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Archly 0hren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk., 177, 221--229 (1961) _&us der Universi~ats~Hals-Nasen-Ohrenklinik Wiirzburg (Direk~or: Professor Dr. H. L. Wullstein) Subjektiver Vergleichstest mit ruckfSrmigen Drehbeschleunigungsreizen bei Gesunden Von ~. REINECKEN Mi~ 3 Textabbildungen (Eingegangen am 3. Dezember 1960) Bei den meisten audiologischen Verfahren werden die vom Patienten angegebenen Wahrnehmungen registriert. Es ist tier Audiologie gelungen, auf diese Weise gut verwertbare Ergebnisse zu erzielen, die nach Tagen und Wochen, gleiche Untersucher und Instrumente vorausgesetzt, wieder aufgefunden werden kSnnen. Erst sp~tter ist in der Audiologie naeh ob- jektiven Priifungsmethoden gesueht worden. Demgegeniiber hat die Ent- wicklung der Vestibularisuntersuehung mehr oder weniger mit Ein- schri~nkung den umgekehrten Weg genommen. Subjektive Unter- suchungsverfahren, wie z.B. die Cupulometrie (vA~ EG~IO~D; GROE~; JO~G]~ES) und die calorisehe Reizmethode mi~ Bewertung der Dauer der Sehwindelempfindung sind zwar publiziert worden, jedoeh ist vor- nehmlich des Hauptaugenmerk zun~ehst auf die Beobachtung des Ny- stagmus geriehtet gewesen. Im I-Iinbliek auf die Erfolge in der Audiologie erscheint es daher be- rechtigt, naeh neuen subjektiven Priifungsmethoden des Vestibular- apparates zu suehen, zumal der /qervus vestibularis und der HSrnerv enge Beziehungen zueinander haben, die am deutliehsten in ihrem ge- meinsamen Verlauf im ~nneren GehSrgang und in der engen ~achbar- sehaft yon Bogengi~ngen und Sehnecke in einem knSehernen Hohlraum- system des Felsenbeines zum Ausdruck kommen. Es wurde daher der Versueh unternommen, einen Vergleichstest zu entwickeln, der auf der Beurteilung zweier versehieden starker ruck- fSrmiger Drehbeschleunigungsreize dureh den Untersuchten beruht. Praktiseh wurde dieses in der Weise durchgeffihrt, dal~ die Versuchs- person (Vp.) auf einem elektrisehem Drehstuhl ruckfSrmig auf eine be- stimmte voreingestellte Endgeschwindigkeit besehleunigt wurde. Diese Angabe wird der ni~heren Erli~uterung bedfirfen. Als ruckfSrmig wurde eine sehr sehnelle und kurze Besehletmigung angesehen. Der fiir das LabyrL~th ad- equate Reiz war die Drehbeschleunigung und selbs~verst~ndlich nicht die Gesehwin- digkeit. Solche sehr schnellen Beschleunigungen konnten mit dem im Schalttisch

Subjektiver Vergleichstest mit ruckförmigen Drehbeschleunigungsreizen bei Gesunden

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Page 1: Subjektiver Vergleichstest mit ruckförmigen Drehbeschleunigungsreizen bei Gesunden

Archly 0hren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk., 177, 221--229 (1961)

_&us der Universi~ats~Hals-Nasen-Ohrenklinik Wiirzburg (Direk~or: Professor Dr. H. L. Wullstein)

Subjektiver Vergleichstest mit ruckfSrmigen Drehbeschleunigungsreizen bei Gesunden

Von ~. REINECKEN

Mi~ 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 3. Dezember 1960)

Bei den meisten audiologischen Verfahren werden die vom Patienten angegebenen Wahrnehmungen registriert. Es ist tier Audiologie gelungen, auf diese Weise gut verwertbare Ergebnisse zu erzielen, die nach Tagen und Wochen, gleiche Untersucher und Ins t rumente vorausgesetzt, wieder aufgefunden werden kSnnen. Ers t sp~tter ist in der Audiologie naeh ob- jektiven Priifungsmethoden gesueht worden. Demgegeniiber hat die Ent- wicklung der Vestibularisuntersuehung mehr oder weniger mit Ein- schri~nkung den umgekehrten Weg genommen. Subjektive Unter- suchungsverfahren, wie z.B. die Cupulometrie (vA~ EG~IO~D; GROE~; JO~G]~ES) und die calorisehe Reizmethode mi~ Bewertung der Dauer der Sehwindelempfindung sind zwar publiziert worden, jedoeh ist vor- nehmlich des Hauptaugenmerk zun~ehst auf die Beobachtung des Ny- stagmus geriehtet gewesen.

I m I-Iinbliek auf die Erfolge in der Audiologie erscheint es daher be- rechtigt, naeh neuen subjektiven Priifungsmethoden des Vestibular- apparates zu suehen, zumal der /qervus vestibularis und der HSrnerv enge Beziehungen zueinander haben, die am deutliehsten in ihrem ge- meinsamen Verlauf im ~nneren GehSrgang und in der engen ~achbar - sehaft yon Bogengi~ngen und Sehnecke in einem knSehernen Hohlraum- system des Felsenbeines zum Ausdruck kommen.

Es wurde daher der Versueh unternommen, einen Vergleichstest zu entwickeln, der auf der Beurteilung zweier versehieden starker ruck- fSrmiger Drehbeschleunigungsreize dureh den Untersuchten beruht. Praktiseh wurde dieses in der Weise durchgeffihrt, dal~ die Versuchs- person (Vp.) auf einem elektrisehem Drehstuhl ruckfSrmig auf eine be- s t immte voreingestellte Endgeschwindigkeit besehleunigt wurde.

Diese Angabe wird der ni~heren Erli~uterung bedfirfen. Als ruckfSrmig wurde eine sehr sehnelle und kurze Besehletmigung angesehen. Der fiir das LabyrL~th ad- equate Reiz war die Drehbeschleunigung und selbs~verst~ndlich nicht die Gesehwin- digkeit. Solche sehr schnellen Beschleunigungen konnten mit dem im Schalttisch

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222 R. I~EINECKEN ,*

eiugebauten Beschleunigungsregler des zu diesen Untersuehungen gebrauchten Drehstuhltyps nieht eingestellt werden. D~her wurde die Gesehwindigkeit vorge- regelt und der S~uhl auf diese ruekf51~nig besehleunigt.

Unter Benu~zung eines Oseillographen wurde die Zeit festgestellt, die der Stuhl benStig~e, um aus dem Stillstand heraus die voreingestellte Gesehwindigkeit zu erreiehen. Aus diesem so gewonnenen Zeitwert und den anderen bekarmten GrSgen, wie Ausgangsgesehwindigkei~ gleieh Null und erreieh~e Gesehwindigkeiten, wurde nach den iibliehen mathema~iseh-physikalisehen Formel~ die Winkelbesehleuni- gung bereehne~. Die oseillographisehen Ausschlgge wurden kinema~ographiseh re- gistriert. Hierzu wurde eine Filmgesehwiudigkei~ yon 51 era/see verwand~. Es ent- spraeh Mso 1 em Fihnl~nge 1/51 see. Auf diesem Wege war es aueh m6glich, den eiuwandfreien Naehweis zu ffihren, dab seitens der Vpn. nieht eine untersehiedlich lange Besehleunigungszei~ fiir die Angaben ,,sctmeller" usw. verwendet werden kormten. Die bereehnete Zei~differenz zwisehen der Bauer der zu vergleiehenden Besehleunigungsreizelagim Extremfallnoeh tm~er 1/51 see. Bei der Bereetmung ergab sieh, dal] die ruekf6rmige Winkelbesehleunigung zwisehen 150--350 Grad/see ~ lag. Es wurden absiehtlieh bei den folgenden Untersuehungen nieht die Besehleunigungs- wer~e absoht in Grad/see 2, sondern dutch die Ausgangsgesehwindigkei~ gleieh Null und die erreieh~e Gesehwindigkeit in Umdrehungen pro Minute angegeben, da es so praktiseher zu handh~ben war. Dieses hat den Vorteil, dal~ der subjektive Vergleiehs- test mi~ ruekfSrmigen Drehbesehleunigungsreizen mit jedem elek~rischen Dreh- stuhl ~blieher Bauart durehgeffihr~ werden k~nn.

Naehdem der erste Drehbeschleunigungsreiz gegeben worden war, wurde der Drehstuhl naeh 10 see gestoppt und eine Pause yon 10 see eingeschoben, die dazu benutzt wurde, eine hShere oder niedrigere Endgesehwindigkeit am Sehalttiseh voreinzustellen. Sicherlieh klang w~hrend dieser Zei~ die postrotatorische Reaktion noeh nieht g~nzlieh ab. Dennoch wurde diese Pausendauer verwandt, da sieh anderer- seits bei l~ngeren Pausen die Beurteflung dureh den Untersuehten sehwieriger gestaltete. Danaeh wurde ein erneu~er ruekfSrmiger Dreh- beschleunigungsreiz auf die inzwischen voreingestellte zweite End- geschwindigkeit gegeben. Die Vp. hatte nun die Aufgabe zu beurteilen, ob der erste Besehleunigungsreiz, im folgenden als Ausgangsdreh- beschleunigungsreiz (Adb.) bezeiehnet, sehneller oder langsamer Ms der zweite hier zu vergleiehende l~eiz war, oder ob sie zwisehen den beiden Drehbeschleunigungsreizen keinen Unterschied bemerken konnte. Die Vp. wurde angewiesen, ihre Empfmdungen ,,sehneller", ,,langsamer" oder gleichgeblieben" noch w~hrend des Drehens des Stuhles naeh dem zweiten Besehleunigungsreiz so bald wie m6glich anzugeben. Aueh naeh dem zweiten Besehleunigungsreiz wurde der Drehstuhl naeh we~teren 10 see angehalten. Dieser Zeitraum reiehte fiblieherweise ffir die Vp. aus, sieh ein Urteil fiber das untersehiedliehe oder gleiehe Verhalten zu bilden. Zwisehen dem zweiten Stoppen des Drehstuhles und dem Beginn einer erneuten Priifung in derselben Art wurde eine Pause von 30 see eingelegt. Dieser soeben besehriebene Vorgang wurde so oft wiederholt, bis es gelang, die Stufe, d. h. denjenigen zweiten Beschleunigungsreiz zu ermitteln, der gerade noeh als gleieh sehnell angesehen wurde. Bei den

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RuckfSrmige Drehbesohleunigungsreize bei Gesunden 223

nachfolgenden Untersnchungen blieb die erste sog. Adb. immer konstant. Veri~ndert wurde nur der zweite Beschleunigungsreiz, der mit dem Aus- gangsreiz verglichen werden mul3te. Es wurden also die Stufenwerte eben noch subjektiv gleich stark empfundener Drehbeschleunignngssti~rken ermittelt.

Dieses geschah sowohl fiir Rechtslauf als auch fiir Linkslauf des Drehstuhles. Au~erdem wurde noch ein Rechts-Links-Vergleich durch- gefiihrt. Hierbei warde der erste Dreh- beschleunigungsreiz mit einer Richtung nach rechts gegeben. Der hierzu zu U/rain vergleichende zweite Beschleunigungs- ix

reiz war nach links gerichtet. Uber die Angaben der Vpn. wurde ~ lu

Protokoll geffihrt. Nach Eintragung, .~ ob es sich nm einen sog. l~echtsvergleich (Drehrichtung des ersten und zweiten ~ Reizes nach rechts), einen Links- vergleich oder um einen Rechts-Links- ~ 8 Vergleich handelte, wurden die Sti~rken der Drehbesch]eunigungsreize zu Pro- tokoll gegeben und danach die Be- ~ ~ obachtungen der Untersuchten ver- zeichnet. Hieraus resnltierte dann ~ 2 nach AbschluB der gesamten Unter- �9 suchung je ein Grenzwert f'fir die drei Vergleichsarten.

Die Einzelergebnisse wurden in ein Koordinatensystem eingetragen. Ein solches ist in Abb. 1 wiedergegeben worden. Auf der Ordinate warden die jeweiligenAdb, und der dazu gefundene Stufenwert des eben noch als gleich

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~..8, 7g

8.8,0s

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I m8,91, I I ~..7,o~ I I I I I I f I

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Abb. 1. Abbildung eines :Koordinaten- schemas. Es sind die bei einem 36j/~hrigen ~anne gefundenen Werte fiir die drei Ver- gleiehsarten einge~ragen und die Stufen- breiten graphiseh dargestellt worden. ]~rkl~trung siehe Text. ]~rli~u~erungen: l langsamer; s sehneller; g gleiehgeblieben

schnell empfundenen zweiten Beschleunigtmgsreizes einge~ragen. Auf der Abszisse bezeichncten die senkrech~en Linien die Art der Priifung, ni~mlich die ersten zwei eng beieinander liegenden Linien dienten der Aufzeichnung der gefundenen Wer~e ffir Rechtsverglelch, die zweiben fiir den Lin]csvergleieh, w~hrend die letzten beiden Linien der Eintragung des Rechts-Linlcs.Vergleiches vorbehalten waren. Das Verbinden der Werte fiir Adb. mit den ihnen zugeordneten Stufenwerten durch Striche er- mSglichte eine iibersichtlichc graphische Darstellung der Ergebnisse der einzelnen Vergleiche zueinander.

Die Erl~uterung des in Abb. 1 wiedergegebenen Einzelfalles wird die- ses noch verdeutlichen.

~-e,,o g 8..7,os

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2 2 4 R. REINECKEN :

Es handclte sich hierbei um das Untersuchungsergebnis einer 36 jahrigen lYlan- nes. Zun~ehst wurde, wie es sonst auch immcr gehandhabt wurde, der l~eehtsver- gleich durehgeffihrt. Die gew~hlte ruckf5rmige Adb. lag bei Null auf 6 Umdrehungen pro Minute (U/min). Unter dem Ausdruck 0 auf 6 U/rain war zu vers~ehen, dM~ der Drehstuhl aus dem Stillstand heraus ruckfSrmig auf eine Endgeschwindigkeit von 6 U/rain beschleunigt wurde. Der zweite Drehbesehleunigungsreiz lag bei 0 auf 6,6 U/rain und wurde yon dem Untersuchterl Ms langsamer empfunden. ]~eim n~chsten Durchgang wurde die gleiche Adb. gegeben. Die hierzu zu vergleichende Drehbeschleunigung lag bei 0 auf 6,7 U/min Letztere wurde mit glcieh sehnell be- zeichnet. ]~eim dritten Vergleich ~vurde die Drehbeschleunigng yon 0 auf 6,8 U/rain ebenfalls als gleich schnell empfunden. D~ beim vierten Durehgang 0 auf 6,9 U/rain als schneller angesehen wurde und dieser Wert gerade fiber dem zuvor Ms g]eich schnell angegebenen lag, war 0 ~uf 6,8 U/rain der Stufenwert,, bei dem gerade noch die bciden zu vergleichenden Drehbeschleunigungen Ms gleich stark empfunden wurden. Dicse Werte wurden daher such im vorliegenden Falle in das Schema cingetr~gen.

Um einwandfreie Versuchsbedingungen zu sehaffen, muBten m6g- liche Fehlerquellen yon vornherein ausgeschaltet werden. Die Vpn. wur- den vor Durehffihrung der Prfifung eingehend fiber dieArt des Bewegungs- ablaufes des Drehs~uhles und ihre Aufgabe aufgeklart. Es empfahl sich, die Vp. auf das Geffihl einer in Wirkliehkeit nicht vorhandenen Gegen- drehung nach dem ersten Stoppen des Stuhles aufmerksam zu machen. AuBerdem wurde ihr gesagt, dab diese Drehempfindung bei der Bildung ihres Urteils nicht mitzuberficksichtigen w~re.

Als weitere Fehlerquellen kamen Wahrnehmungen anderer Sirmes- organe in Betracht, die es der Vp. gestatten konnten, hieraus Rfick- schlfisse fiber die Beschleunigung bzw. die erreichte Geschwindigkeit zu ziehen. So muBte wi~hrend der Untersuchung der Gesichtssinn durch Abdeeken der Augen ausgesehaltet werden.

Dariiber hinaus wurde auf beide Ohren fiber Kopfh6rer ein weiBes l~auschen gegeben, welches so stark gew~hlt wurde, dab die Geriiusche des Antriebsmotors des Drehstuhles und die Sehaltgers mit Sicher- heit verdeekt wurden. Diese VorsichtsmaBnahmen waren erforderlich, um die Vpn. daran zu hindern, aus dem RichtungshSren auf die Beschleu- nigung bzw. auf die erreiehte Gesehwindigkeit zu schlieBen. Es war andererseits kaum anzunehmen, dab dieses weige Rauschen in H6he yon etwa 30 d_B einen Einflul3 auf die Drehbeschleunigungsempfindung hatte.

Da der Drehstuhl wi~hrend der Fahrt der Vp. taktile ]~eize fiber- mittelte, muBten auch bier VorsiehtsmaBnahmen ergriffen werden. Um die Ubertragung taktiler Reize des Drehstuhles auf die Vp. zu verhindern, wurden dicke Schaumgummipolster verwandt. Aus dem gleichen Grunde wurde auch der Kopf freigehalten; also night an eine Kopfstiitze ange- lehnt. Das Zwischenschieben yon groBen, flachen, por6sen Gummisehei- ben an den Anflanschungsstellen des Stuhles war ein weiteres IIilfsmittel. Es gelang hierdurch, diese letztere m6gliehe Fehlerquelle m.E. so weir zu

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vermindern, dag die taktilen l~eize keinen ausreichenden Informations- inhalt vermitteln konnten. Es waren also somi~ alle als mSgliche StSrungs- ursache fiir eine nicht einwandfreie Beurteilung der Drehbeschleuni- gungsempfindung in Betracht kommenden Sinnesorgane ausgeschaltet oder verdeckt Worden.

Un~ersucht wurden insgesamt 60 Personen. Das Alter lag zwischen 14 und 60 Jahren. Die Vpn. hatten keine Mittelohrentziindungen und Kopftraumen dureh- gemacht und hatten nie fiber ves~ibul~re Schwindelersoheinungen zu klagen gehabt. Je 10 Stufenbestimmungen~wnrden bei einer Adb. yon 0 auf 2,0 auf 4 usw. bis 0 auf 12 U/rain durchgeffihr~, um die Abh~ngigkeit der Stufen eben noeh als gleieh emp- fundener subjektiver Drehbesehleunigungssti~rke yon den Adb. festzuste]len.

Tabelle. Mittlere Stu]enbreiten gleicher sub]e~tiver Drehbeschleunigungsstdrke yon 60 gesunden Personen mit insgesamt 180 Werten in Abh~ngigkeit von den Ausgangs- beschleunigungsreizen yon 0 au/ 2 U/min, 0 auf 4 U/rain usw. bis 0 au/12 U/min

Lieder eingetragene Stufenwer~ ist das Mittel yon 10 Personen

Ausgangs- !5'Httlere Stufenbreite Mittlere Stufenbreite ~Iittlere Stafenbreite drehbeschleunigungsreiz in U/min beim in U/rain beim in U/rain beim

yon 0 auf Rechtsvergleich Linksvergleich l~echts-Links-Vergleich

2 U/rain 4 U/rain

6 U/mia

8 U/rain

10 Ulmin 12 U/rain

0,49

0,54

0,78 0,92

0,81

1,07

0,42

0,55

0,83

0,95 0,83 1,18

0,48

0,63

0,68

0,95 0,82

0,81

Die Ergebnisse sind in der Tabelle zusammengeste]lt worden; wobei es sich bei den eingetragenen Zahlen um Mittelwerte yon je 10 Personen handelt. Bei Betrachtung der Tabelle ist deutlich zu erkennen, da~ im ganzen gesehen, die Stufen eben noch als gleich stark empfundener Drehbeschleunigungsst~rken grSi3er werden, je hSher die gew~hlte Adb. ist. In Abb. 2 sind nun die Ergebnisse aus 180 Einzelwerten an 60 Per- sonen die Stufenbreiten in Abhiingigkeit yon den jeweiligen ruckfSrmigcn Adb. ffir alle drei Vergleichsarten veranschaulich~. Auf der Ordinate sind die Stufenbreiten und auf der Abszisse die Adb. eingetragen worden. Diese Darstelhmgsart besti~tigt das weiter oben angefiihrte GrS~er- werden der Stufen bei den schnelleren Adb.-Reizen. Das gleiche ist zu beobachten, wenn bei ein und derselben Vp. die Stufenbreiten ftir die schon vorher verwandten Adb. nacheinander bestimmt werden.

Lediglich der bei einem Adb.-Reiz yon 0 auf l0 U/rain gefundene Wer~ der mittleren Stufenbreite weich~ yon der allgemeinen ansteigen- den Tendenz ab. Itier macht die Kurve einen kleinen Sprung. Ein ahn- liches Verhalten haben wir bei friiheren Untersuchungen fiber die durchsehnittliche Sehlagzahldifferenz in Abhangigkeit yon der Umlauf- geschwindigkeit bei der Drehpendelprfifung gefunden. Der Sprung lag

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226 R. RE~x~cx~:

1,2

Ulmin ~o

0,8

0,d

k'uekl'5>mzge Auegazg~'&'eh6esehleum'gung yon O Ulmin ~'z,'/:"

Abb. 2. Graptfische Darste]lung der aus 180 Wer ten errechneten mRtleren Stufenbrei- ten in • yon den Ausgangsdreh- beschleunigungen ffir alle drei u arten. Zeichenerl~uterung: ~ V - - l~echts- vergleich ; / ; V - - Linksvergleich - - - - ;

2,35 Y - - Rechts-Links-u . . . . .

hierbei zwischen den Werten bis 8 U/min und den bei 10 U/min und hSher liegenden Geschwindigkeiten. Dieses wurde als nicht rein zuf/~llig angesehen. Der Sprung in Abb. 2 best/~rkt diese Annahme.

Es ist auch interessant, Untersuohungsergebnisse yon v. B~K~sY mit zum Ver- gleich heranzuziehen, v. B]~K]~Su hat die Untersehiedsschwellen im sehwellenn~he- ten Bereich mit einer yon der in dieser Arbeit angewandten sehr uaterschiedlichen Methode bestimmt. W~hrend fortgesetztem, sinusf6rmigen, rotatorischem Pendeln

erhSht er die Schwingungsweite fiir die

bis ein Untersehied bemerkt wird. Hier- bei hat er ein Ansteigen der gerade noeh bemerkbaren Untersehiede der Sehwingungsweit~en bei Zunahme der

/ letzteren gesehen. / /

Des weiteren lg13t~ sieh erkermen, dab die Differenzen zwisehen den mitt~leren S~ufen der drei Vergleiehs-

- arten bei ein- und derselben Adb. sehr klein sind. Hieraus kann auch

- gesehlossen werden, dab die Vpn. in I t I der Lage gewesen sind, genaue An- z ~' 6" 8 1o Ulmin ;'Z

gaben aus dem subjektiven Empfin- den fiber die Stufen zu maehen. Tat- s~chHch liegen im Einzelfall die Stufenwerte ffir Rechtsvergleich und Linksvergleieh sehr nahe beieinander und bei Beriicksiehtigung des Unter- suehungsmaterials yon den Adb,-

Reizen yon 0 anf2 U/min bis 0 auf 10 U/rain liegt die mitflere Abweiehung der S~ufen des Linksvergleiehes yore Reehtsvergleieh bei 0,13 U/rain.

Das menschllche Gleichgewichtsempfinden hat also ein feines Unter- seheidungsvermSgen selbs$ fiir ruckfSrmige Drehbesehleunigungsreize. Bei steigender St/~rke dieser Reize kann der Gleiehgewichtsappara$ nicht mehr so genau Differenzen feststellen wie bei sehw/s Zum anderen geht aus dem weiter oben angefiihrten hervor, dab iiblicherweise das UnSerscheidungsvermSgen sowohl fiir die gleichen als aueh bei Gegen- iiberstellung der verschiedenen Drehriehtungen fast ebenso empfindlieh ist.

Lediglieh bei einer Adb. yon 0 auf 12 U/min ergibt sieh eine breitere Streuung der durchsehnittliehen Stufenwerte fiir die einzelnen Ver- gleichsarten. Bei Durehfiihrung der Versuche isb der Eindruek gewonnen worden, daB bei dieser Adb. und dariiber die subjektive Beurteilung der Beschleunigungsreize sehwerer ist. Des weiteren 1/~Bt sich feststellen, dab die Streuung der Stufenwer$e um den mitt leren herum bei einer best immten Adb. beim Reehts-Links-Vergleieh grSBer ist als beim Reehtsvergleich

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Ruckf6rmige Drehbeschleunigungsreize bei Gesunden 227

oder Linksvergleich. Insbesondere ist die S~reuung um den mittleren S~nfenwert bei niedrigen Adb. beim Rechts- und Linksvergleich sehr klein.

Es is~ zu beobachten gewesen, dal] die Angaben ,,schneller" und ,,lang- samer" aus einem sicheren Geffihl heraus gemach~ werden, w/~hrend ,,gleichgeblieben" um so zSgernder angegeben wird, je n/~her der zweite Drehbeschleunigungsreiz der Grenze der Untersehiedsempfmdung liegt. Um nun zu prfifen, ob sich die gleichen gefundenen S~ufenwer~e bei Nach- kontrollen wiederfinden lassen, sind bei 15 Personen im AnschluB an die /z iibliche Untersuchung nochmals die Stufen fiir den Rechtsvergleich be- ~10 stimmt worden. Es ist immer wieder iiberraschend, mit welcher Genauigkeit ~ die Vpn. in der Lage sind, obwohl es sich hierbei um eine subjektive Unter- suchungsmethode handelt, fast die ~ 6 gleichen Stufen anzugeben. Die gefun- ~ denen Abweichungen sind sehr gering, falls eine solcheiiberhauptvorhandenist.

Es ist der Zweck der vorliegenden Arbeit, zuns einmal einen Beitrag ~ 2 zur Physiologie des Gleichgewichts- apparates zu geben und zum anderen Normwerte aufzufinden, die fiir die Beurteilung der Abweichungen hiervon in pathologischen Fgllen wichtig sind. Untersuchungsergebnisse mi~ diesem subjektlven Vergleichstest ffir ruck-

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Abb. 3. Abbfldung eines Koordinaten- schemas mi~ eingetragenen pathologischen Ergebnissen. Es is~ deutlieh das Aus- einanderweichen der Stufenwerte der drei Yergleiehsarten voneinandcr zu erkennen

fSrmige Drehbeschleunigungsreize bei pathologischen F~llen liegen bereits vor. Es haben sich hierbei eindeutige Abweichungen yon diesen Normal werten ergeben. Nach dem bisher gewonnenen Uberblick w/rd sich wahr- scheinlich eine gu~e Beurteilungsm6glichkeit pathologischer F~lle mit diesem subjektiven Vergleichstes~ ergeben. Es Is sich schon jetz~ aus diesenErgebnissen erkennen, dab die Durchschnittsgr6Be der Stufen fiir die Beurteilung klinischer l~gIle yon nicht so wesentlicher Bedeutung ist wie das Auseinanderweichen der Stufenwerte der drei Vergleichsarten voneinander (siehe Abb. 3). Hieriiber wird zu einem sp/~teren Zeitpunkt ausffihrlich berichtet werden.

Z u s a m m e n f a s s u n g In der vorllegenden Arbei~ wird der Versuch unternommen, eine neue

Untersuchungsmethode, die auf den subjektiven Empfindungen der

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228 R. R ~ e K ~ :

Untersuchten fiber das Verhalten zweier verschieden starker ruckf6rmiger Drehbeschleunigungsreize beruhte, zu entwickeln.

Die Versuchspersonen (Vpn.) wurden auf einem elektrischen Dreh- stuhl riiekfSrmig besehleunigt. Sie bat ten zwischen jeweils zwei ver- schieden starken ruckfSrmigen Drehbeschleunigungsreizen zu entsehei- den, ob sie den zweiten Reiz gegenfiber dem ersten, der als Ausgangsdreh- beschleunigungsreiz (Adb.) bezeichnet wurde, als schneller, langsamer oder gleichschnell empfanden. Diese Untersuchungen wurden mit der gleichen Adb. so lunge fortgesetzt, bis es gelang, diejenige zweite Dreh- beschleunigungsstarke zu ermitteln, die gerade noch als gleich schnell empfunden wurde. Es konnten so Stufen gleicher subjektiver Drehbe- schleunigungsstarke ermittelt werden. Dieses gesehah f'tir Rechtsdrehung, den sog. Rechtsvergleich und fiir den entspreehenden Linksvergleich. Zusatzlieh wurde noeh ein Reehts-Links-Vergleich durchgeffihrt, bei dem der Adb.-Reiz nach reehts gerichtet war und der zweite als Linksch'ehung gegeben wurde.

Bei Untersuchungen fiber die Abhangigkeit der Stufenbreiten yon der Starke des Adb.-Reizes ergab sich ein GrSl3erwerden der Stufen bei steigender Adb. Die Differenzen der Stufen der drei Vergleiehsarten un- tereinander bei gleichbleibender Adb. waren sehr klein, welches den Rfiek- schlu~ gestattete, dub die Vpp. in der Lage waren, aus dem subjektiven Empfinden heraus genaue Angaben zu machen. Des weiteren ergab sieh, dal~ bei einer Adb. yon 0 auf 12 U/min und mehr die Angaben fiber das Verhalten der Reize zueinander schwerer gemacht werden konnten. ]3e- sonders gut war das UnterscheidungsvermSgen ffir unterschiedlieh starke ruckf6rmige Drehbeschleunigungen bei den niedrigeren, aber noeh ruck- fSrmigen Adb. Des weiteren wurden Untersuehungen dariiber angestellt, ob sieh die gefundenen Sehwellenwerte bei der Kontrolle nach Durch- fiihrung des Normalversuches wieder auffinden liel3en. Die hierbei ge- fundenen Abweichungen waren iiberrasehend gering.

Es ist Zweck der vorliegenden Arbeit gewesen, einen Beitrag zur Physiologie des Gleiehgewichtsapparates zu geben und darfiber hinaus Normwerte zu finden, die die Beurteilung yon Abweichungen hiervon in pathologischen F~llen ermSgliehen. Es wird daranf hingewiesen, dal~ Untersuehungsergebnisse mit diesem subjektiven Vergleichsverfahren bei pathologischen Fallen bereits vorliegen und dab sich wahrscheinlieh eine gute BeurteilungsmSgliehkeit yon Vestibulariserkranknngen mit dem sub- jektiven Vergleichstest ftir ruckfSrmige Drehbesehleunigungsreize er- geben wird.

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RuckfSrmige Drehbeschleunigungsreize bei Gesunden 229

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