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Systematisierung von Werbestrategien als Kernele- ment des Werbeplanungsprozesses: Eine explorative Untersuchung D I S S E R T A T I O N der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Philipp Stradtmann aus Deutschland Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Sven Reinecke und Prof. Dr. Thomas Bieger Dissertation Nr. 3713 Cuvillier Verlag Göttingen, 2009

Systematisierung von Werbestrategien als Kernele- …FILE/dis3713.pdf · 4.2.1 Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF als Systematisierungsraster ... McDonald’s ... Erweiterte Produkt-Markt-Zielgruppen-Matrix

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Systematisierung von Werbestrategien als Kernele-

ment des Werbeplanungsprozesses: Eine explorative Untersuchung

D I S S E R T A T I O N der Universität St. Gallen,

Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften

vorgelegt von

Philipp Stradtmann

aus

Deutschland

Genehmigt auf Antrag der Herren

Prof. Dr. Sven Reinecke

und

Prof. Dr. Thomas Bieger

Dissertation Nr. 3713

Cuvillier Verlag Göttingen, 2009

2

Die Universität St. Gallen, Hochschule fürWirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den

darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.

St. Gallen, den 19. Oktober 2009

Der Rektor:

Prof. Ernst Mohr, PhD

Diese Arbeit erscheint unter dem Titel „Systematisierung von Werbestrategien als Kernele-

ment des Werbeplanungsprozesses: Eine explorative Untersuchung“ im Cuvillier Verlag,

Göttingen, 2009.

ISBN 978-3-86955-202-6

3

Vorwort Diese Arbeit ist während meiner Zeit als externer Doktorand am Institut für Marketing (IfM)

an der Universität St. Gallen entstanden. Von der Universität wurde sie im Oktober 2009 als

Dissertation angenommen.

Der Anstoß zu dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Werbestrate-

gien ging zurück auf meine beruflichen Erfahrungen mit der Planung und Umsetzung von

Werbekampagnen bei der internationalen Werbeagentur Foote Cone Belding (FCB), heute

Draft FCB, die mit dem FCB-Grid Anfang der achtziger Jahre einen Ansatz zur Generierung

von Werbestrategien entwickelt hat.1

Den zahlreichen Personen, die durch Ihre Unterstützung zum Gelingen dieser Arbeit beigetra-

gen haben, möchte ich an dieser Stelle danken.

Mein besonderer Dank gilt natürlich meinem Doktorvater Professor Dr. Sven Reinecke, der

mich als externen Praktiker zur Promotion angenommen hat und mich durch alle Phasen der

Dissertation mit einem stets konstruktiven und motivierenden Feedback begleitet hat und des-

sen fachliche Expertise mir Ansporn war, mein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien

in der vorliegenden Form zu entwickeln. Danken möchte ich auch Herrn Professor Bieger, der

mir als Zweitgutachter insbesondere zur methodischen Vorgehensweise wertvolle Impulse

gegeben hat. Für einen kontinuierlichen, anregenden und motivierenden Diskurs hat das

DespDoc-Team gesorgt, also Annette, Eva, Anne-Kathrin, Carola und Markus, denen ich da-

für sehr dankbar bin.

Großen Dank gebührt allen werbeverantwortlichen Experten, die sich im Rahmen der vorlie-

genden Arbeit zu Experteninterviews bereit erklärt haben und mir umfassende Einblicke in ih-

re Kampagnenarbeit gewährt haben. Insbesondere danke ich Herrn Dr. von Vieregge, Ge-

schäftsführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA sowie Herrn Dr. Goll

für die kritische Reflektion meines Modells.

Die Entstehung dieser Arbeit wäre in dieser Form nicht möglich gewesen ohne die Freiheiten,

die mir mein Arbeitgeber, die Martin Braun KG, und insbesondere mein Vorgesetzter, Herr

Dr. Detlev Krüger, gewährt haben.

Ganz besonderer Dank gebührt meinen Eltern, für die Bildung immer ein hohes nachhaltiges

Gut war und die mich deshalb darin unterstützt haben, auch noch diesen Schritt meiner aka-

demischen Ausbildung zu vollziehen.

Schließlich danke ich sehr herzlich meiner Frau Nicola dafür, dass Sie mir in den vergange-

nen ereignisreichen Jahren immer wieder liebevollen Zuspruch und Unterstützung gegeben

hat sowie meinem Sohn Julian, der auf viele gemeinsame Spielstunden verzichten musste, da-

für aber großes Verständnis zeigte.

Nürnberg, im Dezember 2009 Philipp Stradtmann

1 VAUGHN, 1980

4

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 7

Zusammenfassung.................................................................................................................... 9

Abstract ................................................................................................................................... 10

1. Einleitung ............................................................................................................................ 11

1.1 Problemstellung.............................................................................................................. 11

1.2 Relevanz in Praxis und Forschung ................................................................................. 12

1.3 Bezugsrahmen der Arbeit............................................................................................... 20

1.4 Ziel und Aufbau der Arbeit ............................................................................................ 21

2. Werbeplanung als Teil des Kommunikationsmanagement-Prozesses .......................... 25

2.1 Begriffsdefinition, Aufgaben ......................................................................................... 25

2.2 Akteure ........................................................................................................................... 26

2.3 Prozessmodelle: Phasen und Elemente .......................................................................... 28

2.4 Zusammenfassung.......................................................................................................... 35

3. Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses .................................. 39

3.1 Begriffsdefinition und Aufgaben ................................................................................... 39

3.2 Kernelemente ........................................................................................................... 42

3.2.1 Werbesubjekte und -objekte............................................................................. 43

3.2.2 Werbeziele........................................................................................................ 43

3.2.3 Werbezielgruppen ............................................................................................ 50

3.2.4 Positionierung, Werbebotschaft und -stil ......................................................... 52

3.2.5 Mediamix, Werbeareal- und -timing................................................................ 56

3.3 Systematisierungen von Werbestrategien ...................................................................... 57

3.3.1 Systematisierung nach GUTENBERG............................................................. 59

3.3.2 Systematisierung nach SEYFFERT ................................................................. 63

3.3.3 Systematisierung nach BEHRENS................................................................... 64

3.3.4 Systematisierung nach BIDLINGMAIER ....................................................... 67

3.3.5 Systematisierung nach FAISON ...................................................................... 68

3.3.6 Systematisierung nach ASSAEL...................................................................... 70

3.3.7 Systematisierung nach PERREAULT/McCARTHY....................................... 72

3.3.8 Systematisierung nach KROEBER-RIEL/ESCH............................................. 73

3.3.9 Systematisierung nach BRUHN....................................................................... 76

3.3.10 Systematisierung nach KOTLER ET AL......................................................... 80

3.4 Zusammenfassung und Fazit .......................................................................................... 82

3.5 Anforderungen an das Forschungsmodell...................................................................... 85

4. Grundlagen zur Modellentwicklung................................................................................. 86

4.1 Konsolidierung der bestehenden Werbestrategie-Systematisierungen .......................... 86

4.2 Der theoretische Bezugsrahmen..................................................................................... 92

5

4.2.1 Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF als Systematisierungsraster .................. 92

4.2.2 Der aufgabenorientierte Ansatz von TOMCZAK und REINECKE ................ 96

4.2.3 Bewertung der Kernaufgaben-Seite ............................................................... 103

4.2.4 Bewertung der Kernkompetenzen-Seite......................................................... 105

4.2.5 Auswahl des theoretischen Bezugsrahmens................................................... 108

4.3 Elemente des vorläufigen Modells ......................................................................... 109

4.4 Forschungsleitende Fragestellung ................................................................................ 115

5. Konzeption der empirischen Untersuchung .................................................................. 118

5.1 Forschungsprozess und Forschungsmethodik im Überblick........................................ 118

5.2 Fallstudien als Forschungsmethode ............................................................................. 120

5.3 Datenquellen der Fallstudienanalyse............................................................................ 127

5.3.1 Dokumentenanalyse ....................................................................................... 128

5.3.2 Fokussiertes, leitfadenbasiertes Interview...................................................... 128

5.3.3 Expertenworkshops ........................................................................................ 132

5.4 Auswahl der Fälle......................................................................................................... 134

5.5 Auswertung der Fallstudien-Daten............................................................................... 138

5.6 Zusammenfassung........................................................................................................ 141

6. Ergebnisse der empirischen Untersuchung ................................................................... 142

6.1 Ergebnisse zu den Werbestrategie-Archetypen auf Fallstudienbasis........................... 142

6.1.1 Kampagnen-Fallstudie „BILDmobil“, Axel Springer.................................... 143

6.1.2 Kampagnen-Fallstudie Audi Q7, Audi........................................................... 149

6.1. Kampagnen-Fallstudie Paula, Dr. Oetker ...................................................... 156

6.1.4 Kampagnen-Fallstudie Dove pro•age, Unilever............................................. 162

6.1.5 Kampagnen-Fallstudie Eucerin, Beiersdorf ................................................... 167

6.1.6 Kampagnen-Fallstudie Touareg, Volkswagen ............................................... 173

6.1.7 Kampagnen-Fallstudie Balisto, Mars ............................................................. 177

6.1.8 Kampagnen-Fallstudie Rama Cremefine, Unilever ....................................... 184

6.1.9 Kampagnen-Fallstudie Golf Schlämmer Blog, Volkswagen ......................... 190

6.1.10 Kampagnen-Fallstudie Drei Wetter Taft, Henkel .......................................... 197

6.1.11 Kampagnen-Fallstudie 1 Euro-Menü, McDonald’s ....................................... 201

6.1.12 Kampagnen-Fallstudie Flatrate XXL local, T-Com....................................... 206

6.1.13 Kampagnen-Fallstudie Gillette Fusion, Procter & Gamble ........................... 213

6.1.14 Kampagnen-Fallstudie Bertolli, Unilever ...................................................... 217

6.1.15 Kampagnen-Fallstudie Allfinanz, Dt. Sparkassen- und Giroverband............ 222

6.1.16 Kampagnen-Fallstudie Mehrprodukte-Vermarktung, ING-DiBa .................. 228

6.2 Ergebnisse zu notwendigen Rahmenbedingungen und Kompetenzen................... 233

7. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse...................................................... 242

7.1 Generelle Schlussfolgerungen...................................................................................... 242

7.1.1 Schlussfolgerungen für das Grundmodell ...................................................... 242

7.1.2 Bewertung der Modellindikatoren ................................................................. 243

6

7.2 Schlussfolgerungen für die Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien........... 246

7.2.1 Schlussfolgerungen für den Archetyp Einführungswerbung .......................... 249

7.2.2 Schlussfolgerungen für den Archetyp Expansionswerbung............................ 254

7.2.3 Schlussfolgerungen für den Archetyp Loyalitätswerbung .............................. 263

7.3 Kompetenzen – Voraussetzungen für den Konsistenz-Fit ........................................... 266

8. Fazit ................................................................................................................................... 268

8.1 Limitationen ................................................................................................................. 268

8.2 Weiterer Forschungsbedarf .......................................................................................... 270

8.3 Idealtypisches Werbeplanungsmodell für die Werbepraxis......................................... 274

8.4 Fazit und Ausblick ....................................................................................................... 278

Literaturverzeichnis............................................................................................................. 280

Anhang .................................................................................................................................. 302

7

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die Werbeplanung in der Planungshierarchie des Unternehmens..................... 25

Abbildung 2: Übersicht verschiedenen Ansätze zum Ablauf des Werbeplanungsprozesses... 31

Abbildung 3: Kommunikationsziele und Zielgrößen............................................................... 46

Abbildung 4: Kategorien und Merkmale zur Segmentierung von Zielgruppen....................... 51

Abbildung 5: Positionierungsstrategien aus der Perspektive des Positionierungsmodells ...... 54

Abbildung 6: Übersicht der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien............ 59

Abbildung 7: Normziele der Positionierung ............................................................................ 74

Abbildung 8: Implizite Dimensionen der Systematisierung von BRUHN .............................. 79

Abbildung 9: Indikatoren der verschiedenen Werbestrategie-Systematisierungen ................. 83

Abbildung 10: Übereinstimmende Charakterisierungen von Werbearten ............................... 89

Abbildung 11: Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF............................................................. 93

Abbildung 12: Erweiterte Produkt-Markt-Zielgruppen-Matrix nach KOTLER...................... 95

Abbildung 13: Kompetenzen und Kernaufgaben..................................................................... 97

Abbildung 14: Überblick über die Kernaufgaben des Marketing ............................................ 99

Abbildung 15: Wachstums- und Gewinnoptionen ................................................................. 105

Abbildung 16: Spezifische Kompetenzen zur Erfüllung der Kernaufgaben.......................... 106

Abbildung 17: Typologien im Hinblick auf Marketing-Kernaufgaben und -Kompetenzen.. 107

Abbildung 18: Entscheidungsmatrix für Forschungsstrategien ............................................. 121

Abbildung 19: Entscheidungsmatrix zu den vier Fallstudien-Kerntypen .............................. 123

Abbildung 20: Übersicht Fallstudien nach Segmenten und Branchen................................... 142

Abbildung 21: Kampagnen-Steckbrief BILDmobil ............................................................... 144

Abbildung 22: Ausprägungen der BILDmobil-Kampagne als Einführungswerbung........... 148

Abbildung 23: Kampagnen-Steckbrief Audi Q7.................................................................... 151

Abbildung 24: Ausprägungen der Audi Q7-Kampagne als Einführungswerbung................. 155

Abbildung 25: Kampagnen-Steckbrief Dr. Oetker Paula...................................................... 157

Abbildung 26: Ausprägungen der Paula-Kampagne als Einführungswerbung...................... 162

Abbildung 27: Kampagnen-Steckbrief Dove pro age ............................................................ 164

Abbildung 28: Ausprägungen der Dove pro•age-Kampagne als Einführungswerbung ........ 167

Abbildung 29: Kampagnen-Steckbrief Eucerin ..................................................................... 170

Abbildung 30: Zielgruppendifferenzierte Ansprache............................................................. 171

Abbildung 31: Ausprägungen der Eucerin-Kampagne als Einführungswerbung.................. 173

Abbildung 32: Kampagnen-Steckbrief Touareg .................................................................... 174

Abbildung 33: Ausprägungen der Touareg-Kampagne als Expansionswerbung .................. 177

Abbildung 34: Kampagnen-Steckbrief Balisto ...................................................................... 178

Abbildung 35: Ausprägungen der Balisto-Kampagne als Expansionswerbung ................... 184

Abbildung 36: Kampagnen-Steckbrief Rama Cremefine ...................................................... 186

Abbildung 37:Ausprägungen der Rama Cremefine-Kampagne als Expansionswerbung..... 190

8

Abbildung 38: Kampagnen-Steckbrief VW Golf................................................................... 192

Abbildung 39: Ausprägungen der VW Golf-Kampagne als Expansionswerbung................ 196

Abbildung 40: Kampagnen-Steckbrief Drei Wetter Taft ....................................................... 198

Abbildung 41: Ausprägungen der Drei-Wetter-Taft-Kampagne als Expansionswerbung ... 201

Abbildung 42: Kampagnen-Steckbrief McDonald's .............................................................. 202

Abbildung 43: Ausprägungen der McDonald’s-Kampagne als Loyalitätswerbung ............ 205

Abbildung 44: Kampagnen-Steckbrief T-Com ...................................................................... 208

Abbildung 45: Ausprägungen der T-Com-Kampagne als Loyalitätswerbung..................... 212

Abbildung 46: Kampagnen-Steckbrief Gillette...................................................................... 214

Abbildung 47: Ausprägungen der Gillette-Fusion-Kampagne als Loyalitätswerbung......... 216

Abbildung 48: Kampagnen-Steckbrief Bertolli ..................................................................... 218

Abbildung 49: Produktspezifische Kampagnen-Segmentierung ........................................... 219

Abbildung 50: Ausprägungen der Bertolli-Kampagne als Cross-Selling-Werbung............. 222

Abbildung 51: Kampagnen-Steckbrief Sparkasse.................................................................. 224

Abbildung 52: Ausprägungen der Sparkassen-Kampagne als Cross-Selling-Werbung ........ 227

Abbildung 53: Kampagnen-Steckbrief ING-DiBa................................................................. 230

Abbildung 54: Ausprägungen der ING-DiBa-Kampagne als Cross-Selling-Werbung ....... 232

Abbildung 55: Potentielle Bruchstellen im Ableitungsprozess.............................................. 233

Abbildung 56: Unterschiede im Hinblick auf den Involvementcharakter der

Produkte/Leistungen............................................................................................................... 245

Abbildung 57: Erweitertes Modell aufgabenorientierter Werbestrategien ............................ 246

Abbildung 58: Fallstudien im Hinblick auf den jeweiligen Werbestrategie-Archetyp.......... 247

Abbildung 59: Kernelemente der Werbestrategie .................................................................. 249

Abbildung 60: Charakteristika des Archetypus Einführungswerbung................................... 252

Abbildung 61: Charakteristika des Archetypus Follow-up Werbung.................................... 256

Abbildung 62: Charakteristika des Archetypus Rebrush-Werbung....................................... 259

Abbildung 63: Charakteristika des Archetypus Relaunch-Werbung ..................................... 263

Abbildung 64: Charakteristika des Archetypus Loyalitätswerbung ...................................... 265

Abbildung 65: Notwendige Kompetenzen ............................................................................ 266

Abbildung 66: Übersicht Fallstudien nach Marketingaufgaben-Typologien......................... 272

Abbildung 67: Idealtypisches Ablaufmodell zur Werbeplanung........................................... 275

Abbildung 68: Analyseebenen zur Werbestrategie-Entwicklung .......................................... 277

Zusammenfassung

Werbetreibende Unternehmen sind bestrebt, die Effizienz und die Effektivität Ihrer Werbeak-

tivität permanent zu optimieren. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist ein umfassender und

konsistenter Werbeplanungsprozess. Kernelement eines solchen ist die Werbestrategie. Um-

fang und Qualität der Werbestrategie sowie ihre Übereinstimmung mit der übergeordneten

Kommunikations- und Marketingstrategie des Unternehmens sind maßgeblich für den kom-

munikativen Erfolg.

Auf Basis bestehender Ansätze zur Systematisierung von Werbestrategien wird in dieser Ar-

beit ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien entwickelt und in Form einer explorati-

ven Untersuchung anhand von 16 Kampagnen-Fallstudien überprüft.

Dabei werden drei Archetypen von Werbestrategien mit entsprechenden Untervarianten iden-

tifiziert: Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung), Expansi-

onswerbung (Follow-up-, Rebrush- und Relaunch-Werbung) und Loyalitätswerbung.

Diese drei Archetypen unterscheiden sich signifikant im Hinblick auf den Charakter der be-

worbenen Leistung (Leistungspflege vs. Leistungsinnovation), den Zielgruppenfokus (Neu-

versus Bestandskunden), die Höhe des Budgets, die kommunikativen Werbeziele, Positionie-

rung und Werbebotschaft, den Stellenwert der Mediawerbung im Kommunikationsmix sowie

die Wahl des Leitmediums.

Mit dem in dieser Arbeit entwickelten Modell aufgabenorientierter Werbestrategien können

Werbetreibende sicherstellen, dass ihre Werbeaktivitäten eine umfassende strategische Grund-

lage haben und somit Werbeeffektivität und –effizienz gewährleistet sind.

10

Abstract

Constantly advertisers are seeking to optimize efficiency and effectiveness of their advertising

activities. To achieve this, a comprehensive and consistent planning process in advertising be-

comes an essential requirement. Key element is the advertising strategy. Quality, coverage

and accordance with the superior communication and marketing strategy are crucial for the

communicative impact.

Against this background this thesis will develop a model of task-oriented advertising strate-

gies based on existing approaches to classify advertising strategies. Furtherly, the model will

be tested by an explorative analysis of 16 campaign-cases.

Three major types of advertising strategies with corresponding sub classifications will be

identified: launch advertising (introductory advertising, line-extension advertising), expansion

advertising (follow-up, rebrush und relaunch advertising) and loyalty advertising.

These three types of strategies show significant differentiation with respect to the character of

the goods and services advertised, target group, height of budget, communicative objectives,

positioning, advertising message, weight of media advertising within the over-all communica-

tion mix as well as selection of the lead media.

Following the model of task-oriented advertising strategies, companies can ensure that their

advertising activities are based on a complete strategic basis safeguarding advertising effec-

tiveness and efficiency.

11

1. Einleitung

„Strategie ist ein großes Wort. Oft überlebensgroß. Wenn es in einem Meeting fällt, erstarren

alle zur Salzsäure, und jeder hofft auf den Messias, der den Weg weist. Doch man muss sich

bewusst machen, dass Strategie oft nur das probate Mittel für die Schwachen ist. Strategie

kann helfen, trotz unterlegener Leistung ein höheres Momentum zu erzielen. Sie ist wichtig für

den, der es mit schierer Leistung nicht schafft.“2

Holger Jung und Jean-Remy von Matt, Inhaber der Kreativ-Agentur Jung von Matt

1.1 Problemstellung

In der aktuellen Wirtschaftskrise werden die Ausgaben für Werbung deutlich reduziert.3 Wer-

betreibende Unternehmen sind deshalb umso mehr bestrebt, sowohl die Effektivität als auch

die Effizienz ihrer Werbeaktivität permanent zu optimieren. Dabei bemisst sich Werbeeffekti-

vität nach TROMMSDORFF und BECKER4 an dem Grad der Zielerreichung (wird z. B. auf

Grundlage der Werbestrategie „das Richtige“ getan), während Werbeeffizienz beschreibt, ob

diese Aktivität auch „richtig“, d.h. in wirtschaftlicher Weise (ideales Output-Input-Verhältnis)

erreicht wurde.5 Erfolgreiche Werbekommunikation basiert somit auf Effektivität und Effi-

zienz, wobei effektive Werbekommunikation eine notwendige Voraussetzung für Werbeeffi-

zienz ist, weil ansonsten im schlimmsten Fall die falschen Werbeziele mit kleinem Budget er-

folgreich erreicht werden. Dementsprechend kommt der systematischen Werbeplanung sowie

der Werbestrategie als ihrem Kernelement per se eine maßgebliche Rolle zur Gewährleistung

der Werbeeffektivität zu. Gleichzeitig hat die Werbeplanung und mit ihr die Werbestrategie

aber auch im Hinblick auf die Werbeeffizienz eine besondere Bedeutung: Beide liefern einen

notwendigen Handlungsrahmen, innerhalb dessen die Ressourcen zur Strategieumsetzung mit

maximaler Effizienz eingesetzt werden. Insofern steht die Frage der Werbeffektivität im Fo-

kus dieser Forschungsarbeit.

Diese grundsätzliche Bedeutung werbeplanerischer und werbestrategischer Arbeit für die

Kampagnenverantwortlichen wird durch folgende aktuelle Faktoren verstärkt, die dazu füh-

ren, dass der Wertbeitrag von Werbekommunikation nicht nur sichergestellt, sondern auch

verstärkt belegt werden muss: Die Verschärfung des Kommunikationswettbewerbes (aktuelle

Relevanz), Planungsdefizite in der Werbekommunikationspraxis (Bedarf) sowie die unzurei-

chende Systematisierung von Werbestrategien (Defizit).6

2 JUNG/VON MATT, 2002, S. 135 3 LÖHR, 2009, S. 19; LEMBJ 4 TROMMSDORF/BECKER, 2001, S. 9 5 Eine zentrale Kenngröße in der Werbeeffizienz-Messung ist das pro Prozentpunkt Werbeerinnerungsleistung

(Recall-Wert) eingesetzte Mediawerbevolumen in Tsd. Euro im Vergleich zum Wettbewerb. Für die Auto-mobil-Industrie wird dieser Wert jährlich im BrandControl-Monitor erfasst.

6 BRUHN, 2005a, V; NUNES/MERRIHUES, 2007, S. 63

12

Diese drei Faktoren, die nachfolgend detailliert erläutert werden, führen dazu, dass Werbe-

strategien als Kernelement eines umfassenden und konsistenten Werbeplanungsprozesses eine

besondere Bedeutung für Effektivitätserreichung bzw. -sicherung zukommt.

Bislang fehlen jedoch konsistente, sowohl theoretische fundierte wie auch empirisch ausrei-

chend belegte Systematisierungen von Werbestrategien als Kernelement eines Werbepla-

nungsprozesses, die den Verantwortlichen eine Orientierung bei der Ableitung einer marke-

tingstrategiekonformen Werbeaktivität geben.

1.2 Relevanz in Praxis und Forschung

Verschärfung des Kommunikationswettbewerbes

Angesichts homogenisierter Leistungsangebote wächst die Bedeutung von Kommunikation

als differenzierendem strategischem Wettbewerbsfaktor.7 Dementsprechend hat sich der

Kommunikationswettbewerb in den letzten Jahren auf allen Ebenen verschärft und stellt Un-

ternehmen im Rahmen ihrer Kommunikationsarbeit vor immer umfangreichere und komple-

xere Aufgabenstellungen.8 Veränderte gesellschaftliche, technologische, wirtschaftliche sowie

kommunikationsrechtliche Rahmenbedingungen sowie die Diversifikation der Kommunikati-

onsmittel bei gleichzeitiger Atomisierung der Medienträger9 machen es den Unternehmen zu-

nehmend schwieriger, ihre gleichzeitig fragmentierten Zielgruppen mit wachsendem Indivi-

dualisierungsgrad10 und mit abnehmenden Interesse an den klassischen Kommunikationsin-

strumenten effektiv und effizient zu erreichen.11

Mediawerbung hat zwar innerhalb des Kommunikationsmixes – vor allem in Konsumgüter-

märkten – weiterhin eine „herausragende Stellung“12. So wird ihr von den Unternehmen die

höchste strategische Relevanz gegenüber den übrigen Kommunikationsinstrumenten zuge-

sprochen.13 Eine Untersuchung von BRUHN und BOENIGK ergab entsprechend, dass 40 %

des Gesamtbudgets für Kommunikation für Mediawerbung eingesetzt wird.14 Gleichzeitig ist

der Rechtfertigungsdruck, unter dem Werbung und somit die für sie verantwortlichen Ent-

scheider stehen, so alt wie die Werbung selbst15.

7 BRUHN, 2005, S. 76 8 KLOSS, 2007, S. 113; BRUHN, 2005a, S. 73 ff. 9 ZAW, 2007, S. 13 ff. 10 GERKEN, 1989, S. 69 ff.; MEFFERT, 2000, S. 107, S. 1007; KÖHLER, 2001, S. 117ff. 11 BRUHN, 2005a, V 12 NUNES/MERRIHUES, 2007, S.65f.; BRUHN, 2005a, S. 500 13 BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 69 14 BRUHN, 2005a, S. 350; BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 63, S. 75, S. 166 15 Entsprechend dem populären Zitat von Wannamaker: "Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist herausgewor-

fenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte."

13

Dennoch gibt es drei aktuelle Entwicklungen, die diesen Wettbewerbsdruck für die Kommu-

nikation insgesamt und insbesondere für die Mediawerbung als ihr zentrales Instrument zu-

sätzlich steigen lassen und damit die Notwendigkeit von Planung zur Steigerung der Wirt-

schaftlichkeitswahrscheinlichkeit erhöhen: Der Kostenfaktor Mediawerbung, Mediawerbung

im integrierten Kommunikations-Mix und Mediawerbung als Treiber des Markenwertes.

Kostenfaktor Mediawerbung: Unternehmen geben circa 10 – 20 % ihrer Erträge für Werbe-

kommunikation aus.16 Die Gesamtaufwendungen für Werbung in Deutschland betrugen 2008

30,67 Milliarden Euro (minus 0,5 % gegenüber dem Vorjahr), europaweit wurden circa 120

Milliarden Euro, weltweit über 400 Milliarden in Werbung investiert.17 Nach Schätzung des

Forschungsinstituts Prognos wird der deutsche Kommunikationsmarkt (also sämtliche Kom-

munikationsinstrumente, nicht nur Mediawerbung) im Jahr 2010 ein Volumen von 339 Milli-

arden Euro haben.18 Insbesondere im Bereich der Konsumgüter sind hohe Werbeinvestitionen

notwendig, um neue Produkte bzw. Leistungen im Markt zu etablieren, bzw. bei bestehenden

die Marktposition zu stabilisieren bzw. auszubauen.19

Über die normale Preissteigerung hinaus gibt es weitere Treiber, die Werbeaufwand proporti-

onal und absolut steigen lassen: Die rasante Ausweitung des Leistungs- und Markenportfolios

von Unternehmen als Ergebnis von Diversifikationsstrategien und die daraus resultierenden

kürzeren Produkt- und Markenlebenszyklen20, die fortschreitende Internationalisierung der

Unternehmen, wobei die Adressierung zusätzlicher Märkte Anpassungen an die jeweils unter-

schiedlichen Sprach- und Kulturräume bedingen21, die fortschreitende Fragmentierung der

Zielgruppen22, die wiederum einhergeht mit der Diversifikation der Werbemittel23; die Atomi-

sierung der Medien bzw. Werbeträger24 sowie Me-too-Strategien in den Werbeaktivitäten der

Wettbewerber25.

Alle diese Faktoren bedingen für die Planung und Umsetzung von Werbekommunikation ein

deutliches Wachstum im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität der Aufgaben, was

sich wiederum in einem kostentreibenden, höheren Ressourceneinsatz niederschlägt.26

Angesichts des oftmals hohen Reifegrads ihrer Heimatmärkte sowie der globalen Wachs-

tumsperspektiven entscheiden sich viele Unternehmen dazu, ihr Leistungsportfolio und – ver-

16 BRUHN, 2005a, S. 115 17 ZAW, 2008, S. 9; S. 22 ff. 18 DIW/PROGNOS, 1995, S. 142 19 BRUHN, 2005a, S. 57; PIMPL, 2003a, S. 18; BROSCHE/WISSMEIER, 1993, S. 822 20 WILDEMANN, 1991, S. 17; SPECHT/BECKMANN/AMELINGMEYER, 2002, S. 3 21 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 855 f. 22 GERKEN, 1989, S. 69 ff.; MEFFERT, 2000, S. 107, S. 1007; KÖHLER, 2001,S. 118; MEF-

FERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 852, S. 856 23 KLOSS, 2007, S. 22 24 ZAW, 2007, S. 13 ff. 25 KLOSS, 2007, S. 57 ff. 26 BRUHN, 2005a, S. 115 ff.

14

bunden damit – oft ihr Markenportfolio auszuweiten.27 Dieser Prozess geht häufig einher mit

der Adressierung neuer Absatzmärkte in oftmals fremden Sprach- und Kulturräumen. Dies

bedingt eine entsprechende internationale Organisation für die länderübergreifende Marken-

und Werbekommunikationssteuerung.28 Bei beiden strategischen Stoßrichtungen kommt der

Mediawerbung mit ihrer Fähigkeit, Leistungen und Marken bei einem breiten Zielpublikum

bekannt zu machen und zu profilieren, eine hohe strategische Bedeutung zu.29 Durch kürzere

Produkt- und Markenlebenszyklen (z. T. bedingt durch Unternehmensverkäufe und -fusionen)

wird dieser Prozess zusätzlich verschärft. So beträgt die Zahl der beworbenen Marken im

deutschen Markt mittlerweile 64.000, denen 28.770 werbende Unternehmen gegenüberste-

hen.30 Die Fragmentierung der Zielgruppen31 geht einher mit einer Atomisierung der Werbe-

träger.32 Gleichzeitig bietet sich den Unternehmen mit dem Internet ein neues Kommunikati-

onsinstrument, das aktuell als Werbeträger enorme Zuwächse verzeichnet.33 Die Konsequenz

daraus ist: Der Umfang und die Komplexität der Werbekommunikation wachsen deutlich.

Dies bedingt eine adäquate Anpassung der Ressourcenausstattung im Bezug auf den Umfang

der Mittel als auch insbesondere im Hinblick auf das zur Verfügung stehende Know-how der

verantwortlichen Werbetreibenden. Als Me-too-Verhalten, mit dem sich die werbetreibenden

Unternehmen „hochschaukeln“ charakterisiert BRUHN die Tendenz, sich durch einen höhe-

ren Werbedruck gegen den Wettbewerb durchzusetzen und das vorherige Niveau der Werbe-

effektivität zu erhalten.34

Mediawerbung im integrierten Kommunikations-Mix: Durch die wachsende Bedeutung

einer dialog- und beziehungsorientierten Kommunikation35 bei gleichzeitig nachlassender

Akzeptanz massenmedialer Werbekommunikation36 ist die Relevanz alternativer Kommuni-

kationsinstrumente (beispielsweise Direct Marketing, Sponsoring, Verkaufsförderung) in den

vergangenen Jahren deutlich gestiegen.37 Gleichzeitig bedingt die wachsende Fragmentierung

der Mediennutzung38 auf Konsumentenseite den Einsatz unterschiedlicher Kommunikations-

instrumente, um einzelne Zielgruppen sinnvoll zu erreichen. Die Konsequenz dieser Entwick-

lung ist: Mediawerbung steht im verschärften interkommunikativen Effektivitäts- und Effi-

27 Entgegen einer solchen Diversifizierungsstrategie gibt es jedoch Gegenbeispiele, bei denen Unternehmen wie

z. B. Unilever, Philip Morris/Kraft Foods, und Altana sich Hinblick auf Geschäftsfelder, Märkte und Marken für eine Fokussierungsstrategie entschieden haben.

28 BERNDT, R./FANTAPIÉ ALTOBELLI, C. ET AL. (2005a); S. 225 ff.; BRUHN, 2005b, S. 292 ff.; THIEME, W.M., 2000, S. 293 ff.

29 BRUHN, 2003a, S. 95 30 ZAW, 2007, S. 9 31 BRUHN, 2005a, S. 545 32 BRUHN, 2005a, S. 75 33ZAW, 2007, S. 12 f. 34 BRUHN, 2005a, S. 82 f. 35 BRUHN, 2005a, S. 72, SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 79I 36 BRUHN, 2005a, S. 75 37 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 108 38 HOLTZ-BACHA/PEISER, 1999, S. 45 ff.

15

zienzwettbewerb mit den übrigen Kommunikationsinstrumenten.39 Gleichzeitig hat es in den

letzten Jahren eine deutliche Verschiebung im intramedialen Mediawerbungswettbewerb ge-

geben: Das Internet hat als Werbemedium massiv an Bedeutung gewonnen.40 So stieg der

Umsatz mit Onlinewerbung in 2008 um 29 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro.41 Hintergrund

dieser Entwicklung ist: Auch die traditionellen Media-Top-Spender im Konsumgüter- und

Automobilbereich setzen verstärkt Microsites und Online-Werbeformate für ihre Werbekam-

pagnen ein42, so dass „Online“ im Markenbildungsprozess einen wachsenden Stellenwert be-

kommt.43

Sowohl der gewachsene inter- wie auch der intramediale Wettbewerb erfordert die inhaltliche,

formelle und zeitliche Abstimmung des Instrumenten-Mixes mit dem Ziel einer integrierten

Kommunikation, die als strategischer Erfolgsfaktor deutlich an Bedeutung gewinnt.44 Ange-

sichts ihrer Bekanntmachungsqualität45 ist Mediawerbung nach BRUHN im Rahmen der in-

tegrierten Kommunikation das Leitinstrument und übernimmt somit eine Führungsfunktion

für die Ausrichtung der Gesamtkommunikation.46 Damit erhöht sich für den Einsatz von Me-

diawerbung der Planungs-, Steuerungs- und Kontrollbedarf gegenüber früher deutlich. Werbe-

treibende und ihre Dienstleister sind herausgefordert, die Orchestrierung der Werbemittel und

Kommunikationskanäle inhaltlich-konzeptionell, organisatorisch-strukturell und personell-

kulturell zu bewältigen.47

Mediawerbung als Treiber des Markenwertes: In den vergangenen Jahren hat die monetäre

Bestimmung des Markenwertes erheblich an Bedeutung gewonnen. Gründe dafür sind:

• Bei Unternehmensaufkäufen und -zusammenschlüssen entscheidet der Wert des Marken-

portfolios maßgeblich über den Kaufpreis;

• bei der Nutzung der Marke im Lizenz- und Franchisegeschäft werden die Gebühren durch

den Markenwert beeinflusst;

• der Markenwert ist die zentrale Zielgröße zur Steuerung des Markenportfolios;

• Markensteuerung und -controlling basieren auf dem Markenwert als zentraler Planungs-

größe.48

Bei der Schaffung und Pflege des Markenwertes kommt der Mediawerbung eine besondere

Bedeutung zu. Dementsprechend schließen alle Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen zum

Markenwert auch die Effektivität von Mediawerbung ein. Dies zeigt sich deutlich in der Dis- 39 BRUHN, 2005a, S. 82 40 EDELMAN, 2007; Referenz: Wachsende Bedeutung Online-Werbung 41 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. BITKOM, 30. Dezember,

2008, S. 1 42 INTERNET WORLD BUSINESS 2007 43 HOLLIS, 2005, S. 17 44 KITCHEN, P./BRIGNELL, J./LI, T. , 2004, S. 22; BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 82 ff. 45 BRUHN, 2005a, S. 543 46 BRUHN, 2005a, S. 500 47 SASSER, S.L./KOSLOW, S./RIORDAN, E.A., 2007, S. 254; BRUHN, 2005a, S. 115 ff. 48 HAEDRICH/TOMCZAK/KAETZKE, 2003, S. 171 ff.

16

kussion aktueller Markenwert-Rankings, in denen Unternehmen wie ebay, Google und Ama-

zon, die sehr wenig bzw. gar nicht in Mediawerbung investieren, trotzdem Spitzenpositionen

einnehmen und somit den Legitimationsdruck auf die klassische Mediawerbung im Hinblick

auf ihre Effektivität erhöhen.49

Angesichts des hohen budgetären Stellenwerts von Mediawerbung, der gewachsenen Kom-

plexität bei der Umsetzung einer integrierten Kommunikation sowie dem werttreibenden Cha-

rakter von Mediawerbung für den Markenwert erscheint ein systematischer, differenzierter

und integrierter Werbeplanungsprozess notwendig. Eine besondere Bedeutung kommt dabei

im Hinblick auf die Effektivität von Werbung dem Planungsteil der Werbestrategie zu, denn

mit ihr werden die Weichen für den weiteren konzeptionellen Planungs- und operativen Um-

setzungsprozess gelegt.

Planungsdefizite in der Werbepraxis

Aus den skizzierten Veränderungen und Herausforderungen resultiert ein gewachsener Pla-

nungsbedarf auf Seiten der Werbeverantwortlichen. Hier sind jedoch anhaltende Planungsde-

fizite zu beobachten, die vielfältige Ursachen haben. Während zur Erhöhung der Werbeeffi-

zienz insbesondere im Hinblick auf die Media-Planung vielfältige Anstrengungen unternom-

men werden50, bestehen bei der Sicherstellung der Werbeeffektivität deutliche Umsetzungsde-

fizite und Kompetenzlücken, wie eine Reihe empirischer Untersuchungen exemplarisch auf-

zeigen:

• Auf Basis einer Befragung von Marketing-Verantwortlichen im Frühjahr 2000 zum Ein-

satz von Instrumenten und Verfahren des Marketingcontrollings stellen REINECKE und

TOMCZAK fest, dass der Werbe- und Kommunikationserfolg – im Gegensatz zu anderen

Marketinginstrumenten – deutlich weniger im Mittelpunkt des Interesses steht.51 Nur 22

% der Befragten gaben an, den Werbe- und Kommunikationserfolg regelmäßig zu über-

prüfen, fast doppelt so viele (40 %) verzichten vollständig auf ein solches Werbecontrol-

ling und 39 % führen es nach eigenen Angaben nur „unregelmäßig“ durch. Diese Zurück-

haltung steht im Gegensatz zu der Einschätzung, dass eine solche Überprüfung wichtig sei

(4,9 Punkte bei 7 Punkten maximal und einem Höchstwert von 5,9). REINECKE und

TOMCZAK führen dieses Defizit auf die Schwierigkeit zurück, den Wertbeitrag „weicher

Faktoren“ (Werbewirkung) umfassend zu quantifizieren.52 Weitere Gründe für die Zu-

rückhaltung der Werbeverantwortlichen beim Einsatz von Werbecontrolling-Maßnahmen

49 CHRISTENSEN/COOK/HALL, 2005, S. 80; JOACHIMSTHALER/AAKER, 1997, S. 42 50 UNGER/DURANTE/GABRYS, 2007, S. 334 51 REINECKE /TOMCZAK, 2001, S. 79 52 REINECKE und TOMCZAK, 2001, S. 79

17

dürften auch in der eingeschränkten Umsetzbarkeit (strukturelle Rahmenbedingungen,

Aufwand) und dem unerwünschten Erfolgsdruck liegen.53

• In einer weiteren im Jahr 2000 durchgeführten Untersuchung von REIBSTEIN und

REINECKE zum Einsatz von Marketing-Kennzahlen wird der geringe Stellenwert von

Kommunikations- und Werbezielen bestätigt. Nach Aussage der befragten Marketingver-

antwortlichen in Deutschland und der Schweiz stehen ökonomische Erfolgsgrößen wie

Umsatz, Absatz, Deckungsbeitrag etc. als zentrale Steuerungsgrößen eindeutig im Vor-

dergrund. Kommunikative Zielgrößen wie Bekanntheitsgrad (wird von 36 % der Befrag-

ten regelmäßig erhoben), Kaufabsicht (15 %) oder Share of Voice (13 %)54 werden dage-

gen nur von einem Teil der Unternehmen in Regelmäßigkeit ermittelt. Gleichzeitig be-

hauptet die Mehrheit der Führungskräfte, die erhobenen Kennzahlen intensiv für eine sys-

tematische Rückkoppelung zwischen Planung und Zielerreichung im Marketing-

Management-Prozess zu nutzen.55

• STEFFENHAGEN und SIEMER zeigen in ihrer 1993 durchgeführten empirischen Studie

„Untaugliche Werbeziele in der Praxis“ auf, dass die Werbeverantwortlichen zwar die Un-

terscheidung zwischen Werbe- und Marketingzielen für notwendig bzw. sogar sehr not-

wendig halten56, es ihnen aber dennoch in der Praxis schwerfällt, spezifische kommunika-

tive Werbeziele von klassischen Marketing- und Kommunikationszielen im Werbepla-

nungs- und -kontrollprozess zu unterscheiden. Gleiches ließ sich im Rahmen der in dieser

Untersuchung durchgeführten Fallstudien feststellen (siehe Kapitel 6.1). STEFFENHA-

GEN und SIEMER stellen fest, dass die in den Unterlagen genannten Werbeziele nach

willkürlich anmutenden Kriterien voneinander abgegrenzt wurden. Zudem stellen sie fest,

dass eine große Anzahl der in der Praxis formulierten Werbeziele den Anforderungen an

taugliche Werbezielformulierungen57 nicht genügen.58 Die Studie untersuchte Werbeziele

anhand der Kriterien „Reagibilität der Zielvariablen“, „selektive Steuerungskraft“ sowie

„Verhaltensrelevanz“ auf Anforderungskonformität und damit Tauglichkeit. Das Ergeb-

nis: In über der Hälfte aller untersuchten Fälle (51 %) wurde die Werbezielformulierungen

mindestens einem dieser Anforderungskriterien nicht gerecht. Darüber hinaus identifizie-

ren STEFFENHAGEN und SIEMER allgemeine Absichtserklärungen, die unklare Bedeu-

tung verwendeter Begriffe sowie die mangelnde Detaillierung der Zielart bzw. -variable

als Ursachen für defekte Werbezielformulierungen.59

53 KLOSS, 2003, S. 5f.; JANSSEN, 1999, S. 17 54 REINECKE / REIBSTEIN, 2001, S. 154 ff. 55 REINECKE/ REIBSTEIN, 2001, S. 160 56 STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S.7 57 STEFFENHAGEN 1993, S. 288; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1995, S. 18; PEPELS, 1999, S. 96 58 STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 19 f. 59 STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 178 ff.

18

Mögliche Ursachen für diese Abgrenzungsschwierigkeiten sehen STEFFENHAGEN und

SIEMER in der mangelnden Professionalität der an der Zielformulierung beteiligten Per-

sonen und der damit verbundenen Unkenntnis werbezielrelevanter Konsequenzen, Stö-

rungen im Interaktions- bzw. Kommunikationsprozess bei den an der Zielformulierung

beteiligten Personen sowie Motivationsprobleme bei der Zielformulierung.60

• In einer weiteren Studie untersuchten GABRIEL, KOTTASZ und BENNETT61 2004 den

Einsatz von Werbe-Wirkungsmodellen im Arbeitsalltag von Account-Verantwortlichen in

britischen Werbeagenturen auf Basis einer Befragung. Das Ergebnis: Die Mehrheit be-

rücksichtigt in der Praxis keine der bekannten Theorien. Allerdings stellten sie auch fest,

dass die Mehrheit keine Animositäten gegenüber Werbe-Wirkungsmodellen hegt, sondern

ihrer Verwendung grundsätzlich offen gegenübersteht. Als Einflussfaktoren für die deutli-

che Theorie-Praxis-Lücke identifizieren GABRIEL, KOTTASZ und BENNETT in ihrer

Untersuchung den Grad des Fachwissens und der Erfahrung der Mitarbeiter in Werbe-

agenturen sowie die generelle Ressourcenausstattung.

• Auf Basis einer 2004 durchgeführten Befragung von Werbeverantwortlichen in Unter-

nehmen und auf Agenturenseite stellt PECHMANN62 fest, dass beide Seiten den Abstim-

mungsprozess zur Kampagnenentwicklung und -umsetzung als ineffizient empfinden. Op-

timierungsbedarf wird an mehreren Stellen gesehen: 75 % der Befragten insgesamt sehen

ihn im besseren „Verständnis für die Unternehmensziele“, davon sogar 67 % der Agentur-

Befragten. 67 % der Befragten auf Agenturenseite, aber auch 52 % der befragten Werbe-

verantwortlichen in Unternehmen sehen Optimierungsbedarf bei der „Qualität des Brie-

fings“. Auf Agenturenseite wird insbesondere über unklare Strukturen und Prozesse auf

Unternehmensseite geklagt, aus denen nach Meinung von 67 % der Befragten deutlicher

Optimierungsbedarf bei den „Entscheidungskompetenzen auf Unternehmensseite“ resul-

tiere. Im Studienfazit verweist PECHMANN auf die Notwendigkeit einer klaren Definiti-

on von Kommunikationszielen in Verbindung mit der verbindlichen Formulierung einer

Kampagnen-Leitidee.63 Ähnliche Kritikpunkte zur Qualität von Briefings in der Werbe-

praxis und den Defiziten im Erstellungs- und Umsetzungsprozess finden sich auch bei

HARTLEBEN64 sowie BACK und BEUTTLER.65

In der Theorie der Werbewissenschaft wird eine Fülle idealtypischer Werbeplanungs-

Ablaufmodelle präsentiert (siehe Kapitel 2.3), ohne dass deren Entwicklung und Praxistaug-

60 STEFFENHAGEN/ SIEMER, 1995, S. 17 61 GABRIEL/KOTTASZ/BENNETT, 2006, S. 79 ff. 62 PECHMANN, 2004, S. 8 ff. 63 PECHMANN, 2004, S. 16 64 HARTLEBEN, 2004, S. 14 ff. 65 BACK/BEUTTLER, 2006, S. 7

19

lichkeit empirisch validiert ist. Gespräche mit Werbepraktikern ergeben deutliche Diskrepan-

zen zwischen den Lehrbuchmodellen und der in der Praxis üblichen Vorgehensweise.

In der Gesamtschau dieser empirischen Ergebnisse zeigt sich, dass – neben einer generellen

Lücke zwischen Werbetheorie und -praxis – zentrale Elemente des Werbeplanungsprozesses

wie die Strategiedefinition (inklusive Werbeziele) sowie Kontrolle in der Werbepraxis offen-

sichtlich nur einen geringen Stellenwert genießen und stattdessen, die – im Zweifelsfall ent-

koppelte – die konzeptionelle und operative Umsetzungsarbeit den Werbeplanungsprozess

dominiert.

Daraus ergibt sich gleichzeitig die Frage nach den Gründen für diese defizitäre Situation bzw.

nach den Erfolgsfaktoren, die einen stringenten und konsistenten Operationalisierungsprozess

ermöglichen, in dem aus Marketingzielen und -strategien, Kommunikationsziele und

-strategien und aus diesen wiederum Werbeziele und -strategien abgeleitet werden. Auch hier

geben die vorliegenden empirischen Ergebnisse erste Hinweise. Danach sind die Ursachen für

Effektivitätslücken vor allem fehlendes individuelles Know-how (auf Basis von Ausbildung

bzw. Berufserfahrung), unzureichende Motivation (Arbeitsbelastung, Gehaltshöhe, Führung),

eine unzureichende Ressourcenausstattung (Personal, Infrastrukturmittel) und vor allem struk-

turelle Defizite im arbeitsteiligen Planungs- und Umsetzungsprozess auf Seiten des werbe-

treibenden Unternehmens und den jeweiligen Dienstleistern bzw. zwischen den Instanzen.

Dementsprechend sollen im Rahmen dieser Untersuchung auch die vorhandenen bzw. benö-

tigten Kompetenzen auf Seiten der Werbeverantwortlichen untersucht werden, wobei ein be-

sonderer Fokus auf dem Werbeplanungsprozess liegt.

Unzureichende Systematisierungen von Werbestrategien

Die Analyse bestehender Systematisierungen von Werbestrategien als Bestandteil des Werbe-

planungsprozesses (siehe dazu ausführlich Kapitel 3.3) zeigt deutlich, dass in den vorliegen-

den theoretischen Überlegungen Kataloge von Teilzielen sowie die Beschreibung von Einzel-

elementen dominieren, jedoch bislang kein konsistentes Modell zur Systematisierung von

Werbestrategien vorliegt, das den Werbeverantwortlichen in der Praxis konkrete Gestaltungs-

hinweise gibt. Oft begnügen sich die Autoren damit, labelartig Werbearten wie z. B. informa-

tive advertising66 einzuführen, ohne jedoch diese anhand konkreter Eigenschaften gegenüber

anderen Werbestrategien zu spezifizieren und zu differenzieren. Angesichts ihrer Bruchstück-

haftigkeit finden diese sehr allgemein gehaltenen Überlegungen, die von keinem der Autoren

empirisch validiert werden, in der Werbepraxis kaum Widerhall.

66 KOTLER ET AL., 2007, S. 704 ff.

20

1.3 Bezugsrahmen der Arbeit

Im Hinblick auf die Konkretisierung des Forschungsthemas sind für den Bezugsrahmen der

Untersuchung folgende vier Aspekte zu spezifizieren:

1. Mediawerbung vs. sonstige Kommunikation;

2. absatzbezogene Mediawerbung vs. nicht absatzbezogene Mediawerbung;

3. konsumentenbezogene Mediawerbung (B-to-C) vs. unternehmensbezogene Mediawer-

bung (B-to-B);

4. strategiegeleitete Mediawerbung vs. taktische Mediawerbung.

Mediawerbung vs. Kommunikation

Der Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit liegt auf Mediawerbung, d.h. Werbemaßnahmen

auf Basis der Instrumente Fernsehen bzw. Kino, Print, Plakat und Online.67 Dies ist vor allem

in dem anhaltend hohen strategischen und ökonomischen Stellenwert von Mediawerbung ge-

genüber den anderen Kommunikationsinstrumenten begründet.68 Auf die in der klassischen

Literatur häufig verwendete Unterscheidung zwischen below und above the line-

Werbemaßnahmen69 wurde bewusst verzichtet, da diese insbesondere im Hinblick auf die Zu-

ordnung von Internet-Marketing-Maßnahmen nicht mehr konsistent und plausibel erscheint.70

Da jedoch die bisherigen Erkenntnisse nahelegen, dass bei einzelnen Werbestrategietypen

auch nicht-massenmediale Werbung bzw. andere Kommunikationsinstrumente (z. B. PR) eine

besondere Bedeutung haben können, soll der Erklärungswert der übrigen Kommunikation in

der nachfolgenden Untersuchung dadurch berücksichtigt werden, dass der jeweilige Stellen-

wert von Mediawerbung innerhalb der Werbekommunikation für eine Leistung insgesamt

überprüft wird. Da wo nicht-mediale Werbeinstrumente eine besondere Bedeutung in der je-

weiligen Kampagne hatten, wird dies in der entsprechenden Fallstudien-Darstellung berück-

sichtigt.

Absatzbezogene Mediawerbung vs. nicht absatzbezogene Mediawerbung

Schwerpunktmäßig wird solche Mediawerbung untersucht, die als Absatzwerbung das unmit-

telbare Ziel einer (positiven) Absatzveränderung verfolgt, d.h. den Adressaten zum Kauf einer

Leistung direkt bzw. indirekt auffordert.71 Unberücksichtigt bleibt somit z. B. Imagewerbung,

67 BRUHN, 2005a, S. 223 f.; BERNDT, 1992, S. 224 68 BRUHN, 2005a, S. 249 69 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 108 f. 70 So werden Internet-Marketing-Maßnahmen dem Below-the-line-Bereich zugeordnet, obwohl sie als klassische

Banner-Werbung auf Websites im Above-the-line-Bereich plausibler angesiedelt wären. 71 Vgl. SEYFFERT, 1966, S. 7, BEHRENS, 1963, S. 12 ff.

21

wie sie u.a. BRUHN in seiner Systematisierung aufführt72, deren Absatzeffekt nicht unmittel-

bar ist.

Konsumentenbezogene Mediawerbung (B-to-C) vs. unternehmensbezogene Mediawerbung

(B-to-B)

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Untersuchung von absatzbezogener Mediawerbung, die

sich an den Endkonsumenten richtet. Mediawerbung, die Unternehmen und deren Entscheider

adressiert (B-to-B), z. B. Handelswerbung wie sie BRUHN in seiner Systematisierung auf-

führt73, bleibt somit unberücksichtigt.

Argumente für diese Fokussierung sind:

• Die größere ökonomische Bedeutung von B-to-C gegenüber B-to-B-Werbung74;

• die besondere Bedeutung von Mediawerbung für den Business-to-Consumer-Bereich, wo-

hingegen für die Business-To-Business-Werbung andere Kommunikationsinstrumente ei-

ne größere Bedeutung haben.75

Strategiegeleitete Mediawerbung vs. taktische Mediawerbung

Letzter Fokussierungsaspekt ist die Untersuchung strategiegeleiteter Mediawerbung, d.h. es

wird nur solche Werbeaktivität untersucht, für die zumindest ein Strategiebezug im Hinblick

auf die Marketingziele des werbetreibenden Unternehmens proklamiert wird. Werbemaßnah-

men dagegen, die erklärtermaßen taktischen Charakter haben (z. B. die kurzfristige Reaktion

auf den Wettbewerb) stehen nicht im Fokus der Analyse, weil sie nicht zur Validierung einer

Strategiekonsistenz beitragen.

Zusammengefasst wird schwerpunktmäßig absatzbezogene Mediawerbung untersucht, die

sich an Endkonsumenten richtet (B-to-C) und aus Sicht der Werbetreibenden konform zur

Marketingstrategie des Unternehmens ist.

1.4 Ziel und Aufbau der Arbeit

Kernziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf Basis einer umfassenden Analyse und Bewertung

der bestehenden Forschungsergebnisse sowie der aktuellen Praxis der Werbekommunikation

ein Modell für die Systematisierung von Werbestrategien als Bestandteil eines integrierten

72 BRUHN, 2005a, S. 386 73 BRUHN, 2005a, S. 386 74 Nach BRUHN/BOENIGK, 1999, S. 63, S. 75, S. 166 sowie GfK/WIRTSCHAFTSWOCHE, 2003, S. 17 f.

werden zwischen 40 und 60 % des Werbebugets von Unternehmen in Mediawerbung investiert. 75 KLEINALTENKAMP/FLIESS, 2002, S. 237 ff.; MEFFERT, 2000, S. 890

22

Werbeplanungsprozesses zu entwickeln. Der Grundgedanke dabei ist, dass Effizienz und Ef-

fektivität von Werbemaßnahmen gesteigert werden können, wenn sie eine klar definierte

Werbestrategie zur Grundlage haben. Werbestrategie-Archetypen als Ergebnis einer Systema-

tisierung geben den Werbeverantwortlichen dabei Orientierung, die ihren Anforderungen ge-

mäße Werbestrategie zu identifizieren und sie anhand einer entsprechenden Systematik um-

fassend zu konkretisieren, so dass sie als Ableitungsgrundlage für die nachfolgenden konzep-

tionellen und operativen Arbeitsschritte taugen. Somit liegt dieser Arbeit ein konstruktivisti-

scher Ansatz76 zugrunde, wonach aus der Wahrnehmungs- und Erfahrungsperspektive der

Werbeverantwortlichen eine gültige Werbestrategie-Systematik konstruiert werden soll.

Dementsprechend werden mit dieser Arbeit folgende Teilziele verfolgt:

1. Die empirische Überprüfung bestehender Systematisierungsansätze von Werbestrategien

und ihre Einordnung in eine theoriebasiertes Schema;

2. Erarbeitung konkreter Gestaltungshinweise für die Werbepraxis zur Entwicklung konsi-

stenter und vollständiger Werbestrategien als Bestandteil eines umfassenden und konsi-

stenten Werbeplanungsprozesses.

Empirische Überprüfung bestehender Systematisierungsansätze und Einordnung in theorie-

basiertes Schema

Die in der bisherigen Forschung entwickelten Systematisierungsansätze (häufig in Form de-

skriptiver Kataloge, siehe Kapitel 3.3) sollen durch eine Verknüpfung mit der Produkt-Markt-

Matrix von ANSOFF, ergänzt um Überlegungen von TOMCZAK und REINECKE zu den

benötigten Kompetenzen im Rahmen ihres aufgabenorientierten Ansatzes (siehe Kapitel 4.1)

theoretisch fundiert werden. Das Ziel ist es, induktiv ein Modell für Werbestrategien zu ent-

wickeln, das nachfolgend empirisch überprüft werden kann (deduktiv).

Mit der Entwicklung eines Modells aufgabenorientierter Werbestrategien wird angestrebt, die

Theorielücke zwischen den sehr grundsätzlichen Überlegungen zur Unterscheidung von Wer-

bestrategien sowie den sehr operativen Überlegungen zur Umsetzung in der Werbepraxis

(Mediaplan, Budgetplan etc.) zu schließen.

Konkrete Gestaltungshinweise für die Werbepraxis zur Entwicklung konsistenter und voll-

ständiger Werbestrategien als Bestandteil eines umfassenden und konsistenten Werbepla-

nungsprozesses

Wie in der Problemstellung erläutert, scheitert die Anwendung systematischer Planung im Be-

reich der Werbestrategie u.a. daran, dass entsprechende vollwertige Modelle fehlen, deren

76 REICH, 2001; PESCHL, 1991, S. 41f.

23

praktische Relevanz einerseits belegt ist und die andererseits in ihrem Detaillierungsgrad für

die Werbeverantwortlichen in der Praxis relevant und damit potentiell adaptierbar sind.

Dementsprechend besteht ein Kernziel dieser Arbeit darin, ein Modell aufgabenorientierter

Werbestrategien zu entwickeln, das einen hohen Detaillierungsgrad sowie ein hohes Maß an

Anschaulichkeit aufweist. Dies ist jedoch nicht mit dem Ziel gleichzusetzen, ein checklisten-

basiertes Regelwerk für erfolgreiche Werbestrategien zu generieren. Dies stünde im Wider-

spruch zu erfolgreicher Werbekreation, die gerade durch den Bruch mit Altbewährtem Auf-

merksamkeit und Momentum generiert und damit Produkt- und Leistungsangeboten zu nach-

haltigem Erfolg verhilft. Konsequenz daraus kann jedoch auch nicht eine unstrukturierte

Sammlung von Praxisbeispielen sein. Vielmehr besteht die Zielsetzung darin, anhand ausge-

wählter Best Practices Archetypen von Werbestrategien und die ihnen zugrunde liegenden

Prinzipien erkennbar zu machen. Durch den Einsatz der Fallstudienmethodik wird der spezifi-

sche Kontext jeder Kampagne sichtbar, so dass situative, kampagnenspezifische Einflüsse

transparent werden.

Die identifizierten Archetypen von Werbestrategien sollen dementsprechend in der Art ihrer

Darstellung einen deutlichen Leitfadencharakter haben, so dass der jeweils Werbeverantwort-

liche seine Kampagnenaktivität prüfen kann auf:

• Vollständigkeit der gewählten Werbestrategie im Hinblick auf alle relevanten Dimensio-

nen;

• Konformität der gewählten Werbestrategie im Hinblick auf die identifizierten Archetypen

(Gibt es Abweichungen? Worin sind diese begründet? Besteht entsprechend Korrekturbe-

darf?) sowie

• Übereinstimmung zwischen der jeweiligen leistungsbezogenen Marketingstrategie und der

gewählten Werbestrategie.

Vervollständigt wird die Darstellung der Werbestrategien durch eine Identifizierung der benö-

tigten Kompetenzen zur entsprechenden Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle.

Darüber hinaus soll auf Grundlage bereits bestehender Strukturierungsansätze zum Werbepla-

nungsprozess sowie den in der empirischen Untersuchung generierten Anforderungen und Er-

fahrungswerten ein idealtypisches, Werbeplanungs-Prozessmodell entwickelt werden, das –

mit den Werbestrategien als Kernelement – eine effektive und effiziente werbliche Umset-

zung von Marketingstrategien gewährleistet.

Um diese Forschungsziele zu erreichen, wird in folgenden Schritten vorgegangen:

Nachdem einleitend die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit erläutert wurden,

wird in Kapitel 2 zunächst die Werbeplanung als Gesamtprozess beschrieben, deren Kern-

element die Werbestrategie ist. In Kapitel 3 werden Werbestrategien im Hinblick auf ihre

24

charakterisierenden Kernelemente beschrieben sowie wesentliche bisherige Systematisie-

rungsansätze vorgestellt, kritisch analysiert und die entsprechenden Anforderungen an die

Entwicklung eines Werbestrategie-Modells spezifiziert.

Auf Basis der bisherigen Systematisierungsansätze werden in Verbindung mit der Produkt-

Markt-Matrix von ANSOFF in Kapitel 4 erste theoretische Überlegungen zu einem noch zu

explorierenden Modell aufgabenorientierter Werbestrategien angestellt.

Das methodische Vorgehen zur Überprüfung des Grundmodells auf Basis eines Multi-Case-

Designs wird in Kapitel 5 erläutert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden anhand der

analysierten Kampagnenbeispiele als Fallstudien in Kapitel 6 dokumentiert und bewertet.

In Kapitel 7 erfolgen die Zusammenfassung der Fallstudienergebnisse zu einem ersten Mo-

dellentwurf aufgabenorientierter Werbestrategien, eine kritische Würdigung sowie das Auf-

zeigen des weiteren Forschungsbedarfs auf Basis dieser Untersuchung. Fazit und Ausblick in

Kapitel 8 bilden den Abschluss der Arbeit.

25

2. Werbeplanung als Teil des Kommunikationsmanagement-

Prozesses

2.1 Begriffsdefinition, Aufgaben

Werbestrategien als Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit sind Bestandteil eines Werbepla-

nungsprozesses, der wiederum Teil eines übergreifenden Kommunikationsplanungsmanage-

ment-Prozesses ist. Das Konzept des Werbeplanungsprozesses impliziert dabei die Fähigkeit

des Unternehmens, die für die erfolgreiche Erfüllung dieser Werbe-Kernaufgaben notwendi-

gen Ressourcen und Kompetenzen bereitzustellen und in sinnvoller Weise miteinander zu

verbinden (Outside-in-Perspektive) beziehungsweise die Ressourcen und Kompetenzen zu

besitzen, mit denen bestehende Marktpotentiale genutzt werden können (Inside-out-

Perspektive).77

Im Rahmen der Kommunikationspolitik spielt die Planung der Mediawerbung eine maßgebli-

che Rolle. Sie ist ein grundlegendes Element des gesamten Marketing-Mixes.78 Der unmittel-

bare Bezugsrahmen der Werbeplanung ist die Kommunikationsplanung bzw. Kommunikati-

onsstrategie des Unternehmens, die sich wiederum aus der Marketingplanung ableitet.79

Abbildung 1: Die Werbeplanung in der Planungshierarchie des Unternehmens

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT 2000, S. 679

77 VON KROGH/ROOS, 1992, 1995 78 MURPHY/CUNNINGHAM, 1993, S. 25 79 BRUHN, 2005a, S. 298; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 32

Zunehmende Konkretisierung der

Strategie

Zunehmende Zahl der Handlungsfelder

Unternehmens-strategie

Marketingstrategie

Kommunikationspolitik

Werbeplanung

Media V.förderung Sponsoring PR Direkt-Marketing Messen & Events

26

Zahlreiche Autoren verweisen auf den Ableitungsbezug zwischen Marketing-, Kommunikati-

ons- und Werbeplanung80, den SCHULTZ und BARNES den cascade approach81 nennen.

Während Marketingkommunikation als „Übermittlung von Informationen und Bedeutungsin-

halten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhal-

tensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen verstanden werden

kann“82, umfasst das Kommunikationsmanagement sämtliche Entscheidungen über Ziele und

Maßnahmen zur Ausrichtung und Gestaltung der Kommunikation.83

Nach BRUHN ist Werbeplanung als ein systematisch-methodischer sowie integrativ ausge-

richteter Prozess der Erkenntnis und Lösung werbedynamischer Problemstellungen zu verste-

hen.84 Zur Charakterisierung von (Media-)Werbeplanung werden folgende Merkmale heran-

gezogen: Prozessbezogenheit, Rationalität, Zukunftsbezogenheit, Zielbezogenheit.85

2.2 Akteure

Die Akteure im Werbeplanungsprozess lassen sich generell unterscheiden nach:

• unternehmensinternen und

• unternehmensexternen Akteuren86

Unternehmensintern erfolgt die weitere Differenzierung hierarchisch in folgenden Ebenen:

1. Marketing- bzw. Kommunikationsverantwortlicher auf Vorstands- bzw. Geschäftsfüh-

rungsebene;

2. Verantwortlicher in der Marketing- bzw. Kommunikationsfachabteilung (Leiter, Direk-

tor);

3. Verantwortlicher in der Werbefachabteilung (Leiter, Direktor).

So liegt die Gesamtverantwortung für die Unternehmenskommunikation beim Vorstand bzw.

der Geschäftsführung. Diese Ebene hat nach BRUHN nicht nur die Integration der Kommuni-

kation zu initiieren und zu koordinieren, sondern die Schaffung einer „Einheit der Kommuni-

kation“ explizit als ihre Führungsaufgabe anzusehen.87 Dies impliziert auch die Verantwor-

tung für die Schaffung der Rahmenbedingungen des Planungsprozesses der Mediawerbung.

Auf der Ebene der Marketing- bzw. Kommunikationsfachabteilung findet die Gesamtplanung

80 MEFFERT, 2000, S. 679; BRUHN, 2005a, S. 59 81 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 32 82 BRUHN, 2005b, S. 1 83 BRUHN, 2001, S. 390; KUSS/TOMCZAK, 2004b, S. 232 84 BRUHN, 2005a, S. 296 85 WILD, 1982, S. 13; SANDER, 1993, S. 263; BERNDT, 1995, S. 7 86 BRUHN, 2005a, S. 303; WEESER-KRELL, 1987, S. 29 ff. 87 BRUHN, 2005a, S.303

27

der Kommunikation statt, was die Rahmenbedingungen für die Mediawerbeplanung ein-

schließt.

Die operative Planungs- und Umsetzungsverantwortung für die Mediawerbung liegt auf der

dritten Hierarchiestufe, der Werbefachabteilung. Auf Basis der Planung der hierarchisch hö-

hergelagerten Verantwortlichen werden hier alle werbebezogenen Maßnahmen analysiert, ge-

plant, durchgeführt und kontrolliert.88 Die handelnden Akteure fungieren häufig als übergrei-

fend verantwortliche Werbeleiter oder Advertising Director bzw. Brand Manager89 oder ha-

ben spezifische Verantwortungen für einzelne Disziplinen (z. B. Leiter Online-

Communications). Gerade in multinationalen Unternehmen mit breiten Marken-Portfolios wie

z. B. Unilever oder Procter & Gamble übernehmen die jeweils verantwortlichen Product Ma-

nager90 zahlreiche Aufgaben im kampagnenbezogenen Werbeplanungsprozess.

Relevante unternehmensexterne Akteure im Werbeplanungsprozess sind:91

• Werbeagenturen (insbesondere Full-Service-Agenturen);

• Media-Agenturen und

• Marktforschungsinstitute.

Während Werbeagenturen in der Ausprägung als Full-Service-Agentur92 in der Regel die

konzeptionelle Planung und kreative Umsetzung einer Werbekampagne verantworten, fokus-

siert die Media-Agentur auf die Auswahl und Steuerung der Belegung verschiedener Werbe-

träger. Marktforschungsinstitute flankieren diesen Entwicklungsprozess durch regelmäßige

Analysen und Tests.

Sowohl unternehmens- wie auch externe Akteure sind an den Phasen des Werbeplanungspro-

zesses zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Intensität beteiligt.

Das operative Gegenüber des werbetreibenden Kunden sind auf Agenturseite klassischerweise

der Accountant bzw. Berater und der Creative Director (CD) als Vertreter der Kerndiszipli-

nen Kreation und Beratung. Speziell im Hinblick auf die strategische Entwicklungsarbeit

werden diese ergänzt durch einen Planner bzw. Account Planner.93 Die Position des Planners

hat ihren historischen Ursprung im angelsächsischen Werbemarkt. Traditionell ist der Ac-

count Planner dort das strategisch-inhaltliche Gegenüber des werbetreibenden Kunden auf

Agenturseite. Die zentrale Aufgabe des Planners besteht darin, gemeinsam mit dem Kunden

die Kampagnenstrategie zu entwickeln und zu definieren und in Form eines Creative Briefs

als verbindliche Aufgabenstellung für die gestaltenden Agentur-Mitarbeiter zu fixieren. Ins-

88 BRUHN, 2005a, S. 304 89 HANKINSON/COWKING, 1997, S. 22 90 KOPPELMANN, 2000, S. 7 91 BRUHN, 2005a, S. 305 92 BRUHN, 2005a, S. 305 ff. 93 SCHULZE, 2001, S. 17; GIESEKING, 2005, S. 21

28

besondere in größeren Agenturen in den USA und Großbritannien kommt Account-Plannern

im Werbeplanungsprozess eine hohe Bedeutung zu. Dementsprechend sind ihre Aufgaben, ih-

re Einsatzfelder und Kompetenzen in zahlreichen Publikationen beschrieben und analysiert

worden.94 Darüber hinaus gibt es für den angelsächsischen Raum generell umfangreiche und

vielfältige Untersuchungen zu den Rollen und Arbeitsprozessen der am Werbeplanungspro-

zess beteiligten Personen, dabei insbesondere zur Beziehung zwischen werbetreibenden Un-

ternehmen und ausführenden Kunden.95

Im deutschen Werbemarkt ist der Stellenwert des Planning generell und somit auch die Funk-

tion des Planners im Werbeplanungsprozess gegenüber den angelsächsischen Ländern deut-

lich geringer.96 Zum einen verfügen oftmals nur die größeren (Network-)-Agenturen über ei-

gene Planning-Abteilungen, die systematisch jeden Kunden betreuen, zudem hat das Planning

insbesondere bei den sogenannten Kreativ-Agenturen eher unterstützenden Charakter, der

Planner bestimmt jedoch nicht federführend die Kampagnenstrategie.

Dennoch hat in den letzten Jahren angesichts der gewachsenen Komplexität von Werbekom-

munikation (insbesondere in Hinsicht auf das Thema integrierte Kommunikation) das Leis-

tungsfeld Planning eine wachsende Bedeutung bekommen, was sich in einem entsprechenden

personellen Ausbau und höheren Kompetenzzuweisung niederschlägt.97

2.3 Prozessmodelle: Phasen und Elemente

Auf die Notwendigkeit von Werbeplanung wies SAMPSON bereits 1918 hin, als er im Kapi-

tel „Advertising strategy“ schrieb: „Far more than the actual writing of the advertisement is

the planning.“98

Generell bedingen folgende Faktoren eine wachsende Relevanz von definierten Werbepro-

zessmodellen:

• Die Komplexität des Arbeitsprozesses insgesamt ist vor dem Hintergrund der wachsenden

Bedeutung integrierter Kommunikation im Hinblick auf die Anzahl der Arbeitsschritte

sowie der beteiligten Akteure enorm gestiegen99;

• der kostenseitige enorme Ressourceneinsatz zwingt zu einer effizienten und effektiven

Organisation des Planungsprozesses.100

94 MORRISON./HALEY, 2006, S. 129 f.; BARRY./PETERSON/TODD, 1987; HACKLEY, 2003a, S. S. 237

ff.; STEEL, 1998; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 428 ff. 95 MORRISON/HALEY, 2006, S. 130 f.; BARRY/PETERSON/TODD, 1987; HACKLEY, 2003b, S. 55;

STEEL, 1998; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 427 96 SCHULZE; 2001, S. 17 97 AMIRKHIZI, 2004, S.23; RICHTER, 2004, S. 37 98 SAMPSON, 1918, S. 12 99 KLOSS, 2007, S. 113 ff. 100 BRUHN; 2005a, S. 117

29

Die Elemente des Werbeplanungsprozesses implizieren die benötigten Ressourcen und Kom-

petenzen, um Werbestrategien systematisch entwickeln und umsetzen zu können. Dement-

sprechend bildet ein umfassender Werbeplanungsprozess die Voraussetzung dafür, dass der

Transfer der Marketing- bzw. Kommunikationsstrategie in eine (Media-)Werbestrategie kon-

sistent, vollständig und adäquat verläuft, wobei die Werbestrategie und -konzeption die opera-

tive Weiterführung des Kommunikationsteils der Marketingstrategie beschreibt.

Insofern basieren die nachfolgenden Überlegungen im Hinblick auf den Ableitungscharakter

des Werbeplanungsprozesses auf den Überlegungen von BURGELMANN zu einem induzier-

ten strategischen Verhalten.101

Somit kann eine entsprechende Werbeplanungsstruktur und -prozesskompetenz zur Voraus-

setzung für kommunikativen Erfolg und auf Seiten der Werbeverantwortlichen zu einem dif-

ferenzierenden Wettbewerbsfaktor werden.

Nachfolgend wird dementsprechend der Status-Quo in Wissenschaft und Praxis zum Werbe-

planungsprozess dokumentiert, analysiert und bewertet.

Wissenschaftliche Überlegungen zur Strukturierung des Werbeplanungsprozesses bzw. des

advertising management process102 reichen zurück bis in die fünfziger Jahre. Komplexere

Darstellungen dieses Prozesses im Sinne von Ablaufplänen bzw. -modellen gibt es seit den

siebziger Jahren.103 Die Varianz von Werbeplanungs- bzw. Werbeablaufmodellen ist dabei

enorm. Sie reicht von stark simplifizierten, linearen Modellen im Sinne von major decisions

in advertising104 zu komplexen Ablaufdiagrammen, die einen parallelen bzw. iterativen Pro-

zessverlauf vorsehen.

Allen Modellen gemeinsam ist, dass sie auf dem konzeptionellen Strategieplanungsmodell der

sogenannten Design School basieren.105 MINTZBERG kritisiert am präskriptiven Ansatz der

Design School, die ihm zugrundeliegende mechanistische, formalistische und rein analytische

Denkhaltung.106 Nach MINTZBERG ist die Planungspraxis vielmehr geprägt durch inkre-

mentelle, nichtlineare und nachträglich rationalisierte Prozesse.107

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick zu allen komplexeren Strukturierungsansätzen

in Form von Ablaufmodellen. Die jeweils grafische Darstellung dieser Ablaufmodelle befin-

det sich in der Anlage zu dieser Arbeit.

101 BURGELMANN, 1983, S. 231 f. 102 ASSAEL, 1995, S. 390 103 SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 9 104 ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 370 105 MÜLLER-STEVENS/LECHNER, 2003, S. 73; MINTZBERG/AHLSTRAND/LAMPEL, 1999, S. 77 ff. 106 MINTZBERG, 1994, S. 107 ff.; MINTZBERG,1990, S,. 171ff. 107 MINTZBERG/AHLSTRAND/LAMPEL, 1999, S. 7 ff.

30

Alle Modelle weisen in zweierlei Hinsicht die gleiche Grundstruktur auf: Sie unterscheiden

erstens verschiedene Arbeitsphasen (z. B. Durchführung), die in der Regel mit unterschiedli-

chem Detailgrad bestimmte Themenkomplexe (z. B. Mediaplanung) oder konkrete Maßnah-

men (selecting media) beinhalten. und machen zweitens Angaben zur Planungsrichtung (ein-

seitig-linear, parallel-linear, iterativ).

Darüber hinaus definieren einige Modelle Teilergebnisse (z. B. Briefing) als Abschlussele-

mente einzelner Arbeitsphasen (Milestones).

Autor/-en Jahr Phasen und Teilschritte/ Maßnahmen Prozess- Charak-ter

Sandage/ Fryburger

1975 Research (Consumer Research, Product Analysis, Market Analysis); Strategic Planning (Objectives, Appropriation, Creative Strategy, Media Strategy); Tactical Decisions (Budgeting and Control, Media Selection, Scheduling); Advertisement Construction (Copywriting, Art and Layout, Production)

linear

Nylen 1980 Analysis of problems and opportunities facing product; formulation of advertising objectives; defining of adver-tising programs; implementation of programs; evaluation of actual performance

linear

Roth 1981 Datenkranz, Zielplanung, Strategieplanung, Positionierung, Copy-Strategie (Zielgruppe, Produktver-sprechen, Tonalität); Gestaltungsplanung; Programm-planung; Mediaplanung; Mittelplanung; Zeitplanung, Budgetplanung; Durchführung; Kontrolle

linear

Ray

1982 Situation analysis (company strengths, weaknesses, objectives/product characteristics and price/buyer segments, characteristics and behaviour competion/ trade/past experience with communication elements); Marketing Objectives (overall objectives of the total program, sales votes, various social acts – by segment, time, and area); Size of total communication budget; Advertising: Tentative Budget; Communication goals; Message Strategy: Positioning and Format; Message Distribution Plan; Budget Allocation; Specific Implementation; Control and evaluation information system (continuous measurement of communication and sales effects for all mix elements, separately and in total, by time, area, and segment)

iterativ parallel

Dunn/Barban 1982 Research Inputs (consumer research, product research, market analysis, competitive situation); Strategic decisions (setting objectives, defining target markets, determining appropriation, deciding message strategy, deciding media strategy, coordinating with other marketing factors); Tactical execution (setting budget, establishing controls, writing and producing ads and commercials, selecting and scheduling media vehicles; Measuring the effectiveness of advertising

iterativ

31

Assael 1985 Establish advertising objectives, develop advertising strategies, establish and allocate the advertising budget, select media, evaluate advertising effectiveness

iterativ

Rogge 1990 Werbevorbereitung (Unternehmens- Markt- und Werbe-analyse; Werbeplanung (Ziel-, Budget-, Zielgruppenbe-stimmung, Aussagenkonzeption, Mittel- und Trägeraus-wahl; Werbedurchführung (Werbemittelkonzeption, Mittelherstellung und -streuung); Werbekontrolle (Vortests, Nachtests, Prognose)

linear

Berekoven 1995 Werbevorbereitung (Situationsanalyse: Unternehmens-/Marketingziele; Leistungsprogramm/Werbeobjekte; Markt und sonstige Umwelt); Strategieplanung (Budget-planung, Zielplanung: Zielbestimmung, Zielgruppe; Werbemittelstrategie: Aussagenkonzeption/Copy-Strategie, Mittelbestimmung, Mediastrategie); Detailplanung (Werbemittelkonzeption: Entwürfe; Scribbles, Pretests/Forschung, Media-(Fein-)Auswahl; Durchführung (Werbemittelherstellung, Werbemittel-streuung, Mediaeinsatz); Kontrolle (Posttests/Soll-Ist-Vergleich, Abweichungsanalyse)

iterativ

Behrens

1996 Bestandsaufnahme; Zielgruppenbestimmung bzw. Kommunikationsziele; Briefing; Kommunikations-strategie, Gestaltung, Streuung

linear parallel

Bruhn 2005 Situationsanalyse; Festlegung der Werbeziele, Ziel-gruppenplanung der Mediawerbung; Festlegung der Werbestrategie; Budgetierung der Mediawerbung; Mediaplanung, Maßnahmenplanung, Erfolgskontrolle der Mediawerbung, Integration der Mediawerbung in den Kommunikationsmix (parallel)

Iterativ Parallel

Schweiger/ Schrattenecker

2005 Werbeanalyse; Zielgruppenplanung, Festsetzen der Werbeziele, Bestimmung des Werbebudgets, Werbekonzept (Formulierung und Gestaltung der Werbe-botschaft, Mediastrategie, Mediaselektion, Frequenz, Ti-ming); Prognose der Werbewirkung; Abstimmung mit den anderen Kommunikations-instrumenten (parallel)

iterativ parallel

Armstrong/ Kotler

2007 Objectives Setting (Communication objectives, sales objectives); Budget decisions (affordable approach, percent of sales, competitive parity, objective and task); Message decisions (message strategy – execution); Media decisions (Reach, frequency, impact, major media types, specific media vehicles, media timing); Advertising evaluation (communication impact, sales and profit impact, return on advertising)

parallel

Abbildung 2: Übersicht verschiedenen Ansätze zum Ablauf des Werbeplanungsprozesses

Quelle: Eigene Darstellung

32

Arbeitsphasen, Maßnahmen und Dokumente

Trotz unterschiedlicher Bezeichnungen (Datenkranz, Ist-Analyse, Werbevorbereitung, Situa-

tionsanalyse) und Detaillierungsgrade ist der Mehrheit108 der untersuchten Ablaufmodelle

zum Werbe-Planungsprozess eine Analysephase zu Beginn des Prozesses gemeinsam. Diese

umfasst in der Regel die Analyse des Marktes, der Wettbewerber sowie des zu bewerbenden

Produktes und des werbenden Unternehmens.

Deutliche Abweichungen gibt es dagegen in der Strukturierung des nachfolgenden Planungs-

prozesses. Während es in der Mehrheit der dargestellten Modelle eine hohe Übereinstimmung

in den genannten Einzelelementen bzw. Arbeitsthemen gibt (Zielgruppen, Ziele, Budget, Ges-

taltung, Media) unterscheiden einige Autoren, den Einzelschritten und -maßnahmen überge-

ordnet zwischen „Werbestrategie“ und „Werbekonzept“109, zwischen „Strategie-„ und „De-

tailplanung“110 bzw. zwischen „Strategieplanung“ und „Gestaltungsplanung“111.

So verdeutlicht ROGGE112 in seiner Darstellung den fließenden Übergang im Werbepla-

nungsprozess zwischen strategischen und operativ-konzeptionellen Fragestellungen, indem er

parallel zu den Arbeitsphasen Werbeplanung und -durchführung zusätzlich unterscheidet zwi-

schen einen „strategischen Bereich“ – der die gesamte Phase Werbeplanung umfasst – und ei-

nem „taktischen Bereich“. Strategischer und taktischer Bereich überlappen sich in den Pro-

zessschritten Aussagenkonzeption, Mittelauswahl und Trägerauswahl.113

Der Begriff „Strategie“ als Prozessbestandteil der Werbeplanung taucht explizit nur bei

BRUHN (Werbestrategie), BEHRENS (Kommunikationsstrategie), ASSAEL (advertising

strategies) und BEREKOVEN (Strategieplanung) sowie ROTH (Strategieentscheidung) auf.

DUNN und BARBAN sprechen von „Strategic decisions“, die im Hinblick auf die überge-

ordneten Ziele, die anvisierten Zielmärkte sowie den Einsatz von Media zu treffen seien.

Dem strategischen Bereich des Werbeplanungsprozesses werden dabei immer die Themen

Werbeobjekt, Ziele, Zielgruppe, zugeordnet.114 Dagegen gibt es für die Gestaltung der Wer-

bung (Copy-Strategie) und ihre Streuung (Media-Strategie) unterschiedliche Zuordnungen.

Während SCHWEIGER und SCHRATTENECKER sowie ROTH beide als eindeutig opera-

tiv-konzeptionell begreifen, ist BRUHN der Auffassung, dass sowohl die Leitidee zur Gestal-

108 BEREKOVEN, 1995, S. 73; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161; SANDA-

GE/FRYBURGER, 1975, S. 9; BEHRENS, 1996, S. 142; DUNN/BARBAN, 1982, S. 202; ROGGE, 1990, S. 35

109 BRUHN, 2005a, S. 299 110 BEREKOVEN, 1995, S. 73.. 111 ROTH, 1981, S. 624 112 ROGGE, 1990, S. 35 113 ROGGE, 1990, S. 35 114 BEREKOVEN, 1995, S. 71..; ROTH, 1981, S. 624

33

tung wie auch die Basisstrategie zum Mediaeinsatz Teil der Werbestrategie sind, während

Copy- und Mediastrategie in der Durchführungsphase ausgearbeitet werden.115

Der Begriff „Werbekonzept“ wird in den Werbeplanungsmodellen nur von SCHWEIGER und

SCHRATTENECKER verwendet. Sie fassen unter diese Prozessphase die Arbeitsschritte Formulie-

rung und Gestaltung der Werbebotschaft, Mediastrategie, Mediaselektion, Frequenz sowie Timing zu-

sammen.116 In den übrigen Prozessmodellen taucht Werbekonzeption nur als Werbemittelkonzeption

auf.117 Ansonsten werden konzeptionelle Aufgaben und Tätigkeiten entweder dem (werbe-

)strategischen Teil118, der Detailplanung119 oder bereits der Prozessphase der operativen Um-

setzung120 zugeordnet.

In einigen Darstellungen bildet das Briefing der ausführenden Werbeagentur durch das wer-

bende Unternehmen einen Ergebnis-Zwischenschritt im strategischen bzw. konzeptionellen

Prozess. Für BRUHN ist das Briefing quasi das Kondensat der Werbestrategie.121

Als weitere arbeitsphasenbezogene Dokumente werden z. T. die Copy-Strategie122 sowie der

detaillierte Mediaplan genannt.

Mehrheitlicher Bestandteil der dargestellten Modelle ist nach der Vorbereitungs-, Strategie-

und Konzeptionsphase eine Durchführungs- bzw. Umsetzungsphase, in der die Werbemittel

konkret produziert (gedruckt, gefilmt etc.) und geschaltet (Print) bzw. gesendet (Fernsehen,

Radio) werden. Ebenso ist in allen Modellen eine abschließende Kontrollphase fester Be-

standteil des Werbeplanungsprozesses.

Planungsrichtung

Generell wird in der Projektmanagement-Literatur u.a. von KNÖSS und KRESSMANN123 für

die Planungsrichtung zwischen Top-down, Bottom-up und iterativem Planungs-Ansatz unter-

schieden. Die vorliegenden Modelle unterstellen grundsätzlich einen Top-Down-Ansatz, da

sich die Werbeplanung aus der Marketingplanung und diese wiederum aus der Unterneh-

mensplanung ableiten. Insofern lässt sich eine Differenzierung in der Planungsrichtung noch

in anderer Weise bei den vorliegenden Modellen feststellen:

• einseitig linear (one way)124;

115 BRUHN, 2005a, S. 298 116 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161 117 ROGGE, 1988, S. 35; BEREKOVEN, 1995, S. 17 118 ROTH, 1981, S. 624; ROGGE, 1990, S. 35 119 BEREKOVEN, 1995, S. 17 120 Rogge, 1988, S. 35 121 BRUHN, 2005a, S. 390 122 SANDAGE, C.H./FRYBURGER, V., 1975, S. 289 ff.; Aaker, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PICK-

ERT, M., 1994, S. 78 ff. 123 KNÖSS/KRESSMANN, 2005, S. 73 ff. 124 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 34

34

• parallel linear;

• iterativ.

Während z. B. in den Ablaufprozessen von DUNN und BARBAN125, SANDAGE und FRY-

BURGER126 sowie NYLEN127 der Prozessverlauf linear ist, also auf eine Arbeitsphase die

nächste folgt, gehen ARMSTRONG und KOTLER128 sowie ASSAEL129 davon aus, dass ei-

nige Arbeitsphasen parallel-linear ablaufen. BRUHN130, BEHRENS131, RAY132 sowie auch

SCHWEIGER und SCHRATTENECKER133 implizieren dagegen einen iterativen Arbeitspro-

zess, in dem z. B. die Budgetierung nach erstmaliger Fixierung im Folgeprozess modifiziert

wird, wenn die Ergebnisse der nachfolgenden Media- und Maßnahmenplanung dies entspre-

chend erforderlich machen.134

Charakteristisch für alle Modelle ist auch eine deutliche Inside-out Orientierung. SCHULTZ

und BARNES weisen auf die Defizite dieses Ansatzes, exemplarisch dargestellt am Modell

von RAY, hin und entwickeln quasi als ein Gegenmodell ein Outside-In-Campaign Planning-

Model (grafische Darstellung siehe Anlage).135 In diesem Modell ist der Ausgangspunkt der

bestehende bzw. potentielle Kunde in Form der Zielgruppe, die aufgrund soziodemografischer

und psychografischer Daten segmentiert wird, so dass für jedes Teilsegment ein spezifisches

Kontaktmanagement sowie eine Kommunikationsstrategie mit dem entsprechenden Medi-

aeinsatz entwickelt und umgesetzt wird.136 Allerdings verzichten SCHULTZ und BARNES

auf eine Spezifizierung dieses Perspektivwechsels für den konkreten Werbeplanungsprozess.

Außerdem findet diese kundenzentrierte Perspektive Berücksichtigung in den Überlegungen

von BRUHN137 und BEHRENS138 zur Differenzierung der Media-Strategie nach Kunden-

Gruppen und dem Einsatz verschiedener, zielgruppenabhängiger Werbemotive sowie den

Modellen von DUNN und BARBAN sowie ASSAEL, die in einem iterativen Prozess-Verlauf

Rückkopplungselemente, sogenannte Feedback-Loops (z. B. auf Basis von Pretests), vorse-

hen.

125 DUNN/BARBAN, 1982, S. 202 126 SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 9 127 NYLEN, 1980, S. 72 128 ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 370 129 ASSAEL, 1985, S. 390 130 BRUHN, 2005a, S. 299 131 BEHRENS, 1996, S. 142 132 RAY, 1982, S. 54 133 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 161 134 BRUHN, 2005a, S. 299 135 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 27 ff. 136 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 35 f. 137 BRUHN, 2005a, S. 298 ff. 138 BEHRENS, 1995, S. 23 ff.

35

2.4 Zusammenfassung

Auf Grundlage der vorliegenden Prozessmodelle sind zwei Aspekte zu diskutieren:

1. Die Qualität bestehender Werbeplanungs-Prozessmodelle;

2. der Stellenwert von Werbestrategie als Kernelement eines Werbeplanungs-

Prozessmodells.

Die Qualität bestehender Werbeplanungs-Prozessmodelle

Die vorgestellten Prozessmodelle unterscheiden den Werbeplanungsprozess nach zahlreichen

einzelnen Arbeitsschritten, die strategischen, konzeptionellen und operativen Charakter ha-

ben.

Kritisch zu bewerten ist bei der Mehrheit der Modelle die fehlende Stringenz und begriffliche

Eindeutigkeiten in Verbindung mit einem zum Teil sehen hohen Abstraktionsgrad. So haben

insbesondere die Werbeplanungsstrukturen von RAY sowie DUNN und BARBAN stärker

den Charakter von Aufgabenlisten als von Prozessmodellen. Insbesondere bei ASSAEL und

NYLEN schränkt der hohe Abstraktionsgrad der Prozessstufen (z. B. Definition of Adverti-

sing Programs“ bei NYLEN) die praktische Anwendung deutlich ein. Oftmals bleiben Pro-

zessstufen insbesondere im Hinblick auf Ziele, Aufgaben und Maßnahmen diffus, weil die

Autoren über die grafische Darstellung hinaus keine detaillierte Erläuterung ihres Werbepla-

nungsmodells liefern. Dies schließt eine fehlende Akteursdifferenzierung bzw. Ressourcen-

Perspektive ein. Die Aufgabenverteilung in den jeweiligen Arbeitsphasen zwischen den Pro-

zessbeteiligten (Unternehmen, externe Dienstleister) wird in keinem der Modelle spezifiziert.

Weiterhin kritisch zu bewerten ist die fehlende empirische Basis. Für keines der Modelle ge-

ben die Autoren Hinweise auf die Werbepraxis du einen möglichen Erhebungs- oder Verwen-

dungszusammenhang. Insofern ist die handlungsleitende Qualität dieser Modelle für die Wer-

bepraxis zu hinterfragen.

Trotz intensiver Literatur-Recherchen konnten keine vollständig dokumentierten Werbepla-

nungs-Prozessmodelle ermittelt werden, die nachweislich von werbetreibenden Unternehmen

oder ihren Dienstleistern in der Praxis eingesetzt werden. Hier besteht die Vermutung, dass es

zwar in der Praxis entsprechende Routinen gibt, diese jedoch in der Regel nicht dokumentiert

sind beziehungsweise wenn sie dokumentiert sind, es keinen Bezug zu theoretischen Model-

len gibt.

Gleichzeitig legen die identifizierten Defizite der vorliegenden Modelle die Vermutung nahe,

dass sich ihr Einsatz in der Praxis tendenziell schwierig gestaltet, weil die möglichen Anwen-

der die Praxistauglichkeit der Modelle infrage stellen. Die größte Hürde dürfte der z. T. relativ

hohe Abstraktionsgrad in der Darstellung (insbesondere ASSAEL, DUNN; BARBAN, BEH-

RENS, BRUHN) sein sowie die Linearität der der dargestellten Abläufe (DUNN und BAR-

36

BAN; SANDAGE und FRYBURGER; NYLEN), die im Widerspruch zur iterativen Werbe-

prozessrealität stehen.

Angesichts einer Vielzahl an publizierten Werbeplanungsmodellen, die in der Praxis jedoch

offensichtlich keine wirkliche Verwendung finden, stellt sich die Grundsatzfrage, ob solche –

ob nun optimiert oder nicht – von den Verantwortlichen überhaupt für ihre tägliche Arbeit be-

nötigt werden. Hierzu gibt es von erfahrenen Werbepraktikern wie OGILVY139 sowie JUNG

und VON MATT140 eine deutliche Bekräftigung der Notwendigkeit klar strukturierter und

ausreichend dokumentierter Werbeplanungsprozesse.

Wenn somit die Notwendigkeit klar strukturierter Werbeplanungsprozesse prinzipiell von der

Praxis anerkannt wird, bleibt die Frage, warum es bislang offensichtlich zwischen der ent-

sprechenden Werbetheorie und der Praxis keine hinreichende Interaktion gegeben hat, als

dessen Ergebnis ein empirisch fundiertes und für die Planungspraxis handlungsleitendes Mo-

dell generiert wurde.

Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass analog den Studienergebnissen von GABRIEL ET

AL. zum fehlenden Einsatz aktueller Werbewirkungsmodelle in der kreativen Praxis neben

Know-how-Defiziten bei den Akteuren im Werbeplanungsprozess141 eine generell fehlende

bzw. nur schwach ausgeprägte Struktur- und Prozesskompetenz als Voraussetzung für den

Einsatz vollständiger und konsistenter Werbeplanungs-Ablaufmodelle die Ursache ist.

Somit ergibt sich im Rahmen des zentralen Forschungsgegenstandes „Werbestrategien“ die

Notwendigkeit, diese nicht isoliert zu betrachten, sondern als festen Bestandteil eines konsi-

stenten, praxisnahen Werbeplanungsmodells. Aus den oben skizzierten Defiziten bestehender

Ablaufmodelle ergeben sich die entsprechenden Anforderungen für ein Modell, das einen ide-

altypischen Kampagnen-Prozessverlauf strukturiert und den Bedarf von Ressourcen und

Kompetenzen transparent macht. Deutlich geworden ist auch, dass „Werbestrategie“ und

„Werbeplanung“ nicht isoliert betrachtet werden sollten, sondern in Verbindung mit den not-

wendigen strukturellen Rahmenbedingungen und Kompetenzen der beteiligten Akteure.

Der Stellenwert von Werbestrategie als Kernelement eines Werbeplanungs-Prozessmodells

Charakteristisch für die vorgestellten Ablauf- und Prozessmodelle der Werbeplanung ist ihre

stark konzeptionell-operative Ausrichtung142. Dennoch werden die Begriffe „Strategie“ und

„strategisch“ von mehreren Autoren verwandt, jedoch in der Regel zur Beschreibung einer

Planungsphase, die mehrere strategische und konzeptionelle Arbeitsschritte umfasst.143 Nur

139 OGILVY, 2000, S. 19 140 JUNG/VON MATT, 2004, S. 27 f.; JUNG/VON MATT, 2008, S. 88 f. 141 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f. 142 Wobei die Konzeption von Werbung als Arbeitsphase von ihrer operativen Umsetzung zu trennen ist. In vie-len Darstellungen erfolgt jedoch keine klare Differenzierung zwischen beiden Phasen. 143 ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624; BEREKOVEN, 1995, S. 17

37

BRUHN verwendet den Begriff (Werbe-) Strategie als eindeutig definiertes, eigenständiges

Prozesselement der Werbeplanung.144

Offensichtlich wird von der Mehrheit der Autoren der Begriff als angemessen für die Be-

schreibung de entsprechenden Arbeitsschritte im Werbeplanungsprozess begriffen, ohne dass

Sie ihn jedoch – mit Ausnahme von BRUHN hinreichend explorieren und definieren, um ihn

von dem Begriff der Werbekonzeption deutlich abzugrenzen.

Angesichts dieses Defizits stellt sich – analog zum Werbeplanungsprozess insgesamt – die

Frage, ob es überhaupt einer Werbestrategie als eigenständiges Planungselement bedarf. Die

Notwendigkeit eines effizienten und effektiven Mitteleinsatzes durch die systematische Pla-

nung von Werbung könnte streng genommen auch durch die konsistente Umsetzung werbe-

konzeptioneller Arbeitsschritte (insbesondere Werbemittelkonzeption, Mediaplan) gewähr-

leistet werden. Dem widerspricht jedoch eine Reihe von Autoren. So plädieren u.a. ALT-

STIEL und GROW145 sowie JONES sehr deutlich für die Notwendigkeit von advertising stra-

tegy im Planungsprozess. Sie fordern eine klare Trennung werbestrategischer Planungen von

den kreativen und taktischen Aktivitäten. Ihre Argumente lassen sich mit den folgenden

Kernargumenten zusammenfassen:

• Ableitungskonsistenz: Eine Marketingstrategie ersetzt keine Werbestrategie. Vielmehr

bedarf es einer eigenständigen Werbestrategie, die sich aus den zentralen Eckpunkten der

Marketing- bzw. Kommunikationsstrategie ableitet. Sowohl die zentralen Begrifflichkei-

ten einer Werbestrategie als auch ihr Abstraktionsniveau entsprechen mehr dem definito-

rischen Rahmen von Strategie als von Konzept.146 Würde man somit von der Marketing-

bzw. Kommunikationsstrategie übergangslos ein auf operative Umsetzung ausgerichtetes

Werbekonzept ableiten, blieben grundlegende strategische Aspekte (Zielgruppe, Ziele,

Positionierung) möglicherweise unzureichend diskutiert und definiert. Insofern bedingt

die Werbestrategie top-down einen Effektivitätsgewinn (Wird nach den Vorgaben der

Marketingstrategie für das Richtige geworben?).

• Komplexität: Die gewachsene Komplexität bei der Planung und Durchführung von Wer-

bung bedingt ein strategiegeleitetes Vorgehen.147 Die verschiedenen operativen Einzel-

maßnahmen müssen auf den gleichen strategischen Vorgaben basieren. Insofern leistet die

Werbestrategie bottom-up einen Effizienzgewinn (Wird das Richtige in der richtigen Wei-

se beworben)?

• Anspruch der Langfristigkeit: Gegenüber kurzfristig, oftmals auch taktisch geprägten

Kreativkonzepten zeichnet sich eine Werbestrategie durch ihren Anspruch auf Langfris-

tigkeit aus.148

144 BRUHN, 2005a, S. 298 ff. 145 ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff.; JONES, 1999, S. 160 ff. 146 BRUHN, 2005a, S. 297 f. 147 ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff. 148 JONES, 1999, S. 160; BRUHN, 2005a, S. 323

38

• Messbare Erfolgskontrolle: Dadurch, dass eine Werbestrategie Ziele und Erfolgsparameter

definiert, bildet sie – im Gegensatz zu rein konzeptionellen Überlegungen – die Grundlage

für eine systematische Erfolgskontrolle.149

Insbesondere JONES verweist auf die praktische Bedeutung einer Werbestrategie als einem

Dokument, das die Grundlage für alle nachfolgenden konzeptionellen und kreativen Überle-

gungen bildet, die wiederum in Folgedokumenten wie dem Briefing oder dem Mediaplan do-

kumentiert werden. Dies deckt sich mit der Definition von KOSCHNICK, wonach die Wer-

bestrategie „die wesentlichen Bauteile des Werbeplans in komprimierter Form fixiert.“150

Es herrscht somit in der vorliegenden Literatur Einigkeit darüber, dass Anspruch und Kom-

plexität des Werbeplanungsprozesses für die strategische Planungsarbeit einen relevanten

Stellenwert bedingen. Insofern wird mit der Werbestrategie der notwendige Handlungsrah-

men festgelegt, um sicherzustellen, dass alle operativen (taktischen) Instrumente auch zielfüh-

rend eingesetzt werden.151

Welche Funktion jedoch eine solche Werbestrategie konkret hat, welche Kernelemente sie be-

inhaltet und in welcher Weise sie sich möglicherweise differenzieren lässt, ist nachfolgend zu

klären.

149 ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 20 150 KOSCHNICK, 1996, S. 1156 151 Vgl. BECKER, 2002, S. 140

39

3. Werbestrategien als Kernelement des Werbeplanungsprozesses

3.1 Begriffsdefinition und Aufgaben

Vor allem in der – oftmals älteren - allgemeinen betriebswirtschaftlichen bzw. Marketing-

Fachliteratur wird häufig der Begriff Werbearten als universeller Ordnungsbegriff ver-

wandt.152 In der Regel werden Werbearten unterschieden im Hinblick auf die Art des Werbe-

treibenden, der Werbeobjekte, den Werbesubjekten bzw. Zielgruppen, den geografischen

Einsatzgebieten, den Werbeträgern und -mitteln, den Werbezielen, den Werbebotschaften

bzw. Ausdrucksformen, der (angestrebten) Werbewirkung, sowie dem Timing der Werbe-

kommunikation.153

Im Hinblick auf die Unterscheidung nach Werbezielen subsumiert der Begriff „Werbeart“

somit auch Aspekte der Werbestrategie.

Insofern ist der Begriff Werbestrategie in der Werbewissenschaft lange nicht explizit verwen-

det worden. Vielmehr haben sich die verschiedenen Autoren damit begnügt, die strategischen

Elemente des Werbeplanungsprozesses (Ziele, Zielgruppe etc.) als einzelne Arbeitschritte zu

beschreiben, ohne sie jedoch systematisch zueinander in Beziehung zu setzen, als „Werbestra-

tegie“ begrifflich zusammenzufassen und in der Konsequenz unterschiedliche Strategiearten

oder -typen zu klassifizieren.

Erste Klassifizierungsversuche durch GUTENBERG, SEYFFERT und BEHRENS fokussie-

ren vorrangig auf den Aspekt der Werbeziele als die Strategie determinierendes Element, ver-

zichten jedoch weitestgehend darauf, diese in Bezug zu den anderen Strategieelementen zu

setzen.

Den Begriff Werbestrategie (advertising strategy) wurde explizit erstmals 1918 von

SAMPSON154 verwandt, später dann auch von FAISON155, KROEBER-RIEL156 sowie

SCHULTZ und BARNES157, wobei sie keine über eine beschreibende Charakterisierung hi-

nausgehende eindeutige Begriffsdefinition liefern. Häufig werden zudem unter (Werbe-)

„Strategie“ und „strategisch“ auch eindeutig konzeptionelle und operative Arbeitsschritte sub-

sumiert.158 Beides hat zur Konsequenz, dass nach SCHMIDT die Begriffe „Werbestrategie“

und „Werbekonzeption“ in den vorliegenden Darstellungen oftmals „nicht trennscharf“159

152 SEYFFERT, 1929, S. 653 ff.; BORDEN, 1937; S. 3, S. 339 153 HUNDHAUSEN, 1954, S. 105 f.; BEHRENS, 1963, S. 15 ff.; 1975, S. 5 ff.; SEYFFERT, 1966, S. 29 ff.;

DUNN/BARBAN, 1982, S. 11 f. ; TIETZ/ZENTES, 1980, S. 111 ff.; SEIDEL/TEMMEN, 2006, S. 94; MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 706

154 SAMPSON, 1918, S. 12 ff. 155 FAISON, 1980, S. 261 ff. 156 KROEBER-RIEL, 1988, S. 29 157 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 149 ff. 158 ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624; BEREKOVEN, 1995, S. 17 159 SCHMIDT, 2004, S. 91

40

sind. Auch KLOSS weist darauf hin, dass der Begriff Werbestrategie weder in der Literatur

noch in der Praxis einheitlich verwendet werde.160

Eine erste umfassende Definition von Werbestrategie gibt BRUHN161 2005 in folgender Wei-

se: „Werbestrategien sind bedingte, mehrere Planungsperioden umfassende, verbindliche

Verhaltenspläne von Unternehmen für ausgewählte Planungsobjekte (z. B. Marken, Unter-

nehmen). Sie beinhalten Schwerpunkte bei den Entscheidungen über: das Objekt, die Ziel-

gruppen, die Botschaft, den Mediamix sowie das Areal der Mediawerbung, um die strategi-

sche Werbeziele zu erreichen.“162 Die Bedingtheit von Werbestrategien zeigt sich nach

BRUHN darin, dass diese auf der Grundlage spezifischer Markt- und Umfeldentwicklungen

sowie der unternehmensinternen Situation festgelegt werden. Dementsprechend bildet im

Werbeplanungsprozess die Situations- bzw. Werbeanalyse die notwendige Grundlage für die

Definition der Werbestrategie.163 Die mehreren Planungsperioden drücken nach BRUHN den

mittel- bis langfristigen Zeithorizont und deren umfassende Verbindlichkeit aus. Als Binde-

glied zwischen den strategischen und operativen Entscheidungen beschreiben Werbestrate-

gien nach BRUHN164 sowie SCHULTZ und BARNES165 keine Einzelmaßnahmen, sondern

fixieren Schwerpunkte (im Sinne von „Stoßrichtungen“) als verbindlichen Handlungsrahmen.

SCHULTZ und BARNES sowie BRUHN nennen verschiedene Anforderungen an Werbestra-

tegien, damit sie ihre Funktion als verbindliche Verhaltenspläne wirkungsvoll erfüllen kön-

nen:166

• Hinweischarakter auf die Realisation der strategischen Ziele des Unternehmens (Konsis-

tenz);

• Priorisierung in der Auswahl und Bearbeitung von Zielgruppen;

• Anleitung zur Kanalisierung des Mitteleinsatzes;

• Planungsrahmen für die abgeleiteten Konsequenzen im Hinblick auf Mitteleinsatz, Orga-

nisation und Personalbedarf;

• Fixierung in schriftlicher Form;

• Überprüfung im Rahmen eines strategischen Werbecontrollings.

Werbestrategien müssen nach BRUHN analog MEFFERT sowie HOMBURG und KROH-

MER167 in die Zielhierarchie des Unternehmens integriert und mit den übergeordneten strate-

gischen Markt- und Unternehmenszielen sowie den strategischen Kommunikationszielen des

160 KLOSS, 2007, S. 204 161 BRUHN, 2005a, S. 376 ff. 162 BRUHN, 2005a, S. 373 163 BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff. 164 BRUHN, 2005a, S. 323 165 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff. 166 BRUHN, 2005a, S. 373; SCHULTZ/BARNES, 2005, S. 159 167BRUHN, 2005a, S. 41f., MEFFERT, 2000, S. 679; HOMBURG/KROHMER, 2006, S. 117

41

Unternehmens abgestimmt werden. BECKER spricht in diesem Zusammenhang von einer

Marketingplattform, aus der Werbung im Sinne einer konzeptionellen Kette abgeleitet wer-

de.168

Insofern grenzt sich die Werbestrategie von der Marketingstrategie ab, als dass sie im Sinne

von BECKER eine zeitlich nachgelagerte Folgestrategie ist.169 So werden im Marketingmix

als Teil der Marketingstrategie zur Kommunikationspolitik bereits wesentliche Eckpunkte der

nachfolgenden Werbestrategie definiert.170 Auf Grundlage dieses Handlungsrahmens zur

Kommunikationspolitik generell wird die jeweilige Werbestrategie – insbesondere im Hin-

blick auf die Wahl der Medien, die kommunikativen Ziele und Botschaften - spezifiziert bzw.

detailliert. Oftmals wird jedoch in der Marketingliteratur die Eigenständigkeit des Elements

Werbestrategie negiert und stattdessen entsprechende strategische und konzeptionelle Ele-

mente dem Marketingmix und damit der Marketingstrategie insgesamt zugeschrieben.171 An-

gesichts der deutlich gewachsenen Relevanz von Werbekommunikation im Marketingmix172,

der erhöhten Komplexität (vgl. Kapitel 1.2) sowie der notwendigen Spezifikation (Werbe-

kommunikation als ein Teil der Unternehmenskommunikation insgesamt) erscheint es jedoch

sinnvoll und notwendig, von Werbestrategien als eigenständigem Planungsinstrument auszu-

gehen.Dementsprechend weist die Werbestrategie in Abgrenzung der ihr zugrundeliegenden

Marketingstrategie detailliertere und spezifischere Informationen (insbesondere zu den Wer-

bezielen und der Werbebotschaft) auf.

Dementsprechend unterscheidet sich die Werbestrategie von der Werbekonzeption bzw. dem

Werbekonzept in folgenden Schlüsselaspekten:

• Abstraktionsgrad: Der Abstraktionsgrad der Werbestrategie ist notwendigerweise höher

als der der Werbekonzeption. Es werden grundsätzliche Aussagen zum strategischen Vor-

gehen gemacht, die vor einer operativen Umsetzung zunächst konzeptionell detailliert

werden müssen.173

• Langfristigkeit: Die strategischen Überlegungen sind prinzipiell auf Langfristigkeit ange-

legt.174

168 BECKER, 2009, S. 567 169 ebd., S. 144. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Begriff der Marketingstrategie nach KLEINHÜCKELHOVEN und SCHNETKAMP nicht klar definiert ist. Sie wird von einigen Autoren (u.a. BENKENSTEIN, 1997) der Unternehmensstrategie gleichgesetzt, andere sehen in ihr eine von mehreren Funkti-onalstrategien (CRAVENS, 1999, KÖHLER, 1993, LAMBIN, 1997), während wiederum HOMBURG und KROHMER, 2006, S. 350, in ihre eine dominierende Funktionalstrategie sehen. 170 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 632ff.; KOTLER/KELLER/BLIEMEL,2007, S. 651ff., BRUHN,2008, S. 199ff. 171 ebd., wohingegen BRUHN,2008, S. 210, Werbestrategie als eigenständigen Begriff in der Marketingstrate-gieplanung differenziert. 172 KUSS/TOMCZAK/REINECKE, 2007, S. 238f. 173 AAKER, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PICKERT, M., 1994., S. 78 ff.; MURPHY/CUNNINGHAM,

1993, S. 170; STEFFENHAGEN, 2001c, S. 238; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 196 f. 174 BRUHN, 2005a, S. 375

42

• Planungs- und Kontrollfunktion: Die Werbestrategie bildet einen Planungsrahmen und

gleichzeitig die Grundlage für eine Kontrolle der erreichten Werbeziele.175

Die Werbekonzeption operationalisiert die in der Werbestrategie definierten Eckpunkte (Ziele,

Zielgruppe, Positionierung, Kernbotschaft) im Hinblick auf die konkrete Kampagnenumset-

zung.176 Das heißt, wenn beispielsweise in einer Werbestrategie für die Markteinführung ei-

nes neuen Produktes TV-Werbung als Leitmedium fixiert wird, wird im Rahmen der nachfol-

genden Werbekonzeption in Form eines Mediaplans konkretisiert, auf welchen Sendern, zu

welchen Zeiten und in welcher Frequenz der entsprechende Werbespot geschaltet werden

soll.177 Auf Basis dieses Mediaplans als unmittelbar umsetzbares Handlungskonzept erfolgt

dann die Schaltung des Spots.

FAISON weist deshalb auch auf die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Advertising

Strategies und Tactics hin.178 So werden oftmals von taktischen bzw. konzeptionell-

operativen Aspekten dominierte Werbearten wie vergleichende Werbung oder Testimonial-

Werbung begrifflich gleichrangig zu Werbestrategien verwendet.179

Angesichts des fortgeschrittenen medialen Diversifikationsprozesses wird heute vermehrt der

Begriff Kommunikationsstrategie statt Werbestrategie verwandt.180

3.2 Kernelemente

Als implizite Kernelemente einer Werbestrategie werden häufig folgende genannt:181

• Werbesubjekt – und Werbeobjekt/-e;

• Werbeziele;

• Werbezielgruppen;

• Positionierung;

• Werbebotschaft und -mittel;

• Mediamix;

• Werbeareal und -timing.

175 ALTSTIEL/GROW, 2006, S. 19 ff. 176 SANDAGE, C.H./FRYBURGER, V., 1975, S. 289 ff.; AAKER, D.A./MYERS, J.G., 1982, S. 339 ff.; PI-

CKERT, M., 1994., S. 78 ff.; MURPHY/CUNNINGHAM, 1993, S. 170; STEFFENHAGEN, 2001c, S. 238; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 196 f.

177 UNGER ET AL., 2007, S. 392; ENGEL/HOFSÄSS, 2004, S. 57 f.; SISSORS/BARON, 2002, S. 10 ff. 178 FAISON, 1980, S. 304 179 Zu vergleichender Werbung als Werbeart siehe BRUHN, 2005a, S. 386; zu Testimonial-Werbung als Werbe-

art siehe BRUHN, 2005a, S. 386; SOHN/WELLING, 2002, S. 21 f. 180 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 637; BRUHN, 2005a, S. 117; HARTLEBEN, 2004, S.

103 ff. 181 BRUHN, 2005a, S. 376 ff.; ROTH, 1981, S. 87; BEHRENDT, 1963, S. 57; SCHULTZ/BARNES, 1995, S.

155 ff., KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 44 ff.

43

Bei der Operationalisierung dieser Elemente sind nach BRUHN bestehende Interdependenzen

zu berücksichtigen.182

3.2.1 Werbesubjekte und -objekte

Werbesubjekte aus Sicht des Werbetreibenden lassen sich im Hinblick auf folgende Aspekte

unterscheiden:

• Profitorientierung (ja/nein);

• Anzahl der Werbetreibenden (Einzelsubjekt/mehrere Objekte).

Werbetreibende mit Profitorientierung sind klassischerweise Unternehmen, wohingegen Par-

teien oder Vereine in der Regel nicht profitorientiert agieren.

Werbeobjekte lassen sich unterscheiden:183

• Nach Marke (Einzelprodukt, Sortiment, Unternehmen insgesamt);

• nach Anwendungsform (Produkt, Dienstleistung);

• nach Produktcharakter bzw. Involvement (Gebrauchsgut, Investitionsgut).

3.2.2 Werbeziele

In zahlreichen Werbeplanungsmodellen (siehe Kapitel 2.3) bildet die Fixierung der Werbe-

bzw. Kommunikationsziele den Ausgangspunkt des Planungsprozesses nach der Analysepha-

se.184 Häufig werden dabei Werbeziele der Werbestrategie gleichgesetzt.185

KLOSS dagegen stellt die Einheit von Werbezielen und Werbestrategien infrage, indem er

proklamiert: „Werbeziele können mit unterschiedlichen Werbestrategien verfolgt werden.“186

Nach BECKER muss die Werbestrategie stets an den Werbezielen ausgerichtet sein und be-

stimmt die zu ergreifenden Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden.187

Nach STEFFENHAGEN und FUNKE kommen Werbezielen dabei folgende Funktionen

zu:188

182 BRUHN, 2005a, S. 376 183 LÖBLER/MARKGRAF, 2004, S. 1494 184 SANDAGE/FRYBURGER, 1975, S. 17; ROTH, 1981, S. 31; ROGGE, 1988, S. 47; BEREKOVEN, 1995, S.

52; BEHRENS, 1996, S. 37; BRUHN, 2005a, S. 340; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 11; ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 117

185 GUTENBERG; 1955, S. 440 ff.; SEYFFERT, 1966, S. 43 ff.; BEHRENS, 1963, S. 52 ff. 186 KLOSS, 2007, S. 204 187 BECKER, 2002, S. 140 188 STEFFENHAGEN/FUNKE, 1986, S. 546; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287

44

• Entscheidungs- und Steuerungsfunktion;

• Koordinationsfunktion;

• Motivations- und Identifikationsfunktion;

• Kontrollfunktion.

Von mehreren Autoren wie u.a. REINECKE und REIBSTEIN189 wird auf den zur strategi-

schen Bedeutung im Werbeplanungsprozess disproportionalen Stellenwert von Werbezielen

in der Werbepraxis sowie auf erhebliche Defizite bei der Formulierung der Werbeziele selbst

hingewiesen.190

Obwohl die verschiedenen Werbe-Wirkungsmodelle den im Hinblick auf die angestrebte

Transaktion (z. B. Kauf) nur vorbereitenden Charakter (keine lineare Kausalität) von Werbe-

kommunikation verdeutlichen, gehört die Nennung ökonomischer Kennzahlen und Ziele (ins-

besondere Absatz, Umsatz und Marktanteil) sowohl in der Werbetheorie wie auch der Praxis

(siehe nachfolgende Ergebnisse der Effie-Werbeziele-Analyse) traditionell zum festen Be-

standteil jeder Darstellung allgemeiner Werbeziele. Dabei wird in der Regel zwischen öko-

nomischen bzw. nicht-kommunikativen einerseits und kommunikativen bzw. psychologischen

Werbezielen andererseits unterschieden.191

Diese Unterscheidung wird von BRUHN vehement als „irreführend“ kritisiert, da sie impli-

ziere, dass die Verfolgung psychologischer Ziele letztlich nicht ökonomisch sei, hier also ein

künstlicher Gegensatz konstruiert werde.192

Auch wenn letztlich mit jeder werbekommunikativen Maßnahme ein ökonomischer Effekt

angestrebt wird, sind ökonomische Werbeziele als zentrale Erfolgsgrößen für die Bewertung

von Mediawerbung aus folgenden Gründen nicht tauglich:193

• Intransparente Kausalität: Die Veränderung der ökonomischen Größen wird in hohem

Maße vom Einsatz des gesamten Marketing- bzw. Kommunikationsinstrumentariums des

werbetreibenden Unternehmens, der Marktentwicklung sowie der Werbeaktivität der

Wettbewerber beeinflusst. Die Kausalität der Wirkung und der Zielerreichungsgrad sind

damit nicht eindeutig und zumindest nicht ausschließlich bzw. überwiegend auf werbepo-

litische Aktivität zurückzuführen. Dagegen werden nichtmonetäre Zielgrößen wesentlich

weniger von anderen Unternehmens- oder Konkurrenzmaßnahmen sowie weiteren Um-

189 REINECKE/ REIBSTEIN, 2001, S. 160 190 AAKER, 1982, S. 23f.; HÖRSCHGEN/GAISER/STROIBEL, 1981, S. 12 f., STEFFENHAGEN, 1993, S.

298 f.; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 53 f. 191 BEHRENS, 1963, S. 106 ff.; BIDLINGMAIER, 1970, S. 403 ff.; ROGGE, 1979, S.61; TIETZ/ZENTES,

1980; S. 49; MEFFERT, 2000, S. 452 f.; NIESCHLAG et al., 2002, S. 1059 ff. 192 BRUHN, 2005a, S. 341 193 COLLEY, 1967, S. 69; KAISER, 1980, S. 129; MEYER/HERMANNS, 1981, S. 75; KOPPELMANN, 1981,

S. 109 f.; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287 f.; SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2001, S. 147; KROE-BER-RIEL/ESCH, 2000, S. 32 f.

45

weltfaktoren beeinflusst, so dass hier eine direktere Messung und Ursache-Wirkungs-

Zuordnung möglich ist.194

• Fehlende Operationalisierbarkeit: Ökonomische Größen wie Umsatz und Ergebnis sind

Inhalte sogenannter „Global- und Oberziele“, die sich aus einer Vielzahl separierbarer

Teilziele zusammensetzen. So ist beispielsweise die „Steigerung des Absatzvolumens“ als

Marketing-Oberziel vor allem durch den Käuferanteil, die Kaufhäufigkeit, die Menge pro

Kauf usw. (als Detailziele) gekennzeichnet.

Trotz dieser Grundsatzkritik am Einsatz ökonomischer Zielgrößen für die Werbeerfolgsmes-

sung dominieren diese bis heute den Werbeplanungsprozess in vielen Unternehmen (siehe

nachfolgender Exkurs zur Auswertung der Effie-Bewerbungen).

Dies geschieht nach REINECKE und JANZ wiederum zu Recht. Sie plädieren dafür, Kom-

munikationskontrolle nicht ausschließlich auf nichtmonetäre Zielgrößen zu beziehen195. Kon-

kret: Eine Werbemaßnahme, die zwar die Erhöhung des kommunikativen Ziels „Bekanntheit“

bewirkt, jedoch nicht zur Erreichung des ökonomischen Ziels „Mehrumsatz“ führt, kann

kaum als erfolgreich bewertet werden.196

Die Konsequenz daraus ist: Ökonomische Ziele sollten nicht unmittelbare und ausschließliche

Erfolgsgrößen für die Planung und Kontrolle von Werbeaktivität sein, jedoch als gesetzte

Marketing-Oberziele immer Berücksichtigung finden. Dies kann nach REINECKE und JANZ

in der Weise geschehen, dass Kommunikationsmaßnahmen und ökonomische Daten (z. B.

Absatz) über längere Zeitperioden erfasst und analysiert werden, um mögliche Schwankungen

sichtbar zu machen und deren Ursachen besser analysieren und ggf. korrigieren zu können.197

Kommunikative Zielarten und -größen

Die kommunikativen Zielarten und -größen leiten sich aus den Stufen der verschiedenen

Werbewirkungsmodelle sowie dem Umfang und der Qualität der Konsumenten-Beziehung zu

einem Produkt oder einer Leistung ab. Oftmals setzen die werbetreibenden Unternehmen

identische Zielarten und -größen ein, die auf den verschiedenen Prozessmodellen zur Marke-

ting- bzw. Markenplanung und -kontrolle (z. B. dem Konzept Brand pipeline der Agentur

Icon Added Value, dem Brand Funnel von BBDO oder dem Kauftrichter von McKinsey) ba-

sieren.198

Analog zu den psychologischen Zielen in den verschiedenen Werbewirkungsmodellen lassen

sich kommunikative Ziele im Hinblick auf die adressierte Ebene der Kommunikationswir-

kung unterscheiden. Kommunikative Ziele beziehen sich sowohl auf die beworbene Marke 194 REINECKE/JANZ, 2007, S. 224; STEFFENHAGEN, 1993, S. 287; KROEBER-RIEL/ESCH, 2004; S. 35 ff. 195 REINECKE/JANZ, 2007, S. 225 196 REINECKE/JANZ, 2007, S. 225; BLAIR/SCHROIFF, 2001, S. 52 f. 197 REINECKE/JANZ, 2007, S. 225 198 ESCH/LANGNER/BRUNNER, 2005

46

bzw. das Produkt sowie auch auf die jeweiligen Werbemaßnahmen. Die Erreichung dieser

Kommunikationsziele kann wiederum durch eine Reihe von Zielgrößen erfasst werden (siehe

Abbildung).

Ebene der Kommunikations-wirkung

Kommunikationsziele Zielgrößen

Kognitiv: Awareness

• Markenbekanntheit (passiv, aktiv, Top of Mind, exklusiv)

• Bekanntheit der Wer-bung allgemein

• Erinnerung an spezifi-sche Werbeinhalte

• Ungestützte Wiederkennung (Recogniti-on)

• Gestützte Erinnerung (Aided Recall) • Ungestützte Erinnerung (Unaided Re-

call)

Kognitiv: Einstellung/ Interesse/ Zufriedenheit Affektiv: Vertrauen/ Sympathie

• Markenimage • Einstellung zur Werbung

• Grad der Zustimmung/Ablehnung

Konativ: Präferenz/First Choice

• (Test-)Kaufbereit-schaft

• (Test-)Kaufabsicht • Weiterempfehlungs-

bereitschaft

• Grad der Zustimmung/Ablehnung

Abbildung 3: Kommunikationsziele und Zielgrößen

QUELLE: Eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT, BURMANN, KIRCHGEORG,

2007, S. 117

Im Hinblick auf den Zielerreichungsgrad sind alle Kommunikationsziele in Bezug auf die

Tiefe und Breite des Werbeeffektes zu unterscheiden.199

Im Bezug auf ihren belegten hohen Einflussgrad auf die Kaufabsicht200 sind für die Werbe-

kommunikation die positive Beeinflussung der Markenbekanntheit und des Markenimage in

Verbindung mit der Wahrnehmung der jeweiligen Werbemaßnahmen die zentralen Zielgrö-

ßen. Diese werden im Folgenden kurz erläutert.

199 ESCH, 2007, S. 66 200 GEUSS, 2004, ´S. 55

47

Kommunikationsziel Bekanntheitssteigerung

Die Ermittlung des ungestützten bzw. gestützten Recall-Wertes gehört ebenso wie der Re-

cognition-Wert zu den klassischen Kennzahlen zur Ermittlung des Grads der Bekanntheit ei-

ner Leistung bzw. eines Produktes, wobei insbesondere die Aussagequalität des Recall-

Wertes in der Literatur kritisch diskutiert wird.201 Generell wird empfohlen, die Bekanntheit

eines Produktes bzw. einer Leistung gestützt (aided) abzufragen, wenn für das Werbeobjekt

nur ein geringer Bekanntheitsgrad oder eine hohe Verwechslungsgefahr angenommen wird.

Die Abfrage der ungestützten Bekanntheit (unaided recall) bietet sich dagegen bei einer etab-

lierten Marke an.202

Kommunikationsziel Imageverbesserung

Aufbauend auf die Produkt- bzw. Markenbekanntheit ist die Verbesserung des Images einer

Marke eine weitere zentrale Erfolgsgröße.203

Neben den Zielgrößen zur Erfolgskontrolle traditioneller Werbemedien wie TV und Print be-

stehen für die Online-Kommunikation als Werbekanal mit wachsender Bedeutung (siehe Ein-

leitung) zusätzliche Meßgrößen.204

Um zu branchenübergreifenden Vergleichswerten zu gelangen, werden regelmäßige Wer-

betrackings (u.a. der Werbemonitor von Research International sowie GfK ATS) durchge-

führt, in denen die wichtigsten Zielgrößen abgefragt werden.205 Komplementär dazu führen

viele Unternehmen Panel-Untersuchungen durch, um die Wirkung der Werbung auf einzelnen

Zielgrößen isoliert analysieren zu können.

Formulierung von Werbezielen

Folgende Anforderungen gelten nach STEFFENHAGEN und SIEMER sowie SCHULTZ und

BARNES für die Formulierung von vollständigen und präzisen Werbezielen:206

• Hohe werbebedingte Reagibilität, d.h. die Änderung der Zielvariablen hat in starkem Ma-

ße sensibel auf die Variation des werblichen Aktivitätsniveaus zu reagieren;

• selektive Steuerungskraft der Variablen, d.h. verfügt ein gewählter Zielinhalt über eine

hohe selektive Steuerungskraft, so entfaltet ein Werbeziel neben der schon begriffsimma-

nenten Steuerungswirkung auch Motivations- und Identifizierungswirkung207;

201 MEHTA/PURVIS, 2006, S. 54; DUBOW, 1994; DU PLESSIS, 1994 202 ZINKHAM, 1982, S. 155ff. 203 ESCH, 2007, S. 543; WALKER/DUBITSKY, 1994, S. 11 204 HÜNDGEN, 2007, S. 61 205 BEREKOVEN/ECKERT/ELLENRIEDER, 2004, S. 190 ff.; ESCH, 2007, S. 540 f. 206 STEFFENHAGEN, 1993, S. 288; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1995, S. 18; PEPELS, 1999, S.96;

SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 50 f.

48

• Relevanz, d.h. notwendigerweise sind die Zielvariablen für die Gesamtheit der Kommuni-

kations-, Marketing- bzw. Unternehmensziele relevant;

• Situationsgerechtigkeit, d.h. die Werbeziele ist den jeweiligen werblichen Aufgabenstel-

lungen anzupassen;

• Integrationsfähigkeit, d.h. alle Zielvariablen müssen in ein System von Ober- und Unter-

zielen sowie Haupt- und Nebenzielen eingebettet sein;

• Vollständigkeit, Präzision, Eindeutigkeit und Widerspruchsfreiheit, d.h. eine vollständige

Zielformulierung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Werbeziel überhaupt

eine hohe selektive Steuerungskraft entfalten kann.

Eine vollständige und umfassende Zielformulierung liegt vor, wenn zu den folgenden Zieldi-

mensionen klare bzw. eindeutige Aussagen gemacht werden:208

• Zielart bzw. -variable (Bsp.: Steigerung des aktiven Bekanntheitsgrades);

• Ausmaß einer Zielart bzw. Zielvariable (Bsp.: Steigerung um 20 Prozent);

• Zeitbezug bzw. -rahmen der angestrebten Zielerreichung (Bsp.: innerhalb der nächsten 12

Monate);

• Objektbezug der angestrebten Zielerreichung (für die Marke XY);

• Zielgruppe (Bsp.: bei Haushalten mit einem Netto-Jahreseinkommen von 50.000 Euro und

mehr).

Dieser Zielkatalog wird in der Werbepraxis auch im Rahmen der DAGMAR-Methode umge-

setzt (Defining Advertising Goals for Measured Advertising Results): Erhöhung der Bekannt-

heit (Zielinhalt) der Marke Y bei der Zielgruppe X (Zielgruppe) von derzeit 15 Prozent auf 25

Prozent (Zielausmaß) im Zeitraum Z (Zielperiode).209

Eine empirische Studie von STEFFENHAGEN/SIEMER210 zeigt jedoch, dass die in der Wer-

bepraxis formulierten Werbeziele die oben genannten Anforderungen mehrheitlich nicht er-

füllen und damit Defekte aufweisen. So sind vor allem allgemeine Absichtserklärungen, die

unklare Bedeutung verwendeter Ausdrücke sowie die mangelnde Detaillierung der Zielart

bzw. -variable nach STEFFENHAGEN/SIEMER die Ursachen für defekte Werbezielformu-

lierungen.

Exkurs: Ergebnisse der Werbeziele-Analyse der Effie-Bewerbungen 2007

Nachdem zuletzt 1996 STEFFENHAGEN und SIEMER eine Tauglichkeitsanalyse von Wer-

bezielen auf Grundlage der Kampagnen-Einreichungen zum Preis der Deutschen Fachpresse 207 BRUHN, 2005a, S. 432 208 BRUHN, 2005a, S. 342; REINECKE/JANZ, 2007, S. 225; STEFFENHAGEN, 1993, S. 298; STEFFENHA-

GEN, 2000a, S. 71 f.; STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S.47; REINECKE, 2004, S. 329; ROGGE, 1982, S. 44

209 BRUHN, 2004d, S. 890 210 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 53

49

1993 durchgeführt haben, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Replikationsstudie auf Basis

aktueller Kampagnen durchgeführt. Grundlage dieser Inhaltsanalyse waren die 113 Einrei-

chungen zum Kommunikationseffizienzpreis „Effie“ des Gesamtverbandes Kommunikations-

agenturen (GWA) im Jahr 2007. Der Effie ist im Hinblick auf die Bewertung von Kampag-

nenstrategie und -erfolg die wichtigste Auszeichnung in der deutschen Werbewirtschaft.211

Seit 27 Jahren wählt eine Jury mit Experten aus werbetreibenden Unternehmen, Kreativagen-

turen, Wissenschaft und Publizistik unter über 100 Einreichungen die besten Kampagnen aus.

Der „Effie“ zeichnet Marketingkommunikation aus, „die ausgewiesen wirkungsvoll und effi-

zient bezogen auf ihr Kosten-Nutzenverhältnis und gesetzte Marketingziele sind“212. Voraus-

setzung für eine Effie-Nominierung ist eine umfassende Dokumentation zur Kommunikati-

onsstrategie der Kampagne sowie der Nachweis, „dass bei den eingereichten Kampagnen die

Kommunikation die wesentliche Rolle zur Erreichung der gesetzten Marketingziele gespielt

hat“213. Diese Prämierungsanforderung entspricht dem Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit

insgesamt und der Basis für die Ministudie in idealer Weise.

Folgende Kernergebnisse ergab die Analyse der 113 Kampagnen-Beschreibungen:

• 4,5 Ziele werden im Kampagnen-Durchschnitt genannt;

• für 110 Kampagnen (97,4 %) wurden sowohl ökonomische wie auch kommunikative

Kampagnenziele von den Akteuren fixiert. Nur für drei Kampagnen (2,6 %) wurden aus-

schließlich kommunikative Ziele formuliert;

• mit durchschnittlich 4,2 dominieren die ökonomischen gegenüber den kommunikativen

Zielen mit durchschnittlich 2,1 Nennungen deutlich;

• die häufigsten genannten ökonomischen Ziele sind die Steigerung des Marktanteils (95 %)

vor Absatz- (50 %) und Umsatzsteigerung (37 %). Sieben Unternehmen (6 %) nennen ex-

plizit „Erreichung der Marktführerschaft“ als ein Kampagnenziel;

• die häufigsten genannten kommunikativen Ziele sind die Steigerung der gestützten bzw.

ungestützten Bekanntheit (93 %) vor Imagekorrektur (71 %);

• nur 23 % der Kampagnen-Ziele sind nach den Anforderungskriterien von STEFFENHA-

GEN und SIEMER weitestgehend tauglich, 57 % dagegen untauglich.

Die Ergebnisse bestätigen weitgehend die Aussagen von STEFFENHAGEN und SIEMER214

und machen deutlich, dass die von ihnen identifizierten Defizite auch zehn Jahre später noch

bestehen. Außerdem sind diese Ergebnisse ein Hinweis darauf, dass es sich wahrscheinlich

tendenziell nur um besonders erfolgreiche Werbekampagnen handelt, für die in ausreichender

Weise definierte Ziele vorliegen.

211 GWA, 2007 212 GWA, 2007 213 GWA, 2007 214 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 ff.

50

Für die nachfolgende Untersuchung haben diese Ergebnisse zur Konsequenz, dass ein beson-

derer Schwerpunkt auf die Analyse der Werbeziele und die Güte ihrer Definition gelegt wird.

3.2.3 Werbezielgruppen

Zentraler Bestandteil der Werbestrategie ist die Fixierung der zu adressierenden Zielgruppen.

Dabei ist das Prinzip der differenzierten Marktbearbeitung von zentraler Bedeutung, d.h. um

einen zielgerichteten und effizienten Einsatz der Mediawerbung zu gewährleisten ist es not-

wendig, Gruppierungen zu ermitteln, die in ihrer Homogenität bzw. Heterogenität das Kon-

sumentenverhalten bzw. ein Produkt, Marke oder Unternehmen betreffen.215

Je detaillierter und transparenter der zu bewerbende Personenkreis beschrieben wird, desto

höher die Wahrscheinlichkeit, eine Form der werblichen Ansprache zu finden, die nicht an der

Zielgruppe vorbeiläuft, sondern auf die Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche der anvisier-

ten Konsumenten eingeht, womit Streuverluste reduziert bzw. vermieden werden.216

Um zu einer systematischen Zielgruppen-Segmentierung zu kommen empfiehlt sich nach

BRUHN ein Vorgehen in folgenden Schritten:217

1. Zielgruppenidentifikation;

2. Zielgruppenbeschreibung;

3. Zielgruppenbeurteilung und -auswahl.

Im Verlauf der Zielgruppenidentifikation werden diejenigen Zielpersonen identifiziert, die zur

Realisierung der Werbeziele anzusprechen sind. In der Praxis wird dabei oft auch von Be-

darfsträgeranalyse gesprochen, mit der die Personen erfasst werden, die als direkte Bedarfs-

träger durch das Produkt ihren eigenen Bedarf decken sowie die am Vermarktungsprozess

maßgeblich beteiligten Personen (indirekte Bedarfsträger).218

Voraussetzung für eine sinnvolle Zielgruppenidentifikation und -beschreibung ist die Fixie-

rung von Gütekriterien für die Bewertung der gewählten Segmentierungskriterien. 219 Dabei

werden von BRUHN folgende Anforderungen gefordert:220

• Verhaltensrelevanz;

• Messbarkeit (Operationalität);

• Erreichbarkeit bzw. Zugänglichkeit;

• Zielkonkretisierungsmöglichkeit bzw. Handlungsfähigkeit;

• zeitliche Stabilität.

215 BRUHN, 2005a, S. 352; BECKER, 2001, S. 248 216 BRUHN, 2005a, S. 352 217 BRUHN, 2005a, S. 352, vgl. auch FRETER/DILLER/KÖHLER, 2008 218 BRUHN, 2005a, S. 354 219 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 1995, S. 121 f.; MEFFERT, 2000, S. 178 f.; ROGGE, 2000, S. 105 f.;

FRETER, 1983, S. 43 f. 220 BRUHN, 2005a, S. 353

51

In einem zweiten Schritt sind in der Zielgruppenbeschreibung die identifizierten Zielgruppen

im Rahmen einer Zielgruppenbeschreibung näher zu kennzeichnen. In der Literatur werden

dafür eine Fülle von Segmentierungskriterien genannt, die sich folgenden vier Kategorien zu-

ordnen lassen221.

1. demografische Merkmale;

2. sozioökonomische Merkmale;

3. psychografische Merkmale und

4. Verhaltensmerkmale.

Kategorien Merkmale Demografische Merkmale Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen, Haus-

haltsgröße, Wohnort u.a.m. Sozioökonomische Merkmale Beruf, Ausbildung, Einkommen, Kaufkraft u.a.m. Psychografische Merkmale Persönlichkeitsmerkmale (Aktivität, Interessen, Einstel-

lungen), Nutzenvorstellungen, Motive, Kaufabsichten u.a.m.

Verhaltensmerkmale Preisverhalten, Mediennutzung, Kommunikationsverhal-ten, Einkaufsstättenwahl, Produktwahl, Kaufmengen, Kaufhäufigkeit u.a.m.

Abbildung 4: Kategorien und Merkmale zur Segmentierung von Zielgruppen

Quelle: BRUHN 2005a, S. 110

Für eine möglichst umfassende Zielgruppenbeschreibung ist die Heranziehung eines Merk-

mals bzw. von Merkmalen nur einer Kategorie unzureichend. Deshalb empfiehlt sich die

Bündelung mehrerer Merkmale. Daraus ergeben sich dann häufig Konsumenten- und Ziel-

gruppentypologien, die heute in vielfältiger Weise von Verlagen, Sendern und Agenturen er-

mittelt und angeboten werden.222 Der Vorteil im Einsatz dieser Typologien besteht in der

Steigerung der Vorstellungskraft; durch die Kombination verschiedener Kriterien entsteht ein

mehrdimensionales, plastisches Bild der anvisierten Zielgruppe, was die Planungsarbeit, ins-

besondere im Hinblick auf die Entwicklung der Werbebotschaft und Medienauswahl erleich-

tert. Zudem sind solche Typologien häufig sehr allgemein gehalten, spezifische Fragestellun-

gen des Werbetreibenden bleiben unberücksichtigt. Der Trend- und Lifestyle-Bezug reduziert

zusätzlich die geforderte Stabilität der Daten.223

In der Konsequenz bieten Typologien zumindest oft die Möglichkeit, auf Basis der allgemein

verfügbaren Daten weiterführende und differenziertere Zielgruppenanalysen durchzuführen

221 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2001, S. 51 ff.; STEFFENHAGEN, 2000a, S. 47 ff.; BECKER, 2001,

S. 250 ff.; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 430 ff.; FRETER, 1983, S. 44 f. 222 ROGGE, 2000, S. 118 f.; MEFFERT, 2000, S. 200; BECKER, 2001; S. 259 ff.; BRUHN, 2005a, S. 360 ff. 223 BRUHN, 2005a, S. 368

52

oder bereits vorliegende eigene Untersuchungen durch entsprechende Typologie-Daten zu

komplettieren.224

Die Zielgruppenbeurteilung und -auswahl ist bestimmt von finanziellen und personellen Re-

striktionen. In der Praxis wird vorrangig eine heuristische Zielgruppenauswahl durchgeführt,

die sich im Hinblick auf drei strategische Stoßrichtungen unterscheiden lässt225. Die Bearbei-

tung

1. aller potentiellen Zielgruppen;

2. mehrerer Zielgruppen oder aber

3. einer (bzw. weniger) Zielgruppen.

Maßgebliche Kriterien für die Verfolgung einer dieser Strategien sind neben der antizipierten

Erfolgswahrscheinlichkeit vor allem die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

Für die notwendige Priorisierung der Zielgruppenansprache empfehlen sich nach BRUHN

folgende ökonomische und außerökonomische Kriterien:226

• werbebezogener Nutzen der Zielgruppen;

• Kommunikationspräferenzen und Informationsbedürfnisse der Zielgruppen;

• integrativer Nutzen der Zielgruppen;

• relative Umsatzbedeutung der Zielgruppen;

• Kosten für die Bearbeitung der Zielgruppen.

In der praktischen Umsetzung ist eine Auswahl bzw. Gewichtung dieser Kriterien vorzuneh-

men, um zu einer finalen Zielgruppenauswahl zu kommen. BRUHN weist dabei auf das Prob-

lem der Informationsbeschaffung und -plausibilisierung – insbesondere im Hinblick auf Kos-

ten-Nutzen-Bewertungen – hin, die letztlich „Gespür und Erfahrung des Entscheiders“ for-

dern.227

3.2.4 Positionierung, Werbebotschaft und -stil

Positionierung

Die kommunikative Positionierung ist ein zentrales Element der Werbestrategie für eine Leis-

tung bzw. ein Produkt.228

224 BECKER, 2001, S. 267 225 HARTLEBEN, 2001, S. 114 f. 226 BRUHN, 2005a, S. 370 ff. 227 BRUHN, 2005a, S. 372 f. 228 BLANK/KALAFATIS, 2007, S. 81 ff.; AAKER/SHANSBY, 1982, S. 58; ALDEN/STEENKAMP/BATRA,

1999; BHAT/REDDY, 1998; CRAWFORD, 1985; DILLON/DOMZAL/MADDEN, 1986; RIES/TROUT, 1986, S. 58 ff.

53

Nach ESCH setzt der Aufbau starker Marken voraus, dass eine Marke über eine klare Positio-

nierung im Markt verfügt, die

• zu dem Unternehmen im weitesten Sinn passt;

• für die Kunden relevant ist;

• von diesen auch subjektiv wahrgenommen wird;

• eine Abgrenzung von der Konkurrenz ermöglicht;

• langfristig verfolgt werden kann229.

Nach KROEBER-RIEL soll Werbekommunikation ein Produkt bzw. eine Leistung in der

Wahrnehmung der Zielgruppe so positionieren, dass das Angebot in den Augen der Zielgrup-

pe nicht nur relevant und attraktiv ist, sondern sich auch gegenüber konkurrierenden Angebo-

ten kommunikativ im Sinne eines „Unique Advertising Proposition“ (UAP) 230 so deutlich ab-

grenzt (Uniqueness), dass es diesen vorgezogen wird.231 Dementsprechend ist die Positionie-

rung immer konkurrenzbezogen.232

Unabhängig von der jeweiligen markt- und konkurrenzspezifischen Positionierung einer Leis-

tung bzw. eines Produktes unterscheidet ESCH für die werbe- bzw. markenstrategische Posi-

tionierung zwei Dimensionen:233

1. emotionales Involvement (Emotion) und

2. Information (Kognitives Involvement).

Für die Umsetzung der Soll-Positionierung sind zwei Strategien denkbar, die auch kombiniert

zum Einsatz kommen können:234

1. Die Anpassung des Angebots an die Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten oder

2. die Anpassung der Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten an das Angebot.

Ziel beider Strategien ist immer die Verringerung des wahrgenommenen Abstandes zwischen

einer Idealvorstellung der Konsumenten und dem eigenen Angebot.

Daraus ergeben sich drei mögliche Positionierungsstrategien:235

1. Beibehaltung der Markenposition;

2. Umpositionierung der Marke

a. im alten Positionierungsraum durch eine Anpassungs- bzw. eine Beeinflussungsstrategie,

b. im neuen Positionierungsraum durch eine Anbaustrategie;

3. Neupositionierung der Marke.

229 ESCH, 2005, S. 134 230 BRUHN, 2005a, S. 377 231 KROEBER-RIEL, 2000, S. 45 232 ROTHSCHILD, 1987, S. 155 233 ESCH, 2005, S. 138 ff.; KROEBER-RIEL, 1993, S. 42 234 ESCH, 2005, S. 143, KROEBER-RIEL, 1992, S. 203 235 ESCH, 2005, S. 145 ff.; HAEDRICH/TOMCZAK/KAETZKE, 2003

54

Abbildung 5: Positionierungsstrategien aus der Perspektive des Positionierungsmodells

Quelle: ESCH 2005, S. 144

Werbebotschaft

MEFFERT236 unterscheidet grundsätzlich zwischen dem informativen und emotionalen Cha-

rakter von Werbebotschaften. Da diese analog den Werbezielen mit dem Produktlebenszyklus

korrelieren, sollten sie ebenfalls Berücksichtigung finden.

BRUHN verweist auf die wachsende Relevanz emotionaler Mediawerbung.237 Angesichts

homogener werdender Produktangebote und der Notwendigkeit zur Schaffung von Vertrauen

und Glaubwürdigkeit müsse erfolgreiche Werbung Leistungen emotional präsentieren. Dem-

entsprechend sollte in der Operationalisierung des Indikators Werbestil der Grad an Emotio-

nalität in den Fokus gestellt werden.

In der Werbebotschaft korrespondieren die Elemente Inhalt (Was soll kommuniziert werden?)

und Form/Tonalität (In welchem Stil soll es kommuniziert werden?) mit der Umsetzung auf

Basis ausgewählter Werbemittel und -träger (Wo soll kommuniziert werden?).

So werden mit der Werbebotschaft die zentralen, zu transportierenden Inhalte der Kampagne,

also die Kernbotschaft bzw. Leitidee definiert.238 Im Rahmen des Konzeptes der integrierten

Kommunikation korrespondiert die Werbebotschaft idealerweise mit der kommunikativen

Leitidee eines Unternehmens, aus der zielgruppenbezogene Kernaussagen und kommunikati-

onsmittelbezogene Einzelaussagen abgeleitet werden.239

236 MEFFERT, 2002, S. 22 237 BRUHN, 2005a, S. 550 f. 238 BRUHN, 2005a, S. 377 239 BRUHN, 2005a, S. 146 ff.

55

Aus den Positionierungs-Dimensionen Grad des kognitiven Involvements und Grad des emo-

tionalen Involvements ergeben sich für den Charakter der Werbebotschaft folgende zwei klas-

sische Polaritäten:240

1. sachliche, informationsorientierte Ansprache bzw. Vermittlung sachlicher Eigenschaften;

2. emotionale, erlebnisbetonte Ansprache bzw. Vermittlung emotionaler Eigenschaften.

An sachliche und funktionale Eigenschaften knüpft eine Mediawerbungsmaßnahme vor allem

bei einer Positionierung durch Information an. Bei einer funktionalen Werbebotschaft stehen

die Problemlösungsqualität eines Produktes bzw. einer Leistung im Fokus.241 Zu den kommu-

nizierten Eigenschaften können neben der Produktleistung auch Besonderheiten des Designs

und der Verpackung gehören. Diese können gerade bei Low-Involvement-Produkten auch ne-

bensächliche Eigenschaften sein, die das beworbene Produkt von dem Konkurrenzangebot

signifikant differenzieren. Basis für die richtige Auswahl einer solchen Eigenschaft ist oft ein

consumer insight, der den subjektiven Produktnutzen identifiziert.242

Emotionale Werbebotschaften appellieren gegenüber sachlich-funktionalen an die Gefühle

der Konsumenten. Beispielweise werden Identifikationsbedürfnis und Zugehörigkeitsgefühl

angesprochen.243 PARK, JAWORSKI und MACINNIS sowie BHAT und REDDY unter-

scheiden neben „functional“ und „symbolic“ explizit „experiental“ als dritte Botschafts-

Variante.244 Allerdings ist diese im Sinne skalierbarer Polaritäten dem Bereich der emotiona-

len Werbebotschaften zuzuordnen. BOYD betont die Notwendigkeit einer Kombination aus

emotionaler und kognitiver Ansprache zur Erfolgsmaximierung.245

Bei der kommunikativen Übersetzung einer Positionierung durch Aktualität geht es nach

ESCH weniger um die Kommunikation emotionaler oder kognitiver Botschaften, sondern

vorrangig um die Thematisierung der Marke im Sinne eines „top of mind“. Die ist im Sinne

des Mere-Exposure Effekts246 notwendig, wonach erst durch die wiederholte Kommunikation

eines Produktes die Voraussetzung für seine Beurteilung durch den Konsumenten geschaffen

wird. Studien von BAKER und HUTCHINSON247 sowie HOYER und BROWN bestätigen

die positive Beeinflussung von Einstellung und Markenwahl durch Markenaktualität.

Werbemittel

Die Werbebotschaft ist außerdem nach BRUHN „die Verschlüsselung werbepolitischer Leit-

ideen durch visuelle, akustische, haptische und gustatorische Modalitäten, um bei den Rezi-

240 MEFFERT, 2002, S. 22; KROEBER-RIEL, 1993, S. 47; BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 116 ff. 241 BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 93 242 ROTHSCHILD, 1987, S. 156 243 BLANKSON/KALAFATIS, 2007, S. 93 244 PARK/JAWORSKI/MACINNIS, 1986; BHAT/REDDY, 1998 245 BOYD III, 2006 246 GRUSH, 1976; STANG, 1974 247 BAKER/HUTCHINSON, 1986, S. 22; HOYER/BROWN, 1990, 1991

56

pienten durch Aussagen über Produkt/Marken/Unternehmen die gewünschten Wirkungen im

Sinne der unternehmenspolitisch relevanten Werbeziele zu erreichen“.248

Modalitäten meint damit die „Verpackungsmöglichkeiten“ der Werbebotschaft auf Basis des

jeweils eingesetzten Werbemittels (z. B. eine Print-Anzeige mit Duftprobenstreifen). Werbe-

mittel sind:

• Print-Anzeige;

• Plakat;

• Hörfunk-Spot;

• Kino- oder TV-Spot sowie

• Online-Werbung.

Werbemittel (z. B. TV-Spots) werden auf Basis von Werbeträgern (TV-Sender/TV-Werbung)

eingesetzt.

Jede Modalität hat isoliert und in der gestalthaften Kombination ein eigenständiges Kommu-

nikationspotential, das zusätzlich durch den Botschaftsinhalt mitbestimmt wird.249 Zwischen

Inhalt und Form bestehen somit Wechselwirkungen, so dass die Wirkung eines Werbemittels

von einem Konglomerat verschiedener Gestaltungselemente abhängt.250 Konkret heißt das:

Für die emotionsstarke Bekanntmachung einer innovativen Neueinführung ist ein TV-Spot si-

cherlich ideal, während eine auf die Loyalität zielende Kampagne mit der Erklärung spezifi-

scher Produktvorteile in einer Print-Anzeige ihr ideales Leitmedium findet.

3.2.5 Mediamix, Werbeareal- und -timing

Im Zuge der Werbestrategie gilt es nach BRUHN251 sowie SCHULTZ und BARNES252 die

Kernelemente der Media-Strategie für den Mediamix festzulegen. Das bezieht sich vor allem

auf die Frage des Kernmediums. Diese Auswahl korrespondiert stark mit dem Werbeobjekt

und den Werbezielen sowie den Überlegungen zum präferierten Werbemittel im Zusammen-

hang mit der Werbebotschaft. Die Bestimmung des Kernmediums ist dabei eine Frage der In-

termedia-Selektion, d.h. der Auswahl zwischen verschiedenen Werbeträgern. Grundlage dafür

ist die mediumsspezifische Leistungsfähigkeit253. So ist z. B. Print generell ein optimaler

Werbeträger, um die umfangreichen und häufig komplizierten Sachverhalte von Finanzwer-

bung zu transportieren. Es geht somit in der strategischen Phase vorrangig darum, eine grobe

Priorisierung der eingesetzten Werbemittel bzw. Mediagattungen zu fixieren, aus der sich die

Grundstruktur eines Media-Mixes ergibt.

248 BRUHN, 2005a, S. 453 249 TIETZ/ZENTES, 1980, S. 215 250 KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 149 ff. 251 BRUHN, 2005a, S. 378 252 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 52 253 BRUHN, 2005a, S. 429 f.

57

In der nachfolgenden Phase der Werbekonzeption werden dann diese Vorüberlegungen im

Rahmen eines Mediaplans konkretisiert und detailliert (Ergänzung der Inter- um die Intrame-

diaselektion).

Als weitere Elemente einer Werbestrategie nennt BRUHN explizit Werbeareal und Werbe-

timing. 254

Mit dem Werbeareal legt ein Unternehmen fest, mit welcher geografischen Reichweite es sei-

ne Werbeaktivität betreibt, also vorrangig: lokal, regional, national, international. Die Be-

stimmung des Werbeareals korrespondiert stark mit der Definition der Zielgruppe und ihrer

entsprechenden geografischen Lokalisierung.

Beim Werbetiming werden die Gesamtdauer der Werbemaßnahmen und deren Verlauf defi-

niert. Mit dem Verlauf ist die Intensität der Aktivität, d.h. der Umfang der eingesetzten Me-

dia-Maßnahmen gemeint. Oft teilen sich in der Praxis Gesamtkampagnen in Teilkampagnen

auf, wobei Werbeintensität und -botschaft variieren.

Die Art des Werbetimings wird bestimmt durch die Werbeziele und das jeweilige Werbeob-

jekt. Eine Imagekampagne zur Profilierung eines Unternehmens wird in der Regel längerfris-

tig angelegt sein als die Einführungskampagne eines Konsumgüter-Artikels.

3.3 Systematisierungen von Werbestrategien

Wie bereits in Kapitel 2 dargestellt wurde der Begriff Werbestrategie bzw. Strategieplanung

zwar bereits sehr früh in der Fachliteratur verwandt, jedoch ohne dass die jeweiligen Autoren

ihn nach verschiedenen Varianten bzw. Archetypen unterschieden hätten.255

Gleichzeitig wurden immer wieder von Autoren einzelne Werbestrategievarianten genannt,

ohne sie jedoch auch nur im Ansatz zu systematisieren.256

Für das Thema dieser Untersuchung erscheinen deshalb unter den zahlreichen Unterscheidun-

gen von Werbearten, -formen und -strategien nur die Systematisierungen relevant, die die

Entscheidung über Ziele sowie über Anstrengungen zur Zielerreichung257 als zentrales Aspek-

te einer Werbestrategie in den Fokus stellen. Mehrheitlich verwenden die Autoren solcher

254 BRUHN, 2005a, S. 378 255 ROGGE, 1990, S. 35; ROTH, 1981, S. 624, BEREKOVEN, 1995, S. 17; ASSAEL, 1985, S. 390;

SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 149 ff.; SAMPSON, 1918, S. 12 ff.; FAISON, 1980, S. 261 ff. 256 Exemplarisch dafür ist die Verwendung der Kategorie „Erhaltungswerbung“ bei MEFFERT/ BUR-

MANN/KIRCHGEORG (2007, S. 706) sowie die Unterscheidung zwischen „informierender Werbung“ und „Sympathiewerbung“ bei NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 1077.

257 STEFFENHAGEN, 1992, S. 548

58

Systematisierungen von Werbestrategien jedoch nicht explizit den Begriff Werbestrategie,

sondern sprechen häufig von Werbearten und -formen.

Diese zielorientierten Werbestrategie-Systematisierungen lassen sich im Hinblick auf den

Zielcharakter in zwei Gruppen unterteilen:

1. absatzorientierte Systematisierungen und

2. werbewirkungsorientierte Systematisierungen.

Ein erster Ansatz zur Systematisierung von Werbearten findet sich 1955 bei GUTEN-

BERG258, jedoch ist seine Systematisierung wie auch die nachfolgenden von SEYFFERT259,

BEHRENS260 und BIDLINGMAIER261 analog zu den späteren aus den achtziger und neunzi-

ger Jahren von FAISON262, PERREAULT/McCARTHY263 noch sehr dominiert durch den

Zielcharakter, d.h. überwiegend wird ein absatzpolitisches Ziel mit einem Label belegt (z. B.

Expansionswerbung für die Ausweitung von Absatz bzw. Umsatz), ohne dass explizit weitere

– empirisch belegte - Indikatoren angeführt werden, die den Charakter der jeweiligen Werbe-

art spezifizieren und von den übrigen differenzieren.

Diesen absatzorientierten stehen die werbewirkungsorientierten Systematisierungsansätze von

ASSAEL, KOTLER ET AL. sowie aktuell von KROEBER-RIEL und ESCH gegenüber. Sie

beziehen sich implizit auf die verschiedenen Werbewirkungsmodelle in denen die Aspekte

Schaffung von Bekanntheit durch Information sowie Einstellungsänderung zentrale Kompo-

nenten sind.

Eine implizite Verknüpfung der beiden Ordnungsprinzipien vollzieht BRUHN in seiner

mehrdimensionalen Systematisierung.

Bei der Mehrheit der bestehenden Systematisierungen werden Werbearten bzw. -strategien

gleichgesetzt mit Werbezielen264 bzw. die Autoren sprechen von „Werbearten nach den Ziel-

setzungen“265. Dabei wird die „Stossrichtung“ von Werbung als eine Variante der Differen-

zierung neben vielen weiteren (Zielgruppe, Zielgebiet, Werbeobjekt, Werbetreibender) ange-

führt, ohne dass diese in einen Bezug zueinander gesetzt würden. Erst BRUHN gebraucht

2005 den Begriff der Werbestrategie als einem Bündel von Elementen, die zueinander in Be-

zug stehen und sich durch die spezifische Kombination dieser voneinander differenzieren.266

258 GUTENBERG, 1955, S. 439 ff. 259 SEYFFERT, 1963, S. 42 ff. 260 BEHRENS, 1963, S. 50 ff. 261 BIDLINGMAIER, 1973, S. 409 ff. 262 FAISON, 1980, S. 290 ff. 263 PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 358 ff. 264 KOTLER ET AL. ET AL., 2007, S. 704 ff. 265 SEYFFERT, 1966, S. 42 266 BRUHN, 2005a, S. 376ff.

59

Autor/-en Jahr Kategorien

Gutenberg 1955 Erhaltungs-, Erinnerungs-, Stabilisierungs-, Auswei-tungs- oder Expansions- und Einführungswerbung

Seyffert 1963 Einführungs-, Erhaltungs-, Verstärkungs-, Konkurrenz-, Erinnerungs- und Zukunftswerbung

Behrens 1963 Expansions-, Einführungs-, Erhaltungs-, Reduktions-, Kontinuitäts-, Synchronisations- und Emanzipations-werbung

Bidlingmaier 1973 Einführungs-, Fortführungs-, Stabilisierungs-, Expansions-, Kontinuitäts-, Synchronisations- und Emanzipationswerbung

Faison 1980 product vs. brand differentiation, market-expansion und brand positioning strategies

Assael 1985 informational, brand image, information-oriented change, image-oriented change strategies

Perreault/ McCarthy

2003 pioneering, competitive und reminder advertising

Kroeber-Riel/Esch

2004 Informative Werbung, emotionale Werbung sowie informative und emotionale Werbung

Bruhn 2005 Einführungs-, Erinnerungs-, Persuasions-, Image- vergleichende, Zielgruppen- und Handelswerbung

Kotler et al. 2007 Informierende, einstellungsändernde, erinnernde und bestätigende Werbung

Abbildung 6: Übersicht der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien

Quelle: Eigene Darstellung

3.3.1 Systematisierung nach GUTENBERG

Eine erste Systematisierung von Werbearten nach Zielen hat GUTENBERG in seinem Klas-

siker „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“ 1955 vorgenommen267. Für GUTENBERG

sind Werbeziele die konsequente Operationalisierung absatzpolitischer Ziele. Dementspre-

chend unterscheidet er folgende fünf Werbearten:

1. Erhaltungswerbung;

2. Erinnerungswerbung;

3. Stabilisierungswerbung;

4. Ausweitungs- oder Expansionswerbung;

5. Einführungswerbung.

267 GUTENBERG, 1955, S. 439

60

Erhaltungswerbung wird nach GUTENBERG von Unternehmen dann betrieben, wenn ein

gewisses Absatzniveau erreicht ist, und nicht beabsichtigt ist, dieses auszuweiten. Dafür kön-

ne oft nur ein verhältnismäßig geringer Werbeaufwand notwendig sein268, um das Produkt im

Bewusstsein des Käufers zu ‚erhalten’. Bei ungünstiger Marktentwicklung „bedarf es aber un-

ter Umständen sehr erheblicher Werbeanstrengungen, um den Absatz zu ‚halten’“269.

Erinnerungswerbung wird nach GUTENBERG von werbetreibenden Unternehmen dann ein-

gesetzt, wenn das Absatzniveau sinkt und Kunden an die Leistung erinnert werden sollen.

Stabilisierungswerbung wird von Unternehmen nach GUTENBERG dann eingesetzt, wenn

die geschäftliche Lage „bedroht“ erscheint und Werbemittel dazu eingesetzt werden, „die sich

als gefährlich erweisende Entwicklung abzufangen. Art und Umfang der Werbung hingen

vom wahrgenommenen Gefährdungsmaß ab. In der Formulierung von GUTENBERG geht

diese Werbeart über die Perspektive auf ein Produkt oder ein Sortiment hinaus und bezieht

sich vielmehr auf die generelle Geschäftsgrundlage bzw. das Geschäftsmodell eines Unter-

nehmens. So kritisiert BEHRENS, dass bei dieser Werbeart der explizite Bezug zur Dimensi-

on Absatzhöhe fehlt.270

Ausweitungs- oder Expansionswerbung liegt nach GUTENBERG dann vor, wenn ein Unter-

nehmen beabsichtigt, sein Absatzvolumen zu steigern. Das Maß des Werbemitteleinsatzes

richte sich dabei nach dem angestrebten Absatzziel sowie nach dem Widerstand, den der

Markt diesem absatzpolitischen Bestreben entgegensetzt.

Einführungswerbung liegt nach GUTENBERG vor, wenn ein Unternehmen „neue Erzeugnis-

se auf den Markt bringt oder neue Markträume mit dem bisherigen oder mit einem neuen Wa-

rensortiment zu erschliessen versucht“271. Diese könne ebenfalls dem Ziel dienen, den Absatz

zu erhalten, die geschäftliche Lage zu stabilisieren oder um zu expandieren. Damit führt GU-

TENBERG mit der „Einführungswerbung“ eine weitere Betrachtungsdimension ein (Leis-

tung/Produkt, Kunden), ohne diese jedoch in den denkbaren Varianten durchzudeklinieren.

Vielmehr unterstellt er eine Dimensionen-Hierarchie in folgender Logik:

1. Ebene:

a. Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung (-> Absatzfixierung);

b. Stabilisierungswerbung (-> Absatzfixierung);

c. Ausweitungs- oder Expansionswerbung (-> Absatzsteigerung).

2. Ebene:

a. Einführungswerbung (neue Produkte bzw. neue Zielgruppen);

b. Implizit „Bestands“-Werbung (bestehende Produkte, bestehende Zielgruppe).

268 Ebd., S. 439 269 Ebd., S. 439 270 BEHRENS, 1963, S. 15 271 GUTENBERG, 1955, S. 440

61

GUTENBERGs Systematisierung folgt somit schwerpunktmäßig der Dimension Absatzvo-

lumen. Nach der jeweiligen Zielrichtung (Niveaufixierung oder -steigerung) lassen sich nach

seiner Auffassung maßgebliche Zwecke und Zielsetzungen von Werbung unterscheiden. Wo-

bei der Bezug im Falle der Stabilisierungswerbung von ihm undefiniert ist. Charakteristisch

für GUTENBERGs Systematisierung ist somit, dass er eine unmittelbare Kausalität zwischen

Werbeaktivität und (positiver) Absatzentwicklung unterstellt.

GUTENBERG skizziert zwar zwei mögliche Charakterisierungsmerkmale (z. B. Form und

Umfang/Budget der Werbung), gleichzeitig aber betont er, dass diese nicht zwingend mit der

Werbeart korrespondieren.272 Dennoch unterstellt er grundsätzlich, dass der Werbeaufwand

von Expansionswerbung gegenüber dem für Erhaltungswerbung höher liegt und die Form der

Werbung maßgeblich dadurch bestimmt ist, ob für neue oder alte Produkte geworben wird,

bzw. bestehende oder neue Zielgruppen adressiert werden sollen.273

Somit erscheint GUTENBERGs Systematisierung noch wenig systematisch und in der Expli-

kation wenig stringent. Auffällig ist außerdem der fehlende empirische Bezug.

In einer späteren Auflage stellt GUTENBERG seine ursprüngliches auf absatzpolitischen Zie-

len basierendes Konzept massiv infrage: „Unter diesen Umständen mag es zweifelhaft er-

scheinen, ob das Charakteristische des Sachverhalts richtig getroffen wird, wenn von Erhal-

tungs-, Expansions- und Stabilisierungswerbung als spezifischen Werbezielen gesprochen

wird. Diese Ziele sind keine für die Werbung operationalen Ziele. Erhaltungs-, Expansions-

und Stabilisierungspolitik sind unternehmenspolitische Zielsetzungen, und die Konzeptionen

zur Erreichung dieser Zielsetzungen sind nicht aus der Werbung, sondern aus dem Ganzen

des Unternehmens heraus gedacht.“274

Auch negiert er deutlich den Zusammenhang zwischen Werbeart und charakteristischen Wer-

bemitteln oder kommunikativen Techniken, wenn er betont: „Auf die Erhaltung des Ge-

schäftsvolumens gerichtete unternehmenspolitische Zielsetzungen schränken die Freiheit kre-

ativer oder kommunikativer Möglichkeiten nicht ein. Sie beschlagnahmen auch nicht einen

bestimmten Katalog werblicher Anstrengungen und Techniken für sich.“275 Im Fall der Stabi-

lisierungspolitik werden nach GUTENBERG die Grenzen werblicher Möglichkeiten „sicht-

bar“.

Neben dem absatzpolitischen Bezug relativiert GUTENBERG zudem Werbung noch im Hin-

blick auf die Zwangsläufigkeit ihrer unternehmungspolitischen Stringenz: „Es gibt unüber-

sehbar viele, gewissermaßen aktuelle Anlässe, die die Unterstützung der Verkaufsanstrengun-

gen des Unternehmens durch Werbemaßnahmen zweckmäßig und erfolgversprechend er-

272 Ebd., S. 439 273 GUTENBERG, 1955, S. 473 274 GUTENBERG, 1976, S. 374 275 Ebd., S. 373

62

scheinen lassen.“276 Er führt damit einen Aspekt ein, der später als taktische Werbung charak-

terisiert wird.277

Alternativ zu seinem ursprünglichen Modell skizziert GUTENBERG eine Unterscheidung

von Werbearten, die sich implizit eher nach kommunikativen Kriterien richtet als nach ab-

satzpolitischen. Dementsprechend definiert er zwei Werbevarianten:

In der ersten Werbevariante gilt es laut GUTENBERG, latente Bedürfnisse für eine Produkt-

art zu wecken, die von der Zielgruppe bisher noch nicht verwendet wird. Dies könne auch in

Form von Gemeinschaftswerbung erfolgen.

Eine zweite Werbevariante bestünde darin, „die potentiellen Käufer einer bestimmten Pro-

duktart in dem Sinne zu beeinflussen, dass sie die Erzeugnisse des Unternehmens und nicht

die der Konkurrenzunternehmen kaufen“278. Das absatzpolitische dahinter sei wieder die Er-

haltung oder Erweiterung von Marktanteilen. GUTENBERG spricht mit dieser Unterschei-

dung mehrere Dimensionen (Produktcharakter, Zielgruppe, Konkurrenz, Werbeziele), ohne

jedoch ein vollwertiges Alternativkonzept daraus aufzubauen. Somit bleibt die Relativierung

des ursprünglichen Konzeptes bestehen.

276 Ebd., S. 374 277 LAVERMANN, 1995, S. 27 ff; FAISON, 1980, S. 304 278 GUTENBERG, 1976, S. 375

63

3.3.2 Systematisierung nach SEYFFERT

SEYFFERT unterscheidet erstmals 1962 folgende sechs „Werbearten nach den Zielsetzun-

gen“279:

1. Einführungs-;

2. Erhaltungs-;

3. Verstärkungs-;

4. Konkurrenz-;

5. Erinnerungs- und

6. Zukunftswerbung.

Bei der „Einführungswerbung“ steht nach SEYFFERT „das Erregen der Aufmerksamkeit im

Vordergrunde“280. Sie trage Experimentcharakter und müsse beweglich genug angelegt wer-

den, um je nach den festgestellten Wirkungen anders dirigiert werden zu können. SEYFFERT

greift mit der Einführungswerbung eine Kategorie von GUTENBERG auf, ohne jedoch zu

spezifizieren, ob sich diese auf ein neues Produkt oder die Adressierung einer neuen Ziel-

gruppe oder beides bezieht.

Die „Erhaltungswerbung“ (ebenfalls ein Begriff von GUTENBERG) entspricht nach SEYF-

FERT einer Normalwerbung, da sie „den Stand der erreichten Werbewirkung stabilisieren

soll.“ Charakteristisch für sie sei, dass die Kosten – im Gegensatz zur Einführungswerbung –

höchstens proportional, aber möglichst degressiv zur erzielten Leistung sein sollten.

Die Kategorie der „Verstärkungswerbung“ entspricht GUTENBERGs Expansions- bzw.

Ausweitungswerbung. Mit ihr sollen nach SEYFFERT die durch die Einführungswerbung

gewonnenen Werbeleistungen gesteigert werden.

Die „Konkurrenzwerbung“ ist nach SEYFFERT geprägt durch ihren „aggressiven Charakter

gegen Mitwerber“, deren Anstrengungen durch die Konkurrenzwerbung neutralisiert werden

sollen. Sie werde laut SEYFFERT oft nicht unerwidert bleiben und könne dann zu Kraftan-

strengungen verleiten, „die unverhältnismäßigen Aufwand“ erfordern. In der Konkurrenzwer-

bung stecke somit meist ein großer Anteil unbeabsichtigter Kollektivwerbung. Außerdem be-

stehe mit ihr die Gefahr einer negativen Werbewirkung.

Die „Erinnerungswerbung“ unterscheidet sich nach SEYFFERT deutlich von der Erhaltungs-

werbung. Bei ihr komme es darauf an, eine durchgeführte Werbung nicht in Vergessenheit ge-

raten zu lassen; „obwohl von dem Zuumwerbenden im Augenblick ein Zueigenmachen des

Werbezwecks gar nicht erwartet wird oder aus äußeren Gründen nicht möglich ist. Zur Veran-

schaulichung führt SEYFFERT die Werbung von Markenartikelfabrikanten an, die in Zeiten

der Nichtlieferbereitschaft z. B. durch kriegsbedingte Rationierungsmaßnahmen trotzdem

weiterwerben.

279 SEYFFERT, 1966, S. 42 280 SEYFFERT, 1966, S. 43

64

„Zukunftswerbung“ als siebte Kategorie umfasst nach SEYFFERT Werbung für Leistungen,

die noch nicht (auch nicht kurzfristig) zu erwerben sind. Als Beispiel führt er die Werbung

der Fluggesellschaften für ihren Düsenflugverkehr 1955 an, obwohl dieser erst fünf Jahre spä-

ter realisiert wurde und somit erst dann für die Kunden erwerbbar. Ein weiteres Beispiel für

Zukunftswerbung sei außerdem die politische Werbung von Parteien.

SEYFFERT vollzieht in seiner Systematisierung einen Paradigmenwechsel, indem er im Ge-

gensatz zu GUTENBERGs absatzpolitischen Zielkatalog auf kommunikative Werbeziele

(Werbewirkung) fokussiert. Jedoch spezifiziert er diese an keiner Stelle, sondern spricht nur

grundsätzlich von der positiven Beeinflussung der Werbewirkung. Die Mehrheit seiner Kate-

gorien ist der Übersicht von GUTENBERG entlehnt. Mit der Differenzierung der Erinne-

rungswerbung verweist SEYFFERT auf eine den besonderen historischen Rahmenbedingun-

gen (massive Produktionsmittelknappheit in Kriegszeiten) geschuldete Werbevariante. Mit

der Zukunftswerbung führt er neben der Ordnungsdimension Werbewirkung noch die Dimen-

sion „Zeithorizont“ implizit ein. Entsprechend kritisiert BEHRENS die auf „sehr heterogenen

Prinzipien“ basierende Systematik als „bedenklich“281. Ebenso kritisiert LEITHERER282 bei

Seyffert die Überschneidungen zwischen Werbezielen und Werbearten. Zwar deutet SEYF-

FERT die Höhe der Werbeaufwendungen als differenzierenden Aspekt zwischen den Werbe-

arten punktuell an, stellt jedoch keinen systematischen Bezug zu allen genannten Werbearten

her. Außer zwei eher grundsätzlichen Hinweisen auf branchenbezogene Werbekampagnen

verzichtet auch SEYFFERT auf die empirische Validierung seiner Überlegungen.

3.3.3 Systematisierung nach BEHRENS

BEHRENS führt 1963 bei seiner Unterscheidung nach Werbearten als übergreifende Dimen-

sion die Komponente „Zeithorizont“ ein. Dementsprechend unterscheidet er Werbearten nach

1. kurzfristigen und

2. langfristigen Werbezielen.

Auch BEHRENS charakterisiert Werbeziele als Ableitungen von den generelleren, absatzpo-

litischen Zielen.283 Dementsprechend erfahren potenzielle Werbeziele von den Plandaten der

Absatzwerbung her eine „wesentliche Begrenzung“284 Für die kurzfristigen Werbeziele defi-

niert BEHRENS zwei relevante Dimensionen:

1. den angestrebten Umsatzumfang und

2. die zeitliche Verteilung der Nachfrage.

281 BEHRENS, 1963, S. 15 282 LEITHERER, 1975, S. 23 283 BEHRENS, 1963, S. 50 284 Ebd., S. 50

65

Der Wechsel von der ökonomischen Zielgröße Absatz nach GUTENBERG zu Umsatz bei

BEHRENS ist in der besseren Abbildung unterschiedlicher Vertriebsstrategien begründet. So

verweist BEHRENS auf die nach Branchen unterschiedliche Präferenz für Preis- oder Men-

genstrategien der Werbetreibenden, für welche die erzielte Umsatzhöhe die gemeinsame

Messgröße bildet. Die Bedeutung der ökonomischen Kenngröße „Kosten“ als Werbeziel wird

von BEHRENS negiert, da sie kein selbständiges Werbeziel sei und zudem durch Werbung

implizierte Kostenreduktionseffekte nur schwer zu ermitteln seien.285

Voraussetzung für die Definition von Werbezielen ist nach BEHRENS neben dem Zeitablauf

(Periodenbezug) der Objektbezug, d.h. für welches Produkt bzw. welche Leistung geworben

wird.286

In expliziter Anlehnung an die Konzepte GUTENBERG und SEYFFERT unterscheidet

BEHRENS folgende Werbearten mit kurzfristigem Charakter:

Werbearten mit dem zentralen Ziel der Veränderung der Umsatzhöhe:

1. Expansionswerbung;

2. Einführungswerbung (als Spezialfall der Expansionswerbung);

3. Erhaltungs- und

4. Reduktionswerbung.

Werbearten mit dem zentralen Ziel der Verschiebung des Umsatzes in der Zeitperiode

1. Kontinuitätswerbung;

2. Synchronisationswerbung und

3. Emanzipationswerbung.

„Expansionswerbung“ liegt nach BEHRENS analog GUTENBERG und SEYFFERT dann

vor, wenn der der Werbetreibende für ein bestimmtes Werbeobjekt eine Erhöhung seines Um-

satzes gegenüber der unmittelbar vorangegangenen Periode anstrebt.

Mit der „Einführungswerbung“ wird absatzpolitisch das gleiche Ziel verfolgt wie mit der Ex-

pansionswerbung, allerdings mit der Besonderheit, dass der Umsatz der Vorperiode null be-

trägt. Ob sich die Einführungsstrategie auf eine neue Leistung für bestehende Zielgruppen, ei-

ne bestehende Leistung für neue Zielgruppen oder auf beides bezieht, lässt BEHRENS offen.

„Erhaltungswerbung“ zielt – analog zu GUTENBERG und SEYFFERT auf den Erhalt des

Umsatzes. Damit sei Erhaltungswerbung typisch für Unternehmen, deren Produktions- und

285 BEHRENS, 1963, S. 54 286 BEHRENS, 1963, S. 51

66

Beschaffungskapazität ausgelastet ist oder die auf Grund der Marktverhältnisse bzw. vertrag-

licher Abmachungen in ihrer Preispolitik unelastisch sind.287

„Reduktionswerbung“ findet nach BEHRENS dann statt, wenn der Werbungstreibende ver-

sucht – vor allem im Rahmen der zeitlichen Nachfragelenkung – den Umsatz für ein bestimm-

tes Werbeobjekt in der laufenden Periode gegenüber dem vorangegangenen Planungsabschnitt

zu vermindern.288 BEHRENS räumt ein, dass eine solche Zielsetzung „absonderlich“ anmutet,

jedoch bei „grundlegender Umstellung des Leistungsprogramms“ und im Hinblick auf die

„zeitliche Lenkung der Nachfrage“ durchaus Sinn mache.289 Angesichts dieser Selbstkritik ist

deshalb zu fragen, ob Reduktionswerbung tatsächlich die Qualität eines Werbestrategie-

Archetyps hat, wenn in der Praxis schlichtweg nur der Umfang der Werbeaktivitäten reduziert

wird.

Gegenüber diesen vier umsatzbezogenen Werbearten unterscheidet BEHRENS drei weitere,

die Werbeaktivität beschreiben, deren Ziel darin besteht, die Nachfrage – ohne Änderung der

Umsatzhöhe – in der betreffenden Periode zu verschieben.

Demnach fasst „Kontinuitätswerbung“ laut BEHRENS solche Werbemaßnahmen zusammen,

die auf eine gleichmäßige Verteilung der Nachfrage in einer Periode zielen.290

Demgegenüber zielt die „Synchronisationswerbung“ auf die Anpassung der Nachfrage an un-

gleichmäßige Produktions- bzw. Beschaffungsrhythmen der Unternehmung.291

Die „Emanzipationswerbung“ hat dagegen das gegenteilige Ziel, nämlich die Absatzentwick-

lung von den Produktions- und Beschaffungsrhythmen der Unternehmung abzukoppeln.292

Da diese auf die zeitliche Lenkung der nachfragebezogenen Werbearten letztlich immer auch

auf eine Umsatzveränderung zielen, können sie nach BEHRENS den Zielen Expansions- und

Reduktionswerbung zugeordnet werden.293 Generell erscheinen jedoch die drei Werbearten,

die drei Werbearten Kontinuitätswerbung, Synchronisationswerbung und Emanzipationswer-

bung problematisch, weil Sie auf der Annahme basieren, dass es zwischen Art und Umfang

der Werbeaktivitäten und der Absatz- und Umsatzentwicklung des beworbenen Produktes ei-

ne unmittelbare Kausalbeziehung gäbe. Dies widerspricht den aktuellen Erkenntnissen der

Werbewirkungsforschung.

Werbeziele, die nicht auf kurzfristige Umsatz- und Kosteneffekte zielen, dienen laut BEH-

RENS als langfristige Ziele zur Stärkung des Goodwills des Unternehmens, um damit eine

Absatzsicherung auf lange Sicht zu erreichen. Sie trügen zur Bindung der (potentiellen) Kun-

287 BEHRENS, 1963, S. 52 288 Ebd. 289 Ebd. 290 Ebd. 291 BEHRENS, 1963, S. 53 292 Ebd. 293 Ebd.

67

den zum Unternehmen bei. BEHRENS weist zudem darauf hin, dass die Erhöhung des

Goodwills vielfach nicht beabsichtigt sei, sondern sich vielmehr als Nebeneffekt bei der Ver-

folgung kurzfristiger werbepolitischer Ziele ergäbe. Eine Werbeart, die diese strategische

Stoßrichtung zusammenfasst, nennt BEHRENS nicht.

Im Gegensatz zu GUTENBERG und SEYFFERT folgt BEHRENS Systematisierung zwar ei-

ner klaren Systematik, jedoch ist diese neben dem Zeithorizont vorrangig auch nur auf die

ökonomische Zielgröße Umsatzsicherung fokussiert. Die hinter der Unterscheidung zwischen

kurz- und langfristigen Werbeziele anklingende Referenzierung auf verschiedene Werbewir-

kungsmodelle führt BEHRENS nicht aus. Vielmehr orientiert sich seine Systematisierung –

analog zu SEYFFERT und GUTENBERG – ohne dass BEHRENS den Begriff explizit ver-

wendet am Konzept des Produktlebenszyklus, wonach der Absatz- und Umsatzverlauf eines

Produktes abhängig von der Variable „Zeit“ ein spezifisches Muster aufweist.294 Im Gegen-

satz zu GUTENBERG und SEYFFERT verzichtet BEHRENS komplett darauf, seine Werbe-

arten durch die Nennung weiterer Indikatoren zu differenzieren. Auch liefert er für keine der

Werbearten ein konkretes Praxisbeispiel oder eine empirische Validierung.

3.3.4 Systematisierung nach BIDLINGMAIER

BIDLINGMAIER295 orientiert sich in seiner Systematisierung von Werbearten nach Zielen

aus dem Jahr 1975 wieder am ökonomischen Zielfokus von GUTENBERG und BEHRENS.

Jedoch erweitert er BEHRENS’ Konstrukt mit dem Dimensionsschwerpunkt „Umsatzum-

fang“ um die komplementäre Dimension „Kostenumfang“.

Dementsprechend unterscheidet er in starker Anlehnung an BEHRENS folgende Werbearten:

1. Umsatzbezogene Werbearten und -ziele:

1.1 Einführungswerbung (� Umsatzexpansion);

1.2 Fortführungswerbung (� Umsatzexpansion);

1.3 Stabilisierungswerbung (� Umsatzerhaltung);

1.4 Expansionswerbung (� Umsatzerhaltung).

2. Kostenbezogene Werbearten und -ziele:

2.1 Kontinuitätswerbung;

2.2 Synchronisationswerbung;

2.3 Emanzipationswerbung.

BIDLINGMAIERs Systematisierung ist ebenso wie die von GUTENBERG, SEYFFERT und

BEHRENS absatzpolitisch motiviert. Dementsprechend orientiert er sich auch sehr stark an

deren – insbesondere den von BEHRENS – eingeführten Begrifflichkeiten. Die besondere

Qualität seines Ansatzes besteht in der konsequenten Einordnung der unterschiedlichen Wer- 294 SCHÜRMANN, 1993, S. 20; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 121 295 BIDLINGMAIER, 1975, S. 408

68

bestrategien in ein klares Dimensionenraster mit den zentralen Achsen Kosten und Umsatz.

Dabei verzichtet er jedoch auf die von BEHRENS eingeführte Variante der Reduktionswer-

bung mit dem Ziel der Absatz- bzw. Umsatzreduktion. Der Grund für diesen Verzicht lässt

sich nicht eindeutig nachvollziehen, liegt aber wahrscheinlich in der bereits diskutierten Prob-

lematik, dass Werbung mit dem strategischen Ziel der Umsatz- und Absatzreduktion nicht der

Werberealität entspricht, in der vielmehr auf Werbemaßnahmen gemäß ihres Umfanges und

Kostenintensität verzichtet oder sie deutlich reduziert werden, wenn sich das beworbene Pro-

dukt in der Schlussphase des Produktlebenszyklus befindet.

Kritisch zu bewerten ist die unzureichende Profilierung der einzelnen Werbestrategien durch

entsprechende Indikatoren in Verbindung mit einer empirischen Prüfung.

Somit bleibt BIDLINGMAIERs Ansatz unter den absatzorientierten derjenige mit dem höchs-

ten Reifegrad und sollte deshalb bei der Weiterentwicklung eines Systematisierungsansatzes

berücksichtigt werden.

3.3.5 Systematisierung nach FAISON

FAISON unterscheidet in seiner Darstellung aus dem Jahr 1980 drei Gruppen von advertising

strategies:296

1. Product versus brand-differentiation strategy;

2. Market expansion strategies;

3. Brand positioning strategies.

In der ersten Kategorie grenzt FAISON mit der product versus brand-differentiation strategy

zwei Werbestrategien voneinander ab, die jeweils eine eigene Kategorie bilden.

Nach FAISONs Definition liegt eine product strategy dann vor, wenn eine echte Produktinno-

vation im Sinne von „new to the world“297 eingeführt wird.298 Als Beispiel führt er die Ein-

führung der ersten Farbfernseh-Geräte in den USA an. Dementsprechend befindet sich das

beworbene Produkt in der Pionierphase seines Lebenszyklus. Die Zahl der Wettbewerber ist

überschaubar und es gilt vorrangig die Leistungskompetenz des Produktes im Bezug auf die

erfolgreiche Befriedigung von spezifischen Konsumenten-Bedürfnissen möglichst breit zu

kommunizieren. Somit entspricht FAISONs Konzept der product strategy den inhaltlichen

Überlegungen zur Einführungswerbung von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, BID-

LINGMAIER und BRUHN, beziehungsweise zur Pioneering Advertising von PER-

REAULT/McCARTHY sowie zur Informational beziehungsweise Informative advertising bei

ASSAEL und KOTLER ET AL..

296 FAISON, 1980, S. 290 ff. 297 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 298 FAISON, 1980, S. 290

69

Eine Brand-differentiation Advertising Strategy liegt nach FAISON dann vor, wenn das be-

worbene Produkt im Lebenszyklus deutlich fortgeschritten ist, die Wettbewerber zahlreich

sind und vergleichbare bzw. identische Leistungsstandards offerieren und deshalb die Not-

wendigkeit besteht, das Produkt kommunikativ über die Marke zu differenzieren.

Im Hinblick auf den jeweiligen Einsatzpunkt der beiden Strategien product und brand-

differentiation wird laut FAISON manchmal auch von primary versus secondary promotion

gesprochen.

Für die Market expansion strategies unterscheidet FAISON im Hinblick auf eine signifikante

Umsatzsteigerung vier Vorgehensweisen:

1. Erhöhung des Konsums pro Verbrauchssituation;

2. Erhöhung der Konsumfrequenz;

3. Erhöhung der Anzahl Einsatzmöglichkeiten für ein Produkt sowie

4. Erhöhung der Käuferzahl insgesamt durch die Ansprache neuer Kunden (new user strate-

gy).

FAISON gibt zu jeder Variante ein Kampagnenbeispiel aus der Praxis, das die werbliche Um-

setzung des jeweils angestrebten Effekts illustriert, z. B. die Auslobung eines Rezeptes, das

die Verbrauchsmenge von Salatsoße deutlich erhöht.299 Mit dem Aspekt ‚Ansprache neuer

Kundensegmente’ ist FAISONs Kategorie gleichartig zu den Überlegungen von GUTEN-

BERG, SEYFFERT, BEHRENS und BIDLINGMAIER zur Expansionswerbung. Problema-

tisch erscheint jedoch an seiner Systematisierung, dass sich viele der Varianten vorrangig

bzw. ausschließlich auf Fast Moving Consumer Goods (FMCG) beziehen, damit nicht auf In-

vestitionsgüter oder Dienstleistungen (z. B. Versicherungen) übertragbar sind. Zudem sind es

Absatzziele bzw. -strategien, die Werbestrategien vorgelagert sein können, aber keine originä-

ren Werbestrategien im Bezug auf Kommunikationsziele und -inhalte.

Brand positioning strategies sind nach FAISON Werbestrategien, welche die marketingstra-

tegischen Überlegungen zur Positionierung eines neuen Produktes kommunikativ unterstüt-

zen. Er gibt dafür verschiedene Beispiele, die unterschiedlichen Dimensionen für Positionie-

rungsvarianten aufzeigen.300

Auch diese Kategorie orientiert sich stark an der generellen Marketingstrategie ohne eine ent-

sprechende Ableitung für die nächste Stufe der Werbekommunikation zu machen.

FAISONs Unterscheidung von Advertising strategies weist viele Parallelen zu den Systemati-

sierungen anderer Autoren auf. Kritisch erscheint jedoch die starke Fokussierung auf die

Marketingstrategie, ohne dass werbestrategiespezifische Ableitungen vorgenommen werden.

Hinter den drei bzw. vier Kategorien von FAISON ist kein klares Dimensionenraster erkenn- 299 Ebd., S. 292 300 FAISON, 1980, S. 298 ff.

70

bar. Eine explizite Nennung von Indikatoren fehlt ebenso. Die empirische Validierung be-

schränkt sich auf wenige Praxisbeispiele, deren Repräsentativität unklar ist.

3.3.6 Systematisierung nach ASSAEL

Für die Klassifizierung von advertising strategies stellt ASSAEL301 zwei Schlüsselfragen in

den Vordergrund:

1. Zielt die Werbekampagne darauf, die Marktbedingungen beizubehalten oder zu verän-

dern?

2. Zielt die Kampagne darauf, Informationen zu kommunizieren oder Images?

Dementsprechend unterscheidet ASSAEL folgende Werbestrategien:

1. Maintenance strategies:

a. Informational strategies;

b. Brand image strategies.

2. Change strategies:

a. Information-oriented change strategies (new uses, new features, belief change);

b. Image-oriented change strategies (use new product imagery, increase product in-

volvement, reduce risk and uncertainty, change the brand image).

Maintenance strategies im Sinne eines Erhalts des Status Quo lassen sich nach ASSAEL un-

terscheiden in Kampagnen, die Informationen über den Charakter einer Marke transportieren

und solchen, die ein Markenimage kreieren.

Als Beispiel für eine solche informationsorientierte Bestandswerbung verweist ASSAEL auf

die von Springer & Jacoby entwickelte, vielfach prämierte Mercedes-Kampagne Mitte der

achtziger Jahre, für die umfangreiche Copies, die Erläuterung technischer Details sowie der

Einsatz entsprechender Medien (vorrangig Print) charakteristisch war.

Zur Erläuterung der markenimageorientierten Bestandswerbung liefert ASSAEL als Praxis-

beispiel die Marlboro-Kampagne der achtziger Jahre, die in einer Tradition von zwanzig Jah-

ren die zentralen Markenwerte von Marlboro (Männlichkeit, Unabhängigkeit, Freiheit) in

immer neuen Bild-Variationen die gleichen Sujets (Cowboys in der freien Natur) inszenierte.

Aus der Definition zu Bestandsstrategien nach ASSAEL ergibt sich eine klare Analogie zum

Konzept der Stabilisierungswerbung von GUTENBERG, BEHRENS und BIDLINGMAIER

sowie zum Konzept der Erinnerungs- bzw. Reminder-Werbung von GUTENBERG, SEYF-

FERT, KOTLER ET AL., PERREAULT/McCARTHY und BRUHN.

301 ASSAEL, 1985, S. 392 ff.

71

Ebenso wie bei den Maintenance-Werbestrategien unterscheidet ASSAEL bei den change

strategies zwischen solchen, die information-oriented und solchen die image-oriented sind.302

ASSAEL unterstellt, dass change strategies in der Werbepraxis deutlich häufiger zu finden

sind als maintenance strategies.303

Bei den information-oriented change strategies unterscheidet ASSAEL zwischen solchen, die

sich auf eine Produkt-Innovation (new product characteristics) bzw. -Variation (new features)

oder Anwendungsmöglichkeiten (new uses) beziehen und solchen, die die Wahrnehmung ei-

nes Produktes bzw. einer Produktkategorie im Sinne einer Repositionierung verändern sollen

(belief change).304

Image-oriented change strategies haben nach ASSAEL das Ziel, die Wahrnehmung einer

Marke aus Konsumentensicht durch Symbole und Bilder zu beeinflussen. Dabei lassen sich

nach ASSAEL vier Varianten unterscheiden:

• Einführung neuer Produkte mit Fokus auf das Markenimage;

• Steigerung des Konsumenten-Involvements;

• Reduzierung der Konsumenten-Unsicherheit und Sorge (z. B. durch den Einsatz entspre-

chender Testimonials) sowie die

• Veränderung des bestehenden Images, das eine Marke beim Konsumenten hat.

Imageorientierte Werbestrategien sind nach ASSAEL notwendig, wenn es um eine gängige

Produktkategorie handelt und keine expliziten Leistungsmerkmale kommunizierbar sind. AS-

SAELs Praxisbeispiel dazu ist die Bier-Kampagne für Budweiser Light. Hinter diesen Über-

legungen steht die Frage des unterschiedlichen Involvementgrades auf Konsumentenseite, der

jedoch von ASSAEL nicht thematisiert wird.

ASSAELs Werbestrategie-Typen weisen viele Analogien zu den Kategorien der übrigen Au-

toren auf. ASSAEL entwickelt seine Werbestrategie-Kategorien zwar auf Basis eines klaren

zweidimensionalen Rasters (Stoßrichtung: Stabilisierung oder Veränderung, Botschafts-

schwerpunkt: informierend oder imagebildend), allerdings erscheinen die gewählten Dimen-

sionen problematisch. Zum einen ist eine Trennung zwischen Stabilisierung und Veränderung

in der Werbepraxis kaum darstellbar, zum anderen ist ebenso die Unterscheidung zwischen

informierender und imagebildender Werbung wohl eher theoretischer Natur. ASSAEL über-

sieht, dass gerade die Beispiele Mercedes-Benz für eine informationsorientierte Kampagne

und Budweiser für eine imageorientierte Werbung eine andere Unterscheidung nahe legen,

nämlich die nach dem Grad des Konsumenten-Involvements im Hinblick auf den unterschied-

lichen Charakter der beworbenen Produkte bzw. Leistungen (Investitionsgut Mercedes versus

302 ASSAEL, 1985, S. 394 ff. 303 ASSAEL, 1985, S. 392 304 ASSAEL, 1985, S. 394 f.

72

Konsumartikel Budweiser). Als alternative Dimensionen ist in den Überlegungen von AS-

SAEL die Unterscheidung zwischen bestehenden („Leistungspflege“) und neuen („Leistungs-

innovation“) präsent, jedoch wird sie nicht konsequent durchdekliniert. Ebenso liefert er für

die Unterscheidung seiner Werbestrategie-Typen keine eindeutigen Indikatoren.

3.3.7 Systematisierung nach PERREAULT/McCARTHY

Unter dem Credo „Product advertising – know us, like us, remember us“ unterscheiden

PERREAULT und Mc CARTHY drei Arten von absatzorientierter Produktwerbung:305

1. Pioneering advertising;

2. Competitive advertising;

3. Reminder advertising.

Pioneering advertising kommt nach PERREAULT und Mc CARTHY zum Einsatz, wenn ein

neues Produkt im Markt eingeführt wird und Erstkunden erfolgreich adressiert werden sollen.

Damit entspricht diese Kategorie der Einführungswerbung von GUTENBERG, SEYFFERT,

BEHRENS, BIDLINGMAIER, BRUHN und der product advertising strategy bei FAISON

sowie der Systematisierung von KOTLER ET AL.

Competitive advertising findet nach PERREAULT und Mc CARTHY dann statt, wenn ein

Produkt im Lebenszyklus einen hohen Reifegrad erreicht hat und sich zunehmend gegen die

Wettbewerber behaupten muss. Bei dieser Werbeart sei zudem zwischen dem direkten Typus,

der unmittelbare Absatzeffekte anstrebe und dem indirekten, der langfristige Absatzeffekte

anstrebe, zu unterscheiden.306 In dieser weitgehenden Definition weist das competitive adver-

tising Parallelen sowohl zur Konkurrenzwerbung von SEYFFERT, wie auch zur Stabilisie-

rungswerbung von GUTENBERG auf. Als „härtere“ Untervariante zur competitive adverti-

sing unterscheiden PERREAULT und Mc CARTHY analog BRUHN comparative adverti-

sing.

Reminder advertising zielt nach PERREAULT und Mc CARTHY darauf, die Marke im Be-

wusstsein der Konsumenten zu halten. In der Umsetzung würde dies durch ein soft-selling in

Form einer bloßen Erwähnung des Markennamens erreicht.

Wie viele der übrigen Autoren nehmen auch PERREAULT und Mc CARTHY z. T. Bezug

auf das Modell des Produktlebenszyklus, jedoch liegen ihrer Werbestrategie-Systematisierung

keine klaren Dimensionen zugrunde. Der Praxisbezug beschränkt sich auf wenige stichwortar-

tige Kampagnenbeispiele, deren Repräsentativität zwangsläufig offen bleibt. Inhaltlich finden

sich ihre Kategorien in der Mehrheit der übrigen Werbearten-Systematisierungen wider. Wie 305 PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 358 ff. 306 PERREAULT und Mc CARTHY, 2003, S. 358

73

bei der Mehrheit der Autoren finden sich bei ihnen jedoch auch keine die unterschiedlichen

Werbestrategie-Typen erklärenden Indikatoren.

3.3.8 Systematisierung nach KROEBER-RIEL/ESCH

KROEBER-RIEL unterscheidet erstmals 1988 verschiedene Arten von Werbestrategien.307

Diese Systematisierung wird später von ESCH aufgegriffen und weiterentwickelt.308 Dement-

sprechend unterscheiden KROEBER-RIEL und ESCH Werbestrategien nach der aus ihrer

Sicht zentralen Dimension der Positionierung. Treiber dieser Dimension ist das Involvement

der adressierten Konsumenten, dass sich auf den Ebenen Kognition und Emotion unterschei-

det.309

Aus diesen zwei Dimensionen ergeben sich nach KROEBER-RIEL und ESCH folgende vier

Positionierungsstrategien (siehe auch Abbildung), über die eine attraktive kommunikative Po-

sitionierung eines Produktes oder einer Leistung im Sinne eines top of mind erreicht werden

kann, und aus der sich entsprechende Werbearten ableiten lassen:310

• Informative Werbung (Positionierung durch Information/ sachorientierte Positionierung);

• emotionale Werbung (Positionierung durch Emotion/ erlebnisorientierte Positionierung);

• informativ-emotionale Werbung (Positionierung durch Emotion und Information/ ge-

mischte Positionierung);

• Aktualisierungswerbung (Positionierung durch Aktualität).

307 KROEBER-RIEL, 1988, S. 47 308 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 47 ff., 2004, S. 51 ff. 309 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 44 310 KROEBER-RIEL, 2000, S. 44, ESCH, 2005, S. 138 ff., AAKER/SHANSBY, 1982; AAKER/MYERS, 1987;

PERCY/ROSSITER, 1982; 1987

74

Abbildung 7: Normziele der Positionierung

Quelle: ESCH 2005, S. 139

Informative Werbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum Ein-

satz, wenn das kognitive Involvement hoch ist und sich dementsprechend eine Positionierung

durch Information anbietet.311 Die sachorientierte oder informative Positionierung ist die klas-

sische Form der Positionierung. Sie dient der Vermittlung von Sachinformationen über Ange-

botseigenschaften. Damit sind die Überlegungen von KROEBER-RIEL und ESCH deckungs-

gleich zu denen von ASSAEL mit informational strategies312 und KOTLER ET AL. mit in-

formative advertising313. Eine solche Kommunikation eignet sich nach ESCH besonders bei

der Kommunikation für Innovationen und für High-Involvement-Angebote bzw. für Angebote

auf wenig entwickelten Märkten, bei denen bei den relevanten Zielgruppen starke und (mögli-

cherweise) noch nicht befriedigte Bedürfnisse bestehen und dementsprechend das Interesse an

Produktinformationen groß ist.314

Emotionale Werbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum Ein-

satz, wenn beim Konsumenten hohes emotionales, aber geringes kognitives Involvement

vermutet wird und dementsprechend eine Positionierung durch Emotion sinnvoll erscheint.315

311 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 66 ff.; ESCH, 2005, S. 140 312 ASSAEL, 1985, S. 393 313 KOTLER/BLIEMEL, 1996, S. 705 314 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 68; ESCH, 2005, S. 140 315 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 70 ff.

75

Dementsprechend hat die erlebnisbetonte Positionierung zum Ziel, „das Angebot in der emo-

tionalen Erfahrungs- und Erlebniswelt des Konsumenten zu verankern“316. Dieses Positionie-

rungsziel ist nach ESCH von herausragender Bedeutung für Märkte, auf denen Informationen

über ausgereifte und in Bezug auf sachliche Eigenschaften austauschbare Angebote trivial

sind.317 Die Positionierung sollte hier der Devise „Erlebnisprofil statt Sachprofil“318 folgen.

Insbesondere auf gesättigten Märkten319, in denen sich Produkte im Hinblick auf ihre funktio-

nalen Leistungsmerkmale kaum noch sichtbar unterscheiden, sollte den Konsumenten über

den sachlichen Grundnutzen hinaus ein emotionaler Zusatznutzen verschafft werden.320 Der

Vorteil der Erlebnispositionierung besteht nach WÜTHRICH321 darin, dass diese gegenüber

einer sachlichen Positionierung nicht so schnell kopiert werden kann. Gerade bei erlebnisbe-

tonten Positionierungen werden die größten Unterschiede zwischen den Marken eines Pro-

duktbereiches wahrgenommen.322

Bei einer Positionierung in einer Kombination aus Emotion und Information sind für den

Konsumenten sowohl die Adressierung seiner emotionalen Bedürfnisse wie auch die Bereit-

stellung von Informationen wichtig.323 Dies bedingt eine informativ-emotionale Werbung.324

Das daraus resultierende Grundmuster der Kommunikation lautet nach ESCH: Appelliere an

ein Bedürfnis und informiere über die Eigenschaften des Angebotes, die dazu in der Lage

sind, dieses Bedürfnis zu befriedigen.325 Als Beispiel nennt ESCH Werbeappelle der Marke

Volvo an das Sicherheitsbedürfnis der potentiellen Käufer bei gleichzeitiger Erläuterung der

eigenen Sicherheitsstandards.

Aktualisierungswerbung kommt nach KROEBER-RIEL und ESCH als Werbestrategie zum

Einsatz, wenn ein gleichermaßen geringes kognitives wie auch emotionales Involvement auf

Seiten der Konsumenten besteht, dementsprechend sowohl Informationen als auch emotionale

Appelle dem Konsumenten „trivial“ erscheinen und eine Positionierung durch Aktualität be-

dingen.326 Die Aktualisierung einer Marke durch Kommunikation soll ein Angebot ins Ge-

spräch bringen, es thematisieren.327 Angesichts der allgemeinen Informationsüberlastung und

einem oft geringen Konsumenteninvolvement wird die Aktualität zu einem wichtigen Kom-

munikationsziel.328 Die Notwendigkeit für eine Positionierung durch Aktualisierung ist nach

316 KROEBER-RIEL, 1993, S. 69; vgl. auch S. 147 ff. 317 ESCH, 2005, S. 140 318 KROEBER-RIEL, 1993, S. 68 319 KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 22 ff. 320 KROEBER-RIEL/WEINBERG, 2003, S. 221 f. 321 WÜTHRICH, 1991, S. 57 322 BIEL, 1992, S. 48 323 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 61 ff. 324 KROEBER-RIEL und ESCH gebrauchen diese Begrifflichkeit nicht explizit. 325 ESCH, 2005, S. 140, auch ROTH, 1981, S. 628 326 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 89 ff. 327 ESCH, 2005, S. 141 328 ESCH, 2001, S. 71 f.; KROEBER-RIEL/ESCH, 2004, S. 17, S. 96 ff.

76

KROEBER-RIEL und ESCH insbesondere bei Low-Involvement-Produkten (klassischerwei-

se bei Fast Moving Consumer Goods – FMCG) gegeben. Nur durch einen permanent hohen

Werbedruck können dementsprechend viele FMCG-Produzenten den Absatz ihrer Produkte

stabil halten bzw. steigern.

Zu den jeweiligen Werbestrategien geben KROEBER-RIEL und ESCH eine Reihe von Kam-

pagnenbeispielen.

Diese vier Normstrategien lassen sich nach KROEBER-RIEL und ESCH weiter ausdifferen-

zieren unter Berücksichtigung folgender drei Faktoren:329

• Bedürfnis-Appell an die Konsumenten (Wird an bestehende oder neue Bedürfnisse appel-

liert?);

• Kenntnisstand der Konsumenten über die Angebotseigenschaften (Wird auf vorhandenes

Wissen zurückgegriffen oder muss Wissen über Angebotseigenschaften erst geschaffen

werden?);

• Konkurrenzorientierung (Ist die Werbestrategie identisch mit der der Konkurrenz oder an-

ders?).

KROEBER-RIEL und ESCH verzichten darauf, für die daraus resultierenden Varianten eige-

ne Werbestrategie-Begriffe zu definieren oder sie an entsprechenden Praxisbeispielen zu ver-

deutlichen.

Die Systematisierung von Werbestrategien nach KROEBER-RIEL und ESCH folgt einem

klaren Modell basierend auf das Konsumenteninvolvement als zentraler Unterscheidungsgrö-

ße. Für die Differenzierung der einzelnen Werbestrategien wird vor allem auf den Charakter

der beworbenen Produkte (Low- vs. High-Involvement) und dem jeweiligen Reifegrad der

beworbenen Marke verwiesen. Weitere, die Werbestrategien charakterisierende Indikatoren

werden nicht genannt. Über die Praxisbeispiele hinaus gibt es keine empirische Validierung

der Systematisierung. Auch räumen KROEBER-RIEL und ESCH an mehreren Stellen selbst-

kritisch „fließende Übergänge“ zwischen den einzelnen Strategien ein.330

3.3.9 Systematisierung nach BRUHN

Der bereits von SEYFERT erst im Ansatz vollzogene Paradigmenwechsel von kausal absatz-

politischen hin zu kommunikativen Wirkungszielen wird von BRUHN vollständig vollzogen.

Seine Systematisierung bildet gewissermaßen eine Synthese der beiden Systematisierungs-

richtungen.

329 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 63 f. 330 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 64, S. 50

77

BRUHN unterscheidet folgende Typen von Werbestrategien:331

1. Einführungswerbung (� Bekanntmachungsstrategie);

2. Erinnerungswerbung (� Bekanntmachungsstrategie);

3. Persuasionswerbung u.a. (� Informationsstrategie);

4. Imagewerbung (� Imageprofilierungsstrategie);

5. Vergleichende Werbung u.a. (� Konkurrenzabgrenzungsstrategie);

6. Zielgruppen-Werbung (� Zielgruppenerschliessungsstrategie);

7. Handelswerbung u.a. (� Kontaktanbahnungsstrategie).

Die Einführungswerbung zielt nach BRUHN vorrangig darauf, neue Produkte einem breiten

Publikum bekannt zu machen. Die Erinnerungswerbung hat zwar grundsätzlich die gleiche

strategische Stoßrichtung (Erhöhung der Bekanntheit), fokussiert jedoch auf die Aktualisie-

rung der Erinnerung an ein bereits im Markt bestehendes Produkt. Erfolgsfaktor ist in beiden

Fällen die Erhöhung der Bekanntheit. Als Praxisbeispiel für eine Einführungswerbung skiz-

ziert BRUHN die Einführungskampagne des schweizerischen Schnellimbiss-Restaurants ti-

bits.

Als weiteren Werbe-Strategietyp definiert BRUHN die Informationsstrategie. Diese zielt auf

die „Erhöhung von Bezeichnungs- und Eigenschaftskenntnissen“. Sie sei deshalb stark infor-

mativ ausgerichtet, um die Werbeadressaten über neue Produktvorteile, neue Serviceleistun-

gen usw. zu unterrichten. In den Fällen, wo über die Informationsvermittlung hinaus versucht

werde, den Werbeadressaten von den produktdifferenzierenden Eigenschaften zu überzeugen,

handelt es sich laut BRUHN um Persuasionswerbung.332 Eine feste Bezeichnung für die rein

informationsvermittelnde (im Gegensatz zur persuasiven) Werbung liefert BRUHN nicht.

Unklar bleibt auch die Abgrenzung zwischen informierenden und eher überzeugenden Wer-

bekampagnen. Das skizzierte Praxisbeispiel einer T-Mobile-Kampagne unterstreicht dieses

Problem noch, da es informative und persuasive Kampagnen-Elemente einschließt.

Als weiteren Strategietyp unterscheidet BRUHN die Imageprofilierungsstrategie, die implizit

die Grundlage bildet für Image-Werbung (diese Begrifflichkeit wird von BRUHN nicht expli-

zit verwendet). Diese Werbeart zielt nach BRUHN vor allem darauf, „positive Eigenschaften

bei den anvisierten Zielgruppen gegenüber dem Werbeobjekt zu formieren, bzw. negative zu

verändern“333. Im Fokus steht somit die Schaffung bzw. Pflege eines klaren Markenimage.

Neben der „speziellen Konzentration auf die Art der Mediawerbung“334 spiele hier laut

BRUHN vor allem der Zeithorizont eine wichtige Rolle, weil die Etablierung eines bestimm-

ten Images nur durch einen langfristigen, kontinuierlichen und konsistenten Werbeauftritt zu

realisieren sei, der wiederum mit einem erheblichen monetären Aufwand verbunden sei.335

331 BRUHN, 2005a, S. 381 332 BRUHN, 2005a, S. 381 333 Ebd. 334 Ebd. 335 Ebd.

78

Derartige Imagewerbung sei charakteristisch für die Kosmetik-, Mode- und Schmuckbranche

und vor allem die Automobilindustrie. BRUHN skizziert hierzu als Praxisbeispiel eine Kam-

pagne des Automobilherstellers Porsche sowie eine Standortkampagne des Landes Baden-

Württemberg.

Im Fokus der Konkurrenzabgrenzungsstrategie als weiterem Werbe-Strategietyp steht nach

BRUHN der Versuch des werbenden Unternehmens, sich gegenüber den Wettbewerbern zu

profilieren. BRUHN greift damit die bereits von SEYFFERT eingeführte Kategorie der Kon-

kurrenzwerbung auf und spezifiziert sie.

Eine solche Strategie hebt nach BRUHN zwar auch auf die Vermittlung von Kenntnissen und

die Bildung von Images ab, im Mittelpunkt stünde jedoch die Hervorhebung derjenigen Pro-

dukt- und Unternehmensmerkmale, die das Unternehmen von der Konkurrenz unterscheidet,

um eine dimensionsbezogene Alleinstellung bei den Konsumenten zu realisieren. 336 Als Pra-

xisbeispiele führt BRUHN die Fastfood-Kette McDonald’s sowie als exemplarische Dis-

counthändler Saturn und Mediamarkt an.

Als deutlichste Form der Konkurrenzabgrenzungsstrategie spezifiziert BRUHN die verglei-

chende Werbung.337 In dieser werden mehrere Produkte oder Leistungen explizit (unter Nen-

nung der Marken) miteinander verglichen bzw. zumindest deren Produkte und Leistungen er-

kennbar präsentiert. Als Praxisbeispiele verwendet BRUHN zwei Kampagnenmotive der Au-

tomobilhersteller Renault und Mazda, die im Anzeigentext auf das Wettbewerbsprodukt Golf

von Volkswagen referenzieren.

Die Zielgruppenerreichungsstrategie konzentriert sich nach BRUHN auf die Ansprache und

Erschliessung bestehender Zielgruppen durch die Mediawerbung.338 Mit einer solchen Strate-

gie würden gezielt bestimmte Zielgruppen angesprochen, wie z. B. Schüler und Studenten

oder Senioren, um dieses spezifische Kundenpotential zu erschliessen und auszuschöpfen. Bei

der Verfolgung einer solchen Strategie werden nach BRUHN verstärkt Zielgruppen angespro-

chen, die bisher nicht oder nur wenig bearbeitet wurden. Als Beispiel führt BRUHN ein

Kampagnenmotiv der Deutschen Bahn an, mit dem explizit Schüler bzw. Manager als Ziel-

gruppe angesprochen werden.

Unter der Kontaktanbahnungsstrategie fasst BRUHN Werbemaßnahmen zusammen, die nicht

auf die unmittelbare Beeinflussung des Absatzes durch die Adressierung der Verbraucher zie-

len, sondern andere Zielgruppen wie den Handel (� Handelswerbung) oder die allgemeine

Öffentlichkeit im Fokus haben. Letzteres ist bei Werbemaßnahmen der Fall, in denen Unter-

nehmen Position zu gesellschaftspolitischen Themen (z. B. Ausländerfeindlichkeit) nehmen

mit dem Ziel, Kompetenz auch außerhalb des eigenen Unternehmensbereiches zu vermitteln,

um auf diesem Wege Einstellungen im Sinne werblicher Zielsetzungen zu verändern.339

336 BRUHN, 2005a, S. 386 337 Ebd. 338 BRUHN, 2005a, S. 386 339 DUNCAN/MORIATY, 1997, S. 130 ff.

79

BRUHN weist zwar grundsätzlich darauf hin, dass die Art der Werbestrategie die zu wählen-

de Gestaltungsart sowie die damit verbundene Festlegung des Kernmediums zum Transport

der Werbebotschaft beeinflusse. Jedoch macht er diesen Zusammenhang im Bezug auf seine

Systematisierung nicht explizit.

Problematisch an BRUHNs Systematisierung erscheint vor allem, dass er grundsätzlich auf

die zugrunde liegende Mehrdimensionalität seiner Werbestrategien verweist, diese Dimensio-

nen jedoch nicht explizit macht.

Der Versuch einer Einordnung ergibt insgesamt fünf Dimensionen, die adressiert werden, al-

lerdings dekliniert BRUHN die Mehrheit der Dimensionen nicht vollständig durch. So be-

zeichnet er mit der Zielgruppen-Werbung die Adressierung neuer Zielgruppen, definiert aber

als Gegenpart keine Strategie oder Werbeart zur Ansprache und Bindung bestehender Ziel-

gruppen. Mit den unter Kontaktanbahnungsstrategie subsumierten Werbestrategien verlässt

BRUHN den Bereich absatzbezogener Konsumentenwerbung, ohne dies entsprechend deut-

lich zu machen.

Dimension Werbeart Strategie

Einführungswerbung Bekanntmachungsstrategie Produkt (alt/neu)

Erinnerungswerbung Bekanntmachungsstrategie

Zielgruppe (B2C) Zielgruppen-Werbung Zielgruppenerschliessungsstrategie

Persuasionswerbung Informationsstrategie Werbewirkung

Imagewerbung340 Imageprofilierungsstrategie

Konkurrenz Vergleichende Werbung Konkurrenzabgrenzungsstrategie

Absatzfokus Handelswerbung Kontaktanbahnungsstrategie

Abbildung 8: Implizite Dimensionen der Systematisierung von BRUHN

Quelle: Eigene Darstellung

Innerhalb der einzelnen Kategorien fällt die fehlende Trennschärfe auf (Wo hört Persuasions-

werbung auf? Wo fängt Imagewerbung an?). Häufig ist die der Strategie entsprechende Wer-

beart (Imagewerbung für Imageprofilierungsstrategie) nicht explizit genannt oder es werden

nur Teilarten von Werbung, die einer Strategie zugehörig genannt, z. B. vergleichende Wer-

bung, ohne dass den übrigen Varianten, die einer Konkurrenzabgrenzungsstrategie folgen, ein

Name gegeben wird.

Problematisch erscheint die Hervorhebung von Konkurrenzwerbung als eigener Strategietyp,

da jeder Werbung potentiell eine Marktanalyse zugrunde liegt, in der eine strategische Positi-

onierung auch im Hinblick auf das Wettbewerber-Umfeld gewählt wird und sich daraus die

entsprechenden Werbekommunikationsstrategien ableiten. Unberücksichtigt bleibt zudem,

340 BRUHN verwendet den Begriff Imagewerbung nicht explizit.

80

dass vergleichende Werbung selten ein strategiebasiertes Kernelement von Werbung ist, son-

dern häufig eine taktische Ergänzung.341

Generell ist BRUHN der erste Autor, der für fast jede Kategorie ein konkretes Praxisbeispiel

als Mini-Fallstudie präsentiert, allerdings ist damit noch nicht die Repräsentativität bewiesen.

Eine breite empirische Fundierung seiner Systematisierung fehlt jedoch. Außerdem führt

BRUHN zwar Werbestrategien als Konstrukt aus mehreren Elementen (u.a. Mediamix, Wer-

bebotschaft) an, differenziert seine Werbestrategie-Typen jedoch nicht nach diesen Elemen-

ten.

Trotz dieser Kritikpunkte weist BRUHNs Systematisierung als aktuelle Synthese der voran-

gegangen Ansätze den höchsten Detaillierungs- und Reifegrad auf und sollte deshalb bei

Entwicklung eines Werbestrategie-Modells in zentraler Weise Berücksichtung finden.

3.3.10 Systematisierung nach KOTLER ET AL.

KOTLER und BLIEMEL liefern erstmals im Jahr 1995 eine an den Wirkungszielen orientier-

te Systematisierung von Werbeformen, die sie in zahlreichen Veröffentlichungen fortschrei-

ben. 342 So unterscheiden KOTLER, BLIEMEL und KELLER 2007 folgende Varianten:343

1. Informative advertising/ Informierende Werbung;

2. Persuasive advertising/ Einstellungsändernde Werbung;

3. Reminder advertising/ Erinnernde Werbung;

4. Reinforcement advertising/ Bestätigende Werbung.

Informierende Werbung hat nach KOTLER ET AL. vielfältige Funktionen:344

• Ein neues Produkt vorstellen;

• auf neue Anwendungen eines Produktes hinweisen;

• über eine Preisänderung informieren;

• die Funktionsweise eines Produktes erläutern;

• das verfügbare Service-Angebot beschreiben;

• falsche Eindrücke korrigieren;

• Verbraucherängste abbauen;

• ein Firmenimage aufbauen.

341 LAVERMANN, 1995, S. 27 ff; FAISON, 1980, S. 304 342 KOTLER/BLIEMEL, 1994, 1995, S. 960 f.; 2001, S. 935 ff.; vgl. auch KOTLER/KELLER, 2006, S. 569;

ARMSTRONG/KOTLER, 2007, S. 371 343 KOTLER ET AL., 2007, S. 704 ff. 344 KOTLER ET AL., 2007, S. 704

81

NACH KOTLER ET AL. ist informierende Werbung besonders in der Markteinführungspha-

se einer neuen Produktkategorie wichtig, wenn eine Primärnachfrage erst noch zu schaffen ist.

Als Beispiel nennen sie die Einführung der Compact Disc (CD).345

Mit einstellungsändernder Werbung werden nach KOTLER und BLIEMEL folgende Ziele

verfolgt:346

• Präferenz für eine Marke aufbauen;

• zum Markenwechsel ermutigen;

• die Wahrnehmung von Produkteigenschaften beim Kunden verändern;

• den Kunden zum sofortigen Kauf überreden;

• beim Kunden den Wunsch nach einem Verkäuferbesuch wecken.

Einstellungsändernde Werbung wird nach KOTLER ET AL. in der Phase des Markenwett-

bewerbs besonders wichtig, wenn die Nachfrage für ein spezifisches Produkt gefördert wer-

den soll. Eine Variante der einstellungsändernden Werbung ist nach KOTLER ET AL. die

vergleichende Werbung.347

Mit erinnernder Werbung werden nach KOTLER ET AL. folgende Ziele verfolgt:348

• Verbraucher daran erinnern, dass sie das Produkt bald wieder benötigen;

• Verbraucher daran erinnern, wo es eine Marke zu kaufen gibt;

• Verbraucher auch außerhalb der Saison an die Marke erinnern;

• die Markenbekanntheit erhalten.

Erinnernde Werbung ist laut KOTLER ET AL. in der Reifephase des Produktlebenszyklus

besonders wichtig, damit Produkt und Marke beim Verbraucher präsent bleiben.

Die bestätigende Werbung soll als eine der Erinnerungswerbung verwandte Werbeform nach

KOTLER ET AL. kognitiven Dissonanzen der Käufer nach dem Kauf entgegenwirken. Dem

Käufer wird dementsprechend erneut bestätigt, dass er die die richtige Entscheidung getroffen

hat.349

Mit dieser Systematik von Werbearten verknüpfen KOTLER ET AL. das Konzept des Pro-

duktlebenszyklus mit den Hierarchie-Modellen der Werbewirkungsforschung. Allerdings er-

weisen sich die drei Werbearten in ihrer Spezifizierung als wenig trennscharf, wenn z. B. das

Ziel „falsche Eindrücke korrigieren“ der Werbeart informierende Werbung zugeordnet ist.

345 KOTLER ET AL., 2007, S. 705; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 935 346 KOTLER ET AL., 2007, S. 704 347 KOTLER ET AL., 2007, S. 705; KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 937 348 KOTLER ET AL., 2007, S. 704 349 KOTLER/BLIEMEL, 1995, S. 961; KOTLER/KELLER, 2006, S. 569; KOTLER ET AL., 2007; S. 706

82

Der Praxisbezug beschränkt sich in den vielfachen Publikationsvarianten der Systematik auf

den stichwortartigen, generisch gehaltenen Hinweis zu einem Markenbeispiel. Ebenso fehlen

Indikatoren, nach denen die Werbearten differenziert werden.

3.4 Zusammenfassung und Fazit

Grundsätzlich handelt es sich bei der Mehrheit der dargestellten Systematisierungen um er-

weiterte Werbeziel-Kategorisierungen, d.h. im Fokus der Überlegungen steht eine Systemati-

sierung der Werbeziele nach der „Stoßrichtung“, die häufig mit plakativen Labels wie z. B.

Einführungswerbung versehen werden, ohne dass die entsprechende Kategorie mit weiteren

charakterisierenden Indikatoren (z. B. spezifische Art der Werbebotschaftsgestaltung,

Schwerpunkt im Mediamix) als vollwertiges Modell exploriert wird.

Mehrere Autoren verweisen auf die notwendige Ableitung der Werbestrategien bzw. Werbe-

planung insgesamt aus den bestehenden gesamtstrategischen und Marketingzielen bzw. ihre

Einbettung in diese.350 BRUHN betont entsprechend die Bedeutung eines Einklangs zwischen

übergeordneten Strategien und Werbestrategien für Gewährleistung eines langfristigen Erfol-

ges.351 Jedoch findet dieser Ableitungscharakter in keinem der entsprechenden Werbestrate-

gie-Systematisierungen Berücksichtigung. Stattdessen werden die entsprechenden Ansätze

isoliert präsentiert und keine Verbindungen zwischen spezifischen Werbe- und die sie bedin-

genden Marketingstrategien aufgezeigt.

Den bestehenden Systematisierungen von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, BID-

LINGMAIER, KOTLER ET AL. und BRUHN liegen in der Regel mehrdimensionale Kon-

strukte zugrunde. Die zugrunde liegenden Dimensionen werden jedoch nur zum Teil als Ord-

nungsgrößen explizit genannt. Häufig verwendete Dimensionen sind – in der Unterstellung

kausaler Beziehungsketten – ökonomische Zielgrößen wie Absatz (GUTENBERG), Umsatz

(BEHRENS, BIDLINGMAIER) und Kosten (BIDLINGMAIER).

Bei BEHRENS und BRUHN findet sich implizit zudem die grundsätzliche Unterscheidung

zwischen unmittelbar absatzbezogenen Maßnahmen mit Konsumentenfokus und solchen, die

andere Zielgruppen (z. B. Handel oder allgemeine Öffentlichkeit) adressieren und deshalb als

Imagewerbung nur indirekt absatzwirksame Effekte haben.

Implizit werden von allen Autoren die Dimensionen Produkt (alt/neu) und Zielgrup-

pen/Märkte (alt/neu) adressiert, doch oftmals bleiben die entsprechenden Werbestrategien (z.

B. Einführungswerbung) in ihrer Zuordnung unklar. Ebenso bildet in allen Systematisierun-

gen das Konzept des Produktlebenszyklus das implizite Gedankengerüst. Als weitere Dimen-

350 GUTENBERG, 1955, S. 439; SEYFFERT, 1966, S. 42; BEHRENS, 1963, S. 50 351 BRUHN, 2005a, S. 374

83

sion tauchen Unterscheidungen nach Kommunikationswirkungsmodellen (BRUHN, KOT-

LER ET AL.) bzw. Werbewirkung generell (SEYFFERT) auf. Die Dimension „Konkurrenz“

findet sich in den Systematiken von BRUHN und SEYFFERT.

Angesichts des heutigen Stands der Werbewirkungsforschung erscheinen die Unterscheidun-

gen von Werbestrategien nach ausschließlich ökonomischen Zielgrößen obsolet. Die diesen

Systematisierungen zugrunde liegende, eindeutige Kausalität ist nicht gegeben, eine Fokussie-

rung darauf entsprechend wenig sinnvoll.

Die alternative Systematisierung nach Werbewirkung bzw. dem angestrebten Werbeeffekt ist

sicherlich praxisnäher, doch erscheint hier die fehlende Eindeutigkeit (Wann ist eine Werbung

nur informativ, wann überzeugend?) für die Auswahl als zentrales Ordnungsprinzip proble-

matisch. Die Dimension „Konkurrenz“ weist die gleiche Trennschärfe-Problematik (Wann

verfolgt eine Werbung konkurrenzabgrenzende Ziele, wann nicht?) auf.

Nachhaltiger erscheint dagegen die von allen Autoren implizit adressierte Kategorisierung

nach Produkt/Leistung (alt/neu) bzw. Zielgruppe (alt/neu). Dieses Ordnungsprinzip taucht in

allen Systematiken unvollständig auf (meistens mit Fokus auf Produkt/Leistung).

Alle Autoren beschränken sich darauf, die strategischen Zielsetzungen der jeweiligen Werbe-

strategien nur grundsätzlich zu beschreiben. Die Hälfte verzichtet vollständig auf die explizite

Nennung charakterisierender Indikatoren. Als relevante Indikatoren werden der Einsatz spezi-

fischer Werbemittel (GUTENBERG, BRUHN), der Umfang des Werbebudgets (GUTEN-

BERG, BRUHN, SEYFFERT), die Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts und damit im-

plizit der Gebrauchscharakter des Werbeobjekts (Gebrauchs- vs. Investitionsgüter) (FAISON,

KROEBER-RIEL/ESCH), der Involvementcharakter des Werbeobjekts (KROEBER-RIEL),

die Positionierung (KROEBER-RIEL) sowie die angestrebten kommunikativen Werbeziele

(BRUHN) genannt.

Autor/-en Werbe-mittel

Werbe-budget

Branchen-zugehörigkeit des Werbe-

subjekts

Involvement-charakter des

Werbe-objekts

Positionierung Komm. Werbeziele

Gutenberg X X Seyffert X Behrens keine Nennung

Bidlingmaier keine Nennung

Faison X Assael keine Nennung

Perreault/ McCarthy

keine Nennung

Kroeber-Riel/Esch

X X X

Bruhn X X X Kotler et al. keine Nennung

Abbildung 9: Indikatoren der verschiedenen Werbestrategie-Systematisierungen

Quelle: Eigene Darstellung

84

Fast alle Autoren verzichten darauf über die Erwähnung dieser Indikatoren hinaus, die Aus-

prägung dieser Indikatoren im Hinblick auf die jeweilige Werbestrategie zu konkretisieren.

Nur GUTENBERG verweist explizit auf den höheren budgetären Aufwand von Einführungs-

werbung gegenüber den anderen Werbestrategien.352

Aus diesem Defizit in den vorliegenden theoretischen Überlegungen zu Form und Arten von

Werbestrategien leitet sich die Notwendigkeit ab, die bereits genannten Indikatoren auf ihren

Erklärungswert systematisch überprüft und gegebenenfalls um weitere ergänzt werden. Au-

ßerdem müssen die jeweiligen Ausprägungen dieser dann als relevant identifizierten Indikato-

ren im Bezug zur jeweiligen Werbestrategie untersucht werden.

Außerdem erscheint es für die Modellierung ebenfalls sinnvoll, grundsätzlich zu unterschei-

den zwischen zwei Arten von Mediawerbung: zwischen Absatzwerbung353, welche primär der

Unterstützung des Abverkaufs von Produkten und Dienstleistungen des werbenden Unter-

nehmens dient und Imagewerbung, mit der nicht vorrangig die Erreichung von Absatz- bzw.

Umsatzzielen verfolgt wird und die eher der Profilierung der Marke bzw. Leistung dient, was

natürlich mittel- und langfristig auch absatzwirksame Effekte haben kann.

Trotz vieler plausibler und sinnvoller Ansätze muss insgesamt festgestellt werden, dass sich

aus keinem der vorliegenden Systematiken ein umfassendes Werbestrategie-Modell ergibt.

Die vorliegende Konstrukte weisen in der Summe der Einzelkritiken insgesamt vor allem fol-

gende Defizite auf:

• Inkonsistenz: Die Systematisierungsgrundlagen im Sinne von Dimensionen sind oft un-

klar (insbesondere bei GUTENBERG, SEYFFERT und BEHRENS und PER-

REAULT/McCARTHY, FAISON).

• Geringer Detailierungsgrad: Die Darstellungen bleiben pauschal und grundsätzlich. Auf

eine systematische Charakterisierung auf Basis entsprechende Indikatoren wird verzichtet.

Somit bleiben die theoretischen Überlegungen skizzenhaft. Keine Systematisierung hat

folglich die Qualität eines vollwertigen Modells, das die Grundlage für eine deduktiv be-

stimmte empirische Überprüfung bilden kann.

• Fehlende Trennschärfe: Die identifizierten Werbestrategiearten sind häufig nicht eindeutig

(insbesondere SEYFFERT, ASSAEL).

• Fehlende systematische empirische Fundierung: Es werden nur hinweisartige Praxisbei-

spiele gegeben, ohne dass dieser ausführlicher beschrieben werde (insbesondere GU-

TENBERG, SEYFFERT und BEHRENS und PERREAULT/McCARTHY, FAISON,

ASSAEL).

352 GUTENBERG, 1955, S. 49 353 BEHRENS, 1963, S. 12 ff.

85

• Kein Bezug zur übergeordneten Kommunikations- bzw. Marketingstrategie: In keiner der

vorliegenden Systematisierungen wird Bezug auf eine übergeordnete Kommunikations-

bzw. Marketingstrategie genommen.

• Keine trennscharfe Einordnung der Werbestrategie als ein Arbeitsschritt in einem Werbe-

plansprozess-Modell: Alle Autoren außer BRUHN beschreiben Werbestrategien isoliert

von den vorangegangenen sowie nachfolgenden Arbeitsschritten.

Angesichts dieser Defizite in unterschiedlicher Ausprägung erscheint keine der bestehenden

Systematisierungen vollständig geeignet, als Werbestrategie-Modell empirisch überprüft zu

werden.354

3.5 Anforderungen an das Forschungsmodell

Aus den festgestellten Defiziten leitet sich die Anforderung ab, auf Basis insbesondere der

Ansätze von BIDLINGMAIER (stellvertretend für die absatzorientierten Systematisierungen

von GUTENBERG, SEYFFERT, BEHRENS, FAISON und PERREAULT/McCARTHY),

von KROEBEL-RIEL/ESCH (stellvertretend für die wirkungsorientierten Systematisierun-

gen von und ASSAEL und KOTLER ET AL.) sowie BRUHN zunächst ein Werbestrategie-

Modell explorativ zu entwickeln, das diese Ansätze detailliert, anhand konkreter Fallbeispiele

situativ relativiert und dann in der Folge weiter empirisch validiert werden kann.

Daraus resultieren für das zu entwickelnde Werbestrategie-Modell folgende zentrale Anforde-

rungen:

• Empirische Exploration verschiedener Werbestrategie-Archetypen auf Basis der vorlie-

genden Ansätze;

• Systematisierung von Werbestrategie-Typen auf Basis eines stringenten Dimensionen-

rasters, die sich im Hinblick auf mehrere, praxisrelevante Indikatoren trennscharf vonein-

ander unterscheiden;

• Konsistenz des mit den übergeordneten Marketingzielen durch eine entsprechende mo-

dellbasierte Bezugsrahmen;

• Validität und Repräsentativität der identifizierten Werbestrategien auf Basis entsprechen-

der empirischer Untersuchungen und Ergebnisse.

Darüber bestätigten die vorliegenden Ergebnisse die in Kapitel 2.3 festgestellten Defizite kon-

sistenter, systematischer und praxistauglicher Werbeplanungs-Prozessmodelle. Daraus ergibt

sich die zusätzliche Anforderung, das zu entwickelnde Werbestrategiemodell in ein entspre-

chendes idealtypisches Ablaufmodell zu integrieren.

354 So verzichten SCHWEIGER/SCHRATTENECKER seit der 5. Auflage ihres Standardwerkes „Werbung“ auf

die Darstellung des Werbearten-Modells nach BEHRENS, wegen nach eigener Aussage unzureichender Plausibilität und Praxisrelevanz.

86

4. Grundlagen zur Modellentwicklung

Wie in Kapitel 3 dargestellt bestehen zur Differenzierung von Werbestrategie-Archetypen seit

über fünfzig Jahren theoretische Ansätze, die jedoch nicht ausreichend empirisch belegt sind.

Zudem müssen diese Werbestrategien auf Basis eines geeigneten Modells systematisiert wer-

den. Um im Sinne eines explorativ-induktiven Vorgehens für die Modellentwicklung die not-

wendigen Grundlagen zu schaffen, wird in folgenden Schritten vorgegangen:

1. Konsolidierung der bestehenden Ansätze unter besonderer Berücksichtigung der Systema-

tisierungen von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und ESCH sowie BRUHN;

2. Definition eines theoretischen Bezugsrahmens zur Systematisierung der konsolidierten

Werbestrategien;

3. Definition des Modellrahmens;

4. Entwicklung der zentralen Forschungsfrage und den entsprechenden Unterfragen.

4.1 Konsolidierung der bestehenden Werbestrategie-Systematisierungen

Wie bereits in Kapitel 3.3 festgestellt, besteht unter den verschiedenen Systematisierungsan-

sätzen von Werbestrategien eine Vielzahl von Übereinstimmungen in den jeweiligen Charak-

terisierungen beziehungsweise häufig sogar in der Verwendung wortgleicher Begrifflichkei-

ten (z. B. Einführungswerbung).

Einige Systematisierungen fokussieren einseitig auf die Art der Werbebotschaft (z. B. infor-

mative Werbung) und erscheinen deshalb angesichts der komplexeren Begriffsdefinition von

Werbestrategien (Vergleiche Kapitel 3.1) weniger ungeeignet. Dies betrifft insbesondere die

Systematisierungen von ASSAEL sowie KOTLER ET AL.

Die von einigen Autoren angeführte Kategorie der Konkurrenzwerbung355 erscheint als Wer-

bestrategie-Archetyp deshalb ungeeignet, weil die Berücksichtigung der Wettbewerbssituati-

on sowie der konkreten werblichen Aktivität einzelner Konkurrenten im Zuge des Analyse-

prozesses in jede Werbestrategieeinfliesst. Eine Werbestrategie, die konsistent zu einer ent-

sprechenden Marketingstrategie ausschließlich den Wettbewerber fokussiert, ist als konse-

quent verfolgtes Grundmodell eher die Ausnahme. Der ewige werbliche Wettstreit zwischen

Coca-Cola und Pepsi ist dafür ein plakatives Beispiel.356 Dagegen sind in der Werbepraxis

implizit oder explizit auf einen Wettbewerber oder ein Wettbewerbsprodukt zielende Werbe-

355 SEYFFERT, 1966, S. 43; PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359 356 SCHUESSLER, 2000, S. 77 f.; FRANK, 1997, S. 170 ff.; CAPPARELL, 2007, S. 97 ff.

87

maßnahmen und -aussagen oftmals nur ergänzende Elemente einer Gesamtkampagne, die zu-

dem oftmals ad-hoc initiiert werden357, was ihren taktischen Charakter unterstreicht.

Gleiches gilt deshalb auch für die ebenfalls im Zusammenhang mit der Konkurrenzwerbung

häufig genannte Kategorie der vergleichenden Werbung, die in der Literatur oftmals in der

Art einer eigenen Gattung diskutiert wird358. Auch sie erscheint im Hinblick auf die Kerndi-

mensionen des Modells, „Kunden“ und „Leistung“, als strategischer Archetyp ungeeignet.

Aufgrund der lange Zeit geltenden rechtlichen Restriktionen in Deutschland359 und der bereits

kritisch diskutierten Wirkungskraft360 sind vergleichende Werbemaßnahmen ohnehin eher ei-

ne Ausnahmeerscheinung und die wenigen Praxisbeispiele361 verdeutlichen, dass es sich bei

vergleichender Werbung um ein taktisches Instrument im Bereich der konzeptionellen Um-

setzung handelt und in der Regel der offensive Vergleich mit einem Wettbewerbsangebot

nicht die komplette Werbestrategie eines Unternehmens determiniert. Prominentes Gegenbei-

spiel ist der schon legendäre kommunikative Dauerwettstreit zwischen Pepsi und Coca-Cola,

bei dem beide Unternehmen bereits seit Jahrzehnten ihre Produkte werblich vergleichen.362

Aber auch dieses vielzitierte Beispiel ändert nichts an der Tatsache, dass vergleichende Wer-

bung oder solche, die vorrangig auf die Konkurrenz ausgerichtet ist, in der Werbepraxis gene-

rell eher die Ausnahme als die Regel ist und zudem fast nie die Werbestrategie determi-

niert.363

Andere Systematisierungsansätze wie die von BEHRENS und BIDLINGMAIER vorgeschla-

gene Differenzierung nach Kosten- und Absatzeffekten (Kontinuitätswerbung, Synchronisati-

onswerbung, Emanzipationswerbung) sind bereits in ihrem Aussagegehalt als kritisch disku-

tiert worden (vgl. Kapitel 3.3.3 bzw. 3.3.4). Dies gilt ebenso für die von SEYFFERT genannte

Zukunftswerbung sowie die von SEYFFERT und BRUHN unterschiedene Reduktionswer-

bung. Wie bereits diskutiert erscheinen in beiden Fällen die zugrundeliegenden Konzepte

nicht tragfähig.

Die von BRUHN unterschiedenen Werbestrategien der Imagewerbung und Handelswerbung

befinden sich (wie in Kapitel 1.3 erläutert) außerhalb des gesetzten Bezugsrahmens dieser Ar-

beit.

357 Vgl. dazu das Beispiel Mc Donald’s bei KOTLER,/BLIEMEL/KELLER, 2007, S. 705 358 KOTLER/BLIEMEL, 2001, S. 937, PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359; SCHWEI-

GER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 358 ff.; BRUHN, 2005a, S. 386 359 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 358 ff. 360 GREWAL/KAVANOO ET AL., 1997; PECHMANN/RATNESHWAR, 1991, S. 158 ff. 361PIMPL, 2004; BRUHN, 2005a, S. 386; SCHWAIGER/RENNHAK/TAYLOR ET AL., 2007, S. 11; KOT-

LER ET AL., 2007, S. 705 362 SCHMEH, 2008; SCHUESSLER, 2000, S. 77 f.; FRANK, 1997, S. 170 ff.; CAPPARELL, 2007, S. 97 ff. 363 Dieser Umstand ist insbesondere im deutschen Werbemarkt auf die langjährig gültige Rechtspraxis zurückzu-

führen, die vergleichende Werbung in einer offensiven, direkten Form untersagte.

88

Somit bleiben im ersten Schritt des Konsolidierungsprozesses folgende vier Werbestrategie-

Varianten, die von mehreren Autoren wort- bzw. definitionsgleich verwendet werden: Einfüh-

rungswerbung, Expansionswerbung, Erhaltungswerbung sowie Erinnerungswerbung. Wäh-

rend die jeweiligen Definitionen und Konzepte zur Einführungswerbung und Expansionswer-

bung schlüssig erscheinen (vgl. Kapitel 3.3), basiert das Konzept der Erinnerungswerbung auf

sehr divergenten Überlegungen. So geht GUTENBERG davon aus, dass Erinnerungswerbung

dann eingesetzt wird, wenn das Absatzniveau des Werbetreibenden sinkt.364 SEYFFERT da-

gegen definiert Erinnerungswerbung unabhängig von kurzfristigen Absatzzielen.365 In ähnli-

cher Weise argumentieren auch PERREAULT und McCARTHY bei ihrer Definition von

reminder advertising. Und auch KOTLER ET AL. sehen den Bedarf für erinnernde Werbung

dort, wo bekannte Produkte und Marken beim Verbraucher präsent gehalten werden sollen.366

Insofern liegt allen Konzepten absatzpolitisch eine latent stabilisierende Stoßrichtung zugrun-

de. Dies legt nahe, die Erinnerungswerbung als absatzpolitisch identisch mit dem Konzept der

Erhaltungswerbung unter dem Klammerbegriff Loyalitätswerbung zu subsumieren.

364 GUTENBERG, 1995, S. 439 365 SEYFFERT, 1966, S. 43 366 KOTLER ET AL., 2007, S. 706

89

Charakterisierung Begrifflichkeit Autor-/en

Einführungswerbung Einführungswerbung Gutenberg

Einführungswerbung Seyffert

Einführungswerbung Behrens

Einführungswerbung Bidlingmaier

Pioneering advertising Perreault/McCarthy

Einführungswerbung Bruhn

Expansionswerbung Ausweitungs- oder Expansionswerbung Gutenberg

Verstärkungswerbung Seyffert

Expansionswerbung Behrens

Expansionswerbung Bidlingmaier

Market expansion advertising Faison

Erhaltungswerbung Erhaltungswerbung Gutenberg

Erhaltungswerbung Seyffert

Erhaltungswerbung Perreault/McCarthy

Stabilisierungswerbung Bidlingmaier

Erinnerungswerbung Erinnerungswerbung Gutenberg

Erinnerungswerbung Seyffert

Reminder advertising Perreault/McCarthy

Erinnerungswerbung Bruhn

Erinnerungswerbung Kotler et al.

Abbildung 10: Übereinstimmende Charakterisierungen von Werbearten

Quelle: Eigene Darstellung

Dementsprechend werden die vorliegenden weitestgehend übereinstimmenden Systematisie-

rungen vorläufig zu folgenden Archetypen zusammengefasst:

1. Einführungswerbung,

2. Expansionswerbung,

3. Loyalitätswerbung.

Einführungswerbung

Bei der Einführungswerbung wird ein neues Produkt bzw. eine neue Leistung vorrangig an

eine Zielgruppe adressiert, die das Unternehmen bislang als Kunden noch nicht erreicht hat.

90

Die „Einführungswerbung“ ist gleichzeitig eine Werbestrategietypus, der sich wortgleich in

der Mehrheit der bestehenden Systematisierungsansätze findet.367 Die Definition von KOT-

LER ET AL. für „informierende Werbung“ als Werbung bei der Einführung neuer Produkte

kann ebenfalls diesem Typus zugerechnet werden.

Expansionswerbung

Das Grundprinzip der Expansionswerbung besteht darin, den Markt für ein bestehendes, be-

reits erfolgreich eingeführtes, bei einer Zielgruppe etabliertes Produkt weiter zu durchdringen:

mit dem Ziel, die Kundenzahl insgesamt bzw. die Nutzungsintensität zu erhöhen. Möglicher-

weise ist die Leistung der anvisierten Zielgruppe aus der Einführungswerbung bereits be-

kannt, wird jedoch (noch) nicht als relevant und kaufenswert wahrgenommen. Expansions-

werbung wird somit genau dann von Unternehmen initiiert, wenn eine Leistung bereits erfolg-

reich im Markt eingeführt werden konnte und dieser Markterfolg konsequent ausgebaut wer-

den soll (z. B. mit dem Ziel der Marktführerschaft). Die kommunikative Botschaft kann dabei

lauten: ‚Dieses Produkt wird bereits von anderen Kunden mit ähnlicher Bedürfnisstruktur

verwendet, Du solltest es ebenfalls nutzen.’

Die Kategorie „Expansionswerbung“ findet sich wortgleich bzw. synonym als Verstärkungs-,

Kontinuitäts- bzw. Fortführungswerbung in den Systematisierungsansätzen von GUTEN-

BERG368, SEYFFERT369, BEHRENS370, BIDLINGMAIER371 sowie FAISION372.

Zur spezifischeren Charakterisierung von Expansionswerbung gibt es in der bestehenden Lite-

ratur bei GUTENBERG den Hinweis, dass diese dem monetären Aufwand nach die aufwän-

digste sei.373

Loyalitätswerbung

Unter der Kategorie „Loyalitätswerbung“374 lassen sich die strategischen Konzepte der „Er-

haltungswerbung“ bei SEYFFERT375, BEHRENS376 und MEFFERT ET AL.377, beziehungs-

weise der „Stabilisierungswerbung“ bei BIDLINGMAIER378 sowie die Kategorie „Erinne-

367 GUTENBERG; 1955, S. 440; SEYFFERT, 1966, S. 43; BEHRENS, 1963, S. 52; BIDLINGMAIER, 1973, S.

408; BRUHN, 2005a, S. 381; PERREAULT/McCARTHY, 2003; S. 358 368 GUTENBERG, 1955, S. 440 369 SEYFFERT, 1966; S. 43 370 BEHRENS, 1963, S. 52 371 BIDLINGMAIER, 1973, S. 408 372 FAISON, 1980, S. 292 373 GUTENBERG, 1955, S. 473 374 Der Begriff „loyalty advertising“ wird u.a. verwandt von WEITZ/WENSLEY, 2006, S. 288; BUTTER-

FIELD, 2003, S. 119 375 SEYFFERT, 1963, S. 43 376 BEHRENS, 1963, S. 52 377 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2007, S. 706 378 BIDLINGMAIER, 973, S. 408

91

rungswerbung“ von GUTENBERG379, SEYFFFERT380, BRUHN381, PERREAULT und Mc-

CARTHY382 sowie KOTLER ET AL.383 subsumieren. So hat Erinnerungswerbung analog der

Erhaltungswerbung das Ziel, die Markenwahrnehmung (insbesondere bei Low-Involvement-

Produkten) bei den Bestandskunden präsent zu halten und somit ein Abwandern zu Wettbe-

werbsprodukten zu unterbinden.384

Loyalitätswerbung als Bestandteil eines integrierten Kundenbindungs-Managements385 bzw.

Loyalitätsmarketings386 zielt darauf, bestehende Kunden an ein Produkt zu binden bzw. ihre

Bindung im Hinblick auf alternative Konkurrenzprodukte zu intensivieren.

In der Forschung zur Kundenbindung bzw. Markenloyalität wird auf den besonderen Stellen-

wert von (Werbe-) Kommunikation hingewiesen. So verweist KRAFFT387 ebenso wie

GOUTHIER388 auf die besondere Relevanz einer kundenindividuellen Ansprache, so wie sie

in Form des Direkt- und Telemarketings praktiziert wird. Auch RIEKER und STRIPPEL

verweisen auf die wachsende Bedeutung einer im Hinblick auf die Auswahl und Gewichtung

der eingesetzten Kommunikationsmittel sowie der Tonalität und Botschaft hochdifferenzier-

ten Individualkommunikation bei der erfolgreichen Ausschöpfung des Kundenpotentials, wo-

hingegen der medialen Massenkommunikation eher eine ergänzende Kommunikation zukä-

me.389

Die zentrale Werbebotschaft der Loyalitätswerbung lautet: ‚Unser Produkt erfüllt Deine Be-

dürfnisse jetzt und in Zukunft in idealer Weise und Du solltest ihm weiterhin treu bleiben

bzw. es regelmäßiger nutzen.’ Es geht also darum, aus Erst- bzw. Gelegenheitsnutzern regel-

mäßige Nutzer zu machen. Im Hinblick auf die Aktivität des Wettbewerbs sind gemäß der

Bedürfnisstruktur die Produkt-Benefits herauszustellen.

REINECKE und TOMCZAK unterscheiden für die Kundenbindung als Grundstrategien „Re-

tention“ (Kunden halten) und „Penetration“ (Kunden durchdringen). Zur Penetration zählen

sie sowohl die Erhöhung von Wiederverkäufen (Steigerung von Kauffrequenzen und -

intensitäten) als auch die Initiierung von Verbundverkäufen (Folgekäufe und Cross-Selling).

Loyalitätswerbung fokussiert vor allem auf die Retention und auf die Penetration im Sinne ei-

ner Erhöhung der Wiederverkäufe. Dagegen wird die Initiierung von Verbundverkäufen als

379 GUTENBERG, 1955, S. 439 380 SEYFFERT, 1966, S. 43 381 BRUHN, 2005a, S. 240f. 382 PERREAULT/McCARTHY, 2003, S. 359 383 KOTLER ET AL., 2007, S. 706 384 Plakative Beispiele finden sich dafür insbesondere in der Zigaretten- (Beispiel Marlboro) und Bierwerbung

(Beispiel Radeberger), wo über Jahre mit identischen Werbemotiven und -aussagen gearbeitet wird, die vor-rangig eine Erinnerungs- und Loyalisierungsfunktion haben.

385 BRUHN/HOMBURG, 2005, S. 87 386 SCHÜLLER/FUCHS, 2006, S. 26 ff. 387 KRAFFT, 2007, S. 308 ff. 388 GOUTHIER, 2007, S. 492 f. 389 RIEKER/STRIPPEL, 2003, S. 755f.

92

aus Kundensicht neue Leistung („Leistungsinnovation“) verstanden und dementsprechend der

Expansionswerbung zugeordnet.

Die Loyalitätswerbung schließt alle von TOMCZAK und REINECKE390 sowie HERR-

MANN391, LURSE392, BÜSCHKEN und VON THADEN393 beschriebenen Varianten der

Leistungspflege ein. Wobei das Bewerben eines „Bundlings“, also der Verknüpfung mehrerer

Leistungen/Produkte zu einem Gesamtpaket auch wieder als Expansions-Werbung zu verste-

hen ist. Dementsprechend ist zu prüfen, ob diese Substrategien der Kernaufgabe „Leistungs-

pflege“ analog eine Ausdifferenzierung des Archetyps „Loyalitätswerbung“ bedingen.

Zur spezifischeren Charakterisierung von Loyalitätswerbung machen sowohl BRUHN394 (für

die synonym verwendete Erinnerungswerbung) wie auch bei SCHULTZ und BARNES395 die

Feststellung, dass der budgetäre Werbeaufwand proportional zur Einführungswerbung gerin-

ger sei.

4.2 Der theoretische Bezugsrahmen

Nach der Konsolidierung der vorliegenden Systematisierungen zu drei Archetypen (Einfüh-

rungs-, Expansions-, Loyalitäts- bzw. Erinnerungswerbung) wird nun ein geeigneter theore-

tisch fundierter Ordnungsrahmen zur Systematisierung dieser Archetypen benötigt. Denn wie

in Kapitel 3.3 erläutert hat keine der bisherigen Kategorisierungsansätze vollwertige Modell-

qualitäten. Um somit den in Kapitel 3.4 identifizierten Anforderungen an die Entwicklung ei-

nes Werbestrategiemodells vollständig gerecht zu werden, bedarf es für die Einordnung der

Werbestrategie-Konzepte eines fundierten theoretischen Bezugrahmens, der den notwendigen

Ableitungscharakter der Werbestrategie-Systematik im Hinblick auf die übergeordneten

Marktstrategien der Unternehmen sicherstellt.396

4.2.1 Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF als Systematisierungsraster

Im Hinblick auf eine möglichst allgemeingültige theoretische Fundierung erscheint die von

ANSOFF entwickelte Produkt-Markt-Matrix397 aus folgenden Gründen ideal:

1. Die Kern-Dimensionen Märkte bzw. Kunden und Produkte bzw. Dienstleistungen sind

ebenso (z. T. implizite) Grundlage der vorgestellten Systematisierungen von Werbestrate-

gien (vgl. Kapitel 3);

390 TOMCZAK/REINECKE, 2007, S. 18 f. 391 HERRMANN, 1998, S. 23 ff. 392 LURSE, 2007, S. 561 f. 393 BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 595 f. 394 BRUHN, 2005a, S. 255 395 GUTENBERG, 1955, S. 473 396 MEFFERT, 2000, S. 679; BRUHN, 2005a, S. 17 397 ANSOFF, 1965, S. 107ff.

93

2. die Produkt-Markt-Matrix hat als „Klassiker“ der strategischen Managementplanung auf-

grund seiner Klarheit und Stringenz eine breite Akzeptanz in der Wissenschaft398;

3. das Modell hat einen weiten Anwendungskreis in der unternehmerischen Praxis und ist

ausreichend empirisch belegt.399

Die Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF stellt ein systematisches Denkraster potenzieller

Wachstumsstrategien dar. Aus der Verknüpfung der Dimensionen Produkte (P1) und Märkte

(M1) leitet ANSOFF folgende vier Grundstrategien ab:

1. Marktdurchdringung;

2. Marktentwicklung;

3. Produktentwicklung;

4. Diversifikation.

Abbildung 11: Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF

Quelle: ANSOFF, 1965, S. 109

Nach ANSOFF spricht man von einer Strategie der Marktdurchdringung, wenn durch eine In-

tensivierung der Marktbearbeitung mit den derzeitigen Produkten bzw. Leistungen auf den

gegenwärtig bearbeiteten Märkten weiteres Wachstum erzeugt werden soll. Neben der Erhö-

hung des Marktvolumens – z. B. durch eine Erhöhung der Verwendungsrate bisheriger Ver-

wender oder die Aktivierung von bisherigen Nichtverwendern (latenter Bedarf) –, kann auch

eine Erhöhung des Marktanteils auf Kosten der Konkurrenz diese Strategie zum Erfolg füh-

ren.

398 NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, S. 175 ff.; CAMPHAUSEN, 2007, S. 6; McDO-

NALD/WARD/SMITH, 2007, S. 84; WILSON/GILIGAN, 2005, S. 303; MERCER, 1996, S. 172; HERAC-LEOUS, 2003, S. 5; BAKER, 2003, S. 518

399 DÜSSEL, 2006, S. 135; WARD, 2004, S. 44

Produkt

Marktbestehend neu

bestehend

neu

Marktdurchdringung Marktentwicklung

Produktentwicklung Diversifikation

94

Im Rahmen der Marktentwicklung sollen mit der vorhandenen Produktpalette neue Märkte er-

schlossen werden. Diese neuen Märkte können entweder bisher nicht bearbeitete Segmente in

den bereits bearbeiteten geografischen Märkten oder die Nutzung des Absatzpotenzials in

neuen geografischen Gebieten sein.

Bei der Produktentwicklung werden auf den bestehenden Märkten neue Produkte angeboten,

wobei diese tatsächliche Innovationen sein können oder gegebenenfalls nur Imitationen be-

reits vorhandener Produkte, die von dem betreffenden Unternehmen bisher nicht angeboten

wurden.

Eine Kombination aus Produktentwicklung und Marktentwicklung stellt die Strategie der Di-

versifikation dar. Hierbei werden neue Produkte bzw. Leistungen auf neuen Märkten angebo-

ten.

Als Kritik an der Ansoffschen Produkt-Markt-Matrix werden häufig folgende Aspekte ge-

nannt:

• Die zwei Grunddimensionen des Modells bedingen einen hohen Abstraktions- und Forma-

lisierungsgrad des Modells, der konkrete Handlungsanweisungen – mit dem Ziel eines

maximalen Praxisbezugs – erschwert.400 Gleichzeitig ist das Modell in seiner Grundsätz-

lichkeit nicht in ein strategisches Planungs- und Prozessmodell integriert, aus dem sich

Aufgaben und Verantwortlichkeiten ableiten lassen. Dementsprechend wurden nachfol-

gend Weiterentwicklungen des Modells u.a. von KOLLAT ET AL.401 sowie ABELL und

HAMMOND402 und später KOTLER (s.u.) realisiert – mit dem Ziel einer weiteren Diffe-

renzierung.

• Die vier Strategierichtungen haben idealtypischen Charakter und sind in der Praxis viel-

fach nicht eindeutig abzugrenzen, d.h. zwischen den Strategierichtungen gibt es eine Viel-

zahl von fließenden Übergängen.403

• Der Bezugsrahmen des Modells beschränkt sich auf zwei Dimensionen (Produkte und

Märkte). Die bestehenden Kompetenzen des agierenden Unternehmens sowie seine Stär-

ken und Schwächen bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Perspektive der Kunden und

die Wettbewerbssituation.404

• Das unternehmensstrategische Vorgehen wird – dem historischen Kontext der wachstums-

starken Sechziger Jahre gemäß – einseitig unter dem Wachstumsprimat gesehen. Desin-

vestitions- oder Rückzugsstrategien sieht das Modell nicht vor. Dementsprechend steht die

400 KÖHLER, 1981, S. 268 401 KOLLAT/BLACKWELL/ROBESON, 1972, S. 21 ff. 402 ABELL/HAMMOND, 1979, S. 391 ff. 403 So führt z. B. eine Produktentwicklung in vielen Fällen gleichzeitig zu einer Marktentwicklung, ohne dass

substantiell von einer horizontalen Diversifikation gesprochen werden kann (z. B. Eindringen in Zusatzmärk-ten durch gezielte Funktionserweiterungen für bestehende Produkte).

404 LOMBRISER/ABPLANALP, 2005; S. 262 ff.; BEA/HAAS, 2005, S. 158-162; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 186, S. 188

95

Extrapolation der bestehenden Strategie bzw. ihre pragmatische Verbesserung im Fo-

kus.405

Die Kritikpunkte der fehlenden Berücksichtigung von Übergängen sowie der Beschränkung

auf zwei Dimensionen bildete die Grundlage für die Erweiterung des Modells durch KOT-

LER406 unter Bezugnahme auf MADIQUE und ZIRGER407.

Bestehende Produkte Modifizierte

Produkte Neue Produkte

Bestehende

Zielgruppe

und geogra-

phischer

Markt

Mehr unserer existierenden

Produkte an unsere existieren-

den Kunden verkaufen

(Marktpenetration)

Existierende Produkte mo-

difizieren und mehr davon

an unsere existierenden

Kunden verkaufen

Neue Produkte entwer-

fen, die unsere existie-

renden Kunden anspre-

chen (Neuentwicklung)

Neuer geo-

graphischer

Markt

Markteintritt und Verkauf un-

serer Produkte in anderen

geographischen Regionen

(geographische Ausdehnung)

Anbieten und Verkauf von

modifizierten Produkten in

neuen geographischen Re-

gionen.

Entwicklung neuer Pro-

dukte für potentielle

Kunden in neuen geogra-

phischen Regionen.

Zielgruppe Vertrieb bestehender Produkte

an neue Kundentypen

Angebot und Verkauf modi-

fizierter Produkte an neue

Kundentypen

Entwicklung neuer Pro-

dukte und Verkauf an

neue Kundentypen (Di-

versifikation)

Abbildung 12: Erweiterte Produkt-Markt-Zielgruppen-Matrix nach KOTLER

Quelle: KOTLER, 1999, S. 47

Aus den folgenden Gründen ist aber das Produkt-Markt-Raster von Ansoff trotz der bestehen-

den Kritikpunkte tauglich, um die von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN

identifizierten Werbestrategien in eine klare Systematik einzuordnen:

• Im Bezug auf Werbestrategien haben die Dimensionen der (zu bewerbenden) Produkte

bzw. Leistungen in den entsprechenden Märkten eine höhere Relevanz gegenüber dem

Wettbewerb (als einer weiteren möglichen Dimension);

• die einseitige Wachstumsorientierung des Modells ist kompatibel mit den bestehenden

Werbestrategie-Kategorisierungen408.

405 HOMANN, 1995, S. 186; LOMBRISER/ABPLANALP, 2005, S. 262 ff.; BEA/HAAS, 2005, S. 158-162;

NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN, 2002, S. 186 406 KOTLER, 1999, S. 47 407 MADIQUE/ZIRGER, 1984, S. 192-203 Nur bei BEHRENS (1963, S. 52) findet sich die Idee einer Reduktionswerbung, alle übrigen Autoren unterstel-

len, dass kapitalintensive Werbemaßnahmen immer wachstumsorientiert sind.

96

Nachteilig erscheint für das vorliegende Forschungsthema jedoch der fehlende Erklärungscha-

rakter des Ansoffschen Modells im Bezug auf

• handlungsleitende Aufgaben (bzw. Empfehlungen) als Teil eines praxisorientierten strate-

gischen Planungsprozesses sowie

• die fehlende Berücksichtigung der benötigten Kernkompetenzen auf Seiten des Unter-

nehmens.

Deshalb wird nachfolgend überprüft, ob der von TOMCZAK und REINECKE entwickelte

aufgabenorientierte Ansatz409, der sich als marketingstrategisches Konzept wiederum aus dem

Konzept der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF ableitet, einen höheren Erklärungswert für

die theoretische Fundierung des Forschungsvorhabens leistet als das Grundmodell von AN-

SOFF.

4.2.2 Der aufgabenorientierte Ansatz von TOMCZAK und REINECKE

Der aufgabenorientierte Ansatz410 rückt mit den sogenannten Kernaufgaben des Marketings

die zentralen Wachstums- und Gewinngeneratoren eines Unternehmens bzw. eines Ge-

schäftsbereichs sowie das Management der dazu erforderlichen Kompetenzen in den Mittel-

punkt der strategischen Marketingplanung.411

Marktpotenziale, Kernaufgaben und Kompetenzen sind die zentralen Konstrukte des aufga-

benorientierten Ansatzes. Um bestimmte Marktpotentiale erschliessen zu können sind von ei-

nem Unternehmen spezifische Kernaufgaben zu erfüllen, die wiederum bestimmte Kompe-

tenzen verlangen (Outside-in-Perspektive). Dadurch, dass ein Unternehmen in der Lage ist,

sein Wissens- und Aufgabensystem miteinander abzugleichen und zu verbinden, besitzt es die

grundsätzliche Fähigkeit, gewisse Marktpotentiale zu nutzen.412

409 TOMCZAK/REINECKE, 1996; TOMCZAK/ REINECKE, 1999; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER,

2007 410 Ebd. 411 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4 412 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4; VON KROGH/ROOS, 1995, S. 58; VON

KROGH/ROOS, 1992, S. 123

97

Abbildung 13: Kompetenzen und Kernaufgaben

Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 15

Vor dem Hintergrund des knowledge-based view setzt sich der aufgabenorientierte Ansatz mit

der Frage auseinander, welche Arten von Kompetenzen benötigt werden, um bestimmte

Marktpotenziale nutzen zu können.413

Der aufgabenorientierte Ansatz basiert auf der kritischen Reflektion der Defizite des traditio-

nellen Marketing-Mix-Modells sowie der Anforderungen des heutigen Top-Managements an

ein integriertes Planungs- und Steuerungsinstrument414 und liefert eine neue Systematik für

eine konsistente Marketingplanung, indem er die zentralen Wachstums- und Erfolgstreiber ei-

nes Unternehmens bzw. eines Geschäftsbereichs in den Mittelpunkt des Marketing-

Management stellt:

• aktuelle und zukünftige Kunden,

• bestehende und neue Leistungen (Produkte, Dienstleistungen, Rechte).

Unternehmen können ihre Umsatz- und Gewinnziele erreichen, indem sie neue Kunden ak-

quirieren bzw. indem sie Preisbereitschaft, Kauffrequenz und -intensität sowie Verbundkäufe

413 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 11 414 TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 1 f.

98

von aktuellen Kunden erhöhen. Analog dazu können sie sich auf neue Leistungen bzw. beste-

hende Leistungen konzentrieren. Wie die Abbildung verdeutlicht, werden mit diesem Ansatz

zwei Seiten derselben Medaille betrachtet. Einmal stellen sich die Unternehmen die Frage

nach möglichen Umsatz- und Gewinnquellen aus der Kundenperspektive, das andere Mal aus

der Leistungsperspektive. Wie noch gezeigt wird, bedarf es eines integrierten Managements

der Kunden- und Leistungsperspektive, wenn ein Unternehmen langfristig erfolgreich am

Markt agieren will.

Das Modell leitet sich aus der traditionellen Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF415 ab. Nach

TOMCZAK und REINECKE erhöht diese „Verwandtschaft“ die Kompatibilität zu bestehen-

den Forschungserkenntnissen und erleichtert es, das operative Marketing mit den Grundstra-

tegien abzustimmen. Richtungweisend und innovativ ist der aufgabenorientierte Ansatz im

Hinblick auf die explizite Fokussierung auf den Umgang mit Kunden- und Leistungspotentia-

len sowie der Forderung, dies bestmöglich mit den Kompetenzen eines Unternehmens abzu-

stimmen.416 Damit ist die erfolgreiche Abstimmung von Marktpotentialen und Unterneh-

menskompetenzen ein zentrales Element des aufgabenorientierten Ansatzes von TOMCZAK

und REINECKE.

Um Marktpotentiale, d. h. Kunden- und Leistungspotentiale, nutzen zu können, benötigen Un-

ternehmen spezifische Kompetenzen: zum einen, um Potentiale zu erschliessen (Innovation),

und zum anderen, um bereits erschlossene Potenziale auszuschöpfen. Daraus ergeben sich

nach TOMCZAK und REINECKE417 vier Kernaufgaben bzw. Kompetenzen des Marketings:

1. Kundenakquisitions-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Kundenpotentiale zu er-

schliessen;

2. Kundenbindungs-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Kundenpotentiale auszuschöpfen;

3. Leistungsinnovations-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Leistungspotentiale zu er-

schliessen;

4. Leistungspflege-Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, Leistungspotentiale auszuschöpfen.

415 TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 6 416 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 4 f. 417 TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 5 f.; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 14 ff.

99

Bezeichnung Wachstums- bzw.

Gewinnquelle

Kernaufgabe Ansätze

Kunden-

akquisition

Zukünftige

Kunden

Erschliessen von

Kundenpotenzialen

• Gewinnen von Nichtver-

wendern

• Erobern von Kunden der

Konkurrenz

Kunden-

bindung

Aktuelle

Kunden

Ausschöpfen von

Kundenpotenzialen

• Kunden halten (Retention)

• Kundengruppen durchdrin-

gen (Penetration)

Leistungs-

innovation

Neue

Leistungen

Erschliessen von

Leistungspotenzialen

• Echte Marktneuheiten ent-

wickeln und einführen

• Imitationen entwickeln und

einführen

Leistungs-

pflege

Bestehende

Leistungen

Ausschöpfen von

Leistungspotenzialen

• Leistungen erhalten

• Leistungen ausbauen

Abbildung 14: Überblick über die Kernaufgaben des Marketing

Quelle: TOMCZAK ET AL., 2007, S. 5

Diese Kompetenzen werden im Folgenden detailliert erläutert.

Kundenakquisition: Erschliessen von Kundenpotentialen

Mit dem Begriff der „Kundenakquisition“ wird die Aufgabe des Erschließens neuer Kunden-

potenziale erfasst.418

TOMCZAK und KARG unterscheiden dabei zwei Grundstrategien:419

1. Kunden der Konkurrenz abwerben;

2. bisherige Nichtverwender bzw. -verbraucher ansprechen.

Beim Ziel, Kunden der Konkurrenz abzuwerben, besteht die Aufgabe nach TOMCZAK ET

AL. vorrangig darin, potenzielle Kunden von den relativen Vorteilen der eigenen Leistung zu

überzeugen („Besser-Prinzip“ bzw. „Billiger-Prinzip“), um sie zu einem Anbieterwechsel zu

bewegen.420

Bei der Ansprache von Nichtverwendern steht der Anbieter in einem Substitutionswettbe-

werb, bei dem es im Wesentlichen darum geht, den jeweiligen Kunden davon zu überzeugen,

das ein für ihn mit Blick auf einen bestimmten Markt bisher latentes Bedürfnis relevant ist

und bei seiner Kaufentscheidung berücksichtigt werden sollte („Anders-Prinzip“). Um poten-

418 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 16 419 TOMCZAK/KARG, 1999, S. 4 ; KARG, 2001 420 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 16

100

zielle Kunden mit aktuellen, nicht befriedigten Bedürfnissen zu gewinnen, muss ein Anbieter

versuchen, jene Barrieren abzubauen, die den Kunden davon abhalten, den Kauf zu tätigen.421

Kundenbindung: Ausschöpfen von Kundenpotenzialen

Nach TOMCZAK ET AL. steht im Zentrum der Kernaufgabe „Kundenbindung“ die Frage,

wie sich einmal erschlossene Kundenpotentiale erhalten bzw. ausschöpfen lassen.422

Dabei lassen sich zwei Grundstrategien unterscheiden:

1. Retention (Kunden halten);

2. Penetration (Kunden durchdringen).

Die Kunden-Retention zielt nach TOMCZAK ET AL. darauf, den Erhalt der Kundenbezie-

hung durch kontinuierliche Wiederkäufe sicherzustellen, einen Wechsel zur Konkurrenz zu

vermeiden oder Kunden zurückzugewinnen. Maßnahmen dafür können u.a. in der Erhöhung

der Kundenzufriedenheit423, der Implementierung eines professionellen Beschwerdemanage-

ments424 oder eines systematischen Kundenrückgewinnungsmanagements425 liegen.

Die Kundengruppenpenetration erfolgt dadurch, dass Preisbereitschaften (Steigerung des De-

ckungsbeitrages) besser ausgenutzt, Kauffrequenzen und -intensitäten gesteigert werden (Er-

höhung von Wiederverkäufen sowie Verbundverkäufe (Folgekäufe und Cross-Selling) geför-

dert werden. Folgekäufe beziehen sich auf den Kauf zusätzlicher Leistungen und Produkte,

die in einer direkten Beziehung zum Erstkauf stehen (z. B. die Bürstenköpfe für eine Zahn-

bürste). Cross-Selling-Verkäufe sind dagegen Zusatzverkäufe, bei denen die beim Erstkauf

aufgebaute Kundenbeziehung genutzt wird, um weitere Transaktionen zu initiieren, ohne dass

die dabei angebotenen Produkte und Leistungen zwangsläufig in einer direkten Beziehung

zum Erstprodukt stehen (z. B. die Möglichkeit, ein Auto in Verbindung mit dem Kauf eines

Flugtickets zu mieten).426

Leistungsinnovation: Erschliessen von Leistungspotenzialen

Die Kernaufgabe „Leistungsinnovation“ umfasst „sämtliche Maßnahmen, die ergriffen wer-

den, um neue Problemlösungen zu kreieren und im Markt durchzusetzen“427.

Eine Innovation muss nach TOMCZAK ET AL. muss auf einzigartigen Ressourcen bezie-

hungsweise Fähigkeiten des Unternehmens beruhen. Dies kann eine Marke, die Investitions-

intensität in der Forschung und Entwicklung, eine spezifische Unternehmenskultur oder ein

Kernprodukt sein.428

421 Ebd. 422 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 423 DITTRICH, 2002; HERRMANN, 1998, S. 261 ff. 424 STAUSS/SEIDEL, 2002, S. 44 425 Ebd. 426 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 427 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 428 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 f.

101

Es lassen sich dabei wiederum zwei Grundstrategien unterscheiden:

1. Echte Marktneuheiten („New to the World“);

2. Imitationen bereits am Markt befindlicher, von Wettbewerbern angebotener Leistungen.

„New to the World“-Angebote sind nach TOMCZAK ET AL. prinzipiell neue Problemlösun-

gen, „wobei eine Herausforderung entweder auf völlig neue Weise bewältigt oder aber ein

Bedürfnis befriedigt wird, für das es bisher kein Konzept gab“429. SCHEWE unterscheidet in

diesem Zusammenhang Innovation nach dem „Zweck“ aus Kundenperspektive und nach dem

„Mittel“ aus Anbieterperspektive, wenn z. B. eine neuartige Technologie zum Einsatz

kommt.430 BROCKHOFF spricht in diesem Zusammenhang auch von einer radikalen Innova-

tion bzw. einer Basisinnovation.431

Imitationen sind hingegen solche, „die sich nur in ihrer äußeren Gestaltung oder in einer et-

was modifizierten, meist verbesserten Funktionserfüllung von ähnlichen bereits am Markt be-

findlichen Leistungen unterscheiden“432. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von einem

Me-too-Produkt bzw. einer Me-too-Strategie gesprochen.433

Leistungspflege: Ausschöpfen von Leistungspotenzialen

Bei der Kernaufgabe der Leistungspflege geht es darum, den Erfolg der bereits eingeführten

Leistung zu optimieren bzw. zu verlängern.434

Auch hier lassen sich zwei Grundstrategien beobachten:435

1. Erhalt von Leistungspotenzialen (Modifikation, Revitalisierung, Produktdifferenzierung);

2. Ausbau von Leistungspotenzialen (Variation, Upselling, Bundling, Multiplikation).

Bei der Modifikation handelt es sich um „marginale Adaptionen der bereits am Markt einge-

führten Leistung, wobei die Leistung jedoch insgesamt unverändert bleibt“436. HERR-

MANN437 zählt analog zu BROCKHOFF438 dagegen solche Modifikationen, die auf einer

bloßen Veränderung der äußeren Erscheinung oder in einer verbesserten oder erweiterten

Funktionserfüllung basieren, ebenfalls zu den Leistungs- bzw. Produktinnovationen. Im Ge-

gensatz zu TOMCZAK ET AL. unterscheidet HERRMANN nicht zwischen Grundstrategien,

die den Erhalt oder Ausbau von Leistungspotenzialen zum Ziel haben. Stattdessen fasst er alle

Werbemaßnahmen zur Leistungspflege unter dem Begriff „Produktmodifikation“ zusammen

429 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18; HERRMANN, 1998, S. 510 430 SCHEWE, 2007, S. 52 431 BROCKHOFF, 2007, S. 22 432 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18; vgl. auch NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN,

2002, S. 692 f.; SCHEWE, 2007, S. 52 ff. 433 HERRMANN, 1998, S. 448 434 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18 435 KAETZKE/TOMCZAK, 2000, S. 19 436 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19 437 HERRMANN, 1998, S. 510 438 BROCKHOFF, 2007, S. 22

102

und differenziert darunter zwischen „Produktvariation“, „Produktdifferenzierung“, „Produkt-

elimination“ und „Diversifikation“ als Sub-Strategien.439

Den Begriff „Produktvariation“ verwendet er in seiner inhaltlichen Beschreibung analog zur

Kategorie „Modifikation“ von TOMCZAK ET AL. Zusätzlich unterscheidet er jedoch die

„Produktdifferenzierung“, bei der der Neuigkeitsgrad für die Konsumenten gegenüber der

Modifikation höher liegt.440

BROCKHOFF weist darauf hin, dass im Hinblick auf die Wahrnehmungsperspektive der ad-

ressierten potenziellen Kunden Leistungs- bzw. Produktmodifikationen sich allein auf den

kommunikativen Auftritt beschränken können, ohne dass eine Veränderung der objektiven

Produkteigenschaften stattgefunden hat. Er spricht in diesem Zusammenhang von Schein-

Innovationen.441

Bei einer Revitalisierung geht es dagegen darum, vorhandene Werte wiederzubeleben.442 Dies

kann wie z. B. beim New Beetle von Volkswagen den Effekt haben, dass Leistungspotentiale

nicht nur erhalten, sondern sogar ausgebaut werden. HERRMANN ergänzt hierzu als weitere

Modifikations- bzw. Variationsvarianten die Repositionierung eines Produktes bzw. einer

Leistung sowie den Relaunch.443

Bei der Variation sollen Verkäufe ähnlicher Leistungen erzeugt bzw. erhöht werden. Variati-

onen, HERRMANN verwendet inhaltlich deckungsgleich den Begriff „Produktdifferenzie-

rung“444 können z. B. unterschiedlichen Typen (Kombi-Version) einer Autoreihe sein. Damit

wird sowohl kundensegmentspezifischen Bedürfnissen Rechnung getragen wie unter Um-

ständen auch gesetzlichen Auflagen (z. B. Sicherheitsausstattung von Fahrzeugen).445

Beim Upselling wird versucht, die Wertschöpfung zu erhöhen, indem von bisher verkauften

Grundversionen teurere Varianten abgesetzt werden. Demgegenüber hat das Bundling zum

Ziel, Verkäufe dadurch zu erzeugen bzw. zu erhöhen, das bereits eingeführte Produkte mit

komplementären Produkten oder mit (Zusatz-)Dienstleistungen kombiniert werden.446

Bei der Multiplikation werden bestehende Leistungskonzepte wiederholt und im Sinne eines

„Skalieren“447 systematisch auf neue Märkte angewendet. Im folgenden soll nun der aufga-

benorientierte Ansatz mit seinen beiden Seiten – Kernaufgaben und korrespondierenden

439 HERRMANN, 1998, S. 535 ff. 440 HERRMANN, 1998, S. 510 441 BROCKHOFF, 2007, S. 22 442 TOMCZAK, T./REINECKE, S./KAETZKE, P., 2002 443 HERRMANN, 1998, S. 536 f.; analog dazu auch KOPPELMANN, 1993, S. 14 444 HERRMANN, 1998, S. 537 f. 445 Vgl. auch HERRMANN, 1998, S. 149; MEFFERT, 1998, S. 423 ff.; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN,

1997, S. 277 ff. 446 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; vgl. auch HERRMANN, 1998, S. 550 ff. 447 KROGH/CUSUMANO, 2001, S. 77

103

Kernkompetenzen – auf die Eignung als theoretischer Bezugsrahmen geprüft und gegebenen-

falls entsprechend modifiziert werden.

4.2.3 Bewertung der Kernaufgaben-Seite

Diese von TOMCZAK ET AL. vorgenommene Zuordnung der unterschiedlichen Leistungs-

bzw. Produktstrategien nach den Dimensionen „Erhalt von Leistungspotenzialen“ und „Aus-

bau von Leistungspotenzialen“ erscheint problematisch, da die einzelnen Instrumente in ihrer

Wirkung nicht festgelegt sind. So kann beispielsweise das Instrument Variation aus Kunden-

sicht möglicherweise auch nur den Erhalt von Leistungspotenzialen bewirken und nicht den

angestrebten Ausbau. Zudem liegen den unterschiedenen Grundstrategien verschiedene Di-

mensionen-Aspekte (Anzahl der Produkte, Märkte, Positionierung) zugrunde.

Plausibler erscheint deshalb eine wirkungsentkoppelte Differenzierung von Leistungspflege,

die auf die Anzahl der Produkte fokussiert. Analog den Überlegungen von BÜSCH-

KEN/VON THADEN448 sowie HUBER und KOPSCH449 sollte man Leistungspflege im Sin-

ne von Leistungs-/Produktmodifikation in dreierlei Weise unterscheiden:

1. Leistungs-/Produktvariation: Der Ersatz eines bestehendes Produktes bzw. einer beste-

henden Leistung durch ein variiertes, in den relevanten Leistungsmerkmalen verbessertes

Produkt/Leistung (dynamische Betrachtung);

2. Leistungs-/Produktdifferenzierung: Die Ergänzung eines bestehendes Produktes bzw. ei-

ner bestehenden Leistung um weitere, kundengruppen- bzw. marktspezifische Varianten

(statische Betrachtung);

3. die Kombination zweier bestehender Leistungen bzw. Produkte in Form eines Bundles.

Dabei entspricht die Leistungs- oder Produktvariation der von TOMCZAK ET AL. definier-

ten Grundstrategie „Modifikation“ und die Leistungs-/Produktdifferenzierung der Grundstra-

tegie „Variation“. „Revitalisierung“ ist in diesem Kontext eher als Untervariante der

Leistungs- bzw. Produktvariation zu verstehen, wobei im Fokus der Variation entweder vor-

handene Werte stehen, die wiederbelebt werden sollen oder es vielmehr um die Schaffung

und Kommunikation neuer Werte geht.

Ebenso ist das von TOMCZAK ET AL. unterschiedene „Upselling“ auch eine Untervariante

der Leistungs-/Produktdifferenzierung, wobei hier um die Dimension Preis-Leistungs-

Positionierung ergänzt wird, also die Frage, wie die Varianten einer Leistung oder eines Pro-

duktes im Verhältnis zum Ausgangs- bzw. Basisprodukt preislich positioniert werden. Die

Grundstrategie „Multiplikation“ zielt in Richtung neuer Märkte bzw. Grundgruppen und kann

in ihrer produktseitigen Umsetzung ebenfalls eine Untervariante der drei Produkt- bzw.

Leistungs-Grundstrategien sein.

448 BÜSCHKEN/ VON THADEN, 2007, S. 597 ff. 449 HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.

104

Im Hinblick auf den Forschungsgegenstand erscheint es außerdem wichtig, für die Kernauf-

gabe Leistungspflege auch den Aspekt „kommunikativer Auftritt/Marke“ als Leistungsbe-

standteil zu berücksichtigen. In der Werbepraxis sind Kampagnen zu beobachten, die aus-

schließlich auf die kommunikative Leistungspflege fokussieren, wobei das beworbene Pro-

dukt bzw. die beworbene Leistung unverändert bleiben. Diesem Aspekt sollte in der Untersu-

chung entsprechend Rechnung getragen werden.

Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit von „Leistungspflege“ bezieht sich auf den Bezug

der Leistungs-/Produktmodifikationen zum bisherigen Leistungsportfolio eines Unternehmens

bzw. einer Geschäftseinheit. Diese unter dem Begriff „Leistungs- bzw. Produktdiversifikati-

on“ zusammengefasste Unterscheidung weist nach DILLER450 folgende drei Grundstrategien

auf:

1. Horizontale Diversifikation;

2. vertikale Diversifikation;

3. laterale Diversifikation.

Problematisch erscheint bei der Anwendung des Modells der vier Kernaufgaben innerhalb der

Dimension Leistungspotentiale die Abgrenzung zwischen „Leistungspflege“ und „Leistungs-

innovation“. TOMCZAK ET AL. sprechen zwar davon, dass, wenn „umfangreiche Verände-

rungen“ dazu führen, dass der „Leistungskern neu definiert wird“, die Variation einer Leis-

tung unter Umständen bereits als Leistungsinnovation bezeichnet werden kann, liefern jedoch

keine eindeutige Abgrenzungsdefinition, sondern verweisen auf andere Autoren (u.a.

HERRMANN451), nach denen die Entscheidung darüber letztlich von dem jeweiligen Unter-

nehmen zu treffen sei. Zu den Befürwortern einer solchen Vorgehensweise gehören auch

KOTLER ET AL., für die zu einer Innovation zählt „… jedes Produkt, jede Dienstleistung

oder Idee, die jemand als neu wahrnimmt. Sie kann schon lange vorhanden sein, doch für die-

jenigen, der zum ersten Mal davon hört, ist sie neu“452. Analog definiert BROCKHOFF: „Ei-

ne Produktinnovation ist ein Bündel von Eigenschaften, das wahrnehmbar von einem zu ei-

nem vorausgehenden Zeitpunkt existenten Eigenschaftsbündel abweicht, auch wenn die ver-

glichenen Eigenschaftsbündel gleiche Bedürfnisse erfüllen.“ 453 Auch hier entscheidet also das

Verbraucherurteil über den Neuigkeitsgrad und damit, ob es sich um Leistungspflege oder In-

novation handelt. Letztlich wird damit die alte Problematik berührt, wonach eine operationale

Messung von Neuheitsgraden, die die Voraussetzung für eine entsprechende Abgrenzung der

beiden Kategorien wäre, bislang nicht zufriedenstellend gelungen ist.454

450 DILLER, 1994, S. 223 451 HERRMANN, 1998, S. 535 f. 452 KOTLER/BLIEMEL, 1992, S. 532 453 BROCKHOFF, 2007, S. 22 454 GREEN/GAVIN/AIMAN-SMITH, 1995; KLEINSCHMIDT/COOPER, 1991; BAIER, 1999; SCHLAACK,

1999, S. 19 ff.

105

Bei der zweiten Modelldimension „Kundenpotenziale“ erscheint außerdem die Berücksichti-

gung und Einordnung der Zielgruppe „ehemalige Kunden“ diskussionswürdig. In den Überle-

gungen von TOMCZAK ET AL. werden sie den Bestandskunden zugeordnet, die im Sinne

der Retention zurückgewonnen werden sollen.455 Dabei wäre es ebenso plausibel, sie als Neu-

kunden zu betrachten, die im Sinne der Kundenakquisition wiedergewonnen werden, wobei

ihre besondere historische Prädisposition zur Leistung bzw. Marke zu berücksichtigen ist.

4.2.4 Bewertung der Kernkompetenzen-Seite

Im aufgabenorientierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE stehen der erfolgreichen

Bearbeitung der Kernaufgaben zur Ausschöpfung von Kunden- und Leistungspotenzialen

spezifische Kernkompetenzen gegenüber.456

TOMCZAK und REINECKE457 haben zu den im Kapitel 4.2.2 erläuterten vier Kernaufgaben

auf Basis qualitativer Forschung (Best Practices) nachfolgende notwendige bzw. unterstüt-

zende Kompetenzen identifiziert:

Abbildung 15: Wachstums- und Gewinnoptionen

Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 20

Die noch recht abstrakten Kernkompetenzen lassen sich dabei weiter ausdifferenzieren und

dadurch in konkrete Fähigkeitsanforderungen an das entsprechende Personal umwandeln:

455 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17 456 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff. 457 TOMCZAK/REINECKE, 1998, 2001

106

Kernaufgabe und Philosophie

Erforderliche Kompetenzen (Beispiele) Unternehmens-beispiele

Kundenakquisition „ Win the Customer“

• Fähigkeit zur Reduktion von perso-nen-, anbieter- und marktleistungs-bezogenen Risiken

• Schlagkräftiger Verkauf • Fähigkeit zur Fokussierung

Vorwerk, AWD

Kundenbindung „Care for the customer“

• Fähigkeit, aktuelle Kundeninforma-tionen umfassend zu erfassen und zu verarbeiten

• Fähigkeit, Kunden individuell zu betreuen

• Fähigkeit, Kunden in Unterneh-mensprozesse einzubinden

• Fähigkeit, rationale und emotionale Bindungen aufzubauen

IBM, MLP, Ritz Carlton

Leistungsinnovation „Leave for new shores“

• Kreativität und Offenheit • Risikobereitschaft • Geschwindigkeit

Apple, 3M

Leistungspflege „Optimize your Solution“

• Fähigkeit zur Optimierung • Streben nach Sicherheit • Standardisierungskompetenz

Procter & Gamble

Abbildung 16: Spezifische Kompetenzen zur Erfüllung der Kernaufgaben

Quelle: TOMCZAK ET AL. 2007, S. 23

Die genannten spezifischen Kompetenzen sind nach TOMCZAK ET AL. als beispielhaft zu

verstehen, da es aufgrund der Komplexität von Unternehmensstrukturen und -prozessen

schwierig sei, „alle Fähigkeiten zu eruieren, die in der jeweiligen Situation dazu führen, dass

eine Kernaufgabe überdurchschnittlich erfüllt wird“458.

Nach TOMCZAK ET AL. steht jedes Unternehmen vor zwei Herausforderungen:

1. Kompetenzen zu entwickeln, die vier Kernaufgaben bestmöglich zu erfüllen;

2. Integration der vier Kernaufgaben im Sinne eines optimalen Kernaufgabenprofils.

Im Sinne eines effizienten und effektiven Ressourceneinsatzes sind identifizierte Marktpoten-

ziale und vorhandene Kompetenzen miteinander in Einklang zu bringen (siehe Marktpotenzi-

al-Kompetenzen-Matrix). Idealerweise sollten die Ressourcen eines Unternehmens dort ein-

gesetzt werden, wo bereits vorhandene Kompetenzen auf ein möglichst großes Marktpotenzial

stoßen. Verfügt ein Unternehmen bereits über notwendige (Basis-)Kompetenzen, sollte diese

Grundlage genutzt und durch (Weiter-)Entwicklung ausgewählter Kompetenzen ausgebaut

werden. Bei Wachstumsfeldern mit hohem Marktpotential und fehlenden Kompetenzen stellt

458 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 24

107

sich für das Management die Frage, ob sich Investitionen in den Aufbau dieser Kompetenzen

langfristig rentieren. Im Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes ist es aber auch erforderlich,

Kompetenzen bewusst gar nicht erst zu entwickeln (oder sogar abzubauen), für die kein

Marktpotenzial mehr vorhanden ist.459

Da ein Unternehmen in der Regel nicht über alle notwendigen Kompetenzen verfügt, um alle

Wachstumspotenziale erschliessen zu können, muss es sich im Sinne eines Kernaufgabenpro-

fils fokussieren. REINECKE und TOMCZAK identifizieren im Hinblick auf den z. T. kombi-

nierten Einsatz verschiedener Kernaufgaben und Kompetenzen folgende exemplarische Typo-

logien:460

1. Trendsetter,

2. Potentialsausschöpfer,

3. Multiplizierer,

4. Marketingvirtuosen/ Mehrkämpfer.

Typologien Charakteristika Unternehmensbeispiel Trendsetter • Fokus auf Kundenakquisition und

Leistungsinnovation • Grenznutzen des Marketingbud-

gets liegt höher als bei Kundenbin-dung und Leistungspflege

• Starker Fokus auf Werbung und Sponsoring zur schnellen Kunden-akquisition

• Stark differenzierte Preisgestaltung • Erfolgsprinzip: Permanente Inno-

vation

E-Plus

Potentialausschöpfer • Fokus auf Kundenbindung und Leistungspflege

• Rohe Reichweite und Kunden-stamm als Basis

• Permanente Optimierung der bis-herigen Marktingmaßnahmen

Lufthansa

Multiplizierer • Fokus auf Kundenakquisition und Leistungspflege

• Zügige Skalierung einer erfolg-reichen Geschäftsidee (z. B. durch Franchising)

McDonald’s

Marketingvirtuosen/ Mehrkämpfer

Gleichwertiger Fokus auf alle vier Kernaufgaben

Swisscom

Abbildung 17: Typologien im Hinblick auf Marketing-Kernaufgaben und -Kompetenzen

Quelle: TOMCZAK, REINECKE, 1996, S. 9 ff.

459 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 24 f. 460 TOMCZAK/REINECKE, 1996, S. 9 ff., TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 ff.; REIN-

ECKE, 2004, S. 214 ff.

108

4.2.5 Auswahl des theoretischen Bezugsrahmens

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der aufgabenorientierte Ansatz als potentieller Ordnungs-

rahmen für die Werbestrategiekonzepte von BIDLINGMAIER, KROEBER-RIEL und

BRUHN gegenüber der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF keinen maßgeblichen zusätzli-

chen Erkenntnisgewinn liefert. Die Kerndimensionen sind inhaltlich synonym, insofern als

dass die Produktperspektive von ANSOFF im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes von

TOMCZAK und REINECKE als Leistungsperspektive verstanden wird. Ebenso ist ANSOFFs

Dimension Markt auch kundenbezogen interpretierbar.

Ein weiteres Gegenargument für die Verwendung des aufgabenorientierten Ansatzes als theo-

rieleitenden Rahmen ist die unvollständige Kompatibilität zwischen Marketingstrategie und

Werbestrategien in der Ausprägung „Werbekampagne“ als zentrale Untersuchungsgröße. So

sind absatzbezogene – und damit für diese Untersuchung relevante – Werbekampagnen in der

Regel produkt- bzw. leistungsspezifisch, während mit dem aufgabenorientierten Ansatz die

Marketingstrategie eines Geschäftsbereichs insgesamt erfasst wird. Somit decken sich Wer-

bekampagnen nicht zwangsläufig mit der Strategie nach den vier Kernaufgaben, sondern set-

zen oftmals nur Teilaspekte um.

Einen zusätzlichen Erklärungswert bietet der Ansatz von REINECKE und TOMCZAK jedoch

im Hinblick auf die Verknüpfung der marktbezogenen Strategien mit den auf Seiten des Un-

ternehmens dafür notwendigen Kompetenzen. Außerdem entspricht das dem aufgabenorien-

tierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE461 zugrundeliegende Verständnis von Marke-

tingstrategien als Kernaufgaben dem handlungsleitenden Zielcharakter des zu entwickelnden

Werbestrategiemodells, weshalb die Begrifflichkeit „aufgabenorientiert“ übernommen wird.

Die Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF bildet somit die theoretische Grundlage für Struktu-

rierung der von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN identifizierten, aber viel-

fach unsystematischen Werbestrategien. Dem aufgabenorientierten Ansatz von REINECKE

und TOMCZAK kommt ein theorieergänzender bzw. theorievertiefende Funktion im Hinblick

auf den – im Sinne eines hohen Praxisbezugs – handlungsleitenden Charakter sowie die As-

pekte der die Strategien bedingenden Kompetenzen zu.

461 TOMCZAK/REINECKE, 1996, 1999; TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007

109

4.3 Elemente des vorläufigen Modells

Dimensionen

Bei der Darstellung der verschiedenen Systematisierungen von Werbestrategien wurden auch

die unterschiedlichen zentralen Unterscheidungsdimensionen (Absatzeffekt, Produkte/Märkte,

Werbewirkung) analysiert und kritisch bewertet (vgl. Kapitel 3.3). Aufgrund dessen sowie im

Hinblick auf die Kern-Dimensionen der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF erscheint eine

Systematisierung von Werbestrategien nach folgenden zwei Dimensionen am sinnvollsten:

1. Aktualitätsgrad der beworbenen Leistung (alt/neu).

2. Aktualitätsgrad bei dem adressierten Markt bzw. der adressierten Zielgruppe (alt/neu).

Für eine Systematisierung des Modells nach diesen beiden Dimensionen sprechen vor allem

folgende Gütekriterien:

• Relevanz;

• Universalität;

• Eindeutigkeit.

Die Relevanz leitet sich zum einen aus der vielfachen Verbreitung und Adaption des Modells

der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF462 ab. Zudem wird die grundsätzliche Bedeutung der

Ansoffschen Analyse-Dimensionen für die Werbestrategie von verschiedenen Autoren betont.

So u.a. von SCHULTZ und BARNES, indem sie die einseitige Fokussierung auf neukunden-

orientierte Akquisitionskommunikation kritisieren und eine stärkere Berücksichtigung von

kundenbindender Werbung anregen463. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Media-

werbung als einem defensive weapon.464

Universalität ist insofern gegeben, als dass sich beide Dimensionen auf jede Werbekampagne

anwenden lassen.

Eindeutigkeit besteht insofern, dass beide Dimensionen eine eindeutige Zuordnung von Kam-

pagnen zulassen, wobei natürlich die graduellen Abstufungsunterschiede zwischen den Aus-

prägungen alt und neu berücksichtigt werden müssen.

Die an den unterschiedlichen Werbewirkungsmodellen orientierten Systematisierungen465 er-

scheinen als Kerndimensionen zur Unterscheidung von Werbetypen ungeeignet, weil zum ei-

nen in der Praxis für eine Kampagne häufig mehrere Wirkungseffekte (Information und Mar-

kenbildung) angestrebt werden und weil zum anderen die Determinanz anderer Aspekte (neu-

462 ANSOFF, 1979, S. 27 463 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 23 f. 464 SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 24 465 KOTLER/BLIEMEL, 1995, S. 339; BRUHN, 2005a, S. 211

110

es Produkt/Leistung versus altes Produkt/Leistung; Involvementgrad) als stärker und deshalb

relevanter eingestuft wird.

Indikatoren

Die vorliegende Forschung zu Werbestrategien hat ein breites Spektrum beschreibender Ele-

menten ergeben, die zur Bestimmung einer Werbestrategie beitragen (Vgl. Kapitel 3.2). Es ist

zu prüfen, welche dieser Elemente als Indikatoren einen relevanten Erklärungscharakter für

die modellbasierte Unterscheidung von Werbestrategietypologien haben:

• Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts;

• Involvementcharakter des Werbeobjekts:

• Werbemittel;

• Media-Mix (Auswahl, Stellenwert im Kommunikationsmix, Wahl des Leitmediums),

• Werbebudget;

• kommunikative Werbeziele;

• Positionierung;

• Werbebotschaft;

• Werbetiming (Länge, Verlauf) und

• Werbeareal.

Branchenzugehörigkeit des Werbesubjekts

In den wenigen Praxisbeispielen der dargestellten Systematisierungsansätze von Werbestrate-

gien wird kein expliziter Hinweis auf die Bedeutung der Branchenzugehörigkeit gegeben. Zu-

dem erscheint der in Verbindung zum Branchenbezug stehende Involvementcharakter (Auto-

mobil=High Involvement) als Untersuchungsaspekt relevanter. Deshalb wird auf eine explizi-

te Berücksichtigung von Branchenzugehörigkeit als Indikator verzichtet.

Involvementcharakter des Werbesubjekts

Eine besondere Bedeutung kommt in der Werbekommunikation nach PETTY und SCHU-

MANN der Einflussgröße „Involvement“ zu.466 Mit Involvement oder Ich-Beteiligung be-

zeichnet man nach KROEBER-RIEL und WEINBERG467 das Engagement, mit dem sich je-

mand einem Gegenstand oder einer Aktivität widmet. Involvement ist sozusagen ein Maß für

die individuelle, persönliche Bedeutung, die jemand einer Leistung (Produkt, Dienstleistung)

in einer spezifischen Situation beimisst. Die Stärke des Involvement wirkt sich nach

TROMMSDORFF auf die objektgerichtete Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und

-speicherung aus.468

466 PETTY/SCHUMANN, 1983 467 KROEBER-RIEL/WEINBERG 2008, S. 316ff. 468 TROMMSDORFF, 2004, S. 56

111

In der Kaufverhaltens- und Werbewirkungsforschung wird dem Involvement ein wichtiger

Erklärungsbeitrag zugesprochen.469 Generell dient Involvement zur Kategorisierung und Be-

schreibung von Kaufentscheidungsprozessen und zur Erklärung bzw. Abschätzung der Wer-

bewirkung, wobei zwischen hohem („high involvement“) und niedrigem Involvement („low

involvement“) unterschieden wird. Bei high involvement wendet der Konsument viel Zeit und

Mühe für die Auswahl und Prüfung von Alternativen auf, sucht aktiv Informationen zur ange-

botenen Leistung, die seine Entscheidung stützen und setzt sich somit gedanklich intensiv mit

der Leistung auseinander. Bei low involvement ist die Informations- und Alternativsuche da-

gegen deutlich beschränkt. Der Kauf erfolgt oft spontan ohne umfassende Reflexion.470

Werbemittel

In den vorgestellten Systematisierungen wird punktuell auf den Einsatz bestimmter Werbe-

mittel (z. B. Bewegtbild) bezogen auf bestimmte Werbestrategien eingegangen. Da Werbe-

mittel weitestgehend analog zum Werbeträger eingesetzt werden (Werbemittel Bewegtbild er-

fordert als Werbeträger Fernsehen oder Kino), erscheint der Media-Mix als zu berücksichti-

gende Indikatorgröße ausreichend.

Media-Mix

Die wenigen Praxisbeispiele in den vorgestellten Systematisierungen (vgl. Kapitel 3.3) stellen

den Einsatz bestimmter Medien (Werbeträger) als charakteristische Werbestrategieelemente

in den Fokus.471 Dementsprechend sollte der Media-Mix im Hinblick auf drei Aspekte als In-

dikator Berücksichtigung finden:

1. der Stellenwert des Media-Mixes einer Werbekampagne im Verhältnis zum Gesamt-

Kommunikations-Mix;

2. die Auswahl und Gewichtung der eingesetzten Werbemedien;

3. die Auswahl des Leitmediums (bezogen auf den Budgetanteil bzw. die Gesamtstrategie).

Wahrscheinlich ist das Leitmedium das Werbeinstrument, für das der größte Budgetanteil

aufgewendet wurde. Dennoch sollte in der Untersuchung geprüft werden, welches Instrument

aus kampagnenstrategischer Perspektive Leitfunktion übernommen hat.

Werbebudget

Die bestehenden Publikationen zur Werbebudgetierung legen die Berücksichtigung dieses In-

dikators nahe.472 Zudem findet sich in der Systematisierung von SEYFFERT der explizite

Hinweis auf den Faktor Budget bei „Einführungswerbung“473. Problematisch ist jedoch neben

der Zugänglichkeit der Budgetdaten generell eine saubere Abgrenzung des Werbebudgets von 469 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 32 470 SCHWEIGER/SCHRATTENECKER, 2005, S. 32 471 BRUHN, 2005a, S. 386 472 BENZ, 1981, S. 88; PUDENZ, 1978; RAHDERS, 1989 473 SEYFFERT, 1963, S. 34

112

anderen Teilen des Marketingbudgets. Generell erscheint der Indikator Budget im Hinblick

auf zwei Ausprägungen prüfenswert: Die Höhe des eingesetzten Werbebudgets insgesamt

sowie der Anteil, der ausschließlich auf die Mediawerbung verwandt wurde.

Kommunikative Werbeziele

Kommunikative Ziele sind ein Kernelement der Werbestrategie (vgl. Kapitel 3.2). Dement-

sprechend sind sie als Indikator in der folgenden Untersuchung zu berücksichtigen.

Positionierung

Mit der (Marken-)Positionierung differenziert sich ein Produkt bzw. eine Leistung vom Wett-

bewerb. Wie in Kapitel 3.2.4 beschrieben kann von vier Positionierungsstrategien ausgegan-

gen werden, aus denen sich die entsprechende Werbebotschaft bzw. -stil ableitet. Da die Posi-

tionierung maßgeblich den Charakter einer Werbekampagne bestimmt, sollte sie als Indikator

in die Untersuchung der Archetypen berücksichtigt werden.

113

Werbebotschaft

Aus der jeweiligen Positionierung ergibt sich eine eher emotionale bzw. eine eher sachlich-

informative Werbebotschaft (vgl. Kapitel 3.2.4). Diese Differenzierung sollte als Indikator in

der folgenden Untersuchung berücksichtigt werden.

Werbetiming

Wie in Kapitel 3.2.5 dargestellt unterscheiden sich Kampagnen grundsätzlich im Hinblick auf

ihre Dauer und den Verlauf (Intensität des Werbedrucks pro Zeiteinheit). Als Indikator für die

Differenzierung von Werbestrategietypen ist „Werbetiming“ aus folgenden Gründen jedoch

kritisch zu bewerten:

• die Länge der Kampagne hängt häufig von Höhe des Budgets ab,

• in der operativen Umsetzung (Media-Planung) ergeben sich im Hinblick auf die Länge

und den Verlauf kurzfristig Verschiebungen aufgrund von Faktoren wie z. B. bereits be-

legter Werbeblöcke, preisattraktiver Alternativangebote,

• Kampagnen werden abhängig vom Grad der Zielerreichung im Verlauf verlängert, ver-

kürzt bzw. modifiziert.

Werbeareal

Auch die Entscheidung darüber, wo (landesweit, regional) geworben wird, erscheint sehr

stark dem situativen Kontext geschuldet (Marktareal des werbenden Unternehmens) und des-

halb als strategiedeterminierenden Element weniger relevant. Eine Relevanz kommt diesem

Aspekt sicherlich dann zu, wenn es um nationale versus internationale Kampagnen geht.

Im Hinblick auf diese Einflussfaktoren erscheint der Erklärungswert von „Werbetiming“ eher

gering, weshalb es als Indikator keine Berücksichtigung findet.

Somit erscheinen als Modellindikatoren für die Untersuchung relevant: Werbebudget, Media-

Mix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums), kommunikative

Werbeziele, Positionierung und Werbebotschaft.

Kommunikativer Erfolg als subjektive Zielgröße

Wie bereits dargestellt, ist im Bezug auf Werbekommunikation der kommunikative Erfolg in

Form entsprechender Erfolgsgrößen (gestützte bzw. ungestützte Bekanntheit, Beliebtheit etc.)

die maßgebliche Zielgröße. Er bildet in der Regel eine wichtige Voraussetzung für den öko-

nomischen Erfolg eines Produktes oder einer Leistung.

114

Nach STEFFENHAGEN und SIEMER474 gibt es insgesamt sechs Gütekriterien475 für Werbe-

ziele, von denen folgende drei für die vollständige Bewertung des kommunikativen Erfolgs

relevant erscheinen:

1. Erreichungsgrad;

2. Relevanzgrad;

3. Adäquanzgrad.

Die Messung des Erreichungsgrades setzt eine entsprechende Güte der Werbezielformulie-

rung voraus.476 Deutliche Defizite im Hinblick auf die Tauglichkeit der Werbezielformulie-

rung wurden bereits von STEFFENHAGEN und SIEMER477 empirisch belegt und in einer ei-

genen Erhebung mit ähnlichem Untersuchungsdesign (siehe Kapitel 3.2.2) bestätigt.

Jedoch auch bei vollständig und zugleich präzise formulierten Werbezielen lässt sich der Er-

reichungsgrad nur bedingt objektiv prüfen, da zum einen die entsprechenden Planwerte von

den Unternehmen intern festgelegt werden und gleichzeitig die Ist-Werte oftmals auf Erhe-

bungen und Auswertungen basieren, die von den Unternehmen in Auftrag gegeben wurden

und nur diesen im Detail vorliegen. Dementsprechend kann der Zielerreichungsgrad des

kommunikativen Erfolgs nur durch das kritische Hinterfragen und Plausibilitätsprüfungen (im

Hinblick auf die übrigen Werbemaßnahmen sowie von Wettbewerbern) der von den Unter-

nehmen proklamierten Plan- und Ist-Werte sowie weiterer Erfolgs-Aussagen überprüft wer-

den. Das schließt die Möglichkeit ein, dass Kampagnen grundsätzlich erfolgreich sind – je-

doch nicht im Sinne der ursprünglichen Planung bei bestimmten Zielgruppen oder in Bezug

auf bestimmte Zielwerte (Bekanntheit, Beliebtheit etc.). Hier ist durch eine genaue Prüfung

(idealerweise auf Basis mehrerer Datenquellen, deren Informationen gegenübergestellt wer-

den) sicherzustellen, dass die Planwerte nicht nachträglich aus „kosmetischen“ Gründen durch

die Ist-Werte ersetzt wurden.

Die Notwendigkeit einer solchen multimethodenbasierten Kreuzvalidierung besteht ebenfalls

für die Überprüfung des Relevanzgrades. Oftmals werden Kampagnenziele formuliert und er-

reicht, die für die jeweilige Aufgabenstellung der Kampagne keine oder nur wenig Relevanz

hatten. Darüber hinaus ist mit dem Adäquanzgrad zu überprüfen, ob das gesetzte relevante

Ziel gemessen an der Unternehmens- und Marktsituation angemessen ambitioniert ist.

474 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f. 475 Nach STEFFENHAGEN/SIEMER (1996, S. 47 f.) müssen taugliche Werbeziele werbebedingt sein, eine se-

lektive Steuerungskraft aufweisen, operationalisierbar sein, Teil eines Systems von Ober- und Unterzielen sowie Haupt- und Nebenzielen sein, relevant für die Gesamtheit der übergeordneten Marketing-Ziele sowie situationsgerecht sein.

476 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47; ROGGE, 1982, S. 44 477 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 ff.

115

Notwendige Kompetenzen zur Erfüllung der Werbe-Kernaufgaben

In Analogie zum aufgabenorientierten Ansatz von TOMCZAK und REINECKE soll für die

vier definierten Werbestrategie-Archetypen nach den spezifischen Kompetenzen (z. B. für

„Expansionswerbung“) geforscht werden. Zwar sind diese bereits auf der Meta-Ebene der

Marketing-Kernaufgaben identifiziert478, jedoch erscheint es sinnvoll, zu prüfen, inwiefern sie

auf der Ableitungs-Ebene der Werbestrategie modifiziert bzw. spezifiziert werden müssen.

Die Schlüsselfragen im Hinblick auf die notwendigen Kompetenzen zur Entwicklung von in-

ter- und intrakonsistenten Werbestrategien lauten somit:

• Welche Kompetenzen sind auf Unternehmens- und Mitarbeiterebene erfolgskritisch?

• Wie sieht ein sinnvoller Werbeplanungsprozess, der in Verbindung mit den als erfolgskri-

tischen identifizierten Kompetenzen die konsistente, vollständige und adäquate Überset-

zung der Marketingstrategie für eine Leistung in eine entsprechende Werbestrategie und

deren weitere stringente Kampagnen-Operationalisierung gewährleistet?

4.4 Forschungsleitende Fragestellung

Auf Grundlage des identifizierten Forschungsbedarfs zur Differenzierung und Systematisie-

rung von Kerntypen aufgabenorientierter Werbestrategien lautet die zentrale Fragestellung für

die nachfolgende empirische, hypothesengenerierende Untersuchung:

Welche Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien lassen sich unterscheiden?

Aus dieser übergreifenden Fragestellung leiten sich folgende Sub-Forschungsfragen ab:

1. Welche Merkmale charakterisieren die unterschiedlichen Archetypen aufgabenori-

entierter Werbestrategien?

2. Wie lassen sich diese unterschiedlichen Archetypen auf Basis der Produkt-Markt-

Matrix von ANSOFF systematisieren?

3. Welche Kompetenzen beeinflussen die erfolgreiche Entwicklung und Implementie-

rung unterschiedlichen Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien?

Charakterisierung der Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien

Auf Grundlage der bereits publizierten Überlegungen zur Charakterisierung von Werbestrate-

gie werden folgende Indikatoren mit hohem Erklärungsfaktor als relevant untersucht:

• Werbebudget (Kommunikation insgesamt, nur für Mediawerbung);

• Media-Mix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums);

478 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff.

116

• kommunikative Werbeziele;

• Positionierung;

• Grad des Involvement;

• Werbebotschaft.

Wie im Bezugsrahmen skizziert dient der Indikator „Stellenwert Mediawerbung“ dazu, die

Bedeutung der übrigen Kommunikationsinstrumente (z. B. Direktmarketing, PR etc.) in der

Untersuchung der Werbestrategie-Typen zu berücksichtigen. Als beschreibende Größe des

Stellenwertes wird der Budget-Anteil von Mediawerbung dem für die übrigen Kommunikati-

onsinstrumente gegenübergestellt. Ebenso wird die Verteilung der Medien auf den Media-Mix

und insbesondere die Identifizierung des Leitmediums am Budget-Anteil festgemacht. Der

Charakter der Werbebotschaft wird im Hinblick auf den Grad der Emotionalität spezifiziert.

Da die jeweilige Ausprägung dieser Indikatoren im Bezug zu den Werbestrategie-Typen in

der vorhandenen Literatur oftmals diffus ist (vgl. Kapitel 3.3), steht im Fokus der nachfolgen-

den Untersuchung die Frage, welche Ausprägung die als relevant identifizierten Indikatoren

im Bezug auf den jeweiligen Werbestrategie-Typ haben.

Im Sinne eines theoriegenerierenden explorativen Vorgehens wird allen fünf Indikatoren das

gleiche Gewicht bei der Erklärung der Werbestrategie-Typen zugesprochen. Ziel der Untersu-

chung ist dementsprechend, hier zukünftig zu einer differenzierteren Betrachtung zu kommen.

Als diesen Indikatoren übergeordnete Einflussgröße wird außerdem der Grad des bei der an-

visierten Zielgruppe antizipierten persönlichen Involvements im Bezug auf das beworbene

Produkt bzw. Leistung untersucht. Der Grad der Ausprägung eines Indikators für einen spezi-

fischen Archetyp wird immer in Relation zum Grad der Ausprägung dieses Indikators bei den

übrigen Archetypen bestimmt.

Generell ist bei der Untersuchung der vier Werbestrategie-Archetypen zu prüfen, ob es weite-

re Sub-Werbestrategien gibt, die hohen Unterscheidungscharakter aufweisen. Möglicherweise

haben diese Differenzierungen aber auch eher taktisch-operativen Charakter (z. B. verglei-

chende Werbung), sind nicht strategiebestimmend und bleiben somit für die Modellierung

unberücksichtigt.

Systematisierung auf Basis der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF

Aus der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF ergeben sich folgende Dimensionen zur Syste-

matisierung der charakterisierten Werbestrategie-Archetypen:

1. Der Produkt-/Leistungscharakter (alt/neu);

2. Der Markt bzw. Zielgruppencharakter (alt/neu).

117

Dementsprechend ist zu überprüfen, inwiefern sich die identifizierten Werbestrategie-

Archetypen innerhalb dieses Rasters abbilden lassen. Dabei ergeben sich folgende Fragen:

• Gibt es Varianten, die sich nicht sinnvoll einordnen lassen und die die Verwendung eines

anderen Rasters mit anderen Dimensionen nahelegen?

• Bleiben möglicherweise im Raster Lücken, die von keiner der identifizierten Werbestrate-

gien besetzt werden? Wenn ja, was sind die möglichen Gründe dafür?

Kompetenzen zur Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien

Die Konsolidierung der bereits vorliegenden Forschungsergebnisse und Publikationen hat

verdeutlicht, welche Bedeutung die Frage der notwendigen Rahmenbedingungen bzw. Kom-

petenzen in Verbindung mit der Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien hat.

Dementsprechend lautet eine weitere Folgefrage: Welche Kompetenzen beeinflussen die er-

folgreiche Entwicklung und Implementierung von Werbestrategien?

Gemäß BRUHN wird zur Beantwortung dieser Frage zwischen organisatorisch-strukturellen

und personell-kulturellen Kompetenzen unterschieden. 479 Darüber hinaus ist außerdem der

strukturelle Kontext, innerhalb dessen sich Strategien als iterative Prozesse der Ressourcenal-

lokation vollziehen, zu berücksichtigen.480

Nachfolgend werden die formulierten Fragestellungen im Rahmen eines Multi-

Methodendesigns empirisch überprüft.

Im Hinblick auf die zentralen Forschungsfragen stehen damit folgende Aspekte im Fokus der

Prüfung:

1. Welche Typologien lassen sich anhand der identifizierten Indikatoren in der Praxis wie-

derfinden? Ergeben sich aus der Detailanalyse Hinweise auf die Relevanz der angenom-

menen Unterscheidungskriterien (z. B. Einsatz und Budgetierung der Kommunikationska-

näle)? Gibt es weitere Kriterien, die in der Folgeuntersuchung berücksichtigt werden soll-

ten?

2. Gibt es womöglich Praxisbeispiele, die sich nicht in das Raster der Produkt-Markt-Matrix

von ANSOFF einordnen lassen, auch keine Mischform darstellen, sondern die grundle-

gende Systematisierung mit ihren Dimensionen infrage stellen und daher eine Korrektur

bzw. Erweiterung des Modells nahelegen?

Die entsprechenden empirischen Befunde werden auf Basis von Fallstudien dokumentiert und

auf Basis von Expertenworkshops mit dem Ziel einer fallübergreifenden Vergleichbarkeit

kreuzvalidiert.

479 BRUHN, 2005a, S. 118 ff. 480 MÜLLER-STEWENS/LECHNER, 2003, S. 66 f.; BOWER, 1970, S. 67; NODA/BOWER, 1996, S. 57 ff.

118

5. Konzeption der empirischen Untersuchung

5.1 Forschungsprozess und Forschungsmethodik im Überblick

Der Forschungsprozess beschreibt die Entwicklung, empirische Überprüfung und Weiterent-

wicklung des dieser Arbeit zugrunde liegenden gedanklichen Bezugrahmens.481

Es handelt sich um einen iterativen Lernprozess482 im Sinne einer praxisgeleiteten For-

schung483, weil die zugrundeliegenden Annahmen abwechselnd und mehrfach abstrahiert so-

wie im Anwendungszusammenhang überprüft werden. Die Untersuchungsphasen werden so-

mit nicht streng sequentiell durchlaufen.484

Im Hinblick auf den Forschungsgegenstand und den Stand der bisherigen Forschung zu Wer-

bestrategien erscheint ein ausgeprägt induktives exploratives, hypothesengenerierendes Vor-

gehen notwendig, dem ein konstruktivistischer Ansatz zugrunde liegt, bei dem eine Systema-

tisierung auf Grundlage der Sicht der involvierten Verantwortlichen entwickelt werden soll.

So liegt mit den in das Grundraster der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF eingeordneten

Werbestrategien von BILDINGMAIER, KROEBER-RIEL und BRUHN ein Untersuchungs-

modell vor, das jedoch in seinem Reife- und Erklärungsgrad noch deutlich der empirischen

Fundierung durch explorative Methoden bedarf. Ein deduktives, theorieüberprüfendes Vorge-

hen in Verbindung mit quantitativen Verfahren erscheint dem Forschungsgegenstand somit

nicht angemessen. Vielmehr erscheint ein qualitatives Vorgehen mit dem Ziel der Induktion

aus mehreren Gründen sinnvoll:

• Ganzheitliche Betrachtung und Offenheit: Wie in Kapitel 1.2 und 3 dargelegt weisen die

bisherigen Veröffentlichungen zum Forschungsgegenstand zum einen deutliche Lücken auf

und entbehren zum anderen eines klaren Bezugs zur Werbepraxis. Eine möglichst umfas-

sende, ganzheitliche Beschreibung im Sinne von MAYRING485, FLICK486, DAVIS487 und

GIORGI488 ist als Kernelement qualitativer Ansätze notwendig, um alle möglicherweise re-

levanten Aspekte zum Forschungsgegenstand tatsächlich zu erfassen und kein Element

vorschnell auszuschließen. Dementsprechend ist dem Forschungsgegenstand nach MAY-

RING mit „möglichst großer Offenheit“489 gegenüberzutreten. Alltagsorientierung, d.h. ein

Forschungsvorgehen, das im konkreten Fall möglichst nah an der normalen Arbeitssituati-

481 ULRICH/HILL, 1979, S. 181 482 TOMCZAK, 1992, S. 181 483 ULRICH, 1981, S. 21 484 ULRICH, 1981, S. 7 ff.; TOMCZAK, 1992, S. 83 f.; HIL/FEHLBAUM/ULRICH, 1994, S. 38 ff. 485 MAYRING, 2002, S. 21 ff. 486 FLICK, 2005, S. 54 487 DAVIS, 1981, S. 23 ff. 488 GIORGI, 1985, S. 51 f. 489 MAYRING, 2005, S. 25

119

on bei der Entwicklung und Umsetzung von Werbestrategien ansetzt, ist Teil der Grund-

prinzipien Offenheit und Ganzheitlichkeit qualitativer Forschungsmethoden.490

• Interpretation: Qualitative Verfahren implizieren auch die Berücksichtigung des Vorver-

ständnisses eines Gegenstandes im Sinne einer Introspektion.491 Die ganzheitliche und all-

tagsnahe Vorgehensweise schafft die Voraussetzungen dafür, erfasste Daten in Zusammen-

hang zu setzen, zu hinterfragen und entsprechend zu gewichten. Diese Stärken eines quali-

tativen Vorgehens erscheinen im Hinblick auf den Aspekt der sozialen Erwünschtheit bei

der Diskussion von Werbeerfolgen äußerst wichtig.

• Schrittweise Verallgemeinerungen: Ein qualitativ induktives Vorgehen, BOHNSACK

spricht auch alternativ von einem „reflexiven“492 Verfahren, erlaubt die schrittweise argu-

mentative Verallgemeinerung der gesammelten Erkenntnisse mit den entsprechenden Ver-

weisen zu den Möglichkeiten der weiteren induktiven Prüfung.493

Um dem Anspruch einer ganzheitlichen Betrachtung und zugleich hohen Praxisrelevanz ge-

recht zu werden, erscheint der Einsatz von Fallstudien als qualitative Forschungsmethode

sinnvoll.494

Im Sinne einer maximalen Daten-Repräsentativität und Validität wird ein Multi-

Methodendesign mit folgenden Datenquellen bzw. Methodiken eingesetzt:

1. Dokumentenanalyse,

2. Experteninterviews,

3. Expertenworkshop.

Dokumentenanalyse und Experteninterviews dienen dazu, die einzelnen Kampagnenbeispiele

möglichst umfassend und genau beschreiben und analysieren zu können. Ziel dabei ist es, zu

evaluieren, ob es zu den vier aus dem Modell der aufgabenorientierten Werbestrategien ent-

wickelten Archetypen praktische Entsprechungen gibt – und, wo die Fallbeispiele dem defi-

nierten Archetyp entsprechen, bzw. wo sie von ihm abweichen. Gleiches gilt für das Gesamt-

modell des Werbeplanungsprozesses, für welches zunächst mögliche Analogien aus dem Be-

reich des Projektmanagements recherchiert werden, um diese dann mit den Erkenntnissen aus

den Experteninterviews anzureichern. Mit dem abschließenden Expertenworkshop als metho-

discher Variante einer Gruppendiskussion495 soll das Ziel einer fallübergreifenden komparati-

ven Analyse verfolgt werden, in der – im Sinne einer Triangulation496 – die fallstudienbasier-

ten Einzelerkenntnisse zu Werbestrategie-Typen und idealtypischem Werbeprozessmodell in

einem Gesamtkontext gestellt und diskutiert werden. 490 MAYRING, 2005, S. 24, S. 27 f.; BOHNSACK, 2007, S. 11, LAMNEK, 2005, S. 17 ff., HOFFMANN-

RIEM, 1980 491 MAYRING, 2005, S. 25, S. 29 ff.; FRIEDRICHSMEIER/MAIR/BREZOWAR, 2007, S. 10 492 BOHNSACK, 2007, S. 11 493 MAYRING, 2005, S. 25 494 YIN 1994, S. 12; FRIEDRICHSMEIER/MAIR/BREZOWAR, 2007, S. 10, GERRING, 2006, S. 37 ff. 495 LAMNEK, 1995a; LOOS/SCHÄFFER, 2001; BOHNSACK, 2003 496 FLICK, 2007, S. 22

120

Nachfolgend wird nun begründet, warum die gewählten Forschungsmethoden zur Bearbei-

tung der Forschungsfrage zielführend sind.

5.2 Fallstudien als Forschungsmethode

5.2.1 Begründung für die Auswahl der Fallstudie als Forschungsmethode

Die zu untersuchende zentrale Fragestellung, welche Werbestrategien sich in der Praxis unter-

scheiden lassen, bedingt eine qualitativ-explorative Vorgehensweise aus folgenden Gründen:

• geringer Praxisbezug und unzureichender Detaillierungs- und Spezifizierungsgrad der

vorliegenden Forschung;

• soziale Erwünschtheit und Transparenz- bzw. Dokumentationsscheu als signifikante Stör-

größen bei einer quantitativen Methodik;

• hohe Praxisrelevanz durch eine möglichst anschauliche Darstellung des Untersuchungs-

gegenstandes bzw. der Untersuchungseinheiten.

Der Forschungsgegenstand ist eng verknüpft mit der Frage von Zielerreichung vs. Zielverfeh-

lung bzw. (Werbe-)Erfolg vs. Misserfolg. Dabei handelt es sich aus Unternehmenssicht häufig

um sensible und schützenswerte Daten. Dementsprechend ist die Gefahr groß, dass bei Ein-

satz einer quantitativen Forschungsmethodik (z. B. auf Basis einer schriftlichen Befragung)

der Feedback-Umfang (Anzahl der Teilnehmer, Umfang der gegebenen Auskünfte) aufgrund

einer generellen Transparenz- bzw. Dokumentationsscheu gering ausfällt und zudem die Qua-

lität der Antworten stark beeinflusst wird durch das Maß an sozialer Erwünschtheit (bestim-

mende Zielgrößen: Erfolg, Zielgerichtetheit und Konsistenz des Handelns).

Ein weiteres Argument für den Einsatz eines qualitativen Vorgehens ist die angestrebte hohe

Praxisrelevanz. Nur ein exploratives Verfahren bietet das Maß an Offenheit, das notwendig

ist, alle Spezifika der Untersuchungseinheiten zu erfassen und somit eine anschauliche Dar-

stellung zu ermöglichen, die den Vergleich und Transfer in der praktischen Umsetzung er-

leichtert.

Auswahl der Forschungsmethodik

Bei der Auswahl einer (qualitativen) Forschungsmethode sind nach YIN497 drei Aspekte zu

berücksichtigen:

1. Die Art der Forschungsfrage,

2. die Kontrollmöglichkeiten des Forschers,

3. die Aktualität der Ereignisse.

497 YIN, 1994, S. 14

121

YIN analysiert fünf Forschungsstrategien in den Sozialwissenschaften (inklusive Fallstudien),

die nach diesen drei Kriterien verschiedene Vor- und Nachteile aufweisen und somit die Wahl

einer Methodik für das Forschungsvorhaben nahe legen.

Strategie Forschungsfrage Kontrollmöglichkeit

durch den Forscher

Analyse aktueller

Sachverhalte

Experiment wie, warum Ja ja

Befragung wer, was, wo, wie viel nein ja

Archivanalyse wer, was, wo, wie viel nein ja /nein

Historie wie, warum nein nein

Fallstudien wie, warum nein ja

Abbildung 18: Entscheidungsmatrix für Forschungsstrategien

Quelle: In Anlehnung an YIN 1994, S. 6

Die Fallstudie ist nach YIN eine Form der empirischen Untersuchung, die ein zeitgemäßes

Phänomen in seinem normalen Umfeld untersucht, speziell wenn die Grenzen zwischen den

Phänomenen und seinem Umfeld nicht ganz klar sind.498 Durch die Fallstudie versucht der

Forscher entsprechend explorativ und beschreibend Aussagen über den Untersuchungsge-

genstand zu erlangen. Insbesondere komplexe soziale Phänomene können durch Fallstudien

ganzheitlich und sinnvoll charakterisiert werden.

Auch HEIMERL weist darauf hin, dass Fallstudien als Forschungsmethodik häufig zur Gene-

rierung von Hypothesen verwandt werden.499

Laut YIN ist die Methodik der Fallstudie vorteilhaft, wenn bei der Analyse aktueller Sachver-

halte, auf die der Forscher kaum Einflussmöglichkeiten hat, die Forschungsfragen „Wie“ und

„Warum“ lauten. WEBER ET AL. schränken diese Bedingungen weiter ein, indem sie postu-

lieren, dass die Fallstudie für Warum-Fragen nur geeignet ist, wenn die Methode wie z. B.

mehrstündige Interviews eine großzahlige Erhebung ausschließt.500

In der vorliegenden Untersuchung wird der aktuelle Einsatz von Werbestrategien ohne Kon-

trollmöglichkeit der Sachverhalte analysiert. Die Fragestellung bezieht sich darauf, „wie“ die-

se Werbestrategien charakterisiert sind (im Sinne von Grundtypen) und „warum“ bestimmte

Indikatoren strategiebestimmend sind.

Für ein fallstudienbasiertes Vorgehen stehen dabei verschiedene Gestaltungsalternativen zur

Verfügung. Die vier von YIN entwickelten Grundtypen unterscheiden sich nach folgenden

Kriterien:

• Anzahl der Fälle (Einzelfall-Studie vs. Mehrfall-Studie);

498 YIN, 1994, S. 13 499 HEIMERL, 2007, S. 385 500 WEBER/MAYRHOFER/NIENHÜSEr ET AL:, 1994, S. 91 ff.

122

• Analyseebene (holistisch vs. eingebettet).

Kriterium Fallanzahl

Wird nur ein Fall (eine Person, ein Unternehmen) untersucht, spricht man von einem single

case design (Einzelfall-Studie). Einzelfallstudien werden z. B. in der Medizin bei seltenen

Krankheiten, bei wissenschaftlichen Phänomenen oder als kritischer Fall beim Theorietest

verwendet.501 Außerdem gehen Lehrfallstudien zu Veranschaulichung eines bestimmten un-

ternehmerischen Problems oder einer Theorie meistens von einem Fall aus. In der Literatur

wird jedoch bezweifelt, ob sich Einzelfallstudien zur Hypothesenprüfung eignen.502 Werden

dagegen mehrere Fälle in einer Studie erhoben und analysiert, so wird dies als multiple case

design (Mehrfall-Studie) bezeichnet. Damit geht die Möglichkeit einher, dass neben der Ana-

lyse der Daten innerhalb eines Falles auch Analysen für alle Fälle übergreifend durchgeführt

werden können.

Im Gegensatz zur Einzelfallstudie findet die Mehrfallstudie als wissenschaftliche For-

schungsmethode in den vergangenen Jahren immer mehr Akzeptanz. Es werden mehrere Un-

tersuchungseinheiten bewusst ausgewählt, die innerhalb eines theoretisch abgesteckten Rah-

mens dann zu Verallgemeinerungen führen.503 Mehrfallstudien können laut YIN einerseits zur

Vorhersage ähnlicher Ergebnisse (literal replication) oder zur Differenzierung aufgrund vor-

hersagbarer Gründe (theoretical replication) dienen.

Kriterium Analyseebene

Das zweite Differenzierungskriterium der Analyseebene unterscheidet, ob innerhalb eines

Falles mehrere Analyseeinheiten (z. B. Individuen, Teams, Geschäftsbereiche) untersucht

werden. Ist dies der Fall, spricht man von einem embedded case design. Beinhalten die Fälle

dagegen genau eine Analyseeinheit, wird dies als holistic case design bezeichnet. Die Aus-

wahl eines Grundtyps ist determiniert durch die jeweilige Forschungsfrage bzw. das For-

schungsziel und die zur Verfügung stehenden Untersuchungseinheiten.

Das skizzierte Modell aufgabenorientierter Werbestrategien mit vier verschiedenen Grundty-

pen bedingt den Einsatz einer Mehrfallstudie. Durch die Erfassung mehrerer Fälle pro Grund-

typ (2-4) soll zusätzlich ein höheres Maß an Repräsentativität erreicht werden. Die gewählte

Analyseebene ist somit holistisch, wobei im Sinne höherer Validität durch Cross-Validierung

mehrere Personen pro Fall interviewt werden. Dementsprechend wird zur Beantwortung der

Forschungsfrage ein holistisches Multi-Case-Verfahren gewählt.

501 YIN, 1994, S. 38 f. 502 BOOS, 1992, S. 9 503 ROYER, 2000, S. 156; YIN, 1994, S. 45 f.; GUMMESSON, 2000, S. 83 f.

123

Abbildung 19: Entscheidungsmatrix zu den vier Fallstudien-Kerntypen

Quelle: YIN 1994, S. 41

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Fallstudie durch Induktion und Erhebung

hauptsächlich qualitativer Daten geeignet ist, komplexe sozial-wissenschaftliche Phänomene

und Verhaltensweisen zu erforschen. Auf dieser Grundlage kann mit einer Fallstudienanalyse

die Forschungsfrage zur Unterscheidung aufgabenorientierter Werbestrategien induktiv über-

prüft werden. Gemäß dem skizzierten Forschungsziel wird ein hypothesengenerierendes,

holistisches Multi-Case-Verfahren eingesetzt. Ein Fall ist gemäß dem Forschungsziel eine

konkrete B-to-C-Werbekampagne für die Leistung (Produkt bzw. Dienstleistung) eines Un-

ternehmens, die das sichtbar gemachte Ergebnis der Werbestrategie für diese jeweilige Leis-

tung ist.

5.2.2 Gütekriterien für den Einsatz von Fallstudien

Generell ist beim Einsatz von Fallstudien eine Reihe von Gütekriterien zu beachten, die auch

bei quantitativen Verfahren Anwendung finden, damit eine analytische Generalisierbarkeit

auch bei einer geringen Anzahl von Fällen gegeben ist.504

• Objektivität,

• Repräsentativität,

• Validität,

• Reliabilität.

504 GUMMESSON, 2000, S. 84; BONOMA, 1985, S. 199

Vorliegende Untersuchung

Holistisch

Eingebettet

Einzelfall-Studie Mehrfall-Studie

Anzahl der FälleA

na

lysee

be

nen

124

Die Anwenderunabhängigkeit einer Methode wird als Objektivität bezeichnet. Vollständige

Objektivität kann nur bei standardisierten quantitativen Verfahren gewährleistet sein. Bei ei-

ner qualitativen Fallstudienuntersuchung kann eine Objektivität nur zu einem gewissen Grad

vorliegen. Durch ein standardisiertes Vorgehen bei jedem Fall und eine genaue Protokollie-

rung der Daten kann eine Überprüfung durch andere Anwender erfolgen. Die Qualität der Er-

gebnisse hängt jedoch bei Forschungsfallstudien davon ab, inwieweit das Verständnis für den

Fall und das Expertenwissen des Anwenders einfließen.505 Eine vollständige Objektivität

sollte bei einer qualitativen Fallstudienuntersuchung nicht angestrebt werden.

In der vorliegenden Untersuchung wird die Objektivität so weit wie möglich durch eine inter-

subjektive Überprüfbarkeit der Ergebnisse gewährleistet. Im Interviewleitfaden werden bei

jedem Fall inhaltlich gleiche Fragen gestellt, was in der genauen Transkription der Interviews

dokumentiert ist. Das Vorgehen bei den Fallstudien wird möglichst einheitlich gestaltet, so

dass ein Vergleich der Fallstudien möglich ist.

Die Repräsentativität oder Generalisierbarkeit von Daten wird bei qualitativen Untersuchun-

gen oft angezweifelt.506 Diesem Kritikpunkt kann eine differenzierte Sicht der Generalisier-

barkeit entgegengesetzt werden. Im Gegensatz zur statistischen Generalisierbarkeit quantitati-

ver Verfahren wird bei der Fallstudienuntersuchung von einer analytischen Generalisierbar-

keit gesprochen. Eine vorher entwickelte Theorie wird als Schablone genutzt und mit den em-

pirischen Daten der Fallstudie verglichen. YIN spricht von einem fatalen Fehler, bei Fallstu-

dien eine statistische Generalisierbarkeit anzustreben, da die Fälle nicht als Untersuchungs-

einheiten aufzufassen sind. Eine höhere Anzahl von Fällen trägt – analog quantitativer Ver-

fahren - jedoch dazu bei, die aufgestellte Theorie oder ein Modell weiter zu bestätigen.507

Die Größe oder die Auswahl der Daten508 wird bei quantitativen Studien als repräsentativer

Beweis angeführt. Der Schluss von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit stellt jedoch kein

ausschließlich statistisches Problem dar. Bei der Interpretation von Stichprobenergebnissen

sollten auch die theoretischen Hintergründe und inhaltlichen Argumente zur Rechtfertigung

der Schlussfolgerungen herangezogen werden. Diese Argumentation verfolgen auch Studien

nach dem Bayesschen Ansatz, bei dem neben Stichprobenergebnissen das Wissen des For-

schers berücksichtigt wird.509

Bei der hypothesengenerierenden Fallstudie erfolgt die Auswahl nicht nach dem Zufallsprin-

zip, sondern theoriegeleitet. Diese analytische Generalisierung von Theorien kann durch die

Auswahl von „typischen“ Fällen erreicht werden. Als Voraussetzung dafür sollte dem For-

505 SCHOLZ/TIETJE, 2002, S. 334; BORTZ/DÖRING, 1995, S. 180 f. 506 GUMMESSON, 2000, S. 1 f.; MÜLLER/BÖLING, 1996, S. 81; SCHOLZ/TIETJE, 2002, S. 336 f. 507 YIN, 1994, S. 30 ff. 508 BORTZ/DÖRING, 1995, S. 369 ff. 509 BORTZ/DÖRING, 1995, S. 373 und S. 431

125

scher der theoretische Hintergrund vertraut sein, um die Repräsentativität der ausgewählten

Fälle zu erkennen.510

Ebenso wird in der vorliegenden Untersuchung eine analytische Generalisierbarkeit ange-

strebt. Die Daten aus den erhobenen Fallstudien werden mit der theoretischen Grundlage ab-

geglichen, wobei die ausgewählten Fälle für Werbekampagnen typisch sind. Diese theoriege-

leitete Auswahl führt dann zu einer analytischen Repräsentativität der Untersuchung.

Allgemein spricht man von der Validität oder Gültigkeit eines Verfahrens, wenn es tatsächlich

misst, was es zu messen vorgibt. Bei quantitativen Untersuchungen wird vorausgesetzt, dass

für einen hohen Validitätsgrad nur geringfügige Messfehler auftreten dürfen.511 Für die quali-

tative Forschung stellt MAYRING die Relevanz des Gütekriteriums Validität grundsätzlich

infrage.512 Andere Autoren dagegen präferieren Validität als Gütekriterium, wenn sie weniger

durch Zahlen als durch logische Argumentation überprüft wird. In der vorliegenden Untersu-

chung werden die von ROYER513 sowie YIN514 vorgeschlagenen Validierungskonzepte für

Forschungsfallstudien überprüft:

• Konstruktvalidität: Maßgeblich ist hier die korrekte Operationalisierung des zu untersu-

chenden Konzeptes. In der Vormodellierung der aufgabenorientierten Werbestrategien

wurden auf Basis der bisherigen Theorie zunächst drei Grundtypen unterschieden. Auf

Basis der Fallstudieanalyse sollen diese Grundtypen induktiv zu einem allgemeingültigen

Modell entwickelt werden. Zur Erhöhung der Konstruktvalidität sollten laut YIN viele

Datenquellen benutzt, eine Argumentationskette aufgebaut und der Interviewte in die

Auswertung einbezogen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Informationen rich-

tig interpretiert werden.

• Interne Validität: Im Zuge einer Prüfung der internen Validität wird eruiert, ob es sich in

der Untersuchung um kausale Beziehungen oder nur um Scheinbeziehungen handelt. YIN

schlägt zur Überprüfung vier verschiedene Analysearten (Pattern-Matching, Explanation

Building, Program Logic Models, Time series Analysis) vor515, von denen für den Typ der

vorliegenden Untersuchung das sogenannte explanation building als sinnvoll erachtet

wird. Dabei werden die empirischen Daten mit den theoretisch formulieren Zusammen-

hängen verglichen. Das explanation building zielt darauf ab, die Fallstudiendaten durch

den Aufbau von Erklärungen zu analysieren. In einem iterativen Prozess werden die an-

fänglichen theoretischen Erklärungen nach jedem Fall überarbeitet, um so zu den endgül-

tigen Ergebnissen der Untersuchung zu gelangen. Dieses Vorgehen erscheint für die vor-

liegende Untersuchung sinnvoll, zumal auch für die Festlegung der Anzahl von Fällen ein

510 YIN, 1994, S. 10; BORTZ/DÖRING, 1995, S. 310 f. 511 STIER, 1996, S. 56 512 MAYRING, 2002, S. 141 513 ROYER, 2000, S. 164 ff. 514 YIN, 1994, S. 32 ff. 515 YIN, 1994, S. 106 ff.

126

iteratives Vorgehen gewählt wurde. Nach jeder Fallstudie wird somit die theoretische

Grundlage überprüft, um entsprechend dem Explanation-Building die interne Validität zu

vergrößern. Insbesondere sollen in der vorliegenden Untersuchung durch Vergleich der

Fallstudien sowie Analyse der Gründe für bestimmte Aussagen oder Vorgehensweisen der

Unternehmen valide Ergebnisse ermittelt werden.

• Externe Validität: Der Begriff der externen Validität beschreibt, inwieweit eine Repräsen-

tativität oder Generalisierbarkeit der Daten vorliegt. Bei Fallstudienuntersuchungen wird

eine analytische Verallgemeinerung angestrebt, bei der für jeden Fall die Hypothesen ge-

prüft werden. Das Problem der Verallgemeinerung einer Theorie auf Basis von Fallstu-

dien kann durch eine Replikation der Daten entschärft werden. Bei der Replikation wird

die Untersuchung in Teilen kopiert. Bei gleichen Ergebnissen wird eine externe Validität

angenommen.516 Die Replikation ist nur erforderlich, wenn die Untersuchung zu unerwar-

teten Ergebnissen führt.517 Bei der vorliegenden Untersuchung wurden entsprechend dem

Vorschlag von BORTZ und DÖRING typische Fälle ausgewählt. Typische Auswahl be-

deutet, dass die Fälle theoriegeleitet und gezielt vom Forscher ausgewählt werden und so

eine „exemplarische Verallgemeinerung“ gewährleistet wird. BORTZ und DÖRING spre-

chen vom Prinzip der Offenheit in der qualitativen Forschung, bei dem während der Un-

tersuchung ähnliche Fälle hinzugezogen oder kontrastierende Fälle ausgeschlossen wer-

den können.518

Unter Reliabilität oder Zuverlässigkeit einer Untersuchung versteht man den Grad der Genau-

igkeit der Messung. Die Wiederholung einer Untersuchung sollte dabei zu den gleichen Er-

gebnissen führen. Bei Fallstudien kann dieser Forderung nur entsprochen werden, indem der

Forscher eine Datenbasis schafft und die Daten genau dokumentiert. So können die Untersu-

chungen jederzeit von Dritten nachvollzogen werden. Der Forscher sollte laut YIN so vorge-

hen, „as if someone were always looking over your shoulder“519 Dies entspricht den allge-

meinen Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung, auf die in dieser Untersuchung geachtet

wird. Ein Vergleich der Fälle trägt außerdem zur Erhöhung sowohl der Reliabilität als auch

der Validität einer Untersuchung bei.520 Ein Vergleich sowie die Dokumentation der Fälle

sind für die vorliegende Untersuchung ebenfalls vorgesehen.

Zusammenfassend wird die Erfüllung der Gütekriterien für das vorliegende Forschungsdesign

durch verschiedene Vorgehensweisen sichergestellt. Die Repräsentativität und Validität der

Daten kann durch iteratives Vorgehen, die Auswahl typischer Fälle, den Austausch mit Ex-

perten und Interviewten und die Dokumentation der Ergebnisse gewährleistet werden. Dies

kann jedoch nur basierend auf einer umfassenden theoretischen Grundlage erfolgen. Außer- 516 YIN, 1994, S. 36 517 BORTZ/DÖRING, 1995, S. 37 518 BORTZ/DÖRING, 1995, S. 310 519 YIN, 1994, S. 37 520 LAMNEK, 1995b, S. 114 f.; Royer, 2000, S. 169

127

dem sind genaue Kenntnisse der Branche für eine branchenfokussierte Fallstudienuntersu-

chung unabdingbar. Dieses Wissen konnte der Autor durch seinen beruflichen Hintergrund

sowie intensive Gespräche mit Experten verbunden mit ergänzenden Recherchen einbringen.

Der hohe Informationsgehalt von Fallstudien und die Zulässigkeit der Induktionsschlüsse

hängen somit vom Design der Fallstudienuntersuchung ab.521

5.3 Datenquellen der Fallstudienanalyse

Generell gelten nach YIN drei Prinzipien der Datengewinnung, denen bei der Anwendung

von Fallstudien als Forschungsinstrument entsprochen werden sollte:

1. Multimethodisches Vorgehen: Der kombinierte Einsatz mehrerer Verfahren und Daten-

quellen – oft bezeichnet als „Triangulation“522 – wird empfohlen, um die Validität der

Forschungsergebnisse zu steigern.523 Dieses Vorgehen führt nur zu weitergehenden Er-

kenntnissen, wenn die Methoden dem theoretisch fundierten Untersuchungsgegenstand

entsprechen und intersubjektiv nachprüfbar sind.524

2. Erstellen einer Datenbasis: Um für jede Fallstudie eine Datenbasis zu erstellen, werden

Sekundärmaterialien, Beobachtungen, Interviews und Notizen teilweise in tabellarischer

Form und mit vorläufigen Ergebnissen dokumentiert.

3. Logische Beweiskette: Die Daten müssen von der Fragestellung bis zu den Ergebnissen in

einer logischen Abfolge nachzuvollziehen sein. Dieses Prinzip dient auch der Steigerung

der Reliabilität.

Im Sinne der Triangulation wird für diese Untersuchung die Verwendung mehrerer Daten-

quellen angestrebt.

Zu den klassischen Erhebungsverfahren bzw. Datenquellen von Fallstudien gehören:525

• Dokumentenanalyse,

• Beobachtung,

• Gruppendiskussion und

• Interview.

Die Auswahl der jeweiligen Verfahren ist wiederum bedingt durch das Forschungsziel. Da es

in dieser Untersuchung um die Analyse von Planungs- und Managemententscheidungen und

-prozessen zu Werbestrategien geht, erscheint das Interview mit den jeweils Verantwortlichen

521 MÜLLER-BÖLING/KLANDT, 1996, S. 96 522 LAMNEK, 1995a, S. 248 f.; LAMNEK, 1995b, S. 402; YIN, 1994, S. 91 f.; VILLAR/MARCELO, 1992, S.

182; ROYER, 2000, S. 158 523 VILLAR/MARCELO, 1992, S. 182 524 LAMNEK, 1995a; S. 256 525 MAYRING, 2002, S. 41

128

sowie die Gruppendiskussion als ergiebigste Methoden bzw. Datenquellen. Die Dokumenten-

analyse hat dazu flankierenden bzw. vorbereitenden Charakter.

5.3.1 Dokumentenanalyse

Eine Datenquelle für das Forschungsziel sind öffentliche bzw. interne Dokumente. Dazu ge-

hören vor allem:

• Interne Konzepte und Präsentationen zur jeweiligen Kampagne;

• Auswertungsergebnisse der internen bzw. externen Marktforschung;

• Pressemitteilungen und Presseveröffentlichungen aus der Fach- und Allgemeinpresse zur

jeweiligen Kampagne und der Marketingstrategie des Unternehmens generell;

• öffentliche Kampagnendokumentationen (für den Effie und andere Branchen-

Wettbewerbe wie ADC und Cannes Lions).

Diese dokumentenbasierten Sekundärdaten wurden im Sinne der Triangulation mit dem Ziel

der Datenvielfalt in der Untersuchung verwandt. Dies geschah in zweierlei Weise:

• Basierend auf Vorrecherchen als zusätzliches Stimulus- und Diskussionsmaterial (Ad-

Hoc-Fragen) für die Interviews;

• innerhalb oder nach den Interviews als belegendes bzw. erklärendes Material der Inter-

viewpartner (z. B. Marktforschungsdaten, die den proklamierten Erfolg einer Kampagne

belegen).

Zusätzlich wurden die mittels der Dokumentenanalyse erhobenen Daten (insbesondere die

Kampagnenporträts für den Effie) dazu genutzt, zu den ausführlich untersuchten 16 Kampag-

nen-Fallstudien als exemplarische Beispiele bestimmter Archetypen weitere Kampagnen mit

Beispielcharakter zu identifizieren.

5.3.2 Fokussiertes, leitfadenbasiertes Interview

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher qualitativer Interviewtechniken526, die

nach MAYRING eine generelle Offenheit in den Frageformulierungen und auch in den Ant-

wortmöglichkeiten (Freiheitsgrad des Befragten) sowie die qualitative Auswertung der ge-

wonnenen Informationen gemeinsam haben. Zentrales Unterscheidungskriterium ist nach

MAYRING der Strukturierungs- bzw. Standardisierungsgrad.527 Er reicht vom problemzent-

526 LAMNEK, 1989, S. 77; LAMNEK, 1995b, S. 91 527 MAYRING, 2002, S. 67

129

rierten Interview528 als stärker strukturierter Interviewform bis zum narrativen Interview als

einer schwach strukturierten Variante.529

Angesichts des vorliegenden Modells und der Entscheidung für den Einsatz hypothesengene-

rierender Fallstudien erscheint der Einsatz fokussierter, teilstandardisierter Interviews als

eine Variante des problemzentrierten Interviews sinnvoll.530 Beim ursprünglich von MER-

TON und KENDALL531 entwickelten fokussierten Interview geht es um die Generierung oder

Überprüfung von Hypothesen anhand eines vorformulierten Leitfadens, der zur Reduzierung

der Prädetermination des Forschers sowie zur Erweiterung des zugrundeliegenden Modells

auch verlassen werden kann.532 Damit fokussiert diese Interviewform auf eine konkrete Fra-

gestellung, lässt dem Interviewpartner jedoch durch eine entsprechend offene Fragestellung

größtmöglichen Spielraum bei der Beantwortung der einzelnen Fragen.

Nach MAYRING ist die Offenheit zugleich mit dem Aufbau einer Vertrauensbeziehung zwi-

schen Interviewer und Befragten verbunden, die bei idealer Ausgestaltung dem Interviewer

die Chance bietet, zu ehrlicheren, reflektierteren und genaueren Antworten zu kommen, als es

bei Anwendung eines standardisierten Fragebogens der Fall wäre.533 Dieser Aspekt hat beim

vorliegenden Forschungsgegenstand eine besondere Relevanz, weil „Erfolg“ für den Befrag-

ten eine subjektive Größe ist (siehe Kapitel 4.2) und deshalb nur die Kampagnenverantwortli-

chen profunde Auskunft darüber geben können, mit welchen Zielen sie gestartet sind und wie

sie den Erfolg ihrer Arbeit rückwirkend bewerten. Somit bietet ein leitfadenbasiertes, entwe-

der persönlich oder telefonisch durchgeführtes Interview die Chance, mögliche Widersprüche,

Ungereimtheiten oder Lücken in den Aussagen ad hoc zu hinterfragen, um so zu einer umfas-

senden und differenzierten Fallbeschreibung zu gelangen.

Durch die Befragung mehrerer Experten pro Kampagnenfall ist eine fallinterne komparative

Analyse im Sinne einer Triangulation gewährleistet.

Für die Strukturierung und Durchführung der Interviews unterscheidet MAYRING drei Pha-

sen bzw. Elemente:534

• Sondierungsfragen sind in der Regel allgemein gehaltene Einstiegsfragen in ein Thema.

Dabei soll eruiert werden, welche Bedeutung das Thema für den Befragten hat und welche

generelle Perspektive er zu diesem Thema einnimmt;

• Die Leitfadenfragen zielen auf die Überprüfung der zentralen Fragestellungen und sind

dementsprechend durch Formulierungsvorschläge und -alternativen dokumentiert;

528 WITZEL, 1982; WITZEL, 1985 529 MAYRING, 2002, S. 67 530 Ebd., S. 70 531 MERTON/KENDALL, 1979 532 LAMNEK, 1995b, S. 91 533 MAYRING, 2002, S. 69 534 Ebd., S. 70

130

• Ad-Hoc-Fragen ergeben sich spontan im Interviewverlauf, wenn sich neue Aspekte erge-

ben, die nicht Teil des Leitfadens sind, aber für die Forschungsfrage oder den Erhalt des

Gesprächsverlaufes bedeutsam.

Durchführung der Interviews

Durch die teilweise Standardisierung der Interviews auf Basis eines Leitfadens ist eine größe-

re Vergleichbarkeit innerhalb der vorgesehenen Multi-Case-Untersuchung gegeben. Die gene-

rierten Daten beziehen sich häufig auf identische Fragen, dementsprechend können Überein-

stimmungen besser generalisiert werden.535 Basierend auf dem Forschungsziel und den zent-

ralen Fragestellungen wurde ein Kernleitfaden entwickelt und im Hinblick auf die Zugehörig-

keit des Befragten zu einer der jeweiligen Auswahlgruppen modifiziert. Die entsprechenden

Varianten A (Werbetreibende im Unternehmen), B (Dienstleister) und C (externe Experten)

befinden sich in der Anlage zu dieser Arbeit.

In einem Pretest wurde der Leitfaden in zwei Interviews getestet und geringfügig modifiziert.

Die endgültige Fassung des Leitfadens in drei Varianten ist in der Anlage zu dieser Arbeit do-

kumentiert.

Im einleitenden Teil des Interviews wurden zunächst Thema und Ziel der Untersuchung erläu-

tert. Als Einstiegfragen dienten Fragen zum Unternehmen allgemein sowie zur Person des Be-

fragten (aktuelle Position, beruflicher Hintergrund).

Für die Beantwortung der Leitfadenfragen im Hauptteil wurde von einer konkreten Werbe-

kampagne ausgegangen, für deren Planung und Umsetzung der Interviewpartner maßgeblich

verantwortlich war bzw. zu deren Beurteilung er als Wettbewerber oder sonstiger Branchen-

experte (siehe Auswahl der Fälle) über ausreichende Expertise verfügte. Dieser Kampagnen-

fokus wurde bereits bei der Auswahl der der Interviewpartner sowie bei ihrer Ansprache be-

rücksichtigt, um den Befragten die Möglichkeit zu geben, entsprechende Informationen und

Daten bei ihren individuellen Antworten berücksichtigen zu können. Das entsprechende Kon-

taktschreiben ist ebenfalls in der Anlage dokumentiert.

Zunächst wurde den Befragten das entwickelte Modell der aufgabenorientierten Werbestrate-

gien vorgestellt, und der Befragte um die Zuordnung der gewählten Kampagne gebeten. Aus-

gehend von dieser Klassifizierung wurden die als prägend identifizierten Indikatoren (Medi-

amix, Werbestil etc.) abgefragt. Dem Interviewpartner wurde dabei die Freiheit gelassen, wei-

tere aus seiner Sicht für die jeweilige Werbestrategie charakteristische Indikatoren zu nennen

und in ihrer spezifischen Ausprägung zu beschreiben. Gleichzeitig wurden die Befragten mit

Meinungen anderer (Wettbewerber, Fachpresse) zur Strategie und Umsetzung der jeweiligen

Kampagne konfrontiert, um möglichst reflektierte, offene und ehrliche Antworten zu gewähr-

leisten. Als zusätzliches Instrument zur Vermeidung erfolgskonformer Aussagen, wurden in

535 Ebd., S. 70

131

den Fragebogen Kontrollfragen integriert, die dazu dienen sollten, Widersprüche aufzudecken

und somit zu differenzierten und auch selbstkritischen Aussagen zu gelangen.

Abschliessend zu diesem Fragekomplex wurden die Interviewpartner gefragt, ob die disku-

tierte Kampagne im Hinblick auf den Strategie-Archetyp, den sie repräsentiert, typisch sei

und wie plausibel ihnen – vor dem Hintergrund ihrer allgemeinen Kampagnen-Erfahrung –

das Gesamtmodell aufgabenorientierter Werbestrategien erscheine.

Auf diesen spezifischen Frageteil folgten zum Abschluss Fragen zur Beschreibung und Be-

wertung des generellen Ablaufs von Werbeplanungsprozessen im Arbeitsbereich des Befrag-

ten. Diese sehr offen gehaltenen Fragen dienen dazu, Hinweise auf die Rahmenbedingungen

und Erfolgsfaktoren im Werbeplanungsprozess und bei der Entwicklung intra- und interkonsi-

stenter Werbestrategien zu erhalten. Mit der Platzierung dieser Fragen am Ende des Inter-

views war die Absicht verbunden, eine bis dahin hergestellte offene und vertrauensvolle Ge-

sprächsatmosphäre für eine möglichst selbstkritische Reflexion der eigenen Arbeitsweise

bzw. -umstände zu nutzen und gleichzeitig entsprechende Aussagen im Bezug auf das vorher

besprochene Kampagnenbeispiel zu diskutieren.

Zusammenfassend wurden folgende, für den Verlauf eines qualitativen Interviews typischen,

Arbeitsschritte durchgeführt:536

1. Inhaltliche Vorbereitung: Innerhalb der Fallstudien wurden zum Thema der Werbestrate-

gien in bzw. zu den ausgewählten Unternehmen teil-standardisierte Interviews mit Exper-

ten durchgeführt.

2. Organisatorische Vorbereitung: Zur Kontaktaufnahme wurden die Kontaktdaten per Inter-

net bzw. telefonisch recherchiert und die Termine für die Interviews festgelegt. Das Inter-

viewmaterial (Aufnahmegerät, Interviewleitfaden, Unternehmens- und Kampagnen- und

Personeninformationen) wurde für jeden Interviewpartner zusammengestellt.

3. Gesprächsbeginn: Durch persönliche Vorstellung und Erläuterung der Untersuchung so-

wie der Fallstudienmethodik wurde das Interview eingeleitet und nach einer Erlaubnis

zum Mitschnitt des Interviews gefragt. Bedenken zur Vertraulichkeit bzw. zum Daten-

schutz wurden durch die Vereinbarung der Kontrolle des Interviewtextes durch den Be-

fragten vor der Veröffentlichung eliminiert. Grundsätzlich wurde für das Interview eine

Mindestdauer von 60 Minuten angesetzt. Die tatsächliche Dauer der Interviews schwankte

zwischen 60 und 130 Minuten.

4. Durchführung und Aufzeichnung der Interviews: Der Gesprächsverlauf war durch den

Leitfaden vorgegeben. Die Einstiegsfragen zum Unternehmen sowie zum Person des Ge-

sprächspartners wurden in Frageform gestellt, ebenso die Fragen zur langfristigen Orien-

536 BORTZ/DÖRING, 1995, S. 283 ff.

132

tierung und ökonomischen Situation. Zur ökologischen und sozialen Orientierung des Un-

ternehmens wurden nur Stichworte genannt, zu denen der Gesprächspartner seine Gedan-

ken äußern konnte. Bei zu knappen Antworten wurde mit Fragen oder Beispielen nach-

gehakt.

5. Gesprächsende: Nach Abschalten des Aufnahmegeräts konnten informell weitere Infor-

mationen zu der jeweils untersuchten Kampagne bzw. dem Unternehmen notiert werden.

6. Verabschiedung: Nach einem kurzen Ausdruck des Danks für die Teilnahme am Interview

wurde gefragt, welche weiteren Personen potentiell zur Kampagne Expertenwissen haben

könnten und deshalb als weitere Interviewpartner angesprochen werden sollten. Eine Mit-

teilung der Ergebnisse des Interviews zur Kontrolle wurde dem Gesprächspartner avisiert.

Zur Dokumentation wurde im Anschluss an das Interview ein Transkript erstellt. Das

Transkript wurde dem jeweiligen Gesprächspartner mit der Bitte zugesandt, Änderungswün-

sche mitzuteilen.

Durch die Verknüpfung mit den Erkenntnissen aus der Dokumentenanalyse sowie der Befra-

gung mehrerer Experten pro Kampagnenfall ist fallintern ein hohes Maß an Validität gewähr-

leistet. Offen bleibt damit jedoch die Notwendigkeit des fallübergreifenden Vergleichs sowie

der notwendigen Gewichtung. Aus diesem Grund wurde als weitere Datenquelle das Verfah-

ren eines Experten-Workshops eingesetzt.

5.3.3 Expertenworkshops

Die Expertenworkshops dienten – als eine Variante der Gruppendiskussion – dazu, die in den

einzelnen Fallstudien auf Basis von Dokumentenanalyse und Experteninterviews gewonnenen

Erkenntnisse mit dem Ziel einer Triangulation537 aus einer fallübergreifenden Perspektive zu

analysieren und zu bewerten.

Nachdem das Modell der aufgabenorientierten Werbestrategien bereits innerhalb der Exper-

teninterviews im Hinblick auf die Einordnung der jeweilige Kampagne und grundsätzlich

thematisiert wurde, dienten die Expertenworkshops dazu, aus einer übergreifenden Perspekti-

ve die bereits generierten Erkenntnisse zu kreuzvalidieren.

Darüber hinaus wurden die Expertenworkshops dafür genutzt, in Verbindung mit den benötig-

ten Kompetenzen zur erfolgreichen Werbestrategieplanung das entwickelte idealtypische

Werbeplanungsmodell (siehe Kapitel 7.3) zu prüfen.

Methodisch ist die Datenquelle Expertenworkshop als Variante des qualitativen Verfahrens

Gruppendiskussion538 zu verstehen. Nach MORGAN werden Gruppendiskussionen als eine

537 SCHNELL/HILL/ESSER, 1995, S. 27 538 LAMNEK, 1998; LOOS/SCHÄFFER, 2001, 2003; BOHNSACK, 2000, 2003, 2003a

133

Erhebungsmethode bezeichnet, „die Daten durch die Interaktionen der Gruppenmitglieder

gewinnt, wobei die Thematik durch das Interesse des Forschers bestimmt wird.“539

Als Forschungsmethodik weist die Gruppendiskussion folgende Charakteristika und Vorteile

auf:540

• Offenheit: Da die Teilnehmer durch die multilaterale Interaktion (im Gegensatz zur bila-

teralen im Leitfaden-Interview) den Verlauf und die Hierarchie des Themen-Diskurses in

großem Maße mitbestimmen können.

• Kommunikativität: Die im Idealfall als alltagsnah empfundene Gesprächssituation ge-

währleistet in der Regel eine hohe Auskunfts- und Gesprächsbereitschaft der Teilnehmer.

• Reflexivität: Im Gruppenkontext und unter dem Einfluss eines Moderators erfolgt in der

Regel eine umfangreiche und vielschichtige Reflexion des Forschungsthemas.

In der Forschungspraxis steht bei der Gruppendiskussion die „Bedeutung von Interaktions-,

Diskurs- und Gruppenprozessen für die Konstitution von Meinungen, Orientierungs- und Be-

deutungsmustern“541 im Zentrum des Forschungsinteresses. Gruppendiskussionen werden

deshalb in der Sozialforschung häufig dann eingesetzt, wenn es darum geht, Meinungen und

Einstellungen, die stark an soziale Zusammenhänge und situative Zusammenhänge (Prozess-

charakter) gebunden sind (z. B. Vorurteile), in der sozialen Situation einer Gruppe zu erhe-

ben.542

Mit der vorliegenden Fragestellung zur Unterscheidung von Werbestrategien steht der Aspekt

des erst im sozialen Kontext ermittelbaren Meinungsbildes bzw. Einstellungsmusters weniger

im Fokus. Allerdings ergibt sich mit dem Instrument des Expertenworkshops für jeden Teil-

nehmer die Anforderung, im Diskurs mit den übrigen Experten mit einem höheren Maß an

kritischer Distanz die eigene Arbeit zu reflektieren als dies möglicherweise im Einzelinter-

view der Fall ist. Außerdem bietet die Konfrontation von Experten unterschiedlicher Diszipli-

nen und Verantwortlichkeiten im Werbeplanungsprozess die Chance, die im Einzelinterview

bereits abgefragten Einschätzungen im Meinungsabgleich zu vertiefen und ggf. zu differen-

zieren. Dahinter steht die Überlegung von MANGOLD543, wonach der situationsbedingten

Gruppenkontrolle eine konstitutive Bedeutung für das individuelle Verhalten und für indivi-

duelle Meinungen und Einstellungen zukommt.

Analog zu den Empfehlungen von MAYRING544 und FRIDRICHS545 wurden die beiden Ex-

pertenworkshops wie folgt umgesetzt:

539 LAMNEK, 1998, S. 27 540 BOHNSACK; 1999, S. 26 ff., S. 75 ff.; LAMNEK, 1998, S. 39 ff. 541 BOHNSACK; 1999, S. 123 542 MAYRING, 2002, S. 76 f. 543 MANGOLD, 1960, S. 67 544 MAYRING, 2002, S. 76 545 FRIEDRICHS, 1980, S. 248 f.

134

1. Organisatorische Vorbereitung: Zur Kontaktaufnahme wurden die Kontaktdaten per Inter-

net bzw. telefonisch recherchiert und ein gemeinsamer Termin vereinbart.

2. Inhaltliche Vorbereitung: Allen Workshop-Teilnehmern wurde eine Kurzbeschreibung des

Modells der aufgabenorientierten Werbestrategien sowie jeweils eine exemplarische Fall-

studiendokumentation pro Archetyp im Vorfeld des Termins zur Verfügung gestellt.

3. Workshop-Verlauf: Den Teilnehmern wurde zunächst die Zielsetzung des Workshops er-

läutert. Danach wurden die bereits zur Verfügung gestellten Fallstudien in Kurzform vor-

gestellt. Auf Grundlage dieser Fallstudien wurden folgende Leitfragen (am Flipchart

sichtbar dokumentiert) analog zur Forschungsfrage diskutiert:

• Geben die vier Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien die Werbepraxis

adäquat wieder? Wo besteht Ergänzungs- bzw. Korrekturbedarf?

• Welche Merkmale sind für sie charakteristisch? Welche nicht?

• Welche Kompetenzen bilden die Voraussetzung für einen erfolgreichen Werbe-

strategie-Prozess?

4. Im Anschluss an die Diskussion der Archetypen wurde das Modell eines idealtypischen

Werbeplanungsprozesses präsentiert und im Hinblick auf seine Vollständigkeit und aus-

reichende Präzision diskutiert.

5. Die Workshop-Dauer umfasste 130 bzw. 180 Minuten.

5.4 Auswahl der Fälle

Auf Basis der grundsätzlichen Entscheidung für ein Multi-Case-Verfahren sind folgende drei

Punkte zu definieren:

1. Anzahl der Fälle insgesamt;

2. Grundgesamtheit;

3. Auswahlverfahren.

Anzahl der Fälle insgesamt

Nach YIN liegt die Zahl der Fälle bei einem Minimum von zwei bis drei Fällen für die Vor-

hersage ähnlicher Ergebnisse und einer Fallzahl von sechs bis zehn bei einer Differenzie-

rung.546 Bei mehr als zehn Fällen wäre das Datenvolumen zu groß und damit schwer zu bear-

beiten. Bei weniger als vier Fällen besteht laut EISENHARDT die Gefahr, dass die empiri-

sche Grundlage zur Theoriebildung nicht überzeugt.547 Die Anzahl der Fälle kann auch im

Laufe der Untersuchung bestimmt werden. Vertreter dieser Auffassung sprechen davon, dass

der Forschungsprozess abgeschlossen werden sollte, wenn der Grenznutzen eines zusätzlichen

546 YIN, 1994, S. 46 547 EISENHARDT, 1989, S. 545

135

Falles als niedrig betrachtet und eine theoretische Sättigung erreicht wird.548 Dieses iterative

Vorgehen wird ebenfalls für die vorliegende Untersuchung als sinnvoll erachtet.

Grundgesamtheit

Gemäß diesen theoretischen Überlegungen wurde ein breites Spektrum an Kampagnen-Fällen

angestrebt, wobei die Vielfalt in der Unterschiedlichkeit der beworbenen Produkte und Leis-

tungen, der jeweiligen Branchenzugehörigkeit sowie der Art Kampagnen begründet liegt.

Grundprinzip für die Kampagnenauswahl war ein „best practice approach“ im Sinne eines

Benchmarking549. Grundüberlegung dabei war es, Kampagnen zu untersuchen, deren kom-

munikativer und absatzbezogener Erfolg bereits belegt ist, um zu überprüfen, ob sich aus der

Detailanalyse dieser Erfolgskampagnen ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien ab-

leiten lässt. Aus diesem best practice approach ergeben sich mehrere Vorteile:

• Maximale Praxisrelevanz und Transferpotential (Wie mache ich es richtig?);

• Zugänglichkeit der Daten (Dokumentationsgrad, Auskunftsbereitschaft).

An die praktische Umsetzung dieses Ansatzes waren folgende Anforderungen geknüpft:

• Plausibles und valides Auswahlprinzip;

• Generierung einer ausreichend hohen Fallzahl insgesamt bzw. pro Archetyp (mindestens

zwei) auf Basis einer entsprechenden Grundgesamtheit;

• Generierung eines möglichst breiten Kampagnenspektrums im Hinblick auf Branchenzu-

gehörigkeit und Produktcharakter (low vs. high involvement);

• Berücksichtigung der Unternehmen mit den höchsten Werbeausgaben, für welche Media-

werbung einen hohen Stellenwert hat und welche mit entsprechenden Ressourcen, Kompe-

tenzen und Know-how agieren.

Gemäß diesem Anforderungsprofil erschien die absolute Höhe des jährlichen Werbebudgets

als ein plausibler Indikator und somit sinnvolles Selektionskriterium. Empirische Basis für die

Untersuchung auf Fallstudienbasis waren dementsprechend B-to-C-Kampagnen der 50 nach

Werbevolumen in Euro größten werbetreibenden Unternehmen Deutschlands.550 Dabei wur-

den nur herstellende Unternehmen berücksichtigt und keine reinen Handelsunternehmen (z.

B. Aldi, Lidl, Media-Markt), da diese in ihrer Werbekommunikation in der Regel nicht eine

einzelne Leistung bzw. ein Produkt kommunizieren, sondern eine größere Angebotsauswahl.

Die entsprechende Grundgesamtheit ist in der Anlage zur Arbeit dokumentiert. Grundannah- 548 GUMMESSON, 2000, S. 96; EISENHARDT, 1989, S. 545; KENYON-ROUVINEZ, 2001, S. 179, LAM-

NEK, 1995, S. 195 549 PETERS/WATERMAN, 1982; CAMP, 1989; KAJÜTER, 2000; LEIBFRIED/McNAIR, 1992; PIESKE,

1994; BUCHHOLZ/WÖRDEMANN, W, 1998, S. 33 550 ZAW, 2007, S. 136 f.: Die top-werbenden Unternehmen investieren ihr Budget zu großen Teilen in B-to-C-

Werbung.

136

me bei dieser Auswahl war, dass diese Unternehmen das höchste Maß an Kompetenz und Er-

fahrung in der Planung und Umsetzung von Werbestrategien besitzen. Somit sind diese Un-

ternehmen am besten dafür geeignet, um an ihnen die Richtigkeit und Relevanz des Modells

aufgabenorientierter Werbestrategien zu überprüfen. Im Hinblick auf die Verteilung von Pro-

duktkategorien (Industrie-, Konsumgüter, Dienstleistungen) und Branchen ergibt sich mit die-

ser Auswahl eine große Vielfalt.

Auswahlverfahren

Die Auswahl wurde auf den deutschen Werbemarkt beschränkt, weil dieser wiederum mit ei-

nem Gesamtvolumen von 30 Milliarden Euro weltweit der fünftgrößte und in Europa der

größte ist.551 Zudem werden in Deutschland viele Kampagnen entwickelt, die als Leit-

Kampagnen von anderen europäischen Märkten adaptiert werden bzw. es werden umgekehrt

Kampagnen (insbesondere aus den USA) adaptiert. Der Forschungsschwerpunkt auf den deut-

schen Werbemarkt gewährleistet somit ein hohes Maß an Relevanz und Varianz.

Per Telefon- und Internet-Recherche bzw. Mail-Anfrage wurden die relevanten verantwortli-

chen Akteure (Marketing-, Werbe-, Media- und Produktmanager in den Unternehmen) für die

jeweiligen Produkte, Leistungen bzw. Marken recherchiert. In der Ansprache der jeweiligen

Personen wurde die Bitte um ein Experteninterview bezogen auf eine exemplarische Werbe-

kampagne der letzten drei Jahre (Kampagnenstart zwischen dem 1. Halbjahr 2004 und dem 2.

Halbjahr 2007), die aus Sicht des Verantwortlichen einen deutlichen Best practice-Charakter

im Hinblick auf einen belegten Kampagnenerfolg aufweist. Gemäß dieser Anforderung waren

die Mehrheit (elf) der insgesamt 16 untersuchten Kampagnen gleichzeitig Kampagnen, die für

den jährlichen Marketing-Kommunikationspreis Effie nominiert bzw. mit ihm ausgezeichnet

worden waren.

Trotz des Best Practice-Charakters der untersuchten Kampagnen bestand das explizite Ziel

der Untersuchung darin, unter Berücksichtigung möglichst vieler unterschiedlicher Daten-

quellen (Interviewpartner, Dokumente) zu einer möglichst umfassenden und differenzierten

Beschreibung jeden Kampagnenfalls zu kommen. Das schließt die Beschreibung von Kam-

pagnen-Besonderheiten und ggf. Defiziten ausdrücklich mit ein. Durch eine Beschränkung

auf die Befragung der unmittelbar Kampagnenverantwortlichen wäre dieses Ziel im Hinblick

auf den Effekt sozialer Erwünschtheit und auch den Effekt persönlichen Prestiges nicht zu er-

reichen gewesen.

Deshalb wurde mit dem Ziel einer höheren Validität sowie Reliabilität der Kreis der Befrag-

ten auf folgende Gruppen ausgedehnt:

• Verantwortliche aus Agenturen und anderen Dienstleistern, die die Kampagnen konkurrie-

render Unternehmen betreuen;

551 ZAW, 2007, S. 9, S. 22 ff.

137

• Werbeverantwortliche aus konkurrierenden Unternehmen bzw. von konkurrierenden Pro-

dukten/Leistungen;

• Fachjournalisten (Horizont, W&V, Absatzwirtschaft) und

• Experten aus Verbänden (ZAW, GWA).

Diese Personen wurden einerseits im Vorfeld der Interviews mit den Kampagnenverantwort-

lichen in den Unternehmen interviewt, um so zusätzlich Stimulusmaterial zu generieren und

andererseits anschließend, um von den Interviewpartner getätigte Aussagen (insbesondere im

Hinblick auf den Kampagnen-Erfolg) ggf. relativieren zu können.

Somit bildeten für jede Kampagnen-Fallstudie mehrere Experteninterviews (mindestens zwei)

die Datengrundlage mit dem Ziel zu einer umfassenden und differenzierten Beschreibung und

Bewertung des Kampagnenbeispiels zu kommen.

Insgesamt wurden zu 16 Werbekampagnen mit 37 Experten leitfadenbasierte Interviews

face-to-face bzw. telefonisch im Zeitraum April bis Dezember 2007 durchgeführt, wobei eini-

ge Experten zu mehreren Kampagnen befragt wurden (siehe Übersicht in der Anlage). Somit

wurden im Sinne der Datenvielfalt zu jeder Kampagne mindestens zwei Experten befragt, in

der Regel jedoch drei bzw. vier.

Diese 16 Kampagnen wurden im Zeitraum 2004 bis 2007 von insgesamt 13 der 50 werbe-

stärksten Unternehmen in Deutschland durchgeführt. Dabei wurden drei Kampagnen des

Konsumgüterherstellers Unilever (Top 3 der Werbetreibenden in Deutschland) sowie zwei

des Automobilherstellers Volkswagen (Top 11 der Werbetreiben in Deutschland) untersucht.

Bei der Auswahl der Teilnehmer für den Expertenworkshop wurde ein möglichst heterogener

Disziplinen-Mix (werbetreibende Unternehmen, Agenturen, Marktforschung) angestrebt.

Gleichzeitig wurde bei der Auswahl der Teilnehmer darauf geachtet, eine Konkurrenzsituati-

on zu vermeiden, um somit die Voraussetzung für einen offenen und konstruktiven Erfah-

rungsaustausch zu schaffen. Wichtige Voraussetzung für die Teilnahme an dieser Überblicks-

diskussion war ein möglichst breiter Erfahrungshintergrund im Bereich Werbekommunikati-

on. Da die Teilnehmer z. T. bereits als Kampagnenverantwortliche interviewt worden waren,

waren sie mit dem Forschungsthema vertraut, was eine fokussierte Diskussion des Modells er-

leichterte.

Insgesamt wurden zwei Workshops mit jeweils vier bzw. fünf Teilnehmern im Dezember

2007 durchgeführt. Eine Übersicht der Workshopteilnehmer befindet sich in Anlage zu dieser

Arbeit.

138

5.5 Auswertung der Fallstudien-Daten

Nach MILES und HUBERMAN552 lässt sich die Datenanalyse in drei Schritte gliedern:

1. die Datenreduktion;

2. die Darstellung der Daten;

3. das Ziehen begründeter Schlussfolgerungen.

Die Auswahl eines Analyseverfahrens in der qualitativen Sozialforschung hängt vom unter-

suchten Gegenstand und vom Datenmaterial ab. Zudem gibt es kaum standardisierte Vorge-

hensweisen bei einer qualitativen Datenanalyse. TESCH553 vertritt sogar die Ansicht, dass je-

der seine eigene Analyseform erfinden muss. Diese Ansicht ist kritisch zu betrachten, da auch

Methoden der qualitativen Sozialforschung nach bestimmten Regeln ablaufen sollten. Inner-

halb dieser Regeln gibt es jedoch keinen richtigen oder falschen Weg, sondern immer auf das

Datenmaterial bezogene sinnvolle Vorgehensweisen. Nicht die strikte Anwendung von Ver-

fahren, sondern Kreativität bezogen auf die Ausgestaltung des Verfahrens in einer dem Unter-

suchungsgegenstand adäquaten Weise ist bei qualitativer Forschung gefordert. Die Auswer-

tungsverfahren reichen von quasi-statistischen über inhaltsanalytische Techniken bis hin zu

strukturierenden Interpretationen.554

Für die vorliegende Untersuchung wurde zur Datenanalyse die Variante der qualitativen In-

haltsanalyse555 aus folgenden Gründen gewählt:

• Kontextsensitivität: Die qualitative Inhaltsanalyse bietet die Möglichkeit im Sinne einer

Explikation den engeren beziehungsweise weiteren Textkontext in der Analyse zu berück-

sichtigen.556

• Markante Beispiele: Im Sinne eines induktiven, hypothesengenerierenden Vorgehens steht

bei der qualitativen Inhaltsanalyse nicht die zahlenmäßige Erfassung der Aussagen, son-

dern die Dokumentation markanter Beispiele und Aussagen im Fokus.557

Die Umsetzung der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgt im Sinne von MAYRING nach den

drei Grundprinzipien Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung.558

552 MILES/HUBERMAN, 1994a, S. 25; MILES/HUBERMAN, 1994b, S. 27 553 TESCH, 1992, S. 43 554 LAMNEK, 1995a, S. 217 f., TESCH, 1992, S. 45 ff. 555 MAYRING, 2002, S. 114 ff.; MAYRING, 2000, S. 31; MAYRING/GLÄSER-ZIKUDA, 2005; S. 27; KRIP-

PENDORFF, 2004, S. 87 ff.; NEUDENDORF, 2002, S. 23; GLÄSER/LAUDEL, 2004, S. 39 556 MAYRING, 2002, S. 115 ff. 557 RITSERT, 1972, S. 57; 558 MAYRING, 2002; S. 115 ff.

139

Auch bei der qualitativen Inhaltsanalyse liegt eine systematische Vorgehensweise vor. Es

werden gemäß MAYRING559 induktiv Kategoriensysteme mit den Aspekten festgelegt, nach

denen das Datenmaterial ausgewertet werden soll.

Dementsprechend wurden für die Darstellung der Kampagnenfallstudien die aus den Exper-

teninterviews und Dokumenten gewonnenen Daten nach folgendem einheitlichen Schema

aufbereitet:

• Kurzprofil des werbetreibenden Unternehmens mit Angaben zum Kerngeschäftsfeld, der

Branchenzugehörigkeit, Jahresumsatz, Mitarbeiterzahl sowie Jahreswerbevolumen;

• Beschreibung der spezifischen Marketingsituation, insbesondere im Hinblick auf die

Markt- und Wettbewerbssituation;

• Eckdaten zur Kampagne: Werbeobjekt, genereller Objektcharakter (low/high involvement),

Kampagnenzeitraum und Kampagnenvolumen;

• Zielwerte der Kampagne im Hinblick auf ökonomische und kommunikative Ziele;

• Beschreibung der Eckpunkte der Kampagnen-Werbestrategie im Hinblick auf Produktcha-

rakter (bestehend/neu), Zielgruppencharakter (bestehend/neu, Media-Mix, Werbemittel,

Marketing-/Absatz- und kommunikative Werbeziele sowie kreative zentrale Werbebot-

schaft/-stil (emotional/informativ);

• exemplarische Dokumentation kreativer Kampagnenelemente (Print-Motive, Snap-Shots

aus dem TV-Spot etc. Diese Dokumentation befindet sich in der Anlage zur vorliegenden

Arbeit;

• Gesamtbeurteilung pro Fall: Zur Prüfung der zentralen Forschungsfrage werden die Ergeb-

nisse der unterschiedlichen Datenquellen (Experten-Interviews, Dokumente) zur jeweiligen

Kampagne im Sinne einer inhaltlichen Validierung zu einer Gesamtbeurteilung zusam-

mengefasst.560 Der Abgleich dieser Gesamtbeurteilung mit den thesenartigen Annahmen

zum jeweiligen aufgabenorientierten Werbestrategie-Grundtyp erfolgt tabellarisch561 sowie

mit dem Ziel einer differenzierten Bewertung in Form einer Beschreibung des jeweiligen

Erfüllungsgrades. Die tabellarische Darstellung mit prozentualen Erreichungswerten trägt

zur Übersichtlichkeit dieser qualitativen Fallstudienuntersuchung bei und verdeutlicht die

Essenz der Aussagen;

• Gesamtbeurteilung aller Fälle pro Werbestrategie-Grundtyp: Im Anschluss werden alle Fäl-

le zu einem Werbestrategie-Grundtyp im Hinblick auf Übereinstimmungen und Abwei-

chungen und den daraus resultierenden möglichen Korrekturen bzw. Erweiterungen des

Modells aufgabenorientierter Werbestrategien diskutiert562;

559 MAYRING, 2002, S. 114; MAYRING/BRUNNER, 2007, S. 674 560 YIN, 1994, S. 112, MILES/HUBERMAN, 1994, S. 69 ff., WEBER/MAYRHOFER/NIENHÜSER/ RODE-

HUTH/ RÜTHER, 1994, S. 80 f. 561 MILES/HUBERMAN, 1995, S. 90 ff.; EISENHARDT, 1989, S.539 ff. 562 YIN, 1994, S. 31 ff.

140

• Gesamtbeurteilung aller Fälle insgesamt: Abschliessend werden alle Fälle im Hinblick auf

den übergreifenden Erklärungswert der Indikatoren (Mediamix, Werbestil etc.) sowie der

Trennschärfe der Strategie-Typen zueinander diskutiert.

Für die Auswertung des Expertenworkshops wurden in folgender Weise vorgegangen:

1. Spezifische Hinweise und Anmerkungen zu den Fallstudien wurden in deren Einzelbe-

schreibung und Analyse eingearbeitet (im Sinne einer iterativen, nicht-linearen Vorge-

hensweise);

2. Grundsätzliche Ergänzungen bzw. Kritikpunkte zu den vier Werbestrategie-Archetypen

wurden im Ergebnisteil dokumentiert und bei den Überlegungen zu den Modell-

Implikationen berücksichtigt.

Für die Auswertung der Interviews zur Darstellungen der notwendigen Rahmenbedingungen

und Kompetenzen wurde zur Systematisierung der Aussagen nach folgenden induktiv defi-

nierten Kategorien unterschieden:

1. Strukturell-organisatorische Rahmenbedingungen und Kompetenzen;

2. personell-kulturelle Kompetenzen.

Die strukturierte Darstellung der Ergebnisse erfolgte nach diesen beiden Kategorien.

Im Sinne der Explikation wurden zur Erfassung aller relevanten Aussagen auch der enge

Textkontext, d.h. Aussagen aus dem Kontext der übrigen Fragen des Leitfadens berücksich-

tigt.563

563 MAYRING, 2002, S. 118

141

5.6 Zusammenfassung

Im Hinblick auf den explorativen Charakter des Forschungsthemas wurde als adäquate For-

schungsmethode ein induktives, hypothesengenerierendes, holistisches Multi-Case-Verfahren

gewählt. Durch ein strukturiertes, regelgeleitetes Vorgehen sowie die Generierung einer aus-

reichenden Zahl von Fällen und Datenquellen konnte die Erfüllung der Gütekriterien Objekti-

vität, Repräsentativität, Validität und Reliabilität gewährleistet werden.

Eine Kreuzvalidierung der Daten fand bei der Untersuchung auf zwei Ebenen statt:

• Fallbezogen durch die Berücksichtigung mehrerer Datenquellen;

• fallübergreifend und modellbezogen durch die Expertendiskussion im Workshop.

Grundsätzlich lassen sich beim gewählten Vorgehen die prinzipiellen Kritikpunkte an qualita-

tiver Forschung und den jeweiligen Verfahrensweisen anbringen. Dazu gehören in der vorlie-

genden Untersuchung vor allem folgende Aspekte:

• Grundproblematik der Triangulation564: Wie wird im Hinblick auf die verschiedenen Da-

tenquellen pro Fall bzw. den Fällen einer Werbestrategietyp-Gruppe mit Widersprüchen

umgegangen? Wie werden die Ergebnisse entsprechend gewichtet?

• Ist die Zahl der untersuchten Fälle für die gewünschte Repräsentativität ausreichend?

• Sind die Auswahlstrategie (best practice approach) und das konkrete Auswahlprinzip für

die Untersuchungsfälle (Top 50 der werbetreibenden Unternehmen in Deutschland) sinn-

voll gewählt? Sind möglicherweise alternative Selektionskriterien plausibler?

Die vorliegende Untersuchung versucht die angeführten Probleme zu lösen, indem die Daten

logisch und theoriegeleitet nach der Methode des explanation buildings analysiert und bewer-

tet werden. Sich widersprechende Daten werden genauer hinterfragt, um sie dann in einer Ge-

samtbeurteilung argumentativ zu belegen. Eine Gewichtung der Methoden erfolgt sukzessiv

fallbezogen, indem die Aussagen von im Unternehmen Kampagnenverantwortlichen als

Grundlage für die Modellüberprüfung verwendet werden, um diese dann durch die Berück-

sichtigung weiterer Expertenaussagen zu relativieren bzw. ggf. zu korrigieren.

Aufbauend auf der Fallauswahl und der Datengewinnung konnte eine logische Methode zur

Datenanalyse ausgewählt werden, die der Fragestellung gerecht wird. Durch eine Fallbe-

schreibung sowie eine tabellarische Darstellung nach der Methode des explanation buildings

wird die Datenanalyse innerhalb des Falles vorgenommen. Die tabellarische Form wird dann

auch beim Vergleich der Fallstudien angewendet. Dieses Vorgehen trägt zur Validierung des

gesamten Untersuchungsdesigns bei. Die Ergebnisse dieser Datenanalysen sind in detaillierter

Form im folgenden Kapitel zu finden.

564 LAMNEK, 1995a, S. 255 ff.

142

6. Ergebnisse der empirischen Untersuchung

6.1 Ergebnisse zu den Werbestrategie-Archetypen auf Fallstudienbasis

Insgesamt wurden 16 in Deutschland geschaltete Werbekampagnen aus dem Zeitraum 2004

bis 2007 auf Basis von insgesamt 37 leitfadenbasierten Experteninterviews sowie ergänzen-

den Dokumentenanalysen analysiert und in Form von Fallstudien nachfolgend dokumentiert.

Diese Kampagnenbeispiele der größten werbetreibenden Unternehmen Deutschlands565 wei-

sen im Hinblick auf Branchenzugehörigkeit, das jeweils werbetreibende Unternehmen sowie

den Grad des Konsumenteninvolvements im Hinblick die beworbene Leistung bzw. das Pro-

dukt ein breites und vielfältiges Spektrum auf: neun Unternehmen (56 %) gehören der Kon-

sumgüterindustrie an, vier dem Dienstleistungssektor (25 %) und drei (19 %) dem Segment

Investitionsgüter. Das entspricht weitgehend der gewichteten Verteilung der Branchenseg-

mente der Top 50 der Werbetreibenden in Deutschland (siehe Anlage). Unter den 16 Fallstu-

dien sind neun Werbekampagnen (56 %) für sogenannte Low-Involvement-Produkte und sie-

ben (19 %) für sogenannte High-Involvement-Produkte. Dazu gehören alle Automobile (Golf,

Audi, Touareg). Ein mittleres Involvement (19 %) liegt für Finanzprodukte (Sparkasse, ING

DiBa) sowie Spezial-Pflegeprodukte im Hochpreis-Bereich (Eucerin) vor. Somit kann im Be-

zug auf die Auswahl der Fälle eine substantielle Aussagekraft unterstellt werden.

Segment Branche Leistung/ Produkt/Marke Audi Q7 Investitionsgüter Automobil Balisto Konsumgüter Lebensmittel Bertolli Konsumgüter Lebensmittel BILDmobil Konsumgüter Medien Dove pro•age Konsumgüter Pflege Drei Wetter Taft Konsumgüter Pflege Eucerin Konsumgüter Pflege Gillette Mach5 Konsumgüter Pflege ING-DiBa Dienstleistung Finanzen McDonald’s Dienstleistung Gastronomie Dr. Oetker Paula Konsumgüter Lebensmittel Sparkasse Dienstleistung Finanzen T-Com Dienstleistung Telekommunikation Rama Cremefine Konsumgüter Lebensmittel VW Touareg Investitionsgüter Automobil VW Golf Investitionsgüter Automobil

Abbildung 20: Übersicht Fallstudien nach Segmenten und Branchen

Quelle: Eigene Darstellung

Zu den nachfolgenden Fallstudien befindet sich eine Auswahl der entsprechenden Kampag-

nen-Motive in der Anlage zu dieser Arbeit.

565 Empirische Basis: Top 50 der werbestärksten Unternehmen 2006 laut Nielsen Media Research/ZAW.

143

6.1.1 Kampagnen-Fallstudie „BILDmobil“, Axel Springer

Marketingstrategie

Die BILD-Zeitung des Axel-Springer Verlages ist mit einer täglichen Auflage von 3,3 Ex-

emplaren (IVW 4. Quartal 2007) und einer Leser-Reichweite von 11,6 Millionen Lesern (2.

MA 2007) die größte Tageszeitung Deutschlands. BILD ist verlegerisch, kaufmännisch sowie

als Marke das wichtigste Objekt des Medienhauses. Analog anderen Tageszeitungen ist BILD

mit folgenden Marktentwicklungen konfrontiert:

• In den jüngeren Zielgruppen nimmt der Zeitungskonsum dramatisch ab566;

• die Nachfrage nach Boulevardthemen steigt zwar, wird aber zunehmend durch alternative

Informationsquellen wie Fernsehen, aber insbesondere Online- bzw. mobile Angebote be-

friedigt.567

Zentrale Konsequenz dieser Entwicklungen ist: Langfristig ist das auf Reichweite basierende

Geschäftsmodell des klassischen Print-Produktes mit einem Mix aus Vertriebs- und Anzei-

generlösen bedroht. Konkret zeigt sich dieser Prozess am Rückgang der verkauften Auflage

der BILD-Zeitung von durchschnittlich 4,2 Mio. Exemplaren im 4. Quartal 2000 um 22 % im

vierten Quartal 2007 (Quelle: IVW). Der Axel Springer Verlag hat auf diese Entwicklung in

folgender Weise reagiert:

• Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells durch eine plattformunabhängige Inhalts-

distribution („one brand all media“) in Kanäle und Medien, die insbesondere von jüngeren

Zielgruppen präferiert werden (Beispiel: Online-Portal BILD T-Online);

• Verlängerung der Traditionsmarke BILD in diese neuen Kanäle mit dem Ziel, die Mar-

kenstärke auch dort zu nutzen und gleichzeitig BILD als trägermedienunabhängige Me-

dien- bzw. Inhaltemarke zu profilieren.

Angesichts der wachsenden Bedeutung mobiler Kommunikation bestand vor dem Hinter-

grund dieser strategischen Zielsetzung für das BILD-Management die Herausforderung darin,

ein publizistisch und technologisch innovatives Produkt zu entwickeln, das dem Marktführer-

status der Marke Bild entspricht. „Die Entscheidung, einen mobilen Dienst zu machen, war

neben der verlegerischen auch immer eine kaufmännische“, erklärt der Projekt-

Verantwortliche Dr. Markus Dömer, Leiter BILD-Merchandising. Es habe immer die Anfor-

derung an das Projekt bestanden, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Insofern be-

standen für das geplante Mobilfunk-Angebot zwei Herausforderungen: Zum einen soll der für

die Mehrheit der Verbraucher noch weitgehend unbekannte nutzen des mobilen Internets be-

566 RAGER, 2003 567 BRAUCK/HÜLSEN, 2008

144

kannt und attraktiv gemacht werden. Zum anderen sollte in einem gesättigten Prepaid-Marke

eine neue Marke etabliert werden.568

Das Ergebnis dieses mehrjährigen Entwicklungsprozesses war „BILDmobil“. Der Mobilfunk-

Service BILDmobil ist eine Kombination aus einem sehr günstigen Prepaid-Tarif (10 Cent

pro Minute in alle Mobilfunknetze) und einem WAP-Portal mit permanent aktualisierten

BILD-Inhalten, das nach einer Startgebühr von netto 4,95 Euro unbegrenzt kostenlos nutzbar

ist. BILDmobil differenziert sich als „New-to-World“-Innovation“569 von Wettbewerbern

wie u.a. ALDI und Tchibo nach Aussage von Dömer dadurch, „dass wir als erster Anbieter

Markeninhalte mit einem günstigen und flexiblen Mobilfunk-Tarif verbinden.“ Somit bietet

BILDmobil die Kombilösung für zwei Konsumentenbedürfnisse: Günstig telefonieren und ak-

tuell kompetent informiert werden. Laut Thomas Brindöpke, verantwortlicher Projektleiter im

Bereich Werbung und Merchandising der Zeitungsgruppe BILD, hat die Marktforschung im

Vorfeld ergeben, dass ein wettbewerbsfähiger Prepaid-Tarif die zwingende Voraussetzung für

eine ausreichende Kundenresonanz ist, jedoch die kostenlose täglich aktuelle Bereitstellung

von BILD-Inhalten auf das Handy einen signifikanten Mehrwert darstellen. Die verlegerische

Perspektive zu BILDmobil formuliert BILD-Chefredakteur Kai Diekmann so: „Das ist die

immer aktuelle BILD für die Jackentasche“570. Die technische Innovation des BILDmobil-

Dienstes besteht darin, dass die Software der gekauften BILDmobil-SIM-Karte die automati-

sche Ansteuerung des WAP-Portals initiiert, dem Benutzer also die manuelle Konfiguration

seines Handys erspart bleibt. Vertrieben wird die SIM-Karte im Starterset über circa 11.000

Zeitungs- und Zeitschriftenhändler im gesamten Bundesgebiet.

Marketingstrategisch agiert der Axel-Springer-Verlag angesichts eines branchenweiten Diver-

sifikationsprozesses eindeutig als Trendsetter: Die Ansprache neuer Kundengruppen basierte

auf dem Angebot einer unternehmens- und marktbezogenen Leistungsinnovation.

Werbestrategie:

Im Zentrum der Kampagne stand die Einführung des Mobil-Services BILDmobil mit den bei-

den Bestandteilen Prepaid-Karte und WAP-Portal zum 16. Oktober 2007.

Werbetreibender Axel Springer Verlag AG Branche Medien Werbeobjekt BILDmobil Objektcharakter Low involvement Kampagnenzeitraum Oktober bis Dezember 2007 Kampagnenvolumen* 3 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 21: Kampagnen-Steckbrief BILDmobil

Quelle: Eigene Darstellung

568 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 43 569 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18 570 AXEL SPRINGER VERLAG, Pressemitteilung vom 17. November 2007

145

Als Zielgruppe wurden laut Dömer und Brindöpke BILD-Markenaffine fokussiert. „Wir ha-

ben für unsere Zielgruppen-Berechnung im ersten Schritt alle Personen im weitesten Leser-

kreis der BILD-Produktfamilie (BILD, Sport BILD, BILD am Sonntag, BILD der Frau, Au-

toBILD) identifiziert“, so Brindöpke. Aus diesem Kreis wurden die wechselwilligen Prepaid-

Telefonierer identifiziert. „Dies ergab nach unserer Analyse für das Angebot eine potentielle

Zielgruppe von 3,5 Millionen Kunden“, so Brindöpke weiter. Die wichtigsten Wettbewerber

Aldi und Tchibo haben aktuell ein Kundenvolumen von knapp über einer Million Kunden er-

reicht. Angesichts der Zielgruppenstrukturdaten (sehr viele Personen unter 30 Jahren) ergab

sich mit BILDmobil laut Dömer die strategische Chance, „jüngere Zielgruppen, die wir mit

dem Printtitel nur noch zum Teil oder gar nicht mehr erreichen, an die Marke BILD heranzu-

führen und langfristig zu binden.“ Diese vorrangige Zielsetzung sollte komplettiert werden

durch ein Cross-Selling bei den bestehenden BILD-Lesern.

Als zentrales absatzpolitisches Ziel wurde ein bestimmtes Kundenvolumen in deutlich sechs-

stelliger Höhe für Ende 2008 fixiert.571 „Weitere kommunikative Ziele zum Kampagnenerfolg

hatten wir uns im Vorfeld nicht gesetzt“, so Brindöpke. Stattdessen werde man in der standar-

disierten Werbemessung zur BILD-Werbung insgesamt die Effizienz der Kampagne gegen-

über der klassischen printbezogenen Werbung überprüfen. Später wurde dieses Ziel deutlich

präzisiert. So soll BILDmobil zur etablierten Marke im Prepaid-Segment werden und deutlich

gegenüber bereits etablierten Wettbewerbern (u.a. Fonic, Congster) wahrgenommen werden.

Außerdem soll sich BILDmobil zu einem reichweitenstarken redaktionellen Mobilportal ent-

wickeln. Konkret soll das neue Angebot unter die Top 3 der redaktionellen Contentportale

aufsteigen, wofür circa 2 Millionen Pageimpressions erreicht werden müssten. Schließlich

soll die Kampagne zur neuen Submarke im Hinblick auf die Werbeerinnerung Spitzenwerte

unter allen BILD-Kampagnen erreichen.572

Die Positionierung des neuen Dienstes BILDmobil sollte zum einen eindeutig innovativ sein,

zum anderen aber auch traditionelle BILD-Werte (Nah bei den Menschen, plakativ-direkt) be-

rücksichtigen. Grundlage für die Werbeaktivität zu BILDmobil war die klassische BILD-

Werbung unter dem Claim „Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht“. Nach-

dem vor wenigen Jahren noch die BILD-Kommunikation aktuelle Themen des Blattes (sogar

im Spots am Vorabend) ins Zentrum stellte, hat die heutige von aktuellen redaktionellen

Themen ungebundene Kommunikation vorrangig die Funktion der Aktualisierung der Mar-

kenbotschaft im Sinne des Modells von ESCH.573 „Die Kampagne zu BILD Print folgt gestal-

terisch einem klaren Raster, das auch Basis für die Mobil-Kampagne war“, so Andre Lascheit,

kampagnenverantwortlicher Planner auf Agenturseite (BBDO Campaign).

571 In der späteren Einreichung zum Werbepreis Effie wurde diese Wert mit 100.000 Stück in den ersten 3 Mona-ten präzisiert. 572 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 43f. 573 ESCH, 2007, S. 58

146

Aus Sicht des Kampagnenverantwortlichen Brindöpke bestand für die kommunikative Um-

setzung eine doppelte Herausforderung:

1. Massenverständliche Kommunikation eines komplexen Produktpaketes und

2. BILD-konforme Markenkommunikation.

„Die Herausforderung für uns bestand darin, gleich zwei Produkte (Prepaid-Tarif, WAP-

Portal) einzuführen, die beide erklärungsbedürftig sind, gleichzeitig als Marke BILD aber zu

Klarheit und Einfachheit verpflichtet zu sein“, so Brindöpke. Gleichzeitig sollte die kreative

Umsetzung formell und in der Tonalität konform gehen zur bisherigen Marken-

Kommunikation von BILD.

Das Ergebnis war eine Kampagne unter dem in bester BILD-Manier plakativen Motto: „BILD

wird Handy“. In der kreativen Umsetzung wird dieses Motto wörtlich genommen. So sieht

man TV-Spot „Flughafen“ Menschen, die statt mit ihren Handys mit zusammengerollten

BILD-Zeitungen telefonieren, als sei dies die normalste Sache der Welt. Das kommt einem

Reisenden befremdlich vor. Auch er zieht irgendeine Zeitung hervor und meldet sich mit ei-

nem schüchternen „Hallo“, jedoch nichts passiert. Darauf folgt die Auflösung: „Das kann nur

BILD. Prepaid telefonieren in alle Netze. Plus BILD-Internet auf dem Handy für null Euro.“

Das Keyvisual „BILD am Ohr“ wurde zielgruppenspezifisch variiert. So zeigen die verschie-

denen Kampagnenmotive beispielsweise den Fußballfan im Stadion, die Frau beim Shoppen

oder den Handwerker auf der Baustelle.

Lascheit zum Gestaltungskonzept der Kampagne: „Innerhalb des prägnanten und gelernten

BILD-Kampagnen-Layouts haben wir gezielt frischere und technischere Bildmotive einge-

setzt, die den Innovationscharakter des Produktes unterstreichen sollten und gleichzeitig posi-

tiv auf die Marke BILD einzahlen.“

Das Dilemma der notwendigen Produkterklärungen und Zusatzhinweise, die klassischer Be-

standteil aller Telekommunikationskampagnen sind, wurde laut Lascheit so gelöst, dass diese

Informationen komplett in Headlineform in ein exemplarisches BILD-Zeitungsformat als Be-

standteil der Motive integriert wurden.

Im Media-Mix war Print mit einem Budget-Anteil von 55 % das am stärksten eingesetzte

Kampagnen-Medium. „Das ist natürlich atypisch für eine Einführungskampagne, aber als

Verlagshaus und in Verbindung mit der Absendermarke BILD war es für uns nur konsequent,

die preis-leistungsoptimale Medialeistung des eigenen Print-Objektes zu nutzen“, so Brindöp-

ke. Im Hinblick auf die Adressierung markenaffiner, aber unregelmäßigerer BILD-Leser habe

deshalb der TV-Spot eine besondere strategische Rolle gespielt. Außerdem sei Bewegtbild

zum Transport der emotionalen Markenbotschaft zwingend gewesen. Der TV-Spot wurde als

28-Sekünder in der geschilderten sowie in einer weiteren Variante, in der eine Putzfrau mit

der BILD-Zeitung telefoniert, bei allen reichweitenstarken Sendern ausgestrahlt. Der Budget-

anteil für TV betrug 30 %. Eine traditionell hohe Relevanz für BILD haben die Citylight-

147

Motive, für die 12 % des Budgets ausgegeben wurde. Der Etatrest von 3 % wurde in Internet-

Werbung investiert.

„Der crossmediale Charme“ der Kampagne entfaltet sich laut Dömer darin, dass das tagesak-

tuelle WAP-Portal ständig Anlass bietet, in der BILD-Zeitung redaktionell über neue Inhalte

zu berichten und damit gleichzeitig das Prepaid-Angebot zu platzieren. Analog zu den Wett-

bewerbern sind im nächsten Schritt redaktionell gestaltete Anzeigen geplant.

Kampagnenerfolg:

Die gesteckten Ziele wurden deutlich übertroffen:574

• Im Hinblick auf das zentrale absatzpolitische Ziel sieht sich der Axel Springer Verlag mit

deutlich über 100.000 Prepaidkarten-Käufern über der angenommenen Absatzentwick-

lung.

• Sechs Monate nach dem Launch konnte sich BILDmobil unter den führenden Marken im

Prepaid-Mobilfunk-Segment etablieren und erreichte nach Aldi Talk die zweithöchsten,

monatlichen Aktivierungen.

• Mit großem Abstand wurde BILDmobil zur Nummer 1 unter den redaktionellen Mobil-

portalen mit der höchsten User-Reichweite nach Page-Impressions.

• Die Werbeerinnerung der Launchkampagne lag durchschnittlich bei 56 Prozent, womit

der höchste Wert seit vier Jahren erreicht wurde.

Angesichts des Starterfolges auf der Absatzseite wird die Kampagne fortgesetzt. Im nächsten

Flight sollen verstärkt redaktionelle Anzeigen zum Einsatz kommen, wie sie auch die Wett-

bewerber Tchibo und Aldi erfolgreich für ihre Angebote nutzen.

Mit dem 10-Cent-Tarif hat BILD in den ohnehin wettbewerbsintensiven Mobilfunkmarkt zu-

sätzlichen Preisdruck gebracht, so dass einige Wettbewerber bereits mit identischen Tarifan-

geboten reagiert haben. Für die Zukunft wird deshalb auch über eine Ausweitung des BILD-

mobil-Angebots auf weitere, umfangreichere und auch deckungsbeitragsstärkere Dienste

nachgedacht.

Die Launchkampagne wurde mit dem Effie 2009 in Bronze ausgezeichnet.

Fazit:

Die BILDmobil-Kampagne ist in vielerlei Hinsicht eine klassische Einführungskampagne:

Eine Low Involvement-Leistung (Prepaid-Karte), zu der Handy-Dienste mittlerweile gewor-

den sind, wird in Verbindung mit einem innovativen Neuprodukt (WAP-Portal mit Marken-

Content) unter dem Dach der profilierten Medienmarke BILD als Sub-Brand (line extension)

aufmerksamkeitsstark im Markt platziert. Dabei sollen vor allem Neukunden erreicht werden,

die der Absendermarke BILD zwar positiv gegenüberstehen, aber nicht zum Kreis der regel-

mäßigen Bestandskunden des Print-Kernproduktes gehören. Sie sollen Kunden einer mobilen

574 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 47f.

148

Leistungsvariante575 eines trägermediumunabhängigen, ganzheitlichen Inhalteprodukts BILD

werden. Die zugrundeliegende Markendehnung wird dabei gleich mit dem Claim „BILD wird

Handy“ plakativ kommuniziert. Als Low Involvement-Produkt wurde ein deutlicher Fokus

auf die ökonomischen Ziele (Anzahl der Neukunden) gelegt und keine spezifischen kommu-

nikativen Ziele definiert. Angesichts eines erklärungsbedürftigen Produkt-Bundles ist die

kommunikative Positionierung geprägt durch eine Kombination aus Emotion und Informati-

on. Die Werbebotschaft ist plakativ informativ („BILD wird Handy“). Mediawerbung hat im

Kommunikations-Mix zur Produkteinführung einen sehr hohen Stellenwert. TV ist das strate-

gische Leitmedium in der Kampagne, auch wenn budgetär Print dominiert, was durch die in-

house vorhandene Print-Medialeistung der Dachmarke BILD bedingt ist.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden Budgethöhe höchstes Budget Kommunikative Werbeziele Awareness Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft/-stil Eher informativ Stellenwert Mediawerbung Sehr hoch Leitmedium Print (budgetär), TV (inhaltlich)

Abbildung 22: Ausprägungen der BILDmobil-Kampagne als Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

575 BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff., HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.

149

6.1.2 Kampagnen-Fallstudie Audi Q7, Audi

Marketingstrategie:

Als Teil des Volkswagen-Konzerns liegt der Tätigkeitsschwerpunkt der Audi AG auf der

Entwicklung und Produktion sportlicher Limousinen im Hochpreis-Segment. Im Frühjahr

2006 erweiterte der Premium-Automobilhersteller576 mit dem Audi Q7 seine Modellpalette

unter der Dachmarke Audi erstmals um ein so genanntes Sports Utility Vehicle (SUV).577

Audi folgte damit der aktuellen Marktentwicklung: Die Akquisition neuer Kunden auf Basis

einer Leistungsinnovation. Gleichzeitig ging es nach Aussage der Interviewpartner aber auch

darum, den bestehenden AUDI-Kunden zu demonstrieren, dass AUDI seine innovative Tech-

nologieführerschaft fortsetzt und sie somit weiter an die Marke zu binden.

Bei der Einführung des Q7 war Audi mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:578

• Der Markteintritt von Audi in dieses Marktsegment erfolgte deutlich verspätet.579 Eine

Reihe von Wettbewerbern (insbesondere BMW, Porsche, Range Rover) hatten SUV-

Modelle bereits seit Ende der neunziger Jahre erfolgreich im Markt etabliert.

• Der Markt zeigte bereits erste Übersättigungserscheinungen. So sank die Absatzentwick-

lung im Jahr 2005 im Premium-SUV-Segment um minus 6,8 % auf 58994 Einheiten (ku-

mulierte Absatzwerte von BMW X5, Mercedes-Benz M-Klasse, Volvo XC90, Lexus RX,

Porsche Cayenne und VW Touareg).

• Zum Kreis der Wettbewerber gehörte auch das VW-Produkt Touareg (siehe Fallstudie)

aus dem Mutterkonzern Volkswagen. Eine Kannibalisierung sollte vermieden werden.

Ein Markterfolg des Q7 sollte dennoch durch eine technologische Differenzierung im Sinne

des traditionellen Audi Markenversprechens „Vorsprung durch Technik“ erreicht werden.

Nach den SUVs der zweiten Generation mit eher geringen Offroad-Qualitäten, aber dafür

größtmöglicher Straßentauglichkeit wurde der Audi Q7 als erster SUV der dritten Generation

(Performance SUV) so konzipiert, dass er sowohl im Gelände als auch im normalen Straßen-

verkehr fahrtechnisch überzeugt. Somit war im Hinblick auf den Produktnutzen ein signifi-

kantes Differenzierungspotential gegenüber den aktuellen Wettbewerbern gegeben. Dieses

sollte dann durch den Einsatz der hohen Reputation und des Imageprofils der Dachmarke Au-

di zusätzlich potenziert werden.

Werbestrategie:

576 ROSENGARTEN/STÜRMER, 2005, S. 115 ff., S. 187 ff. 577 PANDER, 2006, S. 19 578 GERBER, 2007b, S. 35 579 „Audis erster echter Geländewagen kommt spät, aber er kommt“, 27. Februar 2005

150

Gemäß dem Kernaufgabenprofil des Trendsetters waren die Marketingressourcen zur Einfüh-

rung des Audi Q7 auf die Werbekommunikation fokussiert. Dementsprechend setzte Audi im

Einführungsjahr 2006 mit insgesamt 105,4 Mio. Euro 66,5% mehr für Mediawerbung ein als

im Vorjahr, was unter u.a. auch auf den Q7-Launch zurückzuführen ist.580

Die Einführungskampagne für den Audi Q7 zielt auf Neukunden, insbesondere aus dem Kreis

derer, die bislang einen Premium-SUV der Konkurrenz fahren und nun zum Upgrade auf den

aktuellsten Stand der Fahrtechnologie motiviert werden sollten. „Deshalb haben wir mit der

Einführungskommunikation auch so früh begonnen, um allen SUV-Fahrern für ihren geplan-

ten Anschlusskauf frühzeitig das Signal zu geben ‚Da kommt bald der erste SUV von Audi’,

auf den ihr Euch upgraden solltet“, so Jagoda Low-Becic, Head of International Advertising

bei Audi.

Als Fahrer sportlicher Premium SUVs weisen sie folgende soziodemografischen und qualita-

tiven Eigenschaften auf: überwiegend männlich, zwischen 45 und 50 Jahre alt und verheiratet.

Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen dieser „erfolgsorientierten Führungspersönlichkei-

ten“ liegt bei etwa 6500 Euro. Sie legen außer auf die im SUV erhöhte Sitzposition und das

große Raumangebot vor allem Wert auf dynamische Fahreigenschaften und die hohe Perfor-

mance – egal ob auf der Straße oder im Gelände; für sie gilt: „Ich will keine Kompromis-

se.“581

„Audi kam mit dem Q7 klar als Nachzügler in einen bereits besetzten Markt“, beschreibt Nils

Wollny, Strategic Planner in der verantwortlichen Agentur kempertrautmann die kommunika-

tive Herausforderung. Somit musste ein kommunikativer USP gefunden werden, der den Fol-

lower Q7 trotzdem begehrenswert macht.

Deshalb wurde der funktionale USP (hohe Performance auf allen Straßenlagen) kommunika-

tiv aufgeladen mit dem Bezug zum populären quattro-Allradantrieb von Audi. Wollny: „Mit

einem visuellen Streifzug durch die Modellhistorie von Audi wollten wir dem Zuschauer ver-

deutlichen, dass Audi synonym für Allrad-Kompetenz ist.“

Dafür wurde die Audi Q7-Kommunikation eng mit der im Vorjahr gelaunchten und breit ge-

streuten Kampagne „25 Jahre quattro-Jubiläum“582 verknüpft und der Audi Q7 als SUV „vom

Erfinder des quattro“ positioniert, denn der quattro-Antrieb steht seit 25 Jahren für mehr Per-

formance. Becic: „Wir wollten die Bekanntheit und Popularität von quattro für den Q7 nut-

zen. Gleichzeitig sollte die Bewerbung des Q7 in Verbindung mit quattro auch positive

Image- und Absatzeffekte für alle übrigen quattro-betriebenen Modelle von Audi haben.“

Becic dazu: „Wir wollten damit zeigen, dass der Audi Q7 nicht nur einen Meilenstein für die

Marke Audi darstellt, sondern als Performance-SUV gleichsam eine neue Automobilklasse

begründet.“ So lautete die zentrale Botschaft der Kampagne: „Mit dem Audi Q7 gibt es jetzt

einen Audi, der für noch mehr Sportlichkeit und quattro Performance steht.“ Die visuelle Idee

580 ZAW, 2007, S. 136 581 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 6 582 Ebd.

151

der Kampagne stellt diese Technologieführerschaft und Sportlichkeit von Audi deutlich in den

Vordergrund.

Für die Kampagne wurden folgende ökonomischen Ziele gesetzt:

• Absatzerfolg:

o Abverkauf von mindestens 10.000 Einheiten im Einführungsjahr 2006;

o Höchstes Neuzulassungsvolumen im Bereich der SUVs gegenüber den Wettbewer-

bern;

o Erhöhung der Audi-Neuzulassungen mit quattro-Antrieb um mindestens 10 %.

Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Awareness:

o Erreichung eines im internen Vergleich mit anderen Audi-Werbekampagnen über-

durchschnittlichen Recall- und Recognition-Wertes.

• Image-Verbesserung:

o Verbesserung der Q7-relevanten Imagedimensionen für die Marke Audi um mindes-

tens 5 %.

• Interessenten-Generierung:

o Erhöhung der monatlichen Besucher (Unique Visitors) auf audi.de auf über 1 Million

während des Kampagnenzeitraums;

o Generierung von 150000 Interessentenadressen im Vorfeld der Weltpremiere (März

bis September 2005).

Der kommunikative Zielfokus der Kampagne ging nach Wollny deutlich über die klassischen

Recall- und Recognition-Ziele hinaus, da es sich zum einen um ein High-Involvement-

Produkt handelte und die Kampagne entsprechend breit und zeitlich umfassend angelegt war,

um ein breiteres Zielspektrum anzustreben.

Werbetreibender Audi AG Branche Automobil Werbeobjekt Audi Q7 Objektcharakter High involvement Kampagnenzeitraum März 2005 bis März 2006 Kampagnenvolumen* 15 - 20 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 23: Kampagnen-Steckbrief Audi Q7

Quelle: Eigene Darstellung.

Für die Einführung des Q7 wurden drei unterschiedliche Phasen konzipiert, um den Span-

nungsbogen bis zur Markteinführung aufrechtzuerhalten:

152

1. Phase: Pre-Launch (März bis September 2005);

2. Phase: Weltpremiere (September 2005);

3. Phase: Verkaufsstart (März 2006).

In der Pre-Launch-Phase dominierten Direkt-Marketing-Maßnahmen. Auf Basis bestehender

Adressen wurden Mailings an zielgruppenkonforme potentielle Kunden verschickt, in denen

auf das Produktportal zum Q7 verwiesen wurde. In der Interaktion mit den Besuchern dieser

Site wurden dann die Daten von Q7-Interessenten generiert.

Erst mit der Weltpremiere des Q7 auf der Internationalen Automobilausstellung IAA im Sep-

tember 2005 wurde einem breiteren Umfang klassische Mediawerbung eingesetzt. Dabei wird

dem Betrachter in der kreativen Umsetzung als TV-Spot die Performance verschiedener quatt-

ro-Modelle aus einer völlig neuen und ungewöhnlichern Perspektive gezeigt. Er sieht die ver-

schiedenen Autos auf ihrer Fahrt über eine Schotterpiste, nassen Asphalt und Eis. Dabei be-

findet er sich direkt unter dem Wagen oder unmittelbar über dem Untergrund. Von dieser

quattro Leistungsshow wird übergeleitet zum konkreten Neuobjekt mit der Botschaft: „Seit 25

Jahren bauen wir quattro für mehr Fahrspaß. Jetzt haben wir ein Auto für mehr quattro gebaut.

Der Audi Q7. Vom Erfinder des quattro.“ Erstmals wurden sowohl im TV-Spot wie auch in

den Print-Anzeigen zum Q7 eine modellspezifische URL (www.audi.de/q7globe) kommuni-

ziert. Mit entsprechend prominenter Platzierung der URL wurde die Zahl der Besucher auf

der Audi Q7-Site weiter ausgebaut. Durch eine kontinuierliche Erweiterung der Inhalte auf

dieser Site (u.a. 3-D-Showroom mit 360-Grad-Ansichten) wurde aus der wachsenden Besu-

cherzahl der Site auf Basis einer Registrierung nach dem On Demand-Prinzip583 Interessenten

generiert und durch weitere Direct-Mailing-Maßnahmen zu Vorbestellungen animiert.

Zum Verkaufsstart im März 2006 wurde der Media-Impuls auf Basis von TV und Print erneu-

ert, um möglichst viele Interessenten zur Besichtigung der Produkt-Website oder jetzt zur Li-

ve-Besichtigung und Probefahrt in die Showrooms der Audi-Händler zu animieren.

90 % des Kampagnenbudgets wurde für Mediawerbung eingesetzt, wobei angesichts der emo-

tionalen Kampagnen-Botschaft für ein High Involvement-Produkt wie den Q7 das Trägerme-

dium Fernsehen mit einem Budgetanteil von 40 % deutliches Leitmedium der Kampagne war.

Komplementär mit einem hohen Budgetanteil von 30 % wurden Print-Anzeigen in Publi-

kumszeitschriften und Tageszeitungen (jeweils 15 % Budgetanteil) eingesetzt. Die hohe Be-

deutung von Online fand ihren Niederschlag in einem entsprechenden Budgetanteil von 20 %.

Kampagnenerfolg:

Im Rahmen der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erzielt:

• Awareness:

583 Vgl. RAPPAPORT, 2007, KENNY, 2007

153

o Die ungestützte Kampagnenerinnerung lag in der Zielgruppe der Autofahrer insgesamt

bei 7 % und somit im Durchschnitt anderer Audi-Kampagnen;

o die gestützte Bekanntheit lag mit 37 % in der Zielgruppe der Autofahrer und mit 44 %

bei den SUV-Fahrern über dem für Audi-Kampagnen regulären Durchschnittswert.

• Image-Verbesserung:

o Bei der Leserwahl des Leitmediums „auto motor sport“ wird der Q7 mit 19 % zum

besten SUV gewählt;

o die Audi Q7-Kampagne hat mit ihrem Fokus auf Performance und die historischen

Rennerfolge von Audi nachhaltig zur Verbesserung der sportlichen Wahrnehmung der

Gesamtmarke beigetragen. Die Zielwerte der Imagedimensionen „baut sportliche Au-

tos“ und „ist im Motorsport erfolgreich“ konnten erfüllt beziehungsweise übererfüllt

werden, bei weiteren (dynamisch, attraktiver Fahrspaß, fortschrittliche Technik, inno-

vativ, Likability der Kampagne) konnten zumindest hohe Zustimmungswerte generiert

werden.

• Interessenten-Generierung:

o Die Zahl der monatlichen Besucher (Unique Visitors) auf audi.de stieg während des

Kampagnenzeitraums auf über 1 Million. Das entsprach einer Steigerung von + 14,2

% im ersten Pre-Launch-Monat, von +89,6 % im Monat der Weltpremiere und +38,5

% zur Markteinführung;

o im Vorfeld der Weltpremiere wurden über 200.000 Interessentenadressen generiert.

Dies waren 33,3 % mehr als ursprünglich geplant. Bis zur Markteinführung im März

2006 lagen bereits 5000 Vorbestellungen zum Q7 vor.

• Absatzerfolg:

o Insgesamt wurden 11.603 Einheiten im Einführungsjahr 2006 (16 % mehr als geplant)

abverkauft;

o damit wurde das höchste Neuzulassungsvolumen im Bereich der SUVs gegenüber den

Wettbewerbern BMW mit dem Modell X5 (8723 Neuzulassungen) und Porsche Ca-

yenne (3346 Neuzulassungen) erreicht;

o die Audi-Neuzulassungen mit quattro-Antrieb erhöhten sich von 57.120 in 2005 auf

74.844 in 2006 (Nettozuwachs ohne Q7 von 6121 Einheiten). Mit dieser Steigerung

von 30 % wurde die Zielmarke von 10 % deutlich übertroffen.

Der Einsatz des Internets als Erfolgsfaktor für die Lead-Generierung bestätigt die Untersu-

chungsergebnisse von YOON und KIM584, wonach Online-Maßnahmen insbesondere für die

Bewerbung von High Involvement-Produkten relevant sind.

Darüber hinaus war der Audi Q7 mit 13.202 Neuzulassungen 12 Monate nach Markteinfüh-

rung der erfolgreichste Neuproduktstart im Segment der sportlichen Premium-SUVs gegen-

584 YOON/KIM, 2001, S. 55

154

über BMW X5, Porsche Cayenne und Range Rover Sport. Der Absatzerfolg setzte sich über

die Einführungsphase hinaus fort.585

Zudem zeichnete sich die Q7-Kampagne durch die höchste Werbeeffizienz im Wettbewerbs-

umfeld aus. So lagen die Spendings pro Recall-Prozentpunkt mit 0,9 Mio. Euro deutlich unter

dem Vergleichswert zur BMW X5-Kampagne (1,5 Mio. Euro).

Der Kampagnenerfolg ist aus Expertensicht insofern bemerkenswert, als dass Audi mit dem

Q7 als deutlicher Nachzügler in einen bereits stagnierenden Markt eingetreten ist. Wollny:

„Mit der Q7-Kampagne ist es gelungen, die natürliche Schwäche des Nachzüglers in eine

Stärke zu verwandeln, in dem wir konsequenter und umfassender die potentielle Zielgruppe

adressiert haben als die Wettbewerber.“

Begünstigt wurde der Kampagnen-Erfolg durch folgende Umstände:

• Gutes Timing: Der Launch des Q7 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem Wettbewerbsmo-

delle der sogenannten zweiten SUV-Generation wie z. B. der BMW X5 bereits einen hohen

Reifegrad erreicht hatten.

• Kommunikative Synergien: Mit der umfangreichen quattro-Kampagne im Vorjahr wurde

kommunikativ massive „Vorarbeit“ für die Q7-Einführungskampagne geleistet.

• Doppelter Imagetransfer: Durch den Einsatz der imagestarken Dachmarke Audi als Absen-

der des Q7 sowie die kommunikative Verbindung mit der Antriebsmarke quattro wurden

gleich zwei relevante und etablierte Marken für die Werbekommunikation genutzt und da-

mit Markenkompetenz kapitalisiert.586

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Audi als Marke insgesamt mit einem Jahreswer-

bevolumen von 105,4 Mio. Euro 2006 an sechster Stelle unter den Top-Werbetreibenden im

deutschen Automobilmarkt steht und damit deutlich vor anderen Wettbewerbern im SUV-

Premium-Segment (u.a. Porsche und Volvo).

Kommunikationsstrategisch hatte die Q7-Kampagne für Audi eine besondere Bedeutung, weil

die Kampagne anschaulich die Mobilisierungsqualität des Internets unter Beweis gestellt hat

und sich zudem mit diesem Kanal für Audi die Möglichkeit ergibt, in größerer Zahl und

zugleich sehr effizient mit ihren (potentiellen) Endkunden in Kontakt zu treten (vgl. dazu

auch die vorgestellte VW Golf-Kampagne).

Die Q7 Einführungskampagne wurde mit dem Euro Effie in Gold sowie dem deutschen Effie

in Bronze ausgezeichnet.

585 KATZENSTEINER, 2006, S. 11 586 ESCH, 2002, S. 203 ff.

155

Fazit:

Die Einführungskampagne zum Audi Q7 ist exemplarisch für die Einführungswerbung eines

High Involvement-Produktes. Das erste Modell des Ingolstädter Autobauers im bestehenden

Marktsegment der sogenannten Sports Utility Vehicle richtet sich vorrangig an Neukunden,

die häufig noch segmentgleiche Modelle der Wettbewerber fahren. Ungewöhnlich für die

kommunikative Zielsetzung ist die Ausblendung von Awareness-Zielen bei klarer Fokussie-

rung auf hohe Relevanzwerte, die in diesem Fall festgemacht werden an den Besuchern (Uni-

que Visitors) und Produktinteressenten, die online generiert werden konnten. Bei dieser Er-

gänzung des vorhandenen Modell-Portfolios setzt der Anbieter neben der Dachmarke Audi

auch auf eine kommunikativ-inhaltliche Line-Extension: Der Innovationscharakter des Q7

wird in Verbindung gebracht zum bekannten quattro-Antrieb von Audi. Als High-

Involvement-Produkt ist die kommunikative Positionierung durch eine Kombination aus

Emotion und Information bestimmt. In der Werbebotschaft dominiert die Information über

den Leistungsvorsprung auf Basis bewährter innovativer Antriebstechnologie („von den Ma-

chern/Erfindern des quattro). Mediawerbung hat im Kommunikationsmix zur Produkteinfüh-

rung einen hohen Stellenwert. Allerdings spielen Instrumente wie Direkt-Marketing und E-

vent-Marketing in der mehrstufigen Kampagne eine wichtige Rolle. Inhaltlich wie budgetär

ist Bewegtbild/TV das Leitmedium der Kampagne.

Der Erfolg der Audi Q7 ist exemplarisch für eine Follower-Strategie587: Audi eroberte die

Marktführerschaft in einem bereits bestehenden und sogar bei Markteintritt stagnierenden

Markt durch den kommunikativen Verweis auf traditionelle Technologie-Kompetenzen (Von

den Erfindern des quattro-Antriebs) in Verbindung mit einem – gegenüber den Wettbewer-

bern – deutlichen funktionalen Vorteil (höhere Geländeflexibilität) sowie unter Einsatz einer

für den anvisierten Markt idealen Absendermarke. Der Q7 ist auch ein Beispiel dafür, wie die

für das anvisierte Ziel-Segment ideal positionierte Marke – trotz deutlich verspäteten

Markteintritts – maßgeblich aufgrund ihrer Markenstärke in die Führungsposition kommt.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukt Zielgruppenfokus Fast ausschließlich Neukunden Budgethöhe höchstes Budget Kommunikative Werbeziele Awareness, Image Positionierung Emotion und Information Werbebotschaft/-stil eher informativ Stellenwert Mediawerbung hoch (70%) Leitmedium TV

Abbildung 24: Ausprägungen der Audi Q7-Kampagne als Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

587 COVIN/SLEVIN/HEELEY, 2000, S. 178 ff.

156

6.1.3 Kampagnen-Fallstudie Paula, Dr. Oetker

Marketingstrategie

Der Lebensmittel-Produzent Dr. Oetker hat mit der Übernahme der Firma Onken 2004 sein

Portfolio um sogenannte milchbasierte Frische-Produkte vorrangig für Erwachsene erweitert.

Nach dem Transfer und der Integration des bestehenden Onken-Sortiments wurden neue

Wachstumsquellen zur Auslastung der erworbenen Produktionskapazitäten und zur Umsatz-

steigerung des Sortimentsbereichs insgesamt gesucht.

Der Markt für Molkereiprodukte (MoPro) in Deutschland ist durch folgende Entwicklungen

geprägt:

• Absatz- und Umsatz sind bereits seit einigen Jahren kontinuierlich rückläufig;

• angesichts ausgeschöpfter Marktpotentiale hat ein intensiver Verdrängungswettbewerb ein-

gesetzt;

• insbesondere europäische und internationale Wettbewerber nutzen ihre Innovationskraft

zur Differenzierung.

Auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten wurde der Markt für milchbasierte Kinderdes-

serts (Puddings) als relevant identifiziert. Gleichzeitig wurde die Chance gesehen, vor allem

den Wettbewerber Zott als Marktführer mit einem Anteil von 55 % in diesem Markt, erfolg-

reich zu verdrängen. Zott war bereits seit 2001 mit dem Puddingprodukt Monte in diesem

Markt vertreten und hatte bereits 2004 einen deutlichen Strategiewechsel von der vorrangigen

Ansprache der Gatekeeper Mütter zu den Kindern als Endkonsumenten des Produktes vollzo-

gen.

Auf Grundlage der erweiterten Frische-Kompetenz führte Dr. Oetker zum 1. Juni 2006 einen

speziell für die Zielgruppe Kinder konzipierten Schoko-Vanille-Pudding unter dem Sub-

Brand „Paula“ ein. Das Produkt wird im 125 Gramm-Becher jeweils in den Sorten Vanille mit

Schoko sowie Schoko mit Vanille angeboten, wobei der Pudding einmal weiß und einmal

braun gesprenkelt aussieht, fast so wie das Fell einer Kuh.

Somit agierte Dr. Oetker in der Systematisierung von TOMCZAK ET AL. als Multiplizie-

rer588, indem das bestehende Pudding-Produktsortiment um eine zielgruppenspezifische Vari-

ation (Fokus Kinder) erweitert wurde, um das Marketingziel der Kundenakquisition zu errei-

chen.

Insofern handelt sich bei Paulas Pudding nicht um eine Leistungsinnovation im Sinne von

TOMCZAK ET AL.589 und HERRMANN590, sondern um eine Variation bestehender Leis-

tung im Sinne einer Leistungspflege.591

588 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; S. 28 589 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 18

157

Das strategische Ziel, durch die erfolgreiche Einführung von Paula Kinderpudding die Markt-

position von Dr. Oetker im Markt der gekühlten Dessertprodukte insgesamt auszuweiten ent-

spricht dem Kernaufgabenprofil des Multiplizierers.

Werbetreibender Dr. August Oetker Nährmittel KG Branche Konsumgüter/Lebensmittel Werbeobjekt Paulas Pudding Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum April bis November 2006 Kampagnenvolumen* 10-15 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 25: Kampagnen-Steckbrief Dr. Oetker Paula

Quelle: Eigene Darstellung

Werbestrategie:

Gemäß des Marketingziels der Kundenakquisition lag der Marketingfokus auf der Werbe-

kommunikation. Die Bedeutung des Produktlaunches von Dr. Oetker Paula verdeutlicht sich

an der Tatsache, dass mit einem Kampagnenbudget von 10-15 Mio. Euro fast 10 % des Jah-

res-Gesamtwerbevolumens in 2006 von 75,6 Mio.592 investiert wurde.

„Das Produkt selber ist sicherlich eher banal, aber durch die hellen Vanille-Flecken im Scho-

ko-Pudding in Verbindung mit der Marke Paula und der gleichnamigen Kuh als Key-Visual

ist es uns gelungen, ein für die Zielgruppe relevantes Differenzierungsmerkmal zu schaffen“,

so Dr. Oetker-Marketing-Manager Axel Kampmann. Als Neukunden standen für den Absatz

von Paula zwei Zielsegmente im Fokus:

1. Kinder; Jungen und Mädchen zwischen 5 und 10 Jahren, wobei die Kernzielgruppe im Al-

terskorridor 6 bis 9 Jahre liegt. Sie sollen „die Kuh Paula ‚KUHL’ finden und Spaß an der

lustigen Ausstrahlung der Kuh Paula haben und somit ihre Mütter zum Kauf animie-

ren.“593

2. Mütter; haushaltsführende Frauen ab 30 Jahren in ihrer Funktion als Gatekeeper, die über

Kauf oder Nichtkauf von Produkten entscheiden. Für die Mütter soll die Kuh Paula „Na-

türlichkeit transportieren und als Lieferant der guten und frischen Zutaten stehen – als

Rückversicherung für das gute Gefühl, das Richtige für ihre Kinder zu tun.

Als marketingspezifische Ziele im Verdrängungswettbewerb wurden für die Einführung von

Paula gesetzt:594

590 HERRMANN, 1998, S. 510 591 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19; HERRMANN, 1998, S. 510 592 ZAW, 2007, S. 136 593 JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 38 594 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 43

158

• Platzierung von Paulas Pudding unter den fünf erfolgreichsten Neueinführungen auf dem

Markt für Molkereiprodukte in 2006;

• Penetration von Paulas Pudding in Höhe von mindestens 5 % Marktanteil mit dem Bench-

mark Müller Doppeldecker als zweitgrößtem Anbieter nach Zott Monte mit 20 % Marktan-

teil;

• Erreichung eines Umsatzziels im ersten Jahr von 10 Mio. Euro (die in etwa einem Drittel

des Umsatzes von Hauptkonkurrent Zott Monte entsprechen).

Kommunikative Ziele der Paula-Kampagne waren:

• Erreichung einer Werbeawareness von 60 % in der Zielgruppe;

• Awareness-Steigerung bei den Müttern für die Dr. Oetker-Frischekompetenz im Kühlregal

generell;

• Erreichung von 60 % gestützter Markenbekanntheit in der Zielgruppe.

Effizienzziele der Paula-Kampagne waren:

• direkter Einfluss der Kampagne auf den Produktabsatz;

• effizienterer Einsatz der Werbespendings als bei vergleichbaren Produktneueinführungen

im MoPro-Markt in den vergangenen Jahren.

„Angesichts der traditionell hohen Floprate im Food-Sektor war es uns bei den absatzpoliti-

schen Zielen vorrangig wichtig, zügig zu einer marktrelevanten Position zu kommen. Zentrale

Kenngröße ist dafür klassischerweise der Marktanteil“, so Kampmann.

Zum Ziel des direkten Einflusses der Kampagne auf den Produktabsatz merkt Christian Oet-

ker, Leiter der Dr. Oetker-Marktforschung Folgendes an: „Anders als bei Investitionsgütern

gibt es bei den Low-Involvement-Produkten im Food-Sektor keine Time-gaps. Wenn sich

nicht innerhalb der ersten vier Kampagnenwochen signifikante Absatzeffekte bemerkbar ma-

chen, ist die Kampagne bzw. das Produkt gefloppt.“

Angesichts klassischer Low-Involvement-Werte im Hinblick auf Kognition und Emotion war

die Positionierung auf aktuelle Präsenz im Sinne von Awareness ausgerichtet.595 Schlüssel-

element einer aufmerksamkeitsstarken Werbebotschaft war laut Kampmann „Paulas Rap“.596

Im TV-Spot wird dieser Rap („Die Paula ist ’ne Kuh, die macht nicht einfach ‚muh’“) von

Kindern gesungen, die dabei im TV-Spot genussvoll Paulas Pudding löffeln. Funktionelle

Aspekte des Low-Involvement-Produktes waren dabei nachrangig. Key-Visual des TV-Spots

war die animierte Comic-Kuh Paula, die mit ihrer Sonnenbrille von der Kinder-Zielgruppe als

„cool“ empfunden wird und die Mütter gleichzeitig an die natürliche Quelle des Rohstoffs

595 ESCH, 2007, S. 27 ff. 596 Vgl. zur Bedeutung von Musik in Werbung OAKES, 2007, S. 48

159

Milch erinnert. „Der Kuh kam in Verbindung mit dem Rap-Song eine besondere kommunika-

tive Bedeutung als Identifikationsfigur zu, da sie für Jungen und Mädchen der Zielgruppe

hochattraktiv ist“, so Karin Ferber, als Group Account Director bei BBDO verantwortlich für

die Kampagne im Hinblick auf die Figur „Monti“ des Wettbewerberproduktes Monte.

„Für die erfolgreiche Positionierung des Produktes war es notwendig, mit Paula eine eigene

Sub-Brand unter der Marke Dr. Oetker zu schaffen, die all das verkörpert, was für die Ziel-

gruppe der Kinder relevant ist, für das die Traditionsmarke Dr. Oetker jedoch nicht steht“, so

Kampmann. „Die Führung von Paula als Submarke ermöglicht es uns in der Kommunikation,

eine eigenständige Welt für das Produktangebot aufzubauen, die sich mit eigenen Wer-

ten/Facetten von der Marke Dr. Oetker absetzen kann: In diesem Fall eine attraktive kindge-

rechte Welt mit einer „Identifikationsfigur Paula als „coole Comic-Kuh Die Marke Dr. Oet-

ker liefert als Absender die notwendige Qualitätsgarantie für die Mütter“, so Ferber.597

Positionierung und kreative Leitidee (Paulas Rap) bedingten die Wahl von Bewegtbild als

zentralem Werbemittel. Der 30sekündige TV-Spot wurde in zwei Varianten jeweils für die

Zielgruppe der Kinder und Mütter produziert, „wobei in der Kinderversion die Kuh Paula

noch etwas stärker in Szene gesetzt wurde“, so Ferber.

Dementsprechend dominierte im Media-Mix der Kampagne TV als Leitmedium mit einem

geschätzten Budgetanteil von 95 %. „Wir brauchten im Sinne maximaler Awareness einen

schnellen Reichweitenaufbau. Das ist nur mit TV möglich“, so Ferber. Dementsprechend

wurden alle reichweitenstarken TV-Sender sowie Kindersender (Super RTL) und Sender mit

hohem Anteils an Kids-Formaten belegt.

Das Sponsoring eines Kinder-Kinofilms sowie eine Kampagnen-Website hatten dagegen zum

Start nur flankierenden Charakter. Als überraschend äußerst erfolgreich erwies sich laut

Kampmann die Kooperation mit der Kinder-Online-Community toggo.de des Senders Super

RTL. Mit dem Ziel einer Vitalisierung der Leitfigur Paula wurden auf toggo.de parallel zu

den TV-Spots Online-Games mit dem Spielcharakter Paula angeboten sowie ein Gewinnspiel,

in dem es galt, Paulas Rap-Song mit einer eigenen Liedzeile fortzuschreiben.

Die Kampagne wurde in zwei großen Flights vom April 2006 bis zum November 2006 ge-

schaltet.

Kampagnenerfolg:

Mit der Kampagne wurden die gesetzten absatzpolitischen Ziele übertroffen:

• Paulas Pudding gelangte nicht nur – wie angestrebt – unter die Top-5-Neueinführungen,

sondern war mit großem Abstand die erfolgreichste Neueinführung im wettbewerbsintensi-

597 Vgl. dazu die Überlegungen von ESCH, 2002, S. 203 ff. sowie ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 777 f. zu den

Erfolgsbedingungen der vertikalen Dachmarken-Dehnung in Form eines Sub-Brandings.

160

ven Markt für Molkereiprodukte, wobei die übrigen Neueinführungen auf deutlich größere

Zielgruppen (Erwachsene insgesamt) zielten;

• mit dem Start der TV-Kampagne im März wurde eine kontinuierliche Steigerung der Nach-

frage generiert, wobei die Jahreszielmarke von 5 % bereits im 3. Quartal erreicht wurde

und der Marktanteil zum Jahresende 6,5 % betrug. Konsequenz: Der Marktanteil von Dr.

Oetker im Fertigdessert-Markt insgesamt stieg durch den Paula-Erfolg um 10 % von 24,6

% auf 27,0 %;

• das Umsatzziel von 10 Mio. Euro wurde um 44,3 % übertroffen (insgesamt 14,5 Mio. Eu-

ro), während der Hauptwettbewerber Zott Monte 1,3 Mio. Euro Umsatz einbüßte (minus

4,8 %). Gleichzeitig wuchs der gesamte Markt für Milchpudding-Kinderprodukte durch

Paulas Pudding von 45,9 Mio. Euro um 32,4 % auf insgesamt 60,9 Mio. Euro. Ohne den

Umsatzanteil von Paulas Pudding betrug das Marktwachstum nur 1 %;

• die höchsten Umsatzsteigerungen erzielte Paulas Pudding während der zwei TV-Flights im

Frühjahr und Herbst;

• Paulas Pudding erreichte im Startjahr einen Marktanteil von 24 %, 20 % über der anvisier-

ten Zielmarke: Gleichzeitig büßte der Marktführer Zott Monte 18 % seines Marktanteils

ein;

• die gestützte Bekanntheit von Paulas Pudding in der Kinder-Zielgruppe lag bei 70 %, 74 %

erklärten, den TV-Spot Paulas Rap gesehen zu haben;

• Kaufanimation: Die qualitative Marktforschung ergibt, dass bei 32 % der Kinder bzw. 47

% der Mütter der TV-Spot eine direkte Wirkung auf die Kaufentscheidung hat. 48 % des

Absatzes von Paulas Pudding im Jahr 2006 sind nachweislich auf TV-Werbung zurückzu-

führen (OMD Modelling). Generell belegt dies jedoch auch die Notwendigkeit eines kon-

stant hohen Werbedruck zur kontinuierlichen Absatzsteigerung bei Low-Involvement-

Produkten (permanenter Aktualisierungsdruck, um im relevant set der Konsumenten zu

bleiben);

• im Zuge der Online-Maßnahmen wurden knapp 10 Millionen Page-Impressions generiert

und knapp 17000 Teilnehmer innerhalb der zwei Gewinnspiele rekrutiert;

• die Effizienz der eingesetzten Spendings lag mit 538200 Euro pro Prozentpunkt Marktan-

teil höher als die anderer Kampagnen (Vergleich Crema Joghurtschnee mit 769800 Euro

pro Prozentpunkt).

Im Zuge der Einführungskampagne ist es Dr. Oetker mit Paulas Pudding offensichtlich gelun-

gen, einen Marktanteil von 24 % im Markt der Milchpudding-Kinderprodukte im ersten Jahr

sowohl aus einer deutlichen Nachfragesteigerung nach Milchpuddingprodukten für Kinder

wie auch aus einer erfolgreichen teilweisen Verdrängung des Sortiments-Marktführers Zott

Monte zu generieren.

161

Erfolgsfaktor für die Kampagne war nach Einschätzung von Ferber die in allen Dimensionen

„konsequente zielgruppenspezifische Kampagnenumsetzung.“ Damit bestätigt die Fallstudie

die Überlegungen von BRUHN zu den Erfolgsparametern integrierter Kommunikations-

Kampagnen.598

Die Bedeutung der zielgruppenattraktiven Figur „Paula“ für den Kampagnen-Erfolg ist ein

weiterer Beleg für die Überlegungen von GARRETSON und BURTON zur Bedeutung der

übergreifenden Verwendung solcher Figuren in der Werbekommunikation und auf der Verpa-

ckung 599 ebenso wie die hohe positive Resonanz auf Paulas Rap die Überlegungen von

GORN600 zum Erfolgstreiber Musik in der Werbung unterstreicht.

Die gesetzten Ziele waren nach Einschätzung von Angela Wisken, Chefredakteurin der Le-

bensmittel Zeitung relevant und hinreichend ehrgeizig. „Die Einführung von Paulas Pudding

war im Gegensatz zu vielen ‚One-Shots’ ein echter und nachhaltiger Markterfolg“, so

Wisken.

„Tendenziell fehlen Dr. Oetker die Mittel, um gegenüber den internationalen Food-Multis und

ihren Werbeetats kommunikativ bestehen zu können“, so Wisken weiter. Im Falle von Paula

seien jedoch durch die Wahl einer engen Zielgruppe und einer einzigartigen (‚uniquen’) Krea-

tividee die Werbemittel ausreichend gewesen.

„Der Erfolg der Kampagne basiert maßgeblich darauf, dass Dr. Oetker die riesige Positionie-

rungslücke neben Zott Monte richtig identifiziert und Paula konsequent in diesem Freiraum

platziert hat“, so Effie-Jury-Mitglied Peter Schütz.

Dementsprechend wurde die Kampagne 2006 mit einem silbernen Effie ausgezeichnet.

Fazit:

Die Paula-Kampagne von Dr. Oetker ist exemplarisch für die Einführungskampagne eines

Low-Involvement-Produktes. Zwar stehen bei dem ersten, spezifisch für die Zielgruppe der

Kinder entwickelten Milchprodukt des Lebensmittelproduzenten Dr. Oetker vorrangig Neu-

kunden (Kinder) im Fokus der Kampagne, allerdings ergeben sich auch partielle Cross-

Selling-Effekte durch die Ansprache der Müttern in ihrer Gatekeeper-Funktion als finale Kau-

fentscheider. Als Einführungswerbung ist die Bekanntheit des Produktes das vorrangige

Kommunikationsziel der Kampagne gewesen. In der besonderen Ausprägung eines Neupro-

duktes, das sich vorrangig an einem bestehenden marktführenden Wettbewerbsprodukt orien-

tiert, ist die Werbebotschaft vorrangig emotional und offeriert eine „Kids-Coolness“ als ziel-

gruppenkonformen Erlebnischarakter, der deckungsgleich ist mit der klassischen Positionie-

rung eines Low-Involvement-Produktes. Mediawerbung dominiert den Kommunikations-Mix

598 BRUHN, 2005a, S. 113 ff. 599 GARRETSON/BURTON, 2005, S. 120 600 GORN, 1982, S. 100

162

der Kampagne in hohem Maße. zum schnellen Reichweitenaufbau und als Werbemittel mit

der höchsten Emotionalität wurde beim Media-Mix ein starker Fokus auf TV gelegt.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukt Zielgruppenfokus überwiegend Neukunden Budgethöhe höchstes Budget Kommunikative Werbeziele Bekanntheit Positionierung Emotion Werbebotschaft/-stil emotional Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (90%) Leitmedium TV

Abbildung 26: Ausprägungen der Paula-Kampagne als Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.4 Kampagnen-Fallstudie Dove pro•age, Unilever

Marketingstrategie

Mit einem Jahresumsatz von 39,6 Mrd. Euro, von denen sechs Prozent in Deutschland erwirt-

schaftet werden, ist Unilever einer der größten Konsumgüterhersteller weltweit. Das Portfolio

reicht von Nahrungsmitteln und Getränken über Haushalts- und Textilpflege bis zu Körper-

und Haarpflegeprodukten.

Im Segment der Körperpflegeprodukte ist Unilever mit der Marke Dove (heute knapp 100 Ar-

tikel in neun Kategorien) seit 1991 im deutschen Markt präsent. Innerhalb der ersten zehn

Jahre konnte Dove in Deutschland für sich eine relevante Marktposition erobern, blieb jedoch

mit einem Gesamtmarktanteil von 5 % deutlich hinter dem nationalen Marktführer Beiersdorf

(37 % Marktanteil in 2003) zurück. In der Kommunikation präsentierte sich Dove bis 2003

mit dem Key-Visual des Tauben-Signets eher zurückhaltend. Die Ergebnisse der qualitativen

Marktforschung ergaben, dass Dove damals eine „passive Weiblichkeit“ für „Frauen von ges-

tern“601 repräsentierte. Die Dove-Produkte standen hauptsächlich für „viel Feuchtigkeitspfle-

ge“.

Somit war für die Verantwortlichen bei Unilever klar, dass eine deutliche Ausweitung von

Absatz, Umsatz und Marktanteil von Dove – insbesondere in Deutschland – nur durch eine

kommunikative Repositionierung der Marke in Verbindung mit verbesserten Produkten zu er-

reichen wäre. Konsequenz: Unilever startete 2004 eine prägnante Relaunch-Kampagne602, in

der – als radikales Gegenstück zur klassischen Körperpflegewerbung mit Models – ‚echte’

Frauen in den Fokus gesetzt wurden. Diese Kampagne für die hautstraffende Pflegeserie von

Dove war im Hinblick auf Awareness, Image und konkrete Absatz- und Umsatzeffekte äu-

601 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 37 602 TELGHEDER, M., 2004, S. 14

163

ßerst erfolgreich und trug zu einer massiven Steigerung des Markenwertes bei.603 Beate Kind-

ler, kampagnenverantwortliche Brand-Managerin für Dove: „Markenstrategisch war es kon-

sequent, zunächst für Dove ein funktionales Markenversprechen zu etablieren, um dann die

Marke so massiv emotional aufzuladen.“

Mit der Repositionierung von Dove wurde kommunikativ eine deutliche Differenzierung zum

weiterhin klassisch werbenden Wettbewerber L’Oreal vorgenommen. Dagegen ist die Ab-

grenzung zum vor allem nationalen Wettbewerber Beiersdorf „die unschärfste“, weil Beiers-

dorf immer schon mit natürlicher Schönheit geworben hat. „Letztlich haben wir diese Natür-

lichkeitspositionierung nur noch konsequenter und radikaler besetzt“, so Kindler.

Auf Grundlage der erfolgreichen Repositionierung der Marke Dove wurde im nächsten Schritt

die weitere Marktpenetration auf Basis einer Line-Extension zur gezielten Ansprache einer bis

dato eher vernachlässigten Zielgruppe beschlossen, den Frauen im Altersbereich über 40 Jah-

re. „Mit der repositionierten Marke Dove hatten wir die notwendige Power und Glaubwürdig-

keit sowie mit der Kampagnenplattform der ‚echten Frauen’ eine adäquate Kommunikations-

plattform, um dieses Kundensegment erfolgreich anzugehen“, so Kindler. Gleichzeitig trat

Dive damit aber aber auch in den seit Jahren boomenden, wettbewerbsintensiven Anti-Aging-

Markt ein.604

Dementsprechend wurde unter dem Subbrand pro•age im Februar 2007 ein neues Sortiment

von 12 Pflegeprodukten aus neun Warenkategorien speziell für ältere Frauen im deutschen

Markt eingeführt.

Mit dieser vertikalen Dehnung der erfolgreich repositionierten Absendermarke Dove agierte

Unilever auch markenstrategisch konsequent als Multiplizierer: Durch eine zielgruppenspezi-

fische, leistungspflegende Variation des bestehenden Sortiments an Pflegeprodukten sollte

das Marketingziel der erfolgreichen Kundenakquisition erreicht werden.605

Werbestrategie:

Als Einführungswerbung zielte die Kampagne vor allem auf Neukundinnen in der Alters-

gruppe 50 Jahre und älter. Kindler erläutert dazu: „Wir waren uns der Problematik bewusst,

dass mit dem neuen zielgruppenspezifischeren Sortiment bestehende Dove-Kundinnen der

Pflegeserie möglicherweise kannibalisieren. Wir haben für uns dennoch diesen Schritt als

notwendig und sinnvoll zur langfristigen Expansion der Marke Dove bewertet.“

603 BERGMANN, 2007, S. 21 f.; JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 38 604 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 247 605 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 19

164

Werbetreibender Unilever Deutschland Holding GmbH Branche Konsumgüter/Pflegeprodukte Werbeobjekt Dove pro•age-Pflegeserie Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Februar bis Dezember 2007 Kampagnenvolumen* Keine Angaben

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 27: Kampagnen-Steckbrief Dove pro age

Quelle: Eigene Darstellung

Als zentrale Herausfoederungen für die Kommunikation wurden folgende gesehen:606

• Ein Umdenken in der Gesellschaft zu forcieren,

• Frauen zu ermutigen statt Anti-Age „Pro Age“ zu sein,

• und die Produkte ohne übertriebene Versprechen und der Altersgruppe entsprechend an-

zubieten.

Als zentrales kommunikatives Kampagnenziel wurde vor Kampagnenstart fixiert:

• Gestützte Bekanntheit von mindestens 20 % in der Zielgruppe.

• Aufbau starker Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft in einem Umfeld von eher übertriebe-

nen Versprechen.

Als zentrales absatzpolitisches Kampagnenziel wurde vor Kampagnenstart fixiert:

• Erreichung der Marktführerschaft im Marktsegment der Pflegeprodukte für Frauen ab 40

Jahren.

• Ausbau der Käuferreichweite durch den Dove pro•age-Launch.

„Traditionell stehen auch für mich als Kommunikationsverantwortliche die Absatzziele im

Fokus“, so Kindler. Gerade angesichts der Imageerfolge der Vorläufer-Kampagne von 2004

waren für pro•age das schnelle Erreichen der Absatzziele maßgeblich.

Kindler erläutert Motivkonzept wie folgt: „Im Sinne eines deutlichen Aberverkaufs-Fokus

präsentieren wir in den einzelnen Werbemitteln immer einen konkreten Artikel. Angesichts

der Komplexität des Gesamt-Portfolios von Dove liegt unserer Kommunikation eine klare

Plattform-Strategie zugrunde.“

Die Grundphilosophie zur pro•age-Kampagne lautete: ‚Keine Frau sollte das Gefühl haben,

dass älter werden etwas Negatives ist, das um jeden Preis verhindert werden muss. Im Gegen-

teil: Wir möchten Frauen, die an der Schwelle zum vielleicht spannendsten Abschnitt ihres

Lebens stehen, inspirieren, ihr Potential zu erkennen und auszuschöpfen.’

606 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 247

165

Daraus resultierte der Kampagnen-Claim „Dove pro•age, denn Schönheit kennt kein Alter“.

Die Kampagne machte die Schönheit von Frauen 50+ für alle sichtbar. Um ihre Schönheit zu

zeigen, entblößten sie stolz ihren Körper: mit Altersflecken, Falten und grauen Haaren.607

„Strategisch ist die pro•age-Kampagne als markanter Widerspruch gängiger Schönheitsideale

eine konsequente, zielgruppenspezifische Fortsetzung der Relaunch-Kampagne von 2004“, so

Kindler. Dementsprechend wurde für die kreative Umsetzung das Kampagnen-Format adap-

tiert. „Key-Visual der Kampagne sind ‚echte’ Frauen im Alter zwischen 40 und mehr Jahren,

die in großer Natürlichkeit ihre Schönheit nackt präsentieren“, so Kindler.608

Analog der Relaunch-Kampagne und konform mit dem FMCG-Markt war TV-Werbung mit

einem Budgetanteil von circa 60 % das Leitmedium im Media-Mix für pro•age. Flankiert

wurde dies durch Print-Werbung (circa 30 %). Eine ebenfalls traditionell besondere Rolle

spielten – ebenfalls analog der Einführungskampagne – Riesenplakate. Kindler: „Bei der

Kampagne 2004 haben wir die enorme Bedeutung von PR als Instrument zur effizienten Awa-

reness-Generierung gelernt und dieses Wissen bei der pro•age-Kampagne entsprechend ein-

gesetzt.“ Darüber hinaus spielten für die pro•age-Kampagne der Einsatz vielfältiger below-

the-line-Maßnahmen eine wichtige Rolle. So wurde im September eine Online-Community

unter der URL-Adresse http://www.proage-netzwerk.de/ von Unilever gelauncht. „Wir haben

festgestellt, dass wir mit dem neuen Image von Dove viel eher in der Lage sind, in eine direk-

te Kommunikation mit den Konsumentinnen zu treten und dass dieses Angebot, obwohl es

um klassische Low-Involvement-Artikel geht, angenommen wird“, so Kindler zur Dialogstra-

tegie von Dove. Insgesamt konnten bereits über 4 Millionen Endkunden-Kontakte über die

verschiedenen Interaktionskanäle generiert werden.

Kampagnenerfolg:

• Gestützte Bekanntheit von 25 % (25 % über dem Zielwert);

• Im Vergleich zur übrigen Werbung erzielte die Kampagne in den Dimensionen und Identi-

fikation überdurchschnittliche Werte;

• Die umfassende Berichterstattung in den Medien verdeutlicht, welche gesellschaftliche Re-

levanz die Kampagne erhalten hat. So wurden über 1 Milliarde Kontakte durch TV-

Berichte, Print- und Onlineberichte generiert;

• Neukundenakquisition: Mit Dove pro•age generierte Unilever bis Ende des Kampagnenjah-

res 2007 über drei Million neuer Kundinnen;

• Zielgruppen-Penetration: Dove pro•age erreichte in den anvisierten Kern-Alterssegmenten

(40-69 Jahre) durchschnittlich mehr als ein Viertel der Frauen als Erstkäufer der pro•age-

Produkte;

607 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 250 608 Dies entspricht nach MEFFERT/BURMANN/KOERS, 2005 S. 715 f. der Variante von Testimonial-Werbung

mit „typischen“ Verwendern.

166

• Marktführerschaft: Dove pro•age ist im Markt der Pflegeprodukte speziell für ältere Frauen

mit 60 % Marktführer, deutlich vor dem wichtigsten Wettbewerber Beiersdorf mit 35 %.

• Der Erfolg der Dove pro•age-Pflegeserie beeinflusste signifikant den gesamten Dove-

Body-Care-Umsatz . Innerhalb eines Jahres stieg dieser um 72 Prozent.

• Durch die erfolgreiche pro•age-Kampagne konnte die Käuferreichweite von Dove um 36

Prozent gesteigert werden.

Grundlage für den schnellen Erfolg von Dove pro•age als zielgruppenspezifischer Produkt-

range ist nach Aussage von Kindler maßgeblich die konsequente Nutzung der renovierten

Dachmarke Dove in Verbindung mit dem prägnanten Gestaltungsformat („natürliche“ Frauen

als Key-Visuals). Diese hohe kommunikative Nähe auf Basis eines entsprechenden Sub-

Brandings entspricht im Hinblick auf den leistungspflegenden Charakter der neuen Produkte

den Empfehlungen, die u.a. ANDRESEN und NICKEL609 geben. Gleichzeitig warnen sie aber

wie ESCH auch 610vor Kannibalisierungseffekten, die mit solchen Produktvariationen einher-

gehen können. Dementsprechend besteht nach Meinung von Marktexperten für Dove perspek-

tivisch auch die Gefahr der Markenüberdehnung.611 Neben der Kannibalisierungsproblematik

ist zur abschließenden Kampagnenbeurteilung auch die Nachhaltigkeit des absatzpolitischen

Erfolges relevant.

Die Dove pro•age-Kampagne wurde mit dem Effie 2008 in Gold ausgezeichnet.

Fazit:

Die Dove pro•age-Kampagne ist eine Einführungskampagne für ein Low-Involvement-

Produktes. Mit der Line-Extension, die sich explizit an ältere Konsumentinnen richtet, stehen

zwar überwiegend Neukundinnen im Fokus, jedoch bestehen auch Überschneidungen mit der

bestehenden Kunden-Klientel, die bislang die altersunspezifischen Körperpflege-Produkte

gekauft hat. Vorrangige Kommunikationsziele sind die Bekanntheit, gefolgt von Präferenz.

Die Positionierung des Produktes zielt gemäß eines Low-Involvement-Produktes auf Emoti-

on.

Dementsprechend ist die Kampagnen-Botschaft in Verbindung mit „echten“ Frauen als Key-

Visuals hochemotional. Mediawerbung einen hohen, aber keinen absolut dominierenden An-

teil am Kommunikations-Mix, wobei TV als Leitmedium fungierte.

609 ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 776 610 ESCH, 2002, S. 203 ff.;siehe auch ESCH./FUCHS/BRÄUTIGAM ET AL:, 2005, S. 29 611 Vgl. dazu auch BERGMANN, 2007, S. 111

167

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden Budgethöhe hohes Budget Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Präferenz Positionierung Emotion Werbebotschaft/-stil emotional Stellenwert Mediawerbung hoch (70%) Leitmedium TV

Abbildung 28: Ausprägungen der Dove pro•age-Kampagne als Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.5 Kampagnen-Fallstudie Eucerin, Beiersdorf

Marketing-Situation

Eucerin gehört zu den Kernmarken612 des Konsumgüterherstellers Beiersdorf (5,1 Milliarde

Euro Jahresumsatz in 2006, 17.000 Mitarbeiter weltweit). Unter der Marke Eucerin vertreibt

Beiersdorf in Abgrenzung zum allgemeinen Körperpflegeangebot unter der Marke Nivea und

weiterer Marken seit mehr als 100 Jahren ein „medizinisches Hautpflegeprogramm“. Histori-

scher Ursprung einer breiten Endverbrauchervermarktung war das neutrale Waschlotion-

Produkt ph5, das bis heute zu den Produkt-Bestsellern von Eucerin gehört. Auf Grundlage des

„pH5“ Produktes wurde das Produkt-Portfolio vor etwa 10 Jahren (beginnend Ende 1996)

konsequent um Gesichtspflege-Produkte erweitert, deren jeweilige Zuordnung – genauso wie

die der übrigen Produkte des Eucerin-Sortimentes – in der Weise erfolgt, wie ein Hautarzt ei-

ne Indikation feststellt (gegen Altersfalten, gegen trockene Haut, gegen unreine Haut, für

(sonnen-)empfindliche Haut). Heute werden unter der Marke Eucerin insgesamt 92 Artikel

(35 Gesichtspflege- und Reinigungscremes, 29 Körperpflegeprodukte, 15 Körperreinigungs-

produkte, 12 Sonnenschutzprodukte sowie drei Deos) exklusiv über den Vertriebskanal Apo-

theke vertrieben. Eucerin verfügt bei der anvisierten Kern-Nutzerschaft mit regelmäßigen

oder gelegentlichen Hautproblemen, aber auch Problemhaut angesichts der funktionalen Be-

nefits der Produkte und einer langen Markentradition über eine hohe Loyalität und ausgepräg-

tes Vertrauen in die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Produkte.

In dieser Ausgangssituation war der Markt durch folgende Entwicklungen geprägt:

• Der Gesamtmarkt für Gesichtspflege-Produkte in der Apotheke (394 Mio. Euro zum vom

Hersteller vorgeschlagenen Verkaufspreis (EVP) Volumen im Jahr 2006 bei einem Ge-

samtvolumen des Körperpflege- und Kosmetikmarktes im exklusiven Verkauf in der Apo-

theke von ca. 830 Mio. Euro) stagnierte leicht. Ein Grund dafür ist, dass die traditionelle

Trennung zwischen den Absatzkanälen Apotheke und klassischer Handel zunehmend auf-

weicht und Marken, die aus dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Droge-

612 BEIERSDORF AG, 2007

168

riemarkt vertrieben werden, ebenfalls verstärkt medizinisch positionierte Konzepte und

Wirkversprechen anbieten.

• Gleichzeitig wuchs auf Verbraucherseite die Nachfrage nach wirkungsintensiveren Anti-

Aging-Produkten als Präventiv- oder Komplementäranwendung zu operativen Maßnahmen

deutlich.

• Andere Marken wie der Marktführer Vichy (vormals 40 % Marktanteil in der Gesichtspfle-

ge aus der Apotheke), La Roche Posay und Avène hatten gegenüber Eucerin bereits eine

lange Markentradition in der Gesichtspflege bzw. sind mit ihrem Kernsortiment aus der

Gesichtspflege hervorgegangen, während Eucerin seinen Ursprung in der Körperpflege und

-reinigung hat. Zudem war der Marktführer Vichy bereits mit Anti-Aging-Produkten er-

folgreich im Markt vertreten.

Im Teilmarkt der Anti-Aging-Gesichtspflege-Produkte war Eucerin bereits mit dem Produkt

Empfindliche Gesichtshaut Q10 Anti-Falten-Pflege sowie im Teilmarkt der Feuchtigkeits-

Aufbaupflege mit sieben weiteren Artikeln vertreten, die jedoch aufgrund ihrer Auslobung für

empfindliche Gesichtshaut von bestimmten Verbraucher-Zielgruppen im Bezug auf die Anti-

Aging-Leistung als weniger intensiv wirkend wahrgenommen wurden. Dadurch bedingt lag in

den Jahren bis etwa Ende 2004 der Marktanteil unter 10 % und Eucerin bis zu diesem Zeit-

punkt damit deutlich hinter den Wettbewerbern Vichy (40%) und Celyoung (9%). Dabei ge-

lang es Eucerin, seine Marktposition im Gesichtspflegemarkt kontinuierlich auszubauen, die

Marke stieß aber zunehmend an Potentialgrenzen.

Auf dieser Grundlage beschloss das Beiersdorf-Management, das bestehende Portfolio von

Eucerin im Bereich der Anti-Aging Gesichtspflege zu erweitern und damit die Gesamtpositi-

on im Apothekenmarkt der Gesichtspflege-Produkte zu stärken. Grundlage für die Einführung

eines neuen Produktes war die Weiterentwicklung von Hyaluronsäure in Verbindung mit Sa-

ponin als wirkungsvolles Anti-Faltenmittel. Dieser Wirkstoff war die Grundlage für die Ent-

wicklung der Eucerin Hyaluron-Filler-Creme, die 2006 sowohl in einer Tages- wie einer

Nachtpflegevariante eingeführt wurde. Mit einem Verkaufspreis von 19,95 Euro (für 50 ml

der Nachtpflegevariante) handelt es sich bei der Hyaluron-Filler-Creme neben der Anwen-

dungsrelevanz auch preislich um ein Produkt mit mittlerem bis hohem Involvement.

Werbestrategie:

Für die Einführungskampagne des Anti-Aging-Neuproduktes Eucerin Hyaluron-Filler wurden

dementsprechend Neukundinnen anvisiert. „Aufgrund des dezidierten Antifalten-

Wirkungsbezugs gibt es keine Überschneidung zu den Verwenderinnen bestehender Eucerin-

Produkte, deren jeweilige Wirk-/ Leistungsprofile deutlich andere sind“, so Georg Lutter,

Marketingleiter Eucerin. Lutter weiter: „Die große Herausforderung bestand für uns darin, die

Markenkompetenz von Eucerin im Bereich ‚medizinische Gesichtspflege’ um eine kosmeti-

sche Kompetenz zu erweitern, da die anvisierte Zielgruppe der ‚Anti-Age-Fighter’ ganz

169

überwiegend von kosmetisch geprägten Leistungsversprechen getrieben ist“. Voraussetzung

für den Erfolg war also ein Zusammenspiel von bestehender medizinischer Leistungsfähigkeit

und zu kreierender kosmetischer Begehrlichkeit.

Als absatzbezogene Kampagnenziele wurde folgende fixiert:613

• Erreichung eines Umsatzziels von 8 Mio. Euro zu EVP für Hyaluron-Filler im Jahr 2006;

• Umsatzwachstum im Gesamtsortiment Eucerin Anti-Age von 18 % (und somit deutlich ü-

ber dem Marktdurchschnitt von 9 %), davon mindestens 50 % durch Hyaluron-Filler;

• Wachstum im Bereich Anti-Aging deutlich über dem Marktdurchschnitt von 9 %.

Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Bekanntheit: 15 % gestützte Produkterinnerung Ende 2006;

• Image-Erweiterung: signifikante Steigerung der Imagewerte kosmetisch, innovativ, mo-

dern und anspruchsvoll, Level halten in den Bereichen medizinisch, kompetent, problem-

lösend und verantwortungsbewusst.

• Likability:

o Persuasionswert des TV-Spots über der Massenmarkt-Norm von 16 %;

o signifikante Steigerung von Relevant Set und First Choice der Marke Eucerin.

Lutter erklärt zur Zielgruppenspezifizierung: „Aus unserer Marktforschung haben wir gelernt,

im Bezug auf die Phänomene der Hautalterung und das damit einhergehende Verhalten von

Verbrauchern zwischen Acceptern und Fightern zu unterscheiden. Mit Eucerin Hyaluron-

Filler zielen wir auf die Gruppe der Anti-Age Fighter. Darunter verstehen wir Frauen, deren

wesentliches Problem darin besteht, dass sie sich noch lange nicht so alt fühlen, wie sie sind,

und sie wollen auch dementsprechend jünger aussehen. Altern ist für sie kein zu akzeptieren-

des Übel, sondern da, um bekämpft zu werden. Und das tun sie intensiv.“ Dies geschieht auf

alle erdenklichen und im Markt angebotenen Weisen wie z. B. durch die Injektion von die

Hautfalten aufpolsternder Mittel (ärztliche oder dermatologische Behandlung) oder durch die

Behandlung von Hautfalten durch das Auftragen von Kosmetikprodukten mit entsprechender

Wirkauslobung (kosmetische Behandlung).

Während der Einsatz von Injektionen von vielen Frauen der Zielgruppe noch gescheut wird,

gehört der regelmäßige Gebrauch von Kosmetik- und Pflegeprodukten zum Standard. Dabei

wurden bislang eher Marken mit von Verbrauchern eher als kosmetisch wahrgenommenem

Profil präferiert. Produkte, deren Positionierung aber stark von der Eignung für sensible Haut

und dementsprechend als besonders verträglich geprägt sind, werden hingegen in Bezug auf

die Anti-Aging Leistung als zu schwach und medizinische Produkte als nicht kosmetisch ge-

nug empfunden. „Dementsprechend stand die Zielgruppe den existierenden Anti-Aging-

Produkten der medizinischen Hautpflege-Marke Eucerin mit dem vorwiegend als besonders

613 GWA-Jahrbuch, 2007, S. 191

170

verträglich und der damit vermuteten geringeren Anti-Aging-Leistung als eher kritisch ge-

genüber“, so Lutter, „weil sie für die Faltenbekämpfung bislang nur mit der medizinischen

und kosmetischen Behandlung in der traditionellen Ausprägung vertraut waren.“

Werbetreibender Beiersdorf AG Branche Konsumgüter/Körperpflege Werbeobjekt Eucerin Hyaluron-Filler Objektcharakter mittleres bis hohes Involvement Kampagnenzeitraum Mai bis Dezember 2006 (sowie Fortsetzung in 2007) Kampagnenvolumen* ca. 6,2 Mio. Euro (Jahresvolumen 2006)

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 29: Kampagnen-Steckbrief Eucerin

Quelle: Eigene Darstellung

In der Kommunikation wollte man die medizinisch-dermatologische Herkunft von Eucerin

bewusst nutzen. „Deshalb lautete die Kernbotschaft, dass Eucerin Hyaluron Filler aufbauend

auf dem Prinzip wie die Hyaluronsäure-Behandlung beim Dermatologen funktioniert und die

Kundin quasi in Eigenbehandlung tiefe Falten dadurch bekämpft, dass die Creme zur Auf-

polsterung des Bindegewebes von innen führt“ , so Lutter. Das Neuprodukt sollte bewusst als

Ergänzung zur Injektionsbehandlung beziehungsweise als Alternative für alle Frauen, die ei-

nen Eingriff scheuen, positioniert werden. Lutter: „Wichtig war uns dabei, Eucerin Hyaluron

Filler nicht als Ersatz zur medizinischen Behandlung zu positionieren und damit den Derma-

tologen ihr Geschäft streitig zu machen, sondern das Produkt als die medizinische Behand-

lung ergänzende Pflege zu kommunizieren.“ Um die Alternativ- bzw. Komplementärfunktion

von Eucerin Hyaluron Filler zu verdeutlichen, wurde nach längerer interner Diskussion, in

den Print-Motiven (siehe Anlage) die Creme in Verbindung mit einer Injektionsnadel gezeigt.

Lutter: „Wir wollten damit die Alternativüberlegungen in den Köpfen derjenigen in der Ziel-

gruppe ansprechen, die eine Injektion beim Arzt (noch) scheuen“.

In der kreativen Umsetzung mussten dementsprechend die medizinische Leistungskraft von

Eucerin Hyaluron-Filler verdeutlicht werden als auch der Anti-Aging-Effekt als deren Ergeb-

nis. Lutter: „Bereits zu Anfang stand fest, dass die Kampagne über sehr viele Kanäle für un-

terschiedliche Zielgruppen zum Einsatz kommen sollte. Wir brauchten somit ein impact-

starkes Key-Visual als Kernelement einer starken visuellen und inhaltlichen Klammer, die ei-

nen integrierten Kampagnenauftritt garantiert.“ In Assoziation zur Gesichtsmarkierung bei der

klassischen Faltenbehandlung per Injektion wurde als Key-Visual ein Frauengesicht gewählt,

das an den entsprechenden kritischen Hautstellen mit Eucerin Hyaluron Filler „markiert“ ist

(siehe Anzeigenmotive in der Anlage). Mit dem Copy-Hinweis „Zum Patent angemeldet“,

sollte nach Lutter ein weiterer Hinweis auf die unternehmenseigene Forschungs- und Ent-

wicklungskompetenz gegeben werden.

171

Für den TV-Spot wurde gezielt das klare und saubere Sujet einer Dermatologen-Praxis ge-

wählt, um auch hier den medizinischen Bezug plakativ herauszustellen, gleichzeitig durch die

futuristischen Elemente aber auch den Innovationscharakter des Produktes herauszustellen.

Zur erfolgreichen Markteinführung des Produktes wurden neben den Konsumenten auch Apo-

theker und Dermatologen als wichtige Absatzmittler mit jeweils spezifischen Kommunikati-

onszielen und unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten (Infobroschüren, Give-

Aways) angesprochen. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Apotheken als Vertriebspart-

ner wurde etwa die Hälfte des Kampagnenbudgets in nichtmediale Kommunikationsinstru-

mente (Verkaufsförderung, Point of Sale) investiert. Innerhalb der medialen Instrumente war

TV mit einem Budgetanteil von 60 % eindeutig Leitmedium. Die übrigen 40 % wurden auf

Print verwandt.

Zielgruppen Kommunikationsziel Instrumente Konsumenten Awareness und Relevant Set TV, Anzeigen in Publikums-

zeitschriften (z. T. mit einge-klebten Proben), PR

Apotheker Information und Sales-Support Info-Flyer, Schulungsunterla-gen, VKF-Material (Thekenauf-steller, Sales-Folder ( u.a.m.)

Dermatologen Information (klinische Studien) Werblich aufbereitete Studien-ergebnisse zur Wirkungsweise in Verbindung mit Mailings

Abbildung 30: Zielgruppendifferenzierte Ansprache

Quelle: Eigene Darstellung

Kampagnenerfolg:

In Verbindung mit der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erreicht:

• Bekanntheit: 25 % gestützte Produkterinnerung Ende 2006. Damit lag die Bekanntheit 67

% über dem Zielwert von 15 % und fast auf dem Niveau der seit Jahren eingeführte pH5-

Pflegeserie von Eucerin (32 % gestützte Produkterinnerung). Parallel stieg die Kompe-

tenzzuweisung im Bereich „Faltenminderung“ für die Marke Eucerin von 2 % vor Start

der Kampagne auf 18 % zum Jahresende 2006.

• Image-Erweiterung: Alle relevanten Imagedimensionen konnten bei den Werbeerinnerern

um mindestens 30 % gesteigert werden. Dies entsprach dem Ziel einer signifikanten Stei-

gerung.

• Likability: Im Pretest erreichte der TV-Spot einen fast doppelt so hohen Persuasionswert

(dieser setzt sich aus einer Reihe von Einzelfragen zusammen, die kumuliert Aussagen zu

Produktakzeptanz/-glaubwürdigkeit und Kaufabsicht wiedergeben) wie die Referenz aus

dem Massenmarkt. Die Post-Messung bestätigte dieses Ergebnis: Konsumenten, die sich

an die Werbung erinnerten, zogen Eucerin mehr als doppelt so häufig in Betracht (Rele-

172

vant Set) beziehungsweise bevorzugten die Marke beim Kauf (siehe Abbildung). Das Ziel

einer signifikanten Steigerung in diesen Dimensionen wurde somit erreicht.

• Umsatzwachstum produkt- und segmentbezogen: Im Teilmarkt Anti-Aging-

Gesichtspflege realisierte Eucerin im Jahr 2006 ein deutlich marktüberdurchschnittliches

Wachstum. Während der Markt der Anti-Age-Produkte aus der Apotheke um 7,7 %

wuchs, wuchs Eucerin um 39,9 %. Damit wurde das Ziel von +18 % deutlich übertroffen.

Gleichzeitig resultierte das Wachstum zu 100 % aus der Neueinführung von Hyaluron-

Filler. Konsequenz: Sowohl das Tages- als auch das Nachtpflegeprodukt sind Ende des

Jahres 2006 die beiden erfolgreichsten Neueinführungen im Körperpflege- und Kosme-

tikmarkt aus der Apotheke.

• Eucerin konnte auf Grundlage des Neuproduktes seinen Marktanteil im Anti-Age-

Produktsegment der Apotheken von 12,5 auf 16,3 % ausbauen, während die restlichen

Wettbewerber signifikant Anteile verloren und an Eucerin abgeben mussten. Die Konse-

quenz daraus war: Eucerin rückte im Marktranking dieses Marktsegmentes von der dritten

auf die Position des Marktzweiten hinter dem Hauptwettbewerber vor.

Aufgrund dieser Erfolgswerte wurde die Kampagne mit dem Silber-Effie 2007 ausgezeichnet.

Der im Einführungsjahr 2006 erzielte Markterfolg wurde auch im Folgejahr auf Basis ent-

sprechender, deutlicher Umsatz- und Marktanteilssteigerungen fortgesetzt.

Generell ist bei der Bewertung des Kampagnen-Erfolges zu berücksichtigen, dass mit dem

beworbenen Produkt eine echte „New-to-the World-Produkt“ 614 vorlag, deren fundamentaler

Innovationscharakter an den vielen nachfolgenden, bis hin zu fast namensgleichen bzw. ähnli-

chen Imitationsprodukte der Wettbewerber abzulesen ist.

Fazit:

Bei der Kampagne zu Eucerin Hyaluron-Filler handelt es sich um eine Einführungswerbung

für ein „New-to-the World-Produkt“: Ein neues Produkt, basierend auf einer innovativen

Wirkstoff-Kombination, wird vom Hersteller Beiersdorf an einen Kundenkreis adressiert, den

man mit dieser Marke bislang kaum erreicht hat. Vorrangiges Kommunikationsziel ist die Be-

kanntheit, vor Image und Präferenz. Die Positionierung des Produktes zielt gemäß eines Pro-

duktes mit tendenziellem hohem Involvementcharakter auf eine Kombination aus Emotion

und Information. Dementsprechend ist die Kampagnen-Botschaft geprägt durch emotionale

und informative Inhalte. Mediawerbung hat im Fall der Eucerin Hyaluron-Filler-Kampagne

einen hohen, aber keinen absolut dominierenden Anteil am Kommunikations-Mix. Dies ist

insbesondere bedingt durch die spezifische Absatzstruktur (Vertrieb ausschließlich über Apo-

theken), wobei TV Leitmedium der Kampagne war.

614 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 17

173

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukt Zielgruppenfokus Fast ausschließlich Neukunden Budgethöhe höchstes Budget Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Image, Präferenz Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft/-stil Emotional und informativ Stellenwert Mediawerbung mittel (50%) Leitmedium TV

Abbildung 31: Ausprägungen der Eucerin-Kampagne als Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.6 Kampagnen-Fallstudie Touareg, Volkswagen

Marketingstrategie

Der Automobilhersteller Volkswagen verfügt über ein breites Portfolio an Marken und Mo-

dellen. Ende der neunziger Jahre wurden geländefähige Automobile, sogenannte SUVs

(Sports Utility Vehicles) bei den Autofahrern immer beliebter, so dass Volkswagen beschloss,

in diesem neuen, stark wachsenden Segment ein Premium-Modell zu platzieren.

Dabei war Volkswagen mit folgender Marktsituation konfrontiert:

• Intensiver Wettbewerb: Außer Audi (vergleiche Fallstudie zur Einführung des Q7) waren

alle klassischen deutschen Premium-Hersteller615 wie Mercedes-Benz (M-Klasse), BMW

(X5) bereits mit SUV-Modellen im Markt vertreten.

• Diskonformes Markenprofil: In dem neuen Automobil-Segment, dass von Marken wie

Mercedes-Benz und BMW geprägt worden war, musste die Traditionsmarke Volkswagen

als Marken-Absender für ein sportliches, geländefähiges Fahrzeug nach Aussage der

Kampagnen-betreuenden Agentur Grabarz & Partner „eher als ein Fremdkörper erschei-

nen“.616

Trotz dieser herausfordernden Ausgangssituation setzte sich Volkswagen zum Ziel, die

Marktführerschaft in diesem noch jungen Segment zu erreichen. Im November 2002 wurde

der Touareg als erster SUV von Volkswagen in Deutschland eingeführt. Die Unique Selling

Proposition (USP) des Automobils, die in der Einführungs-Kampagne kommuniziert wurde,

war nach Aussage von Grabarz & Partner der „drei Automobile in-einem“-Mehrwert. So ver-

bindet der Touareg nach Aussage von Volkswagen „den Luxus einer Oberklassen-Limousine

mit Leistungswerten auf Sportwagen-Niveau sowie mit authentischen Offroadfähigkeiten ei-

nes puren Geländewagens.“

615 ROSENGARTEN, STÜRMER, 2005, S. 19 ff. 616 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 39

174

Analog zu Audi (siehe Fallstudie zum Audi Q7) agiert Volkswagen bei der Einführung des

Touareg marketingstrategisch nach der Systematisierung von TOMCZAK ET AL.617 als

Trendsetter: Mit dem Eintritt in ein neues Marktsegment ist das zentrale Ziel der Neukunden-

Akquisition verbunden.

Werbestrategie:

Nach der erfolgreichen Markteinführung des Touareg wurde eine Folge-Kampagne initiiert,

die nach Aussage von Volkswagen vor allem darauf zielte, den enormen Starterfolg des High-

Involvement-Produktes auf Basis weiterer Neukunden konsequent auszubauen. Gewünschter

Nebeneffekt war gleichzeitig die kommunikative Loyalisierung der bereits gewonnenen Toua-

reg-Fahrer.

Werbetreibender Volkswagen AG Branche Automobilhersteller Werbeobjekt Touareg Objektcharakter High-Involvement Kampagnenzeitraum August bis Dezember 2004 Kampagnenvolumen keine Angaben

Abbildung 32: Kampagnen-Steckbrief Touareg

Quelle: Eigene Darstellung

Für diese „Follow-up-Kampagne“618 im Sinne einer weiteren Marktpenetration setzte sich

Volkswagen laut folgende absatzpolitische Ziele:

• Ausbau der bestehenden Marktposition auf Basis des Marktanteils;

• signifikant höhere Absatz-Steigerung des Wettbewerbs als beim Kernwettbewerb;

• Fernziel: Marktführerschaft .

Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Deutlich überdurchschnittliche Leistungswerte (mehr als 20 %) bei Kampagnen-

Bekanntheit sowie –erinnerung,

• Spitzenposition bei der Modellbekanntheit,

• Verbesserung des Gesamtimages im Vergleich zum gesamten Wettbewerb.

Mit dem Touareg spricht Volkswagen laut Grabarz & Partner eine für die Marke VW noch

neue Zielgruppe an: „Unternehmer und Freiberufler, die selbstbewusst ihren eigenen Fähig-

keiten vertrauen. Sie gehören einer neuen Unternehmergeneration an, sind erfolgreich, mo-

dern, visionär, technisch interessiert und aufgeschlossen. Sie sind viel unterwegs – beruflich

wie auch privat. Das bewußte Ausleben ihrer Persönlichkeit und Überlegenheit, beziehungs-

weise die Möglichkeit es zu tun, steht für sie im Vordergrund. Sie stellen bewusst exklusive 617 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2005, S. 28 618 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 40

175

Ansprüche, um auch ihre Persönlichkeit und Überlegenheit gegenüber anderen zu beto-

nen.“619 In soziodemografischen Merkmalen klassifiziert ist die Zielgruppe für den Touareg

zu 88 % männlich, im Durchschnitt 45 Jahre alt, in großer Mehrheit (90 %) verheiratet mit

Kindern, verfügt über eine hohe Bildung, ein überdurchschnittlich hohes Haushalts-Netto-

Einkommen (monatlich 7000 Euro) und lebt in einem Mehrwagenhaushalt (85 %).

Grundlage für die Kreativstrategie war – analog zur Einführungswerbung – die „Drei-

Automobile-in-einem“-Positionierung: Alle Kommunikationsmittel und -maßnahmen insze-

nierten die einzigartigen (‚uniquen’) Onroad-, Offroad- und Luxusqualitäten des Touareg.

Damit knüpft die Kreation der Follow-up-Kampagne an die der Einführungskampagne an.

Die Komplexität des Touareg und die entsprechenden Kommunikationsinhalte werden im

Print durch die Darstellung als mathematische Summen-Formel wiedererkennbar geklammert.

Ergebnis der Formel bleibt stets der Volkswagen Touareg selbst, beziehungsweise ein Ange-

bot, das nur er bieten kann.

Gegenüber der Einführungskommunikation erfolgte laut Grabarz & Partner in der Follow-up-

Phase folgende Modifikation: „Es wird weniger erklärt und bewiesen. Der Touareg kann

selbstbewußter als bisher kommunizieren und deutlich mehr Charakter und Persönlichkeit

zeigen. Er ist als Ausnahme-Automobil positioniert und hat seine technische Überlegenheit in

fast jedem Automobiltest bewiesen, zu dem er angetreten ist. Nun gilt es, sein Image zu schär-

fen und seine Marken-Gene zu betonen, um ihn so vom Wettbewerb zu differenzieren.“620

Dementsprechend basiert die kommunikative Positionierung auf eine Kombination aus Emo-

tion und Information. Die Werbebotschaft gewinnt gegenüber der Einführungswerbung deut-

lich an Emotionalität: Die neuen Motive sind emotionaler und humorvoller, um den Touareg

„anfassbarer und authentischer“ erscheinen zu lassen. Die Tonalität der Follow-up-

Kommunikation sei somit insgesamt menschlich und sympathisch, „ohne die Hochwertigkeit

und Souveränität zu vernachlässigen“, so Grabarz und Partner. Kreative Leitidee war dement-

sprechend: In jeder Situation überlegen“. Das übergreifende und verbindende Element der

Überlegenheit des Touareg wurde so zum Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Aktivität.

Leitmedium im Media-Mix vor allem für die Vertiefung der Werbebotschaft war Print. Dafür

wurden ganz- bzw. doppelseitige Anzeigen in ausgewählten Publikumszeitschriften der Au-

tomobil- und Nachrichtenpresse geschaltet. Zusätzlich wurden Sondermotive platziert (z. B.

Kommunikation von Leserwahl- und Testsieg-Ergebnissen) und Schaltungen in den überregi-

onalen Tageszeitungen sowie Special-Interest-Titeln. Parallel dazu wurde zum emotionalen

Ausbau und Stärkung des Images als „Ausnahme-Automobil“ TV-Spots geschaltet. Als wei-

tere Media-Maßnahmen wurden Plakate in Sonderformaten an Flughäfen und Bergbahnen ge-

schaltet. Konkrete Angaben zur Verteilung des Kampagnen-Budgets auf die einzelnen Kom-

munikationsinstrumente wurden von Volkswagen nicht gemacht.

619 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 27 620 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 29

176

Kampagnenerfolg:

Die angestrebten Ziele wurden im Zuge der Kampagne erreicht:

• Signifikant höhere Zulassungszahlen als der Wettbewerb: Während die Zulassungszahlen

für den Touareg in 2004 gegenüber dem Vorjahr um 210 % stiegen, entwickelte sich der

Kernwettbewerb deutlich schwächer (BMW X5 plus 15 %, Mercedes M-Klasse minus

16,3 %).

• Signifikant höheres Marktanteilswachstum als der Wettbewerb: Der Marktanteil des Tou-

areg wächst in 2004 um 4,8 % auf 10,2 % Marktanteil insgesamt. Das ist eine Steigerung

von über 82 % und entspricht fast einer Verdoppelung des 2003er Wertes. Der Kern-

Wettbewerb verliert dagegen Marktanteile (BMW X5 minus 0,1 %, Mercedes M-Klasse

minus 3,1 %).

• Fernziel Marktführerschaft: Mit einem Marktanteil von 10,2 % liegt der Touareg nach

weniger als drei Jahren Marktpräsenz zusammen mit dem BMW X5 auf Platz 1 in seinem

Automobilsegment.

• Mit einem Bekanntheitswert von 47 % liegt die Touareg-Kampagne im Dezember 2004

deutlich vor den Werten der Wettbewerber. Zudem konnte die Bekanntheit gegenüber

dem Startwert im August (33 %) um 42 % gesteigert werden.

• Auch die Erinnerungswerte liegen über den Zielvorgaben: Mit zielgruppenspezifischen

Werten von 58, 66 bzw. 70 % (zu unterschiedlichen Meßzeitpunkten) liegt sie deutlich

über dem jeweiligen Wettbewerbsdurchschnitt (zwischen 48 und 51 %).

• Bei den sogenannten Main-Impressions (z. B. „Easy to understand“) aus dem ATP-

Tracking des Marktforschungsinstituts Millward Brown übertraf die Touareg-Kampagne

ebenfalls den Wettbewerb.

• Bei Abfrage der ungestützten Bekanntheit bestätigte der Touareg mit einem Wert von 26

% seine Spitzenposition als bekanntestes Modell im Gesamtmarkt der Geländewagen (in-

klusive SUVs und Premium SUVs).

• Eine Verbesserung des Gesamtimages wird laut Volkswagen bestätigt durch den 1. Platz

bei der Leserwahl der Fachzeitschrift „Auto Motor Sport“ für „Die besten Autos“. Wäh-

rend der Touareg gegenüber den Vorjahren den Grad der Zustimmung kontinuierlich er-

höhen konnte, sank er bei den Kern-Wettbewerbern Mercedes M-Klasse und BMW X5

deutlich.

Bei der Bewertung dieser Erfolgswerte sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• Aufgrund seiner deutlich späteren Markteinführung konnte sich der Touareg gegenüber

den Wettbewerbern mit reiferen SUV-Modellen durch einen höheren Technologie-

Standard profilieren.

• Die Vertriebsmacht des Marktführers Volkswagen ermöglicht eine generell höhere

Marktpenetration.

177

Fazit:

In der Grundstrategie ist die Touareg-Kampagne eine Expansionswerbung. Aufbauend auf

den Erfolg der Einführungskampagne fokussiert die Kampagne vorrangig auf den Zugewinn

weiterer Neukunden, ergänzt durch das Ziel, bestehende Kunden an die Marke und das Pro-

dukt zu binden. Die kommunikative Positionierung ist konsistent mit der Einführungskam-

pagne, wobei der strategische Fokus auf der weiteren Imageprofilierung des neuen Sportwa-

gen-Modells von Volkswagen liegt. Print hat im Media-Mix eindeutig Leitmediums-

Funktion.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Bestandsprodukt Zielgruppenfokus überwiegend Neukunden Werbebudget Keine Angaben Kommunikative Werbeziele Image, Präferenz Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft informativ Stellenwert Mediawerbung sehr hoch Leitmedium Print

Abbildung 33: Ausprägungen der Touareg-Kampagne als Expansionswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.7 Kampagnen-Fallstudie Balisto, Mars

Marketingstrategie

Der Konsumgüterhersteller Mars (1,3 Mrd. Euro Jahresumsatz in Deutschland, ca. 1.900 Mit-

arbeiter) ist mit einem Marktanteil von 30 % knapper Marktführer im deutschen Schokorie-

gelmarkt vor Ferrero (28,3 %), Nestlé (7,8 %) und Kraft Jacobs Suchard (3,5 %). Zum Scho-

koriegel-Portfolio von Mars gehört neben Klassikern wie u.a. Mars, Twix, Snickers und

Bounty auch Balisto. Der Getreideriegel mit Schokoladenüberzug wurde 1981 in Deutschland

eingeführt. Aktuell ist Balisto erhältlich in den Varianten Müsli-Mix (grüne Verpackung),

Korn-Mix (orange Verpackung) und Joghurt-Beeren-Mix (lila Verpackung), Wichtigster

Wettbewerber zu Balisto ist das 1989 eingeführte Produkt Kinder-Country des italienischen

Süßwaren-Produzenten Ferrero.

Die Marktsituation im deutschen Schokoriegel-Markt ist geprägt durch folgende Entwicklun-

gen:

• Absatz und Umsatz der klassischen 50 bis 60-Gramm Schokoriegel gehen dramatisch zu-

rück (Minus 3 % in 2005). Der Grund dafür: Sie stecken in einer „Sandwich-Position“

zwischen den 100-Gramm Tafeln (insbesondere Premium-Produkte von Lindt), die vom

Verbraucher als vollwertiger Schokoladengenuß wahrgenommen werden und den als

178

leichter und gesünder wahrgenommenen Schokosnacks (weniger als 30 Gramm mit als

gesund ausgelobten Inhaltsstoffen wie Milch und Cerealien);

• die Nachfrage der Verbraucher nach nachgewiesen vollwertigen und gesunden Süßwaren

ohne Genusseinbuße wächst;

• Mars-Wettbewerber wie insbesondere Ferrero führen in kurzer Frequenz neue innovative

Schoko-Snack-Produkte mit hohen Werbevolumina in den Markt ein. So war das Werbe-

volumen des Hauptwettbewerbers Ferreo in 2005 mit 245,4 Mio. Euro gegenüber dem

von Mars (101,5 Mio.) um das 2,4fache größer.

Von dieser Entwicklung ist insbesondere das Mars-Produkt Balisto betroffen. Das Produkt

war „in die Jahre gekommen und wird als verstaubtes Produkt der Achtziger wahrgenom-

men“621. Die Werbebilder früherer Kampagnen (Leitmotive Kornfeld und Heuwagen) prägen

das Öko-Image des Produktes. In der Vorstellung der Nichtverwender schmeckt Balisto „stau-

big und trocken“622. Dementsprechend gingen Absatz und Umsatz (12,2 % Rückgang im ers-

ten Halbjahr 2005 gegenüber dem gleichen Vorjahres-Zeitraum) des „verstaubten Öko-

Riegels“623 innerhalb der letzten Jahre deutlich zurück. Vor der Kampagne fanden bereits seit

einiger Zeit keine nennenswerten werblichen Aktivitäten mehr statt.

Mars beschließt in dieser Situation einen Relaunch von Balisto, ohne das jedoch dass Produkt

in seinen funktionalen Eigenschaften (Gewicht, Form, Geschmack, Inhaltsstoffe, Verpa-

ckung) verändert werden soll. Somit ist ein rein kommunikativer Relaunch geplant. Das

schränkte den Spielraum für die kreative Umsetzung zwangsläufig ein. „Wir hatten auch an-

sonsten im Marketing-Mix außer der Kommunikation keine entscheidenden Stellschrauben,

an denen wir hätten drehen können“, so Malte Dammann, kampagnenverantwortlicher Marke-

ting Director Snackfood bei Mars.

Mit dieser Strategie der kommunikativen Leistungspflege zur Akquise von Neukunden des

Low Involvement-Produktes agiert Mars marketingstrategisch als Multiplizierer.

Werbetreibender Mars Deutschland GmbH Branche Lebensmittel Werbeobjekt Balisto Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Mai 2005 bis heute Kampagnenvolumen* 5 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 34: Kampagnen-Steckbrief Balisto

Quelle: Eigene Darstellung

Werbestrategie:

621 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 32 622 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 108 623 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 109

179

Balisto soll als bestehendes, seit fast 25 Jahren im Markt etabliertes Produkt, kommunikativ

repositioniert werden, um neben den massiv zurückgegangenen loyalen Stamm-Nutzern Neu-

kunden, von denen einige in der Vergangenheit bereits Nutzer waren, (zurück) zu gewinnen.

Gleichzeitig soll die Loyalität der bestehenden Verwender nachhaltig gestärkt und ihre Nut-

zungsfrequenz erhöht werden. Der Zielgruppen-Fokus der Kampagne liegt zunächst auf der

ehemaligen Stammkunden-Klientel. „Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass bei unseren

Low-Involvement-Artikeln maximal ein Drittel der aktuellen Konsumenten loyale Stamm-

kunden sind. Die übrigen zwei Drittel müssen durch einen hohen Werbedruck permanent neu

gewonnen werden“, so Dammann. Dementsprechend lag der Kampagnenfokus auf der Neu-

kunden-Ansprache im Sinne einer „Reaktivierung von Alt-Verwendern (lapsed user)“, wobei

jedoch ein komplementäres Ziel die Ausschöpfung der bestehenden Kunden im Sinne einer

höheren Kauffrequenz war.

Als übergeordnetes Absatzziel für den Turnaround von Balisto wurde vorgegeben:

• Umsatzsteigerung bis Ende 2005 von 20 %, wofür eine Steigerung des Marktanteils um

10 % Prozent notwendig war.

• Daraus leiteten sich als entsprechende kommunikative Kampagnen-Ziele folgende ab:

• Awareness-Steigerung: Mindestens Verdoppelung der ungestützten Werbeerinnerung von

3 % vor Kampagnenbeginn.

• Imageoptimierung: Verbesserung um durchschnittlich 20 % (Grad der Zustimmung) in

den relevanten Imagedimensionen (Qualität und Wertigkeit des Produktes sowie Loyalität

und Identifikation mit der Marke).

• Rückkehr ins Relevant Set: Steigerung der Kaufrelevanz um mindestens 20 % und Ver-

doppelung der Probierrate („Balisto gekauft innerhalb der letzten vier Wochen?“) von ak-

tuell 1 % in der Gesamtbevölkerung und 2 % in der Kernzielgruppe.

Die Balisto-Kernzielgruppe wurde als generell jünger (zwischen 15 und 30 Jahren), ernäh-

rungsbewusster und primär weiblich identifiziert. „Unsere Marktforschung hat ergeben, dass

es weniger klassische soziodemografische Merkmale sind, die den Balisto-Konsumenten cha-

rakterisieren, sondern ein spezifischer Lebensstil“, so Dammann.

So zeichnet sich die Zielgruppe durch einen aktiven und optimistischen, aber auch entspann-

ten („alles in Balance“) und natürlich-authentischen Lebensstil aus. „Die qualitative Markt-

forschung hat ergeben, dass es bei den Verwendern eine ausgesprochene Identifikation mit

und Leidenschaft für ihre jeweilige Balisto-Lieblingsvariante gibt“, so die verantwortliche

Plannerin Maren Jens bei der betreuenden Agentur Scholz & Friends. Dementsprechend wa-

ren Aussagen wie „Ich bin Grün“, „Ich bin Orange“ bzw. „Ich bin Lila“ zentrale Verbraucher-

Statements in den Fokusgruppen. „Diese Erkenntnis bildete für unsere werbestrategische Pla-

nung das maßgebliche Kern-Insight für eine Kampagne, die der Zielgruppe eine hohe Identi-

fikationskraft bieten sollte“, so Jens weiter.

180

„Ziel der Kampagne war es, die Marke Balisto zu entstauben und idealerweise darüber hinaus

den Grundstein für ein langfristig tragfähiges Markenfundament als Plattform für alle Folge-

kampagnen zu legen“, so Dammann. Balisto sollte (wieder) für einen bewussten, genussvol-

len, modernen Snacking-Stil stehen, mit dem sich die Zielgruppe wirklich identifizieren kann.

Dazu musste ein aufmerksamkeitsstarker Weg gefunden werden, der die kommunikative Posi-

tionierung „Natürlichkeit“ eher implizit, spielerisch, aber nicht belehrend inszeniert.

Maren Jens zur Kampagnenidee: „Unsere Kreativ-Idee zu dieser Kampagne war eben einfach

wie effizient: Natürliche, junge Menschen, nur mit einem Balisto in der Hand, bekennen in

einem sehr reduzierten Umfeld (Hintergrund in den Kernfarben der Balisto-Sorten): ’Natür-

lich nasch’ ich.’“ Somit waren das Bekenntnis in Claim-Form und der Balisto-Farbcode die

zwei zentralen Säulen des Kreativ-Ansatzes:

1. Der Claim „Natürlich nasch’ ich“: Durch den Claim wird die Markenbotschaft auf den

Punkt gebracht: Die Testimonials der Kampagne bekennen sich zum natürlichen Naschen

und gleichzeitig zu Balisto. Der Claim bringt fokussiert die Botschaft der Kampagne auf

den Punkt und zeichnet sich dabei laut Jens durch eine „charmante Doppeldeutigkeit aus,

die ihm das Potential verschafft zum geflügelten Wort zu werden: Das Bekennertum zum

Naschen generell und die Art und Weise, wie Naschen heute sein muss und von Balisto

angeboten wird – eben natürlich.“

2. Der Farbcode: Der neue Werbeauftritt von Balisto zeichnet sich durch eine dominante

konsequente Einheitlichkeit der Farbgebung vom jeweiligen Testimonial, Umfeld und

Produkt aus. „So wurde in stringenter Weise der identifizierte Insight ‚Ich bin Grün’ um-

gesetzt und gleichzeitig eine unique und differenzierende Markensprache für Balisto ent-

wickelt“, so Jens weiter.

Das Kampagnenkonzept beinhaltete laut Jens folgende strategische Überlegung: „Die Kam-

pagne hebt sich für den Verbraucher sichtbar von den klassischen Genuss-Szenen traditionel-

ler Food-Werbung ab. Das garantiert ihr bereits eine höhere Aufmerksamkeit.“ Aus der Krea-

tivstrategie resultierte bereits eine Präferenz für Print als idealem Trägermedium. Neben der

Kreation war Differenzierung auch das Leitmotiv für die Media-Auswahl. „Wir haben uns,

was ungewöhnlich ist für Schokoriegel-Werbung, dafür entschieden, einen deutlichen Media-

Schwerpunkt auf Print zu legen“, so Dammann. So wurde 50 % des Media-Budgets in Print

investiert. Daneben spielte Plakatwerbung (10% Budgetanteil) eine Rolle. Grundlage dieser

Strategie war jedoch auch eine budgetäre Restriktion: Angesichts des in der Ausgangssituati-

on niedrigen und gleichzeitig stagnierenden Umsatzvolumens von Balisto stand mit einem

Umsatzanteil von 10-15 % ein zunächst mit fünf Mio. Euro Brutto-Werbevolumen niedriges

Budget (weniger als 1,5 % des Gesamt-Werbevolumens im deutschen Schokoriegel-Markt)

zur Verfügung. „Das schloss zunächst den umfangreichen Einsatz von TV-Werbung

schlichtweg aus“, so Dammann.

Ein inhaltliches Argument für Print neben Differenzierung und Budgetrestriktionen war, dass

die vorrangig weibliche Zielgruppe durch ein ausgewähltes Printumfeld rund um das Thema

181

„Frauen/Wohlfühlen/Wellness“ gezielt angesprochen werden konnte. TV war zwar als flan-

kierendes Medium in der Kampagnenplanung angedacht, bekam aber nach dem deutlichen

Anfangserfolg budgetär noch eine größere Bedeutung, so dass es bezogen auf das erste Kam-

pagnenjahr einen Budgetanteil von 40 %, in den Folgejahren von 60 % hatte. Dammann: „Wir

sahen nach den guten Zwischenergebnissen von Print die Chance, mit der hohen Reichweite

und Aufmerksamkeitsstärke von TV die erzielten Effekte noch deutlicher zu multiplizieren.“

Auch für die Umsetzung von TV galt die Grundbedingung Budgetrestriktion in Verbindung

mit dem Ziel Differenzierung. So wurden statt eines klassischen 30-Sekunden-Spots 7-

Sekunden-Kurzformate ausgestrahlt, die ob ihrer Kürze und Gestaltung in der Konsumenten-

wahrnehmung analog zum Print-Auftritt auftraten und dessen Botschaft somit zusätzlich ver-

stärkte. Durch die Verwendung von drei Einzelspots (jeweils in Balisto-grün, -orange und -

lila), die innerhalb eines Werbeblocks geschaltet wurden, wurde die gesamte Produkt-Range

und der Kampagnen-Insight zusätzlich penetriert.

Kampagnenerfolg:

Die Kampagne erfüllte die gesetzten Ziele in folgender Weise:

• Schneller und hoher Awareness-Aufbau:

o Die ungestützte Bekanntheit stieg im Vergleich zum Vorjahr von 3 % auf 9 %

(+200%) und lag damit deutlich über dem Ziel der Verdoppelung (6 %).

o Die gestützte Werbeerinnerung lag mit 83 % deutlich über dem Durchschnitt anderer

Kampagnen mit 63 % (+31,7 %). Ebenfalls überdurchschnittlich war die Bewertung

der Originalität der Kampagne: 70 % gegenüber durchschnittlich 50 % bestätigten die

Aussage „Die Idee ist originell“.

• Deutliche Verbesserung des Markenimage: Das Balisto-Image konnte in den entscheiden-

den Dimensionen der Markenbindung (Loyalität und Identifikation mit der Marke) und

der Kategorietreiber (wahrgenommene Qualität und Wertigkeit/Preiswürdigkeit) um 27

bis 83 % verbessert werden. Angestrebt war ein durchschnittlicher Zuwachs von 20 %.

• Anstieg der Kaufabsicht: Dank der aufmerksamkeits- und imagestarken Kampagne stieg

die Kaufabsicht bei den Konsumenten gegenüber dem Vorjahr insgesamt um 50 % (von

12 % auf 17 %) bzw. um 35 % in der Kernzielgruppe (von 17 % auf 23 %).

• Steigerung der Probierrate: Die tatsächliche Probierrate („Balisto gekauft innerhalb der

letzten vier Wochen?“) stieg in der Gesamtbevölkerung von 1 % auf 4 % (+ 300%), in der

Kernzielgruppe von 2 % auf 5 % (+150 %).

• Deutlicher Absatzeffekt: Der Balisto-Absatz stieg um 57,9 % im 2. Halbjahr 2005 gegen-

über dem Vorjahreszeitraum.

• Deutlicher Umsatzeffekt: Der Balisto-Umsatz stieg während der Kampagne um 65 %,

wobei das angestrebte Umsatzwachstum um plus 20 % bereits während des ersten reinen

Print-Flights erzielt wurde, der nachfolgende Einsatz der TV-Mini-Spots dann jedoch für

182

einen zusätzlichen Steigerungseffekt gesorgt hat: „Die nervten die Leute offensichtlich

nicht, sondern sorgte für eine positive Awareness“, so Jens.

• Steigerung des Marktanteils: In Konsequenz der deutlichen Absatz- und Umsatzeffekte

stieg der Balisto-Marktanteil im Schokoriegel-Markt von 3,2 % vor Kampagnenstart um

über 26 % auf 4,0 % nach den ersten sechs Kampagnen-Monaten und lag somit deutlich

über dem Jahresziel von 3,5 %.

„Der überdurchschnittliche Turnaround-Erfolg der Balisto-Relaunch-Kampagne hat uns ge-

zeigt, dass wir mit Balisto einen Juwel im Portfolio hatten, der nur aufpoliert werden musste“,

so Dammann.

Aus strategischer Sicht sieht er für den Erfolg zwei wichtige Faktoren:

• Der allgemeine Bio-/Wellness-Trend;

• Die im Produkt vorhandenen Inhaltsstoffe (Getreide) zur Adressierung dieses Trends.

„Uns kam beim Start des kommunikativen Relaunches von Balisto die allgemeine Orientie-

rung in Richtung gesunder, aber genussreicher Ernährung sehr entgegen“, erklärt Dammann.

Gleichzeitig hatten wir glücklicherweise mit Balisto das richtige Ausgangsprodukt für diesen

Trend im Portfolio.“ Konsumententests hätten gezeigt, dass gerade der deutlich identifizierba-

re Geschmack von Keks und Früchten dem neuen Bedürfnis nach Natürlichkeit in idealer

Weise entsprochen hätten.

Aus kommunikativer Sicht besteht die zentrale Erfolgsformel der Balisto-Kampagne nach

Meinung von Plannerin Jens in der konsequenten Umsetzung des Meta-Ziels „Differenzie-

rung“ auf drei Ebenen:

1. Strategie: Offensiv-konsequente Bekennerkampagne („Natürlich nasch’ ich“);

2. Kreation: Konsequente Reduktion bzw. Prägnanz (Testimonials, Produkt, Sorten-

Farbcode);

3. Media: branchen-nonkonformer Media-Mix (Fokus auf Print statt TV).

„In der Entwicklungsphase der Kampagne hatten wir sehr intensive Diskussionen darüber, ob

die Fokussierung auf den Produktfarbcode in Verbindung mit der nur verbal kommunizierten

rationalen Botschaft ausreichend ist“, so Jens. Letztlich sei man jedoch mutig genug gewesen,

die Kampagne „ungetestet und unverwässert“ mit der Konzentration „auf eine prägnante

Kernbotschaft“ zu schalten.

Neben den deutlichen übertroffenen Performance-Kennzahlen wertet man es auch als Erfolg,

dass die für den deutschen Markt konzipierte Kampagne für andere europäische Märkte adap-

tiert wurde. Als Bestätigung für die Richtigkeit und den Erfolg der Kreativstrategie wird au-

ßerdem gewertet, dass der Wettbewerber Ritter Sport zentrale Kampagnenprinzipien in seiner

aktuellen „Ritter Sport-Freunde“-Kampagne adaptiert hat und Marktführer Ferrero sich in ei-

183

ner neuen Kampagne zu „Kinder bueno“ explizit an die Balisto-Kernzielgruppe junger er-

wachsener Frauen wendet.

In der aktuellen Fortsetzung der Kampagne wird auf Basis der kreativen Plattform (Farbco-

dierung, Modelle, Claim) die Relaunch-Botschaft in Richtung der gesunden Inhaltsstoffe evo-

lutionär spezifiziert.

Mit einer Nominierung für den Effie 2006 wurde der Kampagnenerfolg auch von externer

Expertenseite gewürdigt. Dr. Jörg Goll, Unternehmensberater, Effie-Jury-Mitglied und früher

selbst Werbeverantwortlicher für Balisto bestätigt den Relaunch-Erfolg: „Die Konsequenz der

Verantwortlichen war die Voraussetzung für die Deutlichkeit der erzielten Zielwerte.“

Fazit:

Die Balisto-Kampagne ist zu überwiegenden Teilen eine Expansionswerbung, da mit einem in

seiner kommunikativen Leistung (Image) gepflegten Produkt – angesichts eines fortgeschrit-

tenen Stagnationsprozesses – überwiegend Neukunden gewonnen werden sollten. Gleichzeitig

ist mit der Kampagne auch eine Ansprache der Bestandskunden verbunden, die loyalisiert

werden sollen, indem ihre Kauffrequenz gesteigert wird. Damit verdeutlicht die Balisto-

Kampagne exemplarisch für jede Form der Expansionswerbung den Umstand, dass allein

aufgrund des Reifegrades der Produkte die Bestandskunden-Ansprache – qua bestehender

Kundenbasis – automatisch immer eine Rolle spielt. Gleichzeitig verdeutlicht dies aber auch

eine generelle Abgrenzungsproblematik: Wann ist ein Kunde noch ein Bestandskunde? Wann

nicht mehr?

Bei den Kampagnen-Zielen haben Imagekorrektur und -verbesserung einen deutlich höheren

Stellenwert gegenüber der Bekanntheit. Analog zu anderen Low-Involvement-Produkten

flankieren sie kurzfristige signifikante Absatzerfolge.

Generell wird an der Balisto-Kampagne folgender signifikanter Unterschied zu anderen ex-

pansiven Werbestrategien deutlich: Grundlage der Kampagne ist eine kommunikative Leis-

tungspflege (Relaunch), um Kunden- und daraus resultierende Absatz- und Umsatzverluste

expansiv zu kompensieren. Die Balisto-Kampagne unterscheidet sich somit fundamental von

einer Expansionswerbung, die auf eine erfolgreiche Einführungskampagne folgt (siehe Fall-

studie Rama Cremefine) und das Ziel hat, den bereits erzielten Erfolg konsequent zu verlän-

gern. Als kommunikative Relaunchkampagne weist der Balisto-Case folgende Spezifika auf:

• deutlich veränderte kommunikative Positionierung (Balisto – der natürliche Schokoriegel)

bei Beibehaltung des bestehenden Produktes;

• deutlich veränderte Art der Konsumenten-Ansprache (rationale Werbebotschaft statt vor-

mals emotionale);

• Einführung einer neuen, auffälligen Formsprache (Sorten-Farben als Key-Colours) als

Kampagnen-Klammer;

184

• Mediawerbung hat im Fall der Balisto-Kampagne im Vergleich zu den anderen expansi-

ven Kampagnen einen sehr hohen Anteil am Kommunikations-Mix, wobei Print als Leit-

medium fungiert. Der Grund für den hohen Mediaeinsatz liegt zu einen darin, dass es sich

um ein Low-Involvement-Produkt handelt, für dessen Bewerbung andere Kommunikati-

onsinstrumente deutlich weniger relevant und wirkungsvoll sind und zum anderen das

Produkt vor der Kampagne für einen längeren Zeitraum keine werbliche Präsenz hatte,

was die Notwendigkeit eines reichweitenintensiven Auftritts sicherlich verstärkte.

Diese besonderen Spezifika im Vergleich zu den anderen untersuchten expansiven Kampag-

nen legen eine Differenzierung von Expansionswerbung als möglicher Werbestrategie-

Archetyp nahe.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Bestandsprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden Kommunikative Werbeziele Image, Präferenz Positionierung Emotion Werbebotschaft informativ Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (100%) Leitmedium Print

Abbildung 35: Ausprägungen der Balisto-Kampagne als Expansionswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.8 Kampagnen-Fallstudie Rama Cremefine, Unilever

Marketingstrategie

Der internationale Konsumgüterhersteller Unilever verfügt über ein breites Portfolio von Le-

bensmittelmarken, zu denen u.a. auch der Margarine-Klassiker Rama gehört. Rama ist mit ei-

nem Marktanteil von 23 % immer noch mit deutlichem Abstand Marktführer.

Jedoch war Unilever im Bezug auf Rama in den vergangenen Jahren mit folgender Marktent-

wicklung konfrontiert:

• Die Nachfrage der Konsumenten nach Margarine sinkt deutlich und seit Jahren,

• Preisgünstigere Handelswaren gewinnen bei den Konsumenten zunehmend in der Kauf-

präferenz.

Konsequenz für Rama: Absatz und Umsatz gingen in den letzten Jahren deutlich zurück (Zah-

len?). Das Rama-Image wirkte „verstaubt“624. In dieser Ausgangssituation entschloss sich U-

nilever zu einer Markendehnung von Rama in Richtung eines neuen Sortimentsfeldes. Im Ap-

624 JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 78

185

ril 2004 wurde der Subbrand „Rama Cremefine“ als ist die leichte Alternative zu Sahne,

Crème fraîche und Co. gelauncht. Rama Cremefine wird in vier Produkt- bzw. Anwendungs-

varianten (zum Schlagen, zum Kochen, zum Verfeinern sowie als Vanille-Version zum Ver-

süßen) angeboten. „Neu an dem Produktkonzept ist, dass Produkt- und Anwendungsvariante

identisch sind. Der Konsument weiß bei der Auswahl explizit, welche Cremefine für welches

Gericht ideal ist“, so Rama Brand-Managerin Anke Fydrich. Funktionaler Benefit des inno-

vativen Produktes ist die Zusammensetzung aus pflanzlichen Fetten und Milch, die mit 15 %

einen deutlich niedrigeren Fettgehalt als herkömmliche Schlagsahne oder Crème fraîche (bis

zu 50 %) ergeben. „Der Konsumenten-USP besteht darin, den Geschmack von Sahne genie-

ßen zu können ohne sich mit den damit normalerweise verbundenen hohen Fettwerten zu be-

lasten“, so Fydrich.

Mit dieser Marketingstrategie, dem Trend fettreduzierter Markenprodukte mit einer entspre-

chenden Leistungsinnovation zu begegnen, um Neukunden zu akquirieren, profiliert sich Uni-

lever nach TOMCZAK ET AL. als Trendsetter.625

Rama Cremefine wird zudem in einer auffällig gestalteten 250-Milliliter-Flasche verkauft, auf

der neben dem traditionellen Rama-Logo vor allem die Key-Colour Lila – ebenfalls neu im

Frischeregal – dominiert.

Bis zum Markteintritt von Rama Cremefine war der Markt für Sahne-, Creme fraîche- und

Schmandprodukte mit 95 % Marktanteil dominiert von ungebrandeten Produkten regionaler

Molkereiproduzenten. Die einzigen vergleichbaren Markenartikel stammten von Dr. Oetker

mit den 2003 eingeführten Produkten Crème Balance und Crème Légère. Rama Cremefine

wurde mit einem Verkaufspreis von 1,28 Euro (+ 27 % gegenüber markenlosen Produkten)

ganz deutlich als hochwertiges Markenprodukt positioniert. Gegenüber dem Hauptwettbewer-

ber Dr. Oetker differenzierte sich Cremefine in der Positionierung deutlich als Familienpro-

dukt.

Mit einer auffälligen Einführungskampagne, in der der Schlagersänger Udo Jürgens als pro-

minentes Testimonial seinen Hit „Aber bitte mit Sahne“ produktadäquat in „Aber bitte mit

Rama“ modifizierte, wurde Rama Cremefine sehr erfolgreich eingeführt und erreichte bis En-

de 2005 einen Marktanteil von knapp 3 %. „Der Clou der Einführungskampagne bestand dar-

in, dass wir aus rechtlichen Gründen Cremefine nicht als Sahne-Produkt deklarieren durften,

der Udo Jürgens-Song aber beim Konsumenten den Sahne-Benefit nachhaltig verankerte“, er-

läutert Anke Fydrich die damalige Kampagnen-Strategie. Der Erfolg der Einführungskam-

pagne bestand laut Fydrich darin, ein Markenprodukt in einem von markenlosen Produkten

dominierten Markt langfristig etabliert zu haben. Auf die Einführungskampagne folgten zwei

saisonale Aktions-Spots, die die saisonalen Anwendungsmöglichkeiten (Cremefine für die

Verfeinerung von Erdbeer- und Pilzgerichten) in Verbindung mit der traditionellen Rama-

625 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28

186

Familienwelt kommunizierten und den Probierimpuls der Einführungskampagne aktualisieren

sollten.

Werbetreibender Unilever Deutschland Holding GmbH Branche Konsumgüter/Lebensmittel Werbeobjekt Rama Cremefine Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Februar bis Dezember 2007 Kampagnenvolumen* 8 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 36: Kampagnen-Steckbrief Rama Cremefine

Quelle: Eigene Darstellung

Werbestrategie:

Nach der erfolgreichen Markteinführung von Rama Cremefine bestand der Schwerpunkt der

nachfolgenden Kampagne nun darin, den Markterfolg des Low-Involvement-Produktes kon-

sequent auszuweiten und den einzigen Marken-Wettbewerber Dr. Oetker als Marktführer zu

verdrängen. Nachdem die Einführungswerbung erfolgreich für die Bekanntheit des Produktes

gesorgt hatte, galt es nun, die Profilierung von Rama Cremefine zu intensivieren.

„Neben diesem klar absatzpolitischen Ziel ging es uns aber auch darum, Rama Cremefine auf

eine neue, langfristige kommunikative Plattform zu stellen“, so Fydrich. Als Zielgruppe wur-

den analog der Einführungskampagne „moderne Mütter, die selbstbewusst den Haushalt ma-

nagen“626, adressiert.

„Angesichts des hohen Substitutionspotentials im Bereich der markenlosen Produkte lag der

Fokus der Kampagne vor allem bei den Neukundinnen. Daneben ging es uns aber auch dar-

um, die Loyalität der Bestandskundinnen durch eine Frequenzsteigerung in der Nutzung und

die Nutzungsausweitung auf weitere Cremefine-Varianten zu stärken“, so Fydrich zur Ziel-

gruppen-Strategie.

Als ökonomische Kampagnenziele wurde folgende fixiert:

• Massive Abverkaufssteigerung: Erhöhung der Käuferreichweite um mindestens 25 % und

Erreichung eines Absatzvolumens von 10000 Tonnen zum Ende des Kampagnenjahres

2006;

• Marktführerschaft: Ablösung von Dr. Oetker als Marktführer im Bereich der Marken-

Artikel.

Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Erhöhung der Aufmerksamkeit: Steigerung der gestützten Werbeerinnerung von Rama

Cremefine um mindestens 20 %;

626 JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 79

187

• Imageprofilierung: Deutliche Profilierung des Produktvorteils „Sorgenfreier Sahnege-

nuss“ durch Penetration der Kernbotschaft „hat halb so viel Fett wie Sahne“. Konkret:

Steigerung der Zustimmungswerte in der Imagedimension „verbindet guten Geschmack

und gute Ernährung“ um mindestens 50 %.

Zur Ziel-Gewichtung merkt Fydrich an: „Letztlich haben auch für uns Kommunikationsver-

antwortliche die ökonomischen Ziele höchste Priorität, die kommunikativen sind dagegen e-

her flankierend.“ Neben dem kurzfristigen Absatzfokus wäre jedoch mit Cremefine auch eine

markenstrategisch längerfristige Zielsetzung verbunden. „Nach der erfolgreichen Einführung

des Produktes sehen wir für Cremefine deutliches Potential, die Dachmarke Rama zeitgemä-

ßer erscheinen zu lassen“, so Fydrich. Somit werden die Vitalisierungseffekte angestrebt, die

sich nach ESCH sowie ANDRESEN und NICKEL627 im Idealfall durch die richtige Positio-

nierung und Präsentation einer Sub-Brands für die Dachmarke ergeben.

„Der aus unserer Sicht relevante Consumer Insight war, dass die Zielgruppe der modernen

Mütter die Familie gesund ernähren will. Das meiste, was gesund ist, schmeckt nicht; das was

lecker schmeckt, ist nicht unbedingt gesund, so wie Sahne“, erklärt Achim Rietze, Strategic

Planner bei der kampagnenverantwortlichen Agentur Jung von Matt. Rama Cremefine löse

dieses psychologische Dilemma der Mütter, denn aufgrund des reduzierten Fettgehalts

braucht man sich mit der Verwendung nicht zurückzuhalten und hat sorgenfreien Sahnege-

nuß. Rietze: „Daraus ergab sich für unsere Arbeit als klare strategische Stoßrichtung der

Kommunikation: ‚Mit Rama Cremefine braucht man nicht zimperlich und zurückhaltend zu

sein, denn das ist sorgenfreier Sahnegenuß.’ Insofern sei Rama Cremefine als klassischer

Konsumartikel kategorisch ein Low-Involvement-Produkt, „jedoch hat das Versprechen we-

niger Fett hoch-involvierenden Charakter“, merkt Rietze an.

In der kreativen Umsetzung wurde dieses Versprechen auf die Spitze getrieben. „Im TV-Spot

zeigen wir bewußt kein idyllisches Werbefamilieklischee, wie es Rama noch vor Jahren ze-

lebriert hat, sondern den realen Alltag in einer Familie, wo Kinder nicht nur quengeln, son-

dern richtig schreien“, so Rietze. Das strategische Ziel sei somit gewesen, in Zusammenhang

mit der Marke Rama ein authentisches, zeitgemäßes Familienbild zu etablieren, mit dem sich

die Mütter von heute identifizieren können.

In der Media-Strategie dominiert – klassisch für FMCG-Kampagnen – TV als emotionalisie-

rendes und reichweitenstarkes Leitmedium mit einem Budgetanteil von 80 %. Innerhalb der

Gesamtkampagne gibt es zu dem Basis-TV-Spot gab es saisonale Varianten, wobei im Früh-

jahr passend zum frischen Obst Cremefine Vanilla und im Winter Cremefine zum Kochen

627 ESCH, 2002, S. 203 ff.; ANDRESEN/NICKEL, 2005, S. 777 f.

188

beworben wurde. Unterstützend zu TV kamen Printanzeigen in frauenaffinen Medien zum

Einsatz. Durch Print sollten schnell und effizient neue Verwendungsanlässe für Cremefine im

Bewusstsein der Zielgruppe verankert werden.

Werbestrategisch betrachtet ist die Rama Cremefine-Kampagne laut Rietze im Hinblick auf

drei Aspekte eine konsequente evolutionäre Fortsetzung zur äußerst erfolgreichen Einfüh-

rungswerbung:

1. Nach der Launch-Botschaft „Rama macht jetzt auch etwas mit Sahne“ zur Awareness-

Generierung für das Produkt standen jetzt eine stärkere Produktprofilierung (sorgenfreier

Sahnegenuss) und Erläuterung der funktionalen Vorteile des Produktes („halb soviel Fett“,

„pflanzlich“) im Fokus;

2. Der in der Einführungskampagne mit Udo Jürgens per Lied massiv penetrierte Claim

„Aber bitte mit Rama“ wird im Abbinder aufgegriffen, somit ist der Sub-Marken-Claim

von Cremefine zum Claim der Dachmarke Rama avanciert;

3. Die gesamte Spot-Tonalität entspricht ebenso wie die Launch-Kampagne nicht dem klas-

sischen Rama-Markenbild.

Die kreative Fortschreibung der Produkt-Marketingstrategie bedinge nach Rietze nicht

zwangsläufig ein „Weiter so“ in der Verwendung zentraler Key-Visuals (vgl. Fallstudie Toua-

reg-Kampagne). Rietze weiter: „Die gestellte kommunikative Aufgabe der weiteren Marken-

profilierung bedingte eine spezifische Herangehensweise, bei der eine Kontinuität gegenüber

der Einführungswerbung – zumal es sich um ein schnelllebiges Konsumgut handelt – nicht

maßgeblich war.“

Kampagnenerfolg:

Mit der Kampagne waren folgende kommunikative und absatzpolitische Ergebnisse verbun-

den:

• Steigerung der Awareness: Die Rama Cremefine-Kampagne erreicht während der Flights

eine gestützte Werbeerinnerung von bis 42 % gegenüber einem Normalniveau von 25 %.

Das entspricht einer Steigerung von bis zu 68 % und liegt somit deutlich über der ange-

strebten Zielmarke von 30 %. Deutlich wird daran jedoch auch, wie notwendig ein perma-

nent hoher Werbedruck ist, um in der Awareness der Konsumenten zu bleiben.

• Deutliche Imageprofilierung:

o Die Kampagnen-Botschaften „Hat halb soviel Fett wie Sahne“ und „Hat wenig Fett“

werden gestützt von 50 % der Befragten genannt;

o Die Kampagnen-Botschaft „Verbindet guten Geschmack und gute Ernährung“ wur-

de gestützt von 18 % der Befragten bestätigt. Das entspricht gegenüber dem Vorjah-

reswert einer Steigerung von 90 % und liegt deutlich über der Zielmarke von 15 %.

• Absatzsteigerung:

189

o Steigerung Käuferreichweite: Das Ziel, weitere Neukunden für das Produkt zu ge-

winnen wurde deutlich erreicht. 20 % der deutschen Haushalte kauften das Produkt

im Dezember 2006. Das entsprach einer Steigerung von 36 % gegenüber dem Vor-

Kampagnen-Monat März 2006, in dem die Haushaltsreichweite nur 15 % betrug;

o Absatzsteigerung: Steigerung des Jahres-Absatzes von 7.000 Tonnen in 2005 auf

fast 12.000 Tonnen (+60 %) in 2006. Die Zielmarke von 10.000 wurde damit deut-

lich überschritten;

o Marktführerschaft: Der Marktanteil wuchs von 3,2 % vor Kampagnenstart auf 4,8 %

zum Jahresende. Damit wurde Dr. Oetker mit fast kontinuierlich 4,4 % Marktanteil

als Marktführer durch Rama Cremefine abgelöst.

Bei der Bewertung dieser Erfolgswerte sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• Durch die Einlistung des Produktes bei einem großen Discounter ergab sich in der Distri-

butionspolitik ein massiver Effekt, der den Einfluss der Kommunikation auf die enormen

Absatzsteigerungen relativiert.

• Das Substitutionspotential der unbeworbenen Handelswaren ist mit einem Gesamtmarkt-

volumen von über 90 % immer noch enorm;

• Der einzige Markenwettbewerber Dr. Oetker agiert traditionell mit marktunterdurch-

schnittlichen Werbebudgets.

Als Erfolgsfaktoren aus kreativer Perspektive hebt Rietze die „Originalität“ und „Auffällig-

keit“ der Kampagne hervor. So sei der TV-Spot in der ausgestrahlten Variante nicht getestet

worden, „was sicherlich zu einer deutlichen Normalisierung der kreativen Umsetzung geführt

hätte.“

Gleichzeitig war der Kampagnenerfolg von Rama Cremefine für den Markenartikler Unilever

laut Fydrich auch gesamtstrategisch wichtig, weil mit dem nachhaltigen Erfolg eines Marken-

produktes wie Rama Cremefine in einem ansonsten fast markenlosen Markt vor dem Hinter-

grund der stark gewachsenen Bedeutung und heutigen Dominanz von Handelsmarken628, pla-

kativer Beweis für die anhaltende Bedeutung von Marke geliefert wurde.

Fazit:

In der strategischen Grundstruktur erscheint die Rama Cremefine-Kampagne exemplarisch für

Expansionswerbung. Aufbauend auf den Erfolg der Einführungskampagne fokussiert die

Kampagne vorrangig auf den Zugewinn weiterer Neukunden, adressiert aber auch Bestands-

kunden, deren Penetration durch eine höhere Kauffrequenz gesteigert werden soll. Dement-

sprechend unterscheiden die Kampagnenverantwortlichen in ihren Kampagnenzielen nicht

628 ESCH, 2007, S. 504 ff.

190

explizit zwischen Neu- und Bestandskunden. Bei den kommunikativen Zielen liegt der Fokus

auf der Verbesserung der Imagewerte. Die kommunikative Positionierung wurde gegenüber

der Einführungswerbung beibehalten, wobei eine stärkere Fokussierung auf die Produktprofi-

lierung in Verbindung mit einer sehr funktionalen Botschaft („Rama Cremefine hat halb so-

viel Fett wie Sahne“) erfolgte. Auffällig ist jedoch gegenüber der Einführungswerbung ein

deutlicher Bruch in der kreativen Umsetzung.

Mediawerbung hat einen sehr hohen Anteil am Kommunikations-Mix mit einer starken Do-

minanz von TV. Grund dafür könnte sein, dass es sich um ein Low-Involvement-Produkt

handelt, für das generell der Einsatz reichweitenstarker Mediawerbung (insbesondere TV)

charakteristisch ist.

Kriterien Ausprägung

Leistungscharakter Bestandsprodukt

Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden

Werbebudget hoch

Kommunikative Werbeziele Image, Präferenz

Positionierung Emotion

Werbebotschaft informativ

Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (95%)

Leitmedium TV

Abbildung 37:Ausprägungen der Rama Cremefine-Kampagne als Expansionswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.9 Kampagnen-Fallstudie Golf Schlämmer Blog, Volkswagen

Marketingstrategie

Der Produktklassiker des Automobilherstellers Volkswagen (104,8 Mrd. Euro Umsatz, 324,9

Tsd. Mitarbeiter) ist der Golf. Seit der Einführung des Erstlings 1974 wurde das Schlüssel-

produkt sechsmal in grundlegend überarbeiteter Form wieder neu auflegt. Zuletzt 2008. Mit

25 Mio. Exemplaren ist der Golf das meistverkaufte Auto in Deutschland und Europa.629 Auf

die breit angelegte Einführungskampagne folgten „taktische Abverkaufs-Kampagnen“ mit

dem Ziel, den Markterfolg konsequent zu verbreitern. Im Fokus dieser seit zwei Jahren im

Quartalswechsel stattfindenden Promotionen stehen „All-Inclusive“-Paketlösungen, bei denen

in der Regel ein Sondermodell des Golf (z. B.Golf Plus Tour Edition) in Verbindung mit Zu-

satzleistungen (z. B. Versicherung) und auf Basis eines attraktiven Finanzierungangebots

platziert werden. Diese abverkaufsdominanten Kampagnenformate mit TV als Leitmedium

weisen jedoch zunehmend Schwächen auf:

629 VOLKSWAGEN AG, 2007

191

• niedrige Prägnanz (Preis-Pakete werden nur bedingt wahrgenommen und erinnert);

• geringer Imagegewinn: Starke Preis-Dominanz in der Kommunikation zahlt wenig auf das

Markenprofil ein;

• keine nachhaltige Differenzierung (Preismodelle werden von Verbrauchern nur bedingt

antizipiert und zudem vom Wettbewerb schnell kopiert);

• geringes Involvement (Preisargumente haben keinen emotionalen Mehrwert).

Die Konsequenz dieser Entwicklung ist: Das Kosten-Nutzenverhältnis verschlechtert sich zu-

nehmend. In dieser Situation begann man bei Volkswagen über neue Werbestrategien für Be-

standsprodukte nachzudenken, bei denen sowohl in den Zieldimensionen Abverkaufssteige-

rung als auch Imagezuwachs signifikante Erfolge erzielt werden. Ein zusätzlicher aktueller

Anlass war die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Ralf Maltzen, Leiter Internet-

marketing bei Volkswagen: „Uns war klar, dass in dieser Situation alle Wettbewerber ihre

klassischen Werbemaßnahmen noch einmal zusätzlich erhöhen würden. Daraus hat sich für

uns die Frage ergeben, ob wir Sichtbarkeit durch exponentiell noch mehr Mediaspendings er-

reichen wollen, oder im Sinne einer Differenzierung einen völlig anderen Weg gehen.“

Somit agierte Volkswagen in dieser Phase des fortgeschrittenen Lebenszykluses des Marken-

Kernproduktes nach TOMCZAK ET AL.630 als Multiplizierer: Auf Basis einer kommunikati-

ven Leistungspflege sollte die Voraussetzung für die Akquise weiterer Neukunden erreicht

werden.

Gleichzeitig wurde konstatiert, dass ausgerechnet der Golf von vielen Menschen als uner-

reichbar empfunden wurde. Dementsprechend lautete das Ziel, eine Kampagne zu kreieren,

die den Golf wieder zum „Auto für Menschen wie uns“ macht.631

Werbestrategie:

Die Schlämmer-Blog-Kampagne, die Ende 2006 begann, stellte den Produktklassiker Golf in

den Fokus. Mit der Kampagne wurden vor allem Neukunden, die bislang Fahrzeuge des

Wettbewerbs nutzen, aber auch bestehende Golf-Fahrer mit dem Ziel eines Upselling bzw.

Reassurance adressiert. Zum einen sollten die Defizite bisheriger klassischer Follow-up-

Werbung gelöst werden, zum anderen sollte aber – gerade angesichts der intensivierten Wer-

beaktivität des Wettbewerbs – ein hohes Maß an Differenzierung erreicht werden. Dies sollte

durch drei Maßnahmen gewährleistet werden:

1. Einsatz der Kultfigur „Horst Schlämmer“ als Testimonial;

2. Video-Blog als zentrales Kampagnenmedium;

3. Hintergründige Verkaufsargumente statt plakativer Preisbotschaften.

630 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 631 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 29

192

Dazu erklärt Niklas Feuerle, kampagnenverantwortlicher Account-Manager der Agentur

DBB: „Wir haben bewusst mit dem Prinzip gebrochen, dass bei Volkswagen Testimonials nur

bei Neueinführungen eingesetzt werden.“ Die von Komiker Harpe Kerkeling gespielte Kultfi-

gur des Horst Schlämmer, Lokalredakteur beim Grevenbroicher Tageblatt, erschien Agentur

und Kunden als „Volksvertreter“ ideal für den Volkswagen Golf. „Mit seiner originellen Art,

als Lokalredakteur des Grevenbroicher Tagblatts den Dingen des Lebens auf den Grund zu

gehen, ist er einer breiten Zielgruppe grundsympathisch und passte hervorragend als Story-

Teller, der die Vorzüge des Golf plastisch schildert“, so Feuerle weiter. Neuland betrat

Volkswagen auch mit der Entscheidung einer viralen Kampagne632 auf Basis eines Video-

Blogs. Maltzen: „Uns war klar, dass wir die anvisierte Zielgruppe auch mit den klassischen

Media-Instrumenten, insbesondere TV erreichen. Für uns bestand der Reiz eines Video-Blogs

jedoch in der besonders hohen Affinität und Involvementgrad der jüngeren Konsumenten.“

Für die Verbreitung der Videobotschaften setzten die Kampagnenverantwortlichen auf das

„Seeding“, das Aussäen der Video-Blog-Inhalte auf andere Blogs und Video-Portale, woraus

sich eine zügige Reichweitensteigerung ergibt.

Werbetreibender Volkswagen AG Branche Automobil Werbeobjekt Golf Objektcharakter High-Involvement Kampagnenzeitraum Dezember 2006 bis Februar 2007 Kampagnenvolumen* Ca. 7 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 38: Kampagnen-Steckbrief VW Golf

Quelle: Eigene Darstellung

Drittes Differenzierungselement war ein radikaler Wechsel von plakativen Preisbotschaften

zu eher hintergründigen Verkaufsargumenten ohne offensive Penetrierung der Marke Volks-

wagen. Maltzen: „Wir wollten prüfen, ob man gerade mit dieser tendenziell jüngeren, inter-

net-affinen Zielgruppe als Volkswagen nicht anders kommunizieren muss und kann.“

Aus dieser spezifischen Kampagnenstrategie resultierten in der Planung besondere Zielwer-

te:633

• Awareness und Involvement: mindestens 1 Million Videoviews in den ersten sechs Kam-

pagnenwochen;

• Likability: Mindestens 3 von 5 Punkten bei der Bewertung der Videos.

• Positive Veränderung des Items „Golf ist ein Auto für Menschen wie mich.

632 LANGNER, 2005, S. 55 ff. 633 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 29

193

Darüber hinaus sollten mehr als 15.000 qualifizierte Interessenten für deutlich weniger als 190

Euro (der bisherige Volkswagen Richtwert für Online-Kommunikation) gewonnen werden.

Maltzen: „Klassischerweise setzen wir uns natürlich auch ökonomische Ziele. Dies ist jedoch

bei einem bestehenden Massenprodukt wie dem Golf deutlich schwerer zu plausibilisieren.

Dort kurzfristige Absatzeffekte auf eine kleinere Kampagne zurückzuführen, erschien uns

nicht opportun, weshalb wir in diesem Fall bewusst auf ökonomische Ziele verzichtet haben.“

Kreative Kernidee der Kampagne war, dass Horst Schlämmer alias Harpe Kerkeling den Füh-

rerschein macht und sich sein erstes Auto kauft. Über seine Erlebnisse dabei berichtet er per

Video-Tagebuch im Internet.

Die Umsetzung der viralen „Schlämmer-Golf“-Kampagne erfolgte in drei Phasen:

1. Mystery,

2. Sponsoring,

3. Vermarktung.

In der Mystery-Phase wurde der Video-Blog von Horst Schlämmer unter der Internet-Adresse

www.schlaemmerblog.tv gestartet. Auf dieser ungebrandeten Site wurden im Abstand von

einigen Tagen neue Videosequenzen veröffentlicht, die Horst Schlämmer während seiner

Fahrstunden in einem VW Golf zeigen. Kampagnenverantwortlicher Feuerle dazu: „Es war

eine bewusste und sicherlich auch riskante Entscheidung, Volkswagen nicht als den eigentli-

chen Urheber des Videoblogs von Anfang an zu kommunizieren. Wir wollten jedoch bewusst

die Spekulation über die Urheberschaft dafür nutzen, die Awareness zu steigern und sukzessi-

ve Reichweite aufzubauen.“

Nachdem bereits im deutschen Internet umfangreich über Volkswagen als Urheber spekuliert

wurde, erfolgte nach weniger als vier Wochen mit der zweiten Phase Sponsoring das Outing:

„Volkswagen übernimmt faktisch meinen Führerschein“, bekannte Horst Schlämmer auf sei-

ner Website. Während der gesamte Blog weiterhin neutral, also ungebranded blieb, wurde nur

bei den Videofilmen im Abbinder das Volkswagen-Logo integriert. Auch in der Handlung der

Videosequenzen bekam der VW Golf mehr Bedeutung, auch wenn auf offensive Verkaufs-

bzw. Preisargumente weiterhin verzichtet wurde.

Die dritte Phase der Vermarktung begann nach weiteren vier Wochen mit dem erfolgreichen

Abschluss der Führerscheinprüfung und dem Kauf eines Golfs als Erstwagen durch Horst

Schlämmer. Beides bildete die Grundlage für den Launch der Website

www.schlaemmerhatgolf.de. Diese Seite (Headline: „Euer Horst hat Führerschein“) war nun –

im Gegensatz zu den Vorgängerseiten – deutlich gebrandet (VW Golf als Key-Visual, VW-

Logo). Der Video-Blog mit insgesamt 14 Kurzfilmen blieb über diese Vermarktungssite als

Dokumentation bestehen. Gleichzeitig wurden die Horst Schlämmer-Inhalte in ein Webspeci-

al auf der Konzern-Website www.volkswagen.de integriert.

194

Im nächsten Schritt hätte die virale Kampagne in eine klassische Kampagne münden sollen, in

der Horst Schlämmer als Testimonial auch in TV-Spots aufgetreten wäre.

Kampagnenerfolg:634

Im Zuge der der viralen Kampagne wurden folgende Ergebnisse erreicht:

• Awareness und Involvement:

o Über 1,1 Million Unique User besuchten die drei kampagnenbezogenen Seiten;

o über 3,2 Millionen Mal wurden die insgesamt 14 Videoclips (der längste mit fast 5

Minuten Spieldauer) angesehen, d.h. jeder Besucher hat im Durchschnitt fast drei Vi-

deos angesehen;

o Durch das Seeding auf andere Video-Portale und insbesondere BILD.de wurden fast

vier Millionen weitere Video-Views generiert;

o Insgesamt wurden die Video-Clips zu Horst Schlämmer und dem Golf über 7 Millio-

nen Mal angesehen. Damit wurde der Zielwert von 1 Million um ein Vielfaches über-

troffen;

o Aus über 1300 Blogs wurde auf den Schlämmer-Blog verlinkt.

• Likability: Die Videoclips erhielten in der User-Bewertung im Schnitt 4,45 Sterne von 5

maximal möglichen. Diese überdurchschnittliche Bewertung nahm auch nach dem „Ou-

ting“ von Volkswagen als Sponsor nicht ab und bewegte sich auf den externen Seeding-

Sites in ähnlicher Höhe.

• Das Item „Der Golf ist ein Auto für Menschen wie mich“ wird durch die Kampagne um

12 Prozent von 51 Prozent Zustimmung auf 57 Prozent Zustimmung gesteigert.

• Ebenso wird das Item „Qualitativ hochwertiges, zuverlässiges Auto“ um 17 Prozent von

54 Prozent Zustimmung auf 63 Prozent Zustimmung gesteigert.

• Die Kampagne generierte 90.000 qualifizierte Kontakte. Dabei mussten nur 16,63 Euro

pro Kontakt investiert werden.

Der kommunikative Erfolg der Schlämmer-Blog-Kampagne bestätigt die Überlegungen von

HERR, KARDES und KIM635 zu den Erfolgsfaktoren von Word of Mouth-Effekten ebenso

wie die Feststellung von PHELPS, LEWIS, MOBILIO, PERRY und RAMAN636, dass vor al-

lem Inhalte mit hochemotionalisierenden Charakter (wie u.a. auch Humor) Erfolgstreiber für

virales Marketing sind.

Trotz dieser belegten Erfolge ist eine Erfolgsanalyse dieser viralen im Vergleich zu klassi-

schen Kampagnen problematisch. Feuerle erläutert folgendermaßen: „Wir haben zwar ver-

sucht, die vorliegenden Daten in klassischen Media-Währungen wie z. B. Reichweite umzu-

rechnen, nur gibt es dafür noch keine gültigen Regeln, und sie kommen im ersten Schritt eher 634 GESAMTVERBAND KOMMUNIKATIONSAGENTUREN (GWA), 2009, S. 32ff. 635 HERR/KARDES/KIM, 1991, S. 460 ff. 636 PHELPS/LEWIS/MOBILIO/PERRY/RAMAN, 2004, S. 345 ff.

195

zu unbefriedigenden Werten, weil die Kosten einer viralen der einer klassischen Kampagne

vergleichbar sind, die erfassbaren Reichweiten jedoch deutlich niedriger ausfallen.“ Unbe-

rücksichtigt blieben zwangsläufig die vielfältigen Domino- und Kaskadeneffekte durch die

Fortsetzung des Seeding- und Verlinkungprozesses. „Außerdem haben Sie es mit dramatisch

unterschiedlichen Involvement-Qualitäten zu tun: Das im Zweifelsfall beiläufige Ansehen ei-

nes 30sekündigen TV-Spots nach dem Push-Prinzip hat eine völlig andere Qualität als das

bewusste Downloaden eines über 4 Minuten langen Spots im Web nach dem Pull-Prinzip“, so

Feuerle. So kommt bei der VW Schlämmer-Blog-Kampagne die u.a. auch von RAPPAPORT

und KENNY diskutierte On demand-Qualität des Werbemediums Internet zum Tragen.637

Dennoch ließe es sich nicht vermeiden, dass sich einem mit dem Medium Internet weniger

Vertrauter als erster Eindruck aufdrängt: Soviel Kosten und wir sind noch nicht einmal im

Fernsehen.“

Aus Sicht von Feuerle unterstreicht die Kampagne neben der Reichweitenqualität des Inter-

nets die Bedeutung von „Branded Entertainment“. „Das Schlämmer-Beispiel zeigt, dass ich

mit unterhaltsamen Inhalten, in denen eine Marke bzw. ein Produkt sehr subtil und hinter-

gründig eingebunden ist, zu einem hohen Reichweiten und Imageerfolg kommen kann. Aus

Sicht von Feuerle zeigt sich hier eine intelligente Fortschreibung des klassischen Testimonial-

Einsatzes ebenso wie eine effizientere Alternative zum Entertainment-Licensing, bei dem ins-

besondere Filmfiguren in Verbindung mit Marken gebraucht werden, und dem weit verbreite-

ten Product Placement. „Im Schlämmer-Blog ist uns die Einbindung des Golfs auf eine intel-

ligente und symbiotische Weise gelungen.“

Die Kampagne zeigt außerdem, wie sich die Kommunikations- und im Ansatz auch die Ver-

triebsstrategie eines Unternehmens verändern kann. Maltzen: „Blogs leben vom Dialog. So

waren wir während der insgesamt nur zehnwöchigen Kampagne mit über 2000 Kommentaren

und Fragen konfrontiert, die wir z. T. dann auch zügig beantworten mussten.“ Der Reiz eines

solchen Dialogs bestände darin, als Automobilhersteller erstmals in größerem Umfang direkt

mit den (potentiellen) Endkunden in Kommunikation treten zu können, wobei die Kundenan-

sprache und -betreuung traditionell bei den überwiegend unabhängigen Händlern liegt. Malt-

zen: „Für die Organisation dieses Dialogprozesses müssen Sie jedoch auch inhaltlich und

strukturell gerüstet sein.“

Die VW Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ wurde mit dem Effie 2008

in Gold ausgezeichnet.

Fazit:

Die „Horst Schlämmer“-Kampagne zum Golf ist in ihrer Grundstrategie der Expansionswer-

bung zuzurechnen: Ein seit mehreren Jahren im Markt befindlicher Produkt-Klassiker wird

vorrangig an Neukunden adressiert. Unterstrichen wird dies durch die Kampagnen-Story, in

637 RAPPAPORT, 2007; KENNY, 2007

196

der der Protagonist seinen Führerschein macht, um den VW Golf als Erstwagen zu erwerben.

Dementsprechend erfolgt die Ansprache von Bestandskunden im Sinne einer Loyalisierung

bzw. eines Cross-Selling (der Golf als Zweitwagen) eher flankierend und implizit, d.h. ohne

konzeptionelle oder kreative Berücksichtigung.

Das vorrangige Kampagnen-Ziel bestand in einer Image-Erweiterung. Die Positionierung des

High-Involvement-Produktes basiert auf der Kombination von Emotion und Information.

Dementsprechend sind in der viralen Kampagne viele funktionale Argumente (als Teil der

„Recherchen“ des Protagonisten) integriert. Im Kommunikations-Mix der ersten Kampagnen-

phase hat Mediawerbung in Form des Internets einen absolut dominanten Stellenwert. In den

nächsten (nicht mehr realisierten) Kampagnenphasen hätten andere Kommunikationsinstru-

mente (insbesondere Verkaufsförderungsmaßnahmen bei den Händlern) deutlich an Bedeu-

tung gewonnen. Mit dem Internet als einzigem und somit Leitmedium der Kampagne ist die

„Horst Schlämmer“-Kampagne auch mediamix-bezogen ungewöhnlich.

So weist die Kampagne in ihrer Umsetzung viele Charakteristika einer Einführungswerbung

mit den Besonderheiten einer viralen Prelaunch-Kampagne (analog der Audi Q7-Kampagne)

auf. Vielleicht liegt in diesem Gegensatz zwischen Strategie und Umsetzung auch ein Grund

für den unvollständigen Roll-Out der Kampagne: Als Awareness-orientierte Einführungswer-

bung wäre die Kampagne mit höherer Wahrscheinlichkeit fortgesetzt worden denn als stärker

absatzorientierte Expansionswerbung.

Das explizite Ziel einer Imagekorrektur steht im Widerspruch zur Zielsetzung anderer Expan-

sionswerbungs-Kampagnen.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Bestandsprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Image Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft informativ Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (100%) Leitmedium Internet

Abbildung 39: Ausprägungen der VW Golf-Kampagne als Expansionswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

197

6.1.10 Kampagnen-Fallstudie Drei Wetter Taft, Henkel

Marketingstrategie

Innerhalb des Unternehmensbereichs Kosmetik und Körperpflege der Henkel AG & Co.

KGaA (22 % Umsatzanteil von insgesamt 12,7 Milliarden Umsatz im Geschäftsjahr 2006,

51.716 Mitarbeiter weltweit) ist die Marke Drei Wetter Taft als Top-Marke die älteste und re-

nommierteste Marke für Haarstyling-Produkte.

Drei Wetter Taft ist mit langer Tradition und deutlichem Abstand Marktführer im deutschen

Markt für Hairstyling-Produkte (23,8% Marktanteil in 2006) sowie in Europa (12,2%). Diese

Position wurde seit der Einführung des ersten Taft-Produktes 1955 durch eine konsequente

Produkt-Diversifikation ausgebaut. Heute werden unter der Dachmarke Schwarzkopf insge-

samt 60 Taft-Produkte in acht Linien angeboten. Jede Linie fokussiert einen spezifischen

funktionalen Hairstyling-Benefit (Mehr Volumen, mehr Glanz etc.) und hat eine entsprechend

spezifische Stammnutzerschaft, die sich nur geringfügig überlappt.

Der Gesamtmarkt für Hairstyling-Produkte ist durch folgende Entwicklungen geprägt:

• Nach einer Boom-Phase in den achtziger Jahren ausgelöst durch die starke Nachfrage

nach Gel- und Wachsprodukten hat der Markt heute insgesamt einen hohen Sättigungs-

grad erreicht;

• Der Markt wird dominiert von wenigen großen Markenartiklern mit Schwarzkopf & Hen-

kel als klarem Marktführer (29,0%) vor P&G/Wella (20,3%) bzw. L’Oréal (13,9%);

Handelsmarken spielen keine relevante Rolle;

• Die Konsequenz daraus ist: Weiteres Wachstum ist nur durch Verdrängung möglich,

dementsprechend ist der Spielraum für positive Marktanteilsveränderungen gering.

Diese allgemeine Marktsituation hat auch die Entwicklung von Taft geprägt: In den letzten

Jahren war die Absatz- und Umsatzentwicklung der Taft-Produktfamilie durch eine deutlich

stagnative Entwicklung geprägt. „Wir mussten feststellen, dass sich trotz deutlicher werbli-

cher Anstrengungen unsere marktführende Position nicht weiter ausbauen ließ“, so Wolfram

Gollin, Marketing Director International Styling. Die interne Marktforschung ergab dafür eine

deutliche Erklärung: „Drei Wetter Taft wurde für seine funktionalen Produktqualitäten ge-

schätzt, aber als Marke nicht wirklich gemocht.“ Insbesondere in der jüngeren Zielgruppe

wurden deutliche „Berührungsängste“ festgestellt. Diese waren begründet in der Wahrneh-

mung von Taft als „kühle Leistungsmarke“. Dieses Image war nachhaltig geprägt worden

durch den Drei Wetter-Taft-TV-Spot Klassiker aus den achtziger Jahren, in dem das Drei

Wetter Taft Modell als Geschäftsfrau um die Welt jettete (Claim "Perfekter Halt bei jedem

Wetter"). Gollin: „Wir mussten feststellen, dass unser einseitig funktionales Markenprofil die

maßgebliche Barriere für weiteres Wachstum war.“

In dieser Situation beschloss das Management von Schwarzkopf Henkel zwei Maßnahmen:

198

1. Die produktbezogene Optimierung und artikelbezogene Ausweitung der bestehenden

„grünen“ Linie (Benefit: „100% mehr Volumen“);

2. die demonstrative Repositionierung der Traditionsmarke „Drei Wetter Taft“ mit dem Pro-

duktlinien-Relaunch als Aufhänger.

„Uns war klar, dass nur die Kombination aus funktionaler und kommunikativer Optimierung

eine ausreichende Grundlage für eine nachhaltige Marken-Expansion bilden würde“, so Gol-

lin.

Diese Leistungspflege als Grundlage für die Akquise neuer Kundinnen bildet die marketing-

strategische Grundlage für Schwarzkopf Henkels Profil als Multiplizierer.

Werbetreibender Henkel AG & Co. KGaA Branche Körperpflege/Hairstyling Werbeobjekt Drei Wetter Taft grüne Linie (Volume-Push-Up-Line) Objektcharakter Low – medium Involvement Kampagnenzeitraum Seit April 2007 Kampagnenvolumen* Ca. 20 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 40: Kampagnen-Steckbrief Drei Wetter Taft

Quelle: Eigene Darstellung

Werbestrategie:

Die aktuelle Drei Wetter Taft-Kampagne hat dementsprechend eine leistungsoptimierte Pro-

duktrange zur Grundlage. Das Produktversprechen der grünen Volume-Push-Up-Line lautet

„Für perfekten Halt und bis zu 100% mehr Volumen - bei jedem Wetter, den ganzen Tag“.

Dieses Produktversprechen sollte auf Basis eines modernisierten Markenimages vor allem in

Richtung jüngerer Neukundinnen platziert werden.

Daraus ergab sich für die Kampagne laut Gollin eine doppelte Herausforderung:

1. Die Taft-Stammkundinnen durften nicht „vergrault“ werden;

2. potentielle Neukundinnen mussten mit einem glaubwürdigen, selbstbewussten Auftritt

gewonnen werden.

Der Fokus der Kampagne lag deutlich auf den Neukundinnen, wobei sich diese laut Gollin in

zwei Teil-Zielgruppen unterscheiden lassen:

1. Kundinnen, die bereits Hairstyling-Produkte der Wettbewerber benutzen;

2. junge Erstverwenderinnen.

Angesichts des deutlich größeren Kundinnenpotentials sollten mit der Kampagne vor allem

die Benutzerinnen von Wettbewerbsprodukten zum Ausprobieren der neuen Taft-

Pflegeprodukte animiert werden, um mittelfristig die Stammklientel signifikant zu erweitern.

199

Da es sich bei den Taft-Hairstyling-Produkten weitestgehend eher um Low-Involvement-

Produkte handelt (zwei Spezialprodukte aus der Produktlinie weisen aufgrund ihrer Preis-

Leistungsstruktur potentiell höheren Involvementcharakter auf), die als Massenprodukt ver-

trieben werden, ist die Zielgruppenbeschreibung sehr generell gehalten: „Wir adressieren mit

der Kampagne Frauen zwischen 20 und 59 Jahren, die ihrem Haar sichtbar mehr Volumen

geben wollen“, so Gollin.

„Angesichts dieser Herausforderung und des Klassiker-Status der Marke Taft musste die wer-

bestrategische Weiterentwicklung evolutionär sein“, so Gollin.

Als absatzpolitische Ziele wurden für die Kampagne folgende fixiert:

• Steigerung des Marktanteils im Haarfestiger-Segment um mindestens einen %-Punkt;

• zweistelliges Umsatzwachstum der Volumen-Linie;

• Dynamisierung des Markenumsatzes.

Daraus leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Deutliche Absenkung der gefühlten Zugangsbarrieren durch eine Imagekorrektur in den

relevanten Dimensionen „Sympathie“ und „Modernität;

• nachweisbare Verbesserung des Modernitätsimage von Taft.

In der kreativen Übersetzung dieses Spagats bedeutete das die zeitgemäße Neuinszenierung

des Drei Wetter-Tafts Klassiker aus den achtziger Jahren. „Mit dem expliziten Verweis auf

diesen Klassiker wollten wir Selbstbewusstsein und Konstanz demonstrieren“, so Gollin.

Statt des namenlosen Modells hatte man sich diesmal für Heidi Klum als Testimonial ent-

schieden. „Unsere Marktforschung zeigte deutlich, dass sie bei den Frauen generationenüber-

greifenden Vorbildcharakter hat, weil sie es schafft, Erfolg im Job und ein harmonisches Fa-

milienleben miteinander zu verbinden“, begründet Gollin die Auswahl. Im Gegensatz zur

kühlen Powerfrau der Klassikkampagne sei Klum „facettenreich und sympathisch.“

Die Storyline des TV-Spots ist identisch zur historischen Vorlage: Heidi Klum bewältigt ihr

Tagespensum als Top-Modell an verschiedenen Orten der Welt. Jedoch werden die die Kli-

schee des Ur-Spots „ironisch gebrochen“: So kommt der Wind z. B. aus einer Windmaschine

beim Fotoshooting und den Regen stammt aus dem Gartenschlauch des Gärtners. Die Kam-

pagnen-Vorlage bedingte den Einsatz von Bewegtbild als Werbemittel. Produziert wurde der

Spot in zwei Varianten, als 20- und als 30-Sekünder.

Leitmedium und gleichzeitig einziges Medium der Kampagne ist TV. Gollin zur Medienaus-

wahl: „Generell wird im Hairstyling-Markt produktbedingt sehr TV-lastig, d.h. mit einem

200

Budgetanteil von 95 % und mehr geworben. Da unser vorrangiges Ziel schnelle Reichweiten-

Gewinnung und eine breite Penetration der vitalisierten Markenbotschaft war, erschien uns

die Fokussierung auf TV konsequent.“ Flankiert wurde die TV-Kampagne durch eine euro-

paweite PoS-Kampagne, bei der ein Fotoshooting mit Heid Klum zu gewinnen war.

Kampagnenerfolg:

• Umsatzerfolg: Die angestrebte zweistellige Umsatzsteigerung für die Volumenlinie konn-

te mit tatsächlich erreichten 36% signifikant übertroffen werden;

• der Marktanteil im Festigermarkt wurde um 2%-Punkte auf aktuell 15,8 % nachhaltig ge-

steigert und die Marktführerschaft in diesem Segment zurückerobert;

• in einer repräsentativen Befragung wurden für die relevante Dimension „Modernität“ Zu-

stimmungswerte von 64% (Frauen 20 bis 30 J.) bzw. 73% (35-45 J.) ermittelt, die um 28

% bzw. 56 % Punkte höher gegenüber der Vergleichsgruppe lagen, der die bisherige Taft

TV-Kampagne gezeigt wurde.

Gollin zum Kampagnenerfolg: „Der zentrale Erfolg der Kampagne bestand für uns darin, dass

wir zu einem ausbalancierten Produktprofil von Taft gekommen sind, das für unsere Ziel-

gruppe sowohl funktionale wie auch emotionale Benefits beinhaltet.“

Aufgrund des deutlichen Kampagnenerfolges in Deutschland ist die Kampagne für die weite-

ren europäischen Märkte von Schwarzkopf & Henkel adaptiert worden.

Fazit:

In ihrer Grundstrategie entspricht die Drei-Wetter-Taft-Kampagne dem aus der Theorie abge-

leiteten Archetyp der Expansionswerbung: Ein optimiertes Produkt bzw. Produktrange wird

im Rahmen einer ebenfalls überarbeiteten Werbekommunikation vorrangig an Neukundinnen

adressiert, wobei angesichts der Ausgangssituation als marktführender Anbieter die Loyalisie-

rung der Bestandskundinnen eine wichtige Rolle spielt.

Das vorrangige Kampagnenziel bestand in einer Imageerweiterung sowie einer deutlichen

Steigerung der Präferenzwerte (First Choice). Die Positionierung des Low-Involvement-

Produktes basiert auf einer Kombination aus Emotion und Information. Der funktionalen

Aussage zur Leistungsverbesserung der überarbeiteten Produktrange kommt ein hoher Stel-

lenwert zu. Gleichzeitig wurde angesichts des Reifegrades der Absendermarke eine Überar-

beitung mit dem Ziel einer Aktualisierung der Marke für notwendig erachtet. So weist der

Spot in der kreativen Umsetzung eine gewisse Kontinuität zur fast 20 Jahre alten Einfüh-

rungswerbung auf, jedoch wird die Geschichte der um die Welt jettenden Business-Lady in

der Neuauflage mit Heidi Klum bewußt ironisch gebrochen. Im Kommunikations-Mix hat

Media einen absolut dominanten Stellenwert. Die Gründe dafür sind vor allem branchenspezi-

fisch. Als Leitmedium der Kampagne wurde TV-Werbung eingesetzt.

201

Das explizite Ziel einer deutlichen Aktualisierung der Markenbotschaft verbunden mit einer

neuen – auf der Verbesserung des Produktes basierenden - Werbebotschaft legt eine Differen-

zierung des Archetyps Expansionswerbung im Hinblick auf die Imagekorrektur-Aktivität na-

he. Diese wird in den Schlussfolgerungen des Kapitels 7 entsprechend diskutiert.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Bestandsprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Neukunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Imagekorrektur; Präferenz Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft informativ Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (80%) Leitmedium TV

Abbildung 41: Ausprägungen der Drei-Wetter-Taft-Kampagne als Expansionswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.11 Kampagnen-Fallstudie 1 Euro-Menü, McDonald’s

Marketingstrategie:

Das amerikanische Schnellrestaurantbetreiber McDonald’s ist mit einem Jahresumsatz von

2,57 Milliarden Euro in 2006, 891 Millionen Gästen in insgesamt 1276 Restaurants sowie

52000 Mitarbeitern der größte Systemgastronom Deutschland. In 2006 investierte das Unter-

nehmen 127,1 Mio. Euro in Werbung (+ 6,4 % gegenüber dem Vorjahr), was einem Umsatz-

anteil von 4,9 % entspricht.

Nach langem Expansionserfolg im US-Heimatmarkt sowie in Übersee war McDonald’s An-

fang der Neunziger erstmals in eine Wachstumskrise geraten, die 2002 im ersten Quartalsver-

lust seit Börsennotierung des Unternehmens gipfelte.638

In der Kampagnen-Ausgangssituation 2004 war McDonald’s mit stagnierenden Ab- und Um-

sätzen in Deutschland konfrontiert. Die Gründe dafür waren vielfältig:

• generell rückläufiger Konsum der Privathaushalte aufgrund schlechter konjunktureller und

volkswirtschaftlicher Rahmenbedingungen;

• nachhaltige Irritation der Konsumenten nach deutlichen Preiserhöhungen im Gastrono-

mie-Bereich im Zuge der Euro-Einführung Anfang 2002;

• preisaggressive Expansionspolitik bestehender und neuer Wettbewerber;

• wachsendes Gesundheitsbewusstsein bei der Ernährung im deutlichen Widerspruch zur

traditionellen Fastfood-Positionierung von McDonald’s;

• höhere Flexibilität bestehender und neuer Wettbewerber bei der Erweiterung ihres Ange-

bots um abwechslungsreichere und gesündere Snacks. 638 BUCKLEY, 2003

202

Die Konsequenz aus dieser Entwicklung war: Insbesondere die Kernzielgruppe der jungen

Erwachsenen hatte das Gefühl, sich immer seltener einen Besuch der Fastfood-Kette leisten

zu können. Die daraus resultierende rückläufige Besuchsfrequenz hatte entsprechende Absatz-

und Umsatzeffekte. Ziel war es, diese Entwicklung kurzfristig zu stoppen. Wichtigster An-

satzpunkt war dafür eine deutliche Flexibilisierung des bestehenden Preissystems.

Somit agiert McDonald’s marketingstrategisch nach TOMCZAK ET AL. im deutschen Markt

als Potentialausschöpfer: Die Bindung bestehender Kunden erfolgt auf Basis einer Leistungs-

pflege mit dem Schwerpunkt auf die Marketing-Mix-Dimension Preis.

Werbestrategie:

Im Fokus der Kampagne standen dementsprechend die Bestandsprodukte. Angesichts der ge-

wachsenen Preissensibilität wurde auf Basis dieser bestehenden Produkte das McDonald’s

Ein-Mal-Eins-Angebot kreiert: elf Produkte für je 1 Euro jeden Tag.

Laut Susan Schmidt, Department Head Marketing wurden mit diesem Preis-Programm zwei

Strategien verfolgt:

1. Ein günstiges und zugleich niedrigschwelliges Angebot nach dem Baukastenprinzip zur

kurzfristigen Besuchs- und Umsatzfrequenzerhöhung bei den Bestandskunden;

2. Eine günstige zusätzliche Ergänzungsoption zum Menü-Produkt im Sinne eines Upselling.

Zielgruppe dieses Preisprogramms waren vor allem die Bestandskunden, die durch einen Fre-

quenzerhalt bzw. -steigerung ihrer Filialbesuche loyalisiert werden sollten. Diese Kernziel-

gruppe von McDonald’s besteht aus Fast-Food-affinen Teenagern und jungen Erwachsenen

zwischen 16 und 25 Jahren. Ergänzend dazu sollte die „Ein-Mal-Eins“-Aktion auch ein attrak-

tives Einstiegsangebot für Neukunden (wie z. B. junge Mütter), die in dem 1 Euro-Angebot

eine attraktive Preis-Alternative zu den gewohnten Snack-Points sehen.

Werbetreibender McDonald’s Promotions GmbH & Co. KG, München Branche Dienstleistung/Systemgastronomie Werbeobjekt Gesamtangebot Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Januar bis Dezember 2005 Kampagnenvolumen* Keine Angaben

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 42: Kampagnen-Steckbrief McDonald's

Quelle: Eigene Darstellung

Dementsprechend lagen der Werbekampagne folgende absatzpolitische Ziele zugrunde:

203

• signifikante Steigerung der Besuchsfrequenz bestehender Kunden als Grundlage für eine

Absatz- und Umsatzsteigerung;

• Adressierung neuer Kundenschichten (z. B. junge Mütter).

Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Unterziele ab:

• Imagekorrektur bzw. Verbesserung in der Dimension Preis-Leistungsverhältnis;

• kurzfristiger Aufbau hoher Bekanntheit der neuen Preis-Werbung (ungestützte Bekannt-

heit);

• Erreichung hoher Likeability in der Zielgruppe.

Für die kreative Kommunikation des neuen Preisprogramms von McDonald’s waren laut Ca-

rina Eickmann, Senior Account Director bei der verantwortlichen Agentur Heye & Partner

drei Kernelemente zentral: Angebotsvielfalt und -relevanz (elf Produkte), günstiger Preis (1

Euro) sowie Kontinuität (Dauerangebot statt befristetes Aktionsangebot). Kernbotschaft der

Kampagne war dementsprechend „Für alle viel Auswahl für wenig Geld“.

Leitmedien im Media-Mix waren nach Aussage Schmidts TV und Radio mit dem Ziel einer

schnellen Bekanntheit. Entsprechend wurden drei TV- und sieben Radio-Motive eingesetzt.

Ergänzend wurden Plakatmotive geschaltet. Die ganzjährige Kampagne wurde in zwei Phasen

organisiert: Während in der ersten Phase die Bekanntmachung der Preisaktion im Vorder-

grund stand, wurde in der zweiten Phase der direkte Kaufaufruf mit der Auslobung eines kon-

kreten Produktes verbunden. Flankiert wurde diese Werbeaktivität durch weitere Werbemaß-

nahmen am Point of Purchase.

In der gestalterischen Umsetzung blieb die Kampagne im Rahmen des bestehenden prägnan-

ten Werbeformats von McDonald’s. Während der TV-Spot das 1 Euro-Angebot – wie in den

Kampagnen vorher bereits – in Verbindung mit einer Kundensituation am McDonald’s-

Filialtresen thematisierte, wurden in der Printwerbung plakativ die elf Produkte des Angebots

präsentiert.

Anders als bei vielen McDonald’s-Kampagnen wurde auf den Einsatz prominenter Testimo-

nials verzichtet.

Kampagnenerfolg:

Folgende Ergebnisse wurden im Zuge der Kampagne erreicht:

• In einem mit knapp 2 % nur schwach wachsenden Außer-Haus-Konsum-Markt stiegen die

McDonald’s-Besucherzahlen in 2005 gegenüber dem Vorjahr um 12,8 %, während die

Zahl der bundesweiten Restaurants von 2004 auf 2005 nur um 0,1 % auf insgesamt 1264

gestiegen war.

• Der Besucherzuwachs schlug sich in höheren Umsätzen nieder, so wurden die Umsätze

pro Filiale im Durchschnitt um 5,1 % gesteigert, während er in den Filialen der Wettwer-

ber im gleichen Zeitraum um 2,7 % sank.

204

• In den Imagedimensionen „Niedrige Preise“ und „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“ wur-

den Steigerungen gegenüber dem Vorjahr von 30 bzw. 25 % erzielt. Damit wurde der

Zielwert von +15 % deutlich übertroffen.

• Die Likeability wuchs gegenüber dem Vorjahr um 16 % bei der Zielgruppe der 14-

17jährigen und um 12 % bei der Zielgruppe der 18-19jährigen ohne Kinder.

Für die Bewertung diese Kampagnen-Ergebnisse sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• McDonald’s steigerte seine Werbespendings 2005 gegenüber dem Vorjahr um 7,3 % auf

119,4 Mio. Euro.

• Parallel zum „Ein-mal-Eins-Programm“ wurde als weiteres Element der Preisflexibilisie-

rungs- und Loyalisierungsstrategie eine umfangreiche, zeitlich befristete Rabatt-Coupon-

Aktion gestartet, bei der auf bestimmte Produktbundles und Menüvarianten Preisrabatte

von bis zu 50 % auf den Normalpreis gewährt wurden. Die Produktauswahl dieser Cou-

poning-Aktion war komplementär zur Auswahl der Ein-Mal-Eins-Aktion. Die Coupons

wurden sowohl als Einhefter in Publikumszeitschriften, als Hauswurfsendung wie auch als

frei downloadbares pdf-File im Internet vertrieben.

Trotz einiger Loyalisierungserfolge im Zuge der „Ein-Mal-Eins-Kampagne“ konnte der Stag-

nationsprozess bei McDonald’s nicht in einen deutlichen Wachstumspfad gewendet werden.

Als Konsequenz aus dieser Entwicklung wurde die bereits 2003 unter dem Arbeitsmotto "Rol-

ling Energy" gestartete Kampagne zur weltweiten Stärkung und Revitalisierung der Marke

McDonald's mit dem neuen Claim „Ich liebe es“ 2005 um eine deutliche angebotsseitige Ver-

änderung als Grundlage für eine grundsätzliche Umpositionierung639 ergänzt: Das traditionel-

le Fast-Food-Sortiment wurde um gesunde und regionale Produkte erweitert und passend zur

neuen Positionierung das Top-Modell Heidi Klum als Testimonial für die Werbung in

Deutschland verpflichtet. Mit dem Aufbau der sogenannten Mc Cafés wurde zudem dem

Wettbewerber Starbucks offensiv Konkurrenz gemacht.640

Somit wechselte McDonald’s marketingstrategisch seinen Fokus von der Rolle des Potential-

ausschöpfers zurück zur traditionellen Positionierung als Multiplizierer.641 Aktuell hat sich

der Schnell-Imbiss-Anbieter jedoch zum Marketing-Virtuosen weiterentwickelt: Komplemen-

tär zur den Leistungs-Innovationen zur Ansprache neuer Kundenschichten wird das „Einmal-

eins-Programm“ – mit einer Reduzierung auf neun Angebotsprodukte – nach Aussage von

Schmidt als „nachhaltig erfolgreiche Loyalisierungsmaßnahme“ fortgesetzt.

639 ZOBAY, 2005, S. 11 ff. 640 EBERLE, 2007, S. 16 641 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 29

205

Fazit:

Die „Ein-Mal-Eins“-Kampagne von McDonald’s weist deutliche Charakteristika einer Loyali-

tätswerbung auf: Bestehende Produkte werden schwerpunktmäßig an die Bestandskunden ad-

ressiert. Zentraler USP ist dabei eine Flexibilisierung der Preissysteme, die zu einer Kunden-

Penetration im Sinne eines höheren Umsatzes pro Kunde auf Basis einer höheren Besuchsfre-

quenz bzw. eines Cross-Sellings (Aktions-Produkte werden mit anderen Produkten kombi-

niert) führen soll. Die Ansprache von Neukunden ist demgegenüber deutlich nachrangig.

Im Fokus steht die Schaffung von Awareness für das spezifische Loyalisierungsangebot ver-

bunden mit einer entsprechenden Imagekorrektur. Kommunikative Positionierung und Werbe-

botschaft wurden gegenüber der bisherigen Werbekommunikation beibehalten.

Media hat im Kommunikations-Mix eine hohe strategische Bedeutung. Dies ist im Falle von

McDonald’s strukturell bedingt: Die Filialen sind über Franchiser organisiert, McDonald’s

verfügt somit nicht über den unmittelbaren Kundenkontakt, hat also auch nicht die Möglich-

keit, Kundendaten direkt am Point of Purchase zu generieren. Zudem sind Direkt-

Marketingmaßnahmen in Verbindung mit Low-Involvement-Produkten generell kritisch zu

bewerten, weshalb der Schwerpunkt-Einsatz von Massenmedien im Fall eines Massenanbie-

ters wie McDonald’s plausibel erscheint.

Auffällig an der Loyalitätskampagne von McDonald’s ist die Parallelität zu Kampagnenbei-

spielen für neukundenorientierte Expansionswerbung, in denen stagnativen Entwicklungen

mit einer fokussierten Leistungsoptimierung des Produktes in Verbindung mit einem überar-

beiteten Markenauftritt (Drei-Wetter-Taft, VW Golf) entgegengewirkt wurde. Dennoch ist als

deutlicher Unterschied in der strategischen Ausrichtung der jeweilige Zielgruppenfokus ent-

scheidend: Während McDonald’s den Schwerpunkt seiner Werbestrategie ausdrücklich auf

die Penetration der Stammkundschaft legte, stand bei den Kampagnen für Drei-Wetter-Taft,

und den VW Golf die Adressierung von Neukunden stärker im Fokus.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Bestandsprodukt Zielgruppenfokus Überwiegend Bestandskunden Werbebudget k.A. Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Präferenz Positionierung Information (synchron) Werbebotschaft Informativ (synchron) Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (80%) Leitmedium TV

Abbildung 43: Ausprägungen der McDonald’s-Kampagne als Loyalitätswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

206

6.1.12 Kampagnen-Fallstudie Flatrate XXL local, T-Com

Marketingstrategie:

Mit einem Umsatz von 61,3 Mrd. Euro in 2006 und 111.267 Mitarbeitern im Geschäftsjahr

2006642 ist die Deutsche Telekom AG absoluter Marktführer im deutschen Telekommunikati-

onsmarkt sowie ein führender Telekommunikationsanbieter in Europa. Das Angebotsportfolio

reicht von Festnetz-Telefonie über Mobilfunk, Online-Zugangsgeschäft bis zu IT- und Tele-

kommunikations-Dienstleistungen im Business-Bereich. Nach der Privatisierung des ehema-

ligen Staatsmonopolisten im Jahr 1999 wurde 2003 das Unternehmen in verschiedenen Ge-

schäftssparten organisiert, die abgeleitet vom „T“ als Dachsignet unter einem entsprechend

Subbrand positioniert wurden. So firmierte der Festnetzbereich, das ursprüngliche Kernge-

schäft des Unternehmens, ab 2003 unter der Marke T-Com. Der Geschäftsbereich Fest-

netz/Breitband erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2006 mit 103786 Mitarbeitern einen Gesamt-

umsatz von 24,7 Milliarden Euro, was 40 % des Konzernumsatzes entspricht. T-Com inves-

tierte 2006 in Deutschland insgesamt 169,7 Mio. Euro in Mediawerbung und war damit mit

großem Abstand größter Werbetreibender im Telekommunikationsmarkt insgesamt sowie im

Markt der Anbieter für Festanschlüsse.

Als Betreiber des Festnetzes haftete T-Com im Denkgefühl der Kunden „das negative Image

des schwerfälligen Monopolisten an, der sich nicht wirklich um seine Kunden kümmert“.643

Gleichzeitig war T-Com im Rahmen der Liberalisierung des deutschen Telekommunikati-

onsmarktes mit einem intensiven Wettbewerb konfrontiert. Konsequenz dieser Entwicklung

waren „Geringe Markenloyalität und dramatische Kundenabwanderungen.“644 Dies traf T-

Com doppelt hart: Zum einen verzeichnete T-Com eklatante Umsatzeinbrüche im essentiellen

Kerngeschäftsfeld Festnetzanschluss durch Kundenabwanderungen zu preisagressiven natio-

nalen Anbietern wie z. B. Arcor und regionalen Festnetzbetreibern wie Hansenet (“Alice“)

oder an Mobilfunkbetreiber wie Vodafone und E-Plus. Zum anderen war mit jedem verlore-

nen klassischen Festnetz-Kunden der Verlust eines potentiellen Breitband- bzw. Flatrate-

Kunden verbunden. Kommunikativ war zum Start von T-Com die Assoziation mit der Mut-

tergesellschaft immer noch sehr hoch, wohingegen die ungestützte Bekanntheit der Marke T-

Com erst bei knapp 30 % lag.

Parallel zu dieser Entwicklung wurde die Deutsche Telekom AG 2002 einer der vierzehn in-

ternationalen Hauptsponsoren der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2006, die in Deutschland

stattfand. Dieses WM-Sponsorship wurde verknüpft mit der Vermarktung des Flatrate-Tarifs

XXL local. Somit verfolgte T-Com marketingstrategisch eindeutig das Ziel der Bestandskun-

denbindung auf Grundlage einer vor allem kommunikationsfokussierten Leistungspflege und

642 DEUTSCHE TELEKOM AG, 2006, U2 643 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 29 644 JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 30

207

agierte somit in der Definition von TOMZAK, REINECKE und MÜHLMEIER als Po-

tentialsausschöpfer.645

Werbestrategie:

„Anfang 2005 war innerhalb der Deutschen Telekom die Verwertung der enormen Vermark-

tungsmöglichkeiten als Hauptsponsor der FIFA-Fußballweltmeisterschaft noch ein crossdivi-

sionales Projekt ohne Fokus auf eine Marke oder ein Produkt“, beschreibt Sven Grümer, da-

mals Leiter des FIFA WM 2006-Projektes bei T-Com die Ausgangssituation. Erst im laufen-

den Entwicklungsprozess hätten sich eine Reihe von Argumenten für die Verknüpfung T-

Com und FIFA WM 2006 ergäben:

• Die Bekanntheit der Marke war immer noch unterproportional zur Kundenreichweite, das

Image zudem negativ;

• die Intensivierung des Wettbewerbs im deutschen Telekommunikationsmarkt verschärfte

insbesondere auf die Festnetzsparte den Absatz- und Ergebnisdruck. Es bestand hoher Be-

darf für eine deutliche nachhaltige kommunikative Differenzierung angesichts einer tägli-

chen veränderten Wettbewerbssituation die leistungsbezogene Differenzierung immer un-

schärfer erschienen ließ;

• als Sponsor des Bundesligavereins FC Bayern München war T-Com bereits im Sportbe-

reich engagiert.

Daraus entstand eine Fußballweltmeisterschafts-Kampagne, die die Vermarktung der Deut-

schen Telekom mit der regulären Produktwerbung von T-Com verband. „Uns war klar, das

wir mit der Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen nicht nachhaltig erfolgreich wer-

den sein können, wenn die Absender-Adresse T-Com pauschal negativ bewertet wird“, so

Grümer zu der Verbindung. Im Fokus der Kampagne stand die Bewerbung des neuen Flatra-

te-Tarifs XXL local. Um für diesen Tarif angesichts täglich neuer und attraktiver Wettbe-

werbsangebote einen einzigartigen und nachhaltigen Mehrwert zu generieren, wurde ein eige-

nes T-Com FIFA-WM-T-Shirt entworfen, das jeder neue Vertragskunde als zusätzliches und

anfassbares Goodie zum Tarifvertrag erhielt. „Dieses T-Shirt war der greifbare Ausdruck des

emotionalen Mehrwerts, der mit unserer Kampagne transportiert wurde“, so Hans Albers,

damals verantwortlicher Geschäftsführer bei der ausführenden Agentur Economia. Die Her-

ausforderung habe schon damals darin bestanden, dass im intensiven Preis-Wettbewerb das

beworbene Tarif-Angebot innerhalb kürzester Zeit von Wettbewerbern unterboten worden sei.

„Angesichts eines fluiden funktionalen Mehrwerts waren wir somit gezwungen, den Ver-

tragskunden einen Mehrwert zu bieten, den sie von keinem der Telekom-Wettbewerber in

gleicher Weise erhalten konnten“, so Albers weiter.

645 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28

208

Zielgruppe der Kampagne waren alle privaten Nutzer von Telefonie, darunter insbesondere

die circa 40 Millionen T-Com-Bestandskunden. Diese hatten sich nicht bewusst für die die

Leistung von T-Com entschieden, sondern blieben als Kunden des ehemaligen Monopolisten,

standen aber 2005 angesichts der preisagressiven Wettbewerbsangebote täglich vor der Frage

zu wechseln. Dementsprechend war der Schwerpunkt der Kampagne eine Loyalisierung die-

ser Kunden aus zwei Gründen:

1. Erhalt der bestehenden Umsatz- und Ergebnisbasis;

2. Upselling in breitbandigere und gleichzeitig umsatz- und ergebnisstärkere Dienste.

Werbetreibender Deutsche Telekom AG Branche Telekommunikation Werbeobjekt City-Flatrate XXL local Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Oktober 2005 bis August 2006 Kampagnenvolumen* 20 Mio. Euro

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 44: Kampagnen-Steckbrief T-Com

Quelle: Eigene Darstellung

Grümer: „Der Flatrate-Tarif war für uns deshalb ein wichtiges Loyalisierungsinstrument, weil

er die bisherigen klassischen Festnetz-Nutzer von einem Vertragsverhältnis mit drei Monaten

Kündigungsfrist in ein auf 12 Monate fixiertes Vertragsverhältnis konvertierte.“

Daraus ergaben sich laut Grümer folgende zwei Anforderungen an die T-Com-Kampagne646:

1. T-Com als Marke differenziert und relevant ins Bewusstsein zu bringen und so die bisher

überwiegend leidenschaftslosen Kunden nachhaltig für T-Com zu begeistern;

2. die involvierten Kunden zielgerichtet zu den Vertriebskanälen (T-Punkt-Filialen, Telefon-

Hotlines, Online-Plattform) zu führen, um sie dort durch den beworbenen Flatrate-Tarif

oder andere Dienstleistungen zu loyalisieren.

Entsprechend wurden folgende Kampagnenziele fixiert:

• Awareness: Steigerung der ungestützten Werbebekanntheit von T-Com um mindestens

20 % auf 40 %;

• Image-Korrektur: Signifikante Steigerung der Markenstärke in den entsprechenden Di-

mensionen um mindestens 10 %;

• Kundenkontakt: Deutliche Frequenzerhöhung am Point-of-Sale über dem Zielwert von

10 %, nämlich um 24 % in den T-Punkten und um 12 % in den Callcentern

• Absatz: Verkauf von mindestens 1 Million Flatrate-Tarifen mit dem Kampagnen-T-Shirt

als zusätzlichem Leistungsbestandteil.

646 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 31

209

In der kreativen Umsetzung war laut Albers eine doppelte Herausforderung zu bewältigen,

„weil es galt, sowohl eine Kampagne zu entwickeln, die so emotional-einprägsam ist, dass sie

sowohl der Marke T-Com ein relevantes und attraktives Image verleiht, als auch mit einer kla-

ren funktionalen Botschaft Kunden loyalisiert, indem sie zum Produktkauf animiert.“

Grundlage der Kreativ-Strategie war die FIFA WM 2006 in Deutschland. Grümer: „Kaum ein

anderes Thema verbindet so viele Menschen so intensiv und emotional miteinander. Dieses

Volks-Event war damit wie geschaffen für unser Volksprodukt.“ Albers: „Deshalb wollten

wir T-Com als einen der Hauptsponsoren der WM als eine volksnahe Marke inszenieren.“

Um ein Maximum an Verbraucherbindung zu erreichen, bildeten für die kreative Umsetzung

zwei Motivationsquellen laut Grümer das strategische Fundament:647

1. Das intensive kollektive Streben vieler Deutschen nach einer positiven Darstellung ihres

Landes im Ausland (analog dem offiziellen Claim: „Die Welt zu Gast bei Freunden“);

2. das stark verbreitete Bedürfnis des Individuums nach Wahrnehmung und Geltung in einer

zunehmend medialisierten Gesellschaft (analog TV-Formaten wie Big Brother und

Deutschland sucht den Superstar).

Die Idee war, beide Motivationsquellen zu einer lückenlos vernetzten Kommunikations- und

Vertriebskampagne zu verbinden. Zentrale Botschaft dieser Kampagne war: „Machen Sie mit

im größten Nationalteam aller Zeiten und heißen sie die Fußballfans aus aller Welt in

Deutschland willkommen.“ Unter der Marke T-Com sollten die Fußballbegeisterten Deutsch-

lands zu einer Community vernetzt werden. Dies erfolgte in zwei Stufen:

1. Dem Erwerb des T-Com WM-Welcome-Trikots als kostenlose Zugabe zum neuen Flatra-

te-Tarif;

2. die Teilnahme als neuer T-Com-Flatrate-Kunde an der WM-Kampagne.

Grümer: „Mit dem Kauf des neuen Tarifs war das Versprechen an den Kunden verbunden:

‚Du wirst ein Teil unserer WM-Kampagne’“. Dementsprechend konnten sich die Kunden auf

einer eigenen Online-Plattform registrieren und mit ihrem Foto präsentieren. Aus diesem

Community-Pool wurde dann hunderte von Kunden ausgewählt und zu Foto-Shootings und

TV-Aufnahme eingeladen. „Als schier endlose Menschenkette getreu dem Kampagnen-Motto

‚Das größte Nationalteam aller Zeiten’ haben wir dann die Kunden zusammen mit der deut-

scher Fußball-Nationalmannschaft gezeigt“, so Albers.

Deshalb hatte die Kampagne im kreativen Ergebnis viele Elemente einer klassischen Unter-

nehmens- und Imagewerbung, die komplettiert wurde um den konkreten Hinweis auf den Ak-

tionstarif.

647 JUNG/VON VIEREGGE, 2006, S. 32

210

Leitmedium im Media-Mix war angesichts des emotionalen Themas WM und der benötigten

hohen Reichweite TV mit einem Budgetanteil von knapp 40 %. Flankiert wurden die vielen

Menschenketten-Varianten-TV-Spots um Print-Anzeigen in Publikumszeitschriften und Ta-

geszeitungen (Budgetanteil circa 10 %). Eine wichtige Bedeutung hatten zudem Plakatwer-

bung, weil hier ungewöhnliche Formate (Super-Poster) und Buchungen (mehrere Plakatflä-

chen nebeneinander) die Kampagnenbotschaft prägnant unterstrichen.

Besonders hohe Kampagnenrelevanz hatte angesichts der Einbeziehung der Kunden in die

Kampagnengestaltung PR. So wurde verschiedene „Welcome-Events“ inszeniert (u.a. der

„Welcome-Day“ in Leipzig im Dezember 2005), zu denen die Bevölkerung eingeladen wurde

und über die die Presse – ebenso wie zu den lokalen Menschenketten-Drehterminen – breit

berichtete. 40 % des Kampagnenbudgets wurden dagegen in Below-the-Line-Maßnahmen in-

vestiert. Dazu gehörten vor allem Bestandskunden-Mailings sowie umfangreiche Point-of-

Sale-Massnahmen.

Kampagnenerfolg:

Folgende Ergebnisse erzielte die Kampagne:

1. Awareness: Steigerung der ungestützten Werbebekanntheit von T-Com auf 43 %;

2. Image-Korrektur: Signifikante Steigerung der Markenstärke in den entsprechenden Di-

mensionen um 17 %;

3. Kundenkontakt: Frequenzerhöhung am Point-of-Sale (T-Punkt, Call-Center) um 10 %;

4. Absatz: Verkauf von mindestens 1,6 Million Flatrate-Tarifen mit dem Kampagnen-T-Shirt

als zusätzlichem Kaufanreiz, 60 % mehr als geplant.

Für den enormen Awareness-Erfolg gibt es zwei Erklärungen:

1. Das im Vergleich zu allen Wettbewerbern überproportional hohe Werbebudget von T-

Com mit 169,7 Mio. in 2006;

2. der hohe Multiplikator-Faktor durch die allgemeine WM-Berichterstattung.

Kampagnenverantwortlicher Grümer dazu: „Durch die Welcome-T-Shirts, welche die Kunden

die ganze WM über trugen und die vielen Events waren wir permanent in der WM-

Berichterstattung präsent und konnten wir eine gigantische Multiplizierung der klassischen

Media-Reichweite erreichen.“

Aus Sicht der Kampagnenverantwortlichen gab es für den Erfolg drei Treiber:

1. Exposition,

2. First Mover,

3. Bekenntnismut.

Die Exposition bestand nach Grümer in der anhaltenden Konsequenz der Deutschen Telekom,

die Kampagne der Bedeutung des Ereignisses angemessen budgetär und inhaltlich-komplex

211

„groß zu fahren“ und sich auch den mit dem Kampagnen-Konzept verbundenen hohen logisti-

schen Herausforderungen zu stellen. Ein weiterer Erfolgsfaktor war nach Albers außerdem

das Timing der Kampagne, die deutlich vor allen Werbekampagnen mit WM-Bezug bereits

im Winter des Vorjahres gestartet wurde. „Mit dem Auftakt-Event in Leipzig haben wir als

erste realisiert und mitinitiiert, dass die WM letztlich zu einem Volksfest wurde“, so Albers.

Dritter maßgeblicher Erfolgsfaktor war nach Grümer das öffentliche Kampagnen-Bekenntnis

zur deutschen Nationalmannschaft zu einem Zeitpunkt, als diese angesichts ihrer Leistung in

der Presse noch massiv kritisiert wurde. Grümer dazu: „Angesichts dieses frühen Bekennt-

nismuts haben wir auch überproportional von der später einsetzenden Zustimmung und Eu-

phorie profitiert.“

Ein zusätzlicher, ungeplanter Überraschungserfolg der Kunden-Kampagne war die Mobilisie-

rung der Telekom-Mitarbeiter intern: So haben insgesamt 50000 Mitarbeiter, also mehr als ein

Drittel der damaligen Belegschaft, das Welcome-T-Shirt nachgefragt. Aufgrund dieser enor-

men internen Resonanz wurde die gesamte Mitarbeiterkommunikation kurzfristig auf das

WM-Thema umgestellt. Grümer: „Das Menschenketten-Prinzip der Konsumentenkampagne

wurde auf die T-Com-Mitarbeiter übertragen und standortweit entsprechende Shootings orga-

nisiert.“ Was eigentlich zur Kundenbindung gedacht gewesen sei, hätte angesichts der fortlau-

fenden Stellenabbau-Maßnahmen den gleichen loyalisierenden Effekt nach innen gehabt.

Grümer: „Mit dem Welcome-T-Shirt fand durch die Mitarbeiter ein öffentliches Bekenntnis

zu ihrem Arbeitgeber statt, der in dieser Phase massiver öffentlicher Kritik ausgesetzt war“, so

Grümer weiter. Für die Mitarbeiter habe sich mit der Kampagne „Stolz“ und „Erhabenheit“

im Bezug auf den eigenen Arbeitgeber entfaltet.

„Der eigentliche Erfolg der Kampagne bestand darin, die fast zwangsläufige Abwanderung

der Kunden vom ehemaligen Monopolisten T-Com mit Hilfe des emotionalisierenden Groß-

ereignisses Fußball-Weltmeisterschaft temporär abgebremst werden konnte“, so Albers.

Der in der Kampagnen erzielte Sympathiegewinn für die Marke T-Com blieb jedoch nur von

begrenzter Nachhaltigkeit: Mit dem Wechsel des Vorstandvorsitzenden Klaus Ricke zu René

Obermann wurde die bestehende Sparten- und Markenorganisation wieder verändert: Nach

drei Jahren Lebenszeit verschwand die Marke T-Com zum Mai 2007 aus der Öffentlichkeit

und wurde durch die Marke T-Home ersetzt.648

Fazit:

Die T-Com WM-2006-Kampagne ist in den Kerndimensionen eine exemplarische Form der

Loyalitätswerbung: Der große Kreis der Bestandskunden soll von der Aufrechterhaltung der

648 DEUTSCHE TELEKOM, 2007

212

bestehenden Kundenbeziehung durch eine Produktvariation649 überzeugt werden. Angesichts

des Status als Ex-Monopolist war zum Kampagnenzeitpunkt die Zahl der Nicht(-mehr)-

Kunden immer noch verhältnismäßig gering, weshalb die Ansprache von Neukunden (im

Sinne zurückgewonnener Altkunden) automatisch gar keine strategische Relevanz hatte. Die

leistungspflegende Produktvariation bestand in der Platzierung eines City-Flatrate-Tarifs, der

den Festnetz-Anschluss der Bestandskunden als ein für viele Kunden günstigeres längerfristi-

ges Angebot (24 Monate Laufzeit) im Sinne eines Upselling ersetzen sollte.

Ungewöhnlich war die absolute Priorisierung auf eine Imagekorrektur der Absendermarke.

Die Bekanntheit des Loyalisierungsangebotes XXL-Tarif spielte dagegen keine vorrangige

Bedeutung.

Auffällig im Vergleich zu anderen Loyalitätskampagnen ist die Veränderung der kommunika-

tiven Positionierung und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Kommunikation.

Analog ist dagegen die reduzierte strategische Bedeutung von Mediawerbung im Kommuni-

kations-Mix. Die Fallstudie belegt anschaulich die hohe Bedeutung von Maßnahmen am PoS,

PR und Event-Marketing. Der Einsatz von TV als Leitmedium entspricht der bisherigen Prio-

risierung im Media-Mix von T-Com.

Auffällig an der Loyalitätskampagne von T-Com ist die hohe strategische Bedeutung einer

massiven Imagekorrektur der Absendermarke als Voraussetzung für eine erfolgreiche generel-

le Loyalisierung der Bestandskunden. Demgegenüber erschien die Bedeutung der konkret

beworbenen Leistung eher nachrangig. Das erklärt, warum die Kampagne in Teilen (insbe-

sondere bezogen auf die TV-Spots) eher den Charakter einer Unternehmensimage-Werbung

denn einer absatzorientierten Produktwerbung hatte.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Verbesserte Bestandsleistung Zielgruppenfokus Fast ausschließlich Bestandskunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Imagekorrektur Positionierung Emotion Werbebotschaft Emotion Stellenwert Mediawerbung mittel (50%) Leitmedium TV

Abbildung 45: Ausprägungen der T-Com-Kampagne als Loyalitätswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

649 BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff.; HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.

213

6.1.13 Kampagnen-Fallstudie Gillette Fusion, Procter & Gamble

Marketingstrategie

Gillette, seit 2005 Teil des US-amerikanischen Konsumgüterherstellers Procter & Gamble, ist

die marktführende Marke im weltweiten Nassrasur-Markt. Auch im deutschen Markt ist Gil-

lette seit vielen Jahren stabiler Marktführer mit einem Gesamtmarktanteil von 29 % (48 % un-

ter den Markenartiklern) vor dem traditionellen Konkurrenten Wilkinson mit knapp 9 % bzw.

mit 14 % unter den Markenartiklern (AC Nielsen, September 2005). Beide Unternehmen ste-

hen in einem intensiven Wettbewerb, wobei jede Produkt-Neueinführung des einen, einen

Produktlaunch des anderen zur Folge hat, wobei über den tatsächlichen Innovationscharakter

der jeweiligen Produkte massiv gestritten wird.650 1998 wurde von Gillette das äußerst erfolg-

reiche 3-Klingen-System Mach3 in Deutschland eingeführt und später im Sinne einer leis-

tungsverbessernden Variation651 durch das Produkt Mach3 Turbo ersetzt.

Der Nassrasurmarkt ist aktuell durch drei Entwicklungen geprägt:

• Innovationsdruck des wichtigsten Marken-Wettbewerbers: Im Herbst 2003 hat der größte

Marken-Wettbewerber Wilkinson ein 4-Klingen-System in Konkurrenz zu Gillettes aktuel-

lem 3-Klingen-System Mach3Turbo eingeführt.

• Substitutionsgefahr durch Handelsmarken: Die Eigenmarken des Handels stellen für viele

Konsumenten eine Alternative zu den bewährten Marktprodukten dar. Ihr Marktanteil lag

im September 2005 bei knapp 39 %.

• Preissensibilität als Wachstumsbarriere. Die Bereitschaft der Kunden, hohe Abgabepreise

für Rasierapparate und -klingen zu akzeptieren, stagniert deutlich und liegt mit dem Mach3

Turbo bei einem Abgabepreis von 8,62 Euro deutlich unter der „magischen 10 Euro-

Schwelle“.

Die Konsequenz aus dieser Entwicklung ist: Günstige Handelsprodukte einerseits und ein in-

novatives Marken-Wettbewerbsprodukt andererseits führen zur Abwanderung bestehender

Gillette-Kunden, was den Verlust von Marktanteilen zur Folge hat. Diese Entwicklung soll

durch ein signifikantes Produkt-Upgrade – das letzte erfolgte vor acht Jahren – gestoppt wer-

den. Gleichzeitig sollte die deutliche Leistungsverbesserung zur Durchsetzung eines höheren

Abverkaufspreises genutzt werden bzw. mit ihr einhergehen. Das Ergebnis war die Einfüh-

rung des Gillette Fusion als 5-Klingen-System in Verbindung mit einem Präzisionstrimmer

für schwer erreichbare Stellen. Aus der Verbindung dieser Leistungskomponenten rührt der

Produktname Fusion her. Der Verkaufspreis für das Produkt Fusion lag bei 11,99 Euro und

somit deutlich sowohl über der 10-Euro-Schwelle als auch 39 % über dem Verkaufspreis des

Vorgängermodells Mach3 Turbo (8,62 Euro). Angesichts dieses hohen Preises in Verbindung

650 SIEGLOCH, 2005 651 BÜSCHKEN/VON THADEN, 2007, S. 597 ff.; HUBER/KOPSCH, 2007, S. 617 ff.

214

mit einer starken Emotionalisierung des Alltagsproduktes Rasierklinge ist der Gillette Fusion

aufgrund seiner Lifestyle-Qualitäten als High-Involvement-Produkt einzuordnen.

Trotz der Einführung des Gillette Fusion wurde der Mach 3 als 3-Klingen-Modell weiterhin

angeboten.

Angesichts dieses konsequenten Substitutionsprozesses durch die Einführung eines Produkt-

Upgrades als leistungspflegende Maßnahme zum Erhalt der bestehenden Kundenbasis lässt

sich Gillette marketingstrategisch als Potentialausschöpfer charakterisieren.

Werbetreibender Procter & Gamble Deutschland GmbH Branche Konsumgüter/Pflegeprodukte Werbeobjekt Gillette Fusion Objektcharakter mittel-high-Involvement Kampagnenzeitraum September 2006-Dezember 2007 Kampagnenvolumen* Keine Angaben

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 46: Kampagnen-Steckbrief Gillette

Quelle: Eigene Darstellung

Werbestrategie:

Im Fokus der Kampagne stand die Einführung des Gillette Fusion als Produkt-Upgrade (Leis-

tungspflegende Variation) zum bisherigen Mach3 Turbo. Der Adressatenfokus lag dabei so-

wohl auf der Stammkundschaft, die durch den Wechsel auf das deutlich verbesserte Produkt

nachhaltig loyalisiert werden sollte wie auch auf Neukunden, die bislang Verwender des leis-

tungsschwächeren Produktes des Hauptwettbewerbers Wilkinson waren.

Maßstab für die konkreten Kampagnenziele waren die Ergebnisse der vorangegangenen sehr

erfolgreichen Mach3 Einführungskampagne.

Dementsprechend wurden absatzpolitischen Ziele fixiert:

• Abverkaufszahlen der ersten Wochen sollten den Mach3-Benchmark noch übertreffen;

• Steigerung der Preisakzeptanz durch zusätzlichen Produktnutzen;

• Marktanteile zurückerobern.

Daraus leiteten sich folgenden kommunikativen Ziele ab:

• Awareness: Bekanntheit von mindestens 60 %.

Laura Posler, kampagnenverantwortliche Produktmanagerin für Gillette bei Procter &

Gamble Deutschland erklärt zum Kampagnenziel: „Um die Marktführerschaft Gillettes zu si-

chern und die Voraussetzung für Preissteigerungsspielräume zu schaffen, musste der absolute

Premiumanspruch der Marke in der Kommunikation deutlich werden.“ Zu diesem Zweck

wurde „Innovationskraft“ als die Kernkompetenz von Gillette zum zentralen Thema der

Kampagne. Nach Posler bestand die Relevanz dieses Kundenbenefits auf Basis der neuen 5-

215

Klingen-Technologie in seinem hohen Differenzierungscharakter sowohl gegenüber dem

Marken- wie auch den Handelswettbewerbern.

In Assoziation zum Produktnamen wurde kreativ das Thema Kernfusion visualisiert, wobei –

in Anspielung auf die zwei Leistungskomponenten – ein hohes Maß an Energie freigesetzt

wird. Sandra Vent, kampagnenverantwortliche Account Director bei der Werbeagentur

BBDO: „Durch eine dynamisch-futuristische Bildwelt wollten wir das Thema Innovation in

den Köpfen der Konsumenten in Verbindung mit Gillette verankern.“

In der Kampagnenumsetzung wurde zweistufig vorgegangen: In einer Pre-Launch-Phase ging

es vor allem darum, Aufmerksamkeit zu generieren. Dafür kamen vor allem nicht-mediale In-

strumente wie PR, Roadshows für den Handel und die Konsumenten zum Einsatz. In der

zweiten Stufe der Launch- und After-Launch-Phase wurden dann die konkreten Eigenschaften

und Benefits des Neuprodukts kommuniziert. Dabei kam vor allem TV als Kampagnen-

Leitmedium zum Einsatz. Flankiert wurden die TV-Spots durch Print-Anzeigen in zielgrup-

penadäquaten Publikumszeitschriften. Diese wurden immer am Tag nach einer umfangreiche-

ren TV-Spot-Präsenz geschaltet.

Kampagnenerfolg:

Im Zuge der Kampagne wurden folgende Ergebnisse erzielt:

• Bekanntheit: Gillette Fusion erreichte bereits einen Monat nach Produkteinführung eine

Bekanntheit von 65 %.

• Der Rasierapparate-Absatz verdoppelte sich fast von 224.000 Stück (Mach3) auf 432.000

(Nachfolgemodell Fusion). Damit lagen die Umsatzwerte deutlich über denen des Wettbe-

werbers bei dessen letztem Produktlaunch.

• Der Gesamtmarktanteil von Gillette am deutschen Rasierapparatemarkt stieg im Zuge der

Einführung des neuen Produktes von 29 % um 92 % auf 56 %. Dagegen verloren alle übri-

gen Wettbewerber deutlich: Wilkinson um minus 35 %, die Eigenmarken des Handels um

43 % und die anderen Markenartikler um minus 31 %. Somit wurde der Abstand zum

wichtigsten Marken-Wettbewerber Wilkinson (von 20 auf 50 %) deutlich ausgebaut.

• Mit der Einführung Gillette Fusion ging der Absatz der übrigen Gillette-Rasierapparate

deutlich zurück (bis zu minus 15 %), dieser Rückgang wurde jedoch durch den entspre-

chenden Marktanteilsgewinn von Fusion überkompensiert.

• Während der Launch-Kampagne stieg der Umsatz im Rasierapparate-Markt um zeitweise

131 %, was auf eine hohe Probierquote insbesondere in der Gruppe der Nicht-Nassrasierer

zurückzuführen ist.

• Mit dem Neuprodukt Fusion konnte die „magische 10-Euro-Schwelle“ für einen Rasierap-

parat überschritten werden. Preissteigerungen von 39 bis 44 % für Apparat bzw. verschie-

dene Klingensets wurden von den Konsumenten akzeptiert.

216

Für die Bewertung der Erfolgszahlen sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• Hohe Verfügbarkeit des Produktes im Handel bereits in der Launchphase (96 % gewichtete

Distribution);

• kein in den beworbenen Leistungsmerkmalen vergleichbares Produkt des Wettbewerbs.

Darüber hinaus ist bei dieser Fallstudie die Dominanz absatzpolitischer Zielgrößen auffällig.

Generell sind die Zielwerte sehr generalistisch formuliert652, so dass eine präzise Zielerfüllung

nur bedingt gewährleistet ist.

Fazit:

Die Gillette Fusion-Kampagne von Procter & Gamble ist eine Einführungswerbung insofern

als das unter einer neuen Marke als leistungspflegende Variation eines bestehenden Produktes

(Mach 3) etabliert werden sollte. Mit der Einführungswerbung sollten sowohl Bestandskun-

den adressiert und somit ein Upselling-Prozess erfolgreich initiiert werden, als auch Neukun-

den als Verwender von Wettbewerbsprodukten gewonnen werden.

Im kommunikativen Fokus stand die Bekanntmachung des neuen Produktes sowie der neuen

Marke. Die kommunikative Positionierung und Werbebotschaft der bisherigen Kommunikati-

on wurde in der Kampagne beibehalten bzw. akzentuiert.

Media hatte eine hohe strategische Bedeutung im Kommunikations-Mix für das beworbene

High-Involvement-Produkt. TV war deckungsgleich zur Vorgängerwerbung Leitmedium der

Kampagne.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Verbesserte Bestandsleistung Zielgruppenfokus Überwiegend Bestandskunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Bekanntheit, Präferenz Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft emotional Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (80%) Leitmedium TV

Abbildung 47: Ausprägungen der Gillette-Fusion-Kampagne als Loyalitätswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

652 STEFFENHAGEN/FUNKE, 1986, S. 549 ff.

217

6.1.14 Kampagnen-Fallstudie Bertolli, Unilever

Marketingstrategie:

Zu den internationalen Foodmarken des Konsumgüterproduzenten Unilever gehört u.a. die

Marke Bertolli. Im historischen Ursprung war Bertolli ein italienisches Olivenöl, das weltweit

exportiert wurde. So ist das Bertolli Olivenöl bis heute weltweit Marktführer unter den Mar-

kenprodukten dieses Segments. Unilever baute unter der Marke Bertolli zunächst eine Range

von Olivenöl- und Margarine-Produkten auf. Diese wurden in Verbindung mit der Marke

Bertolli erstmals im Jahr 2000 im deutschen Markt eingeführt und konnten innerhalb von

zwei Jahren erfolgreich bei den deutschen Konsumenten etabliert werden. So erreichte das O-

livenöl einen Marktanteil von durchschnittlich 10 %, im Segment der Brotaufstriche mit Oli-

venöl wurde Bertolli Marktführer. Bertolli wurde dabei als Marke positioniert, die „für medi-

terranes Lebensgefühl steht, die Liebe zu Italien und die Erfahrung und Begeisterung für gu-

tes Essen in der Gemeinschaft.“653 Zu dieser Positionierung gehörte der Verzicht auf Ge-

schmacksverstärker und Konservierungsstoffe bei der Herstellung der Bertolli-Produkte.

Angesichts dieser starken Marktposition und eines gleichzeitig stagnierenden Margarine-

Marktes (vgl. Fallstudie Rama Cremefine) beschloss Unilever zur Realisierung zusätzlicher

Wachstumspotentiale die Ausweitung der Marke auf folgende Produktgruppen: Pastasaucen

(Launch im Juli 2002), Pesti (Launch 2003), Vinaigrettes und Aceti (Launch Mai 2003/2004)

sowie Antipasti und La Brusschetteria (Launch im Juli 2005). Die Konsequenz daraus war,

dass die Marke Bertolli von einer produktspezifischen zu einer produktübergreifenden italie-

nischen Food-Marke wurde. Dabei sieht sich jedes Teilprodukt bzw. Teilsparte mit spezifi-

schen Markt- und Wettbewerbs-Bedingungen konfrontiert, z. B. im Bereich der Pastasaucen,

in denen Barilla und Buitoni seit 15 Jahren etablierte Marktführer sind und gleichzeitig lokale

Massenmarken wie Miracoli und Raguletto den Preis-Wettbewerb bestimmen. Aufgrund von

Budgetrestriktionen (das Medienbudget erhöhte sich 2004 lediglich um 4 % gegenüber dem

Vorjahr) war es Unilever jedoch nicht möglich, jedes Teilprodukt- bzw. -sortiment im Rah-

men einer eigenen Einführungskampagne zu penetrieren. Gleichzeitig mussten der Werbe-

druck im bestehenden Kerngeschäft, insbesondere der Margarine, die gegenüber dem Oliven-

öl immer noch den größten Anteil des Markenumsatzes ausmachte, aufrechterhalten werden.

Dieser Ausbau der Leistungspotentiale der Marke Bertolli durch die Erweiterung des Sorti-

ments um komplementäre Produkte in Verbindung mit der angestrebten Ausschöpfung beste-

hender Kundenpotentiale charakterisiert Unilever in diesem Fall als Potentialausschöpfer.

Werbestrategie:

Auf Grundlage der Marktstärke der Bestandsprodukte und angesichts deutlicher Budgetre-

striktionen fiel die Entscheidung nach Aussage von Christina Müller, European Brand Deve-

lopment Manager für eine „Huckepack-Strategie“: Mit der Bewerbung der etablierten

653 UNILEVER, 2007

218

Stammprodukte sollten gleichzeitig die neuen Produkte und Sortimente bei den bestehenden

Kunden und Zielgruppen im Sinne eines Cross-Selling gepusht werden.

Christina Müller dazu: „Dieses Vorgehen erschien uns strategisch sinnvoll, da die neu einzu-

führenden Produkte alle klassisch italienische Produkte waren und wir davon ausgingen, dass

ein bestehender Kunde, der bereits die Qualität des Bertolli-Olivenöls zu schätzen weiß, in

hohem Maß positiv prädisponiert für weitere typische Bertolli-Produkte ist.“ Flankierend soll-

ten auch neue – insbesondere jüngere Bertolli-Kunden – gewonnen werden.

Dementsprechend standen im Fokus der Kampagne neben den Produktklassikern Olivenöl

und Margarine die Neuprodukte Pastasaucen, Vinaigrette sowie La Bruschetteria (Kombinati-

on aus Mozzarella, Tomaten und Olivenöl). Angesichts des Marktvolumens waren dabei die

Pastasaucen ein wichtiger potentieller Wachstumsträger.

Werbetreibender Unilever Deutschland Holding GmbH Branche Konsumgüter/Food Werbeobjekt Bertolli Teilsortimente Objektcharakter Low-Involvement Kampagnenzeitraum Oktober 2004-Oktober 2005 Kampagnenvolumen* Keine Angaben

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 48: Kampagnen-Steckbrief Bertolli

Quelle: Eigene Darstellung

Dementsprechend lagen der Werbekampagne folgende absatzpolitische Ziele zugrunde:

• Jährliche Steigerung des Umsatzes aller Produkte unter der Marke Bertolli um 10 %;

• Beibehaltung des Marktanteils von Margarine und Olivenöl;

• Anstieg des Umsatzes von Pastasaucen um 20 %.

Aus diesen absatzpolitischen Zielen leiteten sich folgende kommunikativen Ziele ab:

• Imageprofilierung von Bertolli als authentische italienische Food-Marke;

• Erhöhung des Bekanntheitsgrades des gesamten Portfolios, insbesondere der Pastasaucen.

Bertollis bestehende Kernzielgruppe für die etablierten Startprodukte Margarine und Olivenöl

sind laut Müller Erwachsene über 40 Jahren – bei den meisten sind die Kinder bereits erwach-

sen und ausgezogen – mit Fokus auf den weiblichen haushaltsführenden Teil. Diese Kernziel-

gruppe bildet die bisherige Erfolgsgrundlage der Marke Bertolli, und laut Müller bestand das

Ziel darin, diese Bestandskunden im Sinne eines Cross-Sellings zum Kauf der Produkte zu

Bertolli-Gesamtportfolios zu motivieren. Zusätzlich zu den bestehenden Käufergruppen soll-

ten neue – insbesondere jüngere – gewonnen werden. Dies liegt laut Müller in den Ergebnis-

sen der internen Marktforschung begründet. Sowohl die ältere Zielgruppe, die das Leben bis

ins hohe Alter genießen will, als auch die jüngere Zielgruppe habe das Bestreben, den „italie-

nischen Traum“ zu leben und somit Arbeit und Leben miteinander in Einklang zu bringen,

wobei gutes Essen erfülltes Leben bedeute.

219

Daraus leitete sich für die kreative Umsetzung die Anforderung ab, die neuen Bertolli-

Produkte (insbesondere die Pastasaucen) in der – den Bestandskunden bereits vertrauten Mar-

kenwelt – zu präsentieren. Müller: „Dementsprechend haben wir in den TV-Spots und Print-

motiven an das Sujet des vergnüglichen italienischen Familienlebens in ländlicher Idylle aus

der Einführungskampagne angeknüpft.“

Für jede Produktgruppe bestand eine spezifische Botschaft (siehe Tabelle), die in ihrer Ge-

samtheit durch eine gemeinsame Idee zusammengehalten werden sollten.

Produktgruppe Botschaft Kampagnen-Motiv Schaltung Pastasauce Mit Hingabe und Lei-

denschaft authentisch in Italien zubereitet

„Grannies“ Feb. 04 bis Apr. 04

Vinaigrette Flasche schütteln, um die beiden Phasen zu vermischen: Einfach schütteln und fertig.

„Postman“ Mai 04 bis Aug. 04

La Bruschette-ria

Italienisch genießen ohne zu kochen

„Book“ Aug. 05 bis Okt. 05

Abbildung 49: Produktspezifische Kampagnen-Segmentierung

Quelle: JUNG/VON VIEREGGE 2006, S. 38

Während in der Einführungskampagne noch die Idee eines langen vergnüglichen Lebens unter

italienischer Sonne die Leitidee war, wurde diese für die neue Kampagne erweitert um die al-

terunabhängige Idylle vom „italienischen Traum“. Diese Müller: „Die Kampagne zeigt dem-

entsprechend eine freundliche Welt, in der die Menschen mit Humor leben, Kinder in ländli-

cher Umgebung spielen, alle Generationen vereint sind und die Sonne immer scheint. Kurzum

eine Welt, in der die Familien stets gemeinsam essen und die Mutter kocht – mit frischen Zu-

taten aus dem Garten. Diese Welt erscheint durchgehend in allen Bertolli-TV-Spots und Print-

Motiven.“

Die kreative Grundidee (italienischer Traum) bedingt bereits Bewegtbild als Werbemittel. TV

wurde dementsprechend als Leitmedium der Kampagne gewählt (90 % Budgetanteil), um für

die neuen Low-Involvement-Produkte zu schneller Reichweite und Awareness zu kommen.

Flankierend wurden Print (10 Budgetanteil eingesetzt). Angesichts der besonderen Relevanz

des Produktes Pastasaucen wurde der entsprechende TV-Spot in beiden Kampagnenjahren in-

tensiv geschaltet.

Kampagnenerfolg:

Die angestrebten Ziele wurden im Zuge der Kampagne erreicht:

• Der Umsatz der Bertolli-Markengruppe stieg in 2005 gegenüber dem Vorjahr um 16,5 %,

damit wurde der Zielwert von 10 % deutlich überschritten;

220

• Wachstumsmotor waren neben dem nicht beworbenen Kernprodukt Olivenöl (+43 %) vor

allem die neuen, beworbenen Produktgruppen Pastasauce (+28 %), Antipasti (+6 %), La

Bruschetteria (+18 %);

• der Umsatz mit Pastasaucen wuchs um 40 % in 2004 und 30 % in 2005 und erhöhte damit

den Marktanteil um 50 % von 3 % auf 4,5 %;

• diese Umsatzsteigerung war überproportional zum Share of Voice, der lediglich um 4 %

stieg;

• Marktanteil und Umsatz von Margarine blieben konstant, der Marktanteil für Olivenöl stieg

um 2 %;

• die spontane, ungestützte Bekanntheit der Gesamtmarke wurde verdoppelt, von 10 % An-

fang 2004 auf 22 % Ende 2005;

• der Bekanntheitsgrad für Pastasaucen stieg von 28 % auf 51 %, während der Bekanntheits-

grad der Kernprodukte konstant blieb;

• die Markenwahrnehmung verlagert sich von einer Gesundheitsmarke (gesundes Öl im Al-

ter) hin zu einer authentischen italienischen Foodmarke: Nach dem Millward Brown-

Tracking (Messung von 11 Image-Items) fielen gesundheitsorientierte Aussagen wie zu

Beispiel „Für vitale und aktive Leute“ von Platz 9 auf 17, beim Item „Ideal für eine gesun-

de Ernährung von Platz 7 auf Platz 12. Diese Aussagen wurden ersetzt durch Aussagen, die

Bertolli als authentisch italienische Foodmarke darstellen: Bei dem Grad der Zustimmung

zur Aussage „Ist Experte in der Zubereitung italienischer Gerichte“ gelang Bertolli im

Wettbewerbsvergleich unter die ersten 5, bei der Aussage „Verbreitet mediterrane Atmo-

sphäre“ stieg Bertolli auf Platz 1 der Zustimmung und bei der Aussage „Hat Familienwer-

te“ stieg Bertolli von Platz 13 auf 10. Die Marke wird als zunehmend bekannt angesehen:

Das Item „Wird immer bekannter“ steigt um 4 Plätze von 10 auf 6. Das Kernimage der

Marke bleibt beständig – so bleibt das Item „Verbreitet italienischen Gusto des Lebens“

durchgehend hoch. Bis September 2004 sank der Umsatz mit dem Margarine-Umsatz kon-

tinuierlich (-10 % zum Jahresanfang) und erhielt erst durch die Werbekampagne wieder

deutliche Wachstumsimpulse (+12 %);

• während der Werbeschaltung für die Pastasaucen („Grannies“) erhöhte sich der monatliche

Pastasaucen-Umsatz um 40 Tonnen;

• der Absatz von „La Bruschetteria“ stieg während der Kampagne um 127 % auf über 10

Tonnen. Bei diesem enormen Wachstum ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Range be-

stehend aus zwei Produkten erst einen Monat vor Kampagnenstart eingeführt wurde;

• der monatliche Vinaigrette-Umsatz stieg während der Postman-Werbung um 100 %. Ein

Vergleich mit den Absatzwerten des werbefreien Folgejahres zeigt einen deutlichen Unter-

schied im Absatzerfolg;

• während der Kampagne zu den Pastasaucen steigt die Zustimmung bei den Imageaussagen

zum Markenimage von Bertolli wie „Ist eine echte italienische Marke“ und „Ist eine Mar-

221

ke für Food-Liebhaber wesentlich steiler nach oben als während der Zeiträume ohne Wer-

bung;

• die Kaufbereitschaft für Pastasaucen nahm während des Werbezeitraums zu, woraus sich

ableiten lässt, dass die Kampagne einen echten Kaufanstoß für das Produkt gegeben hat

und nicht nur den Aufbau der Marke förderte.

Während der Kampagne gab es keine gravierenden Veränderungen im Marketing-Mix, d.h.

die Preise blieben konstant, die Vertriebsreichweite wurde nicht durch neue Listungen (z. B.

bei Discountern gravierend verändert).

Fazit:

Die Bertolli-Kampagne weist in den Kerndimensionen Züge einer Cross-Selling-Werbung mit

deutlichen Cross-Selling-Aspekten auf: Als Line-Extension der bereits bestehenden italieni-

schen Lebensmittelprodukte werden unter der Dachmarke Bertolli wurden Produkte einge-

führt, die sich auch an die Bestandskunden richtet. Auffällig ist, dass in der Wahrnehmung der

Kampagnenverantwortlichen die Unterscheidung zwischen Bestands- und Neukunden keine

Relevanz hat und deshalb auch in der Erfolgsmessung zur Kampagne nicht zwischen beiden

Gruppen differenziert wurde.

Zentrales Kommunikationsziel war die Awareness für die neuen Low-Involvement-Produkte

als Voraussetzung für einen kurzfristigen Absatzerfolg.

Kommunikativen Positionierung und zentrale Werbebotschaft waren mit der bisherigen

Kommunikation konform.

Media hatte eine hohe strategische Bedeutung im Kommunikations-Mix für das Low-

Involvement-Produkt. TV war übereinstimmend zur Vorgängerwerbung Leitmedium der

Kampagne. Der Grund dafür dürfte in der spezifischen Distributionsstruktur liegen: Der Pro-

duzent Unilever verfügt für diesen Massenmarkt über keine ausreichenden und relevanten

Endkundendaten, kann also auch seine Bestandskunden nur massenmedial erreichen.

Im Hinblick auf die Modell-Relevanz der Kontinuität bei Werbebotschaft und Positionierung

fällt eine deutliche Parallele zur Eucerin- sowie Dove pro•age-Kampagne als Beispiele für

Einführungswerbung auf. In beiden Fällen handelte es sich ebenfalls um Neuprodukte als Er-

gebnis einer Line-Extension unter Verwendung des bestehenden Markendachs.

Im Hinblick auf die dokumentierte planerische Irrelevanz des Segments Bestandskunden ana-

log der Bertolli-Kampagne erscheint die Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps Cross-

Selling-Werbung prüfenswert.

222

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukte (als Ergebnis einer Line-Extension) Zielgruppenfokus Bestands- und Neukunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Bekanntheit Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft emotional Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (90%) Leitmedium TV

Abbildung 50: Ausprägungen der Bertolli-Kampagne als Cross-Selling-Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

6.1.15 Kampagnen-Fallstudie Allfinanz, Dt. Sparkassen- und Giroverband

Marketingstrategie:

Die Sparkassen-Finanzgruppe (nachfolgend die Sparkasse) ist mit 650 Unternehmen (457

Sparkassen, 11 Landesbanken, 11 Landesbausparkassen, 12 öffentlichen regionalen Erstversi-

cherergruppen, der DekaBank sowie zahlreichen Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Spe-

zialkreditinstituten) und einem kumulierten Geschäftsvolumen von rund 3.300 Milliarden Eu-

ro die größte Kreditinstitutgruppe weltweit. Mit einem Filialnetz von über 16.000 mitarbeiter-

besetzten Sparkassenstellen verfügt die Sparkassen-Finanzgruppe über eine flächendeckende

Präsenz. Angesichts dieser organisatorischen Reichweite ist rund jeder zweite Bundesbürger

Kunde (45 Mio.) der Sparkassen-Finanzgruppe. Als Dachverband der Sparkassen-

Finanzgruppe organisiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) die Willensbil-

dung innerhalb der Gruppe und legt die strategische Ausrichtung fest. Zu den Aufgaben des

DSGV gehört auch die übergreifende Werbekommunikation unter der Dachmarke „Sparkas-

sen-Finanzgruppe“. Das Werbevolumen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes be-

trug 2005 insgesamt 126,8 Mio. Euro, 8,3 % weniger als im Vorjahr.654

Als traditionsreiche Finanzinstitution ist die Sparkasse in den vergangenen Jahren mit folgen-

den Entwicklungen konfrontiert:655

• Die Loyalität der Kunden sinkt dramatisch. Es entwickelt sich eine hohe Bereitschaft, Fi-

nanzdienstleistungen verschiedener Anbieter in Anspruch zu nehmen und dabei vor allem

auf kurzfristig attraktive Zins-Konditionen zu achten (Boom des Finanzproduktes Tages-

geldkonto seit 2000).

• Auf den bislang geschlossenen Markt deutscher Banken und Finanz-Dienstleister drängen

verstärkt europäische Anbieter (u.a. ING-DiBa, Bank Santander, Royal Bank of Scotland)

mit preisagressiven Einsteiger-Angeboten auf den Markt, und vermarkten diese in der glei-

chen Weise, in der Markenartikler ihre Produkte vermarkten.

654 ZAW, 2007, S. 144 655 McKINSEY, 2007

223

Die drohende Kundenabwanderung ist für die Sparkasse in doppelter Hinsicht bedrohlich,

denn neben dem unmittelbaren Umsatz- und Ertragsverlust verliert sie auch die Beziehungs-

grundlage für ein Cross- und Upselling.656 Denn das größte Problem der Sparkasse ist, dass

sie von ihren Kunden traditionell für die alltäglichen Geldgeschäfte auf Basis eines Girokon-

tos oder Sparbuchs genutzt wird, während für größere oder komplexere Finanzierungs- und

Vermögensfragen häufig Großbanken und Spezialisten wie Baufinanzierer, Fonds- oder Ver-

sicherungsgesellschaften präferiert werden. „Unsere Marktforschung zeigte, dass unsere

Kompetenz für‚großes Geld’ eher schwächer eingeschätzt wird“, so Dr. Lothar Weissenber-

ger, Leitung Werbung beim DSGV. Pointierter formuliert es Michael von Bach, kampagnen-

verantwortlicher Planner auf Agenturseite: „Die Kunden sahen in der Sparkasse eher den

sympathischen Allgemeinmediziner Dr. Brockmann aus der Praxis Bülowbogen als den Herz-

spezialisten Christiaan Barnard.“

Grundsätzlich besteht dabei im Bereich der Finanzkommunikation die Herausforderung, dass

es selten einfache und zugleich standardisierte Produkte sind, die vertrieben werden, sondern

individuelle, auf Beratung basierende Finanz-Dienstleistungen.

„Diese grundsätzliche Herausforderung der Finanzkommunikation wird im Fall der Sparkasse

noch verschärft, weil wir aufgrund unserer spezifischen föderalen Struktur nicht in der Lage

sind, gruppenübergreifend bestimmte Finanzprodukte wie z. B. ein Tagesgeldkonto mit bun-

desweit einheitlichen Konditionen anzubieten“, so Weissenberger. Deshalb bestünde der

Schwerpunkt der Sparkassen-Werbekommunikation darin, Themen- und Kompetenzfelder zu

adressieren.

Angesichts der verschärften Situation im deutschen Privatkundengeschäft agiert der Deutsche

Sparkassen- und Giroverband marketingstrategisch als Potentialausschöpfer: Durch eine vor

allem kommunikative Markenpflege des bestehenden Leistungsangebots soll die Kundenbin-

dung auf Grundlage eines Cross- bzw. Upselling intensiviert werden.

Werbestrategie:

Im Fokus der „Allfinanz“-Kampagne stand dementsprechend die Kommunikation der Allfi-

nanz-Kompetenz der Sparkassen-Finanzgruppe. „Die Kernbotschaft der Kampagne lautete

dementsprechend: ‚Die Sparkasse verfügt über mehr Kompetenzen, als man denkt.’“, so Mi-

chael von Bach, Kampagnenverantwortlicher Planner bei der Agentur Jung von Matt. „Die

Kampagne sollte plakativ vermitteln, dass der Sparkassen-Verbund von Deka Investment-

fonds bis zur LBS-Bausparkasse über ein breites Portfolio an Finanz-Dienstleistungen ver-

fügt, die für den Kunden in jeder Sparkassen-Filiale erhältlich ist“, ergänzt Weissenberger.

Um volumenstärkere und damit deckungsbeitragsstärkere Finanzgeschäfte für die Sparkasse

zu erschliessen und gleichzeitig stärkere Synergien zwischen den Partnern des Finanzverbun-

des zu generieren, sei es notwendig gewesen, kommunikativ die Brücke zwischen dem fernen

656 Vgl. RITTER, 1988

224

„Big Business“ der internationalen Finanzwelt und der vertrauten Sparkassen-Filiale vor Ort

zu steigern. Weissenberger: „Die bestehende Positionierung ‚geografische Allgegenwärtig-

keit’ der Sparkasse sollte um die Dimensionen ‚Internationalität’ (im Sinne von Weltläufig-

keit), ‚Professionalität’ und ‚universelle Finanz-Kompetenz’ erweitert werden.“ Die Kommu-

nikationsaufgabe bestand also darin, die Größe und Kompetenz der Sparkasse eindrucksvoll

zu vermitteln und damit die Nachfrage nach volumenstärkeren und komplexeren Finanzpro-

dukten nachhaltig zu steigern.

Werbetreibender Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) Branche Finanzen/Banken Werbeobjekt Finanzdienstleistungen Objektcharakter Mittleres Involvement Kampagnenzeitraum Januar 2005 bis Mai 2005; Mai bis August 2006; Mai bis Au-

gust 2007 Kampagnenvolumen* bundesweit ca. 7-8 Mio. pro Jahr

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 51: Kampagnen-Steckbrief Sparkasse

Quelle: Eigene Darstellung

Dementsprechend sollten mit der „Allfinanz“-Kampagne insbesondere die einkommensstär-

keren und vermögenden Privatkunden zwischen 30 und 60 Jahren unter den insgesamt 45

Millionen Bestandskunden adressiert werden. „Unsere Kundenanalysen zeigten bei den Be-

standskunden ein gigantisches Cross-Selling-Potential, dass wir ausschöpfen wollten“, so

Weissenberger. Flankierend sei es auch um eine generelle Loyalisierung der Bestandskunden

gegangen. „Ihnen wollten wir das gute Gefühl geben, mit der Sparkasse bei der richtigen Fi-

nanzadresse zu sein“, so Weissenberger. Eine positive Differenzierung im Hinblick auf das

Thema Finanzkompetenz sollte vor allem gegenüber den Volks- und Raiffeisenbanken sowie

den traditionellen Großbanken erreicht werden, dagegen standen „Preis-Fighter“ wie ING-

DiBa und Postbank nicht im Wettbewerbsfokus der Kommunikation.

Daraus leiteten sich folgende Kampagnen-Ziele ab:

• Awareness-Lead: Es soll maximale Kampagnen-Erinnerung gegenüber den wichtigsten

Wettbewerbern auf Basis der ungestützten Bekanntheit (spontane Erinnerung) erreicht

werden.

• Imageprofilierung: Die zentrale Botschaft „Die Sparkasse ist der kompetente Allfinanz-

dienstleister“ soll verankert werden und eine signifikante Steigerung der entsprechenden

Imagedimensionen um mindestens +10 % dokumentiert werden.

• Nachfrage-Generierung: Die potentielle Abschlussbereitschaft in definierten Geschäftsfel-

dern soll um +20 % im Vergleich zum besten Wettbewerber gesteigert werden.

225

Für die kreative Umsetzung sollte die informativ-sachliche Botschaft „Gut, wenn sich Kom-

petenzen ergänzen“ laut von Bach „mit emotionaler Größe und Modernität transportiert wer-

den“. Kernelement dafür war der Sparkassen-Mitarbeiter im Helikopter. Im TV-Spot unter-

nimmt er mit einem exemplarischen Kunden einen Rundflug durch die Sparkassen-Welt und

zeigt ihm aus dem Helikopter voller Stolz und Begeisterung die gesamte Bandbreite der Part-

ner im Sparkassen-Verbund. Der Rundflug endet dort, wo für den Kunden alle präsentierten

Kompetenzen abrufbar sind – in einer der 16000 Sparkassen-Filialen.

Das Key-Visual Helikopter-Flug und das Volumen der Zielgruppe bedingten den Einsatz von

TV als Leitmedium der Allfinanz-Kampagne im Media-Mix. Dementsprechend wurden bun-

desweit ca. 80 % des Budgets in TV investiert. Flankierend wurde Print eingesetzt. Below-

the-line-Maßnahmen wie Direkt-Marketing und PoS-Maßnahmen in den Filialen vor Ort hat-

ten nach Aussage von Weissenberger im Hinblick auf Cross-Selling und Loyalisierung eine

große Bedeutung in der Kampagne, sind aber aufgrund der föderalen Struktur des Sparkassen-

Verbundes budgetär nur grob schätzbar.

Kampagnenerfolg:

• Awareness-Lead: Die Allfinanz-Kampagne war im Kampagnen-Zeitraum Januar bis Mai

2005 die mit Abstand durchsetzungsstärkste Kampagne im Finanzdienstleistungsmarkt: So

stieg der Wert der spontanen Werbeerinnerung von 28 % in der Gesamtbevölkerung um 45

% auf 35 % im Monat Mai. Die Wettbewerber Dresdner Bank, Volksban-

ken/Raiffeisenbanken und Deutsche Bank lagen mit Ausgangswerten von weniger als 15 %

deutlich darunter. Nur der Deutschen Bank gelang im gleichen Zeitraum eine deutliche

Steigerung um 17 %. Damit war nach der ICON-Kampagnen-Datenbank die Kampagne die

durchsetzungsstärkste Finanzdienstleistungs-Kampagne der letzten sieben Jahre.

• Image-Generierung: Bei den Spot-Kennern stieg die Bewertung der Sparkasse in allen re-

levanten Image-Dimensionen um 14 bis 28 %. Besonders deutlich stieg die Zustimmung

zur Aussage „Man erhält alle Finanzdienstleistungen aus einer Hand“.

• Nachfrage-Generierung: Die Abschlussbereitschaft („Welche Geldinstitute kämen für fol-

gende Geschäftsfelder für Sie in Frage?“) konnten in den verschiedenen strategischen Ge-

schäftsfeldern gegenüber den relevanten Wettbewerbern um +33 % (Baufinanzierung) bis

zu +71 % (Sparvertrag) gesteigert werden. Damit lag diese Steigerung deutlich über dem

Zielwert von +20 %.

• Bei der Selektion dieses Abschluss-Goodwill nach Personen, die sich an die Helikopter-

Kampagne erinnerten, zeigt sich die Wirkung der Kampagne: Die Abschlussbereitschaft

liegt um bis zu 25 % höher als bei den Nichtkennern. Dabei ergibt sich aus der Kampagne

insbesondere in den strategischen Geschäftsfeldern eine marktüberdurchschnittliche Per-

formance.

226

Der besondere Erfolg der Kampagne besteht laut von Bach darin, „dass das traditionelle

Image der Sparkasse deutlich zügiger als von uns erwartet in Richtung Modernität und Allfi-

nanzkompetenz geshiftet werde konnte und sich die implizierten Absatzeffekte dementspre-

chend signifikanter abgezeichnet haben.“

Weissenberger verweist für den Konvertierungserfolg auf die notwendige Ganzheitlichkeit

des Ansatzes: „Zeitgleich bzw. im Vorfeld der Kampagne sind in der Vertriebsorganisation

der Sparkassen weitere intensive Anstrengungen unternommen worden, um die durch den

Auftritt positiv gestimmten Kunden in eine adäquate Beratungssituation zu transferieren.“ Die

markenstrategische Positionierung der Sparkasse als flächendeckender Qualitätsanbieter müs-

se dabei in jedem Kundenkontakt erlebbar gemacht werden.

Das erfolgreiche Key-Visual des Helikopters wurde nachfolgend als Intro- und Extrosequenz

für themenspezifische Werbemotive (z. B. Altersvorsorge) verwandt.

Bei der Bewertung des Kampagnenerfolges ist zu berücksichtigen, dass der Deutsche Spar-

kassen- und Giroverband im Kampagnenjahr 2005 sowie in den Jahren vorher der Finanz-

dienstleister mit dem mit Abstand größten Media-Werbevolumen war. Allerdings ist dabei auf

Grund der föderalen Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe ein Bruchteil in die beschriebene

Allfinanz-Kampagne geflossen. „Wir müssen in der Gruppe daran arbeiten, unsere Gesamt-

ausgaben noch mehr auf bestimmte Kampagnen zu konzentrieren“, fordert Weissenberger.

Unter den 50 größten werbetreibenden Firmen befanden sich nur noch die Volks- und Raiffei-

senbanken mit 65,7 Mio. Euro. Die übrigen Wettbewerber lagen mit ihren Budgets entspre-

chend niedriger. Erst 2006 schlug sich das verstärkte Engagement der Großbanken sowie von

Postbank und ING-DiBa in einer entsprechenden Ausweitung der Media-Werbebudgets nie-

der.657

Fazit:

Der Allfinanz-Kampagne der Sparkasse lag nach ihrer strategischen Zielsetzung (Neue Pro-

dukte für Bestandskunden) teilweise eine Cross-Selling-Werbestrategie zugrunde. Gleichzei-

tig sollten jedoch mit dem Verweis auf das breite Leistungsportfolio der Finanzgruppe die ca.

45 Millionen Bestandskunden im Sinne einer Retention loyalisiert werden. Bei der Kampag-

nenplanung und -erfolgskontrolle wurde nicht explizit zwischen Neu- und Bestandskunde un-

terschieden.

Die Kampagne ist außerdem im Bezug auf die Branche (Finanz-Dienstleistung) und das wer-

betreibende Unternehmen (Sparkasse) speziell: Zum einen sind generell nur wenige Finanz-

dienstleistungen als konfektionierte Standardprodukte vermarktbar (z. B. Tagesgeld-Konto).

657 ZAW, 2007, S. 136 f.

227

Zum anderen ist gerade die Sparkasse aufgrund ihrer föderalen Struktur nicht in der Lage,

diese wenigen möglichen Standardprodukte organisationsübergreifend anzubieten.

Zentrales Kommunikationsziel war die Awareness für weitere Produkte der Sparkassen-

Finanzgruppe, gefolgt von dem Bestreben eines deutlichen Imageshifts in der Gesamt-

Wahrnehmung der Sparkasse.

Kommunikative Positionierung und Werbebotschaft wurden gegenüber der bisherigen Kom-

munikation beibehalten.

Mediawerbung hatte im Kommunikations-Mix gegenüber anderen Instrumenten wie insbe-

sondere Direkt-Marketing und Verkaufsförderungsmaßnahmen in den einzelnen Filialen vor

Ort eine geringere Bedeutung. TV war übereinstimmend zur Vorgängerwerbung Leitmedium

der Kampagne.

Auffällig an der Sparkassen-Kampagne ist eine in mehrfacher Hinsicht deutliche Analogie zur

T-Com-Kampagne. Beide Kampagnen haben im Hinblick auf die Marketing-

Ausgangssituation folgendes gemeinsam:

• Historisch bedingt großer Bestandskundenstamm (45 bis 50 Millionen Kunden);

• intensive, sich kontinuierlich verschärfende Wettbewerbssituation;

• Imageprofil mit deutlichen Defiziten;

• in der Konsequenz hohe Relevanz von Loyalisierungs-Maßnahmen.

Im Hinblick auf die dokumentierte planerische Irrelevanz des Segments Bestandskunden ana-

log der Bertolli-Kampagne erscheint die Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps Cross-

Selling-Werbung prüfenswert.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukte (als Ergebnis einer Line-Extension) Zielgruppenfokus Bestands- und Neukunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Bekanntheit Positionierung Kombination aus Emotion und Information Werbebotschaft emotional Stellenwert Mediawerbung sehr hoch (90%) Leitmedium TV

Abbildung 52: Ausprägungen der Sparkassen-Kampagne als Cross-Selling-Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

228

6.1.16 Kampagnen-Fallstudie Mehrprodukte-Vermarktung, ING-DiBa

Marketingstrategie

Die heutige Direktbank ING-DiBa (Claim: „Die neue Generation Bank“) entstand 2003 aus

der Übernahme der deutschen Direktanlagen-Bank durch die niederländische Bank ING.

ING-DiBa ist mit über sechs Millionen Kunden aktuell das siebgrößte Finanzinstitut insge-

samt und die drittgrößte Privatbank in Deutschland. Die dynamische Wachstumsgeschichte

des Unternehmens begann mit der aggressiven Vermarktung des Extra-Kontos als Tagesgeld-

Konto mit attraktiven Zinskonditionen als zentralem USP im Jahr 2000. Die DiBa war damals

das erste Unternehmen, das eine Finanz-Dienstleistung in der Art eines Konsumartikels stan-

dardisierte und – ähnlich einem Waschmittel- ebenso konsequent vermarktete. Ergebnis: In-

nerhalb von sechs Jahren erhöhte sich durch das „Hero-Produkt“ Extra-Konto die Privatkun-

denzahl der Bank von 1 Million auf über 5 Million. Dementsprechend sind Extra-Konto und

die Absendermarke ING-DiBa in der Verbraucherwahrnehmung bis heute weitestgehend syn-

onym. Im Herbst 2007 wurde das bereits bestehende Girokonto-Angebot der ING-DiBa stan-

dardisiert, modifiziert und damit für ein Massenpublikum vermarktbar gemacht. Zentraler

neuer USP dieses Finanzproduktes: Neben der mittlerweile obligatorischen Null-Euro-

Kontoführungsgebühr sind weltweit Geldabhebungen am Automaten möglich, ohne dass zu-

sätzliche Gebühren anfallen. Eine 50 Euro-Gutschrift zum Kontostart soll den Transferauf-

wand von einem bestehenden Konto (Ummeldung Daueraufträge) kompensieren. Strategische

Relevanz hat das Giro-Konto, weil es im Gegensatz zum Tagesgeld-Konto nahezu täglich ge-

nutzt wird und damit die Wechselbarrieren bzw. der Loyalitätsgrad signifikant höher ist.

Damit verfolgt die ING-DiBa im Marketing nach Aussage von Waltraud Niemann, Ressort-

leiterin Werbung bei der ING-DiBa, heute folgende Doppelstrategie:

• Mit den beiden niedrigschwelligen Massenprodukten Tagesgeld- und Girokonto wird die

Gewinnung von Neukunden weiter vorangetrieben und als Standalone-Vermarktung orga-

nisiert;

• auf Basis der bereits gewonnenen sechs Millionen Privatkunden (überwiegend Extra-

Konto-Kunden) werden Mehrproduktvermarktungs-Maßnahmen mit dem Ziel des Cross-

bzw. Upselling organisiert.

„Loyalitäts-Marketing ist dagegen für uns – im Gegensatz zu den traditionellen Finanzinstitu-

ten – schwierig. Denn wir haben unsere Extra-Konto-Kunden mit dem zentralen Benefit eines

marktüberdurchschnittlichen Zinssatzes gewonnen. Wenn nun andere Institute kurzfristig bes-

sere Konditionen bieten, verlieren wir einige dieser Smart Shopper genauso schnell wie sie zu

uns gekommen sind“, so Niemann.

Somit agiert die ING-DiBa marketingstrategisch in einer Doppelrolle: Als Multiplizierer setzt

sie die Adressierung von Neukunden auf Basis optimierter Bestandsleistungen (z. B. Giro-

229

Konto mit neuen Vorteilen) fort, während sie sich mit der Mehrproduktevermarktung eindeu-

tig als Potentialausschöpfer profiliert.

Werbestrategie:

Mit der Bewerbung des Extra-Kontos wurde von der ING-DiBa die Sportkampagne initiiert,

die seitdem im Hinblick auf das Spektrum der beworbenen Produkte zwar evolutionär erwei-

tert wurde, im konzeptionellen und kreativen Kern jedoch identisch geblieben ist. „So gese-

hen ist die ING-DiBa mit der Kampagne seit sieben Jahren on-air“, erklärt Katharina Wiehrdt,

kampagnenverantwortliche Beraterin bei der betreuenden Agentur Wünsche Rohwer Baier.

Das Themenfeld Sport wurde damals gewählt, weil es in der Finanzwelt unbesetzt war und

„die Leistungsbereitschaft und -stärke von Spitzensportlern passend zur Kernkompetenz der

ING-DiBa ist“, so Niemann.658 Dementsprechend setzt die ING-DiBa neben einer prägnanten

visuellen Klammer (blau und orange als dominierende Key-Colours) und dem signifikanten

Jingle „DiBa, DiBa du“ seit 2000 Motive aus der Sportwelt in Verbindung mit dem Claim

„einfach, schnell und günstig“ ein. 2003 wurde diese Symbolwelt dann personalisiert, indem

der Top-Basketballer Dirk Nowitzki als Testimonial verpflichtet wurde. Seitdem ist Nowitzki

fester Bestandteil aller Werbemaßnahmen der ING-DiBa, was sowohl die massenmedial ori-

entierte Produkt-Einzelwerbung für das Extra- und das Giro-Konto betrifft wie auch für alle

Below-the-Line-Maßnahmen.

Mit der Mehrproduktvermarktung wurde 2002 begonnen. Grundlage waren zunächst die drei

Finanzprodukte Baufinanzierung, Extra-Tagesgeld-Konto sowie das Aktien-Depot-Konto.

Diese Form des Loyalitätsmarketing gewinnt angesichts verlangsamter Erstkundenzuwächse

für die Umsatz- und insbesondere Deckungsbeitragssituation der Bank massiv an Bedeutung.

Nach dem Kommunikations- und Vertriebserfolg der Top-Produkte-Kampagne auf Basis von

zuletzt vier Produkten wurde das Portfolio im aktuellen Top-Produkte Kampagnen-Zyklus,

der im Oktober 2007 gestartet wurde, auf sechs erweitert. Beworben wurden neben den Mas-

senprodukten Extra-Konto und Girokonto, Festgeld, Direkt-Depot, Privatkredit und Direkt-

Baufinanzierung. Niemann zu diesem erweiterten Kommunikationskonzept: „Wie tragen da-

mit unser Cross- bzw. Upselling-Strategie Rechnung. Ziel war es, aufzuzeigen, wie breit un-

ser Portfolio ist.“ Gleichzeitig sei diese Kampagnenmaßnahme aber auch der Versuch, Effi-

zienzpotentiale auszuschöpfen, indem statt vier gleich sechs Produkte penetriert werden. Im

Fokus der Kampagnenmaßnahme standen vor allem die bereits bestehenden Kunden. Nie-

mann: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mehrheitlich die Kunden über unsere bei-

den Einstiegsprodukte an die übrigen Produkte heranführen.“

Dementsprechend wurden als zentrale Ziele der Kampagne fixiert:

658 Vgl. dazu die Überlegungen von ADJOURI und STSTNY (2006, S. 17) zum Sport-Sponsoring.

230

• Leistungs-Awareness: Bei der Zielgruppe sollte eine um 15 % höhere Wahrnehmung des

Allfinanz-Angebots der ING-DiBa erreicht werden.

• Kontakt-Generierung: Es sollten mindestens 100.000 Interessenten generiert werden in

Verbindung mit einem im Vergleich zur Vorgänger-Kampagne 5 % niedrigeren Cost-per-

Interest-Wert (CpI).

• Abschlussbereitschaft: Die Bereitschaft, eine der beworbenen Finanz-Produkte zu erwerben

sollte um 10 % steigen.

• Kundenakquisition: Es sollten mindestens 10.000 Neukunden auf Basis eines Cost-per-

Order-Wertes (CpO) gewonnen werden, der um 5 % niedriger liegt als der der Vorgänger-

Kampagne.

• Deckungsbeitrags-Optimierung: Erreicht werden sollte ein insgesamt und auf die Einzel-

produkte bezogen niedrigerer Cost-per-Value-Wert (CpV).

Dagegen waren allgemeine Awareness- und Imagewerte laut Niemann „nachrangig, da wir ja

bereits wussten, auf was für einem guten Bekanntheits- und Imageniveau wir mit der Kam-

pagne starten.“

„Kernfrage dieses einmonatigen Test-Flights war für uns, ob wir mit der Präsentation von

sechs Produkten möglicherweise das Fassungsvermögen der potentiellen Kunden überfor-

dern“, so Niemann. Trotz des Fokus auf Bestandskunden hat man sich nicht auf reine Direct-

Mailing-Maßnahmen beschränkt, sondern reichweitenstarken Titeln einen Top-Produkte-

Folder als Supplement beigelegt bzw. als Einhefter in der Zeitschriften-Heftmitte platziert.

„Mit über sechs Millionen Kunden haben wir eine ausreichend große Basis, um diese auch

über klassische Massenmedien anzusprechen“, so Niemann zur Begründung des Media-

Mixes.

Werbetreibender ING-DiBa Branche Finanzen/Banken Werbeobjekt Finanzdienstleistungen Objektcharakter Mittleres Involvement Kampagnenzeitraum Oktober 2007 bis heute Kampagnenvolumen* Keine Angaben

* Brutto-Werbevolumen

Abbildung 53: Kampagnen-Steckbrief ING-DiBa

Quelle: Eigene Darstellung

Die kreative Umsetzung der Kampagne erfolgte auf Basis der bestehenden Kommunikations-

plattform der Sport-Motive in Verbindung mit dem Testimonial Dirk Nowitzki und in Ver-

bindung mit der starken visuellen Klammer aus Farben und Typo.

Die kampagnenbezogenen Maßnahmen zur Mehrprodukte-Vermarktung werden überwiegend

im Bereich nicht-medialer Kommunikationsinstrumente (insbesondere Direkt-Marketing)

231

eingesetzt. Bei den medialen, die nur 30 % des Kampagnen-Budgets in der Mehrprodukte-

Vermarktung ausmachen, wird ausschließlich Print in Form von Beilegern und Einheftern

eingesetzt. TV ist dagegen der breiten Bewerbung der Einstiegsprodukte Extra-Tagesgeld-

und Giro-Konto vorbehalten.

Kampagnen-Erfolg:

Folgende Kampagnen-Ergebnisse wurden erzielt:

• Leistungs-Awareness: Die Wahrnehmung des Allfinanz-Angebots der ING-DiBa stieg um

20 % (5 % höher als geplant).

• Kontaktgenerierung: Es wurde deutlich mehr als die geplanten 100.000 Interessenten ge-

neriert. Der Cost-per-Interest-Wert (CpI) lag gegenüber der Vorgängerkampagne dement-

sprechend um 7 % niedriger.

• Abschlussbereitschaft: Die Bereitschaft eine der beworbenen Finanz-Produkte zu erwer-

ben stieg um 12 %.

• Kundenakquisition: Es wurden circa 10.000 Neukunden gewonnen auf Basis eines Cost-

per-Order-Wertes (CpO), der um 8 % niedriger lag als in der Vorgänger-Kampagne.

• Deckungsbeitrags-Optimierung: Es wurde ein insgesamt und auf die Einzelprodukte be-

zogen niedrigerer Cost-per-Value (CpV) erreicht (keine spezifische Angabe).

„Gemäß ihrer gesamten Geschäftsaktivität ist die ING-DiBa auch in der Werbekommunikati-

on äußerst effizienz-orientiert“, lobt Dr. von Vieregge, Hauptgeschäftsführer des Gesamtver-

band Kommunikationsagenturen GWA e.V. Zur kreativen Umsetzung der Cross-Selling-

Werbung merkt er aber auch an, dass „die ING-DiBa mit der bestehenden kommunikativen

Plattform strategisch und gestalterisch am Scheideweg steht: Sie profitiert zwar von den Syn-

ergien einer integrierten Kommunikation, schafft es aber in dieser Umklammerung nicht mehr

ausreichend, die Aufmerksamkeit auf neue Botschaften zu lenken. Der Leser sieht nur noch

Basketball, Nowitzki und Blau-orange und blättert weiter.“ Angesichts der wachsenden stra-

tegischen Bedeutung der loyalisierenden Mehrprodukte-Vermarktung ergäbe sich für die

ING-DiBa das klassische Problem aller Werbetreibenden, die mit prominenten Testimonials

arbeiten: „Ein prominentes Testimonial verschafft einer Marke Aufmerksamkeit, taugt aber

selten, differenzierte Aussagen zu Produktvorteilen zu transportieren“, so von Vieregge. Auf

Gefahren und Risiken, die mit dem Einsatz von Prominenten in Werbung verbunden sind

weisen auch KAIKATI659 sowie GAIL ET AL. hin.660

Fazit:

Die Mehrprodukte-Vermarktung ist ein Element in der Gesamtkampagne der ING-DiBa, die

diese seit 2000 mit nur geringfügigen Modifikationen kontinuierlich schaltet. Gegenüber den

659 KAIKATI, 1987, S. 97 f. 660 GAIL/CLARK/ELMER/GRECH/MASETTI/SANDHAR, 1992, S. 47

232

Kampagnen-Maßnahmen, die auf die Bewerbung der Einzelprodukte (Tagesgeld- und Giro-

konto) als Einstiegsprodukte für Neukunden zielen, haben die werblichen Maßnahmen zur

Mehrprodukte-Vermarktung hauptsächlich die Bestandskunden im Fokus.

Zentrales Kommunikationsziel ist die Generierung von Bekanntheit für das erweiterte Leis-

tungsangebot der Bank. Im Kontrast zur Sparkasse (siehe entsprechende Fallstudie) profiliert

sich die ING-DiBa erfolgreich damit, Standardprodukte mit attraktiven Konditionen zu entwi-

ckeln und diese bundesweit anzubieten.

Charakteristisch für die Kampagne ist die Beibehaltung der kommunikativen Positionierung

und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Kommunikation zur Mehrprodukte-

Vermarktung sowie zur Gesamtkampagne.

Auffällig ist für den Kampagnenteil der Mehrprodukte-Vermarktung auch die geringere Be-

deutung von Mediawerbung im Kommunikations-Mix gegenüber anderen Instrumenten wie

insbesondere Direkt-Marketing-Maßnahmen. Print ist analog zur Vorgängerwerbung Leitme-

dium der Kampagne.

Der Umstand, dass die untersuchten Cross-Selling-Maßnahmen nur Teil einer Gesamtkam-

pagne sind, die gleichermaßen auf die Akquise von Neukunden zielt, lassen eine kritische

Prüfung der Eigenständigkeit eines möglichen Archetyps Cross-Selling-Werbung sinnvoll er-

scheinen.

Kriterien Ausprägung Leistungscharakter Neuprodukte Zielgruppenfokus Bestands- und Neukunden Werbebudget hoch Kommunikative Werbeziele Bekanntheit Positionierung Information (synchron) Werbebotschaft Informativ (synchron) Stellenwert Mediawerbung mittel (50%) Leitmedium Print (synchron)

Abbildung 54: Ausprägungen der ING-DiBa-Kampagne als Cross-Selling-Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

233

6.2 Ergebnisse zu notwendigen Rahmenbedingungen und Kompetenzen

Wie in der Einleitung zum Forschungsziel dieser Arbeit dargelegt soll neben der Entwicklung

eines Modells aufgabenorientierter Werbestrategien im Sinne eines knowledge-based view

auch geklärt werden, welchen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen im Werbepla-

nungsprozess als Teil eines integrierten Kommunikationsmanagement-Prozesses idealerweise

gegeben sein müssen, um die praktische Anwendung aufgabenorientierter Werbestrategien zu

gewährleisten.

Insofern beziehen sich die nachfolgend dargestellten Kompetenzen vorrangig auf den Prozess

der Entwicklung einer Werbestrategie, auf wenn einige der identifizierten Kompetenzen si-

cherlich auch Relevanz für den nachfolgenden konzeptionellen und operativen Umsetzungs-

prozess haben.

Die Experten-Einzelinterviews und sowie die beiden Experten-Workshops haben ergeben,

dass es keine – analog dem Modell von TOMCZAK und REINECKE - spezifischen Kompe-

tenzen pro Werbestrategie-Archetyp gibt. Vielmehr gibt es bestimmte Voraussetzungen, die

einen erfolgreichen stringenten Transferprozess von Marketing- in aufgabenorientierte Wer-

bestrategien und deren konsistente Umsetzung in Kreation insgesamt bedingen. Dennoch sind

einige der identifizierten Kompetenzen identisch mit den ihnen in den Marketing-

Kernaufgaben661 vorangestellten und werden ihrem Operationalisierungsgrad entsprechend in-

terpretiert.

Abbildung 55: Potentielle Bruchstellen im Ableitungsprozess

Quelle: Eigene Darstellung.

Im Idealfall erfolgt dieser Transferprozess nicht nur konsistent, sondern ist generell getragen

von einer langfristig angelegten Marketing- und Werbestrategie, die weniger auf kurzfristige

Absatz-, sondern vielmehr auf nachhaltige Markenerfolge zielt. Oder wie es ein Befragter

661 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 ff.

Marketing-

Strategie

Marketing-

StrategieKommunikations-

Erfolg

Werbe-

Strategie

Werbe-

Strategie

Werbe-

Konzept& Kreation

Werbe-Konzept

& Kreation

Potentielle Bruch-Stellen

234

formulierte: „Der größte Feind der langfristig angelegten und nachhaltig erfolgreichen Wer-

bestrategie ist die kurzfristige Vertriebstaktik.“

Die notwendigen Kompetenzen für die Entwicklung aufgabenorientierter Werbestrategien als

Teil eines konsistenten Werbeplanungsprozesses lassen sich auf zwei Ebenen unterscheiden:

1. Unternehmensebene: Struktur, Organisation und Prozesse in den beteiligten Unternehmen;

2. Mitarbeiterebene: fachliche und soziale Fähigkeiten der verantwortlich Handelnden.

Im Hinblick auf diese beiden Ebenen wurden sowohl die Kampagnenexperten zu den Fallstu-

dien wie auch die Teilnehmer der Workshops zu den notwendigen Kompetenzen in Form ei-

ner offenen Fragestellung (siehe Interview-Leitfaden in der Anlage) befragt. Die Auswertung

der Experten-Interviews erfolgte auf Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (vergleiche Kapi-

tel 5.5).

In der Regel wurden von den Befragten mehrere erfolgskritische Kompetenzen genannt, die

aus ihrer Sicht die Entwicklung von Werbestrategien als Kernelement eines Werbeplanungs-

Prozesses generell sowie deren Inter- und Intrakonsistenz beeinflussen.

Nachfolgend sind die entsprechenden Kompetenzen beschrieben. Viele davon sind deckungs-

gleich zu den Ergebnissen verschiedener Aufsätze und Untersuchungen, insbesondere zu den

Akteuren im Werbekommunikationsprozess in den USA und England. Dementsprechend wird

jeweils auf die entsprechenden Quellen verwiesen.

6.2.1 Strukturell-organisatorische Rahmenbedingungen und Kompetenzen

Folgende strukturell-organisatorische Kompetenzen wurden von den Befragten als notwendig

für die Planung, Umsetzung und Kontrolle von Werbestrategien als Teil eines Werbepla-

nungsprozesses beschrieben:

• Institutionalisierter Planungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozess: Viele der be-

fragten Akteure berichteten darüber, dass oftmals sowohl Entscheidungsprozesse inner-

halb der eigenen Organisation, aber insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen werbe-

treibenden Unternehmen und Dienstleister(-n) bzw. insbesondere zwischen den

Dienstleistern untereinander unklar seien. Institutionalisierte und formelle Abstimmungs-

und Entscheidungsregeln fehlen häufig.662 Dies geht in der Regel einher mit undefinierten

Jobprofilen (s.u.) sowie mit einer intransparenten Aufbau- und Ablauforganisation. Häufig

wird dadurch die Gefahr des „Aneinander-vorbei-Arbeitens“ provoziert, was Zeit- und

Ressourcenverluste zur Folge hat.663 Eine notwendige Voraussetzung ist deshalb auch eine

Standardisierungskompetenz664, mit der die Prozesseffizienz kontinuierlich verbessert

662 Vgl. PECHMANN, 2004, S. 8 ff.; BRUHN, 2005a, S. 118 ff. 663 Vgl. BRUHN, 2005a, S. 118 f. 664 Vgl. TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 21; auch DAY, 2000

235

wird. Eine besondere Herausforderung für die Organisation ergibt sich bei multinational

agierenden Unternehmen mit einer stark divisionalen Organisationsstruktur im län-

derübergreifenden Planungs- und Kontrollprozess von Marketing- und Werbemaßnahmen.

Hier besteht oft auf Seiten der Firmenzentrale der Wunsch nach einer Standardisierung

bzw. Adaption mit dem Ziel der Kostensenkung sowie Ausschöpfung von Synergien.665

Der Grad des Standardisierungsprozesses wird dabei maßgeblich von der Entscheidungs-

autonomie der jeweiligen Landesgesellschaft in Verbindungen den vorhandenen Fähigkei-

ten, der Vertrautheit der Zentrale mit den Marktspezifika sowie kulturellen Ähnlichkeiten

der Märkte und dem generellen Entwicklungsgrad des Landes bestimmt.666 Oftmals liegt

die Entscheidungshoheit einseitig bei der Zentrale. Häufige Konsequenz: Werbestrategien,

die zwar den Anforderungen des nationalen Marktes, aber nicht der internationalen Wer-

bestrategie entsprechen, durchlaufen nach Aussage eines befragten Experten einen „Kast-

rationsprozess“, wodurch ihre ursprünglich „pointierte Aussage massiv verwässert“ wird

und sie zwangsläufig an kommunikativer Schlagkraft verliert. Idealerweise würde der

Planungs- und Entscheidungsprozess deshalb in einer Interaktion aus Top-down und Bot-

tom-Up-Initiativen erfolgen.667

• Umfassende, strategiegeleitete, konsistente, iterative mehrstufige Vorgehensweise: Ange-

sichts eines häufig als „unstrukturiert“ geschilderten Arbeitsprozesses erscheint es zwin-

gend notwendig, dass alle Kampagnenverantwortlichen auf Basis eines fixierten und

kommunizierten Ablaufmodells arbeiten, das sowohl klare Verantwortlichen in den Teil-

schritten als auch Meilensteine im Sinne von Zwischenschritten auf Dokumentenbasis

umfasst. Solche Ablaufmodelle liegen zwar in der Werbetheorie (siehe Kapitel 2.3) sowie

bei einigen Unternehmen (Werbetreibenden wie Dienstleistern) zum Teil vor, kommen je-

doch oft nicht zur Anwendung oder werden aus Mangel an Zeit und Ressourcen nur unzu-

reichend verfolgt. Am häufigsten wird dabei aus Sicht vieler Werbepraktiker die Analyse-

phase vernachlässigt, d.h. es wird zu wenig Zeit und Aufwand darauf verwandt, Daten

zum Markt, den Wettbewerbern und der Zielgruppe zu generieren, analysieren und kri-

tisch zu bewerten. Eine häufige Konsequenz daraus ist: Werbestrategien bauen auf unvoll-

ständigen oder falschen Annahmen auf und erzielen einen nur unterdurchschnittlichen

kommunikativen Erfolg. Auffällig wird dieses Analysedefizit z. T. auch in den präsentier-

ten Fallstudien, wo die Zielgruppenbeschreibungen sehr generell gehalten sind. Diese

notwendige Kompetenz korrespondiert mit der von TOMCZAK ET AL. diskutierten Fä-

higkeit, aktuelle Kundeninformationen umfassend zu erfassen und zu verarbeiten.668 So

durchlaufen viele Kampagnen eine extrem verkürzte und unvollständige Planungsphase, 665 Vgl. MELEWAR/VEMMERVIK, 2004, S. 863 ff. 666 Zur Standardisierung von International Advertising gab es in den lerzten Jahren zahlreiche Publikationen und

Untersuchungen, u.a. von HARVEY, 1993; GREG, 1994; LAROCHE/KIRPALANI/PONS/ZHOU, 2001, S. 262; TAI/WONG, 1998, S. 335. Im Hinblick auf die Qualität der Ergebnisse vieler Studien mahnt TAYLOR, C. R. (2002) für die weitere Forschung einen deutlich höheren Praxisbezug an.

667 Vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER, 2003, S. 79 ff.; GLASL/DE LA HOUSSAYE, 1975, S. 29; BRUHN, 2005a, S. 120

668 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 21; auch DAY, 2000

236

weil alle Beteiligten zügig auf den Umsetzungsteil fokussieren („Ein erster Entwurf ist

immer schnell gemacht und für den Kunden ein dankbar greifbarer Output“, so ein befrag-

ter Verantwortlicher in einer Werbeagentur). Dementsprechend hat die präzise Definition

von Werbezielen häufig nur einen geringen Stellenwert.669 Eine mögliche Konsequenz

daraus ist: Aufgrund fehlender Ziele wird in der Kontrollphase nicht zielgeleitet erhoben

und bewertet.670 Voraussetzung für die mehrstufige Entwicklung einer erfolgreichen Wer-

bestrategie ist Konsistenz mit der ihr zugrundeliegenden Marketingstrategie. Der erfolg-

reiche Transferprozess setzt voraus, dass den Kampagnenverantwortlichen im Sinne eines

Strategic Alignments nicht nur über die Eckpunkte der Marketingstrategie informiert sind,

sondern idealerweise diese mit ihren eigenen Erfahrungswerten mitgestalten bzw. spezifi-

zieren können.671 Häufig sind solche Rückkopplungsprozesse, allein schon im Hinblick

auf eine oftmals organisatorische Trennung der Bereiche Marketing und Vertrieb, nur er-

schwert umzusetzen bzw. auch gar nicht gewollt. So werden viele Werbeplanungsprozes-

se linear exekutiert und iterative Schleifen innerhalb der Prozesskette bzw. darüber hinaus

in Richtung der Werbestrategie sind nicht vorgesehen.

• Integrierte Kommunikationsorganisation: Die wachsende Bedeutung integrierter Kom-

munikation erhöht die Aufgabenkomplexität und den damit verbundenen Bedarf nach

Planung und Kontrolle erheblich. Daraus resultieren ebenfalls spezifische Anforderungen

an die Organisations- und Prozessstruktur.672 Die bewusste organisatorische Trennung der

mit Werbekommunikation befassten Personen sowohl auf Seiten der werbetreibenden Un-

ternehmen wie auch der Dienstleister erschwert dabei deutlich den Arbeitsprozess integ-

rierter Kommunikation.673

• Strategiegeleitete Budgetplanung: Eine maßgebliche Hürde für die Entwicklung und den

Roll-out einer nachhaltigen Werbestrategie ist ein stabiles Budget. In der Praxis kommt

jedoch häufig eine taktisch dominierte Ad-Hoc-Budgetplanung zum Einsatz, bei der in der

Regel zum Ende des ersten Halbjahres die verbleibenden Mittel radikal gekürzt werden. In

der Konsequenz werden langfristig angelegte Kampagnen kurzfristig abgebrochen bzw.

ausgesetzt, die Kampagnenverantwortlichen gehen zu einer taktischen Planung über.

Durch die Fixierung eindeutiger Keyperformanceindicators und adäquater Zielwerte in

Verbindung mit einem kontinuierlichen Erfolgstracking könnten die Voraussetzungen für

eine längerfristig angelegte, strategische Budgetplanung gelegt werden. Zusätzlich könnte

die Einbeziehung von Agenturen in den Budgetierungsprozess einer umfassenderen Pla-

nungsweise förderlich sein, wobei finanzielle Eigeninteressen immer auszubalancieren

sind.674

669 Vgl. STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 670 Vgl. REINECKE /TOMCZAK, 2001, S. 79 671 Vgl. WADE/RECARDO, 2001; LUFTMAN, 1996; CAMPBELL/KAY/AVISON, 2005, S. 30 672 Vgl. SCHULTZ, 2000, S. 14; KITCHEN/BRIGNELL/LI, 2004, S. 20; BRUHN, 2005a, S. 118 673 Vgl. GOULD/LERMAN/GREIN, 1999, S. 41 ff. 674 Vgl. HARRIS/TAYLOR, 2003, S. 350

237

• Planning-Ressourcen und multidisziplinäre Experten-Teams: Die Erarbeitung von Werbe-

strategien setzt auf Agenturseite die entsprechenden Ressourcen im Bereich Planning vor-

aus sowie Kompetenzen, die dieser Arbeit den notwendigen Stellenwert geben. Gleichzei-

tig erfordern die komplexe Organisation von integrierten Kommunikationskampagnen

entsprechende Organisationsmodelle (Matrix-Organisation), in denen die durchgängige

und konsequente Einbindung der jeweiligen Experten für einzelne Kommunikationsin-

strumente gewährleistet ist.675 Die Befragten berichteten, dass in der Praxis oft Kampag-

nen isoliert für den Kanal TV geplant und umgesetzt werden und nachträglich die Exper-

ten der übrigen Instrumente mit einer bloßen Adaptionsarbeit beauftragt werden.

• Personelle Kontinuität und fixierte Arbeitsprofile: Die Konsistenz von Werbestrategien

und ihre Umsetzung hängen maßgeblich von einer Kontinuität der involvierten Personen

in Verbindung mit fixierten Arbeitsprofilen ab. Jedoch beklagen viele der befragten Kam-

pagnenmacher auf Agenturseite „Halbwertszeiten“ von Produkt- bzw. Brand-Managern

auf Kundenseite von 24 Monaten und weniger. Ein personeller Wechsel ist dann häufig

automatisch mit einer radikalen Korrektur der Werbestrategie verbunden, ohne dass sich

die Notwendigkeit dazu aus dem Kampagnen-Evolutionsprozess ableitet. Andererseits a-

gieren insbesondere Agenturmitarbeiter zwar unter gängigen Job-Labels (u.a. Planner,

Kontakter, Creative Director), jedoch nicht in Verbindung mit fixierten Arbeitsprofilen,

die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung eindeutig regeln.676

• Langfristige Partnerschaft zwischen Unternehmen und Dienstleistern: Die gewachsene

Komplexität von integrierter Werbekommunikation in Verbindung mit der Fokussierung

langfristiger nachhaltiger Erfolge bedingt eine langfristige, partnerschaftliche Zusammen-

arbeit zwischen dem werbetreibenden Unternehmen und seinen Dienstleistern.677 Ein Be-

standteil dessen wäre auch die Beteiligung der Agenturen am Budgetierungsprozess.678

Dennoch wird in der Praxis – unterstützt durch entsprechende Wechsel und Brüche in den

Berufsbiografien der Beteiligten (s.o.) mit dem Fokus auf Einzelkampagnen nur kurzfris-

tig geplant und dementsprechend häufig ein (neues) partnerschaftliches Verhältnis etab-

liert.

• Leistungsgerechte Vergütung: In der Werbepraxis dominieren weiterhin pauschale Vergü-

tungsmodelle auf fester Honorarbasis pro Projekt bzw. in Kombination mit anteiligen

Provisionen am eingesetzten Mediavolumen. Flexible Vergütungsmodelle wie erfolgsab-

hängige Honorare oder Service-Fee-Systeme sind dagegen die Ausnahme.679 Damit blei-

ben jedoch zeit- und Know-how intensive Leistungen insbesondere im strategischen Be-

reich unberücksichtigt bzw. haben gegenüber allen umsetzungsorientierten Maßnahmen

einen deutlich geringeren Stellenwert. Eine explizite Vergütung von Strategiearbeit auf

675 Vgl. SASSER/KOSLOW/RIORDAN, 2007, S. 254; BRUHN 2005a, S. 118 676 Vgl. HIRSCHMAN, 1989, S. 44 677 Vgl. SCHULTZ, 2001, S. 11 ff. 678 Vgl. HARRIS/TAYLOR, 2003, S. 352 679 Vgl. GWA, 2000

238

Stundenbasis oder nach sogenannten Tagewerken, wie sie bei den klassischen Beratungen

gängig ist, lässt sich Kunden von ihren Werbedienstleistern nur bedingt vermitteln.680

• Kommunikationssynchrone Vertriebsarbeit: Da alle werblichen Maßnahmen nur Kaufab-

sichten des Kunden initiieren können, ist ein schlagkräftiger Vertrieb die Voraussetzung

dafür, hohe Präferenz in Absatz zu konvertieren. Maßgeblich dabei ist vor allem, ob das in

der Werbekommunikation vermittelte Bild mit dem Eindruck, den der Kunde in der Filiale

oder in der Service-Hotline gewinnt, möglichst deckungsgleich übereinstimmt. Entspre-

chende Fallbeispiele dazu sind T-Com und Sparkasse, in denen jeweils ein bestehendes

Image korrigiert werden sollte, dieses Ziel jedoch nur erreicht werden konnte, wenn sich

das vermittelte Bild in der Praxis bestätigte. Voraussetzung dafür sind entsprechende

Schulungs- und Trainingsmaßnahmen.

Zu den strukturellen Voraussetzungen, die in dieser Untersuchung nicht genannt wurden, ge-

hört auch der Stellenwert von Werbekommunikation im Marketing-Mix des jeweiligen Un-

ternehmens im Hinblick auf die Budget- und Personalausstattung in Verbindung mit dem

Grad der vor allem intern kommunizierten Relevanz.

Die strukturellen und prozessbezogenen Voraussetzungen stehen in einem engen Interakti-

onsprozess mit den Fähigkeiten der verantwortlich Handelnden, indem sie die Ausbildung

dieser Fähigkeit fördern oder erschweren bzw. verhindern.

6.2.2 Personell-kulturelle Kompetenzen

Folgende personell-kulturellen Kompetenzen wurden von den Befragten als notwendig für die

Planung, Umsetzung und Kontrolle von Werbestrategien als Teil eines Werbeplanungsprozes-

ses beschrieben:

• Kreativität: Die Kernkompetenz aller Werbeverantwortlicher liegt sicherlich in der Gene-

rierung neuer, ungewöhnlicher Ansätze, Produkte und Leistungen auf eine prägnante und

nachhaltige Art zu kommunizieren.681 Dies beschränkt sich nicht nur allein auf die visuelle

und textuelle Umsetzung, sondern beginnt bereits im strategischen Bereich, beispielsweise

bei der Auswahl und Gewichtung des Media-Mixes (siehe dazu die Fallstudien zur VW-

Golf und Balisto-Kampagne), der durchaus kreativ sein kann.

• Analysefähigkeit und Strategiekompetenz: Viele der befragten Experten beklagen eine vor-

schnelle Umsetzungsorientierung im Kampagnenprozess, die neben einem fehlenden struk-

turellen Rahmen (s.o.) auch in einem Mangel an Analysefähigkeit und Strategie-

Kompetenz begründet ist. Oftmals sind die Kampagnenverantwortlichen sowohl auf Seiten

des werbetreibenden Unternehmens wie auch auf Seiten der Dienstleister nicht in der Lage

680 Vgl. BRUHN, 2005a, S. 316 ff. 681 Vgl. RUST, 2006, S. 112 ff.; MORIARTY/VANDEN, 1984, S. 164; WEST, 1994, S. 212

239

oder willens, entsprechende Daten zu Märkten, Zielgruppen und Wettbewerbern zu analy-

sieren und daraus entsprechende werbewirkungsmodellbasierte Zieldefinitionen und Wer-

bestrategien abzuleiten.682 Gründe dafür können in einem unzureichenden Ausbildungsgrad

liegen.683 Vielfach – so wird von einigen Befragten ebenfalls selbstkritisch eingeräumt,

mangelt es aufgrund von „Arroganz“ auch schlichtweg an der Bereitschaft, die beworbene

Leistung, die Marke und den Markt intensiver zu analysieren.684 Dieses Kompetenzdefizit

wird durch die strukturellen Rahmenbedingungen (Zeit- und Budgetmangel, beschränkte

Befugnisse) zusätzlich begünstigt. Zum Teil wird dieses Defizit auf Kundenseite kompen-

siert durch entsprechende Strategic-Planning-Kompetenzen auf Agenturseite (siehe Kapitel

2.3), oftmals fokussieren jedoch beide Seiten vorschnell auf eine kreative Idee, die nicht

ausreichend strategisch fundiert ist. Ursache dafür ist neben einer fehlenden strukturierten

Vorgehensweise in Verbindung mit einem effizienten Projekt-Management auch der emp-

fundene Widerspruch zwischen Kreativität und Effektivität.685 Von vielen wird deshalb das

produktive Zusammengehen von Kreativität und Struktur schlichtweg negiert.

• Beherrschung von Projektmanagement-Techniken: Für die erfolgreiche Organisation des

Werbeplanungsprozesses ist neben kreativen, analytischen und kommunikativen Fähigkei-

ten auch die Beherrschung von klassischen Projektmanagement-Techniken maßgeblich.686

Das gilt vor allem für ein effizientes Zeit-Management, bei dem insbesondere der Analyse-

phase ausreichendes Volumen eingeräumt wird. Dies korrespondiert mit den strukturellen

Voraussetzungen einer konsistenten, iterativen mehrstufigen Vorgehensweise sowie eines

interaktiven Planungs- und Entscheidungsprozesses. Projektmanagemement-Techniken

schliessen auch den Willen und die Fähigkeit zur Struktur- und Prozessoptimierung mit

dem Ziel eines angemessen Standardisierungsgrades ein. Die Konsequenz daraus darf nach

Aussage der Experten nicht eine Normierung auf Checklisten-Basis sein, vielmehr geht es

darum, handlungsleitende Prinzipien (sogenannte guiding principles) zu fixieren und insbe-

sondere Schlüsseldokumente wie z. B. den Creative Brief konsequent weiterzuentwickeln.

• Kommunikations-, Kooperations- und Integrationsfähigkeit und -bereitschaft: Die Überset-

zung von Marketing- in Werbestrategien und wiederum in Kreation erfordert sowohl auf

Seiten des werbetreibenden Unternehmens wie auch auf Seiten der Dienstleister ein hohes

Maß an Kommunikationsfähigkeit, um die unterschiedlichen Welten zu „übereinzubrin-

gen“.687 Das schließt das Bewusstsein für die Besonderheiten der Bereiche Marketing,

Kommunikation, Kreation ein. Oder wie ein Experte es formulierte: „Aus Sicht der Kom-

munikationsplanung ist es kein Problem, wenn der werbetreibende Kunde in Absatzzielen

denkt. Problematisch ist, wenn er nur in Absatzzielen denkt.“ Somit entscheidet der persön-

682 Vgl. BRIGGS, 2006; KOVER, 1995 , S. 599; GABRIEL/KOTTASZ/BENNETT, 2006, S. 79 683 Vgl. STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 50 684 Vgl. KOVER, 1995, S. 608 685 Vgl. KOVER/GOLDBERG/JAMES, 1995, S. 39 686 Vgl. BOHINC, 2006, S. 19 ff.; LITKE, 2007, S. 54 ff.; KRAUS/WESTERMANN, 1998, S. 12 ff.; KESS-

LER/WINKELHOFER, 2007, S. 20 ff. 687 Vgl. GAYLORD, 1994; CORNER/KINICKI/KEATS, 1994, S. 300; KIRCHNER, 2001, S. 257

240

liche „Fit“ insbesondere zwischen den zentralen Ansprechpartnern auf Kunden- und Agen-

turseite maßgeblich über die partnerschaftliche Qualität der Zusammenarbeit (s.o.).688 Ne-

ben der Überwindung dieser traditionellen Differenzen zwischen den Leistungsdisziplinen

(z. B. zwischen Copy-Writern und Art-Direktoren)689 macht die wachsende Relevanz von

integrierter Kommunikation es notwendig, die nach Aussage eines Experten „Silo-

Mentalität“ der unterschiedlichen Disziplinen im Hinblick auf das Planen und Umsetzen

auf Basis eines Kommunikationsinstrumentes statt mehrerer zu durchbrechen, und Exper-

ten für die Ausgestaltung aller relevanten Kanäle einzubeziehen. Dem steht jedoch häufig

die Angst vor Kompetenzverlust entgegen.690 Dementsprechend gibt es in der Praxis häufig

zwischen den Dienstleistern verschiedener Disziplinen (insbesondere zwischen klassischer

Kreation und Online sowie PR) Konflikte, um den jeweiligen Rang im Werbeplanungspro-

zess und die entsprechende Lead-Position.691

• Fähigkeit zur Risikoreduktion: Dies meint die Wahrnehmung und Analyse der Risiken, die

sich aus dem Evolutionsprozess der beworbenen Leistung bzw. der Marke ergeben. Not-

wendige Veränderungen in der Markenkommunikation müssen rechtzeitig erkannt und der

Situation angemessen umgesetzt werden. Bei der Einführungswerbung kann der Einsatz ei-

ner bewährten Absendermarke ebenso zur Risikoreduktion beitragen wie die bereits auf der

Marketingstrategie-Ebene getroffene Entscheidung für die einzuführende Leistung.692

• Risikobereitschaft: Erfolgreiche Werbung zeichnet sich nach Meinung aller Befragten im-

mer dadurch aus, dass sie anders ist. Die Quelle dafür findet sich natürlicherweise nicht in

der Bestätigung des Status Quo. Risikobereitschaft ist somit die Fähigkeit zu einem missio-

narischen, entschlossenem Verhalten, gleichzeitig verbunden mit der Bereitschaft, für das

Ergebnis die Verantwortung zu übernehmen.693 Dieses Verantwortungsbewusstsein wie-

derum geht jedoch nicht immer konform mit den strukturellen Rahmenbedingungen. Die

Notwendigkeit zur Risikobereitschaft sahen mehrere Befragte im Prozess der Bewertung

einer kontroversen Kampagnenidee. Oftmals würde in dieser Situation versucht, durch den

„inflationären Einsatz“ von Pretests zu einer verbindlichen Gewissheit über den zu erwar-

tenden Kommunikationserfolg zu kommen. Dies sei jedoch gerade bei Regelbrüchen in

Verbindung mit ungewöhnlichen und neuen Ideen schwierig und somit letztlich nicht ef-

fektiv. Gründe für dieses Vorgehen seien neben dem Wunsch nach Sicherheit auch die feh-

lende Bereitschaft oder Fähigkeit, die strategische Konsistenz der Werbebotschaft in Ei-

genanalyse zu bewerten.694 So seien erfolgreiche Kampagnen oftmals diejenigen, die vor-

her explizit nicht getestet wurden oder bei denen sich der Kampagnenverantwortliche auf

688 Vgl. CRUTCHFIELD, T.N./SPAKE, D.F./D’SOUZA, G./MORGAN, R.M., 2003 689 Vgl. YOUNG, C.E. , 2000 690 Vgl. SASSER/KOSLOW/RIORDAN, 2007, S. 254; CALDER/MALTHOUSE, 2005;

GOULD/GREIN/LERMAN, 1999; GRONSTEDT, 1996; GRONSTEDT/THORSON, 1996; BRUHN, 2005a, S. 119, S. 122

691 Vgl. EAGLE/KITCHEN, 2000; KIM/HAN/SCHULTZ, 2004 692 Vgl. TOMCZAK, REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 20 693 Vgl. EL-MURAD/WEST, 2003 694 Vgl. TAUBER, 1984, S. 39

241

Kundenseite über ein negatives Pretestergebnis hinweggesetzt hatte. Grundlage dafür ist

neben einer ausreichend Entscheidungskompetenz auch die entsprechende Erfahrung auf

Basis einer ausreichend langen Berufspraxis (s.o.).695

• Fähigkeit zur Fokussierung: Erfolgreiche Werbekommunikation zeichnet sich nach An-

sicht der Experten auch dadurch aus, dass sie sich auf den Transport einer zentraler Bot-

schaft beschränkt und dementsprechend alle konzeptionellen und kreativen Elemente auf

die Botschaft fokussiert. Diese Bereitschaft und Fähigkeit zur Fokussierung geht somit oft

einher mit der Fähigkeit zur Risikobereitschaft, einzelne Zielgruppen bewusst auszuschlie-

ßen, nur einen funktionalen und kommunikativen Mehrwert zu penetrieren. Denn oftmals

bedingen Unsicherheit und die Berücksichtigung möglichst vieler Interessen eine massive

Verwässerung der Werbebotschaft, worunter wiederum die Originalität zwangsläufig leidet

(s.o.).

Diese für den deutschen Werbemarkt explorativ ermittelten Erfolgstreiber im Werbepla-

nungsprozess sind sinnvollerweise in weiteren Untersuchungsschritten zu detaillieren.

695 Vgl. WEST, 1999, S. 59 f.

242

7. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

7.1 Generelle Schlussfolgerungen

Nachfolgend wird zunächst auf die generellen Schlussfolgerungen für das Gesamtmodell

(Kapitel 7.1.1) und die Modellindikatoren (Kapitel 7.1.2) eingegangen, bevor in Kapitel 7.2

die Schlussfolgerungen für die einzelnen Archetypen diskutiert werden.

7.1.1 Schlussfolgerungen für das Grundmodell

Zentrale Forschungsfrage: Welche Archetypen aufgabenorientierter Werbestrategien las-

sen sich unterscheiden?

• Welche Merkmale charakterisieren die unterschiedlichen Archetypen aufgabenorien-

tierter Werbestrategien?

• Wie lassen sich diese unterschiedlichen Archetypen auf Basis der Produkt-Markt-

Matrix von ANSOFF systematisieren?

Die Kern-Dimensionen des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien wurden von der

Mehrheit der Befragten als relevant und ihre Werbekommunikationsarbeit prägend beschrie-

ben. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Kerndimension Leistung (bestehend/neu)

zu. Sie bestimmt insbesondere in der Ausprägung „Marke“ (bestehend/neu) maßgeblich den

werbestrategischen Planungsprozess.

Dagegen hatte die Unterscheidung zwischen Neu- und Bestandskunden nach Aussage vieler

Befragter für ihre werbestrategischen Überlegungen einen deutlich geringeren Stellenwert.

Die Gründe dafür sind vielfältig:

• Fehlende Datenbasis: Bei vielen Kampagnen fehlt zur anvisierten Zielgruppe eine umfas-

sende Datenbasis mit soziodemografischen und qualitativen Beschreibungen (vergleiche

dazu die fehlenden bzw. Nur allgemeinen Angaben in den jeweiligen Fallstudien-

Beschreibungen). Teilweise sind diese Daten auf Unternehmensseite vorhanden, werden

aber aus Gründen der Vertraulichkeit nicht der planenden und ausführenden Agentur zur

Verfügung gestellt. In anderen Fällen wird schlichtweg nicht die Notwendigkeit gesehen

bzw. zeitliche und budgetäre Restriktionen verhindern, fehlende Zielgruppendaten zu ge-

nerieren.

• Unzureichendes analytisches Know-how: Oftmals fehlt das notwendige Know-How zur

Ermittlung der Daten bzw. der Auswertung vorhandener (Roh-)Daten sowohl auf Seiten

des werbetreibenden Unternehmens wie auch der ausführenden Dienstleister.

• Elastizität der Erfolgskontrolle: Ein maßgeblicher Grund ist taktischer Natur: Durch die

bewusste Nicht-Differenzierung zwischen Neu- und Bestandskunden entfällt die Notwen-

243

digkeit einer teilgruppenspezifischen Zielplanung und Erfolgskontrolle. Den Werbetrei-

benden steht schlichtweg mehr „Kundenmasse“ zur Verfügung, um seine übergreifenden

Kampagnenziele zu erreichen. Oft wird dann im Prozess der Post-Rationalisierung aus der

dann erreichten Kundenstruktur ein adäquates Konvertierungs- oder Expansionsziel für

die einzelnen Kundensegmente abgeleitet.696

Als Konsequenz daraus dominiert in der praktischen Kampagnenplanung und -darstellung

insbesondere bei der kommunikativen Einführung von Produkten und Leistungen die Teil-

Dimension „Neukunden“.

7.1.2 Bewertung der Modellindikatoren

Anhaltende Defizite bei der Werbezielformulierung

Die Fallstudien-Ergebnisse bestätigen die bereits von STEFFENHAGEN und SIEMER697 und

in einer eigenen Erhebung mit ähnlichem Untersuchungsdesign (siehe Kapitel 3.2.2), zu den

einige Fallstudien eine Schnittmenge bilden, empirisch belegten Defizite. Zwar betonte die

Mehrheit der Befragten die hohe Relevanz von Werbezielen im Werbestrategie-Prozess, al-

lerdings wurden in der Umsetzung sehr häufig die von STEFFENHAGEN und SIEMER de-

finierten Gütekriterien698 verletzt.

Einflusscharakter des Involvementgrads

Die theoriebasierten Vorüberlegungen zur Unterscheidung von Werbestrategien beinhalten

die Annahme, dass der Involvementgrad der jeweils beworbenen Leistung die Ausprägung

der die Archetypen determinierenden Indikatoren beeinflusst. Die Ergebnisse der Fallstudien

bestätigen zwar die generelle Bedeutung des Involvementgrades auf den Charakter der Wer-

bekommunikation. Allerdings konnte kein archetypen-spezifischer Einfluss festgestellt wer-

den, sondern vielmehr ein genereller. So bedingt beispielsweise der Involvementgrad deutlich

erkennbar den Umfang des Budgets für Mediawerbung massiv (exemplarisch das Kampag-

nen-Budget von über 15 Mio. Euro für das High-Involvement-Produkt Audi Q7 gegenüber

dem Kampagnen-Budget von 5 Mio. Euro für das Low-Involvement-Produkt Balisto von

Mars), während der Einfluss des jeweiligen Archetypen eher nur noch eine graduelle Variati-

on bedingt. Das gleiche gilt für die Art der Positionierung und die daraus abgeleitete Werbe-

botschaft. Wie bereits von KROEBER-RIEL und ESCH dargestellt, wird gerade bei der Be-

werbung von Low-Involvement-Produkten eine Positionierung durch Emotion in Verbindung 696 Beleg dafür sind entsprechende ausdrückliche Hinweise von einigen Interviewpartnern (insbesondere auf Sei-

ten der Agenturen) sowie Widersprüche zwischen den Zielangaben der verantwortlichen Akteure, die auf Post-Rationalisierungseffekte schliessen lassen.

697 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 48 698 STEFFENHAGEN/SIEMER, 1996, S. 47 f.

244

mit einer emotionalen Ansprache der Konsumenten bevorzugt.699 Dagegen wird der Aspekt

der Konsistenz von Positionierung und Werbebotschaft gegenüber der bisherigen Werbe-

kommunikation maßgeblich durch den jeweiligen Archetypen geprägt. Dies ist entsprechend

für die Spezifizierung des Modells zu berücksichtigen.

Während also die Modell-Indikatoren Budget, Positionierung und Werbebotschaft (beide in

der Ausprägung Art und Inhalt) maßgeblich durch den Involvementcharakter geprägt zu sein

scheinen, weisen Media-Mix, Copy und vor allem die Werbeziele deutlich archetypen-

spezifischen Erklärungswert auf.

Eine präzisere Bestimmung des jeweiligen Einflussgrades muss Bestandteil der weiteren em-

pirischen Vertiefung sein (siehe Kapitel 7.2 Limitation und weiterer Forschungsbedarf).

Wie in Kapitel 6.1 dargelegt, weisen die untersuchten Kampagnen im Hinblick auf den Invol-

vementgrad des beworbenen Produktes bzw. der beworbenen Leistung deutliche Unterschiede

auf, wobei diese Unterscheidung eine grundsätzliche übergreifende und keine Archetypen-

spezifische ist.

Folgende vom Involvement abhängigen Besonderheiten lassen sich deshalb archetypenüber-

greifend übergreifend feststellen:

• Kommunikative Werbeziele: Zwar wurden zu den entsprechenden Low-Involvement-

Kampagnen jeweils auch kommunikative Ziele genannt, jedoch wurde das Primat der

ökonomischen Ziele (Umsatz, Absatz, Marktanteil) betont, gegenüber denen Awareness

und Image nur flankierenden Charakter hatten. Somit lag der Fokus der Werbeverantwort-

lichen deutlich auf kurzfristigen Absatzerfolgen und Marktanteilsgewinnen. Zum Teil er-

schienen die genannten kommunikativen Zielwerte im Sinne einer Post-Rationalisierung

nachträglich zum ökonomischen Erfolg ergänzt. Dagegen war der Fokus bei den Kam-

pagnen zu High-Involvement-Produkten (Audi Q 7, VW Golf) deutlich auf das kommuni-

kative Ziel Präferenz gerichtet. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür ist: Eine kurzfristige

Generierung von Kunden für teure Investitionsgüter vorrangig durch werbliche Ansprache

ist gegenüber Low-Involvement-Produkten eher unwahrscheinlich.

• Positionierung: Low-Involvement-Produkte weisen eine deutlich stärkere Positionierung

durch Emotion auf, da Informationen zu ihnen dem Rezipienten eher „trivial“700 erschei-

nen. Im Gegensatz dazu weisen High-Involvement-Produkte eher eine Positionierung

durch eine gleichmäßige Mischung von Emotion und Information701 (Beispiel Audi Q7)

auf.

• Werbebotschaft: Resultierend aus der emotional dominierten Positionierung ist bei Low-

Involvement-Produkten auch die Botschaft an den Rezipienten emotional dominiert. Da-

gegen hat in der Werbung für High-Involvement-Produkte Information einen deutlich

699 KROEBER-RIEL/ESCH, 2000, S. 74; WEINBERG, 1999, S. 113 ff. 700 KROEBER-RIEL, 1993, S. 43 701 ESCH, 2005, S. 140

245

stärkeren Stellenwert (Beispiel: funktionale Vorteile des VW Golfs als Story-Element des

Schlämmer-Blogs).

• Stellenwert Mediawerbung: Bei Low-Involvement-Produkten dominiert Mediawerbung

deutlich den Kommunikations-Mix, gegenüber High-Involvement-Werbung (Audi Q7,

VW Golf-Kampagne in der geplanten Fortsetzung), wo bedingt durch die höhere Bedeu-

tung von Information in Positionierung und Werbebotschaft nicht-mediale Kommunikati-

onsinstrumente (insbesondere am Point of Sale) zum Einsatz kommen.

• Leitmedium: Bei Werbung für Low-Involvement-Produkte ist die Dominanz von TV als

Leitmedium gegenüber High-Involvement-Produkten noch deutlicher. Dementsprechend

haben bei High-Involvement-Produkten wie dem VW Golf oder Audi Q 7 solche Medien,

die sich eher zum Transport von Informationen eignen (Print, Internet) einen strategisch

und in der Regel somit auch budgetär höheren Stellenwert.

Kriterien Low-Involvement High-Involvement

Media-Mix: Stellenwert Me-

diawerbung

sehr hoch Hoch

Media-Mix: Leitmedium TV mit sehr hohem Stel-

lenwert)

TV mit hohem Stellenwert

Kommunikative Werbeziele Eher flankierend zu den als

maßgeblich betrachteten

ökonomischen Zielen

Zentral

Positionierung Meist Emotion und Aktua-

lisierung

Mischung von Emotion und

Information

Werbebotschaft emotional Emotional mit informativem

Anteil

Abbildung 56: Unterschiede im Hinblick auf den Involvementcharakter der Produk-

te/Leistungen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an KROEBER-RIEL, 2000, S.45.

246

7.2 Schlussfolgerungen für die Archetypen aufgabenorientierter Werbe-

strategien

Die Einzelanalyse sowie der Vergleich der insgesamt 16 auf Basis von Fallstudien untersuch-

ten Kampagnen (siehe Kapitel 6.1) zeigen deutlich, dass sich drei Archetypen aufgabenorien-

tierter Werbestrategien in der Werbepraxis wiederfinden lassen:

1. Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung);

2. Expansionswerbung (Follow-up-, Rebrush-, Relaunch-Werbung);

3. Loyalitätswerbung.

Abbildung 57: Erweitertes Modell aufgabenorientierter Werbestrategien

Quelle: Eigene Darstellung

Leistung/Marke Werbestrategie-Typ Audi Q7 Einführungswerbung (Line-Extension) Balisto Expansionswerbung (Relaunch) Bertolli Einführungswerbung (Line-Extension) BILDmobil Einführungswerbung (Line-Extension) Dove pro•age Einführungswerbung (Line-Extension) Drei Wetter Taft Expansionswerbung (Rebrush) Eucerin Einführungswerbung (Line-Extension) Gillette Fusion Einführungswerbung (Line-Extension) ING-DiBa Loyalitätswerbung McDonalds Loyalitätswerbung Dr. Oetker Paula Einführungswerbung (Line-Extension) Sparkasse Loyalitätswerbung T-Com Loyalitätswerbung Rama Cremefine Expansionswerbung (Follow-up)

Bestehende

Leistung/Produkt

Neue

Leistung/Produkt

Neukunden Bestandskunden

EinführungswerbungNeumarke, Line-extension

ExpansionswerbungFollow-up, Rebrush, Relaunch

Loyalitätswerbung

247

Touareg Expansionswerbung (Follow-up) VW Golf Expansionswerbung (Rebrush)

Abbildung 58: Fallstudien im Hinblick auf den jeweiligen Werbestrategie-Archetyp

Quelle: Eigene Darstellung

Diese Archetypen unterscheiden sich deutlich im Hinblick auf folgende Indikatoren:

• Werbebudget (Kommunikation insgesamt, nur für Mediawerbung);

• Media-Mix (Stellenwert Mediawerbung insgesamt, Auswahl des Leitmediums);

• Kommunikative Werbeziele und Zielgrößen;

• Konsistenz der Positionierung;

• Konsistenz der Werbebotschaft

• Copy (u.a. Einsatz von Testimonials).

Copy als zusätzliches Strategieelement und Indikator

Zu den bereits aus der Theorie abgeleiteten Elementen einer Werbestrategie (siehe Kapitel 3)

wurde von mehreren Befragten der Einsatz von kreativen Kernelementen als weiterer Arche-

typen-Indikator ergänzt. Das bestätigt die Untersuchungen zur Bedeutung Gestaltungselemen-

te von PIETERS und WEDEL zur Differenzierung von Werbestrategien.702

Darüber hinaus impliziert der gängige Begriff Copy-Strategie bereits den Bezug zum Werbe-

strategie-Prozess. Teil der Copy sind insbesondere die Key-Visuals. Sie ergeben sich aus den

wichtigsten konstituierenden Markenelementen (Markenassets), die die Markenwahrnehmung

der Konsumenten dominieren und im Sinne der Selbstähnlichkeit strategisch wichtig sind.703

Das kann am Beispiel der Marke Jacobs neben der Key-Colour grün die Krone als Bestandteil

des Logos, der Claim „mit dem Verwöhnaroma“, aber auch ein festlicher Anlass (Hochzeit,

Geburtstag) als klassisches Marken-Sujet sein.

Bei einer Produktlinienerweiterung ist jedoch für die kreativen Kernelemente eine Differen-

zierung notwendig, um eine Verwechslung zwischen den Produkten zu vermeiden. Somit ist

eine Balance zu finden zwischen der Wahrung der kreativen Elemente der zentralen Dach-

marken-Signale und der Einbringung neuer anderer konzeptioneller und kreativer Elemen-

te.704 Ein anschauliches Beispiel ist das Zusammenspiel von Rama als Dachmarke und Rama

Cremefine als Sub-Brand.

Mit kreativen Kernelementen sind dabei folgende gemeint:

• Claim (Kampagnen- oder Marken-Claim, z. B. „Aber bitte mit Rama“);

• Key-Visual;

• Testimonial (z. B. Heidi Klum, Horst Schlämmer);

• Key-Colour (-s) (z. B. Sortenfarben bei Balisto);

702 PIETERS/WEDEL, 2004, S. 38 ff. 703 ESCH, 2007, S. 335 704 ESCH, 2007, S. 337

248

• Sprachliche Gestaltung (typischer Tonfall bzw. Ausdrucksweise);

• Typografische Gestaltung (z. B. Nivea-Typo);

• Sujet/Setting (z. B. italienische Familienidylle bei Bertolli, Dermatologen-Praxis bei Eu-

cerin).

Als ein wichtiges Gestaltungselement wurde dem Einsatz von Testimonials eine Archetypen-

abhängige Verwendungsintensität zugesprochen. So sind nach Aussage der Experten Testi-

monials ein beliebtes und bewährtes Gestaltungselement insbesondere bei Einführungswer-

bung. Bei Follow-up-Werbung werden sie – abhängig vom Erfolg ihres Einsatzes bei der Ein-

führungswerbung – oftmals weiterhin eingesetzt. Seltener mit einem strategischen Bedeu-

tungsgehalt aufgeladen finden sich Testimonials hingegen in Rebrush- oder Relaunch-

Werbung. Die analysierte Golf Schlämmer Blog-Kampagne ist so eine Ausnahme. Sehr selten

werden sie dagegen in der Loyalitätswerbung eingesetzt. Die Begründung dafür lautet, dass

eine intensivere Beziehung zur beworbenen Leistung als Grundlage für loyalisierende Werbe-

botschaften gerade bei prominenten Testimonials nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird.

Die Bedeutung der Copy als Element der einer Kampagne zugrundeliegenden Werbestrategie

bezieht sich auf deren Kontinuität bzw. Modifikation im Werbeevolutionsprozess. So wird

beispielsweise die für eine erfolgreiche Follow-up-Kommunikation notwendige Kontinuität

nicht nur an der Konstanz von Positionierung und Werbebotschaft festgemacht, sondern auch

an der Weiterverwendung von in der Einführungswerbung etablierten kreativen Kernelemen-

ten wie z. B. Key-Visuals und Claim. Dementsprechend wird Copy im Bereich der Werbe-

strategie vorrangig im Hinblick auf folgende Aspekte diskutiert:

• Welche kreativen Kernelemente sind durch die bisherigen Werbe-Maßnahmen bzw. die

Markenstrategie insgesamt (bei Einführungswerbung für Line-Extensions) vorgegeben?

• In welchem Umfang und Grad sollen diese beibehalten oder modifiziert werden?

Der Einfluss des Involvementgrades der Konsumenten auf die beworbene Leistung wurde ge-

nerell bestätigt, jedoch ist er nicht archetypen-spezifisch, sondern prägt die Werbekommuni-

kation zu den jeweiligen Leistungen grundsätzlich (s.u.).

Dementsprechend bilden die untersuchten und als relevant belegten Indikatoren generell die

Kernelemente einer Werbestrategie (siehe Abbildung).

249

Abbildung 59: Kernelemente der Werbestrategie

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BRUHN 2005a, S. 376

7.2.1 Schlussfolgerungen für den Archetyp Einführungswerbung

Der Begriff der Einführungswerbung als Werbestrategie, mit der ein neues Produkt bzw. ei-

nen neue Leistung einem Neukundenkreis vorgestellt wird, ist der bereits im täglichen

Sprachgebrauch der Werbeverantwortlichen gängigste Werbestrategie-Archetyp. Zu diesem

Archetyp wurden in der Untersuchung die meisten Charakterisierungen mit dem höchsten

Grad an Übereinstimmung gegeben. Somit ist die Einführungswerbung auch die Strategie-

form, der Kampagnen immer eindeutig zugeordnet wurden. Einführungswerbung ist auch in

der Wahrnehmung der Werbeverantwortlichen der Strategietyp, dem am eindeutigsten die

notwendigen konzeptionellen und operativen Maßnahmen zur Umsetzung zugeordnet werden

konnte.

Aus der bestehenden oder nicht bestehenden Ansprache von Bestandskunden ergibt sich für

den Archetyp Einführungswerbung die Unterscheidung von zwei Untervarianten:

1. Neumarken-Werbung;

2. Line-Extension-Werbung.

Werbe-

strategie

Zielgruppen

(neu/alt)

Ziele

Objekt

(neu/alt)

Positionierung,

Botschaft &

Copy

Media-Mix

Budget

Was? Wem?

Wo

zu

?Wo

mit?

Wie?Wodurch?

250

Die Neumarken-Werbung bezieht sich auf Einführungskampagnen, bei denen eine neue Leis-

tung bzw. ein neues Produkt unter einer neuen Marke eingeführt wird. Die Entscheidung für

eine neue Marke versus die Dehnung einer vorhandenen Marke kann in der mangelnden

Übereinstimmung oder Relevanz des bestehenden Markenimages mit der neuen Produktkate-

gorie begründet liegen.705 In der Regel geht dies einher mit der Adressierung von neuen Kun-

dengruppen, für deren erfolgreiche Ansprache der Einsatz der bestehenden Marke kontrapro-

duktiv oder ohne Relevanz ist. Insofern beginnt die Neumarken-Werbung werbekommunika-

tionsstrategisch bei „null“, was sie fundamental von der Einführungswerbung unterscheidet.

Neumarken-Werbung ist zudem gegenüber dem Einsatz bestehender Marken mit einem er-

heblichen Mehraufwand an Investitionen706 verbunden: So wird in einer Managerbefragung

von SATTLER das Kosteneinsparungspotential abhängig von der Produktkategorie auf 50 %

und mehr geschätzt.707

Die Dehnung (brand stretching) bzw. Expansion einer Marke (brand expansion) zur Produkt-

linienerweiterung in gleiche oder verwandte Produktkategorien wird als line extension defi-

niert.708 Dementsprechend handelt es sich im Fall der Line-Extension-Werbung um Einfüh-

rungswerbung, die ein erweitertes Leistungs- bzw. Produktportfolio mit einer bereits bekann-

ten Marke als Absender bewirbt. Die Entscheidung für den Einsatz einer bestehenden Marke

geht häufig einher mit dem Ziel, neben Neukunden auch Bestandskunden (der zugrundelie-

genden Familienmarke) zu adressieren und den bei ihnen bestehenden Bekanntheits- und Ver-

trauensvorsprung im Sinne eines Image- bzw. Goodwill-Transfers zu nutzen.709

Angesichts des generell hohen Kostenaufwands für eine Neueinführung verbunden mit dem

hohen Risiko eines Flops710 sind Markenerweiterungen nach ESCH711 sowie KELLER712 und

MURPHY713 die zurzeit am häufigsten genutzte Strategie zur Einführung einer neuen Leis-

tung bzw. eines neuen Produktes und haben insbesondere im Bereich der Konsumgüter in ih-

rer Bedeutung enorm zugenommen.714 In einer empirischen Untersuchung zum amerikani-

schen Konsumgütermarkt belegen zudem SMITH und PARK die höhere Wirksamkeit von

Markendehnungsstrategien gegenüber Neumarkenstrategien.715

Bei der Umsetzung der Line-Extension-Werbung ist zu berücksichtigen, ob es sich um eine

direkte oder eine indirekte Markenerweiterung handelt und ob sie vertikal oder horizontal

705 ESCH, 2007, S. 321 ff. 706 SATTLER, 1997, S. 88; TAUBER, 1988; S. 27 707 SATTLER, 1997, S. 88 708 BURMANN/MEFFERT/BLINDA, 2005, S. 196; ESCH, 2007, S. 319; AAKER, 1990, S. 54 f.;

PARK/MILBERG/LAWSON, 1991, S. 190 709 MEFFERT, 1994, S. 189 ff.; SATTLER, 2004, S. 828 ff. 710 Die Flopquote im Konsumgüterbereich wird von der Gesellschaft für Konsumforschung GfK mit 70 % bezif-

fert, siehe SAAL, 2006, S. 17; auch ROHWETTER, 2004, S. 20 711 ESCH, 2007, S. 323 712 KELLER, 2003, S. 581 713 MURPHY, 1997, S. 53 714 RANGASWAMY/BURKE/OLIVA, 1993, 71 ff. 715 PARK/MILBERG/LAWSON, 1991, S. 190 f.

251

ausgeprägt ist.716 Eine in der Werbepraxis häufige Variante (siehe Fallstudien zu Rama Cre-

mefine, Dove pro•age, Dr. Oetker Paula, Gillette Fusion) ist die vertikale Markenerweiterung

nach unten in Form eines Sub-Brandings: Die Master-Marke wird um eine Submarke ergänzt.

Im besten Fall kann diese Sub-Brand zur Vitalisierung und Stärkung der Master-Marke bei-

tragen (siehe Fallstudie Rama Cremefine), er birgt jedoch auch das Risiko der Kannibalisie-

rung (siehe Fallstudie Dove pro•age), die als gesteuerter Substitutionsprozess jedoch auch

strategisch gewollt sein kann.717 Auch reduziert eine Subbranding-Strategie negative Rück-

wirkungen auf die etablierte Marke bei Markenerweiterungen, die sich durch zur Stammmar-

ke inkonsistente Eigenschaften auszeichnen.

In jedem Fall gilt: Je größer die Nähe zur Bestandsmarke ist, desto stärker sind die Werbestra-

tegie-Elemente (insbesondere Positionierung und Botschaft) in ihren Ausprägungen prädispo-

niert.718 Umgekehrt ist einer größeren Produkt-Marken-Distanz in der Werbestrategie eben-

falls Rechnung zu tragen.719

Line-Extension-Werbung schließt auch Kampagnen ein, bei denen im Zuge einer indirekten

horizontalen Markenerweiterung zwei bestehende Marken auf Grundlage einer Markenkoope-

ration bzw. -allianz mit unternehmensinternen oder -externen Marken in Form von Co-

Branding, Composite-Branding, Cross- bzw. Co-Promotion, Ingredient Branding oder Mega-

Branding kombiniert werden.720

Während die Begriffe der Neumarken- bzw. Launchwerbung sich auf Kampagnen beziehen,

bei denen ausschließlich Neukunden adressiert werden, spielt bei der Line-Extension-

Werbung die Ansprache von Bestandskunden in unterschiedlichem Umfang eine strategische

Rolle.

Allen sechs in Fallstudien vorgestellten Praxisbeispielen Audi Q7, BILDmobil, Dove pro age,

Eucerin, Dr. Oetker Paula, Gillette Fusion) zu Einführungswerbung sind in unterschiedlicher

Deutlichkeit folgende Charakteristika gemeinsam:

• Ein besonderer strategischer Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unter-

nehmen insgesamt (resultierend aus dem in der Regel hohen und kapitalintensiven Ent-

wicklungsaufwand) sowie im Marketing-Mix zum jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen

Leistung;

• Daraus resultiert ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und den übrigen Kampagnen über-

proportional hohes Kommunikations- wie auch Mediawerbungsbudget;

• Der hohe Stellenwert (strategisch und budgetär) von Mediawerbung im Werbekommuni-

kationsbudget insgesamt;

716 ESCH, 2007, S. 327 717 ESCH, 2007, S. 351 ff.; CRAVENS/PIERCY/PRENTICE, 2000, S. 383 718 vgl. ESCH, 2007, S. 377, S. 381 719 vgl. ESCH, 2007, S. 377 720 ESCH, 2007, S. 328, S. 401 ff.; FRETER/BAUMGARTH, 2005, S. 478; BAUMGARTH, 2004, S. 240 ff.

252

• Der Einsatz von TV als Kampagnen-Leitmedium strategisch und damit in der Regel auch

budgetär dominant (Sonderfall BILDmobil);

• Die Schaffung von Aufmerksamkeit (gemessen meist auf Basis der gestützten bzw. unge-

stützten Bekanntheit) ist das zentrale Kommunikationsziel;

• Eine grundsätzlich durch Emotion dominierte Positionierung, aus der sich entsprechend

eine überwiegend emotionale Form der Ansprache (Werbebotschaft) ableitet. Diese Posi-

tionierung wird jedoch – abhängig vom Innovationsgrad des beworbenen Produktes –

deutlich um eine informative Komponente ergänzt, die ihren entsprechenden Niederschlag

in der Konsumenteninformation über einzigartige Produkteigenschaften findet (Beispiel

BILDmobil, Audi Q7);

• Copy: Der Einsatz von Prominenten als Testimonials zur Awareness-Generierung.

Indikatoren Ausprägung Budget Proportional gegenüber allen anderen Archetypen das

höchste Media-Mix Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV Kommunikative Ziele Aufmerksamkeit Positionierung u. Botschaft Überwiegend emotionale Positionierung und emotionale

Werbebotschaft Copy Häufiger Einsatz von Prominenten als Testimonials

Abbildung 60: Charakteristika des Archetypus Einführungswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

Diese Charakteristika bedingen einander. So leitet sich aus dem Kommunikationsziel Aware-

ness der massive Einsatz des reichweitenstarken Mediums TV ab, dessen Bewegtbild als

Werbemittel gleichzeitig das ideale Instrument ist für den Transport emotional geprägter

Werbebotschaften ist.

Abweichungen von diesen Grundprinzipien der Einführungswerbung sind erkennbar situativ

bzw. strukturell geprägt. So dominiert beispielsweise im Media-Mix zur BILDmobil-

Kampagne Print gegenüber TV, weil das beworbene Produkt markentechnisch eine line ex-

tension des bestehenden Print-Objektes ist und es von daher nur konsequent und wirtschaftli-

cher ist, in diesem massiv Werbung für das neue Produkt zu schalten.

Die ergänzende Analyse von Einführungswerbung für Neumarken wie die exemplarischen

Kampagnen für „Alice“ und „Base“721 bestätigt die ermittelten Grundcharakteristika von Ein-

führungswerbung mit drei Abweichungen:

• Das eingesetzte Werbevolumen liegt proportional deutlich über dem von Einführungswer-

bung auf der Basis von Line-Extension-Werbung;

721 JUNG/VON VIEREGGE, 2006; S. 73

253

• Der Zielfokus liegt noch deutlicher auf der Bekanntmachung der Marke, imageprofilie-

rende Ziele sind dem nachgelagert, da nur auf Basis von Bekanntheit eine Imagebildung

stattfinden kann;

• Copy: Bestehende Kreativ-Elemente als Bezugsgrößen bestehen nicht. Der kreative Auf-

tritt ist dementsprechend betont eigenständig (siehe Beispiel BASE).

Einführungswerbung in der Untervariante der Line-Extension-Werbung unterscheidet sich

gegenüber der Neumarken-Werbung fundamental insofern, als dass sie auf eine Produkt- und

Markenhistorie aufbaut. Dementsprechend besteht ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieser Wer-

bestrategie darin, inwiefern diese Historie konzeptionell und kreativ in sinnvoller Weise Be-

rücksichtigung findet. Parameter dafür sind die eingesetzte Markentechnik (Eigenmarke mit

Hinweis auf die Dachmarke, Sub-Brand) sowie der Grad der Nähe zur Ausgangsmarke.

Anschauliche Beispiele für eine hohe Ausschöpfung des Markenkapitals sind insbesondere

die Kampagnen zu Audi Q7, Bertolli sowie der Mehrprodukte-Vermarktung der ING-DiBa.

Angesichts der grundsätzlich hohen Übereinstimmung zwischen Neumarken- bzw. Launch-

werbung und Line-Extension-Werbung erscheint die Verwendung von „Einführungswerbung“

als übergreifender Archetyp weiterhin sinnvoll.

Zwar ist in drei untersuchten Kampagnenbeispielen die Adressierung von Neuprodukten an

Bestandskunden ein explizites oder implizites Teilziel, jedoch steht entweder die Gewinnung

von Neukunden (Bertolli, ING-DiBa) bzw. die Loyalisierung der Bestandskunden (Sparkasse)

im Fokus der Aktivität. So sollte beispielsweise die Vorstellung des breiten Leistungsspekt-

rums der Sparkasse-Finanzgruppe neben der konkreten breiteren Ausschöpfung der Kunden-

basis die bestehenden Kunden auch in der Aufrechterhaltung ihres bestehenden Kundenver-

hältnisses bestärken. Somit legen die untersuchten Kampagnenbeispiele nahe, dass in der

Werbepraxis Cross-Selling-Werbeaktivitäten keinen eigenständigen Archetyp begründen,

sondern die den entsprechenden Kampagnen zugrundeliegenden strategischen Zielsetzungen

komplementäre Teilziele der Einführungs- oder Loyalitätswerbung sind.

Cross-Selling kein eigenständiger Archetyp

Auch wenn für die parallele Ansprache von Bestandskunden bei der Einführung neuer Pro-

dukte und Leistungen im Sinne einer Cross-Selling-Werbung ein eigenständiger Werbestrate-

gie-Archetyp für Massenkommunikation empirisch nicht belegt werden konnte, lässt sich

feststellen, dass diese Form der Werbung grundsätzlich an Bedeutung gewinnt. Die Gründe

dafür sind:

• Diversifikationsstrategien sind eine maßgebliche Wachstumsstrategie vieler Unterneh-

men;

254

• Line-Extensions dominieren heute bereits den Bereich der Produktneueinführungen und

werden weiter an Bedeutung gewinnen722;

• Im Rahmen entsprechender CRM-Maßnahmen entstehen entsprechende Kundendaten-

banken, die z. B. auch Konsumgüterproduzenten in die Lage versetzen, ihre traditionelle

massenmedial dominierte Kommunikation durch eine Direktansprache ihrer Bestandskun-

den (z. B. per Mail) zu ergänzen.

7.2.2 Schlussfolgerungen für den Archetyp Expansionswerbung

Die analysierten Kampagnenbeispiele zeigen deutlich, dass der Archetyp „Expansionswer-

bung“ als Beschreibung für Kampagnen, in denen eine bestehende Leistung bzw. Produkt

Neukunden kommuniziert wird, zu undifferenziert ist.

Die entsprechenden Fallstudien zu den Kampagnen von VW Golf, Drei Wetter Taft, Rama

Cremefine und Balisto zeigen deutlich die Relevanz der entwicklungshistorischen Position

des beworbenen Produktes bzw. der Kampagne im Sinne des Modells vom Produktlebenszyk-

lus.723 Während beispielsweise die Rama Cremefine-Kampagne das Ziel verfolgt, den Erfolg

der Einführungswerbung mit einer fokussierten Kommunikation fortzusetzen und weitere

Kunden zu gewinnen, geht es bei der Balisto-Kampagne darum, die in die Jahre gekommene

Marke kommunikativ grundlegend zu repositionieren, um den Absatzrückgang zu stoppen

und Neukunden zu gewinnen bzw. verlorene Kunden zurückzugewinnen. Bei der Drei Wetter

Taft-Kampagne wird eine Stabilisierung der Marktführerschaft auf Basis einer Modifikation

der bestehenden Produktlinie sowie einer entsprechenden Anpassung in der Kommunikation

angestrebt.

Diese unterschiedliche strategische Ausgangssituation bedingt eine Differenzierung des Ar-

chetyps Expansions-Werbung nach dem Grad der Veränderung bzw. Kontinuität. Dabei las-

sen sich folgende drei Varianten unterscheiden:

1. Follow-up-Werbung;

2. Rebrush-Werbung;

3. Relaunch-Werbung.

Im Gegensatz zur Binnendifferenzierung von Einführungswerbung in Launch- und Line-

Extension-Werbung als Unter-Varianten ersetzen die drei Varianten expansiver Werbestrate-

gien den zu „groben“ Archetypbegriff Expansionswerbung, da ihr Erklärungsgehalt präziser

und prägnanter ist. Insofern fungiert der Begriff Expansions-Werbung im erweiterten Modell

als Oberbegriff für drei Varianten dieses Archetyps.

Archetyp-Variante Follow-up-Werbung

722 KELLER, 2003, S. 581 723 HOOGLEY, 1995, S. 24

255

Follow-up-Werbung wird in der Werbepraxis häufig verwendet, um die der Einführungswer-

bung zeitlich und inhaltlich nachfolgenden Werbemaßnahmen zu beschreiben.724

In diesem Sinne wird Follow-up-Werbung als Werbestrategie definiert, die nicht nur zeitlich,

sondern auch inhaltlich auf die Einführungswerbung folgt725 und zum Ziel hat, den in der

Markteinführungsphase erreichten Markterfolg expansiv fortzusetzen. der Kundenbasis zum

Ziel haben. Von einigen Interviewten wurde sie deshalb auch als „Eroberungswerbung“ be-

zeichnet. Damit hat die Follow-up-Werbung automatisch loyalisierende Elemente im Bezug

auf die bereits gewonnenen Bestandskunden. Dabei steht neben einer weiteren Steigerung der

Bekanntheit vor allem die verstärkte Profilierung der beworbenen Leistung bzw. des Produk-

tes im Fokus. Grundlage dafür ist ein unverändertes Produkt- bzw. Leistungsangebot.

In der Regel geschieht dies dadurch, dass – bei entsprechendem Erfolg der Einführungswer-

bung – die strukturellen und kreativen Kernelemente der Einführungs-Kampagne beibehalten

werden.

Im Extremfall besteht die Follow-up-Werbung aus einer Schaltung der identischen Motive der

Einführungswerbung lediglich mit einem modifizierten Mediaplan. Häufig werden jedoch auf

Grundlage entsprechender Kampagnenanalysen Aussage und Elemente der Launch-

Kampagne in der Follow-up-Werbung fokussiert bzw. akzentuiert, um einzelne Leistungswer-

te zu optimieren. Exemplarisch dafür ist die als Fallstudie vorgestellte Touareg-Kampagne.

Dennoch ist Follow-up-Werbung nicht im Sinne eines bloßen „Weiter so“ zu verstehen.

Vielmehr zeigt das Kampagnenbeispiel zu Rama Cremefine, dass eine erfolgreiche Follow-

up-Werbung auch die Notwendigkeit bedingen kann, neue konzeptionelle und kreative Ele-

mente einzusetzen, um die weitere Durchsetzung der Produkt- bzw. Markenstrategie zu ge-

währleisten.

Von Follow-up-Werbung als Untervariante der Expansionswerbung wird gesprochen, wenn

auf eine erfolgreiche Einführungswerbung weitere Werbemaßnahmen folgen, die dem Ausbau

der erreichten Marktposition dienen.

In der Grundstrategie baut die Follow-up-Werbung auf die Einführungswerbung auf mit dem

Ziel, den Auftakterfolg fortzusetzen. Häufig bedingt dies eine Übernahme zentraler konzepti-

oneller und kreativer Elemente. Dies ist jedoch – wie das vorgestellte Kampagnenbeispiel zu

Rama Cremefine zeigt - keine zwingende Notwendigkeit.

Follow-up-Werbung weist folgende Charakteristika auf:

• Einen gegenüber der Einführungswerbung deutlich geringeren strategischen Stellenwert in

der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen insgesamt bzw. im jeweiligen Marke-

724 Vgl. Agenturdarstellung zur Touareg Follow-Up-Kampagne in JUNG/VON VIEREGGE, 2005, S. 39 ff. 725 BEHRENS (1963, S. 22) gebraucht den Begriff „Fortführungswerbung“ vorrangig zeitbezogen, betont aber

auch die den Kontinuitätscharakter zwischen Fortführungs- und Einführungswerbung im Hinblick auf die Zielgruppen-Identität.

256

ting-Mix. Der Hintergrund dafür ist: Oftmals werden andere „Stellhebel“ (insbesondere

Preis und Distribution) als wirkungsvoller zum Ausbau der erreichten Marktposition er-

achtet.

• Daraus resultierend ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und den übrigen Kampagnen

(insbesondere Einführungswerbung) eher durchschnittliches Kommunikations- wie auch

Mediawerbungs-Budget.

• Bei Follow-up-Werbung hat Mediawerbung einen hohen, aber im Verhältnis zur Einfüh-

rungswerbung tendenziell geringeren Stellenwert (strategisch und budgetär) im Werbe-

kommunikationsbudget insgesamt.

• Follow-up-Werbung weist den gleichen Media-Mix wie die Einführungswerbung auf mit

TV als Kampagnen-Leitmedium, aber einer gegenüber der Einführungswerbung strate-

gisch und budgetär proportional gewachsenen Bedeutung anderer Mediakanäle (insbeson-

dere Print) sowie generell aller nicht-medialen Kommunikationsinstrumente (insbesondere

Verkaufsförderung).

• Der Aus- bzw. Aufbau von Relevanz und Präferenz auf Basis einer deutlicheren Image-

profilierung als zentrale Kommunikationsziele (während in der Einführungswerbung die

generelle Bekanntmachung und Verankerung eines zentralen Benefits im Kommunikati-

onsfokus steht).

• Die Positionierung von Einführungswerbung ist zu der von Follow-up-Werbung nahezu

identisch. Daraus resultiert in der Regel eine hohe Wiederverwendungsrate bei Rezipien-

ten bereits etablierter Kampagnenelemente (z. B. Claim, Key-Visual, Key-Colour) in un-

terschiedlich starken Umfang.

Indikatoren Ausprägung Budget Gegenüber allen anderen Archetypen eher durchschnittlich Media-Mix Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV Kommunikative Ziele Relevanz, Präferenz Positionierung u. Botschaft In hoher Übereinstimmung zur Einführungswerbung Copy Wiederverwendung etablierter Gestaltungselemente

Abbildung 61: Charakteristika des Archetypus Follow-up Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

Häufig ist bei Follow-up-Werbung ein hohes Maß an konzeptioneller und kreativer Kontinui-

tät gegenüber der Einführungswerbung festzustellen. Plakative Beispiele dafür sind neben der

vorgestellten Touareg-Kampagne von Volkswagen u.a. die Folge-Kampagnen der Paulaner-

Brauerei726 und den Telekommunikationsanbieter Hansenet mit der Marke Alice727. Insbeson-

dere die Follow-up-Kampagnen für Konsumgüter mit geringem Involvementcharakter basie-

ren auf einer Positionierung durch Aktualität728 und funktionieren mit einer hohen Konsistenz

726 JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 150 ff. 727 JUNG/VON VIEREGGE, 2007, S. 60 ff. 728 ESCH, 2005, S. 141

257

im kommunikativen Auftritt im Sinne von GUTENBERG729, SEYFFERT730 und BRUHN731

als Erinnerungswerbung. Dass dies jedoch kein Muss ist, illustriert plakativ das vorgestellte

Kampagnenbeispiel Rama Cremefine. Mit dem Ziel einer stärkeren Markenprofilierung wur-

den gegenüber der Einführungswerbung neue konzeptionelle und kreative Elemente einge-

setzt, die besser geeignet erschienen, die bestehende Markenbotschaft zu verbreiten.

Archetypen-Variante Rebrush-Werbung

KOPPELMANN weist auf das Kontinuum zwischen jeder Form der Veränderung eines be-

stehenden Produktes im Sinne eines Relaunches bis zur Entwicklung eines Neuproduktes

hin.732 Angesichts der in den Fallstudien dokumentierten hohen Bandbreite von (Marken-)

Kommunikations-Modifikationen – häufig in Verbindung mit dem Reifegrad der beworbenen

Leistung bzw. des Produktes – erscheint es jedoch notwendig, neben der Kategorie Relaunch-

Werbung eine weitere Kategorie zu definieren, die geringfügigere Veränderungen im Sinne

einer Aktualisierung der Werbebotschaft bei hohem Kontinuitätsgehalt abdeckt.

Im Medienbereich ist der Begriff Rebrush – äquivalent zum Begriff facelift im Automobilde-

sign733- eine gängige Bezeichnung, um die Überarbeitung eines Produktes im Sinne einer Ak-

tualisierung zu beschreiben.734

Dementsprechend wird der Begriff Rebrush in dieser Arbeit verwendet, um eine Veränderung

der Werbekommunikation im Sinne einer Aktualisierung zu beschreiben, wobei der Grad der

Veränderung deutlich unter dem liegt, was üblicherweise als Relaunch bezeichnet wird.

Die Rebrush-Werbung folgt im Anschluss an die Follow-up-Werbung, wenn das beworbene

Produkt/Leistung bzw. die Marke bereits einen gewissen Reifegrad erreicht haben und Gefahr

laufen, nicht mehr hundertprozentig aktuell und zeitgemäß zu sein. Diesem Reifeprozess kann

durch Veränderungen auf zwei Ebenen begegnet werden:

1. Produktebene und

2. Markenkommunikations-Ebene.

Ein Rebrush auf Produktebene bedingt geringfügige Veränderungen in den Leistungsmerkma-

len (insbesondere Design, Verpackung, Ergänzung oder Intensivierung einzelner Leistungs-

komponenten), ohne dass das Produkt grundsätzlich verändert wird. Ein Rebrush oder „Face-

lift“ auf der Ebene der Markenkommunikation geht entweder einher mit der Veränderung des

beworbenen Produktes oder als Stand-alone-Maßnahme. Ein kommunikativer Rebrush hat

zum Ziel, die Markenbotschaft zu aktualisieren bzw. zu vitalisieren, sie jedoch nicht in ihrer

729 GUTENBERG, 1955, S. 440 730 SEYFFERT, 1963, S. 44 731 BRUHN, 2005a, S. 115 732 KOPPELMANN; 1993, S. 70 733 HUCHO, W.-H., 2007, S. 219 734 GRUNER+JAHR 2007; MOTORPRESSE STUTTGART, 2003

258

Grundaussage gravierend zu verändern. Ein plastisches Beispiel dafür ist die vorgestellte Drei

Wetter-Taft-Kampagne, in der die Storyline des Vorläufers aus den achtziger Jahren beibehal-

ten wird, jedoch ironisch gebrochen wird und das typische achtziger Jahre-Modell ersetzt wird

durch das aktuelle Topmodel Heidi Klum.

Die Rebrush-Werbung folgt im Anschluss an die Follow-up-Werbung, wenn das beworbene

Produkt/Leistung bzw. die Marke bereits einen gewissen Reifegrad erreicht haben und Gefahr

laufen, nicht mehr hundertprozentig aktuell und zeitgemäß zu sein. Diesem Reifeprozess be-

gegnet das werbetreibende Unternehmen durch eine geringfügige Modifizierung des Produk-

tes (z. B. durch Anpassung des Designs, Erhöhung der Leistungswerte) in Verbindung mit ei-

ner entsprechenden Korrektur der Kommunikation. Exemplarisch dafür ist die vorgestellte

Drei-Wetter-Taft-Kampagne sowie die Werbung für den VW Golf. Angesichts der Tatsache,

dass die Rebrush-Werbung im Lebenszyklus zwischen der Follow-up- und der Relaunch-

Werbung steht, weist sie konsequenterweise Eigenschaften beider Werbestrategien auf. So

lassen sich folgende Charakteristika für Rebrush-Werbung ableiten:

• Rebrush-Werbung zeichnet sich gegenüber der Einführungswerbung durch einen deutlich

geringeren strategischen Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unterneh-

men insgesamt bzw. im jeweiligen Marketing-Mix aus.

• Daraus resultierend wird für Rebrush-Werbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und

den übrigen Kampagnen (insbesondere Einführungswerbung) eher geringeres Kommuni-

kations- wie auch Mediawerbungs-Budget eingesetzt.

• Mediawerbung hat im Werbekommunikationsbudget insgesamt einen hohen, aber im

Verhältnis zur Einführungswerbung tendenziell geringeren Stellenwert (strategisch und

budgetär).

• Rebrush-Werbung hat einen im Verhältnis zur Einführungs- und Follow-up-Werbung

gleichen Media-Mix (weiterhin mit TV als Kampagnen-Leitmedium). Jedoch haben –

analog zur Follow-up-Werbung – andere Media-Kanäle (insbesondere Print) sowie gene-

rell alle nicht-medialen Kommunikationsinstrumente (insbesondere Verkaufsförderung)

eine proportional höhere Bedeutung.

• Zentrale Kommunikationsziele sind die Stabilisierung bzw. der Ausbau von Relevanz und

Präferenz-Werten auf Basis einer deutlicheren Imageprofilierung in den bislang als unter-

durchschnittlich bzw. schwach bewerteten Leistungskategorien.

• Rebrush-Werbung zeichnet sich durch eine zur jeweiligen Einführungswerbung im Kern

nahezu identische Positionierung aus – mit jedoch zum Teil neuer bzw. veränderter Ak-

zentuierung bzw. der gezielten Ergänzung von Image-Dimensionen. Das hat zur Konse-

quenz, dass im Sinne einer Widererkennbarkeit bereits erfolgreich etablierte und bewährte

Elemente (Formsprache, Claim, Key-Colours) beibehalten, jedoch bei anderen (z. B. Key-

Visual, Testimonial-Einsatz) deutliche Korrekturen vorgenommen werden, um dem stra-

tegischen Ziel der Aktualisierung gerecht zu werden.

259

• Die Aktualisierung des bisherigen Markenauftritts wird vor allem durch eine Veränderung

einzelner Gestaltungselemente initiiert. Auffällig ist außerdem der Einsatz von Prominen-

ten als Testimonial zur Verdeutlichung der angestrebten Aktualisierung (Heidi Klum bei

Drei-Wetter-Taft, Horst Schlämmer beim VW Golf).

Indikatoren Ausprägung Budget Gegenüber allen anderen Archetypen eher niedriger Media-Mix Hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV Kommunikative Ziele Aktualisierung, Relevanz, Präferenz, Imageprofilierung Positionierung u. Botschaft Grundsätzliche Übereinstimmung zur Einführungswerbung

mit jedoch zum Teil neuer bzw. veränderter Akzentuierung Copy z. T. Einsatz von Prominenten als Testimonial zur Verdeut-

lichung der angestrebten Aktualisierung Abbildung 62: Charakteristika des Archetypus Rebrush-Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

Berücksichtigt man für diesen Archetypus zusätzlich den Aspekt des Involvementcharakters

des jeweils beworbenen Produktes (Low- versus High-Involvement), fallen folgende Beson-

derheiten auf:

• Bei Einführungswerbung für Low-Involvement-Produkte (Beispiel Paula-Kampagne) ist

die Dominanz von TV als Leitmedium gegenüber High-Involvement-Produkten noch

deutlicher. Dementsprechend haben bei High-Involvement-Produkten (Beispiel Audi Q7)

Medien, die sich eher zum Transport von Informationen eignen (Print, Internet), einen

strategisch und budgetär höheren Stellenwert.

• Low-Involvement-Produkte weisen eine deutlich stärkere Positionierung durch Emotion

auf, was dadurch bedingt ist, dass Informationen zu ihnen dem Rezipienten eher „trivi-

al“735 erscheinen. Im Gegensatz dazu weisen High-Involvement-Produkte eher eine Posi-

tionierung durch Emotion mit einem höheren Anteil an Informationselementen736 auf.

Archetypen-Variante Relaunch-Werbung

Der Begriff Relaunch wird sowohl im Bereich der Produkt- wie auch der Kommunikations-

und Markenpolitik verwandt. Für die Veränderung eines Produktes in Form einer Produktva-

riation oder Produktdifferenzierung737 wird häufig der Begriff (Produkt-) Relaunch verwandt.

Mit einem Relaunch wird dabei zumeist die Wiederbelebung einer stagnierenden oder rück-

läufigen Umsatz- oder Gewinnentwicklung bezweckt. Durch entsprechende Modifikations-

maßnahmen kann die Lebensdauer eines Produktes verlängert werden.738 Dementsprechend

735 KROEBER-RIEL, 1993, S. 43 736 ESCH, 2005, S. 140 737 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 456 f. 738 HAEDRICH/TOMCZAK, 1996, S. 236 f.

260

wird ein Relaunch in der Regel in der Sättigungs- bzw. Rückgangsphase des Produktlebens-

zyklus durchgeführt.739

Für den Begriff (Produkt-)Relaunch existiert in Wissenschaft und Praxis eine Bandbreite un-

terschiedlicher Bedeutungen.740 So versteht BIRKIGT unter einem Relaunch die „Wiederein-

führung eines alten Produktes, welches in den wesentlichen Parametern – Produkt, Verpa-

ckung, Packungsgestaltung, Werbung – geändert wurde.“741 Laut BROCKHOFF ist der Re-

launch eine Kombination absatzpolitischer Instrumente zur Repositionierung eines etablierten

Produkts.742 Eine Konkretisierung zu Art und Anzahl der bei einem Relaunch einzusetzenden

absatzpolitischen Instrumente liefert er nicht.743 Nach HÖFER ist das Ziel eines Produktre-

launchs die Wiederbelebung eines existierenden Produktes, wobei er die untrennbare Verbin-

dung von Produkt- und Kommunikationsmodifikation plädiert.744 Im Gegensatz dazu fokus-

sieren MEFFERT, BURMANN und KIRCHGEORG bei ihrer Definition eines Produktre-

launches auf die „umfassende Veränderung einer oder mehrerer Produkteigenschaften“, die

„in vielen Fällen (…) durch Veränderungen bei anderen Marketinginstrumenten (z. B. (…)

neue Werbebotschaft) unterstützt werden.“745

TENNAGEN plädiert mit ihrer Definition eines Produktrelaunchs für die Integration von Mo-

difikationen, die sich auf die funktionalen Eigenschaften des Produktes sowie seiner Marken-

kommunikation auswirken: Sie definiert einen Produktrelaunch als „zeitablaufbezogene Ver-

änderung eines am Markt etablierten Produkts (…). Das Ziel eines Relaunchs ist die Umposi-

tionierung eines bereits existierenden Produkts unter Beibehaltung des Namens (der Wort-

marke). Die Veränderung muss dabei mindestens eine der folgenden Marketing-Variablen

umfassen:

• Produktsubstanz/-gestalt;

• Verpackung;

• Kommunikation bzw.

• Markensymbol/Logo.

Zusätzlich können auch andere Marketing-Instrumente wie z. B. die Preisforderung oder Ser-

viceleistung in die Umgestaltung einbezogen werden.746 Das Ergebnis ihrer Untersuchung,

wonach nachlassende Markenaktualität aus Sicht der Unternehmen ein zentraler Einflussfak-

tor für die Relaunchentscheidung ist747, stützt TENNAGENs integrierten Ansatz.

739 TENNAGEN, 1993, S. 306 f. 740 TENNAGEN, 1993, S. 5 741 BIRKIGT, 1971, S. 286 742 BROCKHOFF, 1988, S. 26 743 BROCKHOFF, 1988, S. 26. f. 744 HÖFER, 1983, S. 109 745 MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG, 2008, S. 457 f. ; ähnlich auch ZANGER, 2002, S. 111 746 TENNAGEN, 1993, S. 10 f. 747 TENNAGEN, 1993, S. 309 f.

261

Die Begriffe für entsprechende Veränderungen der Markenkommunikation sind in der Regel

Umpositionierung, Repositionierung bzw. Revitalisierung oder Rebranding und Neupositio-

nierung748. Der Begriff Relaunch als Begriffsklammer für alle diese Formen kommunikativer

Korrekturen wird von TROMMSDORF749 verwandt, ist jedoch im Gegensatz zum Bereich

Produktpolitik weniger gängig.

Für die vorliegende Untersuchung unterschiedlicher Werbestrategien erscheint der Begriff

Relaunch-Werbung im Sinne des integrierten Ansatzes von TENNAGEN sinnvoll als Be-

zeichnung aller Kampagnen, die eine deutliche Veränderung der bisherigen Markenkommu-

nikation auf Grundlage einer Um-, Re- oder sogar Neupositionierung beinhalten, wobei diese

häufig mit einer Veränderung des Produktes (Substanz, Gestalt) bzw. seiner Verpackung ein-

hergeht.

Die Relaunch-Werbung zielt zwar ebenfalls auf Expansion im Sinne einer positiven Steige-

rung der ökonomischen und kommunikativen Leistungswerte, jedoch kommt sie zu einem

deutlich späteren Zeitpunkt im Produkt-/Leistungs-Lebenszyklus zum Einsatz, nämlich dann,

wenn eine beworbene Leistung/Produkt bereits eine hohe Marktreife erreicht hat und in den

Leistungswerten deutlich stagniert. Die Verantwortlichen stehen dann vor der Frage, ob sie

die entsprechende Leistung/Produkt vom Markt nehmen und durch ein Neuprodukt ersetzen

(� Einführungswerbung) oder aktive Leistungspflege betreiben, um den Leistungs- bzw.

Produktlebenszyklus zu verlängern.

Im Gegensatz zur Rebrush-Werbung ist bei der Relaunch-Werbung die Veränderung des Pro-

duktes bzw. der Kommunikation grundlegend. D.h. der Reifegrad von Produkt/Leistung und

Marke ist weit fortgeschritten und notwendige Rebrushs wurden seit dem Launch unterlassen,

sodass das Produkt radikal auf einen veränderten Markt bzw. Konsumentenbedürfnisse ausge-

richtet werden muss.

Die Ergebnisse der Experten-Interviews verdeutlichen, dass sowohl die Rebrush- wie auch die

Relaunch-Werbung zwar auf Neukunden zielt, sich darunter aber auch zahlreiche ehemalige

Kunden befinden, für die das Produkt in der Vergangenheit einmal eine größere Relevanz hat-

te bzw. die es in der Vergangenheit regelmäßig verwendet haben. Ihnen soll die bereits geläu-

fige Leistung bzw. Produkt oder Marke in neuer Form präsentiert werden, um einmal vorhan-

dene Begehrlichkeit zu reaktivieren.

Grundsätzlich ist bei der Unterscheidung zwischen Follow-up-, Rebrush- und Relaunch-

Werbung als Untervarianten der Expansionswerbung zu berücksichtigen, dass die Übergänge

fließend sind und die jeweiligen Phasen abhängig von der Art des Produktes, der Markt- bzw.

Branchenentwicklung zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzen und andauern können.

748 ESCH, 2005, S. 145 f. ; HAEDRICH/TOMCZAK, 1990; TROMMSDORFF, 2002, S. 357 ff.; TOM-

CZAK/REINECKE/KAETZKE, 2002, S. 479 749 TROMMSDORFF, 2002, S. 362 f.

262

Oftmals ist es nach Aussage einiger befragter Experten auch so, dass statt eines notwendigen

Relaunchs des Kernproduktes diverse line extensions (z. B. neue Geschmacks- oder Größen-

varianten eines Produktes) auf Produktebene initiiert werden, um die Marktposition in Summe

zu stabilisieren. Damit werde der Stagnationsprozess von Leistung und Marke jedoch nur ver-

schleiert und im schlimmsten Fall ein ungesteuerter Kannibalisierungsprozess in Gang ge-

setzt.

Neben der bereits diskutierten Abgrenzungsproblematik zwischen „Leistungspflege“ und

„Leistungsinnovation“ verdeutlicht die notwendige Ausdifferenzierung des Archetyps Expan-

sionswerbung eine weitere Unschärfe in der Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF, nämlich

die fehlende Differenzierung zwischen Neukunden, die erstmalig eine Produkt bzw. eine Leis-

tung beziehen und Neukunden, die eine Leistung bzw. ein Produkt in der Vergangenheit be-

reits einmal oder mehrfach erworben haben, dies jedoch seit längerem nicht mehr tun und

deshalb als „alte Neukunden“ gezielt zurückgewonnen werden sollen.

Zur Relaunch-Werbung als Untervariante der Expansionswerbung zählen Kampagnen, bei

denen die kommunikative bzw. funktionale Leistungspflege dazu dient, in der Vergangenheit

verloren gegangene Kunden (als Neukunden) zurückzugewinnen und damit einen in den Er-

folgskennzahlen deutlichen Stagnationsprozess in einen nachhaltigen Wachstumsprozess zu

drehen. Die Relaunch-Werbung gehört analog zur Launch-Werbung zu den im Sprach-

gebrauch der Werbepraxis gängigen Werbestrategien.

Den zwei vorgestellten Kampagnenbeispielen zur Relaunch-Werbung (Balisto, Drei Wetter

Taft) sind folgende Charakteristika gemeinsam:

• Relaunch-Werbung hat einen besonderen, nahezu an die Einführungswerbung heranrei-

chenden, strategischen Stellenwert in der Marketingstrategie der jeweiligen Unternehmen.

Dies resultiert aus dem in der Regel hohen und kapitalintensiven Entwicklungsaufwand

sowie einer absolut prioritären Bedeutung im Marketing-Mix des jeweiligen Produktes

bzw. der jeweiligen Leistung.

• Daraus resultierend wird für Relaunch-Werbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget

und den übrigen Kampagnen überproportional hohes Kommunikations- wie auch Media-

werbungs-Budget eingesetzt, das jedoch tendenziell unter dem für Einführungswerbung

liegt.

• Mediawerbung hat - analog der Einführungswerbung - zur breiten Penetration der Re-

launch-Botschaft eine sehr große Bedeutung.

• TV wird als strategisches Kampagnen-Leitmedium eingesetzt und dominiert in der Regel

auch den Budgeteinsatz (Ausnahme Balisto).

• Die Rückgewinnung von Relevanz und Präferenz auf Basis eines deutlichen Imageshifts

sind die zentralen Kommunikationsziele der Relaunch-Werbung.

263

• Die Positionierung ist substantiell verändert. Daraus resultiert eine neue Werbebotschaft.

• Es findet eine deutliche Abkehr von den bisherigen Copy-Elementen statt mit Ausnahme

der Corporate Identity (Markenlogo, Claim).

Indikatoren Ausprägung Budget Überdurchschnittliches Budget Media-Mix Sehr hoher Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV Kommunikative Ziele Imagekorektur, Awareness Positionierung u. Botschaft Deutliche Modifikation gegenüber der Einführungswerbung Copy Deutlicher Bruch mit traditionellen Gestaltungselementen

Abbildung 63: Charakteristika des Archetypus Relaunch-Werbung

Quelle: Eigene Darstellung

7.2.3 Schlussfolgerungen für den Archetyp Loyalitätswerbung

Zwar konnten vier Kampagnenbeispiele für Loyalitätswerbung identifiziert und analysiert

werden (T-Com, McDonald’s, Sparkasse), jedoch fällt auf, dass dieser Archetyp im Vergleich

zur Einführungs- oder Expansionswerbung bzw. deren Varianten Follow-up-, Rebrush- und

Relaunch-Werbung deutlich seltener zum Einsatz kommt und dementsprechend vielen Be-

fragten als Begrifflichkeit plausibel, aber nicht gängig erschien. Dies ist sicherlich – trotz aller

gegenteiligen Behauptungen – im in der Unternehmenspraxis immer noch disproportionalen

Stellenwert der Bindung bestehender Kunden gegenüber der Akquisition von Neukunden be-

gründet.750 So wird das Ziel der Kunden-Loyalisierung häufig verwässert durch die geplante

Parallelansprache von Neukunden. Die Konsequenz daraus ist: Zwischen den beschriebenen

expansiven Werbestrategien Follow-up-, Rebrush-, und Relaunch-Werbung mit unterschied-

lich stark ausgeprägten loyalisierenden Teilzielen und der Loyalitätswerbung mit einer antei-

ligen Neukundenansprache bestehen zwangsläufig Überlappungen. Ein maßgeblicher Grund

dafür liegt jedoch sicherlich im Untersuchungsfokus auf massenmediale Kommunikation, die

per se nicht zielgruppenpräzise (im Hinblick auf Bestands- vs. Neukunden) sein kann.

Ein weiterer Grund für die fehlende Resonanz bei den Praktikern ist jedoch auch, dass Loyali-

sierungsmaßnahmen sich häufig auf punktuelle taktische Maßnahmen beschränken, die vor-

rangig direkt im Vertrieb, der Verkaufsförderung (z. B. durch Couponing) oder des Direkt-

Marketing stattfinden und nur selten auch werblich in Form einer breit angelegten Media-

Kampagne begleitet werden.751 Wenn dies geschieht, dann weil der Adressatenkreis entspre-

chend groß ist und es zudem – aus Gründen der Marktstruktur - keine direkten Endkunden-

kontakte auf Basis entsprechender Kontaktdaten gibt. Dies trifft auf die vorgestellten Kam-

pagnen zu Bertolli, McDonald’s als Franchise-Unternehmen und den Sparkassen-Verbund als

Dachorganisation sowie auf die Mehrheit der Automobil-Hersteller (Volkswagen, Ford,

Toyota) zu. 750 UEBEL/HELMKE/DANGELMAIER, 2004, S. 11 ff. 751 HIPPNER/WILDE, 2006, S. 5 ff.

264

Auffällig ist, dass darüber hinaus größere mediale Loyalisierungskampagnen vor allem dann

initiiert werden, wenn Monopol- bzw. Quasi-Monopolpositionen beendet werden bzw. ihre

Beendigung droht. Dazu gehört die vorgestellte Fallstudie T-Com des Ex-Monopolisten Deut-

sche Telekom. Weitere Beispiele finden sich auch unter den im Zuge der Strommarkt-

Liberalisierung erstmalig entstandenen zahlreichen Endkundenkampagnen der Energieversor-

ger. Ein Beispiel für eine quasi präventive Loyalisierungskampagne ist die Postboten-

Kampagne von Deutsche Post WorldNet, in der die traditionelle Qualität und Zuverlässigkeit

des Postzustelldienstes des Noch-Monopolisten – in Abgrenzung zu den sich formierenden

privaten Wettbewerbern beworben wird.752

Die vorgestellten Kampagnenbeispiele zur Loyalitätswerbung (T-Com, McDonald’s, Sparkas-

se) weisen folgende Charakteristika auf:

• Loyalitätswerbung hat einen der Einführungswerbung vergleichbar hohen Stellenwert in

der Marketingstrategie des jeweiligen Unternehmens bzw. im jeweiligen Marketing-Mix.

Die Erklärung dafür könnte sein: Wenn generell eher taktisch motivierte flankierende

Loyalisierungsmaßnahmen einen eigenen Kampagnenstatus erreichen, ist eine hohe stra-

tegische Relevanz die Voraussetzung dafür.

• Daraus resultierend wird für Loyalitätswerbung ein im Verhältnis zum Gesamtbudget und

den übrigen Kampagnen eher überproportionales Kommunikations- wie auch Mediawer-

bungsbudget eingesetzt.

• Mediawerbung hat gegenüber anderen Kommunikationsinstrumenten einen unterproporti-

onal strategischen und budgetären Stellenwert.

• Für Loyalitätswerbung wird TV zwar als strategisches Kampagnenleitmedium eingesetzt,

wobei dieses Instrument aber nicht (immer) den höchsten Anteil am Budget haben muss.

Dagegen haben nicht-mediale Kommunikationsinstrumente wie Direkt-Marketing oder

Verkaufsförderungs-Maßnahmen eine deutlich strategische und budgetäre Relevanz.

• Als zentrale Kommunikationsziele stehen bei der Loyalitätswerbung die Stabilisierung

bzw. Rückgewinnung von Relevanz- und Präferenzwerten im Fokus.

• Im Hinblick auf die Positionierung und die daraus abgeleitete Werbebotschaft besteht bei

der Loyalitätswerbung eine hohe Varianz. Loyalisierungsmaßnahmen in Verbindung mit

einer Repositionierung (Kampagnenbeispiele Sparkasse, T-Com) –vergleichbar der

Rebrush-Werbung – weisen entsprechend deutlicher Konsistenz zur bisherigen Werbe-

kommunikation auf als Loyalisierungswerbung, die bewusst auf das bestehende, starke

Markenprofil setzt (Kampagnenbeispiele McDonald’s).

• Überwiegend werden etablierte Gestaltungselemente im Sinne einer hohen Wiederer-

kennbarkeit eingesetzt, wobei der Umfang vom Reifegrad der beworbenen Leistung und

dem daraus resultierenden Veränderungsbedarf (analog der Rebrush-Werbung) abhängt.

Testimonials haben für Loyalitätswerbung keine bzw. nur geringe Relevanz.

752 DEUTSCHE POST WORLD NET, 2007

265

Indikatoren Ausprägung Budget Gegenüber allen anderen Archetypen eher durchschnittlich Media-Mix Geringerer Stellenwert von Mediawerbung, Leitmedium TV Kommunikative Ziele Relevanz, Präferenz Positionierung u. Botschaft Sehr unterschiedliche Konsistenzgrade abhängig von der

Marketingsituation und dem Reifegrad der beworbenen Leistung

Copy Wiederverwendung etablierter Gestaltungselemente, geringe Relevanz von Testimonials

Abbildung 64: Charakteristika des Archetypus Loyalitätswerbung

Quelle: Eigene Darstellung

Die im Gegensatz zur Einführungs- und Expansionswerbung fehlende Relevanz von Testimo-

nials wurden von den befragten Experten in folgender Weise begründet:

• Testimonials können in der Regel ein Produkt erfolgreich bekannt machen oder zu einer

aktualisierten Wahrnehmung beitragen, jedoch vertreten sie (gerade wenn es sich um

Prominenten handelt) selten glaubhaft eine enge und lange Beziehung zu einem Produkt

bzw. einer Werbung.

• Testimonials werden, gerade wenn sie bereits sehr erfolgreich für ein Produkt geworben

haben, sehr teuer. Der kommunikative Zugewinn resultierend aus ihrer weiteren Ver-

pflichtung steht dann häufig in keinem effizienten Verhältnis zum Kostenaufwand.

Diese Aussagen stehen allerdings z. T. im Widerspruch zur Kampagnenpraxis, in der bei-

spielsweise der TV-Moderator Thomas Gottschalk bereits seit 14 Jahren für den Süßwaren-

hersteller Haribo wirbt und damit einen Guiness-Rekord für das „längste Werbeverhältnis

zwischen einem Testimonial und einem werbetreibenden Unternehmen“ aufgestellt hat.753

Die Überlappung von Loyalitätswerbung mit den drei expansiven Archetypen zeigt sich auch

konzeptionell-kreativ. So ist die McDonald’s-Kampagne in ihrer konzeptionellen sowie for-

mell-kreativen Stringenz der Follow-up-Werbung sehr ähnlich. Der Image-Shift der Sparkas-

sen-Kampagne kommt den Charakteristika einer Rebrush-Werbung nahe. Die T-Com-

Kampagne hat dagegen in ihrer radikalen Umsetzung fast die Qualität einer Relaunch-

Werbung.

Dennoch erscheint die Loyalitätswerbung als eigenständiger Archetyp sinnvoll, da die ihr

zugrundeliegenden Zielsetzungen sich deutlich von denen der übrigen Archetypen unterschei-

den. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das unklarer erscheinende Profil des Archetypus

Loyalitätswerbung maßgeblich dem Untersuchungsfokus auf massenmediale Werbung ge-

schuldet ist. So wurden häufig von den befragten Kampagnenverantwortlichen Loyalisie-

753 NETZEITUNG , 2006, Ausgabe vom 12. Januar

266

rungseffekte als erweitertes Kampagnenziel genannt, ohne dass diese jedoch in der Zielpla-

nung spezifiziert wurden. Eine Ausweitung der empirischen Prüfung auf weitere Kommunika-

tionsinstrumente (insbesondere Verkaufsförderung und Point-of-Sale-Maßnahmen) würde

wahrscheinlich ein prägnanteres Bild dieses Archetyps ergeben.

7.3 Kompetenzen – Voraussetzungen für den Konsistenz-Fit

Abgeleitete Forschungsfrage: „Welche Kompetenzen beeinflussen die erfolgreiche Ent-

wicklung und Implementierung von Werbestrategien?“

Die Untersuchungsergebnisse (siehe dazu ausführlich Kapitel 6.2) zeigen eine Reihe von Fak-

toren auf, die sowohl als Kompetenzen auf der Unternehmens- wie auf der Mitarbeiterebene

die Entwicklung erfolgreicher Werbestrategien maßgeblich beeinflussen (siehe Abbildung).

Unternehmensebene: Strukturell-organisatorische Kompetenzen

Mitarbeiterebene: Personell-kulturelle Kompetenzen

• Institutionalisierter Planungs-, Abstim-mungs- und Entscheidungsprozess

• Umfassende, strategiegeleitete, konsi-stente, iterative, mehrstufige Vorge-hensweise

• Integrierte Kommunikationsorganisati-on

• Strategiegeleitete Budgetplanung • Planning-Ressourcen und multidiszipli-

näre Experten-Teams • Personelle Kontinuität und fixierte Ar-

beitsprofile • Langfristige Partnerschaft zwischen Un-

ternehmen und Dienstleistern • Leistungsgerechte Vergütung • Kommunikationssynchrone Vertriebs-

arbeit

• Kreativität • Analysefähigkeit und Strategie-

Kompetenz • Beherrschung von Projektmanagement-

Techniken • Kommunikations-, Kooperations- und

Integrationsfähigkeit und -bereitschaft: • Fähigkeit zur Risikoreduktion • Risikobereitschaft • Fähigkeit zur Fokussierung

Abbildung 65: Notwendige Kompetenzen

Quelle: Eigene Darstellung

Eine Reihe der skizzierten Grundprobleme in Verbindung mit den dazu komplementären Lö-

sungsansätzen gleichen grundsätzlich denen komplexer, interdisziplinärer Projekte in anderen

Branchen und Bereichen754, wobei jedoch bestimmte Ausprägungen spezifisch sind. Dazu ge-

754 Vgl. BOHINC, 2006; LITKE, 2007; KRAUS/WESTERMANN, 1998; KESSLER/WINKELHOFER, 2007

267

hört auf Unternehmensebene insbesondere der institutionelle Integrationsgrad der unter-

schiedlichen Kommunikationsdisziplinen und ihrer entsprechenden Leistungsträger sowie auf

Mitarbeiterebene die Bedeutung von Kreativität in Verbindung mit einer entsprechenden Ri-

sikobereitschaft.

Damit ergibt sich aus der Untersuchung ein erstes Grundgerüst, das in der Folgeforschung –

insbesondere im Hinblick auf die Interdependenzen zwischen einzelnen Kompetenzen – ana-

lysiert werden muss.

7.4 Zwischenfazit: Erkenntnisgewinn

Insgesamt wurde mit der vorliegenden Untersuchung folgender Erkenntnisfortschritt gegen-

über dem bisherigen Forschungsstand erreicht:

• Eine Konsolidierung und Weiterentwicklung bestehender Ansätze zur Systematisierung

von Werbestrategien (insbesondere die von BIDLINGMAIER, KROEBER-RIEL und

ESCH sowie BRUHN) auf Basis der ANSOFFSCHEN Produkt-Markt-Matrix als Ord-

nungsrahmen sowie unter Berücksichtigung bekannter Begriffe und Konzepte im Marken-

und Produktmanagement755 zu einem Modell aufgabenorientierter Werbestrategien;

• Eine erste explorative Detaillierung der Modellskizze auf Basis von 16 Kampagnen-

Fallstudien mit entsprechenden Implikationen für die Werbestrategie-Archetypen;

• Eine Identifizierung modellrelevanter Indikatoren (Budget, Media-Mix, Positionierung,

Werbebotschaft, Ziele, Copy) als Kernelemente einer Werbestrategie, die Analyse ihrer in

Bezug auf die jeweiligen Archetypen charakteristischen Ausprägungen sowie eine erste

Bewertung ihres Erklärungswertes und Berücksichtigung des Involvementcharakters der

beworbenen Produkte.

Im nachfolgenden Kapitel 8.1 werden auf dieser Grundlage die grundsätzlichen Einschrän-

kungen zu den jeweiligen Erkenntnissen diskutiert und der entsprechende weitere For-

schungsbedarf (Kapitel 8.2) aufgezeigt.

In Kapitel 8.3 wird dann gemäß der festgestellten Defizite in den Kapiteln 2.4 und 3.4 ab-

schließend ein Entwurf für ein ideales Werbeplanungs-Prozessmodell skizziert, in das die

aufgabenorientierten Werbestrategien als Kernelement integriert sind.

755 Stellvertretend vor allem BECKER, 2007; BURMANN/MEFFERT, 2007, ESCH, 2007

268

8. Fazit

8.1 Limitationen

Grundsätzlich ist an der vorliegenden Untersuchung ihr explorativer Charakter mit den ent-

sprechenden möglichen Defiziten im Hinblick auf Repräsentativität und Validität kritisch zu

bewerten.756 Wie jedoch in Kapitel 5 umfassend dargestellt wird, bedingt die theoretische

Ausgangslage ein qualitatives Vorgehen, um zunächst zu einem tauglichen Modell aufgaben-

orientierter Werbestrategien zu gelangen, das dann nachfolgend auch quantitativ überprüft

werden kann.

Limitationen im Hinblick auf die Aussagekraft und Gültigkeit der Untersuchungsergebnisse

bestehen konkret in vierfacher Hinsicht:

1. Ausreichende Repräsentativität im Hinblick auf das Auswahlprinzip;

2. Vollständigkeit und Objektivität der erfassten Daten;

3. Kausalität des kommunikativen Erfolges im Hinblick auf den Mediafokus;

4. die Intra- und Interkonsistenz von Werbestrategien.

Ausreichende Repräsentativität im Hinblick auf das Auswahlprinzip

Wie in der Erörterung der Forschungsmethodik (siehe Kapitel 4) dokumentiert, erfolgte die

Kampagnenauswahl auf Basis der Top 50 der deutschen Unternehmen mit den höchsten Wer-

beausgaben im Geschäftsjahr 2006 (siehe Anlage) in Verbindung mit einem best practi-

ceapproach. Die Begründung dafür ist die Annahme, dass ein – proportional und absolut be-

trachtet – maximaler Kapitaleinsatz für Werbemaßnahmen positiv mit dem Know-How, der

Relevanz und Professionalität zum Thema Werbekommunikation in den entsprechenden Un-

ternehmen korreliert. Der Best Practice-Approach korreliert mit dieser Annahme in der Wei-

se, dass nach dem Prinzip „Von den Besten lernen“ vorrangig Beispiele erfolgreicher Kom-

munikation analysiert werden, um die ihnen gemeinsamen – nicht situativ und strukturbeding-

ten – Erfolgsprinzipien zu identifizieren.

Kritisch an diesem Auswahlprinzip ist folgendes zu bewerten:

• Die Top 50 der Werbetreibenden in Deutschland wird dominiert von Konsumgüterherstel-

lern (32 %). Anbieter von Dienstleistungen (insbesondere im Bereich Finanzen und Versi-

cherungen) sind eher unterrepräsentiert, weil sie einen proportional kleineren Teil ihrer

Marketing- bzw. Kommunikationsbudgets für/in Mediawerbung investieren. Gleichzeitig

sind im Bereich der Werbetreibenden für High-Involvement-Produkte ausschließlich Au-

756 Vgl. dazu MAYRING, 2002, S. 9

269

tomobilproduzenten vertreten. Durch eine möglichst ausgewogene Auswahl von Fallstu-

dien zu Kampagnen aus unterschiedlichen Branchen (siehe Kapitel 6.1) wurde versucht,

diesem Rechnung zu tragen.

• Das Auswahlprinzip lässt kleine und mittelständische Unternehmen unberücksichtigt.

Damit wird ihren – möglicherweise spezifischen - Werbemaßnahmen gerade unter dem

Einfluss kleinerer Werbebudgets nicht Rechnung getragen.

• Der Best Practice-Approach fördert potentiell eine Erfolgsdarstellung der entsprechenden

Kampagnen im Sinne einer Post-Rationalisierung: Unter der „Überschrift“ Best Practice

wird jeder Kampagnenaspekt gegebenenfalls in Richtung Erfolg umgedeutet.

Vollständigkeit und Objektivität der erfassten Daten

Ebenso ist die Vollständigkeit und Objektivität der Befragungsergebnisse grundsätzlich kri-

tisch zu hinterfragen. Durch die Wahl von leitfadenbasierten Face-to-Face-Interviews als For-

schungsmethodik, die Gestaltung des Leitfadens (die Integration von Kontrollfragen) sowie

die Befragung mehrerer Verantwortlicher und Experten (Fachjournalisten, Wettbewerber) zu

einer Kampagne wurde zwar eine möglichst umfassende und kritisch-differenzierte Analyse

und Bewertung angestrebt. Letztlich bleibt jedoch im Hinblick auf den Forschungsgegenstand

und das Thema die Problematik bestehen, dass der kommunikative Werbeerfolg im Hinblick

auf gängige Erfolgsgrößen wie gestützte/ungestützte Bekanntheit und Präferenz zwar grund-

sätzlich objektiv erfassbar ist, die kampagnenbezogene Operationalisierung (Auswahl der für

die Kampagne relevanten Erfolgsgrößen, Bestimmung angemessener Zielwerte) aber subjek-

tiv bleibt.

Diese subjektive Zielvorgabe ist allerdings durch interne und externe Plausbilitätsprüfungen

(Vergleich mit anderen Kampagnen des Unternehmens, Vergleich mit der Werbeaktivität der

Wettbewerber) z. T. zumindest validier- und entsprechend differenzierbar. Maßgeblich er-

schwert wird dieser Prozess allerdings durch die offensichtlich gängige Praxis der Post-

Rationalisierung, d.h. von den Werbeverantwortlichen werden zu den erzielten Erfolgen einer

Kampagne nachträglich die passenden Zielarten und -größen definiert.757 Diese gängige Pra-

xis ist nach Aussage von Dr. Henning von Vieregge, Geschäftsführer des Gesamtverbandes

Kommunikationsagenturen, die permanente und größte Herausforderung der Experten-Jury

zur Verleihung des Effie. Deshalb wurden bei den untersuchten Kampagnenbeispielen immer

mehrere Experten befragt, um solche Mechanismen „aufzudecken“ und die realen Ursprungs-

daten zu generieren.

757 Konkret wurde diese Praxis auch bei drei der untersuchten Kampagnen festgestellt, wo die Fallstudie zur Ef-fie-Einreichung signfikant mehr Ziele und Erfolgskriterien enthielt, als zuvor in den verschiedenen Interviews dokumentiert worden waren.

270

Da insbesondere die Zielwerte stark von der Markt-, Wettbewerbs- sowie der Ausgangssitua-

tion des jeweiligen Unternehmens abhängig sind, fällt eine Bewertung von außen über ange-

messen ambitionierte Ziele und deren Erreichung deutlich schwerer. Dennoch wurde ver-

sucht, ein Maximum an Objektivität bei der Analyse der einzelnen Kampagnen durch die

Einbeziehung externer Expertenmeinungen (Journalisten, Verbandsmitglieder, Marktforscher)

sowie durch den Gesamtvergleich bzw. den spezifischen Wettbewerbsvergleich zu gewähr-

leisten.

Drei der untersuchten Kampagnen wiesen absatzpolitisch deutliche Cross-Selling-Ansätze auf

(Bertolli, ING-DiBa und Sparkasse). Dennoch wurde die Idee von Cross-Selling-Werbung als

eigenständigem Werbestrategie-Archetyp für absatzbezogene Mediawerbung, die sich an

Endkonsumenten richtet (B-to-C), aufgrund der analysierten Fallbeispiele verworfen. Bei ei-

ner Ausweitung des Bezugsrahmens (insbesondere auf B-to-B-Werbung) wäre zu prüfen, ob

diese Entscheidung ebenso Gültigkeit hat.

Kausalität des kommunikativen Erfolges im Hinblick auf den Media-Fokus

Wie im Methodenteil beschrieben lag der Fokus der Untersuchung auf Mediawerbung bzw.

Media-dominierten Kampagnen. Dies ist insofern konsequent, weil Media bei den führenden

Werbetreibenden die Mehrheit des Kommunikationsbudgets ausmacht. Dennoch ist kritisch

zu hinterfragen, ob der in den Fallstudien dokumentierte kommunikative Erfolg ausschließlich

bzw. mehrheitlich der Einsatz von Media-Instrumenten zur Werbekommunikation zuzu-

schreiben ist oder inwiefern auch andere Kommunikationsinstrumente wie zum Beispiel Ver-

kaufsförderungsmaßnahmen oder Event-Marketing einen Einfluss hatten. Außerdem zeigt

sich im Hinblick auf den Archetypus Loyalitätswerbung die besondere Relevanz von nicht-

massenmedialen Kommunikationsinstrumenten.

8.2 Weiterer Forschungsbedarf

Aus den skizzierten Limitationen leitet sich weiterer Forschungsbedarf auf zwei Ebenen in

insgesamt vierfacher Weise ab:

Horizontal:

• Ausweitung der empirischen Untersuchungsbasis;

• Ausweitung des inhaltlichen Spektrums.

Vertikal:

• Vertiefung auf Basis konkreter Anwendungsbeispiele;

271

• Vertiefung im Hinblick auf die benötigten Kompetenzen.

Ausweitung der empirischen Untersuchungsbasis

Nachdem in der vorliegenden Untersuchung quasi explorativ Kerntypen aufgabenorientierter

Werbestrategien identifiziert wurden, müssten im nächsten Schritt diese Kerntypen auf breite-

rer Datenbasis auf Basis eines quantitativen Methodenansatzes (z. B. Befragung) validiert

werden. Zentrales Ziel wäre dabei, die Gültigkeit der identifizierten Archetypen zu überprü-

fen. Dabei wäre insbesondere der bereits belegte Einflusscharakter des Involvementgrades

gegenüber den Indikatoren zu präzisieren und der Erklärungswert der einzelnen Indikatoren

im Hinblick auf die Archetypen zu detaillieren.

Die Intra- und Interkonsistenz von Werbestrategien

Zur weiteren Forschungsperspektive gehört auch die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen

dem kommunikativen Erfolg einer Kampagne und dem Grad ihrer Übereinstimmung mit ei-

nem der vier Werbestrategie-Archetypen besteht. Voraussetzung dafür ist eine breitere empi-

rische Basis, die auch Kampagnenbeispiele einschließt, die aufgrund einer objektiven Bewer-

tung die gesetzten Ziele nicht erreicht haben, somit als wenig oder gar nicht erfolgreich wa-

ren.

Daran schließt auch die Frage der Interkonsistenz zwischen Werbe- und Marketingstrategie

an. Eine entsprechende forschungsleitende Fragestellung könnte lauten: „Besteht ein Zusam-

menhang zwischen dem kommunikativen Erfolg einer Kampagne und dem Grad ihrer Über-

einstimmung mit der zugrunde liegenden Marketingstrategie.“ Theoretische Basis zur Typo-

logisierung der Marketingstrategien könnte der beschriebene aufgabenorientierte Ansatz von

TOMCZAK ET AL.758 sein. In der nachfolgenden Abbildung sind den jeweiligen Kampagnen

die entsprechenden Kernaufgabentypen zugeordnet. Diese Marketing-Kernaufgabentypen wä-

ren nachfolgend in Bezug zu den jeweiligen Werbestrategie-Archetypen zu setzen.

Natürlich ist es in der Praxis denkbar, dass die Werbekommunikation eines Unternehmens –

analog zu seinen Marketing-Kernaufgaben – mehrere Aufgaben zu erfüllen hat. Dies wäre bei

der von REINECKE und TOMCZAK beschriebenen Typologie des „Mehrkämpfers“ zwangs-

läufig der Fall. So sind theoretisch 16 verschiedene Profil-Kombinationen denkbar. Im Hin-

blick auf die konkrete Umsetzung ergibt sich angesichts mehrerer Kombinationen zwangsläu-

fig der Bedarf nach mehreren Kampagnen pro Aufgabe oder die Anforderungen an eine Kam-

pagne, die mehrere Aufgaben zu erfüllen hat, wachsen deutlich. Dennoch ist davon auszuge-

hen, dass es im Hinblick auf das Untersuchungsobjekt „Werbekampagne“ eine Schwerpunkt-

Aufgabe gibt, die diese Kampagne für eine bestimmte Leistung erbringen soll. Dementspre-

chend ist die Ableitungsgröße der aufgabenorientierten Werbestrategien nicht die Marketing-

758 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 f.

272

strategie des Unternehmens bzw. der selbständigen Geschäftseinheit insgesamt, sondern die

einzelne Produkt- bzw. Dienstleistungs-Marketingstrategie.

Leistung/Marke Kunden-Fokus Leistungs-Fokus Marketing-Kernaufgaben-Typ

Audi Q7 Kundenakquisition Leistungsinnovation Trendsetter Balisto Kundenakquisition Leistungspflege Multiplizierer Bertolli Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer BILDmobil Kundenakquisition Leistungsinnovation Trendsetter Dove pro•age Kundenakquisition Leistungspflege Multiplizierer Drei Wetter Taft Kundenakquisition Leistungspflege Multiplizierer Eucerin Kundenakquisition Leistungsinnovation Trendsetter Gillette Fusion Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer ING-DiBa Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer Mc Donalds Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer Dr. Oetker Paula Kundenakquisition Leistungspflege Multiplizierer Sparkasse Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer T-Com Kundenbindung Leistungspflege Potentialausschöpfer Rama Cremefine Kundenakquisition Leistungsinnovation Trendsetter Touareg Kundenakquisition Leistungsinnovation Trendsetter VW Golf Kundenakquisition Leistungspflege Multiplizierer

Abbildung 66: Übersicht Fallstudien nach Marketingaufgaben-Typologien

Quelle: Eigene Darstellung

Auch hierfür wird neben einer entsprechenden Fallzahl eine ausreichende Zahl von weniger

erfolgreichen beziehungsweise erfolgslosen Werbekampagnen benötigt, um zu einer ausrei-

chenden Plausibilität zu kommen.

Darüber hinaus sollte die weitere Forschung – analog zu den Typen von Kernaufgabenprofi-

len von TOMCZAK und REINECKE759 – zu Aussagen über ihre Häufigkeit und Relevanz zu

kommen. Ebenso ist der bereits festgestellte Zusammenhang zwischen kommunikativen Er-

folg und einer Inter- bzw. Intrakonsistenz im Detail weiter zu prüfen. Durch die Ausweitung

der Untersuchungsbasis könnte auch die Gegenprobe zum gewählten Best-Practice-Ansatz

gemacht werden, denn mit der Zahl der nach einem Zufallsprinzip ausgewählten Fälle würde

die Wahrscheinlichkeit steigen, auch Kampagnen zu erfassen, deren kommunikativer Erfolg

deutlich von den gesteckten Zielen abgewichen ist. Damit würde die Datenvarianz und somit

der Erklärungswert des Modells signifikant steigen.

Neben der Repräsentativität und Validität ist auch die Universalität des explorierten Modells

kritisch zu bewerten. Die Datenbasis wurde ausschließlich im deutschen Werbemarkt gene-

riert. Über gültige Ableitungen für andere Märkte kann nur spekuliert werden. Dementspre-

chend wäre eine weitere Forschungsperspektive die geografische Ausweitung der Untersu-

chung. Denkbar wäre z. B., im nächsten Schritt Kampagnen aus mehreren europäischen Län-

759 TOMCZAK/REINECKE/MÜHLMEIER, 2007, S. 28 ff.

273

dern zu untersuchen, um somit kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Alternativ könn-

ten in einer Untersuchung die deutschen bzw. europäischen Kampagnen US-amerikanischen

gegenübergestellt werden.

Ausweitung des inhaltlichen Spektrums

Die untersuchten Kampagnenbeispiele illustrieren anschaulich die sinkende Bedeutung einer

Mono-Media-Strategie (mit Fokus auf TV-Werbung) in der deutschen Werbekommunikation

und die wachsende Bedeutung weiterer Werbeinstrumente wie insbesondere der Onlinein-

strumente (siehe insbesondere die Fallstudie zum VW Golf) sowie nicht-medialer Kommuni-

kationsinstrumente (siehe insbesondere Eucerin, ING-DiBa). Dieser wachsenden Bedeutung

ist in der Beschreibung der Fälle Rechnung getragen worden, indem fallbezogen auf besonde-

re Aktivität u.a. in den Bereichen PR und Verkaufsförderung eingegangen wurde. Insbesonde-

re die untersuchten Fallstudien zum Archetypus Loyalitätswerbung zeigen die strategische

Bedeutung von Nicht-Media-Werbekommunikation auf. Dementsprechend erscheint es sinn-

voll, in einem nächsten Forschungsschritt das vorliegende Modell aufgabenorientierter Wer-

bestrategien auch im Hinblick auf seine Gültigkeit für die übrigen Kommunikationsinstru-

mente systematisch zu überprüfen und insofern das Untersuchungsspektrum horizontal zu er-

weitern.

Vertiefung auf Basis konkreter Anwendungsbeispiele

Der vorliegenden Arbeit lag der Anspruch hoher Praxis-Relevanz zugrunde, weshalb auch im

Sinne eines maximalen Transferpotentials ein Best Practice-Approach gewählt wurde. Auf

Grundlage des Konzeptes der Aktionsforschung760 und nach dem Primat der Gestaltungsauf-

gabe nach ULRICH761 könnte in einem nächsten Forschungsschritt anhand eines vollständi-

gen Kampagnen-Planungsprozesses für mehrere Unternehmen die Praxistauglichkeit des Mo-

dells aufgabenorientierter Werbestrategien weiter falsifiziert werden. Eine solche praktische

Übung würde noch deutlicher und differenzierter aufzeigen, welche Voraussetzungen auf Sei-

ten des Unterernehmens sowie der beteiligten Mitarbeiter notwendig sind.

Vertiefung im Hinblick auf die benötigten Kompetenzen

Ein zentrales Element im Theorem, das dem Modell aufgabenorientierter Werbestrategien von

TOMCZAK und REINECKE zugrunde liegt, sind die spezifischen Kompetenzen, die für die

erfolgreiche Bearbeitung der vier Kernaufgaben im Marketing notwendig sind. Die Frage der

benötigten Kompetenzen bei der Entwicklung und Umsetzung aufgabenorientierter Werbe-

strategien war in der vorliegenden Untersuchung nur ein Teilaspekt. Die generierten Erkennt- 760 KÜHN/GRÜNIG, 1986, S. 22; KROMREY, 2000, S. 515 ff. 761 ULRICH, 1981, S.14

274

nisse liefern die Basis für eine empirische Vertiefung. Besonderer Forschungsbedarf besteht

im Bereich der strukturellen Voraussetzungen (u.a. Ausbildungshintergrund, Jobprofile, Or-

ganisationsmodelle im Werbeplanungs-Management der Unternehmen und ihrer

Dienstleister) und Rahmenbedingungen (Arbeitsprozess mit dem Kunden, Vergütungsmodel-

le etc.). Während es für die USA und England bereits zahlreiche Publikationen und insbeson-

dere empirische Untersuchungen762 zu diesem Themenbereich gibt – vor allem zum Aufga-

benfeld und Stellenwert des für die Werbestrategie verantwortlichen Account-Plannings auf

Agenturseite – bestehen für den deutschen und europäischen Werbemarkt über die allgemeine

Darstellung von Berufsbildern und Ausbildungswegen763 hinausgehend noch erhebliche For-

schungslücken.

8.3 Idealtypisches Werbeplanungsmodell für die Werbepraxis

Die Ergebnisse der Experten-Interviews zu den notwendigen Kompetenzen als Voraussetzung

für den erfolgreichen Einsatz des Modells aufgabenorientierter Werbestrategien (siehe Kapitel

6.2) haben u.a. ergeben:

• Es gibt in der Werbepraxis immer noch deutliche Effizienz- und Effektivitätsdefizite, ins-

besondere im strategischen Planungsbereich;

• Die Ursache dafür liegt dafür u.a. in unzureichend definierten Ablauf- und Prozessstruktu-

ren in Verbindung mit einer unklaren Verteilung von Ressourcen und Kompetenzen.

Damit wird der in Kapitel 2.3 angenommene Bedarf eines praxistauglichen Werbeplanungs-

modells bestätigt. Wie in Kapitel 2.3 skizziert, weisen die bislang veröffentlichten Prozess-

modelle zur Werbeplanung deutliche Defizite auf. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist dabei die

fehlende Stringenz der Modelle in Verbindung mit einer z. T. hohen phasenbezogenen Klein-

teiligkeit.

Um zu einem besseren Ablaufmodell zu kommen, bietet sich der Transfer aus anderen Theo-

riekontexten an. Hier bieten sich konkret das Projektmanagement und insbesondere das EDV-

Projektmanagement an. Denn bei der Einführung einer neuen Software geht es analog zur

Werbekampagne um ein Projekt mit analytischen, konzeptionellen und gestalterischen Ele-

menten. So gliedert sich ein exemplarischer Projektstrukturplan für ein Software-Projekt in

folgende Phasen: Ist-Analyse, Soll-Konzept, Design und Realisierung, Test, Implementierung

und Schulung.764

762 MORRISON/HALEY, 2006, S. 129; BARRY/PETERSON/TODD, 1987, S. 17; HACKLEY, 2003a, S. 239;

STEEL, 1998, S. 89; ZAMBARDINO/GOODFELLOW, 2003, S. 432 763 WEESER-KRELL, 1987; KAMMERER, 2005 764 PATZAK/RATTAY, 2004, S. 154

275

Analog dazu erfolgt die Einteilung des Werbeplanungsprozesses in vier Phasen:

1. Analyse;

2. Strategie;

3. Konzeption;

4. Kontrolle.

Abbildung 67: Idealtypisches Ablaufmodell zur Werbeplanung

Quelle: Eigene Darstellung

Die Analysephase umfasst die in der einschlägigen Literatur empfohlenen Maßnahmen zur

Situationsanalyse.765 Die Strategiephase (siehe Kapitel 3.2 Kernelemente der Werbestrate-

gie) thematisiert zwar grundsätzlich bereits Themen der Konzeptphase, fixiert jedoch nur

Eckpunkte, um eine generelle „Stoßrichtung“ vorzugeben. Dementsprechend werden auf

Grundlage entsprechender Kernaussagen zu Budgetvolumen, Media-Mix und Copy-Strategie

in der Konzeptphase, Detailkonzepte (Budgetplan, Mediaplan, Copy-Konzept) abgeleitet, die

dann in der Umsetzungsphase (Werbemittelproduktion, -schaltung) operationalisiert werden.

Die Kontrollphase ein durchgängiger Parallelprozess, wobei sich in jeder Arbeitsphase aus

der Zwischenprüfung Erkenntnisse ergeben können, die quasi als iterative Schleifen zu einer

Modifizierung der Vorstufen führen.

Auf Basis dieses Phasenmodells wurden die identifizierten Kernelemente des Werbepla-

nungsprozesses (vgl. Kapitel 2.3) den jeweiligen Phasen zugeordnet und entsprechend spezi-

fiziert. Aus den Einzelinterviews ergaben sich dabei zusätzliche Anregungen und Hinweise

zur Bedeutung einzelner Elemente und ihrer notwendigen Ausgestaltung.

Das entsprechend spezifizierte Phasenmodell wurde in den Expertenworkshops den Teilneh-

mern vorgestellt und insbesondere im Hinblick auf Vollständigkeit, Stringenz und Praxistaug-

765 BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.

Analyse Strategie Konzept Umsetzung

xxxxxx

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xxxxxxxxxxxxxxxxxx

xxx

Werbestrategie

Budgetplan

Mediaplan

Gestaltungsplan

Kontrolle

276

lichkeit diskutiert. Entsprechende Hinweise und Anregungen wurden in das Modell eingear-

beitet.

Die spezifische Qualität des Prozessmodells besteht darin, dass bereits in der ersten Phase der

Analyse strategiegeleitet vorgegangen wird. Somit wird vermieden, dass unsystematisch Da-

ten um der Daten willen generiert werden und die Entwicklung einer konsistenten Werbestra-

tegie bereits an der ineffizienten Bearbeitung dieser Daten scheitert.

Die Umsetzung der Analyse-Phase erfolgt in zwei Stufen:

1. Stufe Grobanalyse: Bestimmung des zugrundeliegenden Werbestrategie-Archetypen;

2. Stufe Feinanalyse: Spezifizierung der Werbestrategie.

Die Grobanalyse erfolgt auf Basis eines Entscheidungsbaums (siehe Abbildung). Die zentra-

len Filterfragen sind dabei folgende:

1. Welchen Innovationsgrad hat die beworbene Leistung bzw. das Produkt (neu/bestehend)?

2. An welche Kundengruppe soll die beworbene Leistung bzw. das Produkt vorrangig adres-

siert werden (Bestands-/Neukunden)?

3. Marken-/ Sortiments-/ Produktbezug bzw. Produkt-/ Leistungslebenszyklus:

a. Bei der Einführung einer neuen Leistung/ Produkt: Wie groß ist die Nähe zum beste-

henden Sortiment bzw. den Produkten und den Marken (Dachmarke, Sortimentsmarke/-n,

Produktmarke-/n) des werbenden Unternehmens? Handelt es sich leistungs- bzw. markenbe-

zogen um eine line extension oder eine Standalone-Einführung?

b. Bei der Pflege von bestehenden Leistungen/ Produkten: Wo steht die Leistung/ das

Produkt aktuell im Lebenszyklus? Welchen Reifegrad hat es? Ist die werbliche Kommunika-

tion mit einer Veränderung der funktionalen Eigenschaften des Produktes verbunden? Wird

eine kommunikative Veränderung angestrebt?

4. Welchen Involvementcharakter (hoch, niedrig) hat die beworbene Leistung bzw. das Pro-

dukt?

Aus dieser Grobanalyse ergibt sich eine Zuordnung der geplanten Werbekommunikation zu

einem der drei Werbestrategie-Archetypen bzw. deren Untervarianten. Die Aussage über den

Involvementcharakter des beworbenen Produktes gibt zusätzliche Hinweise auf die Ausprä-

gung der jeweiligen Kernelemente (z. B. Media-Mix). Zusätzlich zu diesen Kernelementen

sind situative Elemente zu berücksichtigen wie beispielsweise das einmalige Ereignis einer

Fußballweltmeisterschaft in Deutschland als zentraler Bestandteil der T-Com-Kampagne.

277

Analyse-Perspektiven Kernelemente der Werbestrategie Unternehmen Produkt/Leistung Zielgruppe Markt Wettbewerb

Stellenwert der Mediawerbung Wahl des Leitmediums

Kommunikative Werbeziele Positionierung, Werbebotschaft und Copy

Abbildung 68: Analyseebenen zur Werbestrategie-Entwicklung

Quelle: Eigene Darstellung

Davon ausgehend sind die allgemeinen Fragen der Werbeanalyse zu Markt, Kunden/ Ziel-

gruppe, Produkt/ Leistung, dem Unternehmen sowie dem Wettbewerb766 z. T. entsprechend

zu spezifizieren: Während die Fragen zu den Analyseperspektiven „Unternehmen“, „Markt“

und „Wettbewerb“ über alle Archetypen hinweg gleich sind, variieren sie zu den Bereichen

„Produkt/ Leistung“ und „Zielgruppe“ deutlich. In der Anlage dieser Arbeit findet sich dazu

eine entsprechende Handlungsanleitung, mit deren Hilfe für die einzelnen Archetypen und ih-

re Varianten anhand von Schlüsselfragen die Kampagnen-Strategie auf Grundlage des Mo-

dells aufgabenorientierter Werbestrategien ausgestaltet werden kann.

Die Antworten auf diese spezifischen Leitfragen bilden die Grundlage für die Prüfung, Bestä-

tigung oder ggf. Modifikation der sich aus der Archetypen-Zuordnung abgeleiteten Ausprä-

gung der Werbestrategie-Kernelemente. So kann z. B. die Information über die besonderen

Medien-Nutzungsgewohnheiten der anvisierten Zielgruppe dazu führen, dass Print statt TV

das Leitmedium in einer Einführungswerbung ist.

Diese Werbestrategie wird dann im gestaltenden Teil der nachfolgenden Werbekonzeptions-

phase in den Bereichen Werbegestaltung und Mediaplanung detailliert.

766 BRUHN, 2005a, S. 323; SCHULTZ/BARNES, 1995, S. 47 ff., S. 86 ff.

278

8.4 Fazit und Ausblick

In der vorliegenden Arbeit wurde auf Basis bestehender Ansätze zur Systematisierung von

Werbestrategien ein Modell aufgabenorientierter Werbestrategien entwickelt, validiert und

praxisbezogen dargestellt. Kernbestandteil dieses Modells aufgabenorientierter Werbestrate-

gien sind drei Archetypen von Werbestrategien mit entsprechenden Untervarianten:

1. Einführungswerbung (Neumarken-Werbung, Line-Extension-Werbung),

2. Expansionswerbung (Follow-up-, Rebrush- und Relaunch-Werbung),

3. Loyalitätswerbung.

Diese drei Archetypen unterscheiden sich signifikant im Hinblick auf den Charakter der be-

worbenen Leistung (Leistungspflege vs. Leistungsinnovation), den Zielgruppenfokus (Neu-

vs. Bestandskunden), die Höhe des Budgets, die kommunikativen Werbeziele, Positionierung

und Werbebotschaft, den Stellenwert der Mediawerbung im Kommunikationsmix sowie die

Wahl des Leitmediums.

Das Modell aufgabenorientierter Werbestrategien soll sicherstellen, dass auf Basis der identi-

fizierten Archetypen die definierten Marketing-Kernaufgaben eines Unternehmens konsistent

und stringent in eine adäquate Werbekommunikation übersetzt werden.

Auf Basis von 16 Fallstudien zu unterschiedlichen Media-dominierten Werbekampagnen

deutscher Unternehmen verschiedener Branchen wurden die drei unterschiedlichen Archety-

pen in ihrer systematischen Zuordnung und ihren spezifischen Charakteristika definiert.

Grundlage dafür waren Interviews mit unmittelbaren Kampagnenverantwortlichen auf Kun-

den- und Agenturseite sowie mit Wettbewerbern und unabhängigen Experten aus den Berei-

chen der Verbände sowie Fachpublizistik. Deren kampagnenspezifische Aussagen wurden im

Rahmen von Experten-Workshops aus einer übergreifenden Perspektive kreuzvalidiert. Dar-

über hinaus wurde in der explorativen Untersuchung festgestellt, welche strukturell-

organisatorischen und personell kulturellen Kompetenzen die Voraussetzung für die erfolgrei-

che Entwicklung und Implementierung aufgabenorientierter Werbestrategien als Teil eines in-

tegrierten Kommunikationsmanagementprozesses bilden.

Anhand der Kampagnenbeispiele wurde verdeutlicht, dass die verschiedenen Werbestrate-

giemodelle eher den Charakter von Denkprinzipien haben, in denen kreative Ausnahmen die

Regel bestätigen, und sich der kommunikative Werberfolg einer Kampagne nicht in der Art

vom Checklisten erarbeiten lässt. Im Fokus steht dagegen die Einheit von Marketingstrategie

und Werbekommunikation. Die Untersuchungsergebnisse legen die Bedeutung dieser Inter-

Konsistenz auf Basis einer hohen Übereinstimmung von Marketing-Kernaufgaben- und Wer-

bestrategie-Typen nahe.

Somit stellt das in dieser Arbeit entwickelte Modell aufgabenorientierter Werbestrategien si-

cher, dass die leistungs- bzw. produktbezogene Marketingstrategie analog zur Werbestrategie

279

entwickelt wird und damit die Grundlage für eine maximale Effektivität der eingesetzten

Maßnahmen gewährleistet ist.

Die Voraussetzung für die Relevanz und Wirksamkeit aller Effizienz-

Optimierungsmaßnahmen insbesondere im Mediabereich bildet die Entscheidung für die rich-

tige Werbestrategie als Effektivitätsfrage. Das Modell aufgabenorientierter Werbestrategien

bietet dafür den entsprechenden praxistauglichen Begriffs- und Definitionsrahmen. Ange-

sichts des wachsenden Kapitaleinsatzes sowie der hohen Komplexität in Verbindung mit einer

immer stärker globalen und multimedialen Werbekommunikation wird die Bedeutung von

Werbestrategien als Teil eines systematischen Werbeplanungsprozesses steigen. Das hat ent-

sprechende Konsequenzen für die notwendige Qualität der Arbeitsprozesse und insbesondere

den Professionalitätsgrad der verantwortlichen Akteure.

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Anhang

• Prozessmodelle zur Werbeplanung

• Übersicht der Interviewpartner und Workshop-Teilnehmer

• Übersicht Top 50 Werbetreibende Unternehmen

• Interview-Leitfäden in den Varianten A,B,C

• Handlungsanleitung Werbestrategie-Definition

• Kampagnenelemente aus den untersuchten Fallstudien

303

Prozessmodelle zur Werbeplanung

Werbeplanungsprozess nach NYLEN, 1980, S. 72

304

Werbeplanungsprozess nach ROTH, 1981, S. 624

305

Werbeplanungsprozess nach ASSAEL, 1985, S. 390

306

Werbeplanungsprozess nach ROGGE, 1988, S. 35

307

Werbeplanungsprozess nach BEREKOVEN, 1995, S. 17

308

Werbeplanungsprozess nach BEHRENS, 1996, S. 142

309

Werbeplanungsprozess nach BRUHN, 2005a, S. 299

310

Übersicht der Interviewpartner und Workshop-Teilnehmer

Interview-Partner zu den Fallstudien:

Leistung/Marke Interviewpartner Inter-view-datum

Inter-view-

dauer in Min.

Fr. Jagoda Low-Becic, Head of Internat. Advertising Audi AG** 19.11.07 60 Nils Wollny, Strategic Planner kempertrautmann** 20.11.07 75

Audi Q7

Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA* 21.11.07 180 Malte Dammann, Marketing Director Mars** 26.10.07 120 Maren Jens, Strategic Planner Scholz & Friends Hamburg* 12.11.07 90

Balisto

Dr. Jörg Goll, JGM Unternehmensberatung u. Effie Jury-Mitglied* 20.11.07 180 Christina Müller, Brand Manager Bertolli** 4.05.07 80 Bertolli Volker Schütz, Chefredaktion Horizont** 3.05.07 70 Thomas Brindöpke, Projektleiter Werbung & Marketing BILD* 19.11.07 100 Dr. Markus Dömer, Leiter BILD Merchandising* 19.11.07 100

BILDmobil

André Lascheit, Strategic Planner BBDO Berlin** 20.11.07 45 Tanja Kindler, Brand Manager Dove* 5.11.07 80 Illona Elspass, Accoutant Ogilvy Düsseldorf** 7.11.07 50

Dove pro•age

Georg Lutter, Marketingleiter Eucerin* 6.12.07 90 Wolfram Gollin, Werbeleiter Styling Henkel Schwarzkopf** 17.12.07 140 Drei Wetter Taft Kristina Debiel, Beratung TBWA Düsseldorf** 21.12.07 60 Georg Lutter, Marketingleiter Eucerin* 6.12.07 90 Heike Brünjes, Beratung FCB** 6.12.07 40

Eucerin

Dr. Jörg Goll, JGM Unternehmensberatung u. Effie Jury-Mitglied* 20.11.07 180 Laura Posler, Brand Manager Gillette** 18.12.07 50 Sandra Vent, Accountant BBDO Düsseldorf** 19.12.07 110

Gillette Mach5

Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA* 21.11.07 180 Waltraud Niemann, Werbung/Kommunikation ING* 23.11.07 135 Katharina Wiehrdt, Beratung Wüschner • Rohwer • Baier** 27.11.07 70

ING-Diba

Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA* 21.11.07 180 Susan Schmidt, Department Head Marketing** 2.06.07 55 Carina Eickmann, Beratung Heye & Partner** 3.6.07 45

Mc Donalds

Stefan Krüger, Chefredaktion Werben & Verkaufen** 9.7.07 40 Axel Kampmann. Marketing Manager Dr. Oetker** 14.11.07 100 Karin Ferber, Group Accountant Director BBDO** 16.11.07 70

Dr. Oetker Paula

Angela Wisken, Chefredaktion Lebensmittel Zeitung** 17.10.07 50 Dr. Lothar Weissenberger, Leitung Werbung DSGV* 29.10.07 140 Sparkasse Michael von Bach, Chef Planner Jung von Matt Hamburg* 1.11.07 130 Sven Grümer, Marketing T-Com* 9.11.07 140 Hans Albers, Geschäftsführung Tribal DDB** 12.11.07 70

T-Com

Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer GWA* 21.11.07 180 Anke Fydrich, Produktmanager Rama* 12.11.07 80 Achim Rietze, Planner Jung von Matt Hamburg* 19.11.07 190

Rama Cremefine

Axel Kampmann. Marketing Manager Dr. Oetker** 14.11.07 100 Veronika Ziegaus, Produktmarketing Volkswagen** 2.4.07 35 Touareg Peter Stroeh Group Head Beratung Grabarz und Partner** 1.11.07 55 Ralf Maltzen, Leiter Internetmarketing Volkswagen** 5.12.07 110 VW Golf Niklas Feuerle, Accountant DDB* 6.12.07 125

* Persönliches Interview, **telefonisches Interview

311

Übersicht Top 50 Werbetreibende Unternehmen in Deutschland Werbevolumen in Mio. €

Unternehmen 2005,0 2006 Entw. Branche

1 Media-Markt/Saturn 454,4 396,8 -12,7%

2 Lidl 359,1 346,2 -3,6%

3 Unilever 325,6 2341,2 619,0% Konsumgüter

4 Procter & Gamble 304,1 293,5 -3,5% Konsumgüter

5 Aldi 275,7 263,8 -4,3%

6 L'Oreal 275,4 222,5 -19,2% Konsumgüter

7 Axel Springer Verlag 242,8 275,7 13,6% Medien

8 Ferrero 242,4 245,4 1,2% Konsumgüter

9 Gruner+Jahr 184,2 158 -14,2% Medien

10 T-COM 169,7 99,6 -41,3% Dienstleistung

11 VW 168,6 188,5 11,8% Automobil

12 Danone 168,0 143,1 -14,8% Konsumgüter

13 Beiersdorf 163,7 140,4 -14,2% Konsumgüter

14 C&A 152,6 173,5 13,7% Konsumgüter

15 DSGV 145,5 126,9 -12,8% Dienstleistung

16 Opel 15,3 153,8 905,2% Automobil

17 Toyota 139,5 144,8 3,8% Automobil

18 Reckitt Benckiser 137,8 162,5 17,9% Konsumgüter

19 DaimlerChrysler 133,0 107,7 -19,0% Automobil

20 Mc Donalds 127,1 119,4 -6,1% Dienstleistung

21 T-Mobile 125,2 93,9 -25,0% Dienstleistung

22 Schlecker 122,1 90,7 -25,7%

23 E-Plus 120,8 65,2 -46,0% Dienstleistung

24 Renault-Nissan 117,5 122,6 4,3% Automobil

25 Mars 109,2 101,5 -7,1% Konsumgüter

26 Audi 105,4 63,3 -39,9% Automobil

27 Ford 103,4 99,6 -3,7% Automobil

28 Peugeot 98,8 93,5 -5,4% Automobil

29 Gillette 95,8 58,4 -39,0% Konsumgüter

30 Coca-Cola 94,7 95,8 1,2% Konsumgüter

31 O2 93,7 82,3 -12,2% Dienstleistung

32 Citroen 88,8 90,3 1,7% Automobil

33 Jamba 87,8 136,8 55,8% Dienstleistung

34 Kraft Foods 87,6 73,1 -16,6% Konsumgüter

35 WAZ 84,9 54,6 -35,7% Medien

36 Henkel 84,7 98,3 16,1% Konsumgüter

37 Tchibo 79,2 71,5 -9,7%

38 Schwarzkopf & Henkell 79,1 68,1 -13,9% Konsumgüter

39 Vodafone 76,9 96,9 26,0% Dienstleistung

40 BMW 76,5 56,1 -26,7% Automobil

41 Dr. Oetker 75,6 63,6 -15,9% Konsumgüter

42 Edeka 73,4 80,3 9,4%

43 Karstadt 72,0 69,2 -3,9%

44 Volksbanken Raiffeisen 71,8 65,7 -8,5% Dienstleistung

45 Heinrich Bauer Verlag 70,6 77,5 9,8% Medien

46 Müller Molkerei 70,1 77,5 10,6% Konsumgüter

47 Penny 69,8 113,3 62,3%

48 Glaxo Smith Kline 69,7 51,7 -25,8% Konsumgüter

49 Rewe 68,2 34,3 -49,7%

50 ING-DIBA 66,6 62,2 -6,6% Dienstleistung

Segmente Firmen % Budget %

Handel 9 18,0% 1466,1 17,2%

Konsumgüter 21 42,0% 4975,9 58,5%

Dienstleistungen 10 20,0% 948,9 11,1%

Investitionsgüter 10 20,0% 1120,2 13,2%

Insgesamt 50 100,0% 8511,1 100,0%

312

Interview-Leitfäden

Interview-Leitfaden, Variante A „Werbetreibende Unternehmen“

Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,

herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt

möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten

Kampagnenbeispiels aus Ihrem Unternehmen sprechen.

Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so

dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu er-

gänzen.

Das Interview hat drei Teile. Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu ihrem

Unternehmen und ihrer Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über

das konkrete Kampagnenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich

dann gerne mit Ihnen über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen spre-

chen und Ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Pro-

zess.

I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person

1. Für welchen Bereich innerhalb Ihres Unternehmens sind Sie werbeverantwortlich? (Bitte

nur eine Nennung)

� Gesamtunternehmen

� Regionale Vertriebsgesellschaft

� Geschäftseinheit für folgende (s) Produkt (e) /Sortiment (e)/Marke (n)

� Geschäftseinheit für folgende Kundengruppe (n)

1. Der gewählte Bereich erzielte 2006 einen Gesamtumsatz in Höhe von

______ Mio. € mit

______ Mitarbeitern

2. Wie hoch waren in 2006 die Ausgaben für Kommunikation insgesamt bzw. für Media-

Werbung?

______ Mio. € für Kommunikation insgesamt

313

______ Mio. € für Mediawerbung insgesamt

4. Welcher Branche ist Ihr Unternehmen zuzuordnen?

� Konsumgüter

� Industriegüter

� Dienstleistung

5. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?

__________________________________________________________________

6. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)

____________________________________________________________________

I1. Marketing- und Werbestrategie für das Produkt/ die Leistung XY

7. Welche Marketing-Kernaufgaben standen in der Ausgangssituation zur Werbekampagne

für das Produkt/die Leistung XY im Fokus? Welche der nachfolgenden waren in den ver-

gangenen drei Jahren aus Ihrer Sicht besonders wichtig, welcher weniger bzw. gar nicht?

Wie schätzen Sie die Wichtigkeit in den kommenden Jahren ein?

Marketing-Kernaufgaben Im Hinblick auf die Kam-

pagne …

Heute und in der der wei-

teren Zukunft …

Gar nicht

wichtig

Sehr

wichtig

Gar nicht

wichtig

Sehr

wichtig

Neue Kunden gewinnen � � � � � � � � � � � � � �

Bestehende Kunden binden/ durchdrin-

gen

� � � � � � � � � � � � � �

Neue Leistungen/Produkte entwickeln/

einführen

� � � � � � � � � � � � � �

Bestehende Leistungen pflegen/

verbessern

� � � � � � � � � � � � � �

8. Bitte beschreiben Sie in wenigen Sätzen die weitere Markt- und Wettbewerbssituation für

das Produkt/die Leistung XY zum Ausgangspunkt der Kampagne? Mit welchen Heraus-

forderungen war das Produkt konfrontiert? Welche Anforderungen ergaben sich daraus

für die Werbekommunikation?

314

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

9. Wann (Monat/Jahr) ist die Kampagne gestartet worden? Wann ist Sie beendet worden?

Start: ______ Ende: ______

10. Mit dem Produkt/ der Leistung XY stand im Zentrum der Kampagne:

� Ein neues Produkt/Leistung mit folgender Markentechnik (Neumarke, Line-Extension)

� Ein bestehendes Produkt/Leistung

� Sonstiges: ________________________

11. Diese Kampagne richtete sich vor allem an:

� Neukunden

� Bestehende Kunden

� Neukunden UND bestehende Kunden gleichermaßen

� Sonstiges: ________________________

12. Wie hoch schätzen Sie den Involvement-Charakter von Produkt/Leistung XY bei Ihrer

Kernzielgruppe ein?

Sehr geringes Involvement Sehr hohes Involvement

� � � � � � �

13. Welches Positionierung lag für das Produkt/die Leistung XY bzw. die Marke XY der

Kampagne zugrunde? War diese Positionierung identisch mit der bisherigen Positionie-

rung

_________________________________________________________________________

14. Wie würden Sie den Charakter der Werbebotschaft Ihrer Kampagne bewerten? Eher in-

formativ oder eher emotional?

Sehr ausgeprägt emotional sehr ausgeprägt informativ

� � � � � � �

315

15. Bitte beschreiben Sie mir in wenigen Sätzen das Kernziel, den Inhalt der Kampagne sowie

deren Kernbotschaft an den Konsumenten?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

16. Wenn Sie auf Grundlage der beschriebenen Zielsetzung die Kampagne für das Produkt/

die Leistung XY in folgendes Grundmodell aufgabenorientiertes Werbestrategien einord-

nen müssten, welchem der vier Kerntypen entspricht Ihre Kampagne am ehesten?

Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien

Neukunden

„Kunden-Akquisition“

Bestandskunden

„Kundenbindung“

Bestehende Leistung/Produkt

„Leistungspflege“

Expansionswerbung

Loyalitätswerbung

Neue Leistung/Produkt

„Leistungsinnovation“

Einführungswerbung

Cross-Selling-Werbung

17. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherwei-

se dagegen?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

18. Wie hoch war das Kommunikations-Budget für die Kampagne insgesamt?

______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________

19. Wie hoch war das Media-Werbebudget für die Umsetzung der Kampagne?

______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________

20. Wie verteilte sich dieses Mediawerbungs-Budget ungefähr auf die eingesetzten Kommu-

nikationskanäle?

316

Kanal Budgetanteil

in %

TV

Print

Internet

Radio

Kino

Insgesamt 100 %

21. Was der Kommunikationskanal mit dem höchsten Budgetanteil zugleich Leitmedium in

der Kampagne?

� Ja

� Nein

� Sonstiges: ________________________

22. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar

nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)? gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich

� � � � � � �

23. Was sind die Gründe für diese Bewertung?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

24. Welche ökonomischen und kommunikativen Erfolgskennzahlen wurden in der Planungs-

phase/bzw. im Agenturbriefing festgelegt? Für welche geschah dies in Verbindung mit

absoluten, für welche mit einem eher groben Richtungswert? Welche Kennzahlen (Top 3)

waren Ihnen im Hinblick auf die Erfolgsbewertung besonders wichtig?

25. In welchem Umfang wurden diese Erfolgskennzahlen erreicht?

Fixiert wurde diese Kennzahl …

Ökonomische

Kennzahlen mit einem festen

Wert (absolut oder

prozentual)

mit einem groben Rich-

tungswert (z.B. deutlich

höher)

Besonders

wichtig

(Top 3)

Erreichungs-

grad

1. � � Top %

2. � � Top %

3. � � Top %

317

4. � � Top %

5. � � Top %

Fixiert wurde diese Kennzahl …

Kommunikative

Kennzahlen mit einem festen

Wert (absolut oder

prozentual)

mit einem groben Rich-

tungswert (z.B. deutlich

höher)

Besonders

wichtig

(Top 3)

Erreichungs-

grad

1. � � Top %

2. � � Top %

3. � � Top %

4. � � Top %

5. � � Top %

26. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den erzielten Erreichungsgrad? Was waren Er-

folgstreiber der Kampagne und welche Aspekte haben es deutlich erschwert, bzw. unmög-

lich gemacht die gesetzten Zielwerte zu erreichen?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

27. Gab es weitere Erfolgs-Kennzahlen, die in der Planung noch keine Rolle gespielt hatten,

aber aus Ihrer heutigen Sicht bei der Erfolgsbewertung der Kampagne berücksichtigt wer-

den müssten?

Kennzahl Relevanz-Gründe

28. Gab es neben dem Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen

sowie der Werbebotschaft noch weitere aus Ihrer Sicht wichtige Charakteristika der Kam-

pagne? Wenn ja, welche sind das?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

318

29. Wenn Sie Ihrer Kampagne die zeitnahe Kampagne Ihres wichtigsten Wettbewerbers für

ein Konkurrenzprodukt/-leistung gegenüberstellen, zu welchem Werbestrategie-Grundtyp

würden Sie dessen Kampagne zuordnen?

30. Welche Stärken und welche Schwächen sehen Sie in der Kampagne Ihres Wettbewerbers?

Stärken ☺ Schwächen �

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

31. Wurde/wird die Kampagne zum Produkt/Leistung XY fortgesetzt?

� Ja

� Nein

� Sonstiges: ________________________

32. Wenn Antwort „Ja“: In welcher Werbestrategie-Variante (bestehende, neue) wird die

Kampagne fortgesetzt? Welche Besonderheiten weist sie im Vergleich zur Vorläufer-

Kampagne im Hinblick auf Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgs-

kennzahlen sowie der Werbebotschaft auf?

Wenn Antwort „Nein“: Was sind die Gründe für die Nicht-Fortsetzung?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

33. Wenn Sie sich über die diskutierte Kampagne hinaus alle Kampagnen Ihres Unternehmens

in den letzten Jahren vergegenwärtigen, erscheint Ihnen eine Einordnung dieser unter-

schiedlichen Kampagnen in das vorgestellte Grundmodell aufgabenorientierter Werbestra-

tegien möglich und sinnvoll? Gibt es Aspekte die die Zuordnung erschweren? Wenn ja,

welche sind das?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

319

III. Werbeplanungsprozess

34. Können Sie bitte den bei Ihnen im Unternehmen üblichen Werbeplanungsprozess ausge-

hend von der Marketingstrategie- bis zur Umsetzung für eine Werbekampagne skizzieren.

Welches sind die zentralen Arbeitsschritte in diesem Prozess? Welche Personen sind

wann und in welcher Weise in diesen Prozess involviert? Welche Dokumente bilden die

Grundlage für das gemeinsame Arbeiten?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

35. Wenn Sie sich den Planungsprozess vieler Kampagnen in Ihrem Unternehmen vergegen-

wärtigen, was sind maßgebliche Hürden für die Realisierung erfolgreicher Werbekom-

munikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die notwendigen Kompeten-

zen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompetenzen sind strukturell-

organisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen, welche personell-

kultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteiligten?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

Herzlichen Dank für das Gespräch!

320

Interview-Leitfaden, Variante B „Dienstleister“

Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,

herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt

möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten

Kampagnenbeispiels eines Ihrer Kunden sprechen.

Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so

dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu er-

gänzen.

Das Interview hat drei Teile: Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu Ihrer

Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über das konkrete Kampag-

nenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich dann gerne mit Ihnen

über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen sprechen und Ihre Erfahrun-

gen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Prozess.

I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person

1. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?

__________________________________________________________________

2. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)

____________________________________________________________________

3. In welcher Weise waren Sie an der Kampagne zum Produkt/Leistung XY beteiligt? Was

waren Ihre Aufgaben und Kompetenzen?

____________________________________________________________________

I1. Die Marketing- und Werbestrategie für das Produkt/ die Leistung XY

4. Welche Marketing-Kernaufgaben standen in der Ausgangssituation zur Werbekampagne

für das Produkt/die Leistung XY im Fokus? Welche der nachfolgenden waren in den ver-

321

gangenen drei Jahren aus Ihrer Sicht besonders wichtig, welcher weniger bzw. gar nicht?

Wie schätzen Sie die Wichtigkeit in den kommenden Jahren ein?

Marketing-Kernaufgaben Im Hinblick auf die Kam-

pagne …

Heute und in der der wei-

teren Zukunft …

Gar nicht

wichtig

Sehr

wichtig

Gar nicht

wichtig

Sehr

wichtig

Neue Kunden gewinnen � � � � � � � � � � � � � �

Bestehende Kunden binden/ durchdrin-

gen

� � � � � � � � � � � � � �

Neue Leistungen/Produkte entwickeln/

einführen

� � � � � � � � � � � � � �

Bestehende Leistungen pflegen/

verbessern

� � � � � � � � � � � � � �

5. Bitte beschreiben Sie in wenigen Sätzen die weitere Markt- und Wettbewerbssituation für

das Produkt/die Leistung XY zum Ausgangspunkt der Kampagne? Mit welchen Heraus-

forderungen war das Produkt konfrontiert? Welche Anforderungen ergaben sich daraus

für die Werbekommunikation?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

6. Wann (Monat/Jahr) ist die Kampagne gestartet worden? Wann ist Sie beendet worden?

Start: ______ Ende: ______

7. Mit dem Produkt/ der Leistung XY stand im Zentrum der Kampagne:

� Ein neues Produkt/Leistung mit folgender Markentechnik (Neumarke, Line-Extension)

� Ein bestehendes Produkt/Leistung

� Sonstiges: ________________________

8. Diese Kampagne richtete sich vor allem an:

� Neukunden

� Bestehende Kunden

� Neukunden UND bestehende Kunden gleichermaßen

� Sonstiges: ________________________

322

9. Wie hoch schätzen Sie den Involvement-Charakter von Produkt/Leistung XY bei Ihrer

Kernzielgruppe ein?

Sehr geringes Involvement Sehr hohes Involvement

� � � � � � �

10. Welches Positionierung lag für das Produkt/die Leistung XY bzw. die Marke XY der

Kampagne zugrunde? War diese Positionierung identisch mit der bisherigen Positionie-

rung

_________________________________________________________________________

11. Wie würden Sie den Charakter der Werbebotschaft Ihrer Kampagne bewerten? Eher in-

formativ oder eher emotional?

Sehr ausgeprägt emotional sehr ausgeprägt informativ

� � � � � � �

12. Bitte beschreiben Sie mir in wenigen Sätzen das Kernziel, den Inhalt der Kampagne sowie

deren Kernbotschaft an den Konsumenten?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

13. Wenn Sie auf Grundlage der beschriebenen Zielsetzung die Kampagne für das Produkt/

die Leistung XY in folgendes Grundmodell aufgabenorientiertes Werbestrategien einord-

nen müssten, welchem der vier Kerntypen entspricht Ihre Kampagne am ehesten?

Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien

Neukunden

„Kunden-Akquisition“

Bestandskunden

„Kundenbindung“

Bestehende Leistung/Produkt

„Leistungspflege“

Expansionswerbung

Loyalitätswerbung

Neue Leistung/Produkt

„Leistungsinnovation“

Einführungswerbung

Cross-Selling-Werbung

323

14. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherwei-

se dagegen?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

15. Wie hoch war das Kommunikations-Budget für die Kampagne insgesamt?

______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________

16. Wie hoch war das Media-Werbebudget für die Umsetzung der Kampagne?

______ Tausend Euro bezogen auf folgenden Zeitraum: ______________

17. Wie verteilte sich dieses Mediawerbungs-Budget ungefähr auf die eingesetzten Kommu-

nikationskanäle?

Kanal Budgetanteil

in %

TV

Print

Internet

Radio

Kino

Insgesamt 100 %

18. Was der Kommunikationskanal mit dem höchsten Budgetanteil zugleich Leitmedium in

der Kampagne?

� Ja

� Nein

� Sonstiges: ________________________

19. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar

nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)? gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich

� � � � � � �

20. Was sind die Gründe für diese Bewertung?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

324

_________________________________________________________________________

21. Welche ökonomischen und kommunikativen Erfolgskennzahlen wurden in der Planungs-

phase/bzw. im Agenturbriefing festgelegt? Für welche geschah dies in Verbindung mit

absoluten, für welche mit einem eher groben Richtungswert? Welche Kennzahlen (Top 3)

waren Ihnen im Hinblick auf die Erfolgsbewertung besonders wichtig?

22. In welchem Umfang wurden diese Erfolgskennzahlen erreicht?

Fixiert wurde diese Kennzahl …

Ökonomische

Kennzahlen mit einem festen

Wert (absolut oder

prozentual)

mit einem groben Rich-

tungswert (z.B. deutlich

höher)

Besonders

wichtig

(Top 3)

Erreichungs-

grad

1. � � Top %

2. � � Top %

3. � � Top %

4. � � Top %

5. � � Top %

Fixiert wurde diese Kennzahl …

Kommunikative

Kennzahlen mit einem festen

Wert (absolut oder

prozentual)

mit einem groben Rich-

tungswert (z.B. deutlich

höher)

Besonders

wichtig

(Top 3)

Erreichungs-

grad

1. � � Top %

2. � � Top %

3. � � Top %

4. � � Top %

5. � � Top %

23. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den erzielten Erreichungsgrad? Was waren Er-

folgstreiber der Kampagne und welche Aspekte haben es deutlich erschwert, bzw. unmög-

lich gemacht die gesetzten Zielwerte zu erreichen?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

325

24. Gab es weitere Erfolgs-Kennzahlen, die in der Planung noch keine Rolle gespielt hatten,

aber aus Ihrer heutigen Sicht bei der Erfolgsbewertung der Kampagne berücksichtigt wer-

den müssten?

Kennzahl Relevanz-Gründe

25. Gab es neben dem Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgskennzahlen

sowie der Werbebotschaft noch weitere aus Ihrer Sicht wichtige Charakteristika der Kam-

pagne? Wenn ja, welche sind das?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

26. Wenn Sie Ihrer Kampagne die zeitnahe Kampagne Ihres wichtigsten Wettbewerbers für

ein Konkurrenzprodukt/-leistung gegenüberstellen, zu welchem Werbestrategie-Grundtyp

würden Sie dessen Kampagne zuordnen?

27. Welche Stärken und welche Schwächen sehen Sie in der Kampagne Ihres Wettbewerbers?

Stärken ☺ Schwächen �

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

28. Wurde/wird die Kampagne zum Produkt/Leistung XY fortgesetzt?

� Ja

� Nein

� Sonstiges: ________________________

29. Wenn Antwort „Ja“: In welcher Werbestrategie-Variante (bestehende, neue) wird die

Kampagne fortgesetzt? Welche Besonderheiten weist sie im Vergleich zur Vorläufer-

326

Kampagne im Hinblick auf Budgethöhe und –verteilung, dem Media-Mix, der Erfolgs-

kennzahlen sowie der Werbebotschaft auf?

Wenn Antwort „Nein“: Was sind die Gründe für die Nicht-Fortsetzung?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

30. Wenn Sie sich über die diskutierte Kampagne hinaus alle Kampagnen Ihres Unternehmens

in den letzten Jahren vergegenwärtigen, erscheint Ihnen eine Einordnung dieser unter-

schiedlichen Kampagnen in das vorgestellte Grundmodell aufgabenorientierter Werbestra-

tegien möglich und sinnvoll? Gibt es Aspekte die die Zuordnung erschweren? Wenn ja,

welche sind das?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

III. Werbeplanungsprozess

31. Können Sie bitte den bei Ihnen im Unternehmen üblichen Werbeplanungsprozess ausge-

hend von der Marketingstrategie- bis zur Umsetzung für eine Werbekampagne skizzieren.

Welches sind die zentralen Arbeitsschritte in diesem Prozess? Welche Personen sind

wann und in welcher Weise in diesen Prozess involviert? Welche Dokumente bilden die

Grundlage für das gemeinsame Arbeiten?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

32. Wenn Sie sich den Planungsprozess vieler Kampagnen in Ihrem Unternehmen vergegen-

wärtigen, was sind maßgebliche Hürden für die Realisierung erfolgreicher Werbekom-

munikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die notwendigen Kompeten-

zen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompetenzen sind strukturell-

organisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen, welche personell-

kultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteiligten?

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

________________________________________________________________________

Herzlichen Dank für das Gespräch!

327

Interview-Leitfaden, Variante C „Externer Experte“

Sehr geehrte/-r Frau/Herr XY,

herzlichen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie angekündigt

möchte ich mit Ihnen nachfolgend über das Thema Werbestrategien anhand eines konkreten

Kampagnenbeispiels sprechen.

Das Transkript dieses Gesprächs wird Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe vorgelegt, so

dass Sie dann in jedem Fall noch die Möglichkeit haben, Aussagen zu korrigieren bzw. zu er-

gänzen.

Das Interview hat drei Teile. Zum Einstieg würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu ihrem

Unternehmen und ihrer Person stellen, um dann mit Ihnen im Hauptteil des Interviews über

das konkrete Kampagnenbeispiel zu diskutieren. Zum Abschluss des Interviews würde ich

dann gerne mit Ihnen über den Werbeplanungsprozess generell in Ihrem Unternehmen spre-

chen und Ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu relevanten Erfolgsfaktoren in diesem Pro-

zess.

I. Zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person

1. Wie lautet der vollständige Titel Ihrer aktuellen Position?

__________________________________________________________________

2. Seit wann befinden Sie sich in dieser verantwortlichen Position? (Monat/Jahr)

____________________________________________________________________

4. In welcher Weise sind Sie mit der Kampagne für das Produkt/Leistung XY vertraut? Was

ist Bezug zur Kampagne?

____________________________________________________________________

II. Zur Werbestrategie für das Produkt/Leistung XY

5. Wenn Sie die Kampagne für das Produkt/ die Leistung XY in folgendes Grundmodell auf-

gabenorientiertes Werbestrategien einordnen müssten, welchem der vier Kerntypen ent-

spricht Ihre Kampagne am ehesten?

328

Grundmodell aufgabenorientierter Werbestrategien

Neukunden

„Kunden-Akquisition“

Bestandskunden

„Kundenbindung“

Bestehende Leistung/Produkt

„Leistungspflege“

Expansionswerbung

Loyalitätswerbung

Neue Leistung/Produkt

„Leistungsinnovation“

Einführungswerbung

Cross-Selling-Werbung

6. Was spricht aus Ihrer Sicht für die entsprechende Zuordnung? Was spricht möglicherweise

dagegen?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

7. Wie bewerten Sie den Gesamterfolg dieser Kampagne auf einer Skala von 0 bis 7 (0= gar

nicht erfolgreich, 7 = sehr erfolgreich)? gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich

� � � � � � �

8. Was sind die Gründe für diese Bewertung?

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________

9. Wenn Sie sich den Planungsprozess zu verschiedenen Werbekampagnen vergegenwärtigen

vergegenwärtigen, was sind aus Ihrer Sicht maßgebliche Hürden für die Realisierung er-

folgreicher Werbekommunikation? Welches sind dementsprechend aus Ihrer Sicht die

notwendigen Kompetenzen als zentrale Erfolgsfaktoren? Welche von diesen Kompeten-

zen sind strukturell-organisatorischen Natur und beziehen sich auf das Unternehmen,

welche personell-kultureller Natur mit Bezug zum Einzelnen an der Kampagne Beteilig-

ten?

________________________________________________________________________

______________________________________________________________________

Herzlichen Dank für das Gespräch!

329

Handlungsanleitung Werbestrategie-Definition

Einführungswerbung für eine neue Leistung/Produkt ohne oder mit geringen Bezug

zum bestehenden Sortiment oder der bestehenden Marke (Launch-Werbung)

Produkt/Leistung:

• Handelt es sich bei der beworbenen Leistung/dem Produkt um eine New-to-the-World-

Innovation oder ein Me-too-Produkt/Leistung?

• Worin besteht die Leistung/Produkt konkret? Worin bestehen seine einzelnen Komponen-

ten (Produkt-/Leistungskern, Verpackung, Preis, Distributionsform)?

• Welches Bedürfnis auf Verbraucherseite wird durch das Produkt befriedigt? Welcher

funktional-rationale und welcher emotionale Nutzen sind mit dem Gebrauch der Leis-

tung/des Produktes verbunden?

• Warum soll man die Leistung/das Produkt kaufen? Welches Leistungsversprechen ist mit

dem Kauf verbunden?

Zielgruppe:

• Wie groß ist die Zielgruppe der anzusprechenden Neukunden?

• Handelt es sich um eine homogene Zielgruppe oder eine heterogene mit mehreren einzel-

nen Zielgruppen? Welche Bedeutung haben in diesem Fall die einzelnen Zielgruppen?

• Wie ist die sozioökonomische Struktur dieser Zielgruppe/-n (Alter, Geschlecht, Familien-

stand, Milieu, Bildung, Beruf, Einkommen, Kaufkraft)? Wie ist ihre soziogeografische

Struktur (Wohn-, Arbeits-, Freizeitorte)? Welche soziopsychologische Struktur (Erfahrun-

gen, Einstellungen, Meinungen, Selbstbilder, Wertebilder, Konsummentalität, Medien-

Nutzungsverhalten) charakterisiert sie?

Einführungswerbung für eine neue Leistung/Produkt mit hohem Bezug zum bestehen-

den Sortiment oder der bestehenden Marke (Line-Extension-Werbung)

Produkt/Leistung:

• Wie groß ist die Gemeinsamkeit bzw. inhaltliche Nähe der beworbenen Leistung/Produkt

zum bestehenden Angebot des Unternehmens und worin besteht diese (z.B. gleiche Leis-

tung-/Produktkategorie, gleiche Anwendungsweise, gleicher Verwenderkreis, gleiche

Rohstoffe)?

• In welcher Weise drückt sich diese Nähe kommunikativ aus? Soll die Leistung/das Pro-

dukt vollständig unter der Dach- oder Familien-/Sortimentsmarke des Produktes verkauft

werden? Ist die Einführung als Sub-Brand geplant?

330

• Was sind die charakteristischen Merkmale der Dach- oder Familien-/Sortimentsmarke des

bestehenden Angebots?

• Welche identischen und welche differierenden Bedürfnisse befriedigt die Diversifikations-

Leistung/Produkt gegenüber dem bestehenden Angebot?

Zielgruppe:

• Wie groß ist die Zielgruppe der anzusprechenden Neukunden?

• Handelt es sich um eine homogene Zielgruppe oder eine heterogene mit mehreren einzel-

nen Zielgruppen? Welche Bedeutung haben in diesem Fall die einzelnen Zielgruppen?

• In welcher Weise besteht aufgrund der Nähe zum bestehenden Angebot eine Leistungs-

/Produktrelevanz für die Bestandskunden? Sollen diese Kunden ebenfalls angesprochen

werden? Inwiefern bedingt ihre Adressierung eine von den Neukunden abweichende

Kommunikation?

• Wie ist die sozioökonomische Struktur dieser Zielgruppe/-n (Alter, Geschlecht, Familien-

stand, Milieu, Bildung, Beruf, Einkommen, Kaufkraft)? Wie ist ihre soziogeografische

Struktur (Wohn-, Arbeits-, Freizeitorte)? Welche soziopsychologische Struktur (Erfahrun-

gen, Einstellungen, Meinungen, Selbstbilder, Wertebilder, Konsummentalität, Medien-

Nutzungsverhalten) charakterisiert sie?

Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem frühen Sta-

dium des Lebens-Zyklus (Follow-Up-Werbung)

Produkt/Leistung:

• Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungs-

werbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher

Weise ist die Leistung/das Produkt in der Einführungswerbung markentechnisch positio-

niert worden?

• Gelten die in der Einführungswerbung kommunizierten Kaufgründe bzw. funktionalen

und emotionalen Mehrwerte weiterhin oder haben sie durch Veränderungen im Markt o-

der auf Wettbewerberseite an Bedeutung verloren oder sind gar obsolet geworden?

Zielgruppe:

• Wie hoch ist die bereits erreichte Reichweite in der in der Einführungswerbung anvisier-

ten Zielgruppe?

• Gelten für die adressierten, aber bislang nicht erreichten Mitglieder der Zielgruppe beson-

dere sozioökonomische, soziografische oder soziopsychologische Struktur-Merkmale?

Sind sie deshalb anders anzusprechen oder ist ihre erfolgreiche Akquise nur eine Frage der

Zeit?

331

• Welche Botschaften der Einführungswerbung sind von der Zielgruppe in geplantem Maße

antizipiert worden? Welche nicht?

• Welchen Stellenwert haben die Bestandskunden? Zielt die Follow-up-Werbung auch auf

ihre Loyalisierung? Wenn ja, steht dabei eine Stärkung der Bindung oder eine stärkere

Durchdringung im Fokus? Wenn ja, welche Botschaften sind dabei maßgeblich? Sind die-

se Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?

Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem fortgeschrit-

ten Stadium des Lebens-Zyklus (Rebrush-Werbung)

Produkt/Leistung:

• Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungs-

werbung bzw. Follow-up-Werbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind heraus-

gestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das Produkt in der Einführungswer-

bung markentechnisch positioniert worden?

• Wodurch ist der fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leistung/Produkt

und die Marke gekennzeichnet? Geht der geplante kommunikative Rebrush auch mit einer

Veränderung der Leistung/des Produktes einher? Wenn ja, worin besteht diese Verände-

rung? Welche Implikationen haben solche Veränderungen an der beworbenen Leis-

tung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und emotionalen Mehrwerte?

Zielgruppe:

• Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter aus-

geweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben

sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche

der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgrup-

pe empfunden und beschrieben?

• Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind

für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyalisier-

enden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?

Expansionswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt in einem deutlich

fortgeschritten Stadium des Lebens-Zyklus (Relaunch-Werbung)

Produkt/Leistung:

• Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind in der Einführungs-

werbung bzw. Follow-up-Werbung kommuniziert worden? Welche Benefits sind heraus-

gestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das Produkt bislang markentechnisch

positioniert worden?

332

• Wodurch ist der deutlich fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leis-

tung/Produkt und die Marke gekennzeichnet? Ist die Grundlage für den geplanten kom-

munikativen Relaunch auch eine signifikante Veränderung der Leistung/des Produktes?

Wenn ja, worin besteht diese Veränderung? Welche Implikationen hat diese Veränderung

an der beworbenen Leistung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und

emotionalen Mehrwerte?

Zielgruppe:

• Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter aus-

geweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben

sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche

der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgrup-

pe empfunden und beschrieben?

• Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind

für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyalise-

renden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?

Loyalitätswerbung für eine bereits eingeführte Leistung/Produkt mit einem höheren

Reifegrad

Produkt/Leistung:

• Welche funktionalen Eigenschaften der Leistung/des Produktes sind bislang (auf Basis ei-

ner Einführungs-, Follow-up-, Rebrush und/oder Relaunch-Werbung) kommuniziert wor-

den? Welche Benefits sind herausgestellt worden? In welcher Weise ist die Leistung/das

Produkt bislang markentechnisch positioniert worden?

• Wodurch ist der fortgeschrittene Reifegrad bezogen auf die beworbene Leistung/Produkt

und die Marke gekennzeichnet? Ist die angestrebte Loyalisierung verbunden mit einer

Veränderung der Leistung/des Produktes? Wenn ja, worin besteht diese Veränderung und

wie gravierend (Rebrush/Relaunch) ist sie? Welche Implikationen hat diese Veränderung

an der beworbenen Leistung/Produkt auf die bislang kommunizierten funktionalen und

emotionalen Mehrwerte?

Zielgruppe:

• Warum konnte die Reichweite bei den Neukunden nicht im geplanten Maße weiter aus-

geweitet werden? Welche funktionalen oder kommunikativen Leistungsmerkmale haben

sie bislang nicht oder nicht ausreichend überzeugt? Was wird (mittlerweile) als Schwäche

der beworbenen Leistung/des Produktes gegenüber alternativen Angeboten von Zielgrup-

pe empfunden und beschrieben?

333

• Wie hoch ist der Loyalisierungsbedarf bei den Bestandskunden? Welche Botschaften sind

für sie maßgeblich, um Käufer der Leistung/des Produktes zu bleiben? Sind die loyalise-

renden Botschaften identisch zu denen der Neukunden-Ansprache?

334

Kampagnenelemente aus den untersuchten Fallstudien

Kampagnenelemente Audi Q7

335

336

Kampagnenelemente Balisto

337

338

Kampagnenelemente Bertolli

339

340

Kampagnenelemente BILDmobil

341

Kampagnenelemente Dove pro•age

342

Kampagnenelemente Drei Wetter Taft

343

Kampagnenelemente Eucerin

344

Kampagnenelemente Gillette Fusion

345

Kampagnenelemente ING-Diba

346

Kampagnenelemente McDonald’s

347

Kampagnenelemente Dr. Oetker Paula

348

Kampagnenelemente Sparkasse

349

350

Kampagnenelemente T-Com

351

352

Kampagnenelemente Rama Cremefine

353

Kampagnenelemente VW Touareg

354

Kampagnenelemente VW Golf

355

Curriculum Vitae

Philipp Stradtmann

Persönliche Daten Geburtsdatum Geburtsort Nationalität

6. Juni 1973 Bocholt (Nordrhein-Westfalen) deutsch

Ausbildung und Qualifikation 1983 - 1992 Besuch der Montessori Grundschule Düsseldorf

Abitur am Görres-Gymnasium Düsseldorf

1992 - 1994 Zivildienst in der Neurologischen Reha-Klinik Godeshöhe Bonn 1994 - 1998

Studium mit Abschluss als Diplom-Medienwissenschaftler an der Hoch-schule für Musik und Theater Hannover

2004 - 2005 Studium mit Abschluss als Diplom-Betriebswirt an der Business School St. Gallen mit Schwerpunkt Controlling & strategische Unternehmens-führung

2005 -2009 Promotionsstudium mit Abschluss als Dr. oec. an der Universität St. Gallen (HSG)

Berufserfahrung 1998 - 2000 Project Manager und Senior Consultant bei iXL Germany Hamburg

2000- 2003 Berater bei der Pixelpark AG (Bertelsmann Group) in Berlin und Ham-

burg, zuletzt als Managing Director für den Standort Hamburg

2003-2004 Director eBusiness bei Foote Cone Belding (Interpublic Group of Com-panies) in Hamburg, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung FCBi

2004-2008 Leiter Unternehmensentwicklung der Martin-Braun-Gruppe (Oetker-Gruppe), Geschäftsführer Martin Braun Polen, Geschäftsführer Martin Braun Ungarn und Leiter Sales international in Hannover

seit 2008 Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing der Wolf ButterBack KG (Oetker-Gruppe) in Nürnberg