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Sind wir enkeltauglich? März 2014 SYM Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll 1 ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis 3.- Schwerpunktthema: Sind wir enkeltauglich? Wie zukunftsfähig ist die Demokratie? Selbst denken. Anleitung zum Widerstand Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nicht Bodenrausch - Landgrabbing und die Folgen Tagungsvorschau Ändern ist leicht, bessern ist schwer! Die Reformation der Gesellschaft neu denken Nachhaltig erfolgreich Neue Chancen im Textilmarkt Rückblende Onlinedokumente Publikationen Service

Sym 1 2014 finale web

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Sind wir enkeltauglich?

März 2014

SYMMagazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

1

ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis € 3.-

Schwerpunktthema:

Sind wir enkeltauglich?

Wie zukunftsfähig ist die Demokratie?

Selbst denken. Anleitung zum Widerstand

Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nicht

Bodenrausch - Landgrabbing und die Folgen

Tagungsvorschau

Ändern ist leicht, bessern ist schwer!Die Reformation der Gesellschaft neu denken

Nachhaltig erfolgreichNeue Chancen im Textilmarkt

RückblendeOnlinedokumente

Publikationen

Service

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i n h a l t

aktuell … 2Christoph Bausch, von 1971-1988 Geschäftsführender Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll, ist gestorben Angelika Zahrnt erhält Bundes- verdienstkreuz 1. KlasseOrgelmotor der Akademie versieht seinen Dienst jetzt am Reformierten Gymnasium in Szentendre, Ungarn

Akademiegeschichte 3Christoph Bausch: Aus seiner Abschiedsrede

Rückblende 4Rückblick auf vergangene Tagungen

Ausstellung 6Ulrich Klieber: In Murnau – ein Tagebuch, Malerei

Was kommt ... 16Vorschau auf Tagungen in der Zeit vom 7. März bis 27. Juli 2014

Aus der Akademie 21Rezept

Publikationen 22RezensionenVerlosung

TitelbildMultiethnische KindergruppeFoto: picture alliance / Design Pics / First Light, Fotograf: Ian Taylor

Impressum 24

Meditation 25

Schwerpunkt:Sind wir enkeltauglich? 7KaleidoskopIst die Demokratie zukunftsfähig? Von Gary S. SchaalSelbst denken. Anleitung zum Widerstand. Von Harald WelzerSchokolade ist süß – Kakaoanbau noch nichtBodenrausch – Landgrabbing und seine Folgen Von Wilfried Bommert

Ulrich Klieber: „In Murnau“ Auszüge aus dem Tagebuch,Acryl / Leinwand, 6 Bilder je 60 x 105 cm, Ausschnitt

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e d i t o r i a l

Liebe Leserin, lieber Leser,

Kofi Annan hat jüngst unter der Überschrift „Unser aller Versagen“ in einem Kommentar deutlich gemacht: „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Er bedroht schon heute das Wohlergehen von Hunderten Millionen Menschen, und in Zukunft werden es weitere Milliarden Menschen sein. Seine Folgen untergraben das Menschenrecht auf Nahrung, Wasser, Gesundheit und Schutz – allesamt Dinge, für die wir unser ganzes Leben lang gekämpft haben.“ Jedes Jahr, so führt er weiter aus, bringt uns dem kritischen Punkt näher, ab dem die Klima-veränderung nicht mehr umkehrbar sein könnte. Er schließt mit den Aufruf: „Künftige Generationen sollen nicht von uns sagen können, wir hätten sie im Stich gelassen. [...] Wenn es jemals ein Ziel gab, das alle Menschen, egal ob jung, alt, reich oder arm, vereinen sollte, dann ist es die Rettung des Weltklimas.“

Diese uns vereinende und zusammenführende Herausforderung prägt den Dienst der Evangelischen Akademie Bad Boll sehr erheblich. Die Ausgabe des „SYM“, die Sie zur Hand genommen haben, führt Ihnen dies vor Au-gen. Es findet sich in ihr zum Beispiel der Auszug aus einem Vortrag des bekannten Sozialpsychologen Harald Welzer mit der Überschrift „Selbst denken. Anleitung zum Widerstand.“ Während der Tagung „Gut, besser, zukunftsfähig“ warb er in seinem Vortrag für eine „reduktive Moderne“, in der nicht mehr Wachstum, sondern eine praktische Gemeinwohlöko-nomie im Zentrum steht. Hinweise zur Studie „Zukunftsfähiges Deutsch-land“, der „grünen Bibel des 21. Jahrhunderts“ sowie zu einem Gespräch zwischen Bundesminister a. D. Erhard Eppler und Welzer ergänzen diesen Beitrag. Landgrabbing und seine Folgen für Natur und Mensch sind Thema eines weiteren Beitrages im Diskurs um einen zukunftsfähigen Lebenswandel.

Zukunftsfähig und verbindend wird eine Gesellschaft erst dann, wenn sich an ihrer Gestaltung möglichst viele Menschen beteiligen. Demokratie und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten einer Medaille. Auf die Gefährdungen der demokratischen Gesellschaft macht der Gastbeitrag von Gary S. Schaal aufmerksam.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre des neuen Magazins „SYM“ und hoffen sehr, dass Sie mit uns zusammen an einer zukunftsfähigen Gesellschaft bauen wollen. In diesem Sinne laden wir Sie herzlich zu unseren Tagungen ein!

Herzliche Grüße,

Prof. Dr. Jörg Hübner Geschäftsführender Akademiedirektor

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a k t u e l l

Christoph Bausch, von 1971 bis 1988 Geschäftsfüh-render Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll, ist gestorben

Bad Boll. Christoph Bausch ist tot. Der Geschäftsführen-de Direktor i. R. der Evangelischen Akademie Bad Boll starb am 5. Dezember 2013 im Alter von 87 Jahren. Der

Stuttgarter Theologe und Pfarrer leite-te von 1961 an die Jugendabteilung der Akademie, ab 1965 die Industrieabteilung der Akademie und die Evangelische Akti-onsgemeinschaft für Industriefragen. Von 1971 bis 1988 stand Christoph Bausch der Akademie als Geschäftsführender Direktor vor. Der Vater von drei Kindern war

zugleich von 1975 bis 1988 Vorsitzender des Leiterkreises der Evangelischen Akademien in Deutschland.

Mit klaren theologischen Standpunkten leitete Bausch als direkter Nachfolger des Gründungsdirektors Eberhard Müller die Akademie in gesellschaftlich unruhigen Zeiten und machte sie zu einem „Dritten Ort“, an dem Vertre-ter unterschiedlicher Positionen aufeinander treffen und miteinander ins Gespräch kommen. „Für die Studienlei-tenden und Mitarbeitenden war er der starke Fels in der Brandung, für die Landeskirche ein verlässlicher Partner“, sagte der Geschäftsführende Akademiedirektor, Prof. Dr. Jörg Hübner: „Bauschs ethische Reflexionen im Rahmen von Akademie-Tagungen waren immer wieder Höhepunkte seines Wirkens als Theologe und Leiter.“

siehe auch S. 3 und S. 24

Angelika Zahrnt erhält Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Bad Boll. Für ihr langjähriges außerordentliches Engage-ment im Natur- und Umweltschutz hat Professor Angelika

Zahrnt von Bundes-präsident Joachim Gauck das Bundesver-dienstkreuz 1. Klasse verliehen bekommen.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer überreichte ihr die Auszeichnung am 24. Januar 2014 in der Evangelischen Akademie in Bad Boll.

Professor Angelika Zahrnt habe in verschiedensten Äm-tern und Funktionen dem Prinzip der Nachhaltigkeit in Deutschland den Weg bereitet, so Ministerin Bauer in ihrer Laudatio: „Mit ihrer Integrität und ihrer Überzeugungs-kraft hat Angelika Zahrnt viele Menschen dazu gebracht, nachzudenken und ihre persönliche Verantwortung für die Schöpfung und ihre Mitmenschen zu erkennen.“

Zahrnt studierte Volkswirtschaftslehre und war nach ihrer Promotion in verschiedenen Funktionen in Wirtschaft und Verwaltung tätig. Von 1998 bis 2007 war sie Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND); seit 2008 ist sie dessen Ehrenvorsitzende. 2006 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2009 den Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt sowie vom Land Baden-Württemberg den Ehrentitel „Professorin“.

siehe auch Hinweis auf Onlinedokumente, S. 23

Orgelmotor der Akademie versieht seinen Dienst jetzt am Reformierten Gymnasium in Szentendre, Ungarn

Am 18. Oktober 2013 wurde im Reformierten Gymnasium in Szentendre feierlich eine neue Orgel eingeweiht. Die Evangelische Akademie Bad Boll hatte den Motor dazu gespendet. Für das Instrument selbst sparte die Kirchen-gemeinde, der das Gymnasium gehört, noch 240 000 € zusammen. 2009 hatte sich die Akademie von ihrer Orgel getrennt, weil eine Reparatur zu teuer gewesen wäre. Stu-dienleiter Thilo Fitzner, der die Reformierte Schule durch gemeinsame Aktivitäten des europäischen Schulnetz-werks kennt, war bei der Einweihung der Orgel zugegen. Das Ereignis war für die Schule fast ebenso bedeutsam wie die Gründung der Reformierten Schule überhaupt. Nach der Wende musste der Staat enteignete Schulen zurückgeben und die Schulentwicklung wurde mit großem Engagement betrieben. Die Orgel bildete jetzt den krönen-den Abschluss. Der Musiksaal wird auch von der Gemeinde für Konzerte verwendet.

Christoph Bausch leitete 17 Jahre lang die Evangelische Akademie Bad Boll.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (r.) über-reicht Angelika Zahrnt das Bundesverdienstkreuz in der Evangelischen Akade-mie Bad Boll im Rahmen der Tagung „Gut – besser - zukunftsfähig“.

Zur Einweihung der Orgel kamen wichtige Persönlichkeiten aus Kirche und Staat – auch der Kultusminister Zolán Balog.

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a k a d e m i e g e s c h i c h t e

Am 21. April 1988 war Stabwechsel. Christoph Bausch wurde nach 27 Jahren Akademiearbeit und knapp 17 Jahren als Geschäftsführender Direktor verabschiedet, Manfred Fischer eingeführt. In seiner Ab-schiedsrede wandte sich Christoph Bausch mit je drei Wünschen an die Mitarbeitenden, die Tagungsgäs-te und die Kirchenleitung. Einiges wollen wir daraus zitieren. Daneben kommen auch Dorothee Kraus-Pause und Jobst Kraus mit ein paar erin-nernden Sätzen zu Wort.

Christoph Bausch war „dankbar, zu einem Zeitpunkt von Bord gehen zu können, da das Schiff der Akademie auf einem guten Kurs läuft.“ Zuerst wandte er sich an seine Kollegen: „Be- wahrt Euch die Sensibilität für das, was die Kolleginnen und Kollegen im Haus bewegt, für das, was sie brau-chen. Ich wünsche Euch Geduld und Augenmaß und ein allzeit offenes Ohr.“

An die Kirchenleitung: „Dass unser neuer Bischof seine erste Amtshand-lung in der Öffentlichkeit hier vor- nimmt, hat für mich Symbolcharak-ter. In einem Interview hat er zum Ausdruck gebracht, … dass er das lebendige Gespräch mit lebendigen Menschen suchen möchte. In der Akademie ist reichlich Gelegenheit,

Aus der Abschiedsrede von Christoph Bausch

dieses Gespräch zu pflegen, nicht nur mit Oberkirchenräten …, sondern mit Betriebsräten, Managern, Naturwis-senschaftlern, Arbeitslosen und vielen anderen Gruppen.

… Geben Sie einen Vorschuss an Vertrauen. Ohne dieses Vertrauen ist Akademiearbeit nicht möglich. Die Akademie hat ihre Funktion an der Nahtstelle zwischen Kirche und Welt. Gestatten Sie ihr, das Gespräch mit allen Gruppen ohne Berührungsängste zu führen, auch mit denen, die im Schatten sind und mit denen, die man kaum oder nicht sieht. Daraus werden sich gelegentlich Beschwernisse er- geben. Aber eine Akademie, soll sie Akademie bleiben, muss sich gele-gentlich exponieren. …“

An die Tagungsteilnehmer: „Immer mehr Menschen haben immer mehr Fachwissen, und immer weniger Menschen haben Kenntnisse im Blick auf ihre eigene Existenz, im Blick auf das Woher und Wozu menschlichen Daseins. Das Problem hinter allen Problemen ist der allgemeine Orientie-rungsverlust. Neulich wurde in einem Vortrag die Frage gestellt, ob die Entwicklungszüge von Wissenschaft einerseits und Ethik andererseits weiterhin auf verschiedenen Gleisen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit

fahren müssen, bis sie sich gänzlich aus dem Auge verlieren. Helfen Sie, diese Fragen anzusprechen. Fach-wissen und Existenzwissen müssen wieder zusammenkommen.

Denken Sie an die Frage der Sonn-tagsarbeit. Wird die Ethik darüber auf der Strecke bleiben? Gestatten Sie, dass die Akademie solche Fragen immer wieder ins Gespräch bringt, und bitte verzichten Sie darauf, Ihren Standpunkt zu verabsolutieren. Wir sind ja heute in der Gefahr, nur noch mit denen zur reden, die unsere Ge-sinnungsgenossen sind. Aber Jesus hat seine Jünger gelehrt, Andersdenkende in Obhut zu nehmen. Eine demokra-tische Gesellschaft lebt von der Plu-ralität von Meinungen. Wir brauchen das interdisziplinäre Gespräch. Und sorgen Sie dafür, dass die Geisteswis-senschaften wieder etwas gelten in diesem Land.

… Woher gewinnt eine Akademie die Maßstäbe für ihr Programm? Chris-ten müssen die Dinge von unten her sehen, vom Schicksal derer, die im Schatten sind. Die Sicht von unten ist die Sicht Jesu, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Helfen Sie, dass sol-che Gruppen immer wieder mit zum Zuge kommen.“

siehe auch S. 2 und S. 24

Prediger:D: Christoph ist ein toller Prediger gewesen. Sowohl vom Inhalt her, aber auch in seiner Haltung. Man kam immer heraus und dach-te, ja, da muss ich noch länger drüber nach-denken. J: Es war ihm wichtig, dass die, die im Schatten stehen, darin vorkommen.

Das Dorf Bad Boll:J: Die Verbindung zum Dorf war extrem wichtig für Christoph. Es war ihm ein großes Anliegen, dass die Akademie nicht so abhebt. Die Akademie hat damals auch regelmäßig Dorffeste ausgerichtet.

DialogfähigkeitD: Ich habe bei Christoph die Dialog-fähigkeit gelernt und, dass alle – über alle Hierarchien hinweg – sprachfähig werden

müssen, auch die Auszubildenden. Diese Ge-sprächskultur war ihm wichtig. Es wäre nie möglich gewesen, einen Arbeitgebervertreter einzuladen ohne einen Arbeitnehmervertreter dabei zu haben. Das hat sich verloren.

Neue ThemenJ: Es gab kein „anything goes" bei ihm. Die feministische und lesbische Theologie - das waren ja Themen, die für ihn nicht leicht waren, aber er hat sie zugelassen. Auch Mar-lies Cremer mit ihrer Gruppendynamik aus den USA: Letztlich hat er die Ideen, die sie mitbrachte, befördert.

PersönlichkeitJ: Christoph hatte etwas Antischwärmeri-sches. D: Man musste sich seine Sympathie schon erarbeiten. Man wusste immer genau, woran man bei ihm war.

AnekdoteD: Im Stuttgarter Büro waren wir damals elf Mitarbeitende. Sie wollten mich als

Gruppenvorsitzende. Christoph war nicht so dafür. Dennoch wurde ich gewählt. Zu Weihnachten hat er mir eine Karte mit einem schwarzen Jesuskind geschenkt und dazugeschrieben: „She is a girl and she is black.“ Ich habe große Unterstützung und Wertschätzung erfahren.

Dorothee Kraus-Prause (D) und Jobst Kraus (J), ehemalige Studien-leitende, erinnern sich

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r ü c k b l e n d e

Männer werden nicht alt, sondern interessant. Das ist nicht nur eine gewagte These, sondern auch ein ziemlich ausgelutschtes Klischee. Die Teilnehmer der Fachtagung „Männer – souverän im Stress?“ in der Evan-gelischen Akademie Bad Boll (29. bis 30. Januar) können trotzdem drüber lachen. Hier, wo auf zwanzig Männer eine Frau kommt, darf man das. Dabei sind die Themen der Vorträge weder zotig noch platt: Es geht um Paar-beziehungen, Sexualität und Stress, Alter, Status und Konkurrenz.

Frauen werden älter als Männer. Das ist ebenfalls ein Klischee, wenn auch ein bewiesenes. Niemand lacht mehr. Und reiche Männer werden älter als arme. Stille. Mehr als zehn Jahre liegen statistisch zwischen jenen, die sozio-ökonomisch besser gestellt sind und denen, die nicht so gut dastehen. Anne Starker sagt das ohne Pathos in der Stimme, weist nur auf die Grafik, die der Beamer an die Wand strahlt. Sie koordiniert am Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) den „Männerge-sundheitsbericht“, der noch dieses Jahr erscheinen soll. „Eigentlich ist der Titel falsch“, sagt sie. „Es ist ja eher ein Krankheitsbericht.“ Dass Männer im Schnitt weniger auf ihre Gesundheit und eine gesunde Ernäh-rung achteten als Frauen, sei ja lange bekannt. „Welchen Einfluss aber auch die sozio-ökonomischen Umstände auf die Sterblichkeit haben können, ist noch weitestgehend unerforscht.“

Der Bericht des RKI wertet amtliche Statistiken wie Sterberegister aus und verarbeitet Daten, die in anderen RKI-Gesundheitsstudien erhoben wurden. Die Zahlen liegen auf dem Tisch: Die häufigste Todesursache bei Männern bis Mitte 20 sind Unfälle. Ein Grund dafür könnte sein, dass Männer eher zu risikoreichem Verhalten und Imponiergehabe neigen. Wieder ein Klischee, aber ohne Erklärung. „Wir wissen nicht, wieso das so ist“, sagt Starker. „Es gibt keine theoretischen Grundlagen.“

Bertram Szagun, Professor für Ge-sundheit an der Hochschule Ravens-burg-Weingarten, hat einen mögli-chen Erklärungsansatz für die Leiden des Mannes: Er ist gestresst. „Männer reagieren auf soziale Umstände empfindlicher als Frauen“, sagt er. „Die Herabsetzungsreize durch Kon-kurrenten sind die schlimmsten.“ Bei derartigem sogenanntem passivem Stress wird im Gehirn die HPA-Achse aktiviert, an deren Ende das Hormon Cortisol ausgeschüttet wird. Je länger der Stress anhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er krank macht. „Stress ist eine Anpassungs-leistung an eine neue Situation. Wenn das zum Dauerzustand wird, führt das zum Verschleiß“, sagt Szagun. Wenn die sogenannte allostatische Last, also die Dauer und Schwere der Anpas-sung, zu groß wird, drohen psychische Störungen, Herz-Kreislauf-Beschwer-den oder Stoffwechsel-Erkrankungen – das sind laut dem Verband Deut-scher Rentenversicherungsträger die Hauptgründe für die Früh-Verrentung von Männern.

In einer Studie haben Szagun und seine Mitarbeiter herausgefunden, dass Unzufriedenheit mit dem eigenen Lebensstatus ein starker Prädiktor für männliche Sterblichkeit ist. „Das ist am ehesten durch Stressreaktionen aufgrund von Statusängsten zu erklä-ren“, sagt Szagun. „Der Mann muss sich ständig von der letzten Verän-derung erholen, das ist permanentes Change-Management.“

Nach Angaben des statistischen Bun-desamtes ist die Zahl der stationären Behandlungen von Depressionen bei Männern zwischen 2000 und 2010 um 250 Prozent gestiegen. Bei den Frauen waren es 156 Prozent. Insgesamt sind aber immer noch deutlich weniger Männer per Befund depressiv: Nur knapp ein Drittel aller Betroffenen sind Männer. Die Selbstmordrate ist aber im Schnitt dreimal so hoch wie bei den Frauen. Anne Starker erklärt das mit unzureichenden Erhebungsin-strumenten: „Die Fragebögen, die zur Ermittlung von Depressionen einge-setzt werden, sind sehr weiblich in ih-ren Fragestellungen.“ Niedergeschla-genheit, Passivität, Lustlosigkeit seien klassische Indikatoren, bei Männern äußerten sich Depressionen mitunter aber ganz anders, durch Aggressionen, Drogen- oder Alkoholkonsum.

Ab einem Alter von etwa 65 Jahren steigt die Selbstmord-Kurve erneut an und erreicht ihren Höhepunkt bei Männern zwischen 85 und 90 Jahren. „Suizidgefährdet sind Männer, die nicht mehr dazugehören“, sagt der Reutlinger Professor für Soziale Gerontologie und Sozialmanagement Eckart Hammer. Der Berufsaustritt sei für Männer ein kritisches Lebens-ereignis. „Nach einem schmalspurigen Leben muss man herausfinden, was man kann und was man will, das fällt vielen schwer.“ Frauen alterten im Gegensatz zu Männern in Stufen: „Der Renteneintritt ist da nur eine Zäsur von vielen. Frauen scheiden nach der Geburt eines Kindes zum ersten Mal aus dem Beruf aus, kommen dann vielleicht zurück, arbeiten halbtags.“ Frauen seien zudem in der Regel besser vernetzt und sähen die Arbeit nicht als Lebensinhalt an. „Bei Män-nern gibt es keine soziale Kontinuität, sie pflegen funktionale Beziehungen. Nach dem Berufsausstieg ist oft nichts mehr da.“

Dana Hoffmann ist Redakteurin Wissenschaft bei der Südwestpresse Ulm

Männer – souverän im Stress?Von Dana Hoffmann

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k u n s t i n d e r a k a d e m i e

Ulrich Klieber liefert kein Blendwerk, sondern Authen-tisches. Autobiographisches, in dem wir uns wieder-spiegeln, entfalten und erkennen können. Auch wenn er vehement und ungestüm ist, bleibt er genau, denn er BERICHTET VON DER VERFLÜCHTIGUNG DER WELT. Und das ist bei ihm etwas Emotionales, Atmosphärisches, Erzählendes, Kalligraphisches. Alles muss schnell und gleichzeitig geschehen, das ist ein Symptom unserer Gegenwart. Selbst die Astronauten behaupten, die Milchstraße sei ständig mit Lärm erfüllt. Alles schmilzt zusammen, verglüht, verflüchtigt sich. „Und unter den Füßen liegen die Vergangenheiten in durchsichtigen Abgründen gelagert wie Gefangene“, sagte einmal Hugo von Hofmannsthal in einem Vortrag. Was fehlt, sind Transit-Minuten. Verzögerungen. Verlangsamungen.

Ulrich Klieber: In Murnau – ein Tagebuch. Malerei Vernissage am 18. Mai 2014

ZEITSPEICHER, in denen die Nahsicht erlernt wurde.Die Bilder von Ulrich Klieber sind Weltlandschaften. Erosionsprozesse. Abläufe. Kaum war er in Stuttgart, ist er in London, Halle, Vietnam, Japan und China. Und gleichzeitig immer wieder in Adelberg und Murnau. Malerei wird bei ihm zu einem weit verzweigten Selbstversuch, bei dem sich die realen Geographien mit den visionären verdichten. Und das alles ineinander geschoben wie ozeanische Ablagerungen, Erdplatten-bewegungen, Arktisches Eis. Aus dem einstigen Späher, der einmal in Selk eine Stipendiatenzeitlang regungs-los durch das geschlossene Atelierfenster die vor ihm liegende Landschaft beobachtete, ist ein kosmischer Wellenreiter geworden!

Walter Aue, freier Schriftsteller und Kunsttheoretiker, Berlin

In Murnau - zu Ingeborg Bachmann, Acryl / Leinwand, 60 x 105 cm

Ulrich Klieber 1953 geboren in Göppingen � 1973-1978 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stutt-gart � 1974-1977 Studium der Kunstgeschichte, Uni-versität Stuttgart � 1978-79 Studium am Royal College of Art in London (Malerei) bei John Golding und Paul Huxley � 1995-1996 Lehrauftrag, seit 1996 Professur an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design, Halle � 2000 Gastprofessur an der University of Industrial Design Hanoi � Seit 2001 Prorektor, 2003–2011 Rektor an der Burg Giebichenstein � Seit 1979 Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland, Ankäufe öffentlicher und privater Sammlun-gen � Kunst am Bau an vielen öffentlichen Gebäuden

Vernissage, Sonntag, 18. Mai 2014, 11 Uhr Café Heuss, Leitung: Susanne WolfInformation und Anmeldung zum Mittagessen: Andrea Titzmann, Tel. 07164 79-307 [email protected] Dauer der Ausstellung: 18. Mai bis Ende Juli 2014

Laufende Ausstellung bis 27. April: WunderKummer - Zeichnungen und Malerei von Käthe Schönle

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k a l e i d o s k o p

Bhutan – Glück als oberstes Staatsziel

Jigme Singye Wangchuk war der vierte König der Dynastie, Spitzname K 4. Er war es, der 1986 in einem Interview ge-fragt wurde, wie hoch das Bruttoinlandsprodukt Bhutans sei. 50 US-Dollar pro Kopf, der König kannte die Zahl, es war die niedrigste weltweit. Er antwortete: „Das Bruttoin-landsprodukt interessiert mich nicht. Mich interessiert das Bruttoinlandsglück.“ Was nach einer einfachen Ausrede klang, steht heute in Artikel 9, Absatz 2 der nationalen Verfassung: „Der Staat bemüht sich, jene Bedingungen zu fördern, die das Streben nach Bruttoinlandsglück ermög-lichen.“ Glück als oberstes Staatsziel? Die Welt hat das jahrelang belächelt. Für die Zufriedenheit einer Nation schien vor allen Dingen das Wirtschaftswachstum von Bedeutung. Mehr Wohlstand, mehr Zufriedenheit – eine einfache Gleichung. Dann begann die Finanzkrise, und auf einmal ist dieses Konzept in Verruf geraten.

Quelle: Aus einem Beitrag von Amrai Coenin in http://www.enarro.de/bhutan-glueck

Bertelsmann-Studie: die Welt ist weniger demokratisch geworden

In vielen Schwellenländern hat die Wirtschaft zweistellige Wachstumsraten, aber bei den Messwerten für die Demo-kratie zeigt der Index nach unten: In den vergangenen acht Jahren haben mehr Staaten Bürgerrechte ab-

als aufgebaut. Der große Unterschied zwischen Arm und Reich, die soziale Ausgrenzung und andere politische Missstände werden in den nächsten Jahren in vielen Teilen der Welt zu Protesten führen. Das sind die Ergeb-nisse einer Bertelsmann-Studie über die Entwicklung in 129 Ländern, die am 22. Januar 2014 vorgestellt wurde. Grund-lage für den sogenannten Transforma-tionsindex der Bertelsmann-Stiftung (BTI) sind Daten von Januar 2011 bis Januar 2013. Untersucht wurden neben Entwicklungs- und Schwellenländern

auch Staaten in Ost- und Mitteleuropa. Die Stiftung kommt zum Schluss, dass es in den vergangenen Jahren selbst in zahlreichen Demokratien Rückschritte gab.

Quellen: SZ und ZEIT vom 22.1.2014

Tütenverbrauch weltweit – Deutsche Umwelthilfe fordert Einführung von Abgabe

10.000 Plastiktüten gehen in Deutschland pro Minute über die Ladentheke. Das macht 5,3 Milliarden Stück pro Jahr! Durch die Produktion von Einweg-Plastiktüten werden jährlich mehr als 100.000 Tonnen Kunststoff vergeudet, mehr als 160.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid ausgestoßen sowie Vögel und Meereslebewesen durch

weggeworfene Tüten gefährdet. Ein Plastiktütenverbot ist aus EU-rechtlichen Gründen nicht umsetzbar. Daher ist eine Abgabe auf Plastiktüten die wirksamste Maßnahme, um deren Verbrauch zu verringern. Kostenlos verteilte Plastiktüten müssen der Vergangenheit angehören. In Ir-land verringerte die Einführung einer Abgabe von 22 Cent den jährlichen Plastiktütenverbrauch von 328 auf 16 Stück pro Kopf. Die Deutsche Umwelthilfe fordert zur Unter-schrift auf: https://ssl.duh.de/4414.html.

Mehr Zahlen und Fakten gibt es hier: http://www.duh.de/3711.html

Zum Beispiel Transition Town Freiburg

Auf der Website der Transition-Town Freiburg erklärt Horst Köhler in einem kleinen Video, was diese Bewegung aus-macht: „Ich finde es ist eine wunderbare Verbindung von bürgerschaftlichem Engagement und weltweiter Vernet-zung. Menschen finden Gemeinschaft und begeistern sich für die Idee, ein lebenswerteres, zukunftsfähigeres Modell für ihre Stadt zu finden.“ Die Seite bietet praktische Tipps zu Themen wie „Guerilla und Urbanes Gärtnern“, „Gerech-tes Wirtschaften“, „Herz & Seele – der Wandel kommt von innen“, aber auch Veranstaltungshinweise und vieles an-dere. Im Rahmen der Transition-Town-Bewegung gestalten seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt den geplanten Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft. Initiiert wurde die Bewegung u. a. von dem britischen Dozenten und Umweltaktivisten Rob Hopkins und Studenten des Kinsale Further Education College in Irland. Es gibt in Deutschland ungefähr 100 Initiativen und neun Städte, die inzwischen offiziellen Status erlangt haben, darunter Freiburg, Biele-feld, Regensburg.

www.ttfreiburg.de; www.transitionnetwork.org

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s i n d w i r e n k e l f ä h i g ?

Von Prof. Dr. Gary S. Schaal

Die Demokratie war in der Moderne außerordentlich erfolgreich. In meh-reren Wellen sind im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend mehr Staa-ten Demokratien geworden. Ihr Erfolg basiert dabei einerseits auf ihrer institutionellen Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche gesellschaftliche und ökonomische Kontexte. Anderer-seits besitzt Demokratie den Charak-ter eines Perpetuum Mobile, da sie die Energie und Kraft, die sie für ihre eigene Entwicklung benötigt, gleich-sam aus sich selbst heraus generieren kann.

Beide bisherigen Garanten des Erfol-ges stehen in den letzten Jahren jedoch unter Vorbehalt. Zum einen stagniert die Zahl der Demokratien in globaler Perspektive und ein neuer Regimetypus, das hybride System (Wolfgang Merkel), ist auf der weltpo-litischen Bühne aufgetaucht, um dort zu verweilen. Hybride Systeme sind keine autoritären Staaten mehr, aber auch (noch) keine Demokratien. Und

allen Erwartungen zum Trotz sind diese Regime stabil. Legt man die aktuellen Daten von Freedom House (www.freedomhouse.org) zu Grunde, so waren im Jahr 2012 nur 61 Prozent aller Staaten auf der Welt „electoral Democracies“ und es ist unwahr-scheinlich, dass sich ihre Zahl in den nächsten Jahrzehnten, ähnlich der Entwicklung nach 1990, noch einmal signifikant vergrößert. Demokratie in ihrer gegenwärtigen Ausprägung ist immer weniger in der Lage, neue Herausforderungen zu bewältigen.

Der demokratische DreiklangAus europäischer Sicht wird das historische Projekt der Demokra-tie häufig mit einem historischen Dreiklang gleichgesetzt: Demokra-tie, Rechtsstaat und sozialstaatlich eingehegte Marktwirtschaft. Dieser Dreiklang charakterisiert jedoch einen europäischen Sonderweg, der seine Anziehungskraft für neue Demokra-tien eingebüßt hat.

Und es ist sehr wahrscheinlich, dass er auch in Europa sukzessive schlechter

zu realisieren sein wird. Denn es exis-tieren etliche Prozesse, die die Demo-kratie in den nächsten 20-30 Jahren an die normativen und funktionalen Grenzen ihrer Transformationsfähig-keit bringen werden. Diese müssen beachtet werden, wenn die Zukunft der Demokratie in den Blick kommt.

Demokratie als Generator von ProblemenIn der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit dominiert die Ein-schätzung, dass Probleme durch die Intensivierung der Demokratie gelöst werden können. Dabei geht jedoch häufig verloren, dass Demokratie nicht nur problemlösend ist, sondern selbst Probleme generiert oder zumindest zur Lösung langfristiger politischer Fragen systematisch nur wenig beitra-gen kann. Dazu zählen etwa das Ren-tenproblem und in globaler Perspek-tive – der Klimawandel. Denn letztere werden in der Gegenwart vernachläs-sigt und deren Kosten werden in die Zukunft externalisiert. Die kausalen Mechanismen hierfür sind die Zyklizi-tät von Wahlen und das Wiederwahl-interesse der PolitikerInnen. Daher besitzen Probleme, deren Lösungen kostspielig und langfristig sind, sich aber nicht in einen Wahlerfolg bei der nächsten Wahl transformieren lassen, politisch nur geringe Priorität. Für

Bei der Tagung „Ändern ist leicht, bessern ist schwer – die Reformation der Gesellschaft neu denken“ von 7.-9. März werden Prof. Gary S. Schaal und Prof. Dr. Dr. h.c. Otfried Höffe in Bad Boll über die Zukunftsfähigkeit unserer Demokratie referieren. Prof. Gary S. Schaal hat uns bereits vorab einen Bei-trag zum Thema geschrieben.

Wie zukunftsfähig ist die Demokratie?

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s i n d w i r e n k e l f ä h i g ?

die Wählerinnen und Wähler gilt: je weiter ein Nutzen in der Zukunft liegt, desto geringer ist sein subjektiver Wert in der Gegenwart. Daraus folgt, dass die politischen Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger die skizzierte Kurzfristigkeit der Politik in tragischer Weise unterstützen.

Die Auflösung des Grundrechts-fundaments der DemokratieDemokratie und Rechtsstaat bilden eine Einheit insofern, als dass eine Demokratie ohne Rechtsstaat un-denkbar ist, während ein Rechtsstaat ohne Demokratie nicht nur denkbar ist, sondern auch empirische Wirk-lichkeit war und ist. Der Rechtsstaat basiert normativ auf einem Kanon von Grund- und Menschenrechten. Vieles spricht jedoch dafür, dass im Zuge des computational turn, der Transforma-tion unserer politischen und sozialen Wirklichkeit durch die digitale Revo-lution, die in den letzten Jahrzehnten stattfand, bestimmte Grundrechte faktisch nicht mehr zu garantieren sind, die jedoch für die Demokratie hohe Relevanz besitzen. In den letzten Monaten ist durch die NSA-Affäre deutlich geworden, dass Privatheit und der liberale und für Demokratien konstitutive Gedanke einer unver-letzbaren und vor staatlichen Ein-griffen geschützten Sphäre um jedes Individuum herum zutiefst fraglich geworden ist. Die These, wonach jede technische Innovation irgendwann zur Überwachung eingesetzt wird, hat sich in geradezu tragischer Weise als empirisch zutreffend erwiesen. Ähnliches steht für eine technische Innovation zu erwarten, die spätes-

tens in diesem Jahr den Massenmarkt erobern wird: Datenbrillen (zum Beispiel Google Glas), die die konti-nuierliche digitale Dokumentation des eigenen Lebens ermöglichen. In jenem Maße, in dem sie zunehmend häufiger genutzt werden, reduziert sich jedoch in uno acto die Privatheit jener, die sie aktiv boykottieren. Man stelle sich hierzu nur vor, was aus der Verwendung von automatischer Gesichtserkennungssoftware auf die milliardenfach vorliegenden Fotos und Videos resultiert. Niemand, der sich im öffentlichen Raum aufhält, wäre noch privat. Da zudem Bilder und Videos mit geotagging ausgestattet sind, werden Bewegungsprofile aller Bürger in Industriestaaten drohende Realität, die nur durch die Selbstbeschrän-kung Googles, keine automatische Gesichtserkennung auf Passanten vornehmen zu lassen, noch aufgehal-ten wird. Doch was passiert, wenn der De-mokratie substanzielle Teile ihres grundrechtlichen Fundaments durch unumkehrbare technologische Inno-vationen verloren gehen?

SymmetrienDie Demokratie hat im 20. Jahr-hundert auch deshalb so breite Anerkennung gefunden, weil sie die Ausbildung einer breiten Mittel-klasse durch Wirtschaftswachstum gefördert und durch die Implemen-tation des Sozialstaats abgesichert hat. Beide Entwicklungen markieren die nur scheinbare Aufhebung des von Marx prominent beschriebenen Konflikts zwischen Arbeit und Kapital. Wie Streeck argumentiert, ist dieser Konflikt in den letzten Jahrzehnten durch unterschiedliche politische Strategien pazifiert, aber nicht gelöst worden. Meine These lautet, dass für die Stabilität und Akzeptanz von Demokratie dieser Konflikt zumin-dest ruhig gestellt werden muss und die Kosten hierfür nicht allein den Arbeitern oder dem Staat aufgebürdet werden dürfen. In den letzten Jahren wächst jedoch in globaler Perspektive, gemessen am Gini-Koeffizienten (das Maß an Ungleichverteilung der Ein-kommen in einem Land), nicht nur die

ökonomische Ungleichheit innerhalb von Demokratien (das inflationsberei-nigte Einkommen aus Arbeit stagniert in den letzten 30 Jahren oder ist sogar rückläufig, während die Unterneh-mensgewinne massiv gestiegen sind), sondern auch die Asymmetrien zwi-schen staatlicher (politischer) und ökonomischer Macht. Diese politische Ohnmacht wird augenfällig, wenn bei-spielsweise Bundeskanzlerin Merkel davon spricht, dass die Demokratie marktkonform ausgestaltet sein muss bzw. die richtigen Signale an den Markt senden soll.

Das Ungleichgewicht zwischen öko-nomischer und politischer Macht ist von Colin Crouch in den Kern seiner These gestellt worden, wonach sich alle westlichen Demokratien auf dem Weg zur Postdemokratie befinden. Schuld hieran hat laut Crouch der hegemonial gewordene Neoliberalis-mus, der inzwischen die Sphäre der Ökonomie übersprungen und fast alle Bereiche des politischen und sozialen Lebens mit seinen Leitideen infiltriert hat. Diese Deutung ist empirisch noch nicht bestätigt worden und Kritiker sehen in ihr vor allem die Wiederkehr der politischen Ideologie. Unabhängig davon treffen jedoch die folgenden Aussagen auf jeden Fall die empiri-sche Wirklichkeit:

Die Ruhigstellung des Konflikts zwischen Arbeit und Kapital durch So-zialleistungen ist kapitalintensiv. Eine zentrale Voraussetzung eines umfas-senden Sozialstaates ist das quan-titative Wachstum der Wirtschaft. Die Grenzen des Wachstums werden jedoch bereits seit dem entsprechen-den Bericht des Club of Rome intensiv diskutiert und erlangen durch den Prozess des Klimawandels eine neue Qualität. Der nicht mehr nur steuer- sondern schulden(co-)finanzierte Sozialstaat ist in den letzten Jahren an die Grenzen seiner Leistungsfähig-keit gestoßen und „Schuldenbrem-sen“ auf nationaler wie EU-Ebene in Verbindung mit Austeritätspolitik machen einen Rückbau sozialstaatli-cher Programme in allen europäischen Demokratien in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich.

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Die Konsequenzen, die aus der Gleich-zeitigkeit der bald erreichten Grenzen des ökonomischen Wachstums und der Austeritätspolitik für die Demo-kratie und deren Akzeptanz resultie-ren, sind gravierend. Zwar steht außer Frage, dass in den westlichen Demokratien die Wertschätzung der Idee von Demokratie sehr hoch ist, zugleich werden Demokratien jedoch von ihren BürgerInnen immer stärker an ihrem Output, an ihrer systemi-schen und ökonomischen Leistungs-fähigkeit gemessen. Extrapoliert man hieraus einen Trend, so droht eine Akzeptanz-, ja sogar Legitimitätskri-se der Demokratie in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten.

Die strukturelle Langsamkeit der DemokratieDoch auch der demokratische Prozess selbst verliert immer stärker an demo-kratischer Qualität, da vor allem die Ökonomie und hier die internationa-len Finanzmärkte eine Geschwindig-keit besitzen, mit denen Demokratie – möchte sie demokratisch bleiben – nicht Schritt halten kann. Diese Asyn-chronizität wurde bei der politischen Bearbeitung der Finanzkrise auf euro-päischer Ebene in den letzten drei Jahren besonders deutlich.

Demokratie hat Reflexionsschleifen institutionalisiert, welche die Quali-tät demokratischer Entscheidungen erhöhen sollen. Hierzu gehört unter anderem das Prinzip der dreifachen Lesung von Gesetzen im Parlament. Eine zeitnahe politische Antwort auf drängende ökonomische Probleme ist unter diesen Voraussetzungen jedoch unmöglich. Daher erfolgt nicht nur auf europäischer Ebene eine zu-nehmende Fokussierung politischer Entscheidungen auf die dafür nicht vorgesehene politische Exekutive, sondern zugleich eine Entmachtung des eigentlichen Zentrums demokra-tischer Souveränität, des Parlaments. Doch selbst die zunehmende Orientie-rung auf die politische Exekutive kann das Auseinanderfallen von ökono-mischen Problemen und politischer Problemlösung nicht verhindern, so dass politische Problemlösungen in

dieser Sphäre strukturell zu spät kom-men und somit sogar dysfunktionale Effekte zeitigen können.

Da demokratische Politik nicht weiter beschleunigt werden kann, folgt da- raus, dass der Bereich, in dem demo-kratische Politik sachangemessene Problemlösungen präsentieren kann, zunehmend enger wird, unabhängig davon, welche politischen Gestal-tungswünsche der demokratische Souverän artikuliert. Ein Kernprinzip der zeitgenössischen Demokratie – die Responsivität, d. h. das Eingehen der Politik auf die Wünsche der Bürger-Innen –, wird damit massiv in Frage gestellt.

Unrealistischer ReformbedarfFasst man diese Entwicklungen zu-sammen, so entsteht ein düsteres Bild der Zukunft der Demokratie: techno-logische Entwicklungen stellen basale Grundrechte in Frage, ökonomische Entwicklungen entziehen dem Projekt der sozialen Marktwirtschaft die finanzielle Basis, Geschwindigkeits-unterschiede zwischen Ökonomie und Demokratie lässt Demokratie dysfunk-tional werden und transformiert ihren Fokus von der Legislative zur Exe-kutive. Schließlich stellen demokra-tieinterne Blockaden die ökologische Zukunft der Menschheit insgesamt in Frage.

Die historische Wandlungsfähigkeit der Demokratie spricht dafür, dass Strukturveränderungen gefunden werden können, die ihre Funktiona-lität im neuen Kontext wieder her- stellt. Der Preis ist jedoch hoch, da hierfür zentrale demokratische und rechtsstaatliche Ideale aufgegeben werden müssen. Soll die Demokratie gerettet werden und das Ideal der individuellen wie kollektiven Autono-mie auch in Zukunft noch Relevanz besitzen, müssen sehr zeitnah sehr unangenehme Diskurse über folgende Themen geführt werden: Wie will eine demokratische Gesellschaft damit umgehen, dass die Wirtschaft nicht mehr quantitativ wachsen, sondern schrumpfen wird; dass soziale und ökonomische Ungleichheiten sich dadurch intensivieren werden, es sei

denn, zentrale regulative Prinzipen demokratischer Politik der letzten Jahre würden – mit schmerzvollen Konsequenzen für viele - aufgege-ben? Demokratien dürfen in diesem Szenario nicht mehr primär aufgrund ihres Outputs von den BürgerInnen wertgeschätzt werden, sondern aus intrinsischen Gründen. Damit einher geht eine Veränderung zentraler Re-ferenzpunkte erfolgreichen demokra-tischen Regierens: das Bruttoinlands-produkt steht zur Disposition. Damit würden sich auch die inhaltlichen Leitsterne demokratischer Politik ver-ändern müssen; ein Blick nach Bhutan zeigt, dass dort Glück regulatives Prinzip demokratischer Politik ist. Ob es dies auch für unsere Gesellschaft sein kann, mag mit guten Gründen bezweifelt werden. Richtig ist jedoch, den Automatismus zwischen steigen-dem BSP und steigender Lebensquali-tät in den anderen Bereichen mensch-licher Existenz in Frage zu stellen und diese ökonomistische Verkürzung als eine Verarmung der Ziele zu kritisie-ren, die ein demokratisches Gemein-wesen anstreben kann.

Die skizzierten Diskurse müssen aus meiner Perspektive geführt werden. Denn wenn sie nicht geführt wer-den, wird sich unsere Demokratie in den nächsten 20-30 Jahren so weit transformieren, dass wir sie aus heu-tiger Perspektive wohl nicht mehr als Demokratie bezeichnen würden.

Weiterführende Lektüre: André Brodocz/Marcus Llanque/Gary S. Schaal (Hrsg.) 2009: Gefährdungen der

Demokratie, Wiesbaden

siehe auch Tagungsvorschau S.16

Prof. Dr. Gary S. Schaal, geb. 1971, ist Inhaber des Lehrstuhls für Politikwis-senschaft, insb. Politische Theorie, an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Sein beson-deres Interesse gilt der

Analyse der Pathologien zeitgenössischer

Demokratien.

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Von Harald Welzer

Was kann man denn jetzt tun? Ich sehe die Wissenschaft nicht als die Arena, in der man die gesellschaft-lich-politischen Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, lösen kann. Des-halb haben wir die Stiftung Futurzwei gegründet. Futurzwei macht etwas Triviales, sie recherchiert Realexperi-mente im Rahmen des Bestehenden, also Formen von genossenschaftlicher Produktion, von Gemeinschaftsgärten, von Unternehmen, die nicht wachsen, von unkonventionellen Lösungen für Nachhaltigkeit und soziale Probleme. Man stellt fest, dass Gesellschaften unseres Typs viele Handlungsspielräu-me bereithalten, die von bestimmten Gruppen und Einzelpersonen ganz anders genutzt werden als von der Majorität der Gesellschaft, die bis in die Kanzlerschaft hinein sagt, dass man ja nichts machen kann. Das ist übrigens ein interessantes Phänomen, dass Politik sich als so entmächtigt versteht. Ich glaube, das ist Ideologie. Es gibt diese Handlungsspielräume. In der ersten These hatte ich gesagt: „Kein Mensch weiß, wie man von der expansiven in die reduktive Moderne kommt.“ Wir erzählen diese Geschich-ten unter anderem aus dem Grund, weil hier Wege gegangen werden, die in Richtung auf eine reduktive Moderne weisen. Diese Projekte, diese Personen und Organisationen liefern so etwas wie realexperimentelles Material. Und man kann sich fragen: Kann ich das gebrauchen, kann ich das hochskalieren auf größere Zu-sammenhänge? Ein Beispiel wäre die Gemeinwohlökonomie von Christian Felber, wo die Skalierungsfrage sofort deutlich wird: Es funktioniert auf der Ebene kleiner Unternehmen als Korrektiv anscheinend äußerst gut. Die Frage ist aber, wie das bei großen Korporationen aussieht, bei börsen-

Selbst denken. Anleitung zum WiderstandHarald Welzer hat bei der Tagung „Gut, besser zukunftsfähig“, 24. bis 26. Januar, zu den Inhalten seines Buches „Selbst denken. Anleitung zum Wider-stand“ gesprochen. Sein Vortrag wurde mitgeschnitten und kann auf unserer Internetseite gehört werden. Einen kleinen, leicht bearbeiteten Auszug zur Frage, was man tun kann, veröffentlichen wir im Folgenden.

orientierten Unternehmen. Ist es denkbar, dass die eine Gemeinwohl-bilanz machen? Solche Fragen weisen darauf hin, dass wir in der Betrach-tung real existierender Veränderungs-projekte unglaublich viel an pragmati-

schem Wissen lernen können, was an Akademien nicht bereitgestellt wird. Die Wissenschaft sollte dafür sorgen, das auszuwerten. Es gibt noch einen anderen, politi-schen Aspekt beim Erzählen dieser Geschichten, nämlich den Aspekt, dass in der Kommunikation etwas völlig anderes zum Tragen kommt als in der konventionalisierten Nachhal-tigkeits- und Ökokommunikation der letzten 40 Jahre: nämlich positive Geschichten zu erzählen. Geschichten darüber, dass man sich selber empo-wern kann, dass man Selbstwirksam-keitserfahrungen machen kann, indem man Dinge zum Positiven verändert. Das ist aus meiner Sicht, der ich aus der Sozialpsychologie komme, von ganz zentraler Wichtigkeit, weil man nur dann Handlungsmotivatio-nen erzeugen kann, wenn man gute

Geschichten erzählt und nicht, wenn man immer nur schlechte Geschichten erzählt und immer nur mitteilt, dass die Analyse ergeben hat, dass alles schlecht ist. Das ist in keiner Weise handlungsmotivierend und insofern auch nicht handlungsanleitend. Der Grund ist, das alles immer nur im Konjunktivsystem endet, wir könnten, wir müssten und wir sollten, wobei unklar ist, wer das Wir ist. Meistens sind diejenigen gemeint, die nicht da

sind. Durch diese Umformatierung des Diskurses hin zu Geschichten, die identitätshaltig sind, die interessant und spannend sind und die zeigen - nicht pädagogisch-didaktisch -, wie positiv Veränderung wirksam wer-den kann, inspiriert man diejenigen enorm, die diese Geschichten lesen oder als Film sehen oder als Podcast sich anhören oder als Glosse in der Zeitung lesen. Das wird in zehn Jahren wahrscheinlich auch abgenutzt sein, aber wir müssen sehen, dass sich bestimmte kommunikative Strategien abnutzen. Auch eine Apokalypse- oder Rettungsrhetorik ist nach ein paar Jahrzehnten völlig abgenutzt. Die interessiert keinen Menschen.

Ich habe meine erste kleine Arbeit im Konfirmandenunterricht über Um-weltzerstörung gemacht, das ist eine Weile her, und Kids, die heute groß

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werden, kriegen mit der Muttermilch schon beigebracht, dass eben diese irgendwie verseucht ist. Das heißt, die Kids existieren schon in einem Universum, in dem es zu den selbst-verständlichen Annahmen gehört, dass die Welt zerstört wird, und sie lernen gleichzeitig, dass das folgen-los ist. Deshalb kann man mit dieser Form von Kommunikation nichts mehr erreichen. Meine Konsequenz auf die Frage „Was kann man denn machen?“, ist deshalb, diese empowernden und ermächtigenden Geschichten und Beispiele zu sammeln und diese Form der politischen Kommunikation aufzubauen und zu befördern. Eine andere Strategie, die ich favorisiere, und die ziemlich gut funktioniert, ist, die Normalität und die selbstver-ständlichen Annahmen zu perforieren und zu sagen, diese Wirklichkeit ist nicht die Wirklichkeit - sie könnte auch eine andere sein. Es ist fast eine ästhetische oder künstlerische Strategie. Man macht kleine Fenster auf, um zu zeigen, hier machen Leute etwas ganz anderes, wie z. B. die Künstlergruppe „The Yes Men“. Sie hat eine völlig gefälschte New York Times herausgebracht, die komplett andere Nachrichten enthielt, aber genauso aussah und dieselbe Auflage hatte wie eine normale New York Times. Das wurde nirgends erklärt. Und die Leute lesen das und denken: „Ist ja toll, es passieren ja tolle Sachen in der Welt. Das ist ja richtig irre. Es ist keine schlechte Nachricht drin.“ Daran sieht man plötzlich, dass auch etwas ganz anderes möglich ist. Die Behauptung der Alternativlosigkeit einer gegebe-nen Wirklichkeit ist nichts anderes als eine Behauptung, und man kann diese Behauptung widerlegen, indem man was anderes tut.

Das wären meine Antworten. Am Ende wird es darum gehen, eine Kombina-tion zu versuchen und weiterzuentwi-ckeln, in der man weiterhin bestimmte Dinge aus dem Prozess der expansiven Moderne verwendet - es geht ja gar nicht um eine völlige Neuerfindung eines Typs von Gesellschaft - und die mit anderen Formen kombiniert, die wir sukzessive experimentieren müssen. Ich bin gegen Beschleuni-

gung, aber für eine funktionierende Notfallmedizin. Es ist naiv zu glau-ben, wir könnten uns jetzt von allem verabschieden und müssten alles ganz anders machen. Ich glaube, dass es unsere politische Aufgabe wäre, Kombinatoriken zu versuchen und zu schauen, wie sie funktionieren. Wir

Die „Grüne Bibel des 21sten Jahrhunderts“

Bad Boll. Als 1996 die erste Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Misereor erschien, erregte sie große Aufmerksamkeit. In nur zwei Jahren wurden 35.000 Exemplare verkauft, das Buch wurde auf englisch und itali-enisch übersetzt. Eine Kurzfassung verkaufte sich 120.000 Mal und erschien auf englisch, spanisch, französisch, itali-enisch und japanisch. Der „Spiegel“ sprach von der „Grünen Bibel für das 21ste Jahrhundert“. 2008 folgte die zweite Studie „Zukunftsfähiges Deutsch-land“, die der BUND gemeinsam mit „Brot für die Welt“ und dem Evangelischen Ent-wicklungsdienst (EED) herausgab. Erarbeitet vom Wuppertal Institut konkretisierte die Studie, was Nachhaltigkeit für ein Industrieland bedeutet und benannte Wege, um die Wende zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen.„Das Wagnis der Studien hat sich gelohnt“, lautete das Resümee von Prof. Dr. Angelika Zahrnt in Bad Boll. Die BUND-Ehrenvorsitzende hob die positiven Wirkungen der Stu-dien hervor: Die erste Studie habe wesentlich zur Verbreitung der Reduktionsziele und der ökologischen Leitbilder beigetragen. Die zweite Studie sei auch heute noch „ein Handbuch des Wissens mit hoher Aktualität“.

„Mich interessiert nicht, wie viel wächst, sondern was wächst“

Bad Boll. Die Gesellschaft muss nachhaltiger und damit zukunftsfähiger werden. Darin sind sich der Bundesminister a. D. Erhard Eppler und der Soziologe Prof. Dr. Harald Welzer einig. „Das, was dazu nötig wäre, müsste viel schneller gehen“, sagte Welzer. Rund zwei Stunden disku-tierten der Politiker und der Wissenschaftler über den Widerspruch zwischen Wissen und Handeln und den Wachstumsgedanken.Wer glaube, dass alles bleiben könne wie bisher, nur grüner und nachhaltiger, der irre, ist Welzer überzeugt: „Es geht um die Deprivilegierung von Gruppen, die vorher privilegiert gewesen sind.“ Bei der Veränderung von gesellschaft-lichen Verhältnissen spielten deshalb auch Konflikte eine zentrale Rolle. „Verschenken Sie nicht die politischen Kräfte, die die Richtung begriffen haben“, riet Eppler. Beide kritisierten die einseitige Orientierung am Bruttosozialprodukt und dem damit verbundenen Wachstumsgedanken: „Mich interessiert nicht, wie viel wächst, sondern was wächst“, sagte Eppler. Welzer warnte vor einem „Ökopopulismus, der ein ‚business as usual’ signalisiert.“ Ziel müsse sein, „das sich verändernde Bewusstsein sprach- und politikfähig zu machen“, sagte Eppler. Denn die Politik brauche eine neue Perspektive und ein neues Selbstbewusstsein.

müssen den Handlungsspielraum, den wir noch haben, nutzen und daraus eine politische Programmatik entwi-ckeln.

www.futurzwei.orgsiehe auch Verlosung und

Onlinedokumente S. 23 / 24

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Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nichtProbleme im Kakaoanbau und Bewältigungsstrategien bei Ritter Sport

Wir alle lieben Schokolade. Zur Belohnung, zum Trost oder einfach, weil sie so gut schmeckt. Schokolade hat nicht nur in Europa einen riesigen Markt, sondern ist auch auf anderen Kontinenten groß im Kommen. In Brasilien, Russland und Asien fängt das große Geschäft erst an. Wo die Probleme lie-gen und was zum Beispiel die beliebte regionale Marke Ritter Sport tut, um auch in Sachen Nachhaltigkeit punkten zu können, ist Thema des folgenden Beitrags.

Interview mit Georg Hoffmann, Alfred Ritter GmbH in Waldenbuch Georg Hoffmann ist der erste Nach-haltigkeitsmanager in der Firma und dort seit dreieinhalb Jahren tätig.

Was sind Ihre Aufgaben? Ich muss im Blick haben, welche Aktivitäten im Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit laufen, ich muss Aktionen anstoßen und auf der Schiene haben, was draußen läuft, was an Themen auf uns zukommt. Das wichtigste Thema ist für uns natürlich Kakao, unser Hauptprodukt.

Welche Nachhaltigkeitskomponenten gibt es im Unternehmen in Walden-buch? Wir haben viel vorzuweisen zum The-ma Gesundheitsmanagement. Da gibt es einen Massagetag, eine sogenannte Rüttelplatte, das ist ein Trainingsgerät und Kurse „Bauch, Beine, Po“. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir auch alle Arbeitsplätze von Externen bezüglich der Rückentauglichkeit ge-messen und Schulungen angeboten.

Wir haben ein Weiterentwicklungs-programm für sehr gute Mitarbeiter und „equal pay“ ist für uns ebenso eine Selbstverständlichkeit wie Eltern-zeit – nicht nur für Frauen.

Den Strom für unsere Produktion in Waldenbuch beziehen wir zu 95 Prozent aus regenerativer Energie und zu 100 Prozent atomstromfrei. Ferner haben wir ein Blockheizkraftwerk und planen gerade den Bau eines neuen. Energieeffizienz ist für uns ein perma-nentes Thema.

Woher kommt der Kakao, den Sie für Ihre Produktion verwenden? Zum größten Teil von der Börse, d. h. aus Afrika. Das ist eine große Heraus-forderung für uns. Deshalb beziehen wir schon seit 20 Jahren einen Teil des Kakaos aus Nicaragua. Mit der Ankaufstation Cacaonica und der Firma El Cacao in Nicaragua wird schon heute durch die Alfred Ritter GmbH & Co. KG nachhaltig gearbeitet. Dort wird der Kakao direkt von den Kooperativen gekauft. Die Plantage

El Cacao wird als Agroforstsystem angelegt, in dem es keine Monokul-turen gibt, sondern eine Mischung aus heimischen Pflanzen inmitten des Kakaos. Wir haben dort den Zertifizie-rungsstandard von UTZ und Rainforest Alliance. Es gibt keinen Emissionshan-del, sondern Reduktion der entstan-denen Emissionen in der eigenen Wertschöpfungskette. Die Anbaume-thoden sind so angepasst, dass dort mehr CO2 gebunden als ausgestoßen wird. Ziel ist es, so viel CO2 durch die Farm El Cacao zu binden, dass es ausreicht erst einmal die Produktion zu neutralisieren und anschließend die restlichen Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Das bedeutet Einsparung von Kunstdünger, Boden-aufbau durch Kompost, Aufforstung und Energieeffizienz.

Das betrifft aber nur ca. 4 Prozent Ihres Bedarfs. Der Hauptteil des Ka-kaos kommt aus Afrika. Dort wird von sehr schlechten Arbeitsbedingungen für die Arbeiter und von Kinderarbeit berichtet. Es gibt nicht überall Kinderarbeit und nicht alle Kinderarbeit ist sozial unverträgliche Kinderarbeit. Das ist so wie bei uns – bei Bedarf schaffen die Kinder auf dem Bauernhof mit und gehen trotzdem zur Schule. Allerdings ist das Thema Kinderarbeit an der Elfenbeinküste ein großes Problem. Wir versuchen über das „Forum für nachhaltigen Kakao“ entsprechende Projekte auf den Weg zu bringen, weil wir in Afrika, anders als in Nicaragua nicht diesen direkten Zugriff haben.

Was ist das Forum für nachhaltigen Kakao? Das gibt es seit zwei Jahren. Momen-tan wird es noch von der Bundes-regierung gefördert. In diesem Jahr soll es zur Vereinsgründung kommen. Die Bundesregierung hat das ange-schoben und wird es der Industrie, den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und allen anderen Beteiligten übergeben. Es ist ein Verein, der sich

Schokolade Waldenbuch:

2,5 Millionen Tafeln Ritter Sport werden täglich in Waldenbuch gefertigt. Das Familienunternehmen hat in Waldenbuch ca. 1000 Mitarbeiter. Ritter Sport-Schokolade wird in 95 Länder geliefert. Alfred Ritter und seine Frau Clara gründeten 1912 die Scho-koladen- und Zuckerwarenfabrik Alfred Ritter in Cannstatt, 1930 zog das Unternehmen nach Waldenbuch.

Michaelisakademie in Bad Boll am 29. September 2013. Drei Pioniere des Wandels stellen ihre Konzepte vor. Darunter: der Nachhaltigkeitsmanager der Alfred Ritter GmbH & Co. KG, Georg Hoffmann

Von Martina Waiblinger

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Schokolade weltweit

Die Deutschen konsumieren pro Kopf pro Jahr 9,1 Kilogramm Schokolade, nur die Schweizer und Briten essen mehr. In Deutschland werden jährlich 365.000 Tonnen Rohkakao verarbeitet. Europäer und Nordamerikaner konsumieren etwa 70 Prozent des weltweit vorhandenen Kakaos. Die Lust auf Schokolade wächst auch in Asien, Russland und Brasilien. Schokolade ist ein Wachstumsmarkt. Hauptlieferanten sind die Länder Elfenbeinküste (1,2 Mio Tonnen), Indonesien (0,8 Mio Tonnen) und Ghana (0,6 Mio Tonnen). Der Kakaomarkt ist einer der instabilsten der Welt. Über 90 Prozent der weltweit konsumierten Schoko-lade wird in den Industrieländern verzehrt – die Zutaten wie Kakao und Zucker kommen aus den armen Ländern des Südens. In etwa 50 tropischen Ländern wird Kakao angebaut – knapp 70 Prozent des Rohkakaos stammen aus Westafrika, davon der überwiegende Teil von der Elfenbeinküste (44 Prozent des Weltertrages) sowie aus Ghana (etwa 12 Prozent des Weltertrages), Nigeria, Ka-merun und Togo. Mit etwa 85 Prozent bringen Kleinbau-ern den größten Teil der Weltkakaoernte ein.

Schokolade fair und bio

bekommt man schon immer häufiger – auch in Supermärkten. Fair gehandelter Kakao macht aber nur einen Bruchteil der Anbaumenge von über 3 Millionen Tonnen weltweit aus. Da die Bauern im Fairen Handel feste Preise bekom-men und keinen Preisschwankungen ausgesetzt sind, hat

Probleme im Kakaoanbau

Die Schokoladenbranche ist eine Wachstumsbranche. Aber die Erträge stagnieren. Die einen Gründe sind in po-litische Krisen in Westafrika, in Schädlingen und der Kli-maveränderung zu finden. Andere liegen in der Tatsache, dass die Bauern zu wenig für ihren Kakao bekommen haben und nicht in der Lage waren, in die Kakaobäume zu investieren. „enorm“ schreibt in der Titelgeschichte über Kakao im Dezember 2013: „Durch die Ausbeutung hat sich die Industrie ihres eigenen Rohstoffs beraubt. Bis 2020 werden eine Million Tonnen Kakao fehlen.“ Ein untrügliches Zeichen dafür, dass nachhaltige Produkti-onsverfahren auch für große Konzerne auf der Agenda stehen, ist die jüngste Initiative des Bundesverbands der Süßwarenindustrie. Mit Bundesregierung und Lebens-mittelhandel hat der Verband das „Forum Nachhaltiger Kakao“(www.kakaoforum) ins Leben gerufen, dessen Sekretariat bei der Deutschen Gesellschaft für Internati-onale Zusammenarbeit und Entwicklung (GIZ) liegt. Was es den Kakaobauern helfen wird, wird abzuwarten sein.

Kakao-Kooperative in Peru – hier wird von Fair Trade zertifizierter Kakao gepflanzt.

genau diesem Thema widmet. Der Handel ist mit vielen großen Unternehmen dabei, die Industrie und alle Sparten, nicht nur die Endfertigung, wie zum Beispiel Ritter, son-dern z.B. auch Cargill, der Kakao herstellt oder Unterneh-men, die Kakao rösten. Die ganze Kette ist dabei und fünf NGOs. Momentan ist es eine sehr gute Zusammenarbeit. Normalerweise ist man ja mit den NGOs ja eher auf einem Konfrontationskurs.

Das ist aber noch Zukunftsmusik. Was sind die Ziele des Forums?Die Großen sagen, dass bis 2025 fünfzig Prozent des Kakaos aus nachhaltigem Anbau kommen sollen. Das muss man aber abwarten. Es ist auch die Frage, ob die Zertifika-te, die man erwirbt, auch wirklich gut umgesetzt werden. Und was sind die Ziele der Alfred Ritter GmbH & Co KG? Wir haben in Nicaragua ja Land gekauft, um unseren eige-nen Kakao zu produzieren. Dadurch sind wir unabhängig von der Börse und die Produktion wird in jeder Hinsicht nachhaltig sein. Unser Ziel ist, bis 2020/21 circa 30 Pro-zent des Bedarfs an Kakao selbst zu decken.

sich ihre Situation deutlich gebessert. Durch Fairen Handel bekommen die Bauern einen Aufschlag von 150 $ pro Tonne, bei zusätzlichen Bio-Anbau zusätzlich 200 $. Der Faire Handel unterstützt Kleinbauern, die genos-senschaftlich organisiert sind, politisch unabhängig und demokratisch strukturiert sind. Es gilt der Verzicht auf Kinderarbeit, Gentechnik und die Förderung von Ökologie, Bildung und Frauen.

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Von Dr. Wilfried Bommert

Die Welternährung verliert zu Beginn des 21. Jahrhunderts zusehends ihre Grundlage, den Boden. Weltweit wird er den Bauern entzogen. Seine Bewirtschaftung orientiert sich nicht mehr am Hunger der Welt, sondern an den Renditeerwartungen von Inves-toren. Mehr als 200 Millionen Hektar, eine Fläche von der Größe Westeuro-pas, etwa ein Viertel der fruchtbaren Böden der Welt, wurde nach Schät-zungen der Entwicklungsorganisation OXFAM 2012 bereits ihren bäuer-lichen Besitzern entzogen und an Großinvestoren langfristig verpachtet oder verkauft. Die Weltbank hält Grö-ßenordnungen von bis zu 40 Prozent der Weltagrarfläche für möglich.

Angetrieben wird dieser weltweite Run auf den Boden durch vier ineinan-der greifende globale Krisen: Die Krise der Welternährung, die Krise der Welt-finanzmärkte, die Krise der Energie-märkte und die Krise des Weltklimas. Die beteiligten Akteure sind zum einen diejenigen Staaten, die ihre Nahrungs-mittel importieren müssen. Seit der Welternährungskrise 2007 haben sie ihr Vertrauen in die Weltagrarmärkte verloren. Zum anderen sind es die Finanzmärkte, deren Anleger seit 2008 in vielen der herkömmlichen Finanz-produkte keine Sicherheit mehr finden. Sie spekulieren nun auf steigende Bo-den- und Nahrungsmittelpreise. Hinzu

„Tierschutz und Nachhaltigkeit. Wie wir künftig von und mit Tieren leben.“ ist Thema einer Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll vom 21.-23. März 2014. Dabei wird auch Dr. Wilfried Bommert vom Institut für Welt-ernährung über Landgrabbing sprechen. Vorab hat er für diese Ausgabe von SYM einen Beitrag zu diesem Thema geschrieben.

Bodenrausch – Landgrabbing und die Folgen

kommen die Energiekonzerne, die zunehmend auf Agrotreibstoffe set-zen, um den steigenden Rohölpreisen zu entgehen. Und nicht zuletzt feuern CO2-Zertifikate, die für die Redukti-on von Klimagasen durch Land- und

Forstwirtschaft ausgegeben werden, den Kampf um den Boden an, weil sie gewinnbringend an den Klimabörsen verkauft werden können. Alle vier Treiber haben seit 2008 eine Jagd um die Äcker der Welt begonnen.

Die Brennpunkte des globalen Land-rausches, der auch vor der großräu-migen Vertreibung der bäuerlichen Bevölkerung nicht Halt macht, liegen in Afrika südlich der Sahara, Südost-asien und Südamerika. Die Geschäfte gelingen vor allem in korrupten Staa- ten, in denen weder Rechts- noch Eigentumsordnungen die betroffenen Bauern, Hirten und Fischer schützen.Bislang deutet nichts darauf hin, dass sich diese Entwicklung wieder umkehren könnte, im Gegenteil. Die Knappheit bei Nahrungsmitteln und Boden wird zunehmen, denn die Fundamente der Welternährung, der fruchtbare Boden und die Wasser-

reserven schrumpfen. Extremwetter häufen sich. Dürren, wie 2012 in den USA, 2010 in Russland oder 2007 in Australien führen zu wachsenden Preisschwankungen auf den Welt-märkten. In den letzten fünf Jahren verzeichnet der Index der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) für Nahrungsmittel bereits drei Allzeithochs.

Der kurzfristige Trend wird langfris-tig verschärft durch die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Die wachsende Weltbevölkerung und der zunehmende Fleischhunger verlangen Erntesteigerungen um 100 Prozent bis zur Mitte des Jahrhunderts. Hinzu kommt die Nachfrage nach Agro-treibstoffen, die die Preise heute schon treibt und in Zukunft noch stärker treiben wird. Selbst die Mafia streckt mittlerweile ihre Hände nach Landbesitz und Nahrungsmitteln aus. Sie setzt auf steigende Preise. Untersuchungen in Italien schätzen den Umsatz der Mafia an den Agrar-märkten 2013 bereits auf über 14 Milliarden Euro.

Wachsende Preisschwankungen füh-ren zu wachsenden politischen Insta-bilitäten in den Ländern, in denen die Bevölkerung mehr als die Hälfte ihres Einkommens für ihr tägliches Brot ausgeben muss. Wenn den Kapitalin-teressen, die seit 2007 den Boden und die Nahrungsmittelmärkte entdeckt haben, keine Zügel angelegt werden, dann droht auch hier, wie an den Kapitalmärkten, der Zusammenbruch.

Der GAU, der größte anzunehmende Unfall der Welternährung rückt näher, doch er wäre abzuwenden. Allerdings nur zum Preis eines Para-digmenwechsels. Boden müsste eben-so wie Wasser und Luft zum Allge-mein-Gut erklärt werden, das nur im Einvernehmen mit und zum Wohle der Gesellschaft genutzt werden darf. Im 21. Jahrhundert wird der Boden als Grundlage der Welternährung neu entdeckt. Der weltweite Bodenrausch beschleunigt diese Entwicklung.

Dr. Wilfried Bommert ist Agrarwissenschaft-ler und Journalist beim WDR, ferner Vorstand und Sprecher des Instituts für Welternährung. 2012 hat er das Buch veröffentlicht: Bodenrausch – Die Jagd nach den Äckern der Welt, Eichborn 2012www.institut-fuer- welternaehrung.org

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„Mehr finanzielle Mittel für die Akademie“Interview mit Werner Stepanek, bisheriger Vorsitzender des Kuratoriums der Evangelischen Akademie Bad Boll

Von Claudia Mocek

Im November 2013 hat das Kuratorium zum letzten Mal in seiner Amtsperiode getagt. Welche Funktion übt dieses Gremium in der Akademie aus? Das Kuratorium begleitet und berät die Akademie in nahezu allen Ent-scheidungs- und Handlungsbereichen: beim Haushalt, in der Rechnungsle-gung, in der Personalpolitik und vor allem bei thematischen Schwerpunk-ten. In der zurückliegenden Amts-periode gab es zudem außerordent-liche Entscheidungen zu tragen. Die Akademie war in den vergangenen sechs Jahren in einer unglaublichen Umbruchsituation.

Welche Veränderungen waren dabei wesentlich?Der Südflügel wurde gebaut, eine architektonisch wie auch inhaltlich wichtige Aufgabe. Aus heutiger Sicht war dieser Bau noch wichtiger, als wir es damals abschätzen konnten. Denn heute muss die Akademie noch viel stärker als Wirtschaftsunternehmen denken. Für ihre Infrastruktur braucht sie daher moderne Tagungsräume und Übernachtungsmöglichkeiten, die dem Zeitniveau angemessen sind.Außerdem war es notwendig, eine gute Nachfolge für den langjährigen Direktor, Joachim Beck, zu finden. Mit der Wahl von Prof. Dr. Jörg Hübner ist uns das gelungen.

Darüber hinaus mussten die finanzi-ellen Kürzungsvorgaben der Lan-dessynode umgesetzt werden. Keine andere Bildungseinrichtung wurde so hart getroffen wie die Evangelische Akademie Bad Boll. Zunächst sind alle Betroffenen in eine Schockstarre ver-fallen – auch wir im Kuratorium. Aber schließlich wurde schnell erkannt, dass jetzt kreatives Handeln nötig war. Aus eigener Initiative heraus wurden die schmerzhaften Vorga-ben positiv umgestaltet. So ist aus

einem harten Sparkurs ein wichtiger Konsolidierungsprozess für die Aka-demie geworden. Ich sage ein großes Kompliment an alle Akteure!

Welche Entscheidungen des Kura-toriums waren aus heutiger Sicht genau richtig, welche waren weniger glücklich? Besonders wichtig war die Entschei-dung, die Ordnung der Akademie, die noch aus den Gründungsjahren stammt, auf die Anforderungen un-serer heutigen Zeit fort zu schreiben. Mit der Auflösung des Konvents und der Neuausrichtung des Kuratoriums sind wichtige Weichenstellungen getroffen worden.

Die finanziellen Einschnitte waren schwer verkraftbar, und sie haben die Akademiearbeit wesentlich verändert. Man konnte plötzlich thematisch nicht mehr so breit aufgestellt sein – weder in der Fläche, noch in der Zahl der Tagungen. Aber die struktu-rellen Veränderungen, die sich daraus ergeben haben, waren gut: Wir haben uns auf unser Kerngeschäft konzen-triert und das hat die Akademie auch für die Zukunft gut aufgestellt. Darauf können wir jetzt aufbauen.

Eher verhalten ist meine Begeisterung hinsichtlich der synodalen Entschei-dung, die Akademiearbeit einerseits wirtschaftlich und andererseits inhaltlich-thematisch abzugrenzen. Das sind zum Teil gegensätzliche Inte-ressen. Ich sehe die Gefahr, dass man dadurch dem grundsätzlichen Auftrag der Akademie nicht gerecht wird.Als neuer Synodaler und als wieder gewähltes Mitglied im Kuratorium fordere ich jetzt, dass die Akademie von der Synode mehr finanzielle Mit-tel bekommt, damit sie sich stärker auf dem Bildungsmarkt positionieren kann. Ich erwarte schon, dass sich die Evangelische Akademie Bad Boll in den nächsten Jahren auf EKD-Ebene,

also auf nationaler und internationa-ler Ebene, sehr gut profiliert.

Wie kann dieses Ziel erreicht werden? Die Akademie hat ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal, nämlich die Ausprägung, gesellschaftliche Fragen konsequent im Diskurs anzugehen, diese ergebnisoffen zu diskutieren und dabei kompetente Beratung und wis-senschaftliches Fachwissen einfließen zu lassen. Darin ist Boll schon jetzt deutschlandweit die Nummer eins. Ich möchte ermutigen, diese Arbeit stär-ker auf Themenfelder auszudehnen, die über Württemberg hinaus wirken, also EKD-weit und somit international Beachtung finden.

Es zeichnet sich schon ab, dass einige der bisherigen Kuratoriumsmitglieder auch künftig in dem Gremium vertre-ten sein werden...Für die neue Synode wurden bereits entscheidende Personalweichen gestellt – auch im Hinblick auf die Besetzung des Kuratoriums mit Mitgliedern der Landessynode: Die bisherigen Synodalen im Kuratorium wollten ausdrücklich wieder für das Kuratorium nominiert werden. Das ist gelungen. Ich finde, das ist ein schönes Zeichen der persönlichen Verbundenheit. Die bisherige Kura-

Werner Stepanek gehört seit 2008 dem Kura-torium der Evangelischen Akademie an.

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Ändern ist leicht, bessern ist schwer! Die Reformation der Gesellschaft neu denken7.-9. März 2014, Bad Boll Zur Demokratisierung der Gesellschaft hat die Reformation Wesentliches beigetragen. Gegenwärtig steht die Diskurskultur vor gewaltigen Heraus-forderungen. Wie zukunftsfähig ist die Demokratie? Mit dieser Veranstaltung wird eine Tagungsreihe zum Reforma-tionsjubiläum 2017 eröffnet.Tagungsleitung: Prof. Dr. Jörg HübnerInfos: Karin Nitsch, s. S. 21

Das Messie-SyndromSeminar für Fachkräfte11.-12. März 2014, Bad BollFachkräfte benötigen Wissen über das Messie-Syndrom, um im Berufsalltag adäquat handeln zu können. Aus dem Verstehen heraus erwachsen Empa-thie, vertrauensvolle Beziehungen und die Kompetenz zu professionellem Tun. Vermittlung elementarer Kenntnisse, Handwerkszeug sowie Möglichkeiten und Grenzen von Interventionen. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika SchröterInfos: Erika Beckert, s. S. 21

Kirchliche Entwicklungszusammen-arbeit in Baden-WürttembergStrategietag11. März 2014, KarlsruheDer Strategietag richtet sich an Mit-arbeitende der Kirchen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und die Vertreterinnen und Vertreter übergrei-fender Verbände und Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit. Ziel ist ein ökumenischer Austausch zwischen Entscheidungsträgern und Multiplikatoren in der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit.Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Simone Helmschrott, Öhlschläger, Dr. RainerInfos: Sybille Dahl, s.S. 21

Aufbruch ins Morgen - Weichen stellenAbschied von der Erwerbsarbeit12.-15. März 2014, Bad Boll, s.a. 2.-5 April 2014Altersteilzeit, Vorruhestand und Ruhestand sind verbunden mit dem Abschied aus vielen Rollen und Beziehungen. Chancen der neuen Lebensphase in Beziehung, Freizeitak-tivitäten und Engagement für andere zu erkennen, ist das Ziel des Seminars.Tagungsleitung: Sigi Clarenbach, Wer-ner Kollmer, Karl-Ulrich GscheidleInfos: Heidi Weinmann, s. S. 21

Fundraising für HochschulenSpenden, Sponsoring und Stiftungen in der Praxis17.-19. März 2014, Bad BollSeit der Einführung des Deutschland-Stipendiums erkennen und nutzen immer mehr Hochschulen die Chan-cen einer Förderung durch private Geldgeber. Das Erfolgsrezept ist eine professionelle Vorgehensweise bei der Geldmittelbeschaffung und bei der kontinuierlichen Kontaktpflege mit den ehemaligen Studierenden (Alumni).Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Dr. Marita HaibachInfos: Conny Matscheko, s. S. 21

Was kommt? Tagungen vom 7. März bis 27. Juli 2014

torin Franziska Stocker-Schwarz ist nun auch Vorsitzende des Ausschusses „Kirche, Gesellschaft und Öffentlich-keit“, der für die Akademie zuständig ist. Darüber hinaus wurde ich selber als Vizepräsident der Synode nomi-niert. Also ich glaube, die Akademie ist, was das anlangt, in guten Händen.

Seit kurzem gilt die neue Akademie-ordnung. Die Berufung von Beiräten wird sich auch auf die Zusammen-setzung des Kuratoriums auswirken. Wie wird sich die Arbeit des Gremiums ändern?Der bisherige Konvent wird in verschiedene Beiräte umgewandelt werden. Dadurch können die einzel-nen Arbeitsbereiche der Akademie ge-zielter beraten werden. Derzeit laufen die Bemühungen auf Hochtouren, für diese Beiräte die richtigen Personen zu finden.Was ich für die Arbeit des neuen Kuratoriums berücksichtigt haben möchte, ist, dass klare Verantwor-tungsbereiche geschaffen werden, in denen das Gremium wirkungsvoll beraten kann und auch Verantwor-tung tragen muss. Das war mir in der Vergangenheit zu diffus geregelt. Ein Kuratorium muss auch inhaltliche Positionen vertreten und verantwor-ten können, sonst ist es nur ein edler Debattierclub.

Wie wird der Einfluss der künftigen Beiräte aussehen? Die Begleitung wird sich sicherlich nicht auf die operative Tagungsarbeit beziehen und die souveräne, eigenver-antwortliche Arbeit der Studienleiten-den wird nicht tangiert werden. Ich schätze deren analytischen Blick auf die Gesellschaft und ihr hervorragen-des Fachwissen. In der Beratung durch die Beiräte sehe ich eine wertvolle Orientierungshilfe für die thematische Ausrichtung der Arbeit der Studien-leitenden. Die breite Verortung der Beiräte in ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Verantwortungsbe-reichen ermöglicht es, der Akademie wertvolle Impulse zu geben.

Dr. Claudia Mocek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Schlüsselkompetenz fördern - Ausbildungsreife erlangenIndividuelle Förderung am Übergang Schule - Ausbildung21.-22. März 2014, Bad BollJugendliche bis zum Schulabschluss und bei der Berufsorientierung zu begleiten, heißt auch, Sozialkompe-tenzen und Handlungsmuster zu för-dern. Welche Anforderungen stellen Betriebe und Kammern? Wie passen Schüler und Ausbildungserfordernisse zusammen? Wie stärken wir sozial- und lernschwächere Jugendliche?Tagungsleitung: Sigrid SchöttleInfos: Marion Heller, s. S. 21

Tierschutz und NachhaltigkeitWie wir künftig von und mit Tieren leben21.-23. März 2014, Bad BollGlobal denken – mit dem einzelnen Lebewesen mitfühlen; beides bedingt sich zunehmend. Wer dem „verwand-ten Ganzen die Treue halten“ möchte (Hans Jonas), der wird sich die Sen-sibilität für die einzelnen Lebewesen nicht nehmen lassen. Strategien für den Tierschutz wie auch die Nach-haltigkeit.Tagungsleitung: Dr. Günter RenzInfos: Gabriele Barnhill, Infos s. S. 21

Respekt - Deine Stärke13. Baden-Württembergischer Streitschlichter-Kongress26.-28. März 2014, Bad BollStreitschlichter wollen begleitet werden, suchen neue Impulse und Motivation. Der Kongress bietet die Möglichkeit, sich in Vorträgen und Workshops weiterzubilden, Erfahrun-gen auszutauschen und mit qualifi-zierten Mediatorinnen und Mediato-ren zu arbeiten.Tagungsleitung: Marielisa von ThaddenInfos: Heidi Weiser, s. S. 21

Lebensqualität trotz Alzheimer und anderen DemenzerkrankungenInformationen, Beratung, Vernetzung29.-30. März 2014, Bad BollEs ist eine große Aufgabe, Menschen mit Demenz ein qualitätvolles, wür-devolles und kompetent unterstütztes Leben zu ermöglichen. Wie kann das

gehen? Wir wollen die Kompetenz der Menschen, die Betroffene begleiten, erweitern und Entlastungsangebote aufzeigen.Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Sylvia KernInfos: Erika Beckert, s. S. 21

Verantwortung für ein soziales EuropaKonsequenzen für politisches Han-deln. Exkursion nach Straßburg31. März bis 3. April 2014, St. Thomas, Straßburg/Elsaß (Frankreich)

Gespräche mit elsässischen Kirchen-vertretern, ein Besuch im Europapar-lament, Begegnungen von Gewerk-schaft und Arbeitgebern beleuchten das Thema Arbeitsmarkt und Sozial-politik im europäischen Kontext.Tagungsleitung: Karin Uhlmann, Karl-Ulrich Gscheidle, Thomas Löffler (KDA Baden), Siegfried Aulich Sozialsekretär (KDA Baden)Infos: Claudia Zimmermann, s. S. 21

Abschied von der Erwerbsarbeit Aufbruch ins Morgen - Weichen stellen2.-5. April 2014, Bad Boll - s. a. die Tagung vom 12.-15. März 2014Tagungsleitung: Ulrike Leipersberger, Volker StücklenInfos: Heidi Weinmann, s. S. 21

Wohin steuern in der Steuerpolitik?Rente im Fokus - Kontroversen in der Rentenpolitik4.-5. April 2014, Bad BollWas bringt die Rentenreform der Großen Koalition bei der Bekämpfung der Altersarmut? Geht sie letztlich auf Kosten der Jungen?Tagungsleitung: Dagmar Bürkardt, Karl-Ulrich Gscheidle,Infos: Romona Böld, s. S. 21

Sina Trinkwalder kommt zur Tagung „Nachhaltig erfolg-reich – Neue Chancen auf dem Textilmarkt“3.-4. April 2014, Bad BollTagungsleitung: Martin Schwarz, Carmen Ketterl, Prof. Martin Müller

Sina Trinkwalder gründete 2010 in Augsburg das erste textile Social Business in Deutschland: mano-mama. Hier werden von ehemals arbeitslosen Näher/innen innerhalb einer regionalen Wertschöpfungs- kette ökosoziale Bekleidung und Accessoires produziert. Auf klassische Werbung verzichtet das Label und setzt stattdessen aus-schließlich auf Social Media. Sina Trinkwalder und manomama wur-den schon mehrfach preisgekrönt, u.a. mit dem Bürgerkulturpreis des Bayrischen Landtags und der Auszeichnung, „Social Entrepreneur der Nachhaltigkeit" des Deutschen Rates für Nachhaltige Entwicklung.

Immer mehr Verbraucher, Unter-nehmen und öffentliche Einrich-tungen legen Wert auf nachhaltig produzierte und fair gehandelte Textilien. Neben kleineren Anbie-tern und traditionellen Welt-Läden bieten auch mehr und mehr große Handelshäuser ökofaire Textilien an. Der Markt für nachhaltige Rohstoffe wächst, zertifizierte Ver-arbeitungsbetriebe und Handels-unternehmen schaffen ein breites Angebot. Es gibt Informationen von und Diskussionen mit profilierten Referierenden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Erfolgreiche Konzepte werden vorgestellt. Produzenten, Verarbei-ter, Handel sowie Entwicklungs-, Umwelt und Menschenrechtsor-ganisationen analysieren Heraus-forderungen und zeigen Ihnen an praxiserprobten Beispielen, wie Umwelt- und Sozialstandards um-gesetzt und erfolgreich kommuni-ziert werden können.

Siehe: www.ev-akademie-boll.de/programm

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Africa reconstructedVon Stereotypen und Rassismen hin zu einer Gesellschaft der Teilhabe4.-6. April 2014, Bad BollIn Integrationsdiskursen wird die be-sondere Situation von MitbürgerInnen mit afrikanischer Migrationsgeschich-te zu wenig hinterfragt. Was macht das Besondere aus? Welche Afrikabil-der hat die deutsche Mehrheitsgesell-schaft? Wenn Selbstorganisationen von Migranten z. B. in den Kommunen einbezogen werden, müssen Stereo-type hinterfragt werden.Tagungsleitung: Simone HelmschrottInfos: Susanne Heinzmann, s. S. 21

Motto-Ziele für Gruppen und Teams entwickelnEin Seminar auf der Grundlage des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM)9.-10. April 2014, Bad BollAufbauend auf dem Buch „Durchstar-ten mit dem neuen Team“ vermittelt Annette Diedrichs, wie das ZRM® so eingesetzt werden kann, dass Teams und Gruppen als Ganzes ein soge-nanntes Team- oder Gruppen-Motto erhalten. Für Personen, die mit der ZRM Methode bereits vertraut sind.Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Annette M. Diedrichs, ZürichInfos: Romona Böld, s. S. 21

Wirtschaftliche Entwicklung und ökologische Nachhaltigkeit in Ostasien. Was können kirchliche Partnerschaften beitragen?22.-24. April 2014, Bad BollSeit Fukushima ist Ökologie auch in den Kirchen Ostasiens wieder ein Thema. Welche Akteure gibt es, die wirtschaftliches Wachstum und Öko-logie zusammen denken wollen? Was kann die Rolle der Kirchen dabei sein, und was können die internationalen Partnerschaften beitragen? Tagungsleitung: Simone HelmschrottInfos: Susanne Heinzmann, s. S. 21

Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM)ZRM Grundkurs24.-26. April 2014, Bad BollDas Zürcher Ressourcen Modell ist ein Ansatz des Selbstmanagements, das die Stärken des Einzelnen in den Blick nimmt. Es erschließt persönliche

Entwicklungskräfte und erweitert den eigenen Handlungsspielraum.Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Romona Böld, s. S. 21

Der baskische KonfliktNeue Wege zur friedlichen Konfliktlösung2.-3. Mai 2014, Bad Boll

Im baskischen Konflikt zeichnet sich derzeit durch die Beteiligung der baskischen Bevölkerung und der inter-nationalen Gemeinschaft eine Lösung ab. Die Tagung will Wissen und Ver-ständnis für diesen Prozess vertiefen. Können die Erfolge im Baskenland auch als Vorbild für andere Konflikte gelten?Tagungsleitung: Simone HelmschrottInfos: Susanne Heinzmann, s. S. 21

Loving MondayWie Arbeit Spaß macht8.-9. Mai 2014, Bad BollZu Beginn der Arbeitswoche steigt der Stress. Die meisten Herzinfarkte ereig-nen sich am Montagmorgen. Genug damit, nur auf das Wochenende zu-zuleben! Wir beschäftigen uns damit, wie Arbeit wieder Spaß machen kann.Tagungsleitung: Anna GreveInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

Kirche und RüstungAuf dem Weg zu einer friedens-ethischen Positionierung der Kirchen in Baden-Württemberg8.-9. Mai 2014, Bad BollDrohneneinsätze, Rüstungsexporte, Militärseelsorge: Viele Landeskirchen haben Stellung zu friedensethischen Fragen bezogen. Mit der Einrichtung der Kommission zur Rüstungskonver-sion ist ein wichtiger Schritt getan worden. Wie geht es weiter? Es geht um die Positionierung und Verständi-gung der vier großen baden-württem-bergischen Kirchen.

Akademiereisen

Jordanien entdecken.Wanderungen und Begegnungen 26. April bis 7. Mai 2014Jordanien hat eine reiche Ge-schichte und eine faszinierende Natur. Wir erwandern unter ande-rem die geheimnisvolle Felsenstadt der Nabatäer Petra. Die Reise führt auch zu römischen und biblischen Orten, nach Amman und ans Tote Meer. Mit Einheimischen diskutie-ren wir über Politik, Religion und die Flüchtlinge.Tagungsleitung: Martina WaiblingerInfos: Reinhard Becker, s.S. 21

Slowenien. Alpen, Karst und Mittelmeer. Wanderstudienreise28. Mai bis 10. Juni 2014 Slowenien ist die nördlichste der Nachfolgerepubliken Jugoslawiens und Mitglied der EU. Es ist land-schaftlich und kulinarisch reiz-voll. Die Reise führt auf schroffe Alpengipfel, in Karsthöhlen, an die Küste der Adria und in ausgedehn-te Urwälder, in denen noch Luchse und Bären leben. Kontakte zur Bevölkerung gibt es bei Besuchen, Gesprächen und Vorträgen.Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Dr. Andreas Hohl, Infos: Romona Böld s. S. 21

Tarantella - Apulien und der Spinnentanz24. Juni bis 1. Juli 2014, ItalienEuropa entdeckt man von seinen Rändern. Ein finis terrae finden wir auch im apulischen Salento. Heilende Spinnentänze mit orien-talischer Note halten die Tradition antiker Musiktherapie wach und sind zugleich Erkennungsrhyth-men einer neuen Generation. Der Katholizismus triumphierte über die griechisch-orthodoxe Kirche; Kultur und Sprache der Grecanici erlebt heute eine Renaissance.Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

s. a. Ferienflyer, S. 22

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Tagungsleitung: Simone HelmschrottInfos: Susanne Heinzmann, s. S. 21

Meiner Meinung eine Stimme geben. Bürgerbeteiligung konkret12.-13. Mai 2014, Bad BollBei öffentlichen Auftritten sind Stim-me und Körpersprache entscheidend. Damit Meinung und Argumente von BürgerInnen in Beteiligungsprozessen richtig ankommen, werden Stimme, Sprache und Kommunikation analy-siert und trainiert.Tagungsleitung: Sigrid SchöttleInfos: Marion Heller, s. S. 21

Veränderung gemeinsam gestaltenPsychische Gesundheit erhalten in Restrukturierungsprozessen15.-16. Mai 2014, Bad BollUnternehmen und Institutionen müs-sen sich immer wieder verändern. Stu-dien zeigen, dass Restrukturierungen Beschäftigte psychisch sehr belasten. Die Tagung bietet Forschungsergeb-nisse, praxisorientierte Informationen und Beispiele, wie Veränderungen mit den Beschäftigten erfolgreich gestal-tet werden.Tagungsleitung: Martin SchwarzInfos: Eliane Bueno Dörfer, s. S. 21

Gestalten und VerantwortenAufgaben und Selbstverständnis des Kirchenbezirksausschusses16.-17. Mai 2014, Bad BollMitglieder im Kirchenbezirksausschuss sind oft auf mehreren Ebenen tätig, die durch gegensätzliche Interessen geprägt werden. Die Tagung bie-tet Impulse von Fachleuten zu den aktuellen Themen sowie Gelegenheit, im Austausch mit anderen das eigene Selbstverständnis zu klären.Tagungsleitung: Susanne Wolf, Gerlinde Feine, Hans-Martin HärterInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

Das Messie-SyndromSeminar für Angehörige17.-18. Mai 2014, Bad BollZwanghaftes Sammeln von Zeitun-gen, Kleidung oder Lebensmitteln: Für Angehörige ist das Messie-Syndrom eine große Belastung. Wir wollen Sie stärken, Ihnen Austausch ermögli-chen, Grundlagen über Hintergründe des Syndroms sowie Tipps für den

Umgang mit Betroffenen geben.Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika SchröterInfos: Erika Beckert, s. S. 21

Vernissage Ulrich KlieberMalerei und Kunstbücher18. Mai 2014, Bad BollSiehe Seite 5Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

Business in IndienHerausforderungen für deutsche Unternehmen20.-21. Mai 2014, Bad BollIndien gehört zu den größten Wirt-schaftsmächten der Welt. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) wollen dort auch präsent zu sein. Mit welchen kulturellen Herausforderun-gen müssen sie rechnen? Was müssen Führungskräfte beachten?Tagungsleitung: Karin Uhlmann, Ravinder Salooja, DIMOE Heilbronn; Siegfried Aulich, KDA BadenInfos: Claudia Zimmermann, s. S. 21

Inklusiv unterwegsReflexion, Begleitung und Knowhow für die Arbeit in inklusiven Gruppen22.-23.Mai 2014, Bad BollHilfe für die, die in der inklusiven Arbeit mit Kindern und Jugendlichen herausgefordert sind. Die TZI bietet Unterstützung für die Entwicklung der Kernkompetenz: Diversity handling.Tagungsleitung: Sigrid SchöttleInfos: Marion Heller, s. S. 21

Soziale InnovationInnovationsmanagement in der Diakonie22.-23. Mai 2014, Bad BollIn der Europäischen Union ist „So-ziale Innovation“ ein ganz großes Zukunftsthema. Die Tagung stellt Modellbeispiele innovativen Handelns in der Diakonie vor und lädt zum Austausch über zukunftsorientierte Strategien ein.Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

Her mit dem schönen LebenErwerbslosentagung Baden- Württemberg 20142.-4. Juni 2014, Bad BollDie Lebenssituation im Sozialgesetz-buch II ist mehr als Erwerbslosigkeit. Es geht um das menschenwürdige Existenzminimum und um soziale Teilhabe. Vorträge und Workshop stär-ken Erwerbslose in ihrer politischen Artikulationsfähigkeit.Tagungsleitung: Karl-Ulrich Gscheidle, C. Cheval-Saur, W. Herrmann, K.-P. Spohn-Logé, K. Kittler, J. ScholzInfos: Petra Randecker, s. S. 21

Demokraten zwischen Grundrechts-ausübung und öffentlicher OrdnungBürgerschaftliches Handeln gegen Naziaufmärsche5.-6. Juni 2014, Bad BollEin Forum für Verantwortungstra-gende bei Entscheidungen anlässlich von Naziaufmärschen: Es geht um das Grundrecht auf freie Meinungsäuße-rung und die Sorge um die öffentliche Ordnung. Im Zentrum der Tagung stehen aktuelle Beispiele.Tagungsleitung: Marielisa von Thad-den, Stefan Brückner, Stefan Braun, Medienhaus StuttgartInfos: Heidi Weiser, s. S. 21

Europa, Du Schöne!Die Gegenwartsliteratur der Nachbarn: Frankreich9.-12. Juni 2014, Bad Boll

Wir laden Sie ein zu einem literari-schen Spaziergang durch die Nach-barländer: jedes Jahr ein neues Land, eine neue Entdeckung. In diesem Jahr geht es um Frankreich und den Autor Michel Houellebecq sowie die Autorin Muriel Barbery.Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret WolframInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

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Sinnvoll ReisenReisebildungs- und Erlebnisangebot19.-22. Juni 2014, Bad BollAusflüge in das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, in den Kräutergar-ten von Wala, einen Erlebnisbauern-hof u. a. erschließen uns die Schätze der Umgebung von Bad Boll. In Vor-trägen und Diskussionen hinterfragen wir Sinn und Unsinn von Reisen. Tagungsleitung: Carmen KetterlInfos: Romona Böld, s. S. 21

Fundraising macht Schule - Schule macht FundraisingFundraising für staatliche und private Schulen und Internate25.-26. Juni 2014, Bad BollPrivate wie öffentliche Schulen und Internate haben Stärken, die für das Fundraising genutzt werden können. Personen aus dem Schulleitungsteam erhalten hier das nötige Wissen und Handwerkszeug, um die Schule wett-bewerbsfähig zu machen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Romona Böld, s. S. 21

GenerationenwohnenDemografie-Fachtagung30. Juni 2014, Bad BollÜberall gibt es spannende Aufbrüche zu generationenübergreifendem Woh-nen. Die demografische Veränderung stellt neue Fragen an die Planung un-serer Städte und Gemeinden, die wir anhand zahlreicher Praxis-Beispiele voran bringen wollen.Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Romona Böld, s. S. 21

Europa nach der WahlKamingespäch3. Juli 2014, Bad BollEuropa hat gewählt – aber wie geht es jetzt weiter? Welche Konsequenzen hat dieser Wahlausgang? Einladung zum Meinungsaustausch über Europa.Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

Jugend in Israel und PalästinaHindernisse, Herausforderungen, Hoffnungen4.-6. Juli 2014, Bad BollProteste in Israel, muslimische So-lidarität im Zeichen des arabischen Frühlings in Palästina - in diesen Pro-

zessen bewegt sich die Jugend. Wie sieht sie ihre Situation, welche Zu-kunft wünscht sie sich? Ein Gespräch mit Aktiven aus der Region und im deutsch-israelisch-palästinensischen Trialog zu diesen Fragen.Tagungsleitung: Simone HelmschrottInfos: Susanne Heinzmann, s. S. 21

Im Internet Spenden sammeln und Menschen bewegenSocial Media für NGOs4. Juli 2014, Bad BollDie rund 500.000 gemeinnützigen Organisationen sind auf Ehrenamtli-che, Spenden und die Öffentlichkeit angewiesen. Das Internet bietet heute kostengünstige Möglichkeiten, diese Bekanntheit zu erreichen. Welche Kanäle eignen sich? Und wie groß ist der Aufwand? Wir bearbeiten diese Fragen in Vorträgen und Workshops.Tagungsleitung: Anna GreveInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

Wir sind der neue Werkstattrat!Fortbildungsreihe für Werkstatträ-tinnen und Werkstatträte, Teil 17.-9. Juli 2014, Bad BollDer Werkstattrat ist die gewählte Interessenvertretung der behinderten Beschäftigten in den Werkstätten. Alle Werkstatträte wurden neu gewählt. Die Tagung will Sie fit machen für die Arbeit als Werkstattrat. Welche Rechte gelten und wie können die Interessen der Beschäftigten vertreten werden?Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Bernd SchatzInfos: Erika Beckert, s. S. 21

Ortskerne unter DruckFachtagung für kommunale Fach- und Führungskräfte und bürgerschaftlich Engagierte9.-10. Juli 2014, Bad BollKoma-Saufen, Wettbüros, Leerstände – viele Ortskerne verlieren ihre Anzie-hungskraft – mit negativen Auswir-kungen. Wie sich solche Entwicklun-gen vermeiden lassen, erfahren Sie anhand „bester Beispiele“.Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Romona Böld, s. S. 21

Mädchen MIT-WIRKUNG!Fit für kommunale Jugend- beteiligung11.-13. Juli 2014, Bad BollDie Absenkung des Wahlalters sowie Beteiligungsprozesse in Kommune und Schule ermöglichen breite politische Partizipation. Wir laden Mädchen in dieses Kreativ-Seminar ein. Es arbeitet intergenerativ mit erfolgreichen Frau-en, die Mädchen motivieren.Tagungsleitung: Sigrid SchöttleInfos: Marion Heller, s. S. 21

Wer bestimmt die Regeln in der Weltwirtschaft?11.-12. Juli 2014, Bad BollDie Globalisierung des wirtschaft-lichen Handelns kann nur dann zu mehr Wohlstand und Gerechtigkeit in der Welt führen, wenn sie sich auf gemeinsame Grundregeln und Werte stützt. Wer bestimmt diese Regeln und wer kann sie durchsetzen?Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Dagmar BürkardtInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

15. Süddeutsche HospiztageEthik und die Würde des Menschen am Lebensende16.-18. Juli 2014, Bad BollWünsche und Entscheidungen am Lebensende sind Ausfluss von le-benslang entwickelten ethischen und religiösen Einstellungen. Es geht um ganz individuelle Werthaltungen, die gleichzeitig auch religiös und kulturell geprägt sind. Tagungsleitung: Dr. Günter RenzInfos: Gabriele Barnhill, s. S. 21

Meditatives Tanzen im Sommer18.-20. Juli 2014, Bad BollEin sommerliches Wochenende mit Kreistänzen nach Melodien aus der internationalen Folkloretradition, nach neuer und klassischer Musik mit Phasen der Stille und des Gesprächs.Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

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Sekretariate: Kontakte

Gabriele Barnhill Tel. 07164 79-233, Fax [email protected]

Reinhard BeckerTel. 07164 79-305, Fax [email protected]

Erika Beckert Tel. 07164 79-211, Fax [email protected]

Romona Böld Tel. 07164 79-347, Fax [email protected]

Sybille Dahl Tel. 07164 79-225, Fax [email protected]

Eliane Bueno Dörfer Tel. 0731 1538-571, Fax [email protected]

Marion Heller Tel. 07164 79-229, Fax [email protected]

Susanne Heinzmann Tel. 07164 79-217, Fax [email protected]

Conny MatschekoTel. 07164 79-232, Fax [email protected]

Karin NitschTel. 07164 79-206, Fax [email protected]

Petra RandeckerTel. 07121 161771, Fax 411455 [email protected]

Andrea Titzmann Tel. 07164 79-307, Fax [email protected]

Heidi WeinmannTel. 0711 351459-30, Fax [email protected]

Heidi WeiserTel. 07164 [email protected]

Claudia Zimmermann Tel. 07131 98233-14, [email protected]

Ziegenkäse mit Paprikagemüse

für 4 Personen als Vorspeise oder leichtes Abendessen

Zutatenliste / Einkaufsliste

650 g rote Spitzpaprika, geputzt, gewaschen1 große Zwiebel2 EL Olivenöl2 EL KorinthenChili, getrocknet – nach Belieben200 g Ziegenfrischkäse in der Rolle oder4 kleine Ziegenfrischtaler à 50 gSalz

Paprika und Zwiebel in kleine Wür-fel schneiden; beides in einer Pfan-ne mit Olivenöl andünsten; nach ca. 5 Minuten die Korinthen, Salz und 5 EL Wasser zufügen; dünsten, bis die Paprika weich, aber noch bissfest sind, ungefähr 15 Minu-ten. Die Ziegenfrischkäserolle in 8 Scheiben aufschneiden oder die 4 einzelnen Käse auspacken. Sieben Minuten vor Ende der Kochzeit das Gemüse abschmecken, eventuell noch Wasser zugeben und die Käsetaler auf das Gemüse legen. Einen Deckel auf die Pfanne setzen, damit der Käse cremig und warm wird. Mit Weißbrot servieren. Wer es scharf mag, kann getrockneten oder frischen Chili verwenden.

Spitzpaprika schmeckt – im Gegen-satz zu der bekannten Paprikasorte – pfeffrig-pikant und die roten Sorten angenehm süßlich. Paprika hat allgemein einen sensationell hohen Gehalt an Vitamin C – je nach Sorte und Reife bis zu 130 mg in 100 g Fruchtfleisch und beträchtliche Mengen an Vitamin A. Das perfekte Gemüse in der noch etwas vitaminarmen Übergangszeit!

Guten Appetit!Martina Waiblinger

Soziale Marktwirtschaft - ein Modell für Europa?Bad Boller Wirtschaftsgespräch18. Juli 2014, Bad BollDie „Bad Boller Wirtschaftsgespräche" sind ein Forum für wirtschaftsethische Grundsatzfragen. Eine Tagungsreihe der Evangelischen Akademie Bad Boll in Kooperation mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg. Thema ist die europäi-sche Wirtschaftsordnung.Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Dagmar BürkardtInfos: Sybille Dahl, s. S. 21

Das Messie-SyndromSeminar für Betroffene19.-20. Juli 2014, Bad BollSie erhalten in einem geschützten Rahmen erste Einblicke in Ihre persönliche Messie-Symptomatik. Mit Hilfe von kreativen Methoden werden Ursachen ergründet. Die positive Absicht hinter dem Chaos soll erforscht werden. Wir entwickeln Lösungsstrategien und erste Schritte von der Erstarrung in die Bewegung und Veränderung.Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika SchröterInfos: Erika Beckert, s. S. 21

Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM)ZRM Grundkurs24.-26. Juli 2014, Bad Bolls. Tagung vom 24.-26. April 2014

Auf ein Wort, Mutbürger! Wie Literatur politisch wirksam wirdLiteratursommer Baden-Württem-berg 201425.-27. Juli 2014, Bad BollDer Literatursommer steht unter dem Motto „Worte sind Taten“. Wir fragen im Gespräch mit Autorinnen und Autoren nach ihrer Motivation zu politischem Engagement, der Wirk-samkeit von Literatur und dem Verhältnis zur Kunst. Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Andrea Titzmann, s. S. 21

www.ev-akademie-boll.de/programm

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p u b l i k a t i o n e n

Publikationen

Akademiereisen und Ferienangebote 2014 der Evangelischen Akademie Bad Boll in einer Broschüre

Seit Anfang Januar präsentiert die Evangelische Akademie Bad Boll ihre Akademiereisen und Ferienangebote für das Jahr 2014 in einer kleinen Broschüre mit 16 Seiten. Diese kann ab sofort kostenlos angefordert wer-den oder heruntergeladen werden.

Die Akademiereisen führen in diesem Jahr nach Jordanien, Slowenien und Apulien. Jeweils gibt viel Kultur, Natur und intensive Begegnungen - in Jordanien und Slowenien sind auch einige Wanderungen eingeplant.

Die Ferienangebote in Bad Boll sind ebenso vielfältig: Die bekannte und bewährte „Ferienwoche kreativ“ findet vom 3. bis 9. August statt. Hier können sich Jung und Alt in einem in-spirierenden und bewegten Miteinan-der in 17 Workshops kreativ betätigen und viele weitere Programmpunkte für Leib und Seele genießen. Dann stehen eine ganze Reihe literarische Angebote auf dem Programm. Da ist einmal der Literatursommer Baden-Württemberg zu nennen, bei dem es in diesem Jahr um politische Literatur geht, eine andere Tagung befasst sich mit zeitgenössischer Literatur aus Frankreich und die literarischen und philosophischen Sommerakademien haben in diesem Jahr die Romantik zum Thema. Weitere philosophische Angebote beziehen sich einmal auf den tiefgründigsten Philosophen der daoistischen Philosophie Zhuangzi und auf Platon im anderen Fall. Verdis Othello und Wagners Opern Tannhäu-ser und Der fliegende Holländer sind die diesjährigen Angebote, die sich auf Musik beziehen und bei denen auch viel gesungen wird. Eine interre-ligiöse Sommerakademie sucht neue Zugänge zu den heiligen Schriften in Judentum, Christentum und Islam und nicht nur um Grundsätzliches geht es bei der Tagung „Sinnvoll reisen“. Wer sich mit Hildegard von Bingen befassen möchte, hat schon im April die Gelegenheit dazu.

Bestellung (kostenlos) bei:Reinhard BeckerAkademieweg 11, 73087 Bad Boll07164 [email protected]: In der Rubrik „Programm“www.ev-akademie-boll.de

Buchtipps zum Schwerpunktthema

Die Debatte um Nachhaltigkeit gewinnt aktuell an Farbe und Konkretheit. Innerhalb eines Jahres erschienen u.a. drei profilierte Bücher, die jeweils eine Strategie hin zu mehr Nachhaltigkeit für zentral und chancenreich erklären: Ralf Fücks illustriert auf mehr als 300 Seiten das Potenzial intelligenten grünen Wachs-tums, das durch Steigerung der Effizi-enz bei weniger Ressourcenverbrauch mehr Lebensqualität erreichen könne: Intelligent wachsen. Der Chemiker Michael Braungart will zusammen mit dem Architekten William McDonough dem Teufelskreis der Umweltbelas-tung entgehen, indem er Chancen eines „Upcycling“ aufzeigt: Rohstoffe werden nicht nur nicht weggeworfen, sondern erfahren beim Recycling auch kein Downcycling mehr; sie behalten ihren Wert oder gewinnen sogar noch dazu. Die Autoren scheuen sich nicht ihrem Buch den Titel „Intelligente Verschwendung“ zu geben.

Gegenüber diesen optimistischen Szenarien betonen Uwe Schneidewind und Angelika Zahrnt die Notwen-digkeit, sich auf das, was genug und ausreichend ist, zu besinnen und sich darüber zu verständigen: Damit gutes Leben einfacher wird. Eine Suffizienz-politik muss den Weg dazu ebnen.Somit stehen diese Autoren für die drei zentralen Aspekte jeder Nachhaltigkeitsstrategie: Effizienz (Fücks), Konsistenz (insbesondere des Rohstoffkreislaufes, Braungart) und Suffizienz (Schneidewind und Zahrnt). Damit ist schon gesagt, dass es hier nur einen Streit um die Gewichtung dieser Teilstrategien angesichts ihrer

Aus der Akademie

Benjamin Diehl ist neuer Studien-leiter in der „Akademie für Führung und Verantwortung“

Am 1. Januar 2014 hat Benjamin Diehl als Studienleiter an der Evangeli-schen Akademie Bad Boll im Fach-dienst „Akademie für Führung und Verantwortung“ (AFV) begonnen. Der 32-jährige Diplom-Psychologe folgt damit auf Karl Giebeler, der

vor zwei Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden war. Diehl war zuletzt als Bereichsleiter bei der Bun-desagentur für Arbeit tätig. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Technischen Universität Berlin am Lehrstuhl für Ökonomie und Nachhaltigen Konsum. Der Vater von zwei Kindern ist Preisträger des För-dervereins für Wirtschaftspsychologie Mainz e.V. Zusammen mit Susanne Meyder-Nolte bildet er nun das neue Team in der AFV.

Gängige Führungsmodelle zielen oft einseitig auf Effizienz und kommerzi-ellen Erfolg. Ethische Orientierungen spielen nur am Rande eine Rolle. Führungskräfte geraten deshalb häu-fig in ein Entscheidungsdilemma. Hier setzt das Weiterbildungsangebot der AFV zur Entwicklung einer „ethisch kompetenten Führungspersönlichkeit“ an. Das Angebot an Coaching und Be-ratung basiert auf dem systemischen Ansatz der Organisationsentwicklung. Dabei steht der Mensch – die Person im Kontext von persönlichem Lebens-umfeld, beruflicher Aufgabe und ge-sellschaftlicher Verantwortung – im Zentrum. Die Mitarbeitenden der AFV sind Pädagogen und Psychologen mit Zusatzqualifikationen in den Berei-chen Supervision, Organisationsent-wicklung und Beratung.

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b u c h t i p p

Verlosung!„Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand“ lautete das Thema des Vortrags, den Harald Welzer am 25. Januar in Bad Boll hielt. Das ist auch der Titel seines gleichnami-gen Buches, das 2013 im S. Fischer Verlag veröffentlicht wurde. Drei Exemplare hat der Verlag uns zur Verfügung zur Verlosung gestellt.

Machen Sie mit und lesen Sie das Buch, das „die Abgründe des erdrückenden Konsumwahns und politischen Illusionstheaters auslo-tet und zeigt, wie viele konkrete und attraktive Möglichkeiten zum widerständigen und guten Leben es gibt. Die ersten Schritte sind ganz einfach: sich endlich wieder ernst nehmen, selbst denken, selbst han-deln.“ (aus der Verlagsinformation). Schreiben Sie uns. Wir sammeln bis 18. März. Dann entscheidet das Los und bis Ende März ist das Buch bei Ihnen!

Mails, Postkarten oder Briefe an:

Redaktion SYMAkademieweg 11, 73087 Bad Bollmartina.waiblinger@ ev-akademie-boll.de

Chancen und Risiken gehen kann. Einig sind sich nämlich alle Autoren im völligen Ernstnehmen der Klima-erwärmung und der Grenzen des (bisherigen) Wachstums.

So ist für Ralf Fücks eine Rahmen-bedingung des Wirtschaftens, dass „Preise die ökologische Wahrheit sagen müssen“. Dazu kann die Politik den Umweltverbrauch durch Steuern und Abgaben verteuern (und natürlich umweltpolitisch kontraproduktive Subventionen abbauen) und dafür die Abgaben auf den Faktor Arbeit reduzieren. Fücks denkt sogar an eine „internationale Klimabank“, die als Hüterin der Klimastabilität „das alleinige Recht“ hätte, „CO2-Emissi-onsrechte auszugeben und bei Bedarf zu verknappen, um einer Überhitzung der Erde vorzubeugen“.

Auch Michael Braungart und William McDonough können keine rosaroten Brillen vorgeworfen werden. Sie ma-chen sich die Mühe durchzubuchsta-bieren, wie verhindert werden kann, dass Gebrauchsgegenstände auf der Sondermülldeponie entsorgt werden müssen. Sie machen Vorschläge, wie jedes Element, aus dem sie bestehen, einer weiteren Nutzung zugeführt werden kann. Danach würde es sich verbieten, einen Holztisch mit Gift-stoffen herzustellen oder anschlie-ßend Spanplatten mit nicht abbau-baren Klebstoffen. Auch als Papier oder Isolationsmaterial bleibt immer die Option der Verbrennung, so dass eine „gesunde Asche … ihre Nähr-stoffe an die Erde zurückgibt“. Das Prinzip Cradle to Cradle haben sie in Kooperation mit renommierten Firmen ebenso erfolgreich auf Stoffmateri-al für Möbelpolster angewandt wie auch auf Kleidung, die Herstellung von Farbe oder eines Stuhls, der als erstes Produkt die Cradle to Cradle-Zertifizierung erhielt. Und ihr Buch ist das einzige auf der Welt, das mit gutem Gewissen kompostiert werden kann. Und für die zentralen Heraus-forderungen der Stadtentwicklung, der Bodennutzung und -verbesserung und der Energieproblematik haben die Autoren eine Fülle von kreativen Ideen zu bieten, so z. B. die Nutzung von

22000 km Eisenbahnnetz in den USA für Sonnenkollektoren zur dezentralen Stromerzeugung.

Setzen Fücks, Braungart und Mc-Donough ganz auf innovative und intelligente Techniken, so sind Angelika Zahrnt und Uwe Schnei-dewind der Ansicht, dass wir ohne eine Änderung unserer Ansprüche und einer Besinnung darauf, was für gutes Leben essentiell bzw. entbehr-lich ist, die Kurve nicht bekommen werden. Ihre Suffizienzüberlegun-gen sind auch anthropologisch und philosophisch-ethisch interessant: Als Menschen können wir immer wieder neue Bedarfe entwickeln. „Gelungenes menschliches Leben besteht gerade darin, nicht jedem Bedarf hinterher-zulaufen.“ (S.15) Daneben hat aber eine Suffizienzpolitik den entschei-denden Vorteil, dass sehr schnell eine CO2-Verminderung und Energieein-sparungen erzielt werden können, etwa durch ein Tempolimit.Es bleibt zu wünschen, dass alle drei (Teil-)Strategien wissenschaftlich, po-litisch und gesellschaftlich kreativ und beharrlich verfolgt werden – damit auch unsere Kinder und Enkelkinder die Erde als lebensfreundlichen Ort erfahren können.

Michael Braungart, William McDonoughIntelligente Verschwendung: The Upcycle: Auf dem Weg in eine neue ÜberflussgesellschaftOekom Verlag, 2013

Uwe Schneidewind, Angelika Zahrnt:Damit gutes Leben einfacher wird. Perspektiven einer SuffizienzpolitikOekom Verlag, 2013

Ralf FücksIntelligent wachsen. Die grüne RevolutionHanser Verlag, 2013

Harald WelzerSelbst denken. Eine Anleitung zum WiderstandS. Fischer Verlag, 2013 (TB 2014)

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ImpressumSYM – Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll11. Jahrgang 2014, Heft 1/2014ISSN: 1613-3714

Herausgeber: Evangelische Akademie Bad Boll(Dr. Jörg Hübner)

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Martina Waiblinger

Redaktion: Martina Waiblinger

Fotonachweis: Argazki Press, Gaizka Iroz, S. 18; Campact.de: S. 8; Giacinto Carlucci, 12;ekd.de, S. 16; Claire Fackler, NOAA National Marine Sanctuaries: S. 6; Thilo Fitzner: S. 2 (1); Fotolia - byheaven: S.4; Inkota, S. 14; Claudia Mocek: S. 2 (1), 15; Martina Waiblinger: S. 3, 10, 22, Rück-seite; Uwe Walter: S. 2: (1); Photocase, nonuniform; S. 17; Photocase, skaisbon: S. 7; picture alliance / Sueddeutsche Zei-tung , Rumpf, Stephan: S. 6 (1); picture alliance / dpa, Simela Pantzartzi: S. 6 (1); privat: S.9; 14; TransFair e.V. / C. Nusch: S. 13; Achim Tribillian: S. 11;

SYM erscheint vierteljährlich.

Anschrift des Herausgebers:Evangelische Akademie Bad BollAkademieweg 11, 73087 Bad BollTel. (07164) 79-0E-Mail: [email protected]: [email protected] Tel. (07164) 79-302www.ev-akademie-boll.de

Das Papier wurde chlorfrei und säurefrei gebleicht.

Druckerei: Mediendesign Späth GmbH, 73102 BirenbachLayout: Werbeatelier Waiblinger 72070 Tübingen

Onlinedokumente

Junge Menschen im Gefängnis. Pädagogische und bildungspolitische Herausforderungen im Jugendstraf-vollzugTagung vom 9. bis 10. Januar 2014 in Bad BollErfolgreiche Bildungsabschlüsse sind wesentlich für eine gelingende Rückkehr in die Gesellschaft und ein straffreies Leben. Den vielen jungen Menschen in baden-württembergi-schen Justizvollzugsanstalten sollen durch weiterentwickelte Bildungsan-gebote neue Chancen eröffnet und die Bildungsgerechtigkeit erhöht werden. Ministerialdirektor Dr. Jörg Schmidt sprach zum Thema „Bildungspolitik an den Rändern der Gesellschaft. Zur Weiterentwicklung von Bildungsange-boten für gefährdete junge Menschen und junge Gefangene.“

Identität in der VirtualitätWas geschieht mit dem Mensch im Netz?Tagung am 22. November 2013 in StuttgartDie Informations- und Kommunikati-onstechnik verändert die Arbeitswelt tiefgreifend. Arbeitende Menschen erhalten als natürliche Subjekte im Internet einen künstlichen Schatten, ihr „virtuelles Ich“. PD Dr. Andreas Boes, ISF München, zeigte eine Powerpointpräsentation zum Thema „Neue Arbeits-Technik – Welten und Subjektivität“.

Konsultation zur EKD-Orientie-rungshilfeZwischen Autonomie und Angewiesenheit Tagung vom 22. bis 23. November 2013 in Bad BollSeit der Rat der EKD im Juni die Ori-entierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als ver-lässliche Gemeinschaft stärken“ veröf-fentlicht hat, ist eine lebhafte Debatte in Gang gekommen. Mit Gesprächs-partnerinnen und Gesprächspartnern aus der Ad-hoc-Kommission, aus der

Landeskirche und der Kirchenpolitik, aus der wissenschaftlichen Theologie und aus der Kirchenleitung wurden die aufgeworfenen Fragen zur Bedeu-tung von Ehe und Familie diskutiert. Auf unserer Internetseite können Sie folgende Beiträge lesen bzw. anhören: � Dr. Insa Schöningh, Berlin „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familien als verlässliche Gemeinschaft stärken“� Oberkirchenrätin Cornelia Coenen-Marx, Hannover „Zur Debatte um die Orientierungshilfe des Rates der EKD“� Prof. Dr. Peter Dabrock, Erlangen „Ehe und Familien – institutionenthe-oretische Überlegungen in evangeli-scher Perspektive“ � Prof. Dr. Wilfried Härle, Heidelberg „Die theologische Orientierung der Orientierungshilfe“� Prof. Dr. Isolde Karle, Bochum „Ist die Ehe ein Auslaufmodell? Soziologi-sche und theologische Überlegungen“� Podiumsdiskussion mit Gesprächs-kreisen, Audio

Gut - Besser – zukunftsfähig. Wie geht‘s?Tagung vom 24.-26. Januar in Bad BollHarald Welzer sprach auf der Tagung zum Thema, das auch Titel seines Buches „Selbst denken. Widerstand leisten“ ist (s. a. S. 10/11 und S. 23). Den frei gehaltenen Vortrag können Sie anhören oder downloaden.

Christoph BauschTexte aus fünf Jahrzehnten80 Seiten eingescannte Predigten und Texte zu verschiedenen Anläs-sen sind eingescannt und können im Internet abgerufen werden. Unter den Texten ist auch die Abschiedsrede von Christoph Bausch, die auf Seite 3 in Auszügen zu lesen ist.

Leider sind uns in der letzten Aus-gabe von SYM 2013-4 zwei Fehler unterlaufen.1. Seite 23 in der Spalte „Verlo-sung“ steht am Anfang: „Anlässlich ihres 80. Geburtstags war Bärbel

Berichtigung

Wartenberg-Potter …“. Das muss natürlich lauten: „Anlässlich ihres 70. Geburtstags“, wie es auch in der Spalte links daneben steht. 2. Seite 9 steht im Bildtext auf der linke Spalte: Rufo (Bildmitte) war einst Oromo Sklave. Das muss lauten: Rufo (Bild vorne links, sitzend).Wir bitten diese Fehler zu entschuldigen!

Alle Onlinedokumente finden Sie unter: www.ev-akademie-boll.de/ onlinedokumente

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m e d i t a t i o n

„Eines der herrlichsten Bücher Chinas“ nannte Hermann Hesse das Werk des Zhuangzi (lies: Dschuangdse), des wirkungsreichsten daoistischen Dichterphilosophen aus dem 4./3. Jh. v. Chr. Dieser Autor war für ihn ein „Meister des Gleichnisses“. Das Buch hat viele Generationen chinesischer Gelehrter wegen seiner Schönheit begeistert. Ein Kaiser im 12. Jh. n. Chr. meinte sogar, keine Frau könne so schön sein wie dieser Text. Die Gelehrten waren von der kreativen, paradoxen Weisheit und literarischen Qualität des Textes beeindruckt, der gewohnte Denkweisen auf den Kopf stellt. Gerade darin liegt auch seine Aktualität: das Nicht-Messbare und das Un-Nütze als Garanten wahren Lebens ins Bewusstsein zu rücken. Wieder und wieder betont Zhuangzi, dass ein Bewusstsein, das alles von vorne bis hinten durchplant, absurd erscheint – weil es gegen die Gesetze des Lebens verstößt.

Da die „nutzlosen Worte“ des Zhu-angzi aus einer anderen Welt und Zeit kommen, verblüfft es umso mehr, wie aktuell diese bei genauerem Hinhö-ren klingen. So schreibt der Autor zum Beispiel, dass die Menschen immer mehr wissen und technisch beherrschen wollen, dabei aber nicht bedenken, welche Auswirkungen dies auf die Natur hat:

故上悖日月之明,下睽山川之精,中墮四時之施。

„So bewirken sie, dass das Licht von Sonne und Mond in seiner Wirkung immer greller wird und seinen Rhyth-mus verliert, dass die Lebenskraft von Bergen und Flüssen aufgebraucht wird und versiegt. Letztlich lösen sie die Ordnung der vier Jahreszeiten auf und bringen sie zum Kippen.“ (7.5)Die Naturzerstörung kommt von einem Denken, das sich nur noch auf Einzelphänomene spezialisiert und

Das Un-Nütze als Garant wahren Lebens

den Blick für das Ganze des Lebens verloren hat:

判天地之美,析萬物之理,察古人之全,寡能備於天地之美。。。

„Sie zerschneiden die Schönheit von Himmel und Erde, sie zerspalten die lebendige Ordnung aller Wesen und erforschen einzelne Aspekte dessen, was für die Alten ein Ganzes war. Wenige sind es, die die Schönheit von Himmel und Erde in ihrem Denken umfassen…“ (7.1.)

Auch wenn manches bei diesem Autor fremd und ungewohnt klingt, so kann man einiges entdecken, was den Sinn für die zerbrechliche und kostbare Schönheit weckt, die alles Leben seit Jahrmillionen nährt. Sie mag jener Schönheit gleichen, die ein Astronaut erfährt, wenn er das erste Mal am Horizont der Mondoberfläche die Erde aufgehen sieht …

Diese Verletzbarkeit und Zerbrech-lichkeit des Lebens passt nicht in die Strategien der Machbarkeit und Kontrolle, des Wachstums und der Selbstbereicherung unserer Zeit. Dies ist insofern eine recht banale Fest-stellung, als dass man sich tatsächlich irgendwann sehr klar zwischen der Haltung Jesu, die um das Wunder

Von Henrik Jäger

und das Einmalige des Lebens weiß, und der Haltung der Pharisäer, die überzeugt sind, mit ihrem Wissen und ihrer Macht auf dem richtigen Weg zu sein, entscheiden muss.

Obwohl es zwischen christlicher Botschaft und daoistischem Freisinn deutliche Unterschiede gibt, kann man gemeinsame Schnittmengen entdecken. Eine davon ist unmissver-ständlich die Verantwortung jedes Einzelnen für das Leben als Ganzes: Alles Starren auf der Unlösbarkeit der großen Weltprobleme, die das Leben in unvorstellbarer Weise gefährden, entschuldigt nicht unsere eigene Lau-heit und Bequemlichkeit. Wenn uns Menschen wie Zhuangzi oder Jesus in die Augen sehen, wird dies spürbar. Vielleicht ginge es uns dann ebenso wie dem Astronauten, der das erste Mal den Erdaufgang erlebt.

Dr. Henrik Jäger ist Referent der Philosophischen Sommerakademie vom 30.8. bis 3.9.2014, in der es um Zhuangzi

und sein Werk geht.

Mehr zu Zhuangzi und der Ausgabe „Mit den passenden Schuhen vergißt man die Füße“ unter:

www.henrikjaeger.de

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Abs. Evangelische Akademie Bad Boll, Akademieweg 11, 73087 Bad Boll – Postvertriebsstück 64670 – Entgelt bezahlt

Nachhaltig Wirtschaften in der Akademie –zum Beispiel in der Wäscherei

Vor einigen Jahren wurde eine umfassende und genaue Berechnung vor-genommen: Was ist billiger und nachhaltiger – die Wäsche in eine Groß-wäscherei zu geben oder selbst zu waschen? Es ist ziemlich komplex, dabei alle Faktoren zu berücksichtigen. Das Ergebnis war aber eindeutig: Die Wäsche selbst zu waschen ist nachhaltiger und billiger. Ein Grund ist, dass man viel mehr Wäsche vorhalten muss, wenn ein Teil immer zum Waschen unterwegs ist. Ferner können die Mitarbeiterinnen ermitteln, wie schmut-zig die Wäsche ist und entscheiden, wieviel Waschmittel benötigt wird, ob man Fleckenentferner benötigt etc. Wenn die Wäsche in Großwäsche-reien gewaschen wird, geht sie schneller kaputt, weil dort mehr Wasch-mittel und bei Tischwäsche mehr Stärke verwendet wird. Das Waschen in der Akademie spart natürlich Geld. Es wird nur umweltfreundliches Waschmittel verwendet – mit wenig Bleichmittel und ohne Phosphate. Es entstehen keine Energiekosten durch die Fahrten von und zur Wäscherei. Es müssen keine Warenein- und ausgänge kontrolliert werden. Und es ist gesichert, dass die Mitarbeiterinnen nicht schlecht bezahlt werden oder ohne Arbeitsvertrag arbeiten müssen. Die Mitarbeiterinnen in der Akade-mie haben alle einen Arbeitsvertrag und können – wenn es wenig Wäsche gibt – in anderen Bereichen arbeiten.Fotos: oben: Michaela Rupf-Bolz, darunter: Waltraud Moser (li) und Magdalena Walz, links: Sofia Wanner-Makradou; unten links und rechts: Margret Lummitsch, Mitte: Olga Steinmetz