14
Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch im Fach Erdkunde Schule: Köppen-Gymnasium Seminarleiter: OStD Müller-Menzel Klasse: 10c Fachleiter: StD Mohwinkel Datum: 02.07.2012 Pädagogischer Leiter: OStD Müller-Menzel Stunde: 2 (08:50 – 09:35) Schulleiter: OStD Christaller Raum: 39 Fachlehrer: OStR von Humboldt Thema der Unterrichtseinheit: Nutzungskonflikte eines Schwellenlandes – Raumbeispiel Indonesien Thema der Unterrichtsstunde: Einfluss des Massentourismus auf die balinesische Kultur – Zerstört der Tourismus seine eigene Grundlage? Lehrbuch: Seydlitz (2009) Geographie 9/10 – Niedersachsen. Die inhaltliche Passung („Kongruenz“) zwischen Stundenthema, Stundenlernziel und Stundenschwerpunkt ist zu beachten. Die Angabe des eingeführten Lehrbuchs ist an dieser Stelle hilfreich.

Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012Alfred Wegener, Studienreferendar

Stundenentwurf

zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch

im Fach Erdkunde

Schule: Köppen-Gymnasium Seminarleiter: OStD Müller-Menzel Klasse: 10c Fachleiter: StD Mohwinkel Datum: 02.07.2012 Pädagogischer Leiter: OStD Müller-Menzel Stunde: 2 (08:50 – 09:35) Schulleiter: OStD ChristallerRaum: 39 Fachlehrer: OStR von Humboldt

Thema der Unterrichtseinheit:

Nutzungskonflikte eines Schwellenlandes – Raumbeispiel Indonesien

Thema der Unterrichtsstunde:

Einfluss des Massentourismus auf die balinesische Kultur – Zerstört der Tourismus seine eigene Grundlage?

Lehrbuch: Seydlitz (2009) Geographie 9/10 – Niedersachsen.

Die inhaltliche Passung („Kongruenz“) zwischen Stundenthema, Stundenlernziel und Stundenschwerpunkt ist zu beachten.

Die Angabe des eingeführten Lehrbuchs ist an dieser Stelle hilfreich.

Page 2: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

1. Unterrichtsvoraussetzungen

1.1 Bild der Lerngruppe Seit Anfang Juni 2012 begleite ich die Klasse 10x und unterrichte sie nun nach einer Hospitationsstunde im Fach Erdkunde. Die Lerngruppe zeigt sich insgesamt mit einigen Ausnahmen engagiert und ist vom Leistungsspektrum im mittleren Bereich anzusiedeln. In der Klasse befinden sich 14 Mädchen und 14 Jungen. Es herrscht stets ein freundliches, professionelles Arbeitsklima. Bei der mündlichen Beteiligung im Bereich Quantität muss in dieser Klasse jedoch stark differenziert werden, da leistungsschwächere Schüler wie z.B. S. H., J., F. S. oder C. nur sehr schwer zu aktivieren sind. Ebenfalls beteiligen sich V. und K. sehr unregelmäßig am Unterricht, in einzelnen Gruppen- und Partnerphasen konnte ich jedoch bei beiden eine sehr engagierte und abwägende Arbeitsweise feststellen. Eine größere Quantität ist hingegen bei Schülern wie A., B., N. oder T. zu beobachten, die sich in jeder Schulstunde sehr rege und konzentriert beteiligen. Zusätzlich zeugen die Aussagen von B. und N. von einer sehr großen Qualität und Ausgewogenheit. Diese Qualität, mit Einschränkung bei der Quantität, ist ebenfalls bei To., Fr. G. oder V. zu beobachten. Jo. und F. sind von Quantität her im Mittelfeld einzuordnen, zeigen aber durch ihre Beiträge, dass sie sich intensiv mit dem Lerninhalt auseinandergesetzt haben. T. und Kr. gestalten das Unterrichtsgespräch regelmäßig und rege mit, treffen aber wie auch Jo. und Ad. weniger präzise und korrekte Aussagen. Insgesamt neigt die Klasse zu unvollständigen Teilaussagen. Wenn präzise Erklärungen gefordert sind, werden zusätzliche Aufforderungen nötig, diese Äußerungen zu begründen.

1.2 Einordnung der Stunde in den Unterrichtszusammenhang und Lernvoraussetzungen

Die Schülerinnen und Schüler1 kennen die klimatischen Bedingungen und die naturräumliche Gliederung Indonesiens. Der erste Nutzungskonflikt wurde anhand ökonomischer Interessen und Anforderungen der weltweiten Energienachfrage einerseits und dem tropischen Regenwald andererseits thematisiert. Den zweiten räumlichen Schwerpunkt innerhalb der Sequenz bildet exemplarisch das „Urlaubsparadies“ Bali, dessen inhaltlicher Zugang über eine selbstständige Raumanalyse im Rahmen einer Hausaufgabe erfolgte. Im Zentrum der Untersuchung stand im weiteren Unterrichtsgang die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Balis im nationalen Vergleich. Die SuS fanden heraus, dass dieser Wohlstand seit Anfang der 1970er Jahre entscheidend von der Entwicklung des internationalen Tourismus bzw. später Massentourismus auf Bali abhängig ist. Parallel dazu ermittelten die SuS das touristische Potenzial Balis und kategorisierten dies nach kulturräumlichen und naturräumlichen Faktoren. Als Rückbezug auf das Thema der Nutzungskonflikte zwischen Ökonomie und Ökologie aus den vorherigen Stunden diente eine Gegenüberstellung der Zerstörung des naturräumlichen touristischen Potenzials mit der Verortung und Bedeutung des Massentourismus auf Bali. Die SuS folgerten als Fazit, dass der Massentourismus entscheidend das touristische Potenzial zerstört, das die Grundlage für den Tourismus bildet. Direkt an den naturräumlichen Konflikt schließen sich genetisch der Nutzungskonflikt bzw. die Auswirkungen des Massentourismus auf die balinesische Kultur an. Daher sollen im Zentrum der heutigen Stunde die konkreten Auswirkungen des Tourismus auf

1 Schülerinnen und Schüler werden in Zukunft als SuS bezeichnet.

1

Nur stundenrelevante Aspekte der Lerngruppe werden knapp dargestellt, z.B.: Aussagen zur Leistungsbereitschaft und Leistungsstärke, stundenrelevante Aussagen zu einzelnen Lernenden. Stundenrelevanz bedeutet, dass sich aus den Darstellungen konkrete didaktische und/oder methodische Konsequenzen ergeben (vgl. Kap. 3). Redundanzen zum kommentierten Sitzplan (Kap. 9) sind zu vermeiden.

Eine Darstellung des Bezugs zwischen Lern-gruppe und Stunden-thema/Unterrichts-gegenstand („Affinität“) wäre wünschenswert.

In der knappen und präzisen Darstellung der stundenrelevanten (!) inhaltlichen Lernvoraussetzungen soll eine rein additive Auflistung der Sequenz-/ Reihenelemente unbedingt vermieden werden. Auch fachbegriffliche Lernvoraussetzungen müssen hier konkretisiert werden.

Der Kompetenzstand der Lerngruppe sowie die strukturierende „Leitidee“ der Sequenz/Reihe sollten an dieser Stelle skizziert werden.

Der Neuigkeitsgehalt der zu planenden Stunde wird benannt.

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 3: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

eine balinesische Siedlung, die Bewertung mit einem Perspektivwechsel und die Suche nach alternativen Tourismusformen stehen. Dazu wurden in der Unterrichtsstunde vorher die relevanten Inhalte der Klassestufe 6 bezüglich des Massentourismus kurz wiederholt.Der Umgang und die Informationsgewinnung anhand hochkomplexer thematischer Karten wurde trainiert, die Karte „Tourismus auf Bali: Landnutzungen, Nutzungskonflikte, ökologische Probleme“ ist bekannt. Durch die Vielschichtigkeit der Karte, haben die SuS bisher nur die naturräumlichen Aspekte erkundet, so dass bei erneuter Untersuchung der Karte unter dem kulturräumlichen Aspekt ein Neuigkeitsgehalt vorhanden ist. Die Schüler sind es gewohnt, in Partner- oder Gruppenarbeit konstruktiv zu arbeiten. Ergebnisse präsentieren sie teilweise frei und selbstständig mit Hilfe von Postern oder Overheadprojektor-Folien2. Probleme bereitet der Klasse der richtige Umgang mit Operatoren in Arbeitsaufträgen, insbesondere im Bereich „nenne“ und „beschreibe“ auf der einen und „erläutere“ und „erkläre“ auf der anderen Seite, so dass geforderte Erläuterungen oft lediglich Beschreibungen sind. 2. Didaktische Analyse

2.1 Sachanalyse „Bali ist eine der wichtigsten Destinationen des Dritte-Welt-Tourismus. Der Massentourismus prägt zunehmend die Lebensbedingungen der Balinesen. Eine nachhaltige Entwicklung ist insbesondere in ökologischer und kultureller Hinsicht gefährdet; der Tourismus kann seine eigene Basis, eine intakte Umwelt und die für Touristen attraktive balinesische Kultur zerstören“ (nach VORLAUFER 1999: 273). Mit der schon seit Jahrzehnten massiven Förderung des Tourismus verfolgen alle Länder Südostasiens vorrangig wirtschaftliche Ziele, und zwar eine Steigerung der Deviseneinnahmen, die Schaffung von Einkommen sowie Arbeitsplätzen und die Milderung räumlicher Disparitäten (vgl. VORLAUFER 2009: 203). Insgesamt machten im Jahr 2001 in Indonesien die direkt oder indirekt durch das Reisegewerbe geschaffenen 7,7 Millionen Arbeitsplätze 8,11 % aller Beschäftigten aus, die 17,44 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschafteten. Das bedeutendste Ziel des Massentourismus in Indonesien stellt Bali dar. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung ist Bali inzwischen zu einer Insel mit relativem Wohlstand geworden. Die hohen Deviseneinnahmen, das hohe Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung und der geringe Anteil der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, resultieren aus der Tourismuswirtschaft (vgl. LATZ 2007: 228).Das wirtschaftliche, kulturelle wie auch touristische Zentrum liegt an der Südküste der Insel, an der sich heute über 90 % aller Beherbergungskapazitäten, wie auch ein Großteil der Bevölkerung, konzentrieren (vgl. FELSCH 2008: 328). Das touristische Potenzial der Insel besteht vor allem aus den naturräumlichen Faktoren wie Sandstränden, Korallenriffen, den Vulkanen und dem tropischen Klima sowie aus kulturräumlichen Faktoren, wie den terrassenförmig angelegten Reisfeldern, den Tempelanlagen und den ursprünglichen Dörfern (MINGENBACH 2007: 158). Aufgrund des Massentourismus wird allerdings häufig die touristische Tragfähigkeitsgrenze in ökologischer, landschaftsästhetischer und kultureller Hinsicht überschritten. Dies trifft vor allem auf die Südküste und Zentralbali zu, wo der touristische Nutzungsdruck durch Bevölkerungswachstum und Siedlungsverdichtung noch verstärkt wird (VORLAUFER

2 Overheadprojektor wird in Zukunft mit OHP abgekürzt.

2

Stundenrelevante, zentrale methodische und sozialformspezifische Lernvoraussetzungen werden dargestellt, aus denen angemessene didaktisch-methodische Planungsüberlegungen resultieren (vgl. Kap. 3).

Die knappe fachwissenschaftliche Analyse zentraler Aspekte des Unterrichtsgegenstandes verlangt eine entsprechende wissenschaftliche Fundierung (amerikanische Zitierweise/“Harvard-System“). Die Analyse erfolgt „in didaktischer Absicht“, ...

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 4: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

1999: 274). Die Folgen sind vielerorts sichtbar: an der Südküste wurden die vormals ausgedehnten Mangrovenwälder überwiegend vernichtet, die Korallenriffe sind hier stark degradiert oder ebenfalls vernichtet und viele Sandstrände wurden durch die für die Hotellerie arbeitende Bauwirtschaft zerstört (vgl. FELSCH 2008: 330).Der Massentourismus sichert zwar inzwischen vielen Menschen einen Arbeitsplatz, verursacht aber auch enorme Probleme in Hinblick auf die Zersiedelung der Küste. Vor allem um Kuta wurden Siedlungen auf früheren Nassreisfeldern und ehemaligen Fischersiedlungen errichtet, die dadurch fast vollständig beseitigt und überbaut wurden (FELSCH 2008: 330). In diesem Zuge wurden auch kulturelle Anlagen, wie Hindu-Friedhöfe, Tempelanlagen und Schreine verlagert und überbaut. Gleichzeitig wurde der Bevölkerung die Existenzgrundlage und damit ein Stück der eigenen Kultur, der Nassreisanbau, die subsistenzwirtschaftliche Fischerei und die Korallenkalkbrennerei, entzogen. In Kuta wurden stattdessen neue Erwerbsmöglichkeiten in der Tourismusbranche, wie z.B. auf Touristenbooten oder im Kunsthandwerk, aber auch im informellen Sektor geschaffen. Hotels expandierten auf den für den Nassreisanbau nicht geeigneten Küstenstreifen und von dort aus weiter ins Hinterland auf landwirtschaftlich genutzte Flächen, so dass sich insbesondere in Kuta ein dramatischer Landnutzungswandel vollzog (VORLAUFER 1999: 298f). Das ehemalige Fischerdorf Kuta wurde infrastrukturell komplett erschlossen und hat sich zu einer zentralen Touristendestination mit Geschäftszentrum, Verwaltung und Touristenrestaurants „entwickelt“ (WESTERMANN SCHULBUCHVERLAG: 177.3). Zudem sind die für den Tourismus attraktiven Küstenabschnitte häufig auch Standort bedeutender Tempel und heiliger Zeremonien, die durch die touristische Kommerzialisierung beträchtlichen kulturellen Schaden nehmen (vgl. VORLAUFER 1999: 287ff). Der Massentourismus zerstört somit nicht nur das naturräumliche touristische Potenzial, sondern bedroht auch das kulturräumliche touristische Potenzial und damit auch seine eigene Grundlage (VORLAUFER 1999: 300).Eine langfristige Sicherung der kulturellen Ressourcen kann nach (1999: 273) möglich sein, „wenn die Balinesen einen so großen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Tourismus erhalten, dass sie bereit und ökonomisch dazu in der Lage sind, diese Ressourcen zu schützen.“

2.2 Vorüberlegungen zur DidaktikDas Stundenthema ist eingegliedert in die Unterrichtssequenz Nutzungskonflikte eines Schwellenlandes – Raumbeispiel Indonesien, welche im Rahmen des Halbjahresthemas „Eine Erde – eine Welt?“ vorrangig die Probleme und Herausforderungen von Entwicklungs- und Schwellenländern in einer globalisierten Welt in den Fokus nimmt. Am Ende des Schuljahrgangs 10 soll „ein Weltbild im Sinne der geographischen Allgemeinbildung vorhanden“ sein. Während in den Jahrgängen 5 und 6 Deutschland und Europa, und in den Jahrgängen 7 und 8 Afrika und Lateinamerika als Raumbezüge im Zentrum stehen sollen, wird zum Abschluss der Sekundarstufe I der Fokus in Stufe 9 und 10 auf die Europäische Union (EU), Nordamerika und vor allem auf Asien gelegt (nach NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2008: 9). Durch Balis Lage zwischen Südostasien und Ozeanien bzw. Australien (prüfungsrelevantes Raummodul 10 für den Abiturjahrgang 2014) bildet die heutige Unterrichtsstunde ein Brückenglied nicht nur zwischen den Großräumen, sondern auch durch das zentrale Thema Tourismus, eine Verbindung zwischen den Kulturräumen, die durch westliche und australische Touristen einerseits und die balinesische Kultur andererseits auf Bali zusammentreffen (NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2011: 1). Der Unterrichtsgegenstand wird

3

... sodass sich innerhalb der sachanalytischen Ausführungen bereits eine klare Zuspitzung („trichterartig“) in Richtung des angestrebten Schwerpunkts der Stunde zeigt.

Legitimation des Unterrichtsgegenstandes mittels der normierenden Vorgaben

Zentrum/Kern der Unterrichtsplanung, aus welchem die Lernziele und die methodischen Überlegungen abgeleitet werden

Anbindung an den Oberstufenunterricht

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 5: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

somit exemplarisch am Beispiel Bali gemäß Klafkis Forderung nach exemplarischer Bedeutung erschlossen (KLAFKI 1964: 16f). Der kulturelle Einfluss durch Massentourismus in Schwellenländern ist als Unterrichtsgegenstand bedeutend, da dieser in der Gegenwart und in der Zukunft einen langanhaltenden Effekt für die Gesellschaft der betreffenden Staaten hat und haben wird. Im Sinne des exemplarischen Lernens wurde die Insel Bali gewählt, auf der der Tourismus, wie in vielen anderen Schwellenländern, zum Motor wirtschaftlicher Entwicklung geworden ist und andere Wirtschaftszweige nur schwach ausgebildet sind. Bali stellt eines der massentouristisch beliebtesten Ziele Südostasiens dar und ist auch für breite Bevölkerungsschichten mittlerweile erschwinglich, stellt für die SuS ein mögliches Reiseziel in naher Zukunft dar. Es ist gemäß Klafkis didaktischer Analyse gegenwärtig wie auch zukünftig von Bedeutung, die SuS dazu zu befähigen, Folgen intensiver touristischer Nutzung zu erkennen und zu bewerten (KLAFKI 1964: 5ff). Daraus folgt die Notwendigkeit, im Anschluss mögliche Handlungsalternativen und somit auch alternative Tourismusformen exemplarisch am Beispiel Bali zu untersuchen. In der heutigen Stunde sollen, nachfolgend den naturräumlichen, die sozio-kulturellen Auswirkungen des Massentourismus den Schwerpunkt bilden. Der Bildungsgehalt im Bildungsinhalt „Auswirkungen des Massentourismus“ der Unterrichtsstunde soll, wie von Klafki gefordert, durch das exemplarische Prinzip des Raumbeispiels „Bali“ bzw. dem exemplarischen Untersuchen einer einzigen Siedlung (Kuta) zur Erhöhung der Bildungswirksamkeit beitragen (KLAFKI 1996: 141f).

2.3 Überlegungen zu methodischen Umsetzung und MaterialanalyseDie heutige Unterrichtsstunde wird nach dem Prinzip des problemlösenden Lernens angelegt, indem zu Beginn mit einer Karikatur Fragestellungen durch die SuS aufgeworfen werden sollen, bevor das endgültige Wissen dazu erarbeitet wird (nach RINSCHEDE 2005: 61f). Die Karikatur, die einen Abriss eines balinesischen Tempels zeigt, wird von Aussage „Endlich mehr Hotels und Infrastruktur für Touristen“ begleitet und soll direkt auf den Konflikt zwischen Massentourismus und traditioneller Kultur hinführen. Es wurde diese Karikatur gewählt, da sie die für einen stillen Impuls nötige Aussagekraft und Aktivierungsmöglichkeit beinhaltet. Die SuS sollen als ersten Schritt die Karikatur in seiner Darstellung und Aussage von alleine beschreiben und im zweiten Schritt, durch entsprechenden Impuls, eine mögliche Problemstellung für die Stunde aus der Karikatur entwickeln. Alternativ wäre als Einstieg eine Abbildung denkbar, die Strandtouristen bei Kuta zeigt, wie sie eine wenige Meter entfernte religiöse Prozessionen von hinduistischen Mönchen beobachten. Hier zeigt die Abbildung eher ein Nebeneinander der „Kulturen“, obwohl sich im Subkontext ein Nutzungskonflikt am Strand verbirgt. Um den Konfliktcharakter zielführender und schüleraktivierender in der Einleitung zu thematisieren, wird daher die Karikatur verwendet.Für die Prüfung der Problemstellung wird eine ca. 12-minütige Partnerarbeit einer Gruppenarbeit vorgezogen, da auf Grund des zeitlichen Rahmens eine Partnerarbeit nach bisherigen Erfahrungen effektiver funktioniert. Als Prüfgegenstand wurde eine thematische, jedoch didaktisch reduzierte Karte Kutas gewählt, die den Wandel einer ländlichen Siedlung hin zu einem Tourismuszentrum darstellt und so eine systematische Untersuchung ermöglicht. Im Sinne der didaktischen Reduktion und zu Gunsten einer erhöhten Fokussierung wurde beispielsweise das System der Bewässerungsgemeinschaften (Subak SI, SII) entfernt. In dieser Partnerarbeitsphase sollen die SuS zunächst die Unterschiede der Karte entnehmen und nennen. Um hier die Kompetenz der Materialauswertung zu fördern, werden zwei verschiedene

4

Legitimation des Unterrichtsgegenstandes mittels des Bildungsgehaltes, sowie der Ausweisung von exemplarischer Bedeutung, Zugänglichkeit sowie der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung.

Die Ausführungen zum didaktischen Schwerpunkt, zur Strukturierung des Unterrichtsgegen-standes sowie zur didaktischen Reduktion/Rekon-struktion sind zu knapp bzw. lückenhaft.

Die Begründung der zentralen methodischen Entscheidungen und der Materialauswahl erfolgt auf inhaltlicher sowie auf funktionaler Ebene.

begründete Darstellung methodischer Alternativen

Die Begründung der Sozialform erfolgt hier nur hinsichtlich des Aspekts der zeitlichen Effektivität.

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 6: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

Materialformen, thematische Karte und Sachtext, verknüpft und eine Umcodierung bzw. Reduzierung auf einzelne Aspekte durch Erstellung der Moderationskarten gefordert. Der Text wurde zusätzlich zur Karte gewählt, da der Karte für SuS der 10. Jahrgangsstufe nur sehr schwer positive Auswirkungen des Tourismus auf die balinesische Kultur, insbesondere auf das Kunsthandwerk, zu entnehmen sind und so die negativen Effekte zu stark überwiegen würden. Auf Grund der leichteren Zugänglichkeit für SuS von Informationen in Textform, erhalten die dort genannten Auswirkungen ein angemessenes Gewicht in der späteren eigenen Reflexion. Der Arbeitsauftrag beinhaltet den Operator „erläutern“, was über eine bloße Nennung hinausgeht und zusätzlich eine Erläuterung der gefundenen Veränderungen für die Bewohner der Siedlung fordert. Schnelleren SuS wird hier bereits die Gelegenheit gegeben, Einzelaspekte auf Moderationskarten zu schreiben, die später Bestandteil des Tafelbildes werden. Auf eine Vorgliederung durch Vorgabe des Lehrers, beispielsweise in negative und positive Auswirkungen, wurde bei Anlage des Arbeitsblattes verzichtet, um eine Progression zwischen dem Nennen der Einzelaspekte und dem Bewerten dieser aus Perspektive eines Bewohners von Kuta sicherzustellen.Nachdem die SuS zu Beginn der Sicherungsphase ihre Ergebnisse an die Tafel geheftet haben, werden sie aufgefordert, diese aus Sicht eines Balinesen in geeigneter Weise zu sortieren. Es ist gut möglich, dass die SuS nicht wie antizipiert zwischen „positiv“ und „negativ“ unterscheiden, sondern beispielsweise zwischen „Wohnen“, „Arbeiten“ und „Religion“ unterscheiden. Diesen Vorschlägen soll im Rahmen einer Öffnung des Unterrichtsverlaufs Raum gegeben werden, so dass später auf einen positiven oder negativen Charakter einzelner Nennungen eingegangen werden kann. Den Rückbezug auf die Problemstellung vom Einstieg bildet ein (oder mehrere) Schülerfazits, das als Teilaussage mindestens das Verschwinden des alten Fischerdorfes (und damit auch ein Teil des touristischen Potenzials) durch Überbauung, in Form eines Touristenorts, beinhalten soll. Es ist möglich, dass die SuS hier einen Vergleich zu dem Nutzungskonflikt zwischen Massentourismus und Natur ziehen, der ebenfalls die Zerstörung des touristischen Potenzials und damit der eigenen Grundlage beinhaltet. Der Fokus der Stunde wurde auf das Entdecken und Bewerten der kulturellen Veränderungen und nicht auf den sanften Tourismus gelegt, so dass dieser „nur“ als mögliche Vertiefung und Ausblick auf die kommende Stunde angelegt ist. Davon ausgehend und durch Reaktivierung des Vorwissens über die Eigenschaften des sanften Tourismus werden mit einem Lehrerimpuls Vorschläge zur Veränderung des Tourismus in Bezug auf Nachhaltigkeit gefordert. Zunächst wird aber keine verallgemeinerte Aussage erwartet, sondern eher einzelne konkrete Verbesserungsvorschläge, wie das Schützen der alten Dörfer und der Kulturlandschaft des Nassreisanbaus. An dieser Stelle sollen Vorschläge im Unterrichtsgespräch und nicht materialgestützt erarbeitet werden, was ein Risiko darstellt, da durch Missverständnisse, oder durch Unvollständigkeit in der Sicherungsphase, die Grundlagen für die Lösungsansätze in der Vertiefung fehlen. Falls an dieser Stelle ausreichend Zeit zur Verfügung steht, lässt sich der mögliche Erfolg der Einrichtung vor 24 Jahren von Zonen des sanften Tourismus (in der Karte werden diese „Öko- und Agrartourismus“ genannt) überprüfen. Dabei soll zunächst eine Verortung der Zonen auf der bereits bekannten Karte „Tourismus auf Bali […]“ erfolgen. Durch einen Vergleich mit den eingetragenen Landschaftsschädigungen sollen die SuS zu dem Fazit kommen, dass die Zonen sich bisher als wirkungslos herausgestellt haben und ein positiver Effekt (noch) nicht feststellbar ist. Je nach verfügbarer Zeit bieten sich drei mögliche Unterrichtsausstiege an, so dass die Vollendung der Vertiefung als Hausaufgabe erfolgt.

5

Differenzierte Begründung der Materialauswahl und -gestaltung mit Blick auf die Kompetenzförderung und auf die Funktion innerhalb der Stundenkonzeption

Binnendifferenzierung

Klärung des Anspruchsniveaus, erwartete Schwierigkeiten

Antizipation von Schülerergebnissen und mögliche Reaktionen

Anforderungen/Mindesterwartungen werden formuliert

Didaktische Reserve

alternative Stundenenden

Aussagen zur Lehrerrolle in den Stundenphasen sind wünschenswert.

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 7: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

3. Lernziele

3.1 Vorrangig geförderte Kompetenz Die Schülerinnen und Schüler erläutern Strukturveränderungen durch Tourismus (Kompetenzbereich Fachwissen).

3.2 Stundenlernziel Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Gefährdung des kulturellen touristischen Potenzials auf Bali, indem sie die Veränderungen durch den Tourismus in einer balinesischen Siedlung perspektivisch erläutern.

3.3 Teillernziele (chronologisch) Die Schülerinnen und Schüler…

(1) …entwickeln eine Fragestellung zum Einfluss des Tourismus auf die balinesische Kultur, indem sie die Aussage einer Karikatur mit Hilfe ihres Vorwissens kontextbezogen erläutern (AFB I-II).

(2) …erläutern den Wandel einer Siedlung auf Bali durch den Tourismus, indem sie mit Hilfe einer thematischen Karte und eines Sachtextes Veränderungen beschreiben und daraus Folgen für die dortigen Einwohner ableiten (AFB II).

(3) … stufen die Veränderungen durch Massentourismus als eine partielle Gefährdung für das kulturräumliche Potenzial Balis ein, indem sie die Veränderungen aus der Perspektive von Einheimischen, basierend auf ihren erworbenen Kenntnissen, bewerten (AFB III).

(4) …stellen Kriterien für eine nachhaltige touristische Nutzung Balis auf, indem sie mögliche Lösungsansätze für schädigende Effekte entsprechend der Prinzipien des sanften Tourismus entwickeln (AFB II-III).

________________________________________________________________________

(5) …überprüfen die Wirksamkeit von eingerichteten Zonen für Öko- und Agrartourismus auf Bali, indem sie Schädigungen und Nutzungskonflikte mit der Lage der Zonen vergleichen (AFB II).

4. Hausaufgaben zur StundeDie Entlastung der Hausaufgabe hat in der ersten Stunde bereits stattgefunden.

6

Die Stunde mit ihrem Schwerpunkt und den verfolgten Lernzielen fokussiert vorrangig diese Teilkompetenz. (Zitat aus dem KC)

Lernziele mit Operationalisierung und taxonomischer Einordnung; der Bezug zur geförderten Kompetenz ist notwendig.

5

10

15

20

25

30

35

Page 8: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

5. Geplanter Stundenverlauf

7

aussagekräftige Kennzeichnung der Unterrichtsphase

Skizzierung zu erwartender Schwierigkeiten und angemessener Hilfs-impulse

konkrete Ausformulierung von Impulsen und Aufträgen

Kennzeichnung eines erreichten Teillernziels

Skizzierung erwarteter Schülerantworten zur Absicherung eines zu erreichenden Teillernziels

Page 9: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

8

Page 10: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

6. Hausaufgaben• Bei Erreichen von Teillernziel 3: Schreibt auf, wie sich eurer Meinung nach

der Tourismus auf Bali verändern müsste, so dass er mit einheimischer Gesellschaft und Natur in Einklang ist.

• Bei Erreichen von Teillernziel 4: Erkundet mit Hilfe der Tourismus-Karte von Bali aus der letzten Stunde, welche Voraussetzungen für sanften Tourismus vorhanden sind.

• Bei Erreichen von Teillernziel 5: Bewertet den Konflikt zwischen Massentourismus und balinesischer Kultur aus Sicht eines einheimischen Restaurantbesitzers in Kuta.

7. Mögliches Tafelbild

8. Anlagen

9

Alle eingesetzten Materialien und ggf. eingesetzten Hilfsmaterialien sind hier anzuhängen.

Page 11: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

10

Arbeitsblätter sind hier exakt in der Form (Größe, Form, Farbe) beizufügen, in der sie auch an die SuS verteilt werden.

Page 12: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

Klasse 10c Einfluss des Massentourismus auf die balinesische Kultur

Aufgabe: Erläutere die Auswirkungen des Tourismus auf Bali am Beispiel Kutas, in Hinblick auf die Gesellschaft und die Kultur der Einwohner, mit Hilfe von M1 und M2.

11

Page 13: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

9. Kommentierter Sitzplan

12

Sitzplan aus Sicht der Beobachter; Angaben zu Einzelschülern; dreistufige Skala zur Einschätzung von Qualität und Quantität der SuS-Beiträge

Page 14: Stundenentwurf zum gemeinsamen Unterrichtsbesuch … · Studienseminar Lüneburg für das Lehramt am Gymnasium 01.07.2012 Alfred Wegener, Studienreferendar Stundenentwurf zum gemeinsamen

10. Literaturverzeichnis

FELSCH, M. (2010): Diercke Handbuch. – Braunschweig.

KLAFKI, W. (1964): Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. – in Roth/Blumenthal (1964): Auswahl, Grundlegende Aufsätze aus der Zeitschrift „Die Schule“ Reihe A, S.5-35. - Braunschweig.

KLAFKI, W. (1996): Exemplarisches Lernen. – in: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. – Weinheim.

LATZ, W. (Hrsg.) (2007): Diercke Geographie. – Braunschweig.

MINGENBACH, H.-M. (2007): Seydlitz Geographie 9/10 Niedersachsen. –Braunschweig.

NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM (2008): Kerncurriculum für das Gymnasium Schulahrgänge 5 – 10 Erdkunde. – Hannover.

NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM (2011): Hinweise zur schriftlichen Abiturprüfung 2014 im Fach Erdkunde. – Hannover.

RINSCHEDE, G. (2005): Geographiedidaktik. – Paderborn.

VORLAUFER, K. (1999): Bali – Massentourismus und nachhaltige Entwicklung: Die Sozio-Ökonomische Dimension – in Erdkunde 53/4. – Kleve.

VORLAUFER, K. (2009): Südostasien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. – Darmstadt.

WESTERMANN SCHULBUCHVERLAG (2008): Diercke Weltatlas. – Braunschweig.

13