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Z. anorg. allg. Chem. 624 (1998) 1937–1939 Zeitschrift fu ¨ r anorganische und allgemeine Chemie WILEY-VCH Verlag GmbH 1998 Kurze Mitteilungen Synthese und Koordination von 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazolin. Die Kristallstruktur von [Cu 4 I 4 (C 7 H 11 N 3 O) 2 ] [1] Norbert Kuhn*, Riad Fawzi, Martin Grathwohl, Heike Kotowski und Manfred Steimann Tu ¨ bingen, Institut fu ¨ r Anorganische Chemie der Universita ¨t Bei der Redaktion eingegangen am 28. Juli 1998. Professor Otto J. Scherer zum 65. Geburtstag gewidmet Synthesis and Coordination of 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazoline. The Crystal Structure of [Cu 4 I 4 (C 7 H 11 N 3 O) 2 ] Abstract. 2-Acetylimino–1,3-dimethylimidazoline (2, ImNAc) obtained from 1,3-dimethyl-2-iminoimidazoline (1) and acetyl chloride forms with CuI the stepped cubane type complex [Cu 4 I 4 (ImNAc) 2 ](3); the X-ray structure of 3 is reported. Keywords: Copper; imidazoles; chelates; X-ray structure 2-Iminoimidazoline [2, 3] und ihre Anionen sind als nucleo- phile Liganden in der Koordinationschemie von Haupt- und Nebengruppenelementen gut belegt [4]. Ûber die Bildung eines stabilen Palladium-Komplexes durch Koordination eines bifunktionellen Iminoimidazolin-Liganden haben wir ku ¨ rzlich berichtet [1]. Der einfache Zugang zu N-funktionalisierten Iminoimida- zolinen [5] hat uns zur Synthese von Derivaten veranlaßt, die in der Imino-Seitenkette weitere Donorfunktionen ent- halten. Das Imin 1 [3] reagiert mit Acetylchlorid zum Ace- tyliminoimidazolin 2, das hierbei in Form farbloser, hygro- skopischer Kristalle in fast quantitativer Ausbeute erhalten wird. In Folge der Tendenz des fu ¨ nfgliedrigen Ringes zur Delokalisierung der p-Elektronen kommt der Resonanz- struktur 2b bei der Beschreibung der Bindungssituation do- minierendes Gewicht zu. Dies wird sichtbar an der zu tiefem Feld verschobenen Lage von 4,5-H im 1 H-NMR-Spektrum [d = 6.11 (1), 6.65 (2)]. Im IR-Spektrum wird m(CO) von Schwingungen des Fu ¨ nfrings u ¨ berlagert. Bei der Bildung stabiler Koordinationsverbindungen wird die hohe Sauerstoff-Basizita ¨t von 2 durch den Chelat-Effekt unterstu ¨tzt. Trotz der geringen Tendenz von Kupfer(I)-Zen- tren zur Koordination „harter“ Liganden [6] bildet 2 mit CuI den stabilen Komplex [Cu 4 I 4 (L 2 ) 2 ](3;L 2 = 2), der sich in Form beigefarbener Kristalle in guten Ausbeuten isolieren la ¨ßt. Wegen seiner geringen Lo ¨ slichkeit haben wir von 3 keine NMR-Daten erhalten. Im Regelfall bilden Komplexe des Typs [Cu 4 I 4 L 4 ] Kuban- Strukturen aus [7]. Die Kristallstrukturanalyse von 3 belegt eine zentrosymmetrische leiterfo ¨ rmige Anordnung („stepped * Prof. Dr. N. Kuhn Institut fu ¨ r Anorganische Chemie der Universita ¨t Tu ¨ bingen Auf der Morgenstelle 18 D-72076 Tu ¨ bingen

Synthese und Koordination von 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazolin. Die Kristallstruktur von [Cu4I4(C7H11N3O)2] [1]

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Z. anorg. allg. Chem. 624 (1998) 1937±1939

Zeitschrift fuÈ r anorganischeund allgemeine Chemie WILEY-VCH Verlag GmbH 1998Kurze Mitteilungen

Synthese und Koordination von 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazolin.Die Kristallstruktur von [Cu4I4(C7H11N3O)2] [1]

Norbert Kuhn*, Riad Fawzi, Martin Grathwohl, Heike Kotowski und Manfred Steimann

TuÈ bingen, Institut fuÈ r Anorganische Chemie der UniversitaÈ t

Bei der Redaktion eingegangen am 28. Juli 1998.

Professor Otto J. Scherer zum 65. Geburtstag gewidmet

Synthesis and Coordination of 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazoline.The Crystal Structure of [Cu4I4(C7H11N3O)2]

Abstract. 2-Acetylimino±1,3-dimethylimidazoline (2, ImNAc)obtained from 1,3-dimethyl-2-iminoimidazoline (1) and acetylchloride forms with CuI the stepped cubane type complex[Cu4I4(ImNAc)2] (3); the X-ray structure of 3 is reported.

Keywords: Copper; imidazoles; chelates; X-ray structure

2-Iminoimidazoline [2, 3] und ihre Anionen sind als nucleo-phile Liganden in der Koordinationschemie von Haupt- undNebengruppenelementen gut belegt [4]. Ûber die Bildungeines stabilen Palladium-Komplexes durch Koordinationeines bifunktionellen Iminoimidazolin-Liganden haben wirkuÈ rzlich berichtet [1].

Der einfache Zugang zu N-funktionalisierten Iminoimida-zolinen [5] hat uns zur Synthese von Derivaten veranlaût,die in der Imino-Seitenkette weitere Donorfunktionen ent-halten. Das Imin 1 [3] reagiert mit Acetylchlorid zum Ace-tyliminoimidazolin 2, das hierbei in Form farbloser, hygro-skopischer Kristalle in fast quantitativer Ausbeute erhaltenwird. In Folge der Tendenz des fuÈ nfgliedrigen Ringes zurDelokalisierung der p-Elektronen kommt der Resonanz-struktur 2 b bei der Beschreibung der Bindungssituation do-minierendes Gewicht zu. Dies wird sichtbar an der zu tiefemFeld verschobenen Lage von 4,5-H im 1H-NMR-Spektrum[d = 6.11 (1), 6.65 (2)]. Im IR-Spektrum wird m(CO) vonSchwingungen des FuÈ nfrings uÈ berlagert.

Bei der Bildung stabiler Koordinationsverbindungen wirddie hohe Sauerstoff-BasizitaÈt von 2 durch den Chelat-EffektunterstuÈ tzt. Trotz der geringen Tendenz von Kupfer(I)-Zen-tren zur Koordination ¹harterª Liganden [6] bildet 2 mit CuIden stabilen Komplex [Cu4I4(L2)2] (3; L2 = 2), der sich in

Form beigefarbener Kristalle in guten Ausbeuten isolierenlaÈût. Wegen seiner geringen LoÈ slichkeit haben wir von 3keine NMR-Daten erhalten.

Im Regelfall bilden Komplexe des Typs [Cu4I4L4] Kuban-Strukturen aus [7]. Die Kristallstrukturanalyse von 3 belegteine zentrosymmetrische leiterfoÈ rmige Anordnung (¹stepped

* Prof. Dr. N. KuhnInstitut fuÈ r Anorganische Chemie der UniversitaÈt TuÈ bingenAuf der Morgenstelle 18D-72076 TuÈ bingen

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cubaneª) des Cu4I4-Kerns (Abb. 1) mit deutlicher Analogiezur Struktur von [Cu4I4(dppe)2] [8]; vermutlich stellen dieChelat-Liganden 2 und dppe aÈhnliche sterische Anforderun-gen an den Aufbau des Cu4I4-Kerns. In 3 ist das zentraleCu2I2-Fragment planar gebaut und mit den aÈuûeren Cu-Ato-men uÈ ber die verbruÈ ckenden Imin-Liganden [Cu(1)±N(3)2.019(10), Cu(2 A)±O(1) 1.918(10) AÊ ] und zusaÈtzliche Iod-atome verbunden. Die Geometrie des Iminoimidazolin-Frag-ments [O(1)±C(5) 1.31(2), C(5)±N(3) 1.346(14), N(3)±C(2)1.43(2) AÊ ; Cu(2 A)±O(1)±C(5) 125.9(8), O(1)±C(5)±N(3)122.0(11), C(5)±N(3)±C(2) 120.3(10)°, InterplanarwinkelN(1)C(2)N(2)/C(2)N(3)C(5) 96.4, C(2)N(3)C(5)/N(3)C(5) ´O(1) 8.5, N(3)C(5)O(1)/C(5)O(1)Cu(2A) 9.0°] bestaÈtigt denAzaenolat-Charakter des Liganden mit zentraler C(5)±N(3)-Doppelbindung. Die im Cu4I4-Kern gefundenen AbstaÈndeliegen im Erwartungsbereich vergleichbarer KaÈfigstrukturen(Cu±Cu 2.54±2.78; Cu±I 2.52±2.78 AÊ , vgl. Abb. 1).

Im Cu4I4-Kern bildet die zentrale Cu2I2-Einheit mit denaÈuûeren FlaÈchen [I(1 A)Cu(1)Cu(2)] Interplanarwinkel von68.9°. Aus deren Ebene ist I(2) um 1.864 AÊ in Richtung aufden angrenzenden C(2) beinhaltenden Imidazol-FuÈ nfringverschoben. Der Abstand zwischen I(2) und der mittlerenEbene dieses Rings liegt mit 3.642 AÊ deutlich innerhalb des

van der Waals-Kontakts. Offensichtlich ist die Wechselwir-kung dieser Fragmente fuÈ r die ungewoÈ hnliche Deformationdes Cu4I4-KaÈfigs verantwortlich.

Experimenteller Teil

SaÈmtliche Arbeiten wurden in gereinigten LoÈ sungsmittelnunter Argon durchgefuÈ hrt. 2-Imino-1,3-dimethylimidazolin(1) wurde nach Literaturangaben [3] erhalten.

2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazolin (2). Eine LoÈ sungvon 1.11 g (10 mmol) 1 in 50 ml Tetrahydrofuran wird bei0 °C mit 0.39 g (5 mmol) Acetylchlorid versetzt. Nach 5 hRuÈ hren bei Raumtemp. wird das LoÈ sungsmittel i. Vak. ent-fernt und der verbliebene RuÈ ckstand mit Toluol extrahiert.Der nach erneutem Entfernen des LoÈ sungsmittels resultie-rende Feststoff wird i. Vak. durch Sublimation bei 80 °C ge-reinigt. Ausbeute: 0.65 g (85%), farblose Kristalle. 1H NMR(CD3CN, TMS int.): d 6.65 [s, 2 H, 4,5-H], 3.26 [s, 6 H,N±CH3], 1.87 [s, 3 H, C(O)CH3]. 13C NMR (CD3CN, TMSint.): d 174.9 [C(O)CH3], 116.5 [C 4,5], 33.3 [N±CH3], 25.7[C(O)CH3], C2 nicht beobachtet. C7H11N3O (153.18 g/mol),Anal.: ber. C 54.89, H 7.24, N 27.43; gef. C 54.52, H 7.38,N 27.19%.

C7H11Cu2I2N3O (3). Eine LoÈ sung von 0.77 g (5 mmol) 2in 20 ml Tetrahydrofuran wird mit 1.9 g (10 mmol) CuI ver-setzt und 1 h bei 20 °C geruÈ hrt. Der resultierende Nieder-schlag wird abgetrennt und mehrfach mit Tetrahydrofurangewaschen. Ausbeute: 2.53 g (95%), beigefarbene Kristalle.C7H11Cu2I2N3O (534.09 g/mol); Anal.: ber. C 15.74, H 2.08,N 7.87, Cu 23.80, I 47.52; gef. C 15.38, H 2.34, N 7.51,Cu 24.20, I 47.88%.

Kristallstrukturanalyse von 3: C7H11Cu2I2N3O, M =534.07, triklin, Raumgruppe P-1, a = 8.129(2), b = 8.293(3),c = 11.281(4) AÊ , α = 78.99(4), b = 81.18(3), c = 65.93(2)°, V =679.2(4) AÊ 3, Z = 2, Dc = 2.612 g cm±3, l(Mo±Kα) = 7.66 mm±1,Siemens P4-Vierkreisdiffraktometer, Mo±Kα-Strahlung (k =0.71073 AÊ ), Graphitmonochromator, ScintillationszaÈhler, T =173(2) K, Direkte Methoden, Kleinste-Quadrate-Verfeine-rung (volle Matrix), Schweratome isotrop, Wasserstoff-Atome anisotrop auf idealisierten Positionen verfeinert, einExtinktionsparameter, ein Skalierungsfaktor, h-Bereichder Datensammlung von 2.72 bis 27.39°, Kristalldimensionenca. 0.40 × 0.30 × 0.15 mm, 3112 unabhaÈngige Reflexe (Rint =0.1939) mit I > 2r(I), GooF 1.108, R1(wR2) = 0.0690(0.1856).Die Berechnung der Absorptionskorrektur unter Verwen-dung von DIFABS [Rint = 0.933, I > 4r(I), GooF 1.083,R1(wR2) 0.0539(0.1300)] ergab bezuÈ glich der MolekuÈ lgeo-metrie Ønderungen lediglich im Bereich der Standardabwei-chung. Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturuntersu-chung koÈ nnen beim Fachinformationszentrum Karlsruhe,D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen, unter Angabe der Hin-terlegungsnummer CSD-410186 angefordert werden.

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft unddem Fonds der Chemischen Industrie fuÈ r die FoÈ rderung die-ser Arbeit.

[1] Derivate des Imidazols 33. 32. Teil dieser Serie:N. Kuhn, M. Grathwohl, M. Steimann, G. Henkel, Z.Naturforsch., Teil B, 1998, 53, 997.

[2] A. R. Katritzky, C. W. Rees (Hrsg.), Comprehensive He-terocyclic Chemistry, Vol. 5, Pergamon, Oxford (1984);

1938 Z. anorg. allg. Chem. 624 (1998)

Abb. 1 Ansicht des MolekuÈ ls von 3 im Kristall.

AusgewaÈhlte BindungslaÈngen (in AÊ ) und -winkel (in °): C(2)±N(1)1.35(2), N(1)±C(4) 1.38(2), C(4)±C(7) 1.34(2), C(7)±N(2) 1.37(2),N(2)±C(2) 1.37(2), C(2)±N(3) 1.351(14), N(3)±C(5) 1.346(14), C(5)±O(1)1.31(2), Cu(1)±N(3) 2.019(10), Cu(2 A)±O(1) 1.918(10), Cu(1)±Cu(1 A)2.783(3), Cu(1)±Cu(2) 2.536(2), Cu(1)±Cu(2 A) 2.699(2), Cu(1)±I(1)2.680(2), Cu(1)±I(2) 2.781(2), Cu(1)±I(1 A) 2.650(2), Cu(2)±I(2) 2.520(2),Cu(2)±I(1 A) 2.843(3); N(1)±C(2)±N(2) 106.2(9), C(2)±N(3)±C(5)120.3(10), N(3)±C(5)±O(1) 122.0(11), C(5)±O(1)±Cu(2 A) 125.9(8),Cu(1)±I(1)±Cu(1 A) 62.94(7), I(1)±Cu(1)±I(1 A) 117.06(7), Cu(1)±I(2)±Cu(2)56.92(6), I(2)±Cu(2)±I(1 A) 105.08(8).

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N. Kuhn u. a., Synthese und Koordination von 2-Acetylimino-1,3-dimethylimidazolin 1939

A. R. Katritzky, C. W. Rees, E. F. V. Scriven, Compre-hensive Heterocyclic Chemistry II, Vol. 3, Pergamon-Elsevier, Oxford (1996).

[3] N. Kuhn, R. Fawzi, M. Steimann, J. Wiethoff, D. BlaÈser,R. Boese, Z. Naturforsch., Teil B, 1995, 50, 1779.

[4] N. Kuhn, R. Fawzi, M. Steimann, J. Wiethoff, Z. Anorg.Allg. Chem. 1997, 623, 554; N. Kuhn, R. Fawzi,M. Steimann, J. Wiethoff, Z. Anorg. Allg. Chem. 1997,623, 769; N. Kuhn, U. Abram, C. Maichle-MoÈ ûmer,J. Wiethoff, Z. Anorg. Allg. Chem. 1997, 623, 1121.

[5] Vgl. hierzu N. Kuhn, R. Fawzi, M. Steimann, J. Wiethoff,Chem. Ber. 1996, 129, 479; N. Kuhn, R. Fawzi,

M. Steimann, J. Wiethoff, Z. Naturforsch., Teil B, 1997,52, 609; N. Kuhn, R. Fawzi, C. Maichle-MoÈ ûmer,M. Steimann, J. Wiethoff, ibid. 1997, 52, 1055; N. Kuhn,R. Fawzi, M. Steimann, J. Wiethoff, G. Henkel, Z.Anorg. Allg. Chem. 1997, 623, 1577.

[6] R. G. Pearson, Chemical Hardness, Wiley-VCH, Wein-heim (1997).

[7] G. Wilkinson, R. D. Gillard, J. A. McCleverty (Eds.),Comprehensive Coordination Chemistry, Vol. 5, Perga-mon, Oxford (1987).

[8] N. Marsich, G. Nardin, L. Randaccio, J. Am. Chem. Soc.1973, 95, 4053.