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Überblick
• Fallbeispiel
• Substanzklasen: Uppers und Downers
• Zum Beispiel: Alkohol…
• Wechselwirkungen – Komorbidität
• Therapie
Phänomenologie der Sucht
• Stoffgebundene Süchte: Alkohol, Opioide, Cannabis etc. pp.
• Alltagssüchte: Koffein, Nikotin, Alkohol
• Tablettenmissbrauch
• PC- und Internetabhängigkeit
• Spielsucht
• Zwanghaft-süchtiges Verhalten, z.B. im Bereich
Selbstverletzungen, Sexualität…
Fließende Übergänge zu Essstörungen,
Zwangsstörungen, Borderline- u.a. Persönlichkeitsstörungen
• Fließende Übergänge zu jugendlichem Probierverhalten
Fallbeispiel Marc
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
• 15 J, Bruder + 7, schon aus dem Haus
• (Hoch)Problematische Schulkarriere: Mehrere U-Ausschlüsse in E-Schule
• Impulskontrollschwach, unbeherrscht, sozial isoliert
• Ständiges Kiffen, Verherrlichung des Themas
• Beide Eltern wirken einschlägig vorbelastet (Mutter hat Reibeisenstimme,
Vater in Reha nach Magen-OP).
• Eltern setzen keine Grenzen, bagatellisieren die sozialen Probleme,
erwarten aber die Einschränkung des Konsums und sind in großer Sorge
wg. Schullaufbahn
• 1. Anlauf scheitert (Drgenentzug und Motivationstherapie in
Spezialeinrichtung JADE/Weinsberg): Eltern legen sich nicht fest, scheuen
Trennung vom Sohn (Mutter: „Ich halte das nicht aus!“)
• Familie focussiert auf anstehenden Lehrerwechsel in E-Schule
Fallbeispiel Marc
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
• Ca. ¾ J später neuer Anlauf auf Duck von Schule und Jugendamt
• Marc habe Cannabis-Konsum deutlich reduziert, gibt sich geläutert, keine
Verherrlichung des Themas mehr
• Wunsch Tagesklinik: Abmachung: „Probezeit“, unangemeldete
Urinkontrollen, strikte Regeleinhaltung, Eltern regelmäßige Gespräche
(diese bisher unzuverlässig)
• Kann sich einlassen und abstinent bleiben
• Deutlich werden: ständige ängstliche Anspannung, diffuse
Fehlwahrnehmungen und paranoide Gedanken
• Drogeninduzierte Psychose oder „psychose-induzierter Drogenkonsum“?
• Auch am Ende der 4-monatigen Behandlung schillerndes Bild
• Ursprüngliches Ziel (Überleitung in Wohngruppe) gescheitert, von Fam.
abgelehnt. Überleitung an amb. Beratungsstelle, die v.a. Eltern berät und
anleitet.
Droge
„Uppers“ LSD , Speed Ecstasy Inhalantien Kokain
Crystal
„Downers“
Alkohol .
Liquid Ecstasy
Opiate . (Heroin, Codein,
Morphin) .
Cannabis .
Nikotin
Benzodiazepine/ Tranquilizer
Substanzklasssen
Kapitel F1 (ICD 10) : Psychische und Verhaltens-
störungen durch psychotrope Substanzen
F10._ Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol
F11._ durch Opioide
F12._ durch Cannabinoide
F13._ durch Sedativa oder Hypnotika
F14._ durch Kokain
F15._ durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein
F16._ durch Halluzinogene
F17._ durch Tabak
F18._ durch flüchtige Lösungsmittel
F19._ durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen
4. Stelle
.0 Akute Intoxikation
.1 Schädlicher Gebrauch
.2 Abhängigkeitssyndrom
.3 Entzugssyndrom
.4 Entzugssyndrom mit Delir
.5 Psychotische Störung
.6 Amnestisches Syndrom
.7 Restzustand und verzögert auftretende psychotische Störung
.8 Sonstige psychische und Verhaltensstörungen
.9 Nicht näher bezeichnete psychische und Verhaltensstörung
F55 Missbrauch von nichtabhängkeitserzeugenden Substanzen
F63.0 Pathologisches Spielen Quelle z.B. www.dimdi.de
Zum Beispiel… Alkohol
Epidemiologie
• Lebenszeitrisiko, an Alkoholismus zu erkranken 5% (Erw.
4%, Jgdl. 5-6%)
• Anteil behandlungsbedürftiger Alkoholiker 2 Mio. (= ca.
5% männliche und 2% weibl. Gesamtbevölkerung)
• Anteil Alkoholiker im Allgemeinkrankenhs. 10 - 15%, in
psychiatrischen Kliniken 20 – 35%
• Höchste Alkoholikerrate unter Männern: Selbstständige,
Freiberufler, ungelernte/angelernte Arbeiter
• Höchste Alkoholikerrate unter Frauen: Frauen aus
oberen sozialen Schichten.
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
Trinken bis zum Kollaps
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
Alkoholentzugssyndrom
Bei mindestens 3 der folgenden 10 Kriterien :
• Tachykardie oder Hypertonie
• Schwitzen
• Tremor (zu testen an der ausgestreckten Hand mit gespreizten
Fingern)
• Angst + innere Unruhe
• Übelkeit, Würgen + Erbrechen
• Kopfschmerzen
• Schlaflosigkeit
• Psychomotorische Unruhe
• Krampfanfall
• Halluzinationen, vor allem visuelle
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
Quelle:
Möller et al. 2005
Modellvorstellungen zur Entstehung von
Sucht
Es gibt keine
prädisponierende
„Alkoholikerpersönlichkeit“
Bei hoher biologischer
Disposition genügen geringe
pathogene Umwelteinflüsse
Bei ungünstigen
Umweltbedingungen genügt
niedrige biologische
Disposition (z.B. genetische
Belastung)
Störungen des Sozialverhaltens, Dissozialität Substanzmissbrauch
Hyperkinetik, Impulsivität Substanzmissbrauch
Depressive Störungen Substanzmissbrauch
Bulimie Substanzmissbrauch
Psychosen Substanzmissbrauch
Borderline-Störungen Substanzmissbrauch
Angststörungen Substanzmissbrauch
Suizidalität Substanzmissbrauch
Psychiatrische Komorbidität bei
Substanzmissbrauch
Schädlicher Gebrauch oder manifeste
Abhängigkeit?
• Bei schädlichem Gebrauch -> stationäre Psychotherapie
mit „Probezeit“ und Option „disziplinarische Entlassung“
bei Rückfall, Entzugsbehandlung entfällt i.d.R.
• Bei manifester Abhängigkeit -> Spezialisierung innerhalb
der Versorgungslandschaft, weil strukturellen
Rahmenbedingungen gegenläufig zu sonstigen Regeln
der Psychotherapie (strenge Kontrollen versus
Verselbständigung)
– JADE Weinsberg
– CleanKick/Cleankids Ravensburg
Entzug/Entgiftung
bei Alkoholabhängigkeit
• Häufige Entzugssymptome, wenn Blutalkoholspiegel unter 1,0 Promille sinkt:
Puls + Blutdruck , Schweiß, innere Unruhe, Tremor, Übelkeit,
Schlafstörungen
• Medikamentöse Therapie mit Clomethiazol (=Distraneurin) oder Diazepam
angezeigt.
• Nachteil von Clomethiazol und Diazepam: hohes Suchtpotential
• Wichtig: Patient beobachten! viele Patienten bekommen trotz hoher
Alkoholmengen keine Entzugssymptome.
• Alle Patienten bekommen zur Prophylaxe der Wernike-Enzephalopathie und
Polyneuropathie Vitamin B1 (+B6).
• Bei Auftreten eines Alkoholentzugsdelir (Leitsymptome: Desorientiertheit,
Halluzinationen, meist visuell): Clomethiazol/Diazepamgabe + Haldol (2-5
mg initial, Dosis je nach Symptomatik, z.B. 4 x 2-5mg) und Verlegung auf
eine Intensivstation (ggf. fürsorgliche Zurückhaltung).
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP
Therapeutische Ansatzpunkte beim Thema
Sucht
• Leidensdruck Jugendliche/r?
• Leidensdruck Eltern? Durchsetzungsvermögen?
• Jugendgerichtliche Auflagen?
Zwangsbehandlung nach § 1631b BGB?
• Co-Abhängigkeiten?
• Sucht-“Dynastie“? (-> systemische Therapie zur
Entflechtung der verdeckten Abhängigkeiten)
• Entgiftung notwendig? (-> Spezialeinrichtungen)
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP Seite 20
Zu guter Letzt
• Aufpassen: Suchtverlagerung
• Prinzipiell kann man von allem abhängig werden,
auch nicht stoffgebundenen Dingen! (z. B.
Internetsucht, Spielsucht, Kaufsucht)
• "Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift;
allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift
ist." Paracelsus
Literatur
Brunnhuber, S., Frauenknecht, S., Lieb, K.: Intensivkurs
Psychiatrie und Psychotherapie. Verlag Urban und
Fischer, München 2005
Möller, H.J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie und
Psychotherapie. Thieme-Verlag, Stuttgart 2005
H. Ide-Schwarz (Dipl. Päd.), Zentrum für seelische Gesundheit - Klinik für KJPP