Upload
friederike
View
214
Download
2
Embed Size (px)
Citation preview
Endovaskuläre Therapie des akuten ischämischen Insults (1)
SYNTHESIS-Studie zeigt keine Vorteile gegenüber der systemischen LyseFragestellung: Ist die endovaskuläre �erapie mit lokaler Gabe von rt-PA oder mechanischer �rombektomie einer systemi-schen �rombolyse mit intravenösem Gewebeplasminogen-aktivator überlegen?
Hintergrund: Die systemische �rombolyse mit rt-PA ist die einzig verfügbare und zugelassene medikamentöse �erapie des akuten ischämischen Insults. Allerdings beträgt bei proximalen Verschlüssen der Arteria cerebri media die Rekanalisierungs-rate mit systemischer Gabe von rt-PA nur etwa 50–60%. In Analogie zur Kardiologie wurden deshalb katheterbasierte Ver-fahren entwickelt mit denen entweder eine lokale Lyse mit rt-PA oder eine mechanische Rekanalisierung durch Verkleine-rung des �rombus oder Absaugen des �rombus durchgeführt wird. Die SYNTHESIS-Studie ist eine von drei Studien (siehe auch IMS-III-Studie, Seite 23, und MR-RESCUE-Studie Seite 22), die beim US-amerikanischen Schlaganfallkongress im Februar in Hawaii vorgestellt wurden und die beiden �erapie-optionen miteinander verglich.
Patienten und Methodik: Bei der SYNTHESIS-Studie handelt sich um eine randomisierte Studie mit 362 Patienten mit aku-tem ischämischem Schlaganfall, die innerhalb von 4,5 Stunden randomisiert wurden. Patienten, die in die Interventionsgrup-pe randomisiert wurden, erhielten zunächst intravenös rt-PA, anschließend erfolgte die diagnostische Angiogra�e. Es wurde dann dem Neuroradiologen überlassen, ob er eine lokale Lyse mit rt-PA oder eine mechanische �rombolyse mit dem Merci- oder dem Penumbra-Device vornahm.
Der primäre Outcome war de�niert als ein Wert auf der modi �zierten Rankin-Skala von null oder eins nach 90 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren Patienten mit einem Wert auf der NIHSS-Skala von ≤ 6. Die Sicherheitsendpunkte wurden inner-halb der ersten sieben Tage bestimmt. Diese umfassten tödliche und nicht tödliche symptomatische intrakranielle Blutung, töd-liches oder nicht tödliches symptomatisches Hirnödem der in-itialen zerebralen Ischämie, tödlicher oder nicht tödlicher er-neuter ischämischer Insult, Sterblichkeit und Verschlechterung des neurologischen Befundes de�niert als ein Wert auf der NIHSS-Skala von vier oder mehr Punkten.
Ergebnisse: Die Studie wurde zwischen Februar 2008 und April 2012 in Italien durchgeführt. Jeweils 181 Patienten wurden in
die endovaskuläre �era-piegruppe sowie in die konservative Behandlungs-gruppe randomisiert. Die Studienteilnehmer waren im Mittel 66 Jahre alt. Insgesamt 60% waren Männer. Der mittlere NIHSS-Score lag bei
13 Punkten. Der Löwenanteil der Schlaganfälle war in der vor-deren Zirkulation lokalisiert. Die mittlere Zeit von Beginn der Schlaganfallsymptomatik bis zur intra venösen �rombolyse mit rt-PA betrug zwei Stunden und 45 Minuten. Für die interven-tionelle �erapie waren es drei Stunden und 45 Minuten. Be-züglich des primären Outcomes wurde dieser von 55 Patienten in der endovaskulären und 63 in der konservativen �erapie-gruppe erreicht (30,4% bzw. 34,8%). Der Unterschied war sta-tistisch nicht signi�kant.
Auch bezüglich der Sterblichkeit gab es mit 14,4% versus 9,9% (entsprechend 26 und 18 Patienten) keinen Unterschied. Auch für keinen der Sicherheitsendpunkte ergab sich ein Unterschied zwischen den beiden �erapiegruppen. Die Häu�gkeit sympto-matischer intrakranieller Blutungen betrug jeweils 6%, eine Zu-nahme des Hirnödems 20% und eine Verschlechterung des neu-rologischen Befundes wurde bei 8% der Patienten festgestellt. In der Gruppe der interventionell behandelten Patienten, erhiel-ten 109 Patienten lokale rt-PA.
Im Hinblick auf die Devices wurde Solitaire bei 18 Patienten benutzt, Penumbra bei neun Patienten, Trevo bei fünf Patienten und Merci bei ebenfalls fünf Patienten.
Schlussfolgerungen: In der SYNTHESIS-Studie zeigte die in-terventionelle �erapie gegenüber der systemischen Lyse mit rt-PA bei Patienten mit akutem ischämischem Insult keine Über-legenheit.
Ciccone A, Valvassori L, Niche-latti M et al; the SYNTHESIS Ex-pansion Investigators. Endova-scular treatment for acute ische-mic stroke. N Engl J Med 2013; 368: 904–13
−Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen
Noch kein endgültiges UrteilDie Ergebnisse dieser Studie sind auf dem ersten Blick sehr ernüchternd, da die Studie keinen therapeutischen Bene�t ei-ner lokalen Therapie, sei es mit rt-PA oder Devices im Vergleich zu einer systemischen Thrombolyse mit rt-PA fand. Für diese Studie muss allerdings kritisch angemerkt werden, dass es relativ lang dauerte, bis die lokale Lyse oder Thrombus-Entfer-nung erfolgte. Außerdem war die Studie relativ klein. Nimmt man die Odds Ratio von 0,71 als Maßstab, was eine 29%ige Risiko reduktion zugunsten der Intervention bedeutet, wäre eine Studie mit einer doppelten Patientenzahl zugunsten der Thrombektomie statistisch signi�kant geworden. Darüber hinaus wurden lediglich bei einem Bruchteil der Patienten mo-derne Stent-Retriever wie Solitaire oder Trevo eingesetzt. Daher müssen noch die Ergebnisse der zurzeit beginnenden Studien mit den modernen Stent-Retrievern im Vergleich zur systemischen Thrombolyse abgewartet werden, bevor end-gültig darüber entschieden werden kann, ob die lokale Be-handlung der systemischen Thrombolyse tatsächlich nicht überlegen ist.
journal club
21In|Fo|Neurologie & Psychiatrie 2013; 15 (4)