Supply Chain Management und Logistik - beck-shop.de · PDF file1 Supply Chain Management 1.1 Abgrenzung Supply Chain Management und Logistik Die Beseitigung politischer Schranken,

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  • 1 Supply Chain Management

    1.1 Abgrenzung Supply Chain Management und Logistik

    Die Beseitigung politischer Schranken, der vereinfachte weltweite Transport von Datenund Material sowie die fortschreitende technologische Reife vieler Produkte haben denWettbewerb hrter gemacht. Eine mgliche Antwort auf diese neuen Herausforderun-gen ist das ganzheitliche Management logistischer Strukturen und Ablufe, da exakt indiesen Bereichen in den Unternehmen ein Groteil der Kosten entsteht und in diesenBereichen der Kundenservice stark beeinflusst werden kann. Unternehmen haben inden letzten Jahren erkannt, dass das Produkt und die Produktqualitt als Hauptdifferen-zierungsmerkmal an Bedeutung verloren haben. Das bedeutet, dass der Kunde nicht nureine umfassende Dienstleistung ber die komplette Produktlebensdauer, sondern ganzallgemein auch Flexibilitt und Schnelligkeit erwartet. Unternehmen haben aber auchgelernt, sich auf Ihre tatschlichen Strken und Kernkompetenzen zu besinnen. Man hatbegriffen, dass es potentielle Partner gibt, die bestimmte Dienstleistungen besser undgnstiger erbringen knnen als dies im eigenen Unternehmen der Fall ist. Warum sollman diese Tatsache nicht ausnutzen und ein Partnernetzwerk bilden, das jedem Vorteilebringt und die eigene Wettbewerbsfhigkeit steigert?

    Der Begriff Supply Chain Management bedeutet wrtlich bersetzt Lieferanten-Ketten-Management, womit der Unterschied zur klassischen Logistik bereits deutlichwird: Man bildet hier Kompetenznetzwerke und versucht, die Prozesse nahtlos vomRohstoff bis zum Endkunden ber alle Beschaffungs- und Absatzstufen hinweg zusteuern. Damit stehen nicht mehr einzelne Unternehmen im Wettbewerb zueinander,sondern die Leistungsfhigkeit dieser Kompetenznetzwerke. Mit Kompetenznetzwer-ken sind hier nicht nur Rohstoff- und Teilelieferanten gemeint, sondern auch Entwick-lungsingenieure, Konstrukteure und die Vertriebsmitarbeiter.

    Derzeit ist noch keine allgemein anerkannte Definition vorhanden, wir legen im Fol-genden die vom Council of Supply Management Professionals (CSCMP) verwendeteVersion zugrunde: Supply Chain Management beinhaltet die Planung und das Managenaller Aktivitten, die mit Beschaffung, Einkauf, Logistik und Transformation (Produk-tion) zu tun hat. Wichtig zu verstehen ist, dass dies auch die Koordination und Koope-ration mit Partnern, wie Channel Partner, Lieferanten, Third-Party Service Providerund Kunden beinhaltet. Zusammengefasst: Supply Chain Management integriert denMarkt mit der Lieferkette innerhalb und zwischen den Firmen.

    Obwohl der Logistikbegriff bereits seit dem Altertum im militrischen Bereich Ver-wendung fand, wurde er erst in den 1950er Jahren in den USA in die Betriebswirt-

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    schaftslehre bernommen. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Welt-krieg, aber auch der daraus entstehende internationale Wettbewerb erfordertevernderte Organisations- und Produktionsablufe und fhrte damit zu einer rasantenEntwicklung der Logistik, die durch die fortschreitende Globalisierung noch weiter ver-strkt wurde.

    Was bedeutet aber der Begriff Logistik? Auch fr diesen Schlsselbegriff existierteine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen wir legen in diesem Buch folgendesBegriffsverstndnis zugrunde: Logistik umfasst die gesamte Informations- und Waren-flusskette vom (internationalen) Beschaffungs- bis hin zum (internationalen) Verbrau-chermarkt. Logistik hat damit dafr zu sorgen, dass eine Senke, also ein Empfangspunkt,gem seines Bedarfs

    die richtige Ware, in der richtigen Menge, der richtigen Qualitt, im richtigen Zustand, zum richtigen Zeitpunkt und zu minimalen Gesamtkosten

    erhlt unter Logistikern werden diese Punkte unter dem Begriff Six Sigma subsum-miert.

    Das Begriffsverstndnis war in den letzten Jahrzehnten einem starken Wandel unter-worfen. In Abbildung 1 ist erkennbar, dass sich die frhere Denkweise sehr stark auf dieLeistungsfhigkeit des eigenen Unternehmens und den erforderlichen unterneh-mensinternen Produktions- und Informationsfluss bezogen hat und nur der direkteVorlieferant betrachtet wurde, also ein zu enge Sichtweise.

    Abb. 1 Strategisches und strukturelles Entscheidungsfeld Logistik

    -

    PRODUKTIONSLOGISTIK

    ENTSORGUNGSLOGISTIK

    Zulieferer

    (Wertschpfung)

    Beschaffungsmarkt

    BESCHAFFUNGS-LOGISTIK

    DISTRIBUTIONS-LOGISTIK

    Abnehmer

    Absatzmarkt

    (Informations - und Materialfluss)

    Beschaffungs-planung

    Material-bedarfs-planung

    Produktions-und

    Logistik-planung

    Absatz-planung

    ProduktionBeschaffung Distribution

    Produktions- und Materialflusssteuerung

    Entsorgung Recyclingmaterial Abfallstoffe

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  • 1.2 Grundstruktur einer Supply Chain ______________________________________________ 13

    Fr die hier dargestellte Logistik innerhalb eines Unternehmens wird heute vielfach derBegriff Intralogistik verwendet. Dieser deckt alle Prozesse vom Einkauf, ber denWareneingang bis hin zum Fertigwarenlager und der Distribution ab. In Teilen der Lite-ratur wird auch die Produktion unterhalb der Intralogistik eingegliedert. Es ist aber hiereine klare Abgrenzung zwischen den Prozessen innerhalb und auerhalb eines Unter-nehmens gegeben.

    1.2 Grundstruktur einer Supply Chain

    Zunchst soll geklrt werden, welche Akteure es in einer Supply Chain geben kann undwelche Probleme bei einer Supply Chain auftreten knnen, um dann anschlieendMethoden und Anstze kennenzulernen, die zur Problemlsung beitragen.

    Abbildung 2 zeigt den Grundaufbau einer einfachen Supply Chain. Die Struktur derSupply Chain hat Auswirkungen auf die Gesamtkosten. Eine grere Anzahl an Firmenin diesem Netzwerk erhht die Komplexitt und die Unsicherheit. Auf der anderen Seiteknnen aber Kosten gespart und der Service optimiert werden, wenn spezialisierte Fir-men Aufgaben in der Supply Chain bernehmen. Um Kosten zu reduzieren und dasServicelevel zu verbessern, mssen in logistischen Netzen alle Partner bercksichtigtwerden und eng zusammenarbeiten. Links vom OEM (Original Equipment Manufactu-rer) wird Inbound genannt, die rechte Seite als Outbound bezeichnet.

    Abb. 2 Die Grundstruktur einer Supply Chain

    LIEFERANTEN

    TRANSPORT

    OEM

    TRANSPORT

    DISTRIBUTION

    TRANSPORT

    VERTRIEB

    TRANSPORT

    KUNDEN

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    Original Equipment Manufacturer (OEM)

    Er bildet das zentrale Element der Supply Chain. Ein OEM definiert sich dadurch, dassdieser Produkte unter seinem Namen an Endverbraucher vertreibt. Typischerweise kon-trolliert der OEM signifikante Teile der Supply Chain. Er bestimmt, welche Lieferantenzuliefern, welche Partner in Richtung Kundenlieferung eingesetzt werden und wie mitall diesen Firmen zusammengearbeitet werden soll. Dennoch muss der OEM nichtunbedingt die dominante Firma in einer Supply Chain sein. In vielen Industrien istmomentan sogar zu beobachten, dass die Zulieferer eine immer dominantere Rolle ein-nehmen.

    Lieferanten

    Im Inbound-Bereich gibt es nun Standardlieferanten und Systemlieferanten. Standard-Lieferanten liefern Komponenten und werden insbesondere bezglich Preiswettbe-werbsfhigkeit, Qualitt und verfgbarer Kapazitt beurteilt. blicherweise wird ange-strebt fr eine Komponente mehr als einen Lieferanten zu gewinnen. Dieses Konzeptwird Multi Sourcing genannt. Kennzeichnend ist auch, dass keine intensive Zusam-menarbeit auf der Entwicklungsseite stattfindet und somit bei Problemen ein Austauscheines Standardlieferanten leicht vollzogen werden kann und dass zudem die Zusam-menarbeit zeitlich begrenzt ist. Im Gegensatz hierzu sind Systemlieferanten zu sehen.Groe Automobilfirmen statten sich mit fnf bis sieben Systemlieferanten aus, welchedie Anzahl an Standardlieferanten durch Bndelung stark reduzieren, da sie ganzeModule und nicht nur einzelne Komponenten zuliefern. Die Zusammenarbeit ist lang-fristig ausgelegt und die Kooperation beginnt bei der gemeinsamen Entwicklung derModule, die dann in das Endprodukt des OEM einflieen. Hier handelt es sich also umstrategische Partnerschaften, wo beide Parteien sehr stark aufeinander angewiesen sind.Diese Partnerschaften sind auf dem gleichen Level, eine Dominanz eines Partners istnicht typisch, da sich beide Firmen gegenseitig erfolgreicher machen mchten.

    In der Fachsprache wird die Position eines Lieferanten durch das englische Worttier festgelegt. Ein 1-tier (first tier) Lieferant ist direkt mit der eigenen Firma ver-bunden. Ein 2-tier Lieferant ist der Lieferant eines 1-tier Lieferanten usw. Diese Betrach-tungsweise ist insofern relevant, da die Position direkt aussagt, wie eng und relevant dieBeziehung ist. Die Performance eines 1-tier Lieferanten hat direkte Auswirkung auf diePerformance der belieferten Firma. Dies erklrt, dass in den letzten Jahren immer mehrWert darauf gelegt wurde, Transparenz innerhalb der Supply Chain zu schaffen alsozu verstehen, wie pnktlich die Lieferungen der Vorlieferanten sind. Diese Transparenzermglicht dann ein viel frheres Eingreifen, wenn in der Supply Chain Probleme auf-treten. Diesem Sachverhalt wurde Rechnung getragen, indem heutige ERP-SystemeModule anbieten, mit welchen die Supply Chain Performance bis tief in die SupplyChain hinein gemessen werden kann. Alle Partner greifen dann auch auf diese zentraleDatenbank zur Berechnung der Vorhersagen ein.

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