-gere Regelung enthalte, da nach dieser Bestimmung lediglich bis zur Rechtskraft der Entscheidung die Er-hebung von nachträglichen Einwendungen und damit die Wiedererlangung der Parteistellung möglich sei, übersieht sie den normativen Zusammenhang, in dem diese Bestimmung steht. (…) Nach dem AVG tritt also ein Verlust der Parteistellung einer Nebenpartei man-gels Erhebung von Einwendungen spätestens bei der Verhandlung nur dann ein, wenn entweder

• die mündliche Verhandlung „gemäß § 42 Abs 1“, also „durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung“ (§ 41 Abs 1 zwei-ter Satz) und „in einer in den Verwaltungsvor-schriften vorgesehenen besonderen Form“ bzw „in geeigneter Form“ kundgemacht wurde, oder

• – für den Fall, dass die mündliche Verhandlung nicht gem § 42 Abs 1 kundgemacht wurde – die be-treffende Nebenpartei „rechtzeitig die Verständi-gung von der Anberaumung der Verhandlung erhal-ten“ hat (vgl § 42 Abs 2).

Die von der Wr LReg allein betrachtete Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG („Quasi-Wiedereinsetzung“) kommt also bei Unterlassung der Erhebung von Ein-wendungen durch eine Nebenpartei, die nicht „recht-zeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten“ hat, nur zum Tragen, wenn die mündliche Verhandlung gewissermaßen doppelt kund-gemacht wurde, wobei es dem Gesetzgeber ein Anlie-gen war, dass durch die gewählte Kundmachungsform „ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhand-lung voraussichtlich Kenntnis erlangt“ (vgl § 42 Abs 1 letzter Satz AVG). Dem Argument, dass diese Regelung strenger sei als die in Prüfung gezogene Regelung, ist also nicht zu folgen. Denn die WBO enthält keine Be-stimmungen über die Kundmachung der Durchfüh-rung von Bauverhandlungen, die den entsprechenden Regelungen des AVG gleichkommen würden, was die Eignung betrifft, dass „ein Beteiligter von der Anberau-mung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis er-langt“. Auch die in § 127 Abs 8 WBO vorgesehene Verpflichtung, auf der Baustelle bis zur Vollendung des Baues eine baubeh Bestätigung darüber, dass es sich um eine befugte Bauführung handelt, so auszuhängen, dass sie von der Verkehrsfläche aus deutlich sichtbar und lesbar ist, wurde durch die Nov LGBl 42/1996 be-seitigt.

Somit haben sich die Bedenken des VfGH als zu-treffend erwiesen, dass der Gesetzgeber, indem er den Beginn und das Ende der Einwendungsfrist gem § 134 Abs 4 WBO an den Zeitpunkt der Anzeige des Bau-beginns geknüpft hat, in einer das Sachlichkeitsgebot verletzenden Weise an einen untauglichen Zeitpunkt angeknüpft hat. (Aufhebung)

Stützmauern; Einfriedungen

DOI 10.1007/s00738-008-0336-z

§§ 79 Abs 6, 86 Abs 2 wr BauO; §§ 15 Abs 1, 16 Abs 2 und 3 wr KlGG 

Für an der Grundstücksgrenze verlaufende Stütz­mauern sind einzig die Bewilligungskriterien für Einfriedungen (§ 86 wr BauO) und nicht jene für Stützmauern (§ 79 Abs 6 wr BauO) relevant.

Die notwendige Anpassung von Baulichkeiten an  bestehende  Höhenlagen  iSd  §  15  Abs  1  wr KlGG  kann  nicht  durch  nachträgliche  Gelände­veränderungen legitimiert werden. 

VwGH 12.10.2007, 2005/05/0127 <23>

Aus der Begründung: Die bel Beh ging nicht von einem Widerspruch zu § 16 Abs 3 und 4 WKGG aus, weil die Bezugsebene für die Bemessung der Höhe der Einfrie-dung iSd § 86 Abs 2 BO der Boden der höher gelegenen anschließenden Grundfläche heranzuziehen ist; durch die vorgenommenen Anschüttungen sind diese Höhen wesentlich geringer. Sie hat vielmehr die Stützmauern – und andere Baulichkeiten – betreffende Regelung des § 16 Abs 2 WKGG herangezogen und das Merkmal der „Erforderlichkeit“ verneint.

Allerdings hat der VwGH in seinem Erk v 7.11.1995, 95/05/0227, ausgeführt, dass eine nach § 86 BO zuläs-sige Einfriedung nicht deshalb unzulässig sein kann, weil sie auch eine Stützmauer ist und als solche die unbedingt erforderlichen Ausmaße überschreiten wür-de. Verläuft eine nach § 79 Abs 6 BO zulässige Stütz-mauer (zum Teil) an der Grundgrenze, sind in diesem Bereich für die Bewilligungsfähigkeit einzig die Krite-rien des § 86 BO heranzuziehen. Die Qualifikation als Einfriedung bedeutet aber, dass, ausgehend von der Höheberechnung des § 86 Abs 2 BO die Vorausset-zungen nach § 16 Abs 3 und 4 WKGG zu prüfen gewe-sen wären, nicht hingegen jene des § 16 Abs 2 BO.

Die bel Beh hat aber eine Vorschriftwidrigkeit iSd § 129 Abs 10 BO auch anhand des § 15 Abs 1 WKGG festgestellt. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind Baulichkeiten der bestehenden Höhenlage anzu-passen. Die hier vorgenommene Geländeveränderung konnte wohl nur nach Errichtung der Stützmauer ge-schaffen worden sein; die Mauer hat sich somit nicht dem zuvor vorhandenen Gelände angepasst. Allein aus diesem Grund ist die Mauer unzulässig, sodass es nicht darauf ankommt, ob sie auch den Anforderungen des § 15 Abs 1 erster Satz WKGG entsprach. (Abweisung)

Abweichungen von den Bebauungsvorschriften

DOI 10.1007/s00738-008-0337-y

§ 69 Abs 2 wr BauO 

Bereits konsentierte Abweichungen von den Be­bauungsvorschriften  haben  bei  der  Genehmi­gung  von  neuerlichen  Abweichungen,  selbst