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1 Synchrone Linguistik Morphologie Syntax Semantik Pragmatik Psycholing. Neuroling. Textling. Sozioling. Aphasiologie Phonetik/ Phonologie Forensische Linguistik Angewandte Linguistik

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Synchrone Linguistik

Morphologie Syntax Semantik Pragmatik

Psycholing. Neuroling. Textling. Sozioling.

Aphasiologie

Phonetik/ Phonologie

Forensische Linguistik

Angewandte Linguistik

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Fragen, Ziele und Methoden der modernen Linguistik

Wissenschaft: will mittels bestimmter Methoden empirisch

überprüfbare Aussagen über einen bestimmten Gegenstands-

bereich machen

Sprache als Untersuchungsgegenstand der Sprachwissen-

schaft

a) Der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch die Spra-

che. (Sprache als allgemeine menschliche Fähigkeit)

b) Wir beschäftigen uns hier mit der deutschen Sprache.

(Einzelsprache als Kenntnis- und Regelsystem einer Ge-

sellschaft)

c) Herr Müller hat durch einen Schlaganfall seine Sprache

verloren. (individuelle Fähigkeit eines Menschen, zu spre-

chen)

d) Was ist das für eine klare Sprache in diesem Aufsatz!

(konkrete Anwendungsvariante)

Kernfragen der modernen Linguistik:

Worin besteht unsere Sprachkenntnis? Wie wird diese Kennt-

nis geistig und neuronal repräsentiert? Wie wird diese Kennt-

nis erworben? Wie wird diese Kenntnis benutzt?

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Linguistik als Wissenschaft hat das Ziel, Erkenntnisse über die

Organisation, die Repräsentation und die Anwendung von

Sprache zu erhalten und Theorien zu entwickeln, diese Fähig-

keiten zu erklären.

Methoden: Datenanalyse, Introspektion, Informantenbefra-

gung, Experimente und theoretische Re-Konstruktion.

Sprachliche Äußerungen werden als Spuren unserer Sprach-

kenntnis (Kompetenz) betrachtet.

Zur Struktur der Sprache

Das komplexe Kenntnissystem Sprache lässt sich aufgliedern

in bestimmte Subsysteme:

Phonologisches System: Laute und Verbindungen/Re-

geln : baum vs. *bdrzig

Morphologisches System: Struktur von Wörtern:

trinkbar vs. *bartrink/unglücklich vs. *glückun

Syntaktisches System: Satzstrukturen/Regeln *Peter

der weglaufen

Semantisches System: Bedeutungen von Wörtern; Re-

geln zum Verstehen und Produzieren von Sätzen: *Das

Pferd miaut.

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Die Fähigkeit, Sprache grammatisch korrekt und sinnvoll zu

produzieren und rezipieren zu können, nennt man sprachliche

Kompetenz.

Sprache als geistiger Besitz und als Mittel zur Kommunikation:

Sprache ist ein auf mehreren Ebenen organisiertes Kenntnis-

system von Einheiten und Regeln, das einen wesentlichen Teil

unserer Kognition darstellt und neuronal im Cortex des

menschlichen Gehirns repräsentiert ist. Zugleich ist die Spra-

che unser wichtigstes Kommunikationsmittel und ihre An-

wendung ist geknüpft an eine sozio-kulturell geprägte pragma-

tische/kommunikative Kompetenz.

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13 Merkmale menschlicher Sprache (nach HOCKETT 1960)

HOCKETT beginnt mit einer Charakterisierung der wichtigsten

Merkmale, die die menschliche Sprache von der Tiersprache

unterscheiden. Dazu zählt er insbesondere die Raum-Zeit-

Unabhängigkeit, die Dualität, die Produktivität und die volle

Übermittlung durch Tradition der menschlichen Sprache. Da-

nach versucht er, einen Erklärungsansatz für die Entstehung

der menschlichen Sprache zu geben.

Sprache ist einmalig, d. h. humanspezifisch. Nur die Spezies

Mensch verfügt über Sprache.

Tiere können zwar kommunizieren, erreichen jedoch nie die

Fähigkeiten des sprachbegabten Menschen. Es fehlen z. B.

Komplexität und Kreativität.

1. Vokal-auditorischer Kanal:

Gesprochene Sprache hat gegenüber Gebärdensprache

(gestisch-visueller Kanal) den Vorteil, dass gleichzeitig

andere Tätigkeiten beim Sprechen ausgeführt werden

können.

2. Übertragung und direktionale Perzeption:

Sprache besteht aus Schallwellen. Deren Ursprung kann

ein Hörer bis zu einem gewissen Grad der Genauigkeit

orten. (Bsp.: Ein Redner kann in einem Raum von allen

gehört werden, am besten jedoch aus frontaler Richtung.)

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3. Vergänglichkeit:

Eine Sprachäußerung kann zur Zeit ihrer Produktion

wahrgenommen werden, verschwindet aber sehr bald da-

nach. Ausnahme: sie wird aufgenommen oder niederge-

schrieben.

4. Austauschbarkeit von Sprecher- und Hörerrolle

(Parität):

Ein Sprecher kann eine bestimmte Äußerung sowohl hö-

ren als auch selbst reproduzieren.

5. Reflexivität (Rückkopplung):

Ein Sprecher kann seine eigene Sprachproduktion wahr-

nehmen und z. B. auf Fehler reagieren.

6. Spezialisierung der Artikulationsorgane:

Der menschliche Sprechapparat ist auf die Produktion

von Sprachlauten spezialisiert und dafür anatomisch op-

timiert.

7. Semantizität:

Sprachlaute können mit bestimmten Bedeutungen ver-

knüpft werden.

8. Arbitrarität (Symbole):

Ausdruck und Inhalt sind arbiträr. Ihre Verbindung be-

ruht auf Konvention. Z. B. kann etwas so großes wie ein

Wal mit nur einem sehr kurzen Wort versehen werden.

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9. Diskretheit:

Phonemgrenzen führen dazu, dass Sprachlaute distinkti-

ven Kategorien zugeordnet werden. (Sie besitzen bedeu-

tungsunterscheidende Funktion.)

10. Dislozierung (über das Hier-und-Jetzt hinaus):

Ein Sprecher kann auch auf Entitäten referieren, die nicht

unmittelbar präsent oder gar vollkommen imaginiert sind

(z. B. der Osterhase).

11. Produktivität:

Sprecher können Wörter und Sätze produzieren, die ein

Hörer noch nie gehört hat und trotzdem verstehen kann.

Bsp.: Kleine lila Männchen leben in meiner Socken-

schublade.

12. Weitergabe in einer Tradition/Lernbarkeit:

Kinder erlernen ihre Erstsprache von anderen Sprechern

ihrer Umgebung (und potenziell jede beliebige Sprache).

13. Dualität der Merkmalsbildung:

Phoneme/Lautsegmente bestehen aus mehreren gleichzei-

tigen diskreten Bewegungsabläufen im Mund. Erst Laut-

verkettungen (Morpheme) haben

Bedeutung.