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LINUX IN DER AUTOMATISIERUNG 100 Ausgabe 11/2003 Sy stemv er gleich für Scada-Lösungen: Windows oder Linux? Bei der Frage nach dem geeigneten Betriebssys- tem für Leitsysteme wer- den Windows und Linux häufig genannt. Doch wo liegen die Unterschiede? Das Argument der Sicher- heit etwa ist nicht das einzige Entscheidungs- kriterium. B B ei der Auswahl des Betriebssystems für Leit- systeme stellt sich zunächst die Frage, welche Peri- pheriekomponenten eingesetzt werden und wie diese mit dem zukünftigen Scada-System ge- koppelt werden sollen. Unter Windows basierten Lösungen lautet die Antwort der mög- lichen Kopplung zumeist OPC (OLE for Process Control). Dar- unter versteht man einen ursprünglich proprietären von Microsoft entwickelten Mecha- nismus, der auf der Win- dows/COM/DCOM Technolo- gie basiert, um verschiedene Bussysteme mit Scada-Systemen SPS-herstellerunabhängig kom- munizieren lassen zu können. Da die OPC-Basistechnologie ausschließlich auf Microsoft-spe- zifischen Betriebssystemen zur Verfügung steht, ist eine solche Lösung unter Linux mit so gut wie keinem Scada-System ein- setzbar (es sei denn, man ver- wendet Systeme, die auf Client/Server Technik basierend auch Windows/Linux Mischbe- trieb erlauben, wie z.B. PVSS II der Firma ETM). Diese unter Windows auf Einplatzsystemen recht einfach einsetzbare Tech- nik wird zumeist aber bei gro- ßen technischen Anlagen in Bezug auf Datendurchsatz und Stabilität bei der Netzwerk- kommunikation mittels DCOM oft durch Direkt-Treiber ersetzt. Das sind Programmteile, die für ein spezielles Kommunikations- protokoll optimiert entwickelt wurden und deshalb bevorzugt werden, weil eine Kommunika- tionsebene, OPC-Client zu OPC-Server, und damit auch ein zusätzlicher Konfigurations- aufwand entfällt. Was die Anla- gengröße und die dadurch anfallende Datenmenge betrifft, so ist beim Systemvergleich Windows/Linux zu bedenken, dass man bei Linux durch sein Design für hochverfügbare Ser- verapplikationen durchaus einen Performancegewinn von bis zu 100% erzielen kann. Dieser Aspekt ist besonders dann von großer Bedeutung, wenn in der Applikation viele Daten zur spä- teren Auswertung historisch archiviert werde sollen. Möchte man die archivierten Daten nicht nur in der Scada-eigenen Datenbank speichern, sondern auch in ein anderes Datenbank- system integrieren, stellt die Wahl des Betriebssystems heut- zutage kein wesentliches Krite- rium mehr dar. Alle wichtigen Datenbanksysteme, wie z.B. Oracle, DB2, ADABAS, Sybase oder mySQL, stehen nicht nur unter Windows sondern auch unter Linux zur Verfügung. Außerdem erreicht ein modernes Scada-System diese Datenban- ken nicht nur unter Zuhilfenah- me von Microsoft-Schnittstellen, wie z.B. ADO, sondern auch unter Linux via ODBC oder über direkte Anbindungen. Vernetzung Das Thema Fernzugriff auf das Prozessleit- oder das Betriebssys- tem für Wartungsarbeiten darf bei dieser Diskussion nicht außer Acht gelassen werden. Hier unterscheiden sich die bei- den Betriebssysteme doch gänz- lich und warten mit unter- schiedlichen Technologien auf. Muss man unter Windows zusätzliche Software erwerben, um dann bei einem remote- Zugriff dem Rechner den ge- samten Desktop zu entziehen, ist unter Linux, das vom Kern- design ja ein Multiuser Be- triebssystem ist, keine weitere Software nötig. Es ist jegliche Systemanalyse und Wartung auch aus der Ferne möglich. Ein weiterer wesentlicher Unter- Bild 1: Applikation unter Windows. Obwohl man an der Bedienober- fläche vom Betriebssystem unbe- rührt bleibt, gibt es Unterschiede beim Einsatz. Halle 7A, Stand 530

Systemvergleich für Scada-Lösungen: Windows oder Linux? · LINUX IN DER AUTOMATISIERUNG 100 Ausgabe 11/2003 Systemvergleich für Scada-Lösungen: Windows oder Linux? Bei der Frage

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LINUX IN DER AUTOMATISIERUNG

100 Ausgabe 11/2003

Systemvergleich für Scada-Lösungen:

Windows oder Linux?

Bei der Frage nach demgeeigneten Betriebssys-tem für Leitsysteme wer-den Windows und Linuxhäufig genannt. Doch woliegen die Unterschiede?Das Argument der Sicher-heit etwa ist nicht daseinzige Entscheidungs-kriterium.

BBei der Auswahl desBetriebssystems für Leit-systeme stellt sich

zunächst die Frage, welche Peri-pheriekomponenten eingesetztwerden und wie diese mit demzukünftigen Scada-System ge-koppelt werden sollen. UnterWindows basierten Lösungenlautet die Antwort der mög-lichen Kopplung zumeist OPC(OLE for Process Control). Dar-unter versteht man einenursprünglich proprietären vonMicrosoft entwickelten Mecha-nismus, der auf der Win-dows/COM/DCOM Technolo-gie basiert, um verschiedeneBussysteme mit Scada-SystemenSPS-herstellerunabhängig kom-munizieren lassen zu können.Da die OPC-Basistechnologieausschließlich auf Microsoft-spe-zifischen Betriebssystemen zurVerfügung steht, ist eine solcheLösung unter Linux mit so gutwie keinem Scada-System ein-setzbar (es sei denn, man ver-wendet Systeme, die aufClient/Server Technik basierendauch Windows/Linux Mischbe-trieb erlauben, wie z.B. PVSS IIder Firma ETM). Diese unterWindows auf Einplatzsystemenrecht einfach einsetzbare Tech-nik wird zumeist aber bei gro-

ßen technischen Anlagen inBezug auf Datendurchsatz undStabilität bei der Netzwerk-kommunikation mittels DCOMoft durch Direkt-Treiber ersetzt.Das sind Programmteile, die fürein spezielles Kommunikations-protokoll optimiert entwickeltwurden und deshalb bevorzugtwerden, weil eine Kommunika-tionsebene, OPC-Client zuOPC-Server, und damit auchein zusätzlicher Konfigurations-aufwand entfällt. Was die Anla-gengröße und die dadurchanfallende Datenmenge betrifft,so ist beim SystemvergleichWindows/Linux zu bedenken,dass man bei Linux durch seinDesign für hochverfügbare Ser-verapplikationen durchaus einenPerformancegewinn von bis zu100% erzielen kann. DieserAspekt ist besonders dann vongroßer Bedeutung, wenn in derApplikation viele Daten zur spä-teren Auswertung historischarchiviert werde sollen. Möchteman die archivierten Datennicht nur in der Scada-eigenenDatenbank speichern, sondernauch in ein anderes Datenbank-system integrieren, stellt dieWahl des Betriebssystems heut-zutage kein wesentliches Krite-rium mehr dar. Alle wichtigen

Datenbanksysteme, wie z.B.Oracle, DB2, ADABAS, Sybaseoder mySQL, stehen nicht nurunter Windows sondern auchunter Linux zur Verfügung.Außerdem erreicht ein modernesScada-System diese Datenban-ken nicht nur unter Zuhilfenah-me von Microsoft-Schnittstellen,wie z.B. ADO, sondern auchunter Linux via ODBC oderüber direkte Anbindungen.

Vernetzung

Das Thema Fernzugriff auf dasProzessleit- oder das Betriebssys-tem für Wartungsarbeiten darfbei dieser Diskussion nichtaußer Acht gelassen werden.Hier unterscheiden sich die bei-den Betriebssysteme doch gänz-lich und warten mit unter-schiedlichen Technologien auf.Muss man unter Windowszusätzliche Software erwerben,um dann bei einem remote-Zugriff dem Rechner den ge-samten Desktop zu entziehen,ist unter Linux, das vom Kern-design ja ein Multiuser Be-triebssystem ist, keine weitereSoftware nötig. Es ist jeglicheSystemanalyse und Wartungauch aus der Ferne möglich. Einweiterer wesentlicher Unter-

Bild 1: Applikation unter Windows.Obwohl man an der Bedienober-fläche vom Betriebssystem unbe-rührt bleibt, gibt es Unterschiedebeim Einsatz.

Halle 7A, Stand 530

LINUX IN DER AUTOMATISIERUNG

schied von Linux ist die Mög-lichkeit, im laufenden Betrieb sogut wie jede Administrations-tätigkeit am Betriebssystemdurchführen zu können, ohneeinen Rechnerneustart zu erfor-dern und das auch per Fernwar-tung und ohne damit einenBenutzer am System oder dieproduzierende Anlage zu stören.Im Besonderen sind auch dieMöglichkeiten von vernetztenArbeitsstationen des Scada-Systems bei Fernzugriff zubetrachten. Bei einem modernenSystem, basierend auf einemClient-Server Konzept, sind dieArbeitsstationen die Clients,welche die Benutzeroberfläche(User Interface) am lokalen PCablaufen lassen und sich nur perNetzwerkszugriff die nötigenDaten vom Server holen. In die-ser Konstellation muss also einTeil des Scada-Systems entwederper download oder manuell amClient Rechner installiert wer-den. Wenn aber Methoden desUI-Zugriffs ohne lokale Install-lation gefordert sind, bieten sich'remote Display' Techniken an,die unter Linux und Windowswieder völlig unterschiedlich

gelöst sind. Linux verwendet zurgrafischen Darstellung das XWindows Protocoll (X11) einkompaktes, für große Netzwer-ke entwickeltes, plattform- undhardwareneutrales Client-ServerNetzwerk Protokoll. Am Serverläuft der User-Interface Clientund überträgt per X11 seine'Zeichenkommandos' zu demArbeitsplatz, an dem der Usersitzt. Auf diesem Rechner läuftunter Linux nur ein X11-Server(der beim Betriebssystem schondabei ist), der die tatsächlichenZeichenoperationen durchführt.Mit dieser Technik ist für denBenutzer der Unterschied nichterkennbar, ob eine Applikationlokal auf seinem Rechnerabläuft, oder aber irgendwo aufeinem Server im Netzwerk.Unter Windows gab es bishernoch kein netzwerkfähiges Pro-tokoll dieser Art. Alle Zeichen-operationen werden lediglichlokal durchgeführt, d.h. auf demRechner, auf dem das UI läuft.Darüber hinaus ist Windowskein Multi-User Betriebssystemund unterliegt hierdurch Ein-schränkungen, wenn mehrereUser gleiche Programme auf

Bild 2: Applikation unter Linux. Quelle: Sprecher Automation

PVSS II:PVSS II ist ein branchenneutrales, universell einsetzbares Pro-zessleitsystem zur Visualisierung, Überwachung und Steue-rung von technischen Abläufen. Es ist mehrplatzfähig undmehrsprachig. Das System läuft unter allen professionellenWindowssystemen und Linux. Es kommuniziert mit einer brei-ten Palette von SPSen, DDCs und Fernwirkanlagen. Integrier-te Datenbank- und File-Schnittstellen erlauben die nahtloseEinbettung in die IT-Umgebung der Kunden. PVSS II ist auchplattformübergreifend lauffähig unter Windows und Linux.

www.men.de

ESM – Embedded SystemModules

Der neueEmbedded-Standard

einem Server ablaufen lassenwollen. Um dieses Manko zubeheben, hat Microsoft diesogenannten Terminal Serviceseingeführt, die das RemoteDesktop Protocol (RDP)benutzen. Bei dieser Technikwird üblicherweise einegesamte Windows-Session(der gesamte Desktop) füreinen Client am Servererzeugt, und nicht wie unterLinux nur das notwendigeScada User Interface Pro-gramm. Freilich sollte aber einpositiver Windows Aspekt imBereich der grafischen Ober-flächengestaltung nicht außerAcht gelassen werden, nämlichdie Möglichkeiten der Acti-veX-Komponenten. ActiveX-Komponenten sind grafischeObjekte die bestimmte Funk-tionalitäten, wie z.B. ganzeAnzeigeinstrumente oderCharts zur Verfügung zu stell-len, die sich bei modernenScada-Systeme leicht in dasrestliche UI integrieren lassen.Hierbei ist zu beachten, dassman alle Eigenschaften sowiedie von solchen Komponentengenerierten Ereignisse (z.B. aufMausklick) von der verwende-ten Scada-Software anspre-chen bzw. verwenden kann.ActiveX stellt eine Microsoft-proprietäre Entwicklung dar,die auf Windows Technolo-gien angewiesen ist, demzu-folge unter Linux nicht vor-handen ist, und hier auchnicht eingesetzt werden kann.

Kosten

Obwohl bei einer industriell-len Applikation die Software-kosten nur einen Bruchteilausmachen, kann dieser beieiner größeren Anzahl vonRechnern doch schon rechtbeachtliche Ausmaße anneh-men. Hierin liegt wohl dergrößte Unterschied zwischenWindows und Linux. Wäh-rend für das WindowsBetriebssystem und alle weite-ren benötigten Applikationen,wie z.B. Office Paket, Daten-bank, Fernwartung, Netz-werktools, Entwicklungsum-gebung, Debuggingwerkzeuge

Ausgabe 11/2003 101

LINUX IN DER AUTOMATISIERUNG

102 Ausgabe 11/2003

Linux im Industrieeinsatz isterwachsen geworden. Spätestensseit der letzten SPS/IPC/Drivesist klar: das frei verfügbare

CANopen für LinuxAus der Zunahme von Linux-Anwendungen in der Automati-sierungstechnik ergibt sich dieForderung nach Feldbusproto-kollstacks für Linux, die einedirekte Verbindung mit der

Linux in Automationetc., eine separate Lizenzierungnotwenig ist, sind in allen gän-gigen Linux Distributionen dieoben genannten Applikationensowie eine Vielzahl an weiterenTools bereits enthalten und dieszum Nullkostenpreis. Nebenden Kosten ist für den Einsatzeines Scada Systems unter Win-dows zu beachten, dass Micro-soft Produkte in manchen Län-dern einer Einfuhrbeschränkungunterliegen, und daher in sol-chen Ländern der Einsatz einerLinux Lösung die einzige Alter-native darstellt.

Fazit

Linux ist mittlerweile auch imBereich Desktop schon so weitfortgeschritten, dass es einemVergleich mit Windows aufjeden Fall standhält. Die inte-grierten Installationsmechanis-men, inklusive Hardwareer-kennung, machen ein LinuxSetup ähnlich komfortabel, wieman es bisher von Windowsgewohnt war. Zusätzlich bietetLinux bei gleicher Hardwaredeutlich höhere Performanceund enorme Sicherheit imNetzwerkbereich. Die Virenre-sistenz von Linux ist ein weite-rer Pluspunkt, der besonders fürden Einsatz als Serversystemspricht. Will man jedoch amDesktop auch Office Softwarevon Microsoft einsetzen, oderActiveX Komponenten vonDrittanbietern verwenden,muss nach wie vor Windowszum Einsatz gelangen. EinMischbetrieb beider Betriebs-systeme könnte daher eine sinn-volle Lösung darstellen. DasSystem PVSS II von ETM bie-tet hier eine Lösung, da Appli-kationen unter Windows undLinux als auch im Mischbetriebohne Mehraufwand bei der Pro-jektierung betrieben werdenkönnen. ■

16887

wwwwww.etm-ag.com.etm-ag.com

Autor: Martin Koller ist Mitar-beiter der ETM Aktiengesellschaft,Eisenstadt in Östereich.

Betriebssystem aus dem Internethat den Durchbruch im hartenIndustrieeinsatz geschafft. Aberfür den Anwender ist es allein

mit dem kostenlos herunterlad-baren Quellcode nicht getan:Know How ist wichtiger den je.Wie der Einstieg in das nächsteEmbedded Linux Projekt zumErfolg wird, verraten die Fir-men, die auf der diesjährigenSPS/IPC/Drives in Nürnbergunter der Obhut des Linux-Ver-bandes LIVE e.V. auf demGemeinschaftsstand "Linux inAutomation" in Halle 10 vertre-ten sind und ihre Produkte undDienstleistungen rund umLinux präsentieren.

LIVE Linux-Verband e.V.Fax: 09331/4407www.linux-verband.de

18215Halle 10, Stand 340

Feldebene ermöglichen. Vor die-sem Hintergrund hat Sys Tecseinen CANopen-Protokollstackauf Linux portiert. Dadurchergibt sich die Möglichkeit,Linux-basierte Geräte alsCANopen-Geräte in bestehendeCANopen- Netzwerke einzu-binden, CANopen Applikatio-nen unter Linux laufen zu lass-sen oder in einfacher Art undWeise die Daten aus der Feld-ebene via Internetprotkoll(TCP/IP) weiterzuleiten. Damitwird z.B. der Zugriff auf Datender Feldebene über das Internet

möglich. Als CAN-Interfacekar-te für den PC steht z.B. eine 8-Bit ISA-Karte oder eine PC104-CAN-Karte zur Verfügung. DieUnterstützung weiterer Hard-ware ist in Vorbereitung.

Sys Tec electronic GmbHTel.: 03661/6279-0Fax: 03661/63248www.systec-electronic.de

Halle 7, Stand 129

17418

Das modulare Buskonverter-system EmLIN ist eine Ent-wicklungsplattform auf Basisvon ARM7 Prozessoren in Symbiose mit µCLinux. Derzeitexistieren Treiber und Modulefür Ethernet 10/100MBit,CAN und USB. Aufgrund desmodularen Aufbaus und desflexiblen Interfaces mit pro-grammierbarer Logik (FPGA)ist es möglich, in kurzer Zeiteinen einfachen Buskonverter

Ethernet - Buskonverteroder einfachen Analysator zuentwerfen. Einsatz findet dasProdukt unter anderem alsembedded Webserver, in Ver-bindung mit wLAN auch imFunkbereich.

IMMS GmbHTel.: 03677/67830Fax: 03677/678337www.imms.de

17656Halle 10, Stand 341