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| MAGAZIN Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 117 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 117 NACHHALTIGE CHEMIE | SusChem – eine Erfolgsstory SusChem – was ist das eigentlich? Viele Chemikerinnen und Chemiker wissen es nicht (vermuten dahinter aber richtigerweise die Sustainable Chemistry), die Öffentlichkeit ist darüber erst recht nicht informiert. Es ist an der Zeit, dass SusChem bekannter wird. im Dezember 2006. Zunächst wur- den in den SusChem-Visionen drei Themenfelder identifiziert, die dann in der Strategic Research Agenda ei- ner genaueren Betrachtung unter- worfen wurden: Materials Technolo- gy, Reaction & Process Design sowie Industrial („White“) Biotechnology. Im IAP wurden die in diesen The- menfeldern identifizierten For- schungspotenziale nach Bedürfnisfel- dern (ähnlich dem nationalen IAP, s.u.) untergliedert. Noch vor dem europäischen IAP – aber in Anlehnung an diesen - war der Nationale Implementierungsplan von SusChem-D, dem nationalen Spie- gelgremium von SusChem, erschie- nen. Beide Papiere sind Handlungs- grundlage für die Chemie, aber auch Papiere für die Politik. Das europäi- sche Papier lag pünktlich zum Start des 7. Forschungsrahmenprogramms der EU vor. Es gelte, dort deutlich mehr Chemie zu verankern, sagte GDCh-Präsident Dieter Jahn auf ei- nem nationalen SusChem-Workshop am 12. Februar 2007 in Frankfurt. Zu diesem Akademia-Workshop, der über die Möglichkeiten der Ein- bindung der SusChem-Aktivitäten in nationale Förderprogramme und in das 7. EU-Forschungsrahmenpro- gramm informierte und in dem über Projektideen seitens der Akademia diskutiert wurde, waren insbesondere Hochschullehrer und Vertreter ande- rer Forschungsinstitutionen eingela- den.Vorausgegangen war ihm ein Industrie-Workshop am 13. Dezember 2006, in dem auf Basis des nationalen IAP folgende prioritären Themenbe- reiche, nach Bedürfnisfeldern ausge- richtet, identifiziert wurden: alterna- tive Rohstoffquellen, Energie, Gesund- heit und Ernährung, Informations- und Kommunikationstechnologien, Warum? Weil die Chemie in SusChem Flagge zeigt, weil in SusChem die Innovationspotenziale der Chemie herausgearbeitet werden und weil SusChem das Ansehen der Chemie zurechtrückt: vom „Trouble Maker“ zum Problemlöser. SusChem ist die Abkürzung für die European Technology Platform for Sustainable Chemistry, eine von 28 Plattformen, die das 6. Europäi- sche Forschungsrahmenprogramm hervorgebracht hat – und eine der er- folgreichsten. CEFIC, der europäische Verband der chemischen Industrie, und EuropaBio, der Verband der eu- ropäischen biotechnologischen In- dustrie, wollen hierin die europäische Forschung in Chemie, im Chemi- schen Ingenieurwesen und in der in- dustriellen Biotechnologie voran- bringen. Als Partner konnten sie sehr schnell die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotech- nologie (Dechema) und die Royal So- ciety of Chemistry (RSC) gewinnen. Mittlerweile haben sich andere Ak- teure der Plattform angeschlossen. Dem SusChem-Vorstand, beste- hend aus 14 Mitgliedern, gehören aus Deutschland Henning Hopf (TU Braunschweig, stellvertretender GDCh-Präsident), Rüdiger Iden (BASF), Alfred Oberholz (Degussa) und Klaus Sommer (Bayer Techno- logy Services) an. Dem engagierten Editorial Team, in dem von deutscher Seite die Dechema und die BASF mitwirken, sind drei auf europäischer Ebene sehr erfolgreiche Broschüren zu verdanken. Ein Dokument über „Visionen“ wurde im März 2005 publiziert, die „Strategic Research Agenda“ folgte im November 2005, der „Implemen- tation Action Plan“ (IAP) schließlich Transport/Mobilität sowie Schutz der Umwelt und Ressourcenschonung Für diese sechs Bereiche wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, um Pro- jektoptionen im nationalen Bereich und auf europäischer Ebene zu son- dieren. In diesen Gruppen, die An- fang März 2007 erstmals tagten, wir- ken sowohl Industrievertreter als auch die Akademia mit – letztere aber bislang in viel zu geringem Um- fang. Es werden konkrete Projektvor- schläge eingebracht und diskutiert. Ziel ist es, dass sich funktionsfähige Projektkonsortien zusammenfinden. Die Politik, also das Bundesministeri- um für Bildung und Forschung, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder das Bundesmi- nisterium für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz sowie die relevanten Projektträger, ist in die Diskussionen eingebunden. Hier fin- den Sondierungsgespräche statt, um das Interesse der jeweiligen Referate in den jeweiligen Ministerien an der Förderung einzelner Themenbereiche zu eruieren.Von politischer Seite ste- hen sowohl in Brüssel als auch in Berlin Gelder für Erfolg versprechen- de Projektvorhaben bereit. Jahn forderte die Chemiker zu mehr Engagement auf, interessante Projektanträge einzureichen und För- dergelder abzurufen. In den bishe- rigen Diskussionen zeigte sich aber, dass dies nicht einfach ist, weil die Chemie eine Querschnittswissen- schaft ist und sich die Interdisziplina- rität als Hemmschuh erweist. Ein Bei- spiel: In der Arbeitsgruppe Transport/ Mobilität haben sich die Autobauer bislang noch nicht eingefunden. Für sinnvolle Projekte gehören sie aber unbedingt mit an den Tisch. Forschung und Entwicklung in der Chemie geraten also deutlich in Bewegung. Ziel ist es, durch Innova- tionen die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und zu erhöhen und damit Arbeitsplätze zu sichern bzw. zu schaffen. Unter diesem Fokus wollen die Unternehmen zusammenarbeiten und die besten Forschergruppen des akademischen Umfeldes eng ein- binden. GANZ KONKRET | Wer sich näher über SusChem oder SusChem- D informieren möchte, kann dies im Internet z.B. unter www.sus- chem.org. tun. Wer konkret mitarbeiten möchte und/ oder Projekt- ideen hat, kann sich an das Sekretariat des Vorsitzenden des Nationalen SusChem-Koor- dinierungsgre- miums, das ist Wolfram Koch, Geschäftsfüh- rer der GDCh, wenden. Renate Hoer, Gesellschaft Deutscher Chemiker, Frankfurt

SusChem – eine Erfolgsstory

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Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 117 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 117

N AC H H A LT I G E C H E M I E |SusChem – eine ErfolgsstorySusChem – was ist das eigentlich? Viele Chemikerinnen und Chemikerwissen es nicht (vermuten dahinter aber richtigerweise die SustainableChemistry), die Öffentlichkeit ist darüber erst recht nicht informiert.Es ist an der Zeit, dass SusChem bekannter wird.

im Dezember 2006. Zunächst wur-den in den SusChem-Visionen dreiThemenfelder identifiziert, die dannin der Strategic Research Agenda ei-ner genaueren Betrachtung unter-worfen wurden: Materials Technolo-gy, Reaction & Process Design sowieIndustrial („White“) Biotechnology.Im IAP wurden die in diesen The-menfeldern identifizierten For-schungspotenziale nach Bedürfnisfel-dern (ähnlich dem nationalen IAP,s.u.) untergliedert.

Noch vor dem europäischen IAP– aber in Anlehnung an diesen - warder Nationale Implementierungsplanvon SusChem-D, dem nationalen Spie-gelgremium von SusChem, erschie-nen. Beide Papiere sind Handlungs-grundlage für die Chemie, aber auchPapiere für die Politik. Das europäi-sche Papier lag pünktlich zum Startdes 7. Forschungsrahmenprogrammsder EU vor. Es gelte, dort deutlichmehr Chemie zu verankern, sagteGDCh-Präsident Dieter Jahn auf ei-nem nationalen SusChem-Workshopam 12. Februar 2007 in Frankfurt.

Zu diesem Akademia-Workshop,der über die Möglichkeiten der Ein-bindung der SusChem-Aktivitäten innationale Förderprogramme und indas 7. EU-Forschungsrahmenpro-gramm informierte und in dem überProjektideen seitens der Akademiadiskutiert wurde, waren insbesondereHochschullehrer und Vertreter ande-rer Forschungsinstitutionen eingela-den.Vorausgegangen war ihm einIndustrie-Workshop am 13. Dezember2006, in dem auf Basis des nationalenIAP folgende prioritären Themenbe-reiche, nach Bedürfnisfeldern ausge-richtet, identifiziert wurden: alterna-tive Rohstoffquellen, Energie, Gesund-heit und Ernährung, Informations-und Kommunikationstechnologien,

Warum? Weil die Chemie in SusChemFlagge zeigt, weil in SusChem dieInnovationspotenziale der Chemieherausgearbeitet werden und weilSusChem das Ansehen der Chemiezurechtrückt: vom „Trouble Maker“zum Problemlöser.

SusChem ist die Abkürzung fürdie European Technology Platformfor Sustainable Chemistry, eine von28 Plattformen, die das 6. Europäi-sche Forschungsrahmenprogrammhervorgebracht hat – und eine der er-folgreichsten. CEFIC, der europäischeVerband der chemischen Industrie,und EuropaBio, der Verband der eu-ropäischen biotechnologischen In-dustrie, wollen hierin die europäischeForschung in Chemie, im Chemi-schen Ingenieurwesen und in der in-dustriellen Biotechnologie voran-bringen.Als Partner konnten sie sehrschnell die Gesellschaft DeutscherChemiker (GDCh), die Gesellschaftfür Chemische Technik und Biotech-nologie (Dechema) und die Royal So-ciety of Chemistry (RSC) gewinnen.Mittlerweile haben sich andere Ak-teure der Plattform angeschlossen.

Dem SusChem-Vorstand, beste-hend aus 14 Mitgliedern, gehören ausDeutschland Henning Hopf (TUBraunschweig, stellvertretenderGDCh-Präsident), Rüdiger Iden(BASF),Alfred Oberholz (Degussa)und Klaus Sommer (Bayer Techno-logy Services) an. Dem engagiertenEditorial Team, in dem von deutscherSeite die Dechema und die BASFmitwirken, sind drei auf europäischerEbene sehr erfolgreiche Broschürenzu verdanken.

Ein Dokument über „Visionen“wurde im März 2005 publiziert, die„Strategic Research Agenda“ folgteim November 2005, der „Implemen-tation Action Plan“ (IAP) schließlich

Transport/Mobilität sowie Schutz derUmwelt und Ressourcenschonung

Für diese sechs Bereiche wurdenArbeitsgruppen eingerichtet, um Pro-jektoptionen im nationalen Bereichund auf europäischer Ebene zu son-dieren. In diesen Gruppen, die An-fang März 2007 erstmals tagten, wir-ken sowohl Industrievertreter alsauch die Akademia mit – letztereaber bislang in viel zu geringem Um-fang. Es werden konkrete Projektvor-schläge eingebracht und diskutiert.Ziel ist es, dass sich funktionsfähigeProjektkonsortien zusammenfinden.Die Politik, also das Bundesministeri-um für Bildung und Forschung, dasBundesministerium für Wirtschaftund Technologie oder das Bundesmi-nisterium für Ernährung, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz sowiedie relevanten Projektträger, ist in dieDiskussionen eingebunden. Hier fin-den Sondierungsgespräche statt, umdas Interesse der jeweiligen Referatein den jeweiligen Ministerien an derFörderung einzelner Themenbereichezu eruieren.Von politischer Seite ste-hen sowohl in Brüssel als auch inBerlin Gelder für Erfolg versprechen-de Projektvorhaben bereit.

Jahn forderte die Chemiker zumehr Engagement auf, interessanteProjektanträge einzureichen und För-dergelder abzurufen. In den bishe-rigen Diskussionen zeigte sich aber,dass dies nicht einfach ist, weil dieChemie eine Querschnittswissen-schaft ist und sich die Interdisziplina-rität als Hemmschuh erweist. Ein Bei-spiel: In der Arbeitsgruppe Transport/Mobilität haben sich die Autobauerbislang noch nicht eingefunden. Fürsinnvolle Projekte gehören sie aberunbedingt mit an den Tisch.

Forschung und Entwicklung inder Chemie geraten also deutlich inBewegung. Ziel ist es, durch Innova-tionen die Wettbewerbsfähigkeit zusichern und zu erhöhen und damitArbeitsplätze zu sichern bzw. zuschaffen. Unter diesem Fokus wollendie Unternehmen zusammenarbeitenund die besten Forschergruppen desakademischen Umfeldes eng ein-binden.

G A N Z KO N K R E T |Wer sich näherüber SusChemoder SusChem-D informierenmöchte, kanndies im Internetz.B. unterwww.sus-chem.org. tun.Wer konkretmitarbeitenmöchte und/oder Projekt-ideen hat, kannsich an dasSekretariat desVorsitzendendes NationalenSusChem-Koor-dinierungsgre-miums, das istWolfram Koch,Geschäftsfüh-rer der GDCh,wenden.

Renate Hoer,Gesellschaft

DeutscherChemiker,Frankfurt