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DOI: 10.1111/j.1610-0387.2008.06913.x Akademie 981 © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2008/0611 JDDG | 11 ˙ 2008 (Band 6) Redaktion Prof. Dr. Rainer Rompel, Kassel aber beim Verknoten durch die hohe Zugspannung schwieriger zu handhaben. Der noch verbleibende zentrale Restde- fekt wird durch Einzelknopfnähte linear verschlossen. Es verbleibt ein aufgeworfe- ner, vollständig adaptierter Wundrand (Abbildung 1d). Ausgleichsdreiecke sollten nicht vorgenommen werden; „dog-earsbilden sich selbständig durch die umge- bende Gewebespannung im Laufe der Zeit zurück. Das Nahtmaterial sollte in der Regel 21 Tage in situ verbleiben. Ggf. kann die Tabaksbeutelnaht einen Tag vor der Entfernung der Einzelknopfnähte gezogen werden, um eine schonendere lich erscheint. Zur Erleichterung der Raffung kann die umgebende Haut in Richtung der Wunde geschoben werden. Außerdem erleichtern zügelnde Bewe- gungen an beiden Fadenenden, die Fa- denspannung in der Naht gleichmäßig zu verteilen. Anschließend wird die Naht durch einen chirurgischen Knoten arre- tiert (Abbildung 1c). Als zu verwendenden Faden empfehlen wir kräftiges, geflochtenes Nahtmaterial wie z. B. Mersilene ® 2/0. Monofile Fäden können ebenfalls eingesetzt werden. Diese erleichtern das Zuziehen, da sie besser durch die Haut gleiten, sind dafür Einleitung Die Inzidenzen von Basalzell- und Plat- tenepithelkarzinomen sind in den letzten 30 Jahren sprunghaft angestiegen [1]. Besonders die Altersgruppe der 70- bis 80-Jährigen ist dabei betroffen, wobei die Tumoren besonders häufig in den lichtexponierten Arealen wie den Unter- armen, Händen und im Gesicht lokali- siert sind. Als Therapie der ersten Wahl dieser Tumoren gilt die mikrographisch kontrollierte Exzision. Bei der Planung von Defektverschlüssen im Bereich der Unterarme sind Atrophie und Fragilität der Altershaut sowie die verhältnismäßig geringe Hautverschieb- lichkeit an den Extremitäten zu berück- sichtigen. Wir möchten die Tabaksbeutelnaht zum Defektverschluss größerer, zirkulärer De- fekte an den Unterarmen vorstellen, die einen primären Wundverschluss ohne größere Lappenplastik erlaubt. Technik Zunächst werden die Wundränder atrau- matisch mobilisiert. Der Abstand der Naht zum Wundrand sollte ca. 0,5 cm bis 1 cm betragen. Zur besseren Hand- habbarkeit empfiehlt es sich, zunächst mehrere Abstandsmarkierungen am Wundrand vorzunehmen. Anschließend wird der Faden fortlaufend im Wechsel extrakutan und subkutan zirkulär um den Defekt platziert (Abbildung 1a, b). Die Wundränder werden nun durch langsames Ziehen an beiden Fadenenden genähert, bis der Verschluss des zentralen Restdefekts durch eine Hautnaht mög- Tabaksbeutelnaht bei zirkulären Defekten in Regionen mit geringer Hautverschieblichkeit Purse-string suture of circular defects in areas with minor skin mobility Sirius Sohl, Michael Kendler, Jan C. Simon, Tino Wetzig Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR Dermatochirurgie – Tricks of the Trade Abbildung 1: (a) Zirkulärer Defekt mit 4,5 cm Durchmesser am distalen Unterarm rechts. (b) Defekt mit eingebrachter Tabaksbeutelnaht. (c) Der verbleibende zentrale Defekt kann durch Einzelknopf- nähte verschlossen werden. (d) Vollständige Tabaksbeutelnaht.

Tabaksbeutelnaht bei zirkulären Defekten in Regionen mit geringer Hautverschieblichkeit

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Page 1: Tabaksbeutelnaht bei zirkulären Defekten in Regionen mit geringer Hautverschieblichkeit

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2008.06913.x Akademie 981

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2008/0611 JDDG | 11˙2008 (Band 6)

RedaktionProf. Dr. Rainer Rompel,

Kassel

aber beim Verknoten durch die hoheZugspannung schwieriger zu handhaben.Der noch verbleibende zentrale Restde-fekt wird durch Einzelknopfnähte linearverschlossen. Es verbleibt ein aufgeworfe-ner, vollständig adaptierter Wundrand(Abbildung 1d). Ausgleichsdreiecke solltennicht vorgenommen werden; „dog-ears“bilden sich selbständig durch die umge-bende Gewebespannung im Laufe derZeit zurück. Das Nahtmaterial sollte inder Regel 21 Tage in situ verbleiben. Ggf.kann die Tabaksbeutelnaht einen Tag vorder Entfernung der Einzelknopfnähte gezogen werden, um eine schonendere

lich erscheint. Zur Erleichterung derRaffung kann die umgebende Haut inRichtung der Wunde geschoben werden.Außerdem erleichtern zügelnde Bewe-gungen an beiden Fadenenden, die Fa-denspannung in der Naht gleichmäßigzu verteilen. Anschließend wird die Nahtdurch einen chirurgischen Knoten arre-tiert (Abbildung 1c).Als zu verwendenden Faden empfehlenwir kräftiges, geflochtenes Nahtmaterialwie z. B. Mersilene® 2/0. Monofile Fädenkönnen ebenfalls eingesetzt werden.Diese erleichtern das Zuziehen, da siebesser durch die Haut gleiten, sind dafür

EinleitungDie Inzidenzen von Basalzell- und Plat-tenepithelkarzinomen sind in den letzten30 Jahren sprunghaft angestiegen [1].Besonders die Altersgruppe der 70- bis80-Jährigen ist dabei betroffen, wobeidie Tumoren besonders häufig in denlichtexponierten Arealen wie den Unter-armen, Händen und im Gesicht lokali-siert sind. Als Therapie der ersten Wahldieser Tumoren gilt die mikrographischkontrollierte Exzision.Bei der Planung von Defektverschlüssenim Bereich der Unterarme sind Atrophieund Fragilität der Altershaut sowie dieverhältnismäßig geringe Hautverschieb-lichkeit an den Extremitäten zu berück-sichtigen.Wir möchten die Tabaksbeutelnaht zumDefektverschluss größerer, zirkulärer De-fekte an den Unterarmen vorstellen, dieeinen primären Wundverschluss ohnegrößere Lappenplastik erlaubt.

TechnikZunächst werden die Wundränder atrau-matisch mobilisiert. Der Abstand derNaht zum Wundrand sollte ca. 0,5 cmbis 1 cm betragen. Zur besseren Hand-habbarkeit empfiehlt es sich, zunächstmehrere Abstandsmarkierungen amWundrand vorzunehmen. Anschließendwird der Faden fortlaufend im Wechselextrakutan und subkutan zirkulär umden Defekt platziert (Abbildung 1a, b).Die Wundränder werden nun durchlangsames Ziehen an beiden Fadenendengenähert, bis der Verschluss des zentralenRestdefekts durch eine Hautnaht mög-

Tabaksbeutelnaht bei zirkulären Defekten inRegionen mit geringer Hautverschieblichkeit

Purse-string suture of circular defects in areas with minor skin mobility

Sirius Sohl, Michael Kendler, Jan C. Simon, Tino WetzigKlinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR

Dermatochirurgie – Tricks of the Trade

Abbildung 1: (a) Zirkulärer Defekt mit 4,5 cm Durchmesser am distalen Unterarm rechts. (b) Defektmit eingebrachter Tabaksbeutelnaht. (c) Der verbleibende zentrale Defekt kann durch Einzelknopf-nähte verschlossen werden. (d) Vollständige Tabaksbeutelnaht.

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große Verschiebe-Rotationsplastiken amUnterarm sind mit dem Risiko des se-kundären Lymphödems, aber auch demder Lappennekrose behaftet. Außerdembedeutet eine größere Wundfläche auchein größeres Infektionsrisiko sowie po-tenziell mehr postoperative Beschwerdenfür den Patienten. Ein Hauttransplantat,welches sonst als Therapiealternative ein-zusetzen wäre, ist von geringerer mecha-nischer Belastbarkeit und weist durchden „Flickeneffekt“ ein schlechteres kos-metisches Ergebnis auf. Außerdem be-deutet eine Hauttransplantation für denPatienten immer auch einen weiterenDefekt durch die Hautentnahme. Nichtzuletzt bietet die Tabaksbeutelnahtdurch das simple Design eine schnelldurchführbare Operationsmethode. <<<

KorrespondenzanschriftDr. Sirius SohlKlinik und Poliklinik für Dermatologie,Venerologie und AllergologieUniversitätsklinikum Leipzig AöRPhilipp-Rosenthal-Straße 23–25D-04103 LeipzigTel.: +49-341-97-18600Fax: +49-341-97-18609E-Mail: [email protected]

Literatur1 Breitbart EW, Wende A, Mohr P,

Greinert R, Volkmer B. Heft 22 –Hautkrebs aus der Reihe „Gesundheits-berichterstattung des Bundes" RobertKoch-Institut 2004.

2 Cone JB, Golladay ES. Purse-stringskin closure of umbilical hernia repair. J Pediatr Surg. 1983 Jun; 18(3): 297.

3 Brady JG, Grande DJ, Katz AE. Thepurse-string suture in facial reconstruc-tion. J Dermatol Surg Oncol. 1992Sep; 18(9): 812–6.

4 Ciatti S, Greenbaum SS. Modifiedpurse-string closure for reconstructionof moderate/large surgical defects of theface. Dermatol Surg. 1999 Mar; 25(3):215–9; discussion 219–20.

5 Weisberg NK, Greenbaum SS. Revisit-ing the purse-string closure: some newmethods and modifications. DermatolSurg. 2003 Jun; 29(6): 672–6.

6 Cruz AP, Campbell RM, Perlis CS,Dufresne RG Jr. Double purse-stringclosure for scalp and extremity wounds.Dermatol Surg. 2007 Mar; 33(3): 369–73.

gische Literatur als Brady et al. die Technik in Kombination mit einerHauttransplantation im Kopf- undNackenbereich beschrieb [3]. Seitherwurde es verschiedenen Modifikationenhinsichtlich der Anordnung der Cercla-genähte unterzogen, aber auch als Kom-bination mit anderen Verfahren einge-setzt [4–6]. Wir favorisieren diezirkuläre, horizontal zum Wundrand an-gebrachte, fortlaufende Nahttechnik. Imdeutschsprachigen Raum ist die Tabaks-beutelnaht wenig etabliert. Gerade beiälteren Patienten liegen deren Vorteile je-doch auf der Hand. Die Technik ermög-licht einen primären Wundverschlussohne weitere Defektvergrößerung imSinne einer Lappenplastik. Besonders

Relaxation der Wundränder zu ermögli-chen. Es verbleibt am Ende eine lineareNarbe (Abbildung 2). Sofern dennochleichtere Aufwerfungen im Sinne von„dog-ears“ an den Scheitelpunkten desDefekts, wo die Gewebespannung am ge-ringsten ist, überbleiben sollten, könnendiese in einem ambulanten Eingriff leichtkorrigiert werden. Eine solche Maß-nahme sollte jedoch frühestens 6 Monatepostoperativ erwogen werden.

DiskussionDas Prinzip der Tabaksbeutelnaht wurdeerstmals in den 1980er Jahren in derChirurgie zum Defektverschluss nachUmbilikalhernien-OPs beschrieben [2].1992 erhielt es Einzug in die dermatolo-

Abbildung 2: (a) Klinisch 25 � 23 � 9 mm großes Plattenepithelkarzinom am distalen rechten Un-terarm. (b) Postoperatives Ergebnis nach 6 Wochen.